Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 06. Juni 2013 - 12 U 204/12

bei uns veröffentlicht am06.06.2013

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 23. November 2012 - 3 O 21/12 - im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt aus einer Jagd-Haftpflichtversicherung Deckungsschutz.
Zwischen den Parteien besteht mit Wirkung seit 01.04.2007 ein Jagd-Haftpflichtversicherungsvertrag, der ausweislich des Versicherungsscheins vom 17.01.2007 auch das „Halten von nicht geprüften Jagdhunden“ umfasst. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB 2005) und die „Jagd-Bedingungen“ zugrunde. Die im Versicherungsschein enthaltene Prämienberechnung führt als Berechnungsgrundlagen an: „1 Jagdhaftpflicht“ und „1 Jagdhund“ . Nach Abschluss des Vertrages legte sich der Kläger einen weiteren ungeprüften Jagdhund zu und zeigte dies der Beklagten an.
Der Kläger meldete der Beklagten einen Schadensvorfall vom 04.12.2008 und benannte dabei Frau Silvia R als Geschädigte bzw. Anspruchstellerin.
Der Kläger hat - wie im Wesentlichen auch zuvor in der Schadenanzeige - in der Klageschrift behauptet, dass es am 04.12.2008 gegen 14:00 Uhr im Jagdrevier bei Sch zu einem Schadenereignis gekommen sei, das seine Hunde verursacht hätten. Nach Beendigung der Gesellschaftsjagd habe er seine beiden Hunde an der Leine geführt. Frau Sylvia R sei als Treiberin an der Gesellschaftsjagd beteiligt gewesen sei. Plötzlich hätten beide Hunde ein über die Wiese wechselndes Reh wahrgenommen und seien losgejagt. Aufgrund der Leine hätten sie dabei Frau R in einer Linksdrehung umgerissen, die sich dabei nicht unerhebliche Verletzungen - insbesondere einen Meniskusabriss und einen Bänderabriss - zugezogen habe, so dass sie mehrere Male habe operiert werden müssen. Wegen dieses Unfallereignisses mache Frau R nunmehr ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 10.000,00 zuzüglich Kosten von EUR 324,22 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von EUR 775,64 gerichtlich gegen den Kläger geltend.
Während des Verfahrens erster Instanz korrigierte der Kläger schriftsätzlich sein Vorbringen dahingehend, dass sich der behauptete Schadensfall am 03.12.2008 (also nicht am 04.12.2008) ereignet und er seine beiden Hunde nach Beendigung der Jagd Frau R die Hunde übergeben habe. Die Schadensanzeige sei vom Versicherungsmakler ausgefüllt und vom Kläger lediglich unterzeichnet worden.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass eine etwaige Obliegenheitsverletzung für Umfang und Feststellung des Versicherungsfalls nicht relevant geworden sei.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von den Schadensersatzverpflichtungen gegenüber der Frau Sylvia R, anlässlich des Schadensfalles vom 04.12.2008 gegen 14:00 Uhr im Jagdrevier bei Sch freizustellen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und vorgetragen:
10 
Der Kläger habe zuletzt einen völlig anderen Sachverhalt angegeben als in seiner Schadensanzeige und auch noch in der Klageschrift, so dass die Beklagte wegen vorsätzlich falscher Angaben des Klägers zum Hergang des angeblichen Vorfalls und damit wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung von einer Verpflichtung zur Leistung frei geworden sei.
11 
Das Landgericht hat mit Urteil vom 23.11.2012, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, der Klage stattgegeben. Nach persönlicher Anhörung des Klägers und Vernehmung der Zeugen R, St und Ri sei der geltend gemachte Anspruch zu bejahen. Die Beklagte sei auch nicht nach § 28 Abs.2 VVG (bzw. § 6 Abs.3 VVG a.F.) wegen einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung des Klägers von ihrer Leistungspflicht frei geworden. Zwar habe der Kläger in seiner Schadenanzeige vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat. Der Kausalitätsgegenbeweis sei geführt. Nach dem Vorbringen der Parteien und dem Ergebnis der Beweisaufnahme beziehe sich die Falschangabe und damit die fragliche Obliegenheitsverletzung des Klägers lediglich auf die Frage, ob der Kläger selbst oder Frau R die Hunde beim Schadensereignis selbst an der Leine gehalten habe. Dieser Unterschied habe jedoch keinen Einfluss auf die Leistungspflicht der Beklagten aus dem Versicherungsvertrag; nach beiden Geschehensvarianten wäre sie zur Leistung verpflichtet gewesen. Damit hätte eine solche Obliegenheitsverletzung jedenfalls keinen nachteiligen Einfluss auf die Belange der Beklagten gehabt.
12 
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der diese weiterhin die Abweisung der Klage verfolgt. Der Kläger habe nicht nur vorsätzlich, sondern arglistig gehandelt. Die falschen Angaben hätten durchaus Einfluss auf die Leistungspflicht der Beklagten gehabt. Die beiden im Raume stehenden Geschehensvarianten hätten unterschiedliche Haftungsfolgen mit sich gebracht. Nach der zunächst geschilderten Variante wäre von der alleinigen Tierhalterhaftung des Klägers ohne Entlastungsmöglichkeit auszugehen gewesen. In der später geschilderten Variante wäre die Zeugin als Tieraufseherin anzusehen und eine Anspruchskürzung wäre schon deshalb in Betracht gekommen.
13 
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Berufung zurückzuweisen, wobei er nach Hinweis zuletzt folgenden Klagantrag stellt:
14 
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Versicherungsschutz zu gewähren anlässlich des Schadensfalles vom 04.12.2008 gegen 14:00 Uhr bei Sch, aus dem er von Frau Sylvia R auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
16 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
17 
Die - gemäß § 533 ZPO zulässig geänderte - Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger für den streitgegenständlichen Unfall vom Dezember 2008 Deckungsschutz zu gewähren. Die Beklagte ist von ihrer Leistungsverpflichtung freigeworden, weil der Kläger seine Obliegenheit zur Abgabe wahrheitsgemäßer Schadensberichte gemäß § 5 Abs. 3 AHB 2005/ Ziff. 25.2 AHB 2008 vorsätzlich und arglistig verletzt hat. Gemäß Art. 1 Abs. 2 EGVVG ist bei der Beurteilung des Sachverhalts das VVG in seiner alten Fassung maßgebend, da der Versicherungsfall vor dem 31.12.2008 eingetreten ist.
18 
1. Der Kläger räumt ein, dass er in der Schadenanzeige und in der Klageschrift vorsätzlich falsche Angaben zum Schadenshergang gemacht habe. Dort war angegeben worden, dass sich der streitgegenständliche Jagdunfall so ereignet habe, dass der Kläger selbst seine beiden Hunde an der Leine führte und diese sich - als ein Reh vor ihnen aufgesprungen sei - losgerissen und Frau R umgerissen hätten. Der Kläger hat im Rahmen seiner erstinstanzlichen persönlichen Anhörung vor Vernehmung der geladenen Augenzeugen R, St und Ri selbst eingeräumt, dass auch diese - und auch die im Rechtstreit bislang gemachten - Angaben falsch gewesen seien. Er selbst habe die Hunde nicht an der Leine geführt, sondern beide schon morgens vor der Jagd an Frau R übergeben. Er selbst sei erst nach dem fraglichen Unfall hinzugekommen.
19 
Damit steht fest, dass der Kläger seine Obliegenheit zur wahrheitsgemäßer Schilderung des Schadenshergangs vorsätzlich verletzt hat.
20 
2. Allerdings hat die Beklagte über die an die Geschädigte geleistete Akonto-Zahlung von EUR 1.000 hinaus weitere Versicherungsleistungen nicht erbracht. Nach der Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zusammenfassend: BGH, Beschluss vom 04. Mai 2009 - IV ZR 62/07, juris-Tz. 9) kann sich der Versicherer bei einer vorsätzlichen folgenlosen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers nur dann auf Leistungsfreiheit berufen, wenn die Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fiel. So verhält es sich hier, so dass offen bleiben kann, ob hier noch von einer folgenlosen Obliegenheitsverletzung die Rede sein kann.
21 
Unterbleiben Leistungen des Versicherers, belegt dies nicht, dass die Obliegenheitsverletzung nicht generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen (BGH VersR 1993, 830 unter II 3). Es genügt, dass der Verstoß des Versicherungsnehmers generell geeignet ist, die berechtigten Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden (BGH VersR 1998, 577; Römer/Langheid, VVG, 2. A., 2003, § 6, Rdnr. 58). Hier ist davon auszugehen, dass das Verhalten des Klägers zumindest generell geeignet war, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu beeinträchtigen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die beiden dargestellten Geschehensvarianten haftungsrechtlich unterschiedlich zu bewerten sind. Bei der zunächst geschilderten Variante ist dem Grunde nach ohne weiteres von einer Tierhalterhaftung des Klägers nach § 833 BGB auszugehen gewesen und ein Mitverschulden liegt eher fern. Bei der zuletzt vom Kläger eingeräumten Variante hingegen kommt ernsthaft in Betracht, die Geschädigte als Tieraufseherin im Sinne des § 834 S. 1 BGB zu behandeln. Ist jedoch der Aufseher selbst der Verletzte, haftet der Tierhalter zwar auch nach § 833 BGB, jedoch wird das Mitverschulden des Tieraufsehers vermutet. Der Tieraufseher hat sich gemäß § 834 S. 2 BGB zu entlasten (Palandt, BGB, 72. Auflage, 2013, § 834, Rn. 3 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.10.2008 - 9 U 75/07, MDR 2009, 31). Fehlen andere Anhaltspunkte haften beide je zur Hälfte (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 25.07.1995 - 22 U 82/94, VersR 1997, 456 f.). Damit stellt sich der gegen den Kläger geltend gemachte Haftpflichtanspruch zum Nachteil der mit dessen Abwehr oder Befriedigung belasteten Beklagten in wesentlichen Punkten zu Grund und Höhe anders dar als in der Schadensmeldung geschildert.
22 
3. Voraussetzung für die Leistungsfreiheit wäre bei Folgenlosigkeit weiterhin, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer vorher deutlich über den Anspruchsverlust belehrt hat, der ihm bei vorsätzlich falschen Angaben droht. Ob die Beklagte diese Belehrung erteilt hat, kann mangels Vorlage der kompletten Schadensanzeige nicht festgestellt werden. Auch ohne Belehrung wird der Versicherer aber leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer seine Aufklärungspflicht arglistig verletzt hat und deshalb den mit der Belehrungspflicht bezweckten Schutz nicht verdient (vgl. BGH, Beschluss vom 04. Mai 2009 - IV ZR 62/07 -, juris-Tz. 9). Dem Kläger fällt hier Arglist zur Last.
23 
Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt. Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist dagegen nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Beschluss vom 04. Mai 2009 - IV ZR 62/07 -, juris-Tz. 9). Hinsichtlich der Beeinflussung des Versicherers ist keine Absicht erforderlich; es reicht insoweit bedingter Vorsatz aus, der sich nicht auf die Vermögensinteressen des Versicherers beziehen muss (vgl. Schwintowski in Schwintowski/Brömmelmeyer, Praxiskommentar zum Versicherungsvertragsrecht, 2. Auflage 2011, § 28 VVG, Rdnr. 95). Der Versicherungsnehmer muss es nur für möglich halten, dass das eigene Verhalten die Entscheidung des Versicherers beeinflusst.
24 
Hierzu räumt der Kläger ein, dass er den Geschehensablauf seinem Versicherungsmakler richtig geschildert habe. Dieser habe jedoch erklärt, dass man das so nicht schreiben könne. Letztlich habe er die vom Versicherungsmakler formulierte und geschriebene Schadensanzeige mit der falschen Darstellung des Hergangs unterzeichnet. Demnach hat der Kläger nicht nur gewusst, dass der mit seiner Unterschrift bestätigte Geschehensablauf in seiner Schadensanzeige nicht zutreffend war, sondern er wollte mit der unzutreffenden Schilderung des Schadenshergangs eine Leistung der Beklagten erlangen, von der er annahm, dass sie bei wahrheitsgemäßer Darstellung nicht oder so nicht zu erwarten sei.
25 
Es vermag den Kläger nicht zu entlasten, dass er hier dem Rat seiner Versicherungsmaklers gefolgt ist. Das mag eventuell Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Versicherungsmakler begründen, ändert aber nichts an dem Bewusstsein des Klägers, dass der Versicherer getäuscht wird, um ihn zur Gewährung von Deckungsschutz zu veranlassen.
26 
4. Die vorsätzliche und arglistige Obliegenheitsverletzung führt zur vollen Verwirkung des Versicherungsschutzes. Eine nur teilweise Versagung der Leistung kommt zwar ausnahmsweise in Betracht, wenn die Täuschung nur einen geringen Teil des versicherten Schadens betrifft und weitere Billigkeitsmomente zugunsten des Versicherungsnehmers ins Gewicht fallen (BGH, VersR 1993, 1351; VersR 1987, 149; VersR 1984, 453; VersR 1969, 411). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor.
III.
27 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
28 
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Mai 2009 - IV ZR 62/07

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IV ZR 62/07 vom 4. Mai 2009 in dem Rechtsstreit Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und die Richterin Harsdorf-Gebhardt am 4. Ma

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bei uns veröffentlicht am 22.10.2008

Tenor 1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.4.2007 hinsichtlich Ziffer 1 abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 12 000 zu zahlen. 2.

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(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 62/07
vom
4. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und die
Richterin Harsdorf-Gebhardt
am 4. Mai 2009

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Februar 2007 zugelassen.
Nach § 544 Abs. 7 ZPO wird das vorgenannte Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:


1
I. Die Klägerin macht Leistungen aus einem Unfallversicherungsvertrag geltend, den sie für ihre am 22. Februar 1920 geborene Mutter als versicherte Person im Oktober 2002 nach Vermittlung über eine Versicherungsmaklerin mit der Beklagten abschloss.
2
Am 29. Dezember 2002 stürzte die Mutter der Klägerin und brach sich dabei das rechte Handgelenk und die rechte Hüfte. In der ersten, auf einem Formular der Versicherungsmaklerin abgegebenen, von der Klägerin unterzeichneten Schadenanzeige vom 7. Januar 2003 wurden die Frage "War der Verletzte vor Eintritt des Unfalls vollkommen gesund und arbeitsfähig?" bejaht und die Frage "War der Verletzte in den letzten Jahren wegen allgemeiner Erkrankungen in ärztlicher Behandlung gewesen ?" verneint. In der zweiten Schadenanzeige vom 27. März 2003 auf einem Formular der Beklagten ließ die Klägerin die Frage "Leidet oder litt die/der Verletzte zur Zeit des Unfalls an einer Krankheit oder einem Gebrechen? (z.B. …)" unbeantwortet. Dieses Formular enthält - anders als die erste Schadenanzeige - eine Belehrung darüber, dass bewusst unwahre oder unvollständige Angaben zum Verlust des Versicherungsschutzes führen, auch wenn dem Versicherer durch diese Angaben kein Nachteil entsteht. Mit Schreiben vom 30. April 2004 bat die Beklagte unter Bezugnahme auf ein ärztliches Gutachten vom 18. März 2004 um Auskunft über den Gesundheitszustand der Mutter der Klägerin vor dem Unfall. Aus den daraufhin von der Klägerin übersandten Arztberichten ergab sich, dass ihre Mutter in der Vergangenheit wiederholt gestürzt war, was die behandelnden Ärzte auf Schwindelanfälle und Gangunsicherheiten infolge cerebraler Durchblutungsstörungen zurückführten.
3
Das Landgericht hat die auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der vereinbarten Versicherungssumme von 100.000 €, hilfsweise auf Rentenleistung gerichtete Klage abgewiesen.
4
Oberlandesgericht Das hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte sei gemäß § 15 Satz 1 AUB 99 i.V. mit § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit der Klägerin leistungsfrei. Ob die Klägerin eine Obliegenheitsverletzung begangen habe, indem sie in der zweiten Anzeige die Frage nach Vorerkrankungen ihrer Mutter unbeantwortet gelassen habe, könne dahinstehen. Jeden- falls habe sie in der ersten Anzeige diese Frage definitiv verneint. Dass dieser Fragebogen nicht die notwendige Belehrung über die Folgen wahrheitswidriger Angaben enthalte, sei unschädlich, weil die Gesamtumstände den Schluss auf ein arglistiges Verhalten der Klägerin zuließen. Dafür sprächen folgende Umstände: Schon in der ersten Schadenanzeige werde die Mutter der Klägerin fälschlich als vollkommen gesund bezeichnet und die Frage nach ärztlichen Behandlungen wegen allgemeiner Erkrankungen in den letzten Jahren wahrheitswidrig verneint. Nach dem Vorbringen der Klägerin habe sich die von ihr beauftragte Versicherungsmaklerin vor Abschluss des Vertrages eigens bei der Beklagten erkundigt, ob sie die Mutter der Klägerin ohne Gesundheitsprüfung versichere. Die Vorerkrankungen und gesundheitlichen Probleme ihrer Mutter seien der Klägerin demnach bewusst gewesen. Unstreitig sei die Mutter der Klägerin zuvor immer häufiger gestürzt. Bei ihr seien cerebrale Durchblutungsstörungen, wiederholt auftretende Schwindelanfälle und eine Gangunsicherheit ärztlich dokumentiert worden. Damit habe, und zwar für die Klägerin ohne weiteres erkennbar, ein signifikant erhöhtes Unfallrisiko bestanden. Weiter sei zu berücksichtigen, dass sich der Unfall lediglich zwei Monate nach Abschluss des Versicherungsvertrages ereignet habe.
5
Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
6
II. Die Beschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
7
1. Das Berufungsgericht hat den Unfallversicherungsvertrag ohne Rechtsfehler als wirksam angesehen. Eine Unfallversicherung für eigene Rechnung der Klägerin konnte nicht begründet werden, weil es an der nach § 179 Abs. 3 Satz 1 VVG erforderlichen schriftlichen Einwilligung der versicherten Person, der Mutter der Klägerin, fehlte. Entsprechend der Zweifelsregel des § 179 Abs. 2 Satz 1 VVG hat das Berufungsgericht den Unfallversicherungsvertrag als Fremdversicherung eingeordnet. Diese sei nicht durch den Vertragsinhalt ausgeschlossen; insbesondere sei dem Versicherungsvertrag nicht zu entnehmen, dass sich die Klägerin ausdrücklich die Auszahlung der Versicherungsleistung an sich selbst vorbehalten habe. Diese Auslegung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
8
2. Auf einer Verletzung des Rechts der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs beruhen die Überlegungen, mit denen das Berufungsgericht eine arglistige Obliegenheitsverletzung der Klägerin bei Abgabe der ersten Schadenanzeige angenommen hat.
9
Nach a) der dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Relevanzrechtsprechung des Senats kann sich der Versicherer bei einer vorsätzlichen folgenlosen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers nur dann auf Leistungsfreiheit berufen, wenn - was das Berufungsgericht hier bejaht hat - die Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fiel (Senatsurteile vom 28. Februar 2007 - IV ZR 331/05 - VersR 2007, 785 Tz. 15; vom 21. Januar 1998 - IV ZR 10/97 - VersR 1998, 447 unter 2 b, jeweils m.w.N.). Voraussetzung für die Leistungsfreiheit ist weiterhin, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer vorher deutlich über den Anspruchsverlust belehrt hat, der ihm bei vorsätzlich falschen Angaben droht (Senatsbeschluss vom 28. Februar 2007 - IV ZR 152/05 - VersR 2007, 683 Tz. 2 m.w.N.; Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aaO unter 2 c). Eine derartige Belehrung hatte die Klägerin vor Abgabe der ersten Schadenanzeige von der Beklagten nicht erhalten. In einem solchen Fall wird - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - der Versicherer gleichwohl leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer arglistig seine Aufklärungspflicht verletzt hat und deshalb den mit der Belehrungspflicht bezweckten Schutz nicht verdient (vgl. Senatsurteile vom 12. März 1976 - IV ZR 79/73 - VersR 1976, 383 unter 2; vom 20. Dezember 1972 - IV ZR 57/71 - VersR 1973, 174 unter VI 4; vom 10. Februar 1971 - IV ZR 143/69 - VersR 1971, 405 unter II 2; vom 20. November 1970 - IV ZR 1074/68 - VersR 1971, 142 unter II 3). Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 aaO Tz. 8 m.w.N.). Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Urteil vom 8. Juli 1991 - II ZR 65/90 - VersR 1991, 1129, 1131 unter 2 c (2) m.w.N.).
10
b) Das Berufungsgericht hat eine Arglist der Klägerin im Kern damit begründet, dass ihr schon bei Abschluss des Unfallversicherungsvertrages die Vorerkrankungen und gesundheitlichen Probleme ihrer Mutter und das daraus folgende erhöhte Unfallrisiko bewusst gewesen seien. Dieses Bewusstsein hat das Berufungsgericht daraus abgeleitet, dass sich die von der Klägerin beauftragte Versicherungsmaklerin vor Abschluss des Vertrages bei der Beklagten erkundigte, ob sie die Mutter der Klägerin ohne Gesundheitsprüfung versichere. Bei dieser Würdigung hat das Berufungsgericht unter Missachtung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs wesentlichen Sachvortrag nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, die Anfrage bei der Beklagten sei nicht von ihr veranlasst worden, sondern von der Versicherungsmaklerin ausgegangen. Dieses vom Berufungsgericht übergangene Vorbringen ist entscheidungserheblich. Wenn die Klägerin die Frage nach Versicherung ihrer Mutter ohne Gesundheitsprüfung nicht initiiert hatte, kann ihr nicht angelastet werden, den Vertrag bewusst in Kenntnis einer gesteigerten Unfallgefahr abgeschlossen zu haben und mit gleichgerichteter Täuschungsabsicht die Vorerkrankungen ihrer Mutter in der ersten Schadenanzeige verschwiegen zu haben. Die weiteren vom Berufungsgericht genannten Umstände lassen nach den dargelegten Maßstäben nicht den Schluss auf eine arglistige Obliegenheitsverletzung der Klägerin zu. Dafür genügt es nicht, dass in der ersten Schadenanzeige die Mutter der Klägerin fälschlich als vollkommen gesund bezeichnet und die Frage nach ärztlichen Behandlungen wahrheitswidrig verneint wurde. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer vom Versicherer gestellten Frage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken, gibt es nicht (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 aaO Tz. 8 m.w.N.). Welche Bedeutung der vom Berufungsgericht hervorgehobene relativ kurze Zeitablauf zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dem Unfall haben soll, ist nicht verständlich. Dass die Klägerin zur Zeit des Vertragsschlusses den späteren Unfall vorhersehen konnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Schließlich hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass die erste Schadenanzeige von der Versicherungsmaklerin auf ihrem Formular ausgefüllt und von der Klägerin unterschrieben wurde. Es spricht einiges dafür, dass sich der die Klägerin treffende Vorwurf darin erschöpft, die ausgefüllte Schadenanzeige vor Unterzeichnung nicht genau durchgelesen zu haben.
11
c) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Würdigung aller Umstände zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird es sich auch mit der zweiten Schadenanzeige zu be fassen und zu prüfen haben, ob die Klägerin durch Nichtbeantwortung der Frage nach Vorerkrankungen ihre Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich verletzt hat.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.04.2006 - 11 O 325/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.02.2007 - I-4 U 104/06 -

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Wird durch ein Tier ein Mensch getötet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Tier hält, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht wird, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Wer für denjenigen, welcher ein Tier hält, die Führung der Aufsicht über das Tier durch Vertrag übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Tier einem Dritten in der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 17.4.2007 hinsichtlich Ziffer 1 abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 12 000 zu zahlen.

2. Ziffer 5 des Tenors der angefochtenen Entscheidung entfällt.

3. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

5. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leistet.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Streitgegenständlich sind Ansprüche aus einem Unfall, den die damals dreizehnjährige Klägerin beim Ausreiten mit einem Pferd der Beklagten erlitten hat. Auf die tatsächlichen Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen statt gegeben.
Hiergegen richten sich die rechzeitig eingelegten Berufungen der Klägerin und der Beklagten.
Die Klägerin trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, dass das vom Landgericht ausgeworfene Schmerzensgeld in Anbetracht der im Einzelnen in der Berufungsbegründung dargestellten erlittenen Schäden unzureichend sei.
Die Beklagte rügt, dass das Landgericht entgegen höchstrichterlicher Rechtsprechung die Beweislastumkehr des § 834 BGB im Rahmen der Schadensmitverursachung nicht berücksichtigt habe. Die Beweiswürdigung sei mangelhaft. Die gesundheitlichen Folgen des von der Beklagten bestrittenen Vorgangs seien entgegen den Feststellungen des Landgerichts streitig gewesen.
Die Klägerin stellt den Antrag,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes, im Ermessen des Gerichts stehendes Schmerzensgeld zu bezahlen,
2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Klägerin hält ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens EUR 10 000 für angemessen.
Die Beklagte stellt den Antrag,
10 
1. unter teilweiser Abänderung des am 17.04.2007 verkündeten Urteils des LG Konstanz - 6 O 164/06 - die Klage insgesamt abzuweisen.
11 
2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
12 
Die Beklagte hält die Berufung der Klägerin für unzulässig, da sie nicht beschwert sei. Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung gegen die Angriffe der Beklagten und wiederholt und vertieft hierbei ihr erstinstanzliches Vorbringen.
13 
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der (minderjährigen) Klägerin, die als Zeugin im Termin vom 14.03.2008 gehört worden ist. Außerdem hat es ein schriftliches Sachverständigengutachten des Sachverständigen C. R. eingeholt, welches dieser im Termin vom 08.10.2008 erläutert hat.
14 
Wegen des Beweisergebnisses wird auf die Niederschriften der Vernehmungen sowie das schriftliche Gutachten verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
15 
Nur die Berufung der Klägerin hat Erfolg, weil das vom Landgericht ausgeworfene Schmerzensgeld im Hinblick auf die weiteren eingetretenen Schadensfolgen nunmehr zu niedrig bemessen erscheint. Demgegenüber hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg, weil sie für den streitgegenständlichen Unfall nach § 833 Satz 1 BGB einzustehen hat und der Mitverursachungsbeitrag der Klägerin hinter dem gravierenden Verschulden der Beklagten zurücktritt.
16 
Zur Berufung der Beklagten:
17 
1. Die Klägerin hat den Unfallhergang, soweit es um die Vorgänge nach dem Anhalten des Pferdes geht, in ihrer zweitinstanzlichen Vernehmung präzisiert. Der erkennende Einzelrichter ist wie auch das Landgericht der Überzeugung, dass die Klägerin trotz des erkennbaren Eigeninteresses am Ausgang des Verfahrens umfassend und - auch zu ihren Lasten gehend schonungslos - wahrheitsgemäß ausgesagt hat. Hiernach ist das von ihr gerittene Pony grundlos bei einem Ausritt im Wald durchgegangen. Es gelang der Klägerin mit Mühe, das Pony zum Halten zu bringen. Die Klägerin stieg links ab und hielt das Pferd mit der linken Hand am Zügel fest, ohne den Zügel um die Hand zu wickeln. Das Pferd war dennoch verstört und wollte sich losreißen und wegrennen. Die Klägerin hat überzeugend berichtet, sie habe Angst gehabt, dass das Pferd auf die Straße renne. Sie habe deshalb das Pferd zusätzlich mit der rechten Hand am Steigbügel gehalten, um es vom Weglaufen abzuhalten. Sie sei dann vom Pferd über eine gewisse Strecke weggeschleift worden. Dabei habe ihr das Pferd mit einem der Hinterfüße ins Gesicht getreten.
18 
Damit hat sich die typische, von einem Pferd ausgehende Tiergefahr zulasten der Klägerin realisiert.
19 
2. Das Landgericht hat festgestellt, dass der Privilegierungstatbestand nach § 833 Satz 2 BGB von vornherein ausscheide, weil die Pferdehaltung überwiegend privaten Zwecken gedient habe. Hiergegen wendet sich die Beklagte nicht. Anhaltspunkte, die Zweifel an dieser Feststellung rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben.
20 
3. Allerdings kommt vorliegend grundsätzlich ein Mitverursachungsbeitrag der Klägerin als Tieraufseherin für den streitgegenständlichen Vorfall in Betracht. Dies hat der Senat in dem Beschluss vom 10.09.2007 im Einzelnen ausgeführt.
21 
(Anm: eingefügt aus dem Beschluss) Allerdings ist der Beklagten einzuräumen, dass vorliegend zu Lasten der Klägerin grundsätzlich eine Mithaftung des Tieraufsehers nach § 834 BGB in Betracht kommt. Der Vater der Klägerin hat nämlich erstinstanzlich bei der Partei Anhörung glaubwürdig berichtet, dass die Eltern keinen konkreten Vertrag mit der Beklagten gehabt hätten. Sie hätten J. in die Obhut der Beklagten gegeben in dem Vertrauen darauf, dass diese wisse, was man J. zumuten könne. Die Zeugin hat berichtet, dass sie bereits früher einmal ohne Begleitung der Beklagten und nur in Begleitung eines noch jüngeren Kindes im Gelände ausgeritten sei. Dies hätten die Eltern gewusst und auch erlaubt. Nachdem die Eltern der Klägerin der Beklagten für jede Reitstunde 15,- Euro gezahlt haben und mit einem Ausritt einverstanden waren, bei denen die Klägerin nicht von der Beklagten, sondern nur von einem noch jüngeren Mädchen begleitet wurde, durfte die Beklagte annehmen, dass die Klägerin mit Einverständnis ihrer gesetzlichen Vertreter auch ohne Beaufsichtigung durch die Beklagte im Gelände reiten dürfe und als Nebenpflicht die selbstständige Überwachung des Tieres übernehme. Wer ein gemietetes Pferd selbstständig ausreitet, ist in der Regel Tierhüter im Sinne von § 834 BGB (BGH NJW 1987, 949). Da die Beklagte während des Ausrittes keinerlei Einflussmöglichkeiten auf das Pferd haben konnte, ist das Verhalten der Parteien in dem Sinne zu werten, dass die Klägerin in dieser Zeit mit Billigung ihrer Eltern rechtsgeschäftlich die Obhut des Pferdes übernommen hat. Damit war sie Tieraufseherin im Sinne der genannten Bestimmung.
22 
Nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat der verletzte Tieraufseher gegenüber dem Vorwurf des Mitverschuldens nach § 254 BGB den Entlastungsbeweis entsprechend § 834 BGB zu erbringen (vgl. BGH NJW 1992, 2474; VersR 1972, 1047). Diesen Entlastungsbeweis hat die Klägerin vorliegend entgegen der Auffassung der Beklagten erfolgreich geführt. Das Landgericht hat, wie bereits dargestellt, festgestellt, dass das Pferd ohne sichtbaren Anlass durchgegangen sei. Ein fehlerhaftes Verhalten der Klägerin während des Reitvorgangs ist somit ausgeschlossen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nach Anhalten des Pferdes fehlerhaft gehandelt hätte, sind nicht ersichtlich. Aus der Schilderung der Zeugin über diese Vorgänge ergeben sich keine diesbezüglichen Hinweise. Das Landgericht hat der Zeugin, wie dargelegt, geglaubt und bindende Feststellungen getroffen. Die Beklagte trägt hierzu nichts vor. Auch derjenige, der sich in Folge vermuteten Verschuldens zu entlasten hat, ist nicht gehalten, sämtliche auch nur theoretisch denkbaren fehlerhaften Verhaltensweisen auszuräumen. Sonst würde aus der Haftung wegen vermuteten Verschuldens eine objektive (Gefährdungs-)Haftung.
23 
Der Klägerin kann auch nicht ein Übernahmeverschulden vorgehalten werden. Nach den bindenden Feststellungen des Landgerichtes ist die Klägerin nämlich auf Vorschlag der Beklagten alleine ausgeritten. Unter diesen Voraussetzungen überzeugt die Überlegung des Landgerichts, wonach die zum Unfallzeitpunkt 13-jährige Klägerin in Bezug auf die Einschätzung ihres reiterischen Vermögens nicht „schlauer“ sein musste als die Beklagte, die sich bei Pferden nach ihrer eigenen glaubhaften Darstellung auskennt. Das Landgericht hat überzeugend festgehalten, dass der Beklagten nicht einmal ein fahrlässiges Verhalten vorgehalten werden könne. Dasselbe gilt für die Klägerin.
24 
Nach Einholung des Sachverständigengutachtens steht fest, dass die Klägerin sich in der konkreten Situation fehlerhaft verhalten hat. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass ein Reiter in einer solchen Situation versuchen müsse, das Pferd zu beruhigen. Er solle mit ruhiger Stimme auf das Pferd einreden und versuchen, es mit einer Hand am Hals-Schulterbereich abzuklopfen, damit das Pferd zunächst die Aufmerksamkeit des Reiters wieder erlange. Gemeint ist: Damit der Reiter die Aufmerksamkeit des Pferdes erlangt. Der Reiter solle sich dabei immer im Kopf-Hals-Schulterbereich des Pferdes aufhalten. Der Reiter solle das Pferd beschäftigen und aktiv von der vorherigen Situation des Durchgehens ablenken und beruhigen. Dabei könne er das Pferd um sich herumkreisen lassen und versuchen, es rückwärts zu richten oder ganz aktiv zu führen. Zwecklos seien Versuche, das in Angst befindliche Pferd mit Körperkraft zurückzuhalten und damit das Weglaufen zu verhindern.
25 
4. Dass die Klägerin nach § 828 Abs. 3 BGB für ihr Verhalten nicht einzustehen hätte, macht sie nicht geltend. Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich.
26 
5. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist (§ 254 Abs. 1 BGB).
27 
Der Mitverursachungsbeitrag, den die Klägerin für den streitgegenständlichen Unfall zu verantworten hat, tritt hinter das schuldhafte Verhalten der Beklagten zurück.
28 
Unstreitig hat die Beklagte der Klägerin Reitstunden erteilt. Die Klägerin durfte gegen ein Entgelt in Höhe von 15 EUR pro Ritt ein Pferd der Beklagten reiten. Die Beklagte hat bei ihrer zweitinstanzlichen Anhörung wahrheitsgemäß berichtet, dass auf dem Reitplatz das Pferd schon mal schneller gegangen sei. Dagegen sei das Pferd im Gelände nie durchgegangen. Sie habe mit der Klägerin also das Durchgehen im Gelände nicht geübt. Sie sei mit der Klägerin auch durchgegangen, wie man vom Pferd absteigt. Wie man sich verhalten solle, wenn ein Pferd „durchgeht“, habe sie mit der Klägerin jedoch nicht speziell besprochen. Sie habe ihr jedoch gesagt, dass man den Zügel nicht um die Hände wickele, damit man nicht weggezogen werde im Falle eines Falles.
29 
Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass die Ausbildung des Reiters im Gelände umso erfolgreicher sein werde, je sicherer und erfahrener das dazu zur Verfügung gestellte Pferd sei. Ein noch wenig routinierter Reiter solle auch mit dem besten Pferd nie alleine im Gelände üben, sondern nur in Begleitung und unter der Aufsicht erfahrener Kameraden oder eines Ausbilders sein. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung erläutert, dass er der Akte entnommen habe, dass die Klägerin innerhalb von 2 Jahren insgesamt 6 Mal im Gelände gewesen sei. Dieser Anknüpfungspunkt ist zutreffend. Die Klägerin hat dies bereits erstinstanzlich mit dem Vorbehalt, es seien "ca" 6 Ausritte gewesen, berichtet, sie wisse es aber nicht mehr genau. Das Landgericht hat ihr umfassend geglaubt. Auch das nunmehr erkennende Gericht folgt den Angaben der Klägerin aus den bereits dargelegten Gründen. Das Landgericht ist im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung von mindestens 10 Ausritten ausgegangen. Darauf, welche der Angaben exakt zutrifft, kommt es vorliegend nicht an, weil sich die Anzahl von Ausritten, die sich über einen langen Zeitraum erstreckt haben, regelmäßig nicht mehr exakt rekonstruieren lässt und die Differenzen für die Bewertung ohne Bedeutung sind. Der Sachverständige hat hieraus gefolgert, dass die Klägerin überhaupt keine Erfahrung im Gelände gehabt habe. Ein erfahrener Reiter reite pro Tag 1 Stunde und nehme zusätzlich praktischen wie theoretischen Unterricht. Diese Bewertung hat der Sachverständige auch auf Vorhalt durch die Beklagte aufrecht erhalten, dass es der Klägerin gelungen sei, das Pferd anzuhalten, nachdem es durchgegangen sei. Das Gericht hält den Sachverständigen für sachkundig. Seine Darlegungen sind überzeugend. Selbst wenn es einem Reiter, der infolge der geringen Anzahl von Ausritten ins Gelände als unerfahren zu bezeichnen ist, gelingt, das Pferd nach dessen Durchgehen zum Stillstand zu bringen, rechtfertigt dies nicht die Bewertung, es handle sich hierbei um einen erfahrenen Reiter. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass ein erfahrener Reiter in dieser Situation überhaupt nicht vom Pferd absteige, vielmehr mit dem Pferd im Schritt weiter reite. Unter diesen Umständen hätte die Beklagte der Klägerin das Pferd nicht zum Ausritt ins Gelände ohne erfahrene Begleitung überlassen dürfen. Als Reitlehrerin war sie der minderjährigen und unerfahrenen Klägerin gegenüber verpflichtet, deren Können abzuschätzen und sie vor den für einen unerfahrenen Reiter mit einem Ausritt verbundenen erheblichen Gefahren zu bewahren. Es liegt ein gravierender, schuldhaft begangener Fehler vor.
30 
In der konkreten Schadenssituation verliert das fehlerhafte Verhalten der Klägerin demgegenüber an Gewicht. in eine Aufgabe der Beklagten wäre es gewesen, die Klägerin nicht für eine unerfahrene Reiterin schwer beherrschbare Situation zu bringen. Die Klägerin hat sich aus Angst, wie sie glaubwürdig berichtet hat, in der festgestellten Weise verhalten. Sie hat demnach aus Angst in einer Situation einen Fehler begangen, in die sie die Beklagte schuldhaft gebracht hat. Dies lässt ihren Verursachungsbeitrag gegenüber dem rechtswidrigen und erheblich schuldhaften Verhalten der Beklagten gänzlich zurücktreten.
31 
6. Das Landgericht hat im Tatbestand nach § 314 ZPO bindend festgehalten, dass die Verletzungen der Klägerin unstreitig seien. Die Berichtigung des Tatbestandes wurde abgelehnt. Im übrigen sind die Schäden zur Überzeugung des Gerichts durch die erstinstanzlich vorgelegten ärztlichen Atteste und auch die Angaben der Eltern der Klägerin belegt.
32 
7. Die vorgerichtlichen Anwaltskosten sind erstattungsfähig. Die Klägerin ist durch die Rückabtretung, die urkundlich nachgewiesen ist, aktiv legitimiert. Die Rechtschutzversicherung der Klägerin hat diese Kosten dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bereits erstattet. Die Klägerin durfte in Anbetracht der komplexen Haftungssituation sofort nach dem Unfall einen Anwalt mit der Schadensregulierung beauftragen. Dass dieser Anwalt versucht hat, den Sachverhalt vorgerichtlich aufzuarbeiten und ggf. zu bereinigen, verstieß entgegen der Auffassung der Beklagten nicht gegen die Schadensminderungsobliegenheit des § 254 Abs. 2 BGB.
33 
Zur Berufung der Klägerin:
34 
8. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klägerin durch die erstinstanzliche Entscheidung beschwert, weil ihr nicht das von ihr angegebene Schmerzensgeld von mindestens 10.000 EUR zuerkannt worden ist, sondern lediglich 8.000 EUR.
35 
9. Für die Bemessung des angemessenen Schmerzensgeldes sind sämtliche Umstände des Schadensfalles einzubeziehen. Hierbei kommt es insbesondere auf die Unfallfolgen an, die das Landgericht in dem Tatbestand der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat. Hierauf wird Bezug genommen. Zweitinstanzlich hat sich infolge des weiteren Zeitablaufs und damit in beachtlicher Weise herausgestellt, dass die Klägerin endgültig ihr langjähriges Hobby des Querflötespielens infolge der dauerhaften Verletzung ihrer Oberlippe aufgeben muss. Das Gericht glaubt auch insoweit der Zeugin, die berichtet hat, dass sie für das Flöten keine ausreichende Oberlippenspannung hervorbringen könne. Bei der Vernehmung der Klägerin wurde die optische Beeinträchtigung der Lippe in Augenschein genommen. Dass die Klägerin hieran besonders leidet, wurde dadurch deutlich, dass die im übrigen insgesamt gefasste Klägerin bei Protokollierung dieses Sachverhalts trotz des erkennbaren Bemühens, sich zu "beherrschen“, ins Weinen geriet und sich nur schwer beruhigt hat. Ersichtlich handelt es sich für die noch junge Klägerin um eine ernsthafte seelische Beeinträchtigung, die nicht etwa nur zu Zwecken eines höheren Schmerzensgeldes vorgespiegelt wurde. Diese weitergehenden Schadensfolgen rechtfertigen nunmehr ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 12.000 EUR.
36 
10. Die Entscheidung beruht im übrigen auf den §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZR 62/07
vom
4. Mai 2009
in dem Rechtsstreit
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und die
Richterin Harsdorf-Gebhardt
am 4. Mai 2009

beschlossen:
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Februar 2007 zugelassen.
Nach § 544 Abs. 7 ZPO wird das vorgenannte Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gründe:


1
I. Die Klägerin macht Leistungen aus einem Unfallversicherungsvertrag geltend, den sie für ihre am 22. Februar 1920 geborene Mutter als versicherte Person im Oktober 2002 nach Vermittlung über eine Versicherungsmaklerin mit der Beklagten abschloss.
2
Am 29. Dezember 2002 stürzte die Mutter der Klägerin und brach sich dabei das rechte Handgelenk und die rechte Hüfte. In der ersten, auf einem Formular der Versicherungsmaklerin abgegebenen, von der Klägerin unterzeichneten Schadenanzeige vom 7. Januar 2003 wurden die Frage "War der Verletzte vor Eintritt des Unfalls vollkommen gesund und arbeitsfähig?" bejaht und die Frage "War der Verletzte in den letzten Jahren wegen allgemeiner Erkrankungen in ärztlicher Behandlung gewesen ?" verneint. In der zweiten Schadenanzeige vom 27. März 2003 auf einem Formular der Beklagten ließ die Klägerin die Frage "Leidet oder litt die/der Verletzte zur Zeit des Unfalls an einer Krankheit oder einem Gebrechen? (z.B. …)" unbeantwortet. Dieses Formular enthält - anders als die erste Schadenanzeige - eine Belehrung darüber, dass bewusst unwahre oder unvollständige Angaben zum Verlust des Versicherungsschutzes führen, auch wenn dem Versicherer durch diese Angaben kein Nachteil entsteht. Mit Schreiben vom 30. April 2004 bat die Beklagte unter Bezugnahme auf ein ärztliches Gutachten vom 18. März 2004 um Auskunft über den Gesundheitszustand der Mutter der Klägerin vor dem Unfall. Aus den daraufhin von der Klägerin übersandten Arztberichten ergab sich, dass ihre Mutter in der Vergangenheit wiederholt gestürzt war, was die behandelnden Ärzte auf Schwindelanfälle und Gangunsicherheiten infolge cerebraler Durchblutungsstörungen zurückführten.
3
Das Landgericht hat die auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung der vereinbarten Versicherungssumme von 100.000 €, hilfsweise auf Rentenleistung gerichtete Klage abgewiesen.
4
Oberlandesgericht Das hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte sei gemäß § 15 Satz 1 AUB 99 i.V. mit § 6 Abs. 3 Satz 1 VVG wegen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit der Klägerin leistungsfrei. Ob die Klägerin eine Obliegenheitsverletzung begangen habe, indem sie in der zweiten Anzeige die Frage nach Vorerkrankungen ihrer Mutter unbeantwortet gelassen habe, könne dahinstehen. Jeden- falls habe sie in der ersten Anzeige diese Frage definitiv verneint. Dass dieser Fragebogen nicht die notwendige Belehrung über die Folgen wahrheitswidriger Angaben enthalte, sei unschädlich, weil die Gesamtumstände den Schluss auf ein arglistiges Verhalten der Klägerin zuließen. Dafür sprächen folgende Umstände: Schon in der ersten Schadenanzeige werde die Mutter der Klägerin fälschlich als vollkommen gesund bezeichnet und die Frage nach ärztlichen Behandlungen wegen allgemeiner Erkrankungen in den letzten Jahren wahrheitswidrig verneint. Nach dem Vorbringen der Klägerin habe sich die von ihr beauftragte Versicherungsmaklerin vor Abschluss des Vertrages eigens bei der Beklagten erkundigt, ob sie die Mutter der Klägerin ohne Gesundheitsprüfung versichere. Die Vorerkrankungen und gesundheitlichen Probleme ihrer Mutter seien der Klägerin demnach bewusst gewesen. Unstreitig sei die Mutter der Klägerin zuvor immer häufiger gestürzt. Bei ihr seien cerebrale Durchblutungsstörungen, wiederholt auftretende Schwindelanfälle und eine Gangunsicherheit ärztlich dokumentiert worden. Damit habe, und zwar für die Klägerin ohne weiteres erkennbar, ein signifikant erhöhtes Unfallrisiko bestanden. Weiter sei zu berücksichtigen, dass sich der Unfall lediglich zwei Monate nach Abschluss des Versicherungsvertrages ereignet habe.
5
Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
6
II. Die Beschwerde hat Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
7
1. Das Berufungsgericht hat den Unfallversicherungsvertrag ohne Rechtsfehler als wirksam angesehen. Eine Unfallversicherung für eigene Rechnung der Klägerin konnte nicht begründet werden, weil es an der nach § 179 Abs. 3 Satz 1 VVG erforderlichen schriftlichen Einwilligung der versicherten Person, der Mutter der Klägerin, fehlte. Entsprechend der Zweifelsregel des § 179 Abs. 2 Satz 1 VVG hat das Berufungsgericht den Unfallversicherungsvertrag als Fremdversicherung eingeordnet. Diese sei nicht durch den Vertragsinhalt ausgeschlossen; insbesondere sei dem Versicherungsvertrag nicht zu entnehmen, dass sich die Klägerin ausdrücklich die Auszahlung der Versicherungsleistung an sich selbst vorbehalten habe. Diese Auslegung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
8
2. Auf einer Verletzung des Rechts der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs beruhen die Überlegungen, mit denen das Berufungsgericht eine arglistige Obliegenheitsverletzung der Klägerin bei Abgabe der ersten Schadenanzeige angenommen hat.
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Nach a) der dem Berufungsurteil zugrunde liegenden Relevanzrechtsprechung des Senats kann sich der Versicherer bei einer vorsätzlichen folgenlosen Verletzung der Aufklärungsobliegenheit des Versicherungsnehmers nur dann auf Leistungsfreiheit berufen, wenn - was das Berufungsgericht hier bejaht hat - die Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden und dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last fiel (Senatsurteile vom 28. Februar 2007 - IV ZR 331/05 - VersR 2007, 785 Tz. 15; vom 21. Januar 1998 - IV ZR 10/97 - VersR 1998, 447 unter 2 b, jeweils m.w.N.). Voraussetzung für die Leistungsfreiheit ist weiterhin, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer vorher deutlich über den Anspruchsverlust belehrt hat, der ihm bei vorsätzlich falschen Angaben droht (Senatsbeschluss vom 28. Februar 2007 - IV ZR 152/05 - VersR 2007, 683 Tz. 2 m.w.N.; Senatsurteil vom 21. Januar 1998 aaO unter 2 c). Eine derartige Belehrung hatte die Klägerin vor Abgabe der ersten Schadenanzeige von der Beklagten nicht erhalten. In einem solchen Fall wird - wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat - der Versicherer gleichwohl leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer arglistig seine Aufklärungspflicht verletzt hat und deshalb den mit der Belehrungspflicht bezweckten Schutz nicht verdient (vgl. Senatsurteile vom 12. März 1976 - IV ZR 79/73 - VersR 1976, 383 unter 2; vom 20. Dezember 1972 - IV ZR 57/71 - VersR 1973, 174 unter VI 4; vom 10. Februar 1971 - IV ZR 143/69 - VersR 1971, 405 unter II 2; vom 20. November 1970 - IV ZR 1074/68 - VersR 1971, 142 unter II 3). Eine arglistige Täuschung setzt eine Vorspiegelung falscher oder ein Verschweigen wahrer Tatsachen gegenüber dem Versicherer zum Zwecke der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums voraus. Der Versicherungsnehmer muss vorsätzlich handeln, indem er bewusst und willentlich auf die Entscheidung des Versicherers einwirkt (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 aaO Tz. 8 m.w.N.). Eine Bereicherungsabsicht des Versicherungsnehmers ist nicht erforderlich. Es reicht aus, dass er einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt, etwa indem er Schwierigkeiten bei der Durchsetzung berechtigter Deckungsansprüche ausräumen will und weiß, dass sein Verhalten den Versicherer bei der Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann (BGH, Urteil vom 8. Juli 1991 - II ZR 65/90 - VersR 1991, 1129, 1131 unter 2 c (2) m.w.N.).
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b) Das Berufungsgericht hat eine Arglist der Klägerin im Kern damit begründet, dass ihr schon bei Abschluss des Unfallversicherungsvertrages die Vorerkrankungen und gesundheitlichen Probleme ihrer Mutter und das daraus folgende erhöhte Unfallrisiko bewusst gewesen seien. Dieses Bewusstsein hat das Berufungsgericht daraus abgeleitet, dass sich die von der Klägerin beauftragte Versicherungsmaklerin vor Abschluss des Vertrages bei der Beklagten erkundigte, ob sie die Mutter der Klägerin ohne Gesundheitsprüfung versichere. Bei dieser Würdigung hat das Berufungsgericht unter Missachtung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs wesentlichen Sachvortrag nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, die Anfrage bei der Beklagten sei nicht von ihr veranlasst worden, sondern von der Versicherungsmaklerin ausgegangen. Dieses vom Berufungsgericht übergangene Vorbringen ist entscheidungserheblich. Wenn die Klägerin die Frage nach Versicherung ihrer Mutter ohne Gesundheitsprüfung nicht initiiert hatte, kann ihr nicht angelastet werden, den Vertrag bewusst in Kenntnis einer gesteigerten Unfallgefahr abgeschlossen zu haben und mit gleichgerichteter Täuschungsabsicht die Vorerkrankungen ihrer Mutter in der ersten Schadenanzeige verschwiegen zu haben. Die weiteren vom Berufungsgericht genannten Umstände lassen nach den dargelegten Maßstäben nicht den Schluss auf eine arglistige Obliegenheitsverletzung der Klägerin zu. Dafür genügt es nicht, dass in der ersten Schadenanzeige die Mutter der Klägerin fälschlich als vollkommen gesund bezeichnet und die Frage nach ärztlichen Behandlungen wahrheitswidrig verneint wurde. Einen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung einer vom Versicherer gestellten Frage immer und nur in der Absicht erfolgt, auf den Willen des Versicherers einzuwirken, gibt es nicht (Senatsurteil vom 28. Februar 2007 aaO Tz. 8 m.w.N.). Welche Bedeutung der vom Berufungsgericht hervorgehobene relativ kurze Zeitablauf zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dem Unfall haben soll, ist nicht verständlich. Dass die Klägerin zur Zeit des Vertragsschlusses den späteren Unfall vorhersehen konnte, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Schließlich hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, dass die erste Schadenanzeige von der Versicherungsmaklerin auf ihrem Formular ausgefüllt und von der Klägerin unterschrieben wurde. Es spricht einiges dafür, dass sich der die Klägerin treffende Vorwurf darin erschöpft, die ausgefüllte Schadenanzeige vor Unterzeichnung nicht genau durchgelesen zu haben.
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c) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei der gebotenen Würdigung aller Umstände zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre. Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird es sich auch mit der zweiten Schadenanzeige zu be fassen und zu prüfen haben, ob die Klägerin durch Nichtbeantwortung der Frage nach Vorerkrankungen ihre Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich verletzt hat.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Harsdorf-Gebhardt
Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.04.2006 - 11 O 325/05 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.02.2007 - I-4 U 104/06 -

(1) Bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit, die vom Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalles gegenüber dem Versicherer zu erfüllen ist, kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats, nachdem er von der Verletzung Kenntnis erlangt hat, ohne Einhaltung einer Frist kündigen, es sei denn, die Verletzung beruht nicht auf Vorsatz oder auf grober Fahrlässigkeit.

(2) Bestimmt der Vertrag, dass der Versicherer bei Verletzung einer vom Versicherungsnehmer zu erfüllenden vertraglichen Obliegenheit nicht zur Leistung verpflichtet ist, ist er leistungsfrei, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.

(3) Abweichend von Absatz 2 ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versicherungsfalles noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Satz 1 gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verletzt hat.

(4) Die vollständige oder teilweise Leistungsfreiheit des Versicherers nach Absatz 2 hat bei Verletzung einer nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Auskunfts- oder Aufklärungsobliegenheit zur Voraussetzung, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf diese Rechtsfolge hingewiesen hat.

(5) Eine Vereinbarung, nach welcher der Versicherer bei Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zum Rücktritt berechtigt ist, ist unwirksam.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.