Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 30. Mai 2018 - 12 U 14/18

bei uns veröffentlicht am30.05.2018

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 12.12.2017 - 11 O 53/16 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt Rückzahlung geleisteter Versicherungsprämien nebst hieraus von der Beklagten gezogener Nutzungen nach Widerspruch gegen einen Lebensversicherungsvertrag sowie die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.
Der Kläger hat am 19.08.1998 bei der Beklagten über eine Versicherungsmaklerin einen Lebensversicherungsvertrag mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung beantragt. Bei Antragstellung wurden dem Kläger keine weiteren Unterlagen, insbesondere nicht die Versicherungsbedingungen ausgehändigt. Nach Abklärung von Nachfragen gab die Beklagte ein Änderungsangebot hinsichtlich einer Ausschlussklausel für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab. Mit diesen Änderungen erklärte der Kläger sich mit Schreiben vom 14.12.1998 einverstanden. Die Beklagte policierte sodann den Vertrag unter der Nummer ... mit Versicherungsbeginn 01.12.1998. Mit Schreiben vom 21.12.1998 hat die Beklagte der vom Kläger eingeschalteten Versicherungsmaklerin den Versicherungsschein nebst AVB und den Verbraucherinformationen nach § 10a VAG und einen Begleitbrief zur Weiterleitung an den Kläger übersandt. Der diesem Schreiben beigefügte Begleitbrief enthält auf Seite 2 oben, nach einem größeren Absatz auf Seite 1 folgende Passage:
Sie können innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheines dem Versicherungsvertrag widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.
Danach enthält das Schreiben noch einen Absatz vor der Grußformel.
Im März 2001 wandte sich der Kläger an die Beklagte mit der Bitte um Ausstellung eines Ersatzversicherungsscheins. Am 12.08.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen wegen Berufsunfähigkeit wegen eines im Juli 2001 erlittenen Unfalls. Nach Leistungsprüfung erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 11.07.2003 den Rücktritt vom streitgegenständlichen Versicherungsvertrag wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung über gefahrerhebliche gesundheitliche Beschwerden und ärztliche Untersuchungen kurz vor Vertragsschluss. Mit Schreiben vom 09.12.2015 erklärte der Kläger den Widerspruch gegen den Versicherungsvertrag. Mit Schreiben vom 23.12.2015 wies die Beklagte die Rückabwicklung des Vertrags zurück. Mit Schreiben vom 21.01.2016 forderte der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers die Beklagte unter nochmaliger Erklärung des Widerspruchs gegen den Versicherungsvertrag auf, sämtliche bezahlten Versicherungsbeiträge nebst einer Verzinsung von 7% p.a. an den Kläger zurückzuzahlen. Mit Schreiben vom 16.02.2016 berief sich die Beklagte auf die Verwirkung des Anspruchs aufgrund der Inanspruchnahme durch den Antrag auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.
Der Kläger hat geltend gemacht, er habe keine Widerspruchsbelehrung zu dem streitgegenständlichen Vertrag erhalten. Der Zugang der von der Beklagten behaupteten Unterlagen sei ihm nicht erinnerlich. Erst im Jahr 2001 seien ihm auf seine Nachfrage der Versicherungsschein und die Versicherungsbedingungen übersandt worden. Das Policenbegleitschreiben mit der Widerspruchsbelehrung habe er dabei nicht erhalten. Die darin enthaltene Belehrung sei nicht wirksam, da sie drucktechnisch allein durch Unterstreichung und damit nicht ausreichend hervorgehoben sei. Aufgrund des großen Absatzes zwischen Seite 1 und 2 des Anschreibens überblättere der Versicherungsnehmer die zweite Seite des Anschreibens. Die Belehrung sei auch inhaltlich falsch, da der Fristlauf nur an den Erhalt des Versicherungsscheins, nicht - wie in der gesetzlichen Regelung vorgeschrieben - auch an den Erhalt der Versicherungsbedingungen und der weiteren Verbraucherinformationen geknüpft sei. Es fehle in der Belehrung der Zusatz, dass der Widerspruch schriftlich zu erfolgen habe. Die Verwendung des Begriffs „Absendung“ genüge nicht als Hinweis auf die Schriftform. Deshalb sei der Widerspruch vom 09.12.2015 nicht verfristet. Eine Verwirkung komme nicht in Betracht, da der Kläger ohne Belehrung keine Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht gehabt habe und deshalb von einem wirksamen Vertrag habe ausgehen müssen. Der Leistungsantrag habe keine bestätigende Wirkung, da damit lediglich ein vertraglicher Anspruch geltend gemacht und nicht auf den Vertrag eingewirkt worden sei. Der Kläger habe den Widerruf unmittelbar, nachdem er von der Widerrufbarkeit des streitgegenständlichen Vertrags erfahren habe, erklärt. Die Beklagte habe die Situation durch ihre fehlerhafte oder fehlende Belehrung selbst herbeigeführt, weshalb es bereits an dem für die Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment fehle. Im Übrigen sei das Policenmodell insgesamt europarechtswidrig. Neben den gezahlten Prämien in Höhe von 11.460,59 EUR seien von der Beklagten hieraus gezogene Nutzungen in Höhe von insgesamt 31.106,21 EUR zu zahlen. Die Eigenkapitalrendite der Beklagten sei die richtige Grundlage für die Bestimmung der Höhe der Nutzungen und habe für die Jahre 1998 bis 2015 durchschnittlich 11,67% betragen. Dieser Wert sei auch für die Jahre 2016 und 2017 anzusetzen. Zur Berechnung werde auf die Anlagen ... Bezug genommen. Für den Versicherungsschutz seien nur pauschal 100,00 EUR abzuziehen, da die Beklagte ihre Kalkulation insoweit nicht offenlege. Die Zahlung des Rückkaufswerts könne der Kläger mangels aussagekräftiger Unterlagen nicht nachvollziehen. Er könne sich daran nicht erinnern und Kontoauszüge aus dieser Zeit habe er nicht mehr. Weder die Prämien für die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung noch die Risikokosten seien anrechenbar, da der Kläger nach dem Vortrag der Beklagten keinen Versicherungsschutz genossen habe und deshalb ein anrechenbarer Vorteil ausscheide.
Die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,9 Geschäftsgebühr aus dem Gegenstandswert von 30.393,14 EUR schulde die Beklagte als Verzugsschadensersatz und als Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Vertragspflichten in Form der mangelhaften Widerspruchsbelehrung. Die Höhe des Gebührensatzes sei wegen der Anwendung alter Gesetzesfassungen, der Fertigung mehrseitiger Schriftsätze nebst Anlagen, des Umfangs der zu prüfenden Unterlagen, der Durchführung schwieriger und umfangreicher Berechnungen und der Berücksichtigung der sehr umfangreichen Rechtsprechung in Widerspruchsfällen gerechtfertigt.
Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen,
1. an den Kläger einen Betrag von 42.108,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16.05.2017 zu zahlen,
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2. den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.483,77 EUR gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers freizustellen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
13 
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe nach dem am 11.07.2003 erklärten Rücktritt vom Versicherungsvertrag im Jahr 2004 den Rückkaufswert der streitgegenständlichen Versicherung in Höhe von 3.135,25 EUR an den Kläger überwiesen und ferner 57,32 EUR Kapitalertragssteuer und Solidaritätszuschlag für den Kläger an die Finanzbehörden abgeführt. Die in dem Policenbegleitschreiben vom 21.12.1998 erteilte Widerspruchsbelehrung sei durch Unterstreichung drucktechnisch hervorgehoben und inhaltlich nicht zu beanstanden, so dass der Widerspruch des Klägers verfristet sei. Der Kläger habe mit Schreiben vom 21.12.1998 auch sämtliche fristauslösenden Unterlagen vollständig erhalten. Aufgrund des ex tunc wirkenden Rücktritts der Beklagten fehle es jedoch bereits an einem Vertragsverhältnis, dem widersprochen werden und aus dem dem Kläger weitere Ansprüche zustehen könnten. Ein Rückzahlungsanspruch des Klägers scheide auch wegen Verwirkung bzw. rechtsmissbräuchlichen Verhaltens des Klägers aus. Das Zeitmoment sei 17 Jahre nach Vertragsschluss und 12 Jahre nach dem Rücktritt der Beklagten gegeben. Als Umstandsmoment sei der Leistungsantrag des Klägers, der einen wirksamen Vertrag voraussetze, zu berücksichtigen. Des Weiteren sei ein Widerspruchsrecht in analoger Anwendung des § 124 Abs. 3 BGB spätestens zehn Jahre nach Vertragsschluss ausgeschlossen. Der Kläger habe auf den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag Prämien in Höhe von insgesamt 11.048,76 EUR geleistet. Für den Fall einer Rückabwicklung des Versicherungsvertrags habe sich der Kläger den genossenen Versicherungsschutz anrechnen zu lassen, der für die Hauptversicherung mit Risikokosten in Höhe von 743,64 EUR zu beziffern sei. Die auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung entfallenen Prämien in Höhe von 4.747,62 EUR seien ebenfalls saldierend zu berücksichtigen. Für die Berechnung des Nutzungsersatzes seien auch die Abschluss- und Verwaltungskosten in Abzug zu bringen. Nicht die Eigenkapitalrendite, sondern die Nettoverzinsung, die sich aus den Ergebnissen der Kapitalanlagen ergebe, sei der geeignete Parameter zur Ermittlung der gezogenen Nutzungen. Der Ansatz einer 1,9 Gebühr für vorgerichtliche Kosten sei völlig übersetzt, da das außergerichtliche Mahnschreiben ein Muster sei, das in vielen Fällen gleichlautend verwendet werde und es sich um einen Standardfall im Lebensversicherungsrecht handele. Die Aktivlegitimation des Klägers zur Geltendmachung der vorgerichtlichen Kosten bestehe nicht.
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Das Landgericht hat mit Urteil vom 12.12.2017, auf das wegen der weiteren Feststellungen Bezug genommen wird, soweit sie mit den hier getroffenen nicht in Widerspruch stehen, die Klage abgewiesen. Zwar stünden dem vom Kläger erklärten Widerspruch keine dogmatischen Bedenken entgegen. Allerdings ergeben sich aus der Gesamtschau das für eine Verwirkung erforderliche Umstandsmoment und die insoweit geforderten gravierenden Umstände. Der Kläger habe unstreitig gefahrerhebliche Gesundheitsumstände vor Vertragsschluss nicht angegeben und dadurch seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt. Das Rücktrittsrecht und die daraus resultierende Leistungsfreiheit der Beklagten habe der Kläger weder zur Zeit der Rücktrittserklärung noch danach in Frage gestellt und damit den Vorwurf einer schuldhaften Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht akzeptiert. Dadurch habe die Beklagte nach Auskehrung des Rückkaufswertes im Jahre 2004 in Ansehung des verstrichenen Zeitmoments von 11 Jahren berechtigt darauf vertrauen dürfen, dass der ursprüngliche Versicherungsvertrag endgültig abgewickelt sei. Hier sei auch die für die Arglistanfechtung geltende Höchstfrist gemäß § 124 BGB in den Blick zu nehmen. Der vorliegend zwischen Vertragsschluss im Dezember 1998 und Abgabe der Widerspruchsbelehrung im Dezember 2015 vergangene Zeitraum von 17 Jahren führe im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung zu einer weiteren Reduzierung der Bedeutung des Umstandsmoments. Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 346 BGB. § 176 VVG regele für den Fall des Rücktritts des Versicherers die Pflicht zur Zahlung des Rückkaufswertes. Die Auszahlung dieses Betrags stehe zur Überzeugung der Kammer fest.
15 
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der dieser sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt und darüber hinaus Zinsen nunmehr seit Rechtshängigkeit (30.04.2016) beantragt. Der Kläger macht geltend, das Landgericht gehe fehl, wenn es das unbefristet bestehende Widerspruchsrecht als treuwidrig und verwirkt ansehe. Die Annahme von Verwirkung komme nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonders gravierender Umstände in Betracht. Hier sei der Versicherungsvertrag nicht vom Kläger gekündigt worden, sondern wegen Anzeigepflichtverletzung von der Beklagten. Es habe somit schon an einer treuwidrigen Rechtsausübung durch den Kläger gefehlt. Der Bundesgerichtshof habe Verwirkung nur auf Grund Vorliegens der Gesamtheit von fünf Merkmalen angenommen. So im Falle mehrfacher Abtretung, besonders engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Vertragsabschluss und erster Abtretung der Versicherung inkl. Todesfallleistung, Neupolicierung auf Grund Höherversicherung und Tarifänderung, Beratung des Versicherungsnehmers durch Versicherungsmakler und nur sehr geringe Fehler in der Widerrufsbelehrung. Diese fünf Merkmale lägen hier ersichtlich nicht vor.
16 
Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts wie folgt abzuändern:
17 
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von 42.108,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
18 
2. den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.483,77 EUR freizustellen.
19 
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Ansprüche kämen nicht in Betracht, da angesichts des Zeitablaufs sowie der Beantragung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung der Einwand der Verwirkung gemäß § 242 BGB entgegenstünde. Die Beklagte habe sich nach dem Leistungsantrag, jedenfalls aber nach der Beendigung des Vertrags durch ihren Rücktritt und den Ablauf von 10 Jahren spätestens im Jahr 2014 berechtigterweise darauf einstellen dürfen, dass der Kläger den Vertrag als wirksam angesehen habe und ihn nach Erhalt des Rückkaufswertes im Jahre 2003 nicht mehr rückabwickeln wollte.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
21 
Die Berufung des Klägers ist zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil das Widerspruchsrecht des Klägers verwirkt ist.
22 
1. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger nicht ordnungsgemäß belehrt worden ist. Die erteilte Belehrung ist fehlerhaft, weil die fristauslösenden Unterlagen unvollständig benannt sind (vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2016 - IV ZR 192/14, juris Rn. 13). Es fehlt bereits am Hinweis, dass der Beginn der Widerspruchsbelehrung nicht nur an den Erhalt des Versicherungsscheins, sondern auch entsprechend der gesetzlichen Regelung des § 5a Abs. 2 S. 1 VVG a.F. an den Erhalt der Verbraucherinformationen nach § 10a VAG und der Versicherungsbedingungen geknüpft ist.
23 
Damit wurde die Widerspruchsfrist des § 5a Abs. 1 S. 1 VVG a.F. nicht in Lauf gesetzt. Das fortdauernde Widerspruchsrecht ergibt sich aus dem Umstand, dass der Kläger bei Vertragsabschluss nicht ordnungsgemäß belehrt worden war, § 5a Abs. 2 VVG a.F. (vgl. BGH, Urteil vom 29.07.2015 - IV ZR 384/14, juris Rn. 29). Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung hat zur Folge, dass das Widerspruchsrecht auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. fortbestand. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (a.a.O.) findet diese Vorschrift als Folge europarechtskonformer Gesetzesauslegung keine Anwendung auf Lebensversicherungsverträge (Senat, Urteil vom 06.12.2016 - 12 U 137/16, juris Rn. 23).
24 
2. Zu Recht hat das Landgericht das Widerspruchsrecht hier als verwirkt angesehen. Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (Senat, Urteil vom 06.12.2016 - 12 U 137/16, juris Rn. 25).
25 
Der Senat verkennt dabei nicht, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Kündigung des Versicherungsnehmers und die Rückabwicklung des Versicherungsvertrags auch viele Jahre vor Erklärung des Widerspruchs, der Ausübung des Widerspruchsrechts nicht entgegensteht. Denn der Versicherungsnehmer konnte sein Wahlrecht zwischen Kündigung und Widerspruch mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht sachgerecht ausüben (vgl. BGH, Urteil vom 16.10.2013 - IV ZR 52/12, Juris Rn. 21; BGH, Urteil vom 28.09.2014 - IV ZR 210/14, juris Rn. 16). Ausgehend hiervon steht dem Kläger trotz Rücktritt der Beklagten grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu.
26 
Im Fall nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung kann der Versicherer grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat (vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2016 - IV ZR 343/15, juris Rn. 21 m. w. N.). Etwas Anderes kann sich im Einzelfall ergeben, wenn der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen, und sein nachträglicher Widerspruch deshalb treuwidrig erscheint. Insoweit reicht die „normale“ Vertragsdurchführung - sei es auch über einen langen Zeitraum - nicht aus; erst recht spricht eine zwischenzeitliche Kündigungserklärung nicht für einen unbedingten Fortführungswillen. Erforderlich sind vielmehr besonders gravierende Umstände (vgl. BGH, Beschluss vom 27.01.2016 - IV ZR 130/15, juris Rn. 16, r+s 2016, 230; Senat, Urt. v. 29.09.2016 - 12 U 101/16, juris Rn. 33). Ob die Umstände nach § 242 BGB eine Versagung der Rückabwicklung rechtfertigen, ist eine Frage der Würdigung im Einzelfall und bleibt der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten (BGH, Urteil vom 11.05.2016 - IV ZR 334/15, juris Rn. 16, r+s 2016, 339; BGH, Urteil v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24). So lässt etwa der Umstand, dass der Versicherungsnehmer die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Kreditsicherung abgetreten hat, dabei für sich genommen noch keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass der Versicherungsnehmer in Kenntnis seines Vertragslösungsrechts am Vertrag festgehalten und von seinem Lösungsrecht keinen Gebrauch gemacht hätte (BGH a.a.O.; Senat, Urteil vom 06.12.2016 - 12 U 137/16, juris Rn. 26 a. a. O.; a.A. KG VersR 2016, 1045).
27 
Ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages kann in diesen Fällen aber etwa in Betracht kommen bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer mehrfachen Abtretung (vgl. BGH, Beschluss vom 27.01.2016 - IV ZR 130/15, juris Rn.16; BGH, Urteil vom 11.05.2016 - IV ZR 334/15, juris Rn. 16; BGH, Urteil v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24; Senat, Urteil vom 06. 12.2016 - 12 U 137/16, juris Rn. 26).
28 
Ebenso hat der Bundesgerichtshof besonders gravierende Umstände in einem Fall angenommen, in welchem der Vertrag zunächst auf Grund von Beitragsrückständen im Jahr 2000 gekündigt und rückabgewickelt, dann aber auf Bitten des Versicherungsnehmers wieder in Kraft gesetzt worden war (BGH, Beschlüsse vom 11.11.2015 und 13.01.2016 - IV ZR 117/15, juris Rn. 5). Weiter hat der Bundesgerichtshof besonders gravierende Umstände in einem Fall angenommen, in dem der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag unmittelbar nach Erhalt des Versicherungsscheins und später noch einmal - mithin zweimal - unter Abtretung auch der Todesfallleistung zur Kreditsicherung eingesetzt hat (BGH, Beschluss vom 27.01.2016 - IV ZR 130/15, juris Rn. 16). Das OLG Köln ist von einer Verwirkung ausgegangen, wenn der Versicherungsnehmer nach Kündigung den Vertrag beitragsfrei fortgeführt hat (Urteil vom 26.02.2016 - 20 U178/15, juris 4).
29 
Im vorliegenden Fall steht dem Bereicherungsanspruch des Klägers der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen. Dabei unterliegt es tatrichterlicher Beurteilung, ob ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrags angenommen werden kann (BGH, Urteil vom 11.05.2016 - IV ZR 334/15, juris Rn. 16).
30 
Der Kläger hat dem Versicherungsvertrag erst 17 Jahre nach Vertragsschluss (1998) im Dezember 2015 widersprochen bzw. 11 Jahre nach dem seitens der Beklagten erklärten Rücktritt im Jahr 2004. Das Zeitmoment ist damit zweifelsfrei gegeben. Hinzukommt, dass der Kläger am 12.08.2002 Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung beantragt hat und die Beklagte in die Leistungsprüfung eingetreten ist, die zu einer ablehnenden Entscheidung wegen vorvertraglicher Anzeigepflichtverletzung geführt hat. In dem Leistungsantrag aus der Berufsunfähigkeitsversicherung liegt eine vertragsbestätigende Handlung, auf welche sich die Beklagte eingelassen hat. Die Beklagte hat sodann im Anschluss mit Schreiben vom 11.07.2003 den Rücktritt erklärt und in 2004 den von ihr errechneten Rückkaufswert ausgekehrt. Der Kläger hat sich gegen den Rücktritt wegen vorvertraglicher Pflichtverletzung nicht zur Wehr gesetzt. Auch nach Auszahlung des Rückkaufswerts hat sich der Kläger nicht unmittelbar an die Beklagte gewandt. Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht vielmehr erst nach 11 Jahren nach Auskehrung des Rückkaufswertes ausgeübt.
31 
Der Senat ist im vorliegenden Fall in Übereinstimmung mit dem Landgericht der Auffassung, dass die Beklagte nach Auskehrung des Rückkaufswertes nach Kündigung und in Ansehung des danach verstrichenen Zeitraums von 11 Jahren berechtigt darauf vertrauen durfte, dass der ursprüngliche Versicherungsvertrag endgültig abgewickelt war. Der Kläger hat am 12.08.2002 einen Leistungsantrag aus der angeschlossenen Berufsunfähigkeitszusatzversicherung gestellt, was zwingend einen wirksamen Hauptvertrag voraussetzt. Die Geltendmachung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ist wie eine Abtretung der Ansprüche aus der Hauptversicherung geeignet, bei dem Versicherer den Eindruck hervorzurufen, der Versicherungsnehmer wolle in jedem Fall an der Versicherung festhalten (vgl. OLG München, Urteil vom 13.04.2018 - 25 U 2581/16 für einen ähnlich gelagerten Fall eines Leistungsantrags aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung nach 9 Jahren bei einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung).
32 
Der Kläger hat darüber hinaus hier jahrelang die Rückabwicklung des Versicherungsvertrags durch die Beklagte akzeptiert. Zeit- und Umstandsmoment können deshalb hier auch nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 - XI ZR 298/17, juris Rn. 9). Dieser besondere Umstand ist hier - wie oben ausgeführt - im Leistungsantrag zu sehen.
33 
3. Ein Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der gezahlten Prämien folgt auch nicht aus § 346 Abs. 1 BGB. § 40 Abs. 1 VVG a.F. (hier in der für den im Jahr 2003 erklärten Rücktritt geltenden Fassung vom 21.07.1994) regelt, dass dem Versicherer für den Fall der Aufhebung des Vertragsverhältnisses durch Rücktritt wegen einer Obliegenheitsverletzung die Prämie bis zum Schluss der Versicherungsperiode, in der er von der Obliegenheitsverletzung Kenntnis erlangt hat, gebührt. Darüber hinaus folgt aus § 176 VVG a.F. für den Fall des Rücktritts des Versicherers vom Versicherungsvertrag, für den der Eintritt der Verpflichtung gewiss ist, die Pflicht des Versicherers zur Zahlung des Rückkaufswertes. Dass die Zahlung erfolgt ist, wird mit der Berufung nicht mehr in Abrede gestellt.
34 
4. Ein Anspruch auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten besteht nicht, da der Hauptanspruch nicht gegeben ist.
III.
35 
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
36 
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 346 Wirkungen des Rücktritts


(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. (2)

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 124 Anfechtungsfrist


(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen. (2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im F

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 176 Anzuwendende Vorschriften


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Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 40 Kündigung bei Prämienerhöhung


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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Mai 2016 - IV ZR 334/15

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 334/15 Verkündet am: 11. Mai 2016 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2016:110516UIVZR334.15.0 Der IV. Ziv

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juli 2015 - IV ZR 384/14

bei uns veröffentlicht am 29.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR384/14 Verkündet am: 29. Juli 2015 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VVG a.F. § 5a

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(1) Die Anfechtung einer nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.

(2) Die Frist beginnt im Falle der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(3) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

13
aa) Nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts belehrte der Versicherer d. VN - auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Revisionserwiderung - nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht. Die Widerspruchsbelehrung im maßgeblichen Versicherungsschein ist fehlerhaft, weil sie die fristauslösenden Unterlagen nicht zutreffend benennt. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. setzt der Beginn der Widerspruchsfrist die Überlassung des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformation nach § 10a VAG voraus. In der hier erteilten Widerspruchsbelehrung werden hingegen einzelne Unterlagen herausgegriffen, die zu der Verbraucherinformation gehören; damit wird - wie das Berufungsgericht zu Recht feststellt - für d. VN nicht klar, dass die nach § 10a VAG a.F. gesetzlich vorgeschriebene Verbraucherinformation, die d. VN zur Auslösung des Laufs der Widerspruchsfrist zu erteilen ist, die Überlassung weiterer Unterlagen als die in der Widerspruchsbelehrung genannten voraussetzt (Senatsurteil vom 24. Februar 2016 - IV ZR 201/14, juris Rn. 11). Es fehlt danach in der Widerspruchsbelehrung eine zutreffende Benennung der nach § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. fristauslösenden Unterlagen.
29
(1) Das Widerspruchsrecht bestand hier aber nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort. Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. Dezember 2013 (VersR 2014, 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7. Mai 2014 (IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der Zweiten und der Dritten Richtlinie Lebensversicherung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens- und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn der Versicherungsnehmer - wie hier - nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhalten hat.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19.08.2016 - 8 O 14/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt Zahlungen aus der Rückabwicklung zweier Lebensversicherungsverträge.
Der Kläger schloss bei der Beklagten im Jahr 1996 eine kapitalbildende Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Vers.-Nr. -030;) und im Jahr 2002 eine fondsgebundene Lebensversicherung (Vers.-Nr. -790; ) ab. Beide Vertragsschlüsse erfolgten nach dem Policenmodell (§ 5a VVG a.F.). Mit der Übersendung des Versicherungsscheins erteilte die Beklagte jeweils folgende formularmäßige Belehrung:
„Wie Ihnen bereits aufgrund unseres Hinweises im Versicherungsantrag bekannt ist, können Sie innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Versicherungsvertrag widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“
Im Oktober 2009 trat der Kläger die gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus beiden Verträgen für den Todes- wie den Erlebensfall in voller Höhe zur Sicherung eines ihm gewährten Darlehens (Nr. -325) an die Darlehensgeberin ab. Im November 2009 erweiterte er den Sicherungszweck der Sicherungsabtretungen um ein weiteres Darlehen (Nr. -243) derselben Darlehensgeberin .
Im Jahr 2012 kündigte der Kläger - mit Zustimmung der Darlehensgeberin als Sicherungszessionarin - beide Versicherungen. Die Beklagte zahlte Rückkaufswerte von 13.068,62 EUR zur Vers.-Nr. -030 und 28.103,40 EUR zur Vers.-Nr. -790 aus. Die Zessionarin erklärte daraufhin gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 07.05.2012, aus den beiden streitgegenständlichen Versicherungen „keinerlei Rechte und Ansprüche“ mehr herzuleiten.
Im Jahr 2015 ließ der Kläger mit mehreren Anwaltsschreiben den Widerspruch gegen das Zustandekommen der Verträge aussprechen. Er begehrt Rückzahlung der geleisteten Prämien samt gezogener Nutzungen abzüglich der erbrachten Auszahlungen.
Der Kläger hat erstinstanzlich geltend gemacht, er sei im Jahr 2015 noch zum Widerspruch berechtigt gewesen. Die Widerspruchsbelehrungen seien nicht ordnungsgemäß gewesen. Sein Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Ihm stehe noch ein Gesamtbetrag von 43.564,29 EUR zu.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn
1) 43.564,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2016 und
10 
2) vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von weiteren 2.414,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit
11 
zu zahlen.
12 
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
13 
Sie hat gemeint, die Widerspruchsrechte seien verfristet ausgeübt worden, jedenfalls aber verwirkt. Im Übrigen hat sie die geltend gemachten Beträge der Höhe nach bestritten.
14 
Das Landgericht hat die Klage wegen Verwirkung abgewiesen.
15 
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und seinen erstinstanzlichen Antrag zum Teil weiterverfolgt.
16 
Er beantragt nunmehr,
17 
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 25.265,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2016 sowie weiterer 2.414,51 EUR vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird, soweit in diesem Urteil keine anderen Feststellungen getroffen sind, auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung, die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie die von ihnen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
21 
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die Widerspruchsrechte des Klägers verwirkt sind.
22 
1. Zutreffend ist dabei auch der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass dem Kläger grundsätzlich ein fortdauerndes Widerspruchsrecht zustand.
23 
Dieses fortdauernde Widerspruchsrecht ergab sich aus dem Umstand, dass der Kläger bei beiden Vertragsschlüssen jeweils nicht ordnungsgemäß belehrt worden war, § 5a Abs. 2 VVG a.F. (vgl. zu ähnlichen Belehrungen BGH VersR 2015, 1101 und 1104; Senat VersR 2016, 516). Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung hatte zur Folge, dass das Widerspruchsrecht auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. fortbestand. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (aaO. mwN.) findet diese Vorschrift als Folge europarechtskonformer Gesetzesauslegung keine Anwendung auf Lebensversicherungsverträge.
24 
2. Zu Recht hat das Landgericht das Widerspruchsrecht hier als verwirkt angesehen.
25 
Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde.
26 
Im Fall nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung kann der Versicherer grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat (vgl. BGH VersR 2016, 973 mwN.). Etwas anderes kann sich im Einzelfall ergeben, wenn der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen, und sein nachträglicher Widerspruch deshalb treuwidrig erscheint. Insoweit reicht die „normale“ Vertragsdurchführung - sei es auch über einen langen Zeitraum - nicht aus; erst recht spricht eine zwischenzeitliche Kündigungserklärung nicht für einen unbedingten Fortführungswillen. Erforderlich sind vielmehr besonders gravierende Umstände (vgl. BGH r+s 2016, 230; Senat, Urt. v. 29.09.2016 - 12 U 101/16, juris Rn. 33). Ob die Umstände nach § 242 BGB eine Versagung der Rückabwicklung rechtfertigen, ist Frage der Würdigung im Einzelfall (BGH r+s 2016, 339; Urt. v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24). Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Kreditsicherung abgetreten hat, lässt dabei für sich genommen noch keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass der Versicherungsnehmer in Kenntnis seines Vertragslösungsrechts am Vertrag festgehalten und von seinem Lösungsrecht keinen Gebrauch gemacht hätte (BGH aaO.; Senat aaO.; a.A. KG VersR 2016, 1045). Ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages kann in diesen Fällen aber etwa in Betracht kommen bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer mehrfachen Abtretung (vgl. BGH r+s 2016, 230; r+s 2016, 339; Urt. v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24).
27 
Auch unter Zugrundelegung dieser hohen Anforderungen ist hier - trotz mangelhafter Belehrung - ausnahmsweise eine Verwirkung anzunehmen. Das ergibt sich aus einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls:
28 
a) Zunächst ist zu beachten, dass der Kläger mit einem zeitlichen Abstand von mehreren Jahren zwei Lebensversicherungsverträge abschloss. Zwar liegt in dem zweiten Vertragsschluss 2002 keine unmittelbare Bestätigung des ersten Versicherungsvertrags von 1996, weil beide Verträge nach Art und Ausgestaltung voneinander abwichen. Immerhin war der weitere Vertragsschluss aber geeignet, bei der Beklagten den Eindruck zu erwecken, dass der Kläger mit der bestehenden Vertragsbindung nicht grundsätzlich unzufrieden war. Ein Versicherungsnehmer, der sich von einem bereits bestehenden Lebensversicherungsvertrag eigentlich lösen will, wird in der Regel nicht eine zusätzliche Lebensversicherung beim selben Versicherer abschließen.
29 
b) Ferner hat der Kläger die Lebensversicherungsverträge wiederholt zur Kreditsicherung eingesetzt.
30 
Er hat seine Ansprüche und Rechte aus beiden Verträgen im Oktober 2009 zur Sicherung eines Darlehens an die Darlehensgeberin abgetreten. Die Abtretung umfasste ausdrücklich auch die Todesfallleistungen. Das setzt, worauf das Landgericht zutreffend verwiesen hat, zwingend das Bestehen wirksamer Verträge voraus. Von der Abtretung hat der Kläger die Beklagte in Kenntnis gesetzt, die dies entsprechend bestätigte.
31 
Kurze Zeit später hat der Kläger den Sicherungszweck der Abtretung auf ein zweites Darlehen erweitert. Das stellt zwar formal keine zweite Abtretung dar, kommt dem aber in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen nahe. Dementsprechend wurde auch die Erweiterung des Sicherungszwecks - zum Teil mit denselben Formularen wie bei der erstmaligen Abtretung - für beide Verträge der Beklagten erneut angezeigt und von dieser wiederum bestätigt.
32 
c) Darüber hinaus wurde durch die Darlehensgeberin später ein zusätzlicher Vertrauenstatbestand gegenüber der Beklagten geschaffen. Nach Kündigung und Abrechnung der beiden Verträge im Jahr 2012 bestätigte sie der Beklagten nämlich ausdrücklich, dass „keinerlei Rechte und Ansprüche“ mehr aus den beiden Versicherungsverträgen hergeleitet würden. Dabei ist hervorzuheben, dass sich diese Bestätigung nicht etwa auf das Verhältnis der Darlehensgeberin zum Kläger und die ihm gegenüber bestehenden Sicherungsansprüche bezog, sondern auf das Verhältnis zur Beklagten und die Ansprüche aus den Lebensversicherungen. Diese Bestätigung war geeignet, bei der Beklagten die Erwartung zu begründen, dass die Versicherungsverhältnisse damit endgültig abgeschlossen seien. Zu einer derartigen Bestätigung war die Darlehensgeberin auch befugt: Durch die Sicherungsabtretung war sie Inhaberin sämtlicher Rechte und Ansprüche aus beiden Versicherungsverträgen geworden; zumindest in Teilen war sie aus dem Abtretungsvertrag sogar zur Verfügung über die Vertragsverhältnisse berechtigt (etwa zur Kündigung). Unter diesem Gesichtspunkt erscheint, nachdem eine Rückübertragung etwaiger Ansprüche auf den Kläger nicht ersichtlich ist, im Übrigen auch die Aktivlegitimation des Klägers nicht zweifelsfrei; angesichts der Verwirkung kann diese Frage aber dahinstehen.
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d) Ergänzend lassen sich zudem die Besonderheiten des Zeitmoments anführen. Der Widerspruch erfolgte fast 20 Jahre nach dem ersten Vertragsschluss (zur Nr. -030). Zwar erübrigt sich durch den Zeitablauf nicht das Umstandsmoment. Zwischen Umstands- und Zeitmoment besteht aber eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH NJW 2006, 219; BGHZ 146, 217).
34 
e) Die Gesamtschau aller dieser Umstände zusammen rechtfertigt hier ausnahmsweise die Annahme der Verwirkung trotz unwirksamer Belehrung.
35 
3. Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die Annahme der Verwirkung beruht auf den besonderen Umständen des Einzelfalls, deren Würdigung dem Tat-richter vorbehalten ist (BGH r+s 2016, 339; Urt. v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24).
21
cc) Die zuerst genannte Meinung ist zutreffend. Nur eine Anknüpfung des Beginns der Widerrufsfrist an eine ordnungsgemäße Belehrung wird dem Zweck der Widerrufsbelehrung gerecht. Aus der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 4 VVG a.F. lässt sich entnehmen, dass durch die Regelung eine Verbesserung des Verbraucherschutzes erreicht und zu diesem Zweck - im Hinblick auf die Bereichsausnahme für das Versicherungswesen in § 6 Nr. 2 HWiG - eine versicherungsvertragsrechtliche Spezialnorm geschaffen werden sollte. Dort heißt es weiter: "Wegen der Bedeutung der Belehrung über das Widerrufsrecht bedarf die Belehrung der Schriftform" (BT-Drucks. 11/8321, S. 12). Mit dem Ziel des Verbraucherschutzes und der vom Gesetzgeber hervorgehobenen Bedeutung der Widerrufsbelehrung, die in der ausdrücklichen Normierung des Erfordernisses einer schriftlichen Belehrung zum Ausdruck kommt, lässt sich eine Folgenlosigkeit ihres Fehlens nicht vereinbaren. Das in § 8 Abs. 4 Satz 1 VVG a.F. eingeräumte Recht, den Vertrag binnen einer Frist von zehn Tagen nach Unterzeichnung des Versicherungsantrags zu widerrufen , lässt sich nur realisieren, wenn der Versicherungsnehmer hiervon auch Kenntnis erlangt oder zumindest die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Ein Verweis des Versicherungsnehmers auf einen Schadenersatzanspruch ist für einen effektiven Verbraucherschutz nicht ausreichend , da dem Versicherungsnehmer der Nachweis obläge, dass die Verletzung der Pflicht zur Widerrufsbelehrung ursächlich für den Vertragsschluss bzw. das Festhalten am Vertrag geworden und dass ihm hierdurch ein Schaden entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 2006 - XI ZR 204/04, BGHZ 169, 109 Rn. 43).
21
bb) Entgegen der Auffassung der Revision hat d. VN das Recht zum Widerspruch nicht verwirkt. Es fehlt hier jedenfalls am Umstandsmoment. Ein schutzwürdiges Vertrauen kann der Versicherer schon deshalb nicht in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat, indem er d. VN keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung er- teilte (vgl. Senatsurteil vom 7. Mai 2014 aaO Rn. 39 m.w.N.). Aus diesem Grund widerspricht die Ausübung des Widerspruchsrechts in Ermangelung über die reine Prämienzahlung hinausgehender, besonders gravierender Umstände auch nicht Treu und Glauben.
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c) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis aber mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Falles rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB unabhängig von Wirksamkeitszweifeln nach dem Policenmodell geschlossener Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.) wegen widersprüchlichen Verhaltens d. VN ausgeschlossen ist. Es hat zu Recht besonders gravierende Um- stände festgestellt, die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs hier verwehren. Dieser hatte bereits zwei Monate nach Erhalt des Versicherungsscheins am 17. März 2000 seine Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag als Sicherheit für ein Darlehen über 135.000 DM an eine Bank abgetreten, wovon die Beklagte mit Schreiben vom 24. Mai 2000 Kenntnis erhielt. Nach Prämienzahlung über mehr als acht Jahre trat d. VN die Forderungen aus dem Versicherungsvertrag im September 2008 ein weiteres Mal an eine Bank zur Sicherung der Ansprüche aus einem Kreditvertrag ab. Auch darüber wurde die Beklagte informiert. Die Abtretung umfasste jeweils ausdrücklich auch die Todesfallleistung; dies setzt, worauf auch die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, zwingend das Bestehen eines wirksamen Vertrages voraus. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung sowie die Abtretung auch der Todesfallleistung durfte bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den unbedingten Bestand des Vertrages begründen. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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Auch die - ausweislich der Bestätigung der D. A. bank vom 18. März 2014 mittlerweile beendete - Abtretung der für den Todesfall entstehenden Ansprüche und Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag zur Sicherheit musste das Berufungsgericht nicht als besonders gravierenden Umstand werten, der d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrt. Der Einsatz der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Sicherung der Rechte eines Dritten aus einem Darlehensvertrag lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass d. VN in Kenntnis seines Lösungsrechts vom Vertrag an diesem festgehalten und von seinem Recht keinen Gebrauch gemacht hätte. Ob ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages etwa bei einem - hier nicht gegebenen - engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer - hier nicht vorliegenden - mehrfachen Abtretung angenommen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Januar 2016 - IV ZR 130/15, juris Rn. 16), bleibt der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten, die hier aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19.08.2016 - 8 O 14/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt Zahlungen aus der Rückabwicklung zweier Lebensversicherungsverträge.
Der Kläger schloss bei der Beklagten im Jahr 1996 eine kapitalbildende Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Vers.-Nr. -030;) und im Jahr 2002 eine fondsgebundene Lebensversicherung (Vers.-Nr. -790; ) ab. Beide Vertragsschlüsse erfolgten nach dem Policenmodell (§ 5a VVG a.F.). Mit der Übersendung des Versicherungsscheins erteilte die Beklagte jeweils folgende formularmäßige Belehrung:
„Wie Ihnen bereits aufgrund unseres Hinweises im Versicherungsantrag bekannt ist, können Sie innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Versicherungsvertrag widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“
Im Oktober 2009 trat der Kläger die gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus beiden Verträgen für den Todes- wie den Erlebensfall in voller Höhe zur Sicherung eines ihm gewährten Darlehens (Nr. -325) an die Darlehensgeberin ab. Im November 2009 erweiterte er den Sicherungszweck der Sicherungsabtretungen um ein weiteres Darlehen (Nr. -243) derselben Darlehensgeberin .
Im Jahr 2012 kündigte der Kläger - mit Zustimmung der Darlehensgeberin als Sicherungszessionarin - beide Versicherungen. Die Beklagte zahlte Rückkaufswerte von 13.068,62 EUR zur Vers.-Nr. -030 und 28.103,40 EUR zur Vers.-Nr. -790 aus. Die Zessionarin erklärte daraufhin gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 07.05.2012, aus den beiden streitgegenständlichen Versicherungen „keinerlei Rechte und Ansprüche“ mehr herzuleiten.
Im Jahr 2015 ließ der Kläger mit mehreren Anwaltsschreiben den Widerspruch gegen das Zustandekommen der Verträge aussprechen. Er begehrt Rückzahlung der geleisteten Prämien samt gezogener Nutzungen abzüglich der erbrachten Auszahlungen.
Der Kläger hat erstinstanzlich geltend gemacht, er sei im Jahr 2015 noch zum Widerspruch berechtigt gewesen. Die Widerspruchsbelehrungen seien nicht ordnungsgemäß gewesen. Sein Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Ihm stehe noch ein Gesamtbetrag von 43.564,29 EUR zu.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn
1) 43.564,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2016 und
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2) vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von weiteren 2.414,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit
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zu zahlen.
12 
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
13 
Sie hat gemeint, die Widerspruchsrechte seien verfristet ausgeübt worden, jedenfalls aber verwirkt. Im Übrigen hat sie die geltend gemachten Beträge der Höhe nach bestritten.
14 
Das Landgericht hat die Klage wegen Verwirkung abgewiesen.
15 
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und seinen erstinstanzlichen Antrag zum Teil weiterverfolgt.
16 
Er beantragt nunmehr,
17 
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 25.265,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2016 sowie weiterer 2.414,51 EUR vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird, soweit in diesem Urteil keine anderen Feststellungen getroffen sind, auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung, die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie die von ihnen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
21 
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die Widerspruchsrechte des Klägers verwirkt sind.
22 
1. Zutreffend ist dabei auch der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass dem Kläger grundsätzlich ein fortdauerndes Widerspruchsrecht zustand.
23 
Dieses fortdauernde Widerspruchsrecht ergab sich aus dem Umstand, dass der Kläger bei beiden Vertragsschlüssen jeweils nicht ordnungsgemäß belehrt worden war, § 5a Abs. 2 VVG a.F. (vgl. zu ähnlichen Belehrungen BGH VersR 2015, 1101 und 1104; Senat VersR 2016, 516). Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung hatte zur Folge, dass das Widerspruchsrecht auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. fortbestand. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (aaO. mwN.) findet diese Vorschrift als Folge europarechtskonformer Gesetzesauslegung keine Anwendung auf Lebensversicherungsverträge.
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2. Zu Recht hat das Landgericht das Widerspruchsrecht hier als verwirkt angesehen.
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Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde.
26 
Im Fall nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung kann der Versicherer grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat (vgl. BGH VersR 2016, 973 mwN.). Etwas anderes kann sich im Einzelfall ergeben, wenn der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen, und sein nachträglicher Widerspruch deshalb treuwidrig erscheint. Insoweit reicht die „normale“ Vertragsdurchführung - sei es auch über einen langen Zeitraum - nicht aus; erst recht spricht eine zwischenzeitliche Kündigungserklärung nicht für einen unbedingten Fortführungswillen. Erforderlich sind vielmehr besonders gravierende Umstände (vgl. BGH r+s 2016, 230; Senat, Urt. v. 29.09.2016 - 12 U 101/16, juris Rn. 33). Ob die Umstände nach § 242 BGB eine Versagung der Rückabwicklung rechtfertigen, ist Frage der Würdigung im Einzelfall (BGH r+s 2016, 339; Urt. v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24). Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Kreditsicherung abgetreten hat, lässt dabei für sich genommen noch keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass der Versicherungsnehmer in Kenntnis seines Vertragslösungsrechts am Vertrag festgehalten und von seinem Lösungsrecht keinen Gebrauch gemacht hätte (BGH aaO.; Senat aaO.; a.A. KG VersR 2016, 1045). Ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages kann in diesen Fällen aber etwa in Betracht kommen bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer mehrfachen Abtretung (vgl. BGH r+s 2016, 230; r+s 2016, 339; Urt. v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24).
27 
Auch unter Zugrundelegung dieser hohen Anforderungen ist hier - trotz mangelhafter Belehrung - ausnahmsweise eine Verwirkung anzunehmen. Das ergibt sich aus einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls:
28 
a) Zunächst ist zu beachten, dass der Kläger mit einem zeitlichen Abstand von mehreren Jahren zwei Lebensversicherungsverträge abschloss. Zwar liegt in dem zweiten Vertragsschluss 2002 keine unmittelbare Bestätigung des ersten Versicherungsvertrags von 1996, weil beide Verträge nach Art und Ausgestaltung voneinander abwichen. Immerhin war der weitere Vertragsschluss aber geeignet, bei der Beklagten den Eindruck zu erwecken, dass der Kläger mit der bestehenden Vertragsbindung nicht grundsätzlich unzufrieden war. Ein Versicherungsnehmer, der sich von einem bereits bestehenden Lebensversicherungsvertrag eigentlich lösen will, wird in der Regel nicht eine zusätzliche Lebensversicherung beim selben Versicherer abschließen.
29 
b) Ferner hat der Kläger die Lebensversicherungsverträge wiederholt zur Kreditsicherung eingesetzt.
30 
Er hat seine Ansprüche und Rechte aus beiden Verträgen im Oktober 2009 zur Sicherung eines Darlehens an die Darlehensgeberin abgetreten. Die Abtretung umfasste ausdrücklich auch die Todesfallleistungen. Das setzt, worauf das Landgericht zutreffend verwiesen hat, zwingend das Bestehen wirksamer Verträge voraus. Von der Abtretung hat der Kläger die Beklagte in Kenntnis gesetzt, die dies entsprechend bestätigte.
31 
Kurze Zeit später hat der Kläger den Sicherungszweck der Abtretung auf ein zweites Darlehen erweitert. Das stellt zwar formal keine zweite Abtretung dar, kommt dem aber in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen nahe. Dementsprechend wurde auch die Erweiterung des Sicherungszwecks - zum Teil mit denselben Formularen wie bei der erstmaligen Abtretung - für beide Verträge der Beklagten erneut angezeigt und von dieser wiederum bestätigt.
32 
c) Darüber hinaus wurde durch die Darlehensgeberin später ein zusätzlicher Vertrauenstatbestand gegenüber der Beklagten geschaffen. Nach Kündigung und Abrechnung der beiden Verträge im Jahr 2012 bestätigte sie der Beklagten nämlich ausdrücklich, dass „keinerlei Rechte und Ansprüche“ mehr aus den beiden Versicherungsverträgen hergeleitet würden. Dabei ist hervorzuheben, dass sich diese Bestätigung nicht etwa auf das Verhältnis der Darlehensgeberin zum Kläger und die ihm gegenüber bestehenden Sicherungsansprüche bezog, sondern auf das Verhältnis zur Beklagten und die Ansprüche aus den Lebensversicherungen. Diese Bestätigung war geeignet, bei der Beklagten die Erwartung zu begründen, dass die Versicherungsverhältnisse damit endgültig abgeschlossen seien. Zu einer derartigen Bestätigung war die Darlehensgeberin auch befugt: Durch die Sicherungsabtretung war sie Inhaberin sämtlicher Rechte und Ansprüche aus beiden Versicherungsverträgen geworden; zumindest in Teilen war sie aus dem Abtretungsvertrag sogar zur Verfügung über die Vertragsverhältnisse berechtigt (etwa zur Kündigung). Unter diesem Gesichtspunkt erscheint, nachdem eine Rückübertragung etwaiger Ansprüche auf den Kläger nicht ersichtlich ist, im Übrigen auch die Aktivlegitimation des Klägers nicht zweifelsfrei; angesichts der Verwirkung kann diese Frage aber dahinstehen.
33 
d) Ergänzend lassen sich zudem die Besonderheiten des Zeitmoments anführen. Der Widerspruch erfolgte fast 20 Jahre nach dem ersten Vertragsschluss (zur Nr. -030). Zwar erübrigt sich durch den Zeitablauf nicht das Umstandsmoment. Zwischen Umstands- und Zeitmoment besteht aber eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH NJW 2006, 219; BGHZ 146, 217).
34 
e) Die Gesamtschau aller dieser Umstände zusammen rechtfertigt hier ausnahmsweise die Annahme der Verwirkung trotz unwirksamer Belehrung.
35 
3. Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die Annahme der Verwirkung beruht auf den besonderen Umständen des Einzelfalls, deren Würdigung dem Tat-richter vorbehalten ist (BGH r+s 2016, 339; Urt. v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24).
16
c) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis aber mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Falles rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB unabhängig von Wirksamkeitszweifeln nach dem Policenmodell geschlossener Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.) wegen widersprüchlichen Verhaltens d. VN ausgeschlossen ist. Es hat zu Recht besonders gravierende Um- stände festgestellt, die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs hier verwehren. Dieser hatte bereits zwei Monate nach Erhalt des Versicherungsscheins am 17. März 2000 seine Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag als Sicherheit für ein Darlehen über 135.000 DM an eine Bank abgetreten, wovon die Beklagte mit Schreiben vom 24. Mai 2000 Kenntnis erhielt. Nach Prämienzahlung über mehr als acht Jahre trat d. VN die Forderungen aus dem Versicherungsvertrag im September 2008 ein weiteres Mal an eine Bank zur Sicherung der Ansprüche aus einem Kreditvertrag ab. Auch darüber wurde die Beklagte informiert. Die Abtretung umfasste jeweils ausdrücklich auch die Todesfallleistung; dies setzt, worauf auch die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, zwingend das Bestehen eines wirksamen Vertrages voraus. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung sowie die Abtretung auch der Todesfallleistung durfte bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den unbedingten Bestand des Vertrages begründen. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.
16
Auch die - ausweislich der Bestätigung der D. A. bank vom 18. März 2014 mittlerweile beendete - Abtretung der für den Todesfall entstehenden Ansprüche und Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag zur Sicherheit musste das Berufungsgericht nicht als besonders gravierenden Umstand werten, der d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrt. Der Einsatz der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Sicherung der Rechte eines Dritten aus einem Darlehensvertrag lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass d. VN in Kenntnis seines Lösungsrechts vom Vertrag an diesem festgehalten und von seinem Recht keinen Gebrauch gemacht hätte. Ob ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages etwa bei einem - hier nicht gegebenen - engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer - hier nicht vorliegenden - mehrfachen Abtretung angenommen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Januar 2016 - IV ZR 130/15, juris Rn. 16), bleibt der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten, die hier aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 19.08.2016 - 8 O 14/16 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt Zahlungen aus der Rückabwicklung zweier Lebensversicherungsverträge.
Der Kläger schloss bei der Beklagten im Jahr 1996 eine kapitalbildende Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Vers.-Nr. -030;) und im Jahr 2002 eine fondsgebundene Lebensversicherung (Vers.-Nr. -790; ) ab. Beide Vertragsschlüsse erfolgten nach dem Policenmodell (§ 5a VVG a.F.). Mit der Übersendung des Versicherungsscheins erteilte die Beklagte jeweils folgende formularmäßige Belehrung:
„Wie Ihnen bereits aufgrund unseres Hinweises im Versicherungsantrag bekannt ist, können Sie innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins dem Versicherungsvertrag widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs.“
Im Oktober 2009 trat der Kläger die gegenwärtigen und zukünftigen Rechte und Ansprüche aus beiden Verträgen für den Todes- wie den Erlebensfall in voller Höhe zur Sicherung eines ihm gewährten Darlehens (Nr. -325) an die Darlehensgeberin ab. Im November 2009 erweiterte er den Sicherungszweck der Sicherungsabtretungen um ein weiteres Darlehen (Nr. -243) derselben Darlehensgeberin .
Im Jahr 2012 kündigte der Kläger - mit Zustimmung der Darlehensgeberin als Sicherungszessionarin - beide Versicherungen. Die Beklagte zahlte Rückkaufswerte von 13.068,62 EUR zur Vers.-Nr. -030 und 28.103,40 EUR zur Vers.-Nr. -790 aus. Die Zessionarin erklärte daraufhin gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 07.05.2012, aus den beiden streitgegenständlichen Versicherungen „keinerlei Rechte und Ansprüche“ mehr herzuleiten.
Im Jahr 2015 ließ der Kläger mit mehreren Anwaltsschreiben den Widerspruch gegen das Zustandekommen der Verträge aussprechen. Er begehrt Rückzahlung der geleisteten Prämien samt gezogener Nutzungen abzüglich der erbrachten Auszahlungen.
Der Kläger hat erstinstanzlich geltend gemacht, er sei im Jahr 2015 noch zum Widerspruch berechtigt gewesen. Die Widerspruchsbelehrungen seien nicht ordnungsgemäß gewesen. Sein Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Ihm stehe noch ein Gesamtbetrag von 43.564,29 EUR zu.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn
1) 43.564,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2016 und
10 
2) vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von weiteren 2.414,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit
11 
zu zahlen.
12 
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt.
13 
Sie hat gemeint, die Widerspruchsrechte seien verfristet ausgeübt worden, jedenfalls aber verwirkt. Im Übrigen hat sie die geltend gemachten Beträge der Höhe nach bestritten.
14 
Das Landgericht hat die Klage wegen Verwirkung abgewiesen.
15 
Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und seinen erstinstanzlichen Antrag zum Teil weiterverfolgt.
16 
Er beantragt nunmehr,
17 
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an ihn 25.265,43 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.01.2016 sowie weiterer 2.414,51 EUR vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
18 
Die Beklagte beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird, soweit in diesem Urteil keine anderen Feststellungen getroffen sind, auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung, die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie die von ihnen vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
21 
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil die Widerspruchsrechte des Klägers verwirkt sind.
22 
1. Zutreffend ist dabei auch der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass dem Kläger grundsätzlich ein fortdauerndes Widerspruchsrecht zustand.
23 
Dieses fortdauernde Widerspruchsrecht ergab sich aus dem Umstand, dass der Kläger bei beiden Vertragsschlüssen jeweils nicht ordnungsgemäß belehrt worden war, § 5a Abs. 2 VVG a.F. (vgl. zu ähnlichen Belehrungen BGH VersR 2015, 1101 und 1104; Senat VersR 2016, 516). Das Fehlen einer ordnungsgemäßen Belehrung hatte zur Folge, dass das Widerspruchsrecht auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 S. 4 VVG a.F. fortbestand. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (aaO. mwN.) findet diese Vorschrift als Folge europarechtskonformer Gesetzesauslegung keine Anwendung auf Lebensversicherungsverträge.
24 
2. Zu Recht hat das Landgericht das Widerspruchsrecht hier als verwirkt angesehen.
25 
Ein Recht ist verwirkt, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment) und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (Umstandsmoment). Letzteres ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein Recht nicht mehr geltend machen werde. Ferner muss sich der Verpflichtete im Vertrauen auf das Verhalten des Berechtigten in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde.
26 
Im Fall nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung kann der Versicherer grundsätzlich kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt hat (vgl. BGH VersR 2016, 973 mwN.). Etwas anderes kann sich im Einzelfall ergeben, wenn der Versicherungsnehmer durch sein Verhalten den Eindruck erweckt hat, den Vertrag unbedingt fortsetzen zu wollen, und sein nachträglicher Widerspruch deshalb treuwidrig erscheint. Insoweit reicht die „normale“ Vertragsdurchführung - sei es auch über einen langen Zeitraum - nicht aus; erst recht spricht eine zwischenzeitliche Kündigungserklärung nicht für einen unbedingten Fortführungswillen. Erforderlich sind vielmehr besonders gravierende Umstände (vgl. BGH r+s 2016, 230; Senat, Urt. v. 29.09.2016 - 12 U 101/16, juris Rn. 33). Ob die Umstände nach § 242 BGB eine Versagung der Rückabwicklung rechtfertigen, ist Frage der Würdigung im Einzelfall (BGH r+s 2016, 339; Urt. v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24). Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Kreditsicherung abgetreten hat, lässt dabei für sich genommen noch keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass der Versicherungsnehmer in Kenntnis seines Vertragslösungsrechts am Vertrag festgehalten und von seinem Lösungsrecht keinen Gebrauch gemacht hätte (BGH aaO.; Senat aaO.; a.A. KG VersR 2016, 1045). Ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages kann in diesen Fällen aber etwa in Betracht kommen bei einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer mehrfachen Abtretung (vgl. BGH r+s 2016, 230; r+s 2016, 339; Urt. v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24).
27 
Auch unter Zugrundelegung dieser hohen Anforderungen ist hier - trotz mangelhafter Belehrung - ausnahmsweise eine Verwirkung anzunehmen. Das ergibt sich aus einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls:
28 
a) Zunächst ist zu beachten, dass der Kläger mit einem zeitlichen Abstand von mehreren Jahren zwei Lebensversicherungsverträge abschloss. Zwar liegt in dem zweiten Vertragsschluss 2002 keine unmittelbare Bestätigung des ersten Versicherungsvertrags von 1996, weil beide Verträge nach Art und Ausgestaltung voneinander abwichen. Immerhin war der weitere Vertragsschluss aber geeignet, bei der Beklagten den Eindruck zu erwecken, dass der Kläger mit der bestehenden Vertragsbindung nicht grundsätzlich unzufrieden war. Ein Versicherungsnehmer, der sich von einem bereits bestehenden Lebensversicherungsvertrag eigentlich lösen will, wird in der Regel nicht eine zusätzliche Lebensversicherung beim selben Versicherer abschließen.
29 
b) Ferner hat der Kläger die Lebensversicherungsverträge wiederholt zur Kreditsicherung eingesetzt.
30 
Er hat seine Ansprüche und Rechte aus beiden Verträgen im Oktober 2009 zur Sicherung eines Darlehens an die Darlehensgeberin abgetreten. Die Abtretung umfasste ausdrücklich auch die Todesfallleistungen. Das setzt, worauf das Landgericht zutreffend verwiesen hat, zwingend das Bestehen wirksamer Verträge voraus. Von der Abtretung hat der Kläger die Beklagte in Kenntnis gesetzt, die dies entsprechend bestätigte.
31 
Kurze Zeit später hat der Kläger den Sicherungszweck der Abtretung auf ein zweites Darlehen erweitert. Das stellt zwar formal keine zweite Abtretung dar, kommt dem aber in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen nahe. Dementsprechend wurde auch die Erweiterung des Sicherungszwecks - zum Teil mit denselben Formularen wie bei der erstmaligen Abtretung - für beide Verträge der Beklagten erneut angezeigt und von dieser wiederum bestätigt.
32 
c) Darüber hinaus wurde durch die Darlehensgeberin später ein zusätzlicher Vertrauenstatbestand gegenüber der Beklagten geschaffen. Nach Kündigung und Abrechnung der beiden Verträge im Jahr 2012 bestätigte sie der Beklagten nämlich ausdrücklich, dass „keinerlei Rechte und Ansprüche“ mehr aus den beiden Versicherungsverträgen hergeleitet würden. Dabei ist hervorzuheben, dass sich diese Bestätigung nicht etwa auf das Verhältnis der Darlehensgeberin zum Kläger und die ihm gegenüber bestehenden Sicherungsansprüche bezog, sondern auf das Verhältnis zur Beklagten und die Ansprüche aus den Lebensversicherungen. Diese Bestätigung war geeignet, bei der Beklagten die Erwartung zu begründen, dass die Versicherungsverhältnisse damit endgültig abgeschlossen seien. Zu einer derartigen Bestätigung war die Darlehensgeberin auch befugt: Durch die Sicherungsabtretung war sie Inhaberin sämtlicher Rechte und Ansprüche aus beiden Versicherungsverträgen geworden; zumindest in Teilen war sie aus dem Abtretungsvertrag sogar zur Verfügung über die Vertragsverhältnisse berechtigt (etwa zur Kündigung). Unter diesem Gesichtspunkt erscheint, nachdem eine Rückübertragung etwaiger Ansprüche auf den Kläger nicht ersichtlich ist, im Übrigen auch die Aktivlegitimation des Klägers nicht zweifelsfrei; angesichts der Verwirkung kann diese Frage aber dahinstehen.
33 
d) Ergänzend lassen sich zudem die Besonderheiten des Zeitmoments anführen. Der Widerspruch erfolgte fast 20 Jahre nach dem ersten Vertragsschluss (zur Nr. -030). Zwar erübrigt sich durch den Zeitablauf nicht das Umstandsmoment. Zwischen Umstands- und Zeitmoment besteht aber eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitablauf um so kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände desto geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH NJW 2006, 219; BGHZ 146, 217).
34 
e) Die Gesamtschau aller dieser Umstände zusammen rechtfertigt hier ausnahmsweise die Annahme der Verwirkung trotz unwirksamer Belehrung.
35 
3. Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
36 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Die Annahme der Verwirkung beruht auf den besonderen Umständen des Einzelfalls, deren Würdigung dem Tat-richter vorbehalten ist (BGH r+s 2016, 339; Urt. v. 01.06.2016 - IV ZR 482/14, juris Rn. 24).
5
Mit der Klage verlangt d. VN Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten Rückkaufswerts , insgesamt 11.589,42 €.
16
c) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis aber mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Falles rechtsfehlerfrei angenommen, dass ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB unabhängig von Wirksamkeitszweifeln nach dem Policenmodell geschlossener Versicherungsverträge wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. (vgl. dazu Senatsurteil vom 16. Juli 2014 - IV ZR 73/13, BGHZ 202, 102 Rn. 16 ff.; BVerfG VersR 2015, 693 Rn. 30 ff.) wegen widersprüchlichen Verhaltens d. VN ausgeschlossen ist. Es hat zu Recht besonders gravierende Um- stände festgestellt, die d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs hier verwehren. Dieser hatte bereits zwei Monate nach Erhalt des Versicherungsscheins am 17. März 2000 seine Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag als Sicherheit für ein Darlehen über 135.000 DM an eine Bank abgetreten, wovon die Beklagte mit Schreiben vom 24. Mai 2000 Kenntnis erhielt. Nach Prämienzahlung über mehr als acht Jahre trat d. VN die Forderungen aus dem Versicherungsvertrag im September 2008 ein weiteres Mal an eine Bank zur Sicherung der Ansprüche aus einem Kreditvertrag ab. Auch darüber wurde die Beklagte informiert. Die Abtretung umfasste jeweils ausdrücklich auch die Todesfallleistung; dies setzt, worauf auch die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, zwingend das Bestehen eines wirksamen Vertrages voraus. Der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung sowie die Abtretung auch der Todesfallleistung durfte bei dem Versicherer ein schutzwürdiges Vertrauen in den unbedingten Bestand des Vertrages begründen. Diese vertrauensbegründende Wirkung war für d. VN auch erkennbar.
16
Auch die - ausweislich der Bestätigung der D. A. bank vom 18. März 2014 mittlerweile beendete - Abtretung der für den Todesfall entstehenden Ansprüche und Rechte aus dem Lebensversicherungsvertrag zur Sicherheit musste das Berufungsgericht nicht als besonders gravierenden Umstand werten, der d. VN die Geltendmachung seines Anspruchs verwehrt. Der Einsatz der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag zur Sicherung der Rechte eines Dritten aus einem Darlehensvertrag lässt keinen zwingenden Schluss darauf zu, dass d. VN in Kenntnis seines Lösungsrechts vom Vertrag an diesem festgehalten und von seinem Recht keinen Gebrauch gemacht hätte. Ob ein schutzwürdiges Vertrauen des Versicherers auf den Bestand des Versicherungsvertrages etwa bei einem - hier nicht gegebenen - engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages und dessen Einsatz zur Kreditsicherung oder einer - hier nicht vorliegenden - mehrfachen Abtretung angenommen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Januar 2016 - IV ZR 130/15, juris Rn. 16), bleibt der tatrichterlichen Beurteilung vorbehalten, die hier aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist.

Tenor

Die Kläger werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision gemäß § 552a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats ab Zustellung dieses Beschlusses.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 6.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über die Widerruflichkeit der auf Abschluss zweier Verbraucherdarlehensverträge gerichteten Willenserklärungen der Kläger.

2

Die Kläger schlossen Anfang 2008 mit der Beklagten zwei Darlehensverträge, zum einen über 50.000 € zu einem Nominalzinssatz von 4,45% p.a. und zum anderen über 50.957,21 € zu einem Nominalzinssatz von 4,7% p.a. Die Beklagte erhielt zwei Grundpfandrechte, die ausweislich der Zweckerklärungen der "Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten und befristeten Forderungen der [...] [Beklagten] gegen die [...] [Kläger] aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung (insbesondere aus laufender Rechnung, Krediten und Darlehen jeder Art einschließlich etwaiger gesetzlicher Ansprüche und Wechseln)" dienten. Bei Abschluss der Darlehensverträge belehrte die Beklagte die Kläger unzureichend deutlich über das ihnen zukommende Widerrufsrecht. Die Kläger erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen. Im Mai 2010 einigten sich die Parteien auf eine vorzeitige Beendigung der Darlehensverträge zum Monatsende. Die Beklagte beanspruchte von den Klägern "Vorfälligkeitsentschädigungen" in Höhe von 2.462,51 € und von 3.099,20 € sowie Bearbeitungsentgelte von zweimal 250 €. Ebenfalls im Mai 2010 bewilligte die Beklagte die Löschung der zu ihren Gunsten bestellten Grundpfandrechte. Mit Schreiben ihrer vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 11. Februar 2015 widerriefen die Kläger ihre auf Abschluss der Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungen.

3

Ihre im Juli 2015 anhängig gemachte Klage auf Rückzahlung der "Vorfälligkeitsentschädigungen" und der Bearbeitungsentgelte sowie auf Herausgabe mutmaßlich aus diesen Leistungen gezogener Nutzungen hat das Landgericht abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht (KG, WM 2017, 1298 ff.), das von einer Verwirkung des Widerrufsrechts ausgegangen ist, zurückgewiesen. Zur näheren Begründung hat es - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - ausgeführt:

"[...]

[6] Verwirkung setzt voraus, dass der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre, der Gegner sich mit Rücksicht auf das gesamte Verhalten des Berechtigten darauf einrichten durfte und eingerichtet hat, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde, und die verspätete Geltendmachung daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2001 - I ZR 91/99 - GRUR 2002, 280; BGH, Urteil vom 14.06.2004 - II ZR 392/01 - WM 2004, 1518, 1520, jeweils m.w.N.). Die erforderliche Zeitdauer, die seit der Möglichkeit der Geltendmachung des Rechts verstrichen sein muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. § 242 Rn. 93 m.w.N.). Zu berücksichtigen sind vor allem die Art und Bedeutung des Anspruchs, die Intensität des von dem Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestandes und das Ausmaß der Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten. Ein Verhalten des Berechtigten, das einem konkludenten Verzicht nahe kommt, mindert die erforderliche Zeitdauer (BGH, Urteil vom 16. März 1979 - V ZR 38/75 - WM 1979, 644, 647). Die Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten wird wesentlich bestimmt durch den Umfang seiner Vertrauenssituation und seinen Informationsstand (BGH, Urteil vom 15.6.1956 - I ZR 71/54 - BGHZ 21, 83).

[7] Dem Verwirkungseinwand steht nicht entgegen, dass § 355 Abs. 3 S. 3 BGB a.F. dem Verbraucher im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Belehrung grundsätzlich ein unbefristetes Widerrufsrecht einräumte. Dies bedeutet lediglich, dass das Widerrufsrecht des nicht ordnungsgemäß belehrten Verbrauchers keiner gesetzlichen Ausübungs- oder Ausschlussfrist (§ 355 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 S. 1 BGB) unterlag, nicht aber, dass es ungeachtet der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) unbegrenzt ausgeübt werden könnte. Insoweit gelten für ein unbefristetes Widerrufsrecht prinzipiell die gleichen Beschränkungen wie für andere, nicht an die Einhaltung bestimmter Fristen gebundene Gestaltungsrechte (OLG Köln, Urteil vom 11.12.2015, 13 U 123/14 - zitiert nach juris Tz. 27).

[8] Der Darlehensgeber ist nicht gehindert, sich auf eine Verwirkung des Widerrufsrechts zu berufen, auch wenn er die Erteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung versäumt hat. Die gegenteilige Ansicht (OLG Hamm, Urteil vom 25.3.2015 - 31 U 155/14 - MDR 2015, 934; OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.4.2015 - 17 U 57/14 - MDR 2015, 696; OLG Stuttgart, Urteil vom 29.9.2015 - 6 U 21/15 - MDR 2015, 1223; s.a. BGH, Urteile vom 07.05.2014 - IV ZR 76/11 - NJW 2014, 2646, Tz. 39 und vom 29.7.2015 - IV ZR 384/14 - MDR 2015, 1069 Tz. 31 jeweils zu § 5a VVG a.F.) würde das Rechtsinstitut der Verwirkung praktisch gegenstandslos machen, weil der Anspruch oder das Recht, dessen Verwirkung in Rede steht, in aller Regel von Schuldner herbeigeführt worden ist. Für ein (mangels ordnungsgemäßer Belehrung) unbefristetes Widerrufsrecht müssen die gleichen Beschränkungen durch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) gelten wie für andere, nicht an die Einhaltung bestimmter Fristen gebundene Gestaltungsrechte. Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass das Widerrufsrecht der Verwirkung unterliegt. Dies ergibt sich z.B. aus der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Einführung einer Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge, zur Änderung der Vorschriften über das Widerrufsrecht bei Verbraucherdarlehensverträgen und zur Änderung des Darlehensvermittlungsrechts vom 29.4.2010 (BT-Drs. 17/1394, S. 15). Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drs. 18/7584, S. 147). Dem entsprechend hat der für das Bankrecht allein zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 12.7.2016 - XI ZR 564/15 - (NJW 2016, 3512, Tz. 34, 40) entschieden, dass das Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 1 BGB a.F. ungeachtet des Fehlers der erteilten Widerrufsbelehrung verwirkt werden kann.

[9] Das sog. Zeitmoment ist hier - was auch die Kläger nicht in Abrede stellen - erfüllt, da die Kläger seit dem Abschluss der Darlehensverträge vom 18.2./15.3.2008, der den maßgeblichen Zeitpunkt bei der Bemessung des Zeitmoments darstellt (BGH, Urteil vom 11.10.2016 - XI ZR 482/15 - NJW 2017, 243, Tz. 31), bis zu ihrer Widerrufserklärung vom 11.2.2015 fast sieben Jahre haben verstreichen lassen.

[10] Der Senat ist mit dem Landgericht der Ansicht, dass insbesondere angesichts der vollständigen, beiderseitigen Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen auch das sog. Umstandsmoment erfüllt ist. Die Beklagte musste hier geraume Zeit nach der vollständigen Erfüllung der Verträge nicht mehr mit einem Widerruf rechnen, sondern durfte auf den Bestand der beiderseitigen Vertragserfüllung vertrauen (so auch Senat, Urteil vom 16.8.2012 - 8 U 101/12 - GuT 2013, 213; OLG Köln, Urteil vom 25.1.2012 - I-13 U 30/11, 13 U 30/11 - BKR 2012, 162; OLG Köln, Urteil vom 11.12.2015 - 13 U 123/14 - zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 2.3.2010 - 24 U 136/09 - WM 2010, 2258; OLG Düsseldorf, Urteil vom 9.1.2014 - I-14 U 55/13 - NJW 2014, 1599; OLG Düsseldorf, Urteil vom 1.2.2017 - 3 U 26/16 - zitiert nach juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 19.11.2014 - 19 U 74/14 - BKR 2015, 245; OLG Bremen, Urteil vom 26.2.2016 - 2 U 92/15 - NJW-RR 2016, 875; OLG Brandenburg, Urteil vom 27.4.2016 - 4 U 81/15 - zitiert nach juris; OLG Brandenburg, Urteil vom 4.1.2017 - 4 U 199/15 - zitiert nach juris; OLG Schleswig, Urteil vom 6.10.2016 - 5 U 72/16 - WM 2016, 2350; a.A. OLG Stuttgart, Urteil vom 29.9.2015 - 6 U 21/15 - MDR 2015, 1223; OLG Frankfurt, Urteil vom 20.7.2016 - 17 U 218/15 - zitiert nach juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 22.11.2016 - 10 U 78/15 - zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.7.2016 - 16 U 109/14 - zitiert nach juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 6.10.2016 - 4 U 124/16 - zitiert nach juris).

[11] Indem die Beklagte die Löschung der Grundschulden bewilligte, hat sie sich darauf eingerichtet, dass die Darlehensverhältnisse beanstandungsfrei abgewickelt waren (ebenso OLG Brandenburg, Urteil vom 4.1.2017 - 4 U 199/15 - Tz. 57). Der Einwand der Kläger, die Beklagte hätte die Grundpfandrechte auch bei einem Widerruf der Verträge freigeben müssen, schlägt nicht durch. Die Grundschulden sichern nach den Zweckerklärungen der Parteien - wie im angefochtenen Urteil ausgeführt - auch die Ansprüche der Beklagten im Falle eines Widerrufs, die sich gemäß § 346 BGB auf die Rückzahlung der Darlehensvaluta und die Zahlung einer Nutzungsentschädigung richten, ohne dass Gegenansprüche der Darlehensnehmer von sich aus zu saldieren wären (vgl. BGH, Beschluss vom 22.9.2015 - XI ZR 116/15 - NJW 2015, 3441 Tz. 7).

Ferner hat das Landgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kläger ausweislich ihrer Forderung nach einer Nutzungsentschädigung für die von ihnen gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen selbst davon ausgehen, dass die Beklagte diese Beträge wieder angelegt hat (s.a. OLG Brandenburg, Urteil vom 4.1.2017, a.a.O. Tz. 58).

Das Umstandsmoment ist in der Regel erfüllt, wenn der Schuldner im Hinblick auf die Nichtgeltendmachung des Rechts Vermögensdispositionen getroffen hat (Palandt/Grüneberg a.a.O. Rn. 95 m.w.N.). Der Widerruf ist hier auch nicht etwa in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Ablösung der Darlehen erfolgt, sondern über vier Jahre später. Insoweit kann nach dem Urteil des BGH vom 11.10.2016 - XI ZR 482/15 - jedenfalls ein Zeitablauf von knapp 1 ½ Jahren zwischen Darlehensablösung und Widerruf genügen, um Verwirkung anzunehmen (vgl. die Daten im vorinstanzlichen Urteil des OLG Stuttgart vom 13.10.2015 - 6 U 174/14). Entgegen der Argumentation der Kläger ist nicht etwa allein auf die - typischerweise und auch im vorliegenden Fall - nur kurze Zeit zwischen der Einigung über die Darlehensablösung und den Vermögensdispositionen der Beklagten abzustellen. Für eine Verwirkung ist vielmehr - wie zu Tz. 9 ausgeführt - der Zeitablauf zwischen Vertragsschluss und Widerruf insgesamt zu berücksichtigen und reicht es aus, dass die Beklagte ihr Vertrauen in den Bestand der Vertragsabwicklung durch die genannten Dispositionen betätigt hat und danach noch einige Zeit bis zum Widerruf vergangen ist.

[12] Zwar wird Verwirkung des Widerrufsrechts umso eher anzunehmen sein, wenn der Verbraucher in Kenntnis seines fortbestehenden Rechtes untätig geblieben ist. Verwirkung hängt aber nicht davon ab, dass der Gläubiger sein Recht kennt (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.2007 - V ZR 190/06 - NJW 2007, 2183 - Tz 8; BGH, Urteil vom 27.6.1957 - II ZR 15/56 - BGHZ 25, 47, zitiert nach juris Tz. 13). Es mag dahin stehen, ob die Beklagte trotz der öffentlichen Beachtung, die insbesondere das Urteil des BGH vom 9.12.2009 - VIII ZR 219/08 - gefunden hatte, von einer Unkenntnis der Kläger vom Belehrungsmangel ausgehen musste. Eine treuwidrige Verheimlichung des Mangels fällt ihr jedenfalls nicht zur Last, weil sie nicht zu einer Nachbelehrung verpflichtet war [...]"

4

Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger, mit der sie ihre Zahlungsanträge weiterverfolgen.

II.

5

Der Senat ist einstimmig der Auffassung, dass die Revision nach § 552a ZPO zurückzuweisen sein wird, weil Zulassungsgründe nicht vorliegen und die Revision auch in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat.

6

1. Ein Zulassungsgrund ist, was das Berufungsgericht in seinem Beschluss vom 3. November 2016 ursprünglich selbst so gesehen hat, nicht gegeben.

7

a) Der Rechtssache kommt, soweit das Berufungsgericht von einer Verwirkung des Widerrufsrechts ausgegangen ist, keine Grundsatzbedeutung im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zu.

8

aa) In der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die allgemeinen Voraussetzungen der Verwirkung hinlänglich geklärt.

9

Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht voneinander unabhängig betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 393/16, WM 2017, 2247 Rn. 9). Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles, ohne dass insofern auf Vermutungen zurückgegriffen werden kann (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 40 und - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 37, vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 30, vom 21. Februar 2017 - XI ZR 185/16, WM 2017, 616 Rn. 33, zur Veröffentlichung bestimmt in BGHZ, sowie vom 14. März 2017 - XI ZR 442/16, WM 2017, 849 Rn. 27; vgl. allgemein zur Verwirkung auch Erman/Böttcher, BGB, 15. Aufl., § 242 Rn. 123 ff.; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 242 Rn. 87 ff.; Staudinger/Olzen/Looschelders, BGB, Neubearb. 2015, § 242 Rn. 300 ff.; MünchKommBGB/Schubert, 7. Aufl., § 242 Rn. 356 ff.). Die Bewertung des Tatrichters kann in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob sie auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder von einem falschen Wertungsmaßstab ausgeht (vgl. Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, aaO, Rn. 18 und - XI ZR 564/15, aaO, Rn. 43; BGH, Beschluss vom 27. September 2017 - IV ZR 506/15, juris Rn. 10 und 15).

10

bb) Ferner sind die die Verwirkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen beherrschenden Grundsätze klar.

11

(1) Geklärt ist zunächst, dass das Widerrufsrecht des Darlehensnehmers aus § 495 Abs. 1 BGB überhaupt der Verwirkung unterliegt. Einen gesetzlichen Ausschluss des Instituts der Verwirkung hat der Gesetzgeber auch mit dem Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 396) nicht eingeführt und damit zugleich zu erkennen gegeben, diesem Institut grundsätzlich schon immer Relevanz im Bereich der Verbraucherwiderrufsrechte zuzuerkennen (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147). Die Unverzichtbarkeit des Widerrufsrechts nach § 506 Satz 1 BGB in der zwischen dem 1. Juli 2005 und dem 10. Juni 2010 geltenden Fassung hindert die Anwendung des Instituts der Verwirkung nicht. Die Verwirkung knüpft nicht an eine ausdrückliche oder stillschweigende Willenserklärung an, sondern an eine gesetzliche Wertung anderweitiger Umstände (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 39 und - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 34 f. mwN).

12

(2) Darüber hinaus stehen hinreichende höchstrichterliche Leitlinien zur Bestimmung des Zeitmoments zur Verfügung.

13

Die maßgebliche Frist für das Zeitmoment läuft mit dem Zustandekommen des Verbraucherdarlehensvertrags an (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 40 sowie - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 37, vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 30, vom 14. März 2017 - XI ZR 442/16, WM 2017, 849 Rn. 27 und vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 393/16, WM 2017, 2247 Rn. 10 sowie - XI ZR 455/16, juris Rn. 21). Da das Widerrufsrecht als Gestaltungsrecht anders als die aus dem Rückgewährschuldverhältnis resultierenden Ansprüche nicht verjährt und im Übrigen auch § 218 BGB auf das Widerrufsrecht keine Anwendung findet (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 555/16, WM 2017, 2259 Rn. 18), kann weder aus den gesetzlichen Verjährungsfristen (dazu Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 455/16, aaO, Rn. 21) noch gar aus den gesetzlichen Verjährungshöchstfristen (dazu Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 393/16, aaO, Rn. 9) auf ein "Mindestzeitmoment" zurückgeschlossen werden.

14

Dagegen betrifft der Zeitraum zwischen der Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags und dem Widerruf nicht das Zeitmoment. Er kann aber - wenn auch nicht im Sinne einer Vermutung nach Ablauf einer wie immer definierten Mindestzeitspanne - gerade im Hinblick auf die Rechtsfolgen des Widerrufs (vgl. Senatsbeschluss vom 12. September 2017 - XI ZR 365/16, WM 2017, 2146 Rn. 8) bei der Prüfung des Umstandsmoments Berücksichtigung finden.

15

(3) Auch für das Umstandsmoment hat der Senat hinlänglich Leitlinien aufgestellt.

16

So kann gerade bei beendeten Verbraucherdarlehensverträgen - wie hier - das Vertrauen des Unternehmers auf ein Unterbleiben des Widerrufs schutzwürdig sein, auch wenn die von ihm erteilte Widerrufsbelehrung ursprünglich den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprach und er es in der Folgezeit versäumt hat, den Verbraucher nachzubelehren (Senatsurteile vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 41 und vom 21. Februar 2017 - XI ZR 381/16, WM 2017, 806 Rn. 22). Das gilt in besonderem Maße, wenn die Beendigung des Darlehensvertrags auf einen Wunsch des Verbrauchers zurückgeht (Senatsurteil vom 11. Oktober 2016 - XI ZR 482/15, BGHZ 212, 207 Rn. 30) bzw. wenn die Parteien den Darlehensvertrag einverständlich beendet haben (Senatsurteil vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 393/16, WM 2017, 2247 Rn. 8; Senatsbeschluss vom 12. September 2017 - XI ZR 365/16, WM 2017, 2146 Rn. 8).

17

In Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es dabei weder auf die Kenntnis des Darlehensnehmers vom Fortbestand seines Widerrufsrechts noch auf das Vertrauen des Darlehensgebers an, der Darlehensnehmer habe in sonstiger Weise Kenntnis vom Fortbestand seines Widerrufsrechts erlangt. Dass der Darlehensgeber davon ausgeht oder ausgehen muss, der Darlehensnehmer habe von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis, schließt vielmehr eine Verwirkung nicht aus (vgl. nur Senatsurteile vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 26, - XI ZR 449/16, WM 2017, 2251 Rn. 19 und - XI ZR 555/16, WM 2017, 2259 Rn. 19 mwN).

18

Gleiches gilt für den Umstand, dass der Darlehensgeber "die Situation selbst herbeigeführt hat", weil er eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht erteilt hat. Diesem vom Senat in ständiger Rechtsprechung (Senatsurteile vom 10. Oktober 2017 - XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 26, - XI ZR 449/16, WM 2017, 2251 Rn. 19 und - XI ZR 555/16, WM 2017, 2259 Rn. 19) vertretenen und vom Gesetzgeber bei Schaffung des Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften (vgl. BT-Drucks. 18/7584, S. 147) vorausgesetzten Grundsatz steht nicht entgegen, dass der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem im Jahr 2014 zur Entscheidung gestellten Fall zu § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG in der Fassung des Dritten Gesetzes zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juli 1994 (BGBl. I S. 1630, künftig: aF) dahin erkannt hat, der Versicherer könne ein schutzwürdiges Vertrauen nicht in Anspruch nehmen, weil er die Situation selbst herbeigeführt habe, indem er dem Versicherungsnehmer keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt habe (BGH, Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11, BGHZ 201, 101 Rn. 39). Wie der IV. Zivilsenat später klargestellt hat, können allgemeingültige Maßstäbe dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen eine fehlerhafte Belehrung über das Widerspruchsrecht gemäß § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG aF einer Anwendung von § 242 BGB entgegensteht, nicht aufgestellt werden. Die Anwendung der Grundsätze von Treu und Glauben obliegt im Einzelfall grundsätzlich dem Tatrichter, der ohne revisionsrechtlich erheblichen Rechtsfehler auch dann zur Verwirkung gelangen kann, wenn die Belehrung nicht ordnungsgemäß gewesen ist (BGH, Beschluss vom 27. September 2017 - IV ZR 506/15, juris Rn. 10 und 15 mwN).

19

Das Fehlen einer Nachbelehrung steht bei beendeten Verträgen der Annahme schutzwürdigen Vertrauens nicht entgegen (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 501/15, BGHZ 211, 105 Rn. 41). Der Darlehensgeber hat, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, die Möglichkeit (Senatsurteil vom 13. Juni 2006 - XI ZR 94/05, WM 2006, 1995 Rn. 13), nicht eine Verpflichtung zur Nachbelehrung. Die Verpflichtung, den Darlehensnehmer deutlich über sein aus § 495 Abs. 1 BGB folgendes Widerrufsrecht nach Maßgabe des bis zum 10. Juni 2010 geltenden Rechts zu belehren, ist keine Dauerverpflichtung, die ab dem Vertragsschluss als Verpflichtung zur Nachbelehrung gleichsam ständig neu entstünde. Mit der Präzisierung der Modalitäten einer Nachbelehrung im Zuge der Einführung des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB in der Fassung des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850) wollte der Gesetzgeber vielmehr befürchtete Härten für die Unternehmer aus der zeitgleichen Einführung des § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB kompensieren (Senatsurteil vom 12. Juli 2016 - XI ZR 564/15, BGHZ 211, 123 Rn. 29). Die Möglichkeit der Nachbelehrung besteht zwar nach Beendigung des Verbraucherdarlehensvertrags fort. Eine Nachbelehrung ist indessen nach Vertragsbeendigung sinnvoll nicht mehr möglich, weil die Willenserklärung des Verbrauchers, deren fortbestehende Widerruflichkeit in das Bewusstsein des Verbrauchers zu rücken Ziel der Nachbelehrung ist, für den Verbraucher keine in die Zukunft gerichteten wiederkehrenden belasteten Rechtsfolgen mehr zeitigt.

20

Der Umstand, dass der Darlehensgeber Sicherheiten freigegeben hat, ist ein Aspekt, den der Tatrichter bei der Prüfung des Umstandsmoments berücksichtigen kann. Dem steht nicht entgegen, dass der Darlehensgeber nach Beendigung des Darlehensvertrags und vollständiger Erfüllung der aus dem unwiderrufenen Darlehensvertrag resultierenden Pflichten des Darlehensnehmers die Sicherheiten ohnehin freizugeben hätte. Vom Darlehensgeber bestellte Sicherheiten sichern regelmäßig auch Ansprüche aus einem Rückgewährschuldverhältnis nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der hier maßgeblichen, bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB (vgl. Senatsurteile vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rn. 20, vom 26. November 2002 - XI ZR 10/00, WM 2003, 64, 66, vom 28. Oktober 2003 - XI ZR 263/02, WM 2003, 2410, 2411, vom 26. September 2006 - XI ZR 358/04, ZGS 2007, 26 Rn. 37 und vom 16. Mai 2006 - XI ZR 48/04, juris Rn. 19; Senatsbeschluss vom 17. Januar 2017 - XI ZR 170/16, BKR 2017, 152 Rn. 7; Schoppmeyer in Lwowski/Fischer/Gehrlein, Das Recht der Kreditsicherung, 10. Aufl., § 15 Rn. 207). Dem Rückgewähranspruch des Darlehensnehmers aus der Sicherungsabrede haftet die für den Fall des Widerrufs auflösende Rechtsbedingung einer Revalutierung an (vgl. BGH, Urteil vom 10. November 2011 - IX ZR 142/10, BGHZ 191, 277 Rn. 16; auch BGH, Urteil vom 19. April 2013 - V ZR 47/12, BGHZ 197, 155 Rn. 12). Beendet der Darlehensgeber trotz der Möglichkeit der Revalutierung durch Rückgewähr der Sicherheit den Sicherungsvertrag (Gaberdiel/Gladenbeck, Kreditsicherung durch Grundschulden, 9. Aufl., Rn. 613), kann darin die Ausübung beachtlichen Vertrauens im Sinne des § 242 BGB liegen.

21

Entgegen der Rechtsauffassung der Revision stehen die vom Senat für die Prüfung des Umstandsmoments formulierten Grundsätze nicht in Widerspruch dazu, dass eine Verwirkung generell nur in Betracht kommt, wenn dem Verpflichteten andernfalls ein unzumutbarer Nachteil entstünde (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 28. Juli 2015 - XI ZR 434/14, BGHZ 206, 305 Rn. 45). Damit ist nach der Grundsatzentscheidung des II. Zivilsenats vom 27. Juni 1957 (II ZR 15/56, BGHZ 25, 47, 52), die Bezugspunkt der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist, gemeint, dass sich der Verpflichtete mit Rücksicht auf das Verhalten des Berechtigten darauf eingerichtet hat, der Berechtigte werde das ihm zustehende Recht nicht mehr geltend machen. Gerade deshalb darf es mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zu vereinbaren sein, dass der Berechtigte später doch noch mit der Geltendmachung des ihm zustehenden Rechts hervortritt. Die Leistung muss also unter diesem Gesichtspunkt für den Verpflichteten nicht mehr zumutbar sein. Das wiederum bedeutet, dass es für den Tatbestand der Verwirkung auch auf das Verhalten des Verpflichteten ankommt und dass gerade auch dieses ebenfalls unter dem rechtlichen Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu prüfen und zu beurteilen ist.

22

Im Übrigen sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung an das Umstandsmoment je nach dem Recht oder Anspruch, dessen Verwirkung in Rede steht, unterschiedliche Anforderungen zu stellen (BGH, Urteile vom 19. Dezember 2000 - X ZR 150/98, BGHZ 146, 217, 222 f. und vom 6. Februar 2014 - I ZR 86/12, NJW 2014, 1888 Rn. 46). Der für die vertrags(rechts)spezifische Konkretisierung der Verwirkung des Widerrufsrechts bei Verbraucherdarlehensverträgen ausschließlich zuständige Senat hat keinen Anlass, nach § 132 GVG zu verfahren.

23

(4) Anhand der höchstrichterlichen Rechtsprechung lässt sich der Einzelfall lösen, auch wenn die dem Tatrichter zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalte gleichförmig sind. Dass der Widerruf von auf den Abschluss von Verbraucherdarlehensverträgen gerichteten Willenserklärungen massenhaft vorgekommen ist und mit solchen Vorgängen gehäuft befasste Prozessbevollmächtigte schematisch vorgetragen haben mögen, ändert nichts daran, dass Vertragsverhältnisse jeweils individuell gestaltet und abgewickelt worden sind und daher auch nach ihren jeweiligen Besonderheiten beurteilt werden können und müssen.

24

b) Der Fall gibt auch keinen Anlass zur Zulassung der Revision zwecks Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 ZPO).

25

aa) Aus den oben aufgeführten Gründen besteht kein Anlass zur weiteren Vereinheitlichung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02, WM 2003, 1346, 1348).

26

bb) Überdies besteht keine Veranlassung, die Revision zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung zuzulassen, weil andere Oberlandesgerichte bei der Prüfung einer Verwirkung des Widerrufsrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt sind.

27

Das Berufungsgericht hat in Einklang mit der Senatsrechtsprechung entschieden. Insbesondere hat das Berufungsgericht erkannt, dass bei der Entscheidung darüber, ob das Widerrufsrecht der Kläger verwirkt ist, die besonderen Umstände des Falles tatrichterlich zu würdigen sind. Erhebliche, vom Berufungsgericht übersehene Umstände trägt die Revision nicht vor. Die Ausführungen des Berufungsgerichts beruhen auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage, berücksichtigen alle erheblichen Gesichtspunkte, verstoßen nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und gehen nicht von einem falschen Wertungsmaßstab aus (vgl. Senatsurteil vom 16. Mai 2017 - XI ZR 586/15, WM 2017, 1258 Rn. 27).

28

Inwieweit sich die Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte mit der Rechtsprechung des Senats in Einklang befinden, spielt für den Zulassungsgrund der Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung in Fällen wie dem vorliegenden, in denen das Erkenntnis des Berufungsgerichts mit der nicht fortentwicklungsbedürftigen höchstrichterlichen Rechtsprechung in Übereinstimmung steht, keine Rolle (Senatsbeschluss vom 15. Februar 2011 - XI ZR 148/10, WM 2011, 655 Rn. 19).

29

2. Aus den oben genannten Gründen hat das Berufungsgericht auch rechtsfehlerfrei entschieden. Revisionsrechtlich erhebliche Fehler des Berufungsgerichts bei der Subsumtion unter § 242 BGB zeigt die Revision nicht auf und sind auch sonst nicht ersichtlich.

Ellenberger          

      

Grüneberg          

      

Maihold

      

Menges          

      

Derstadt          

      

Das Verfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss vom 7. März 2018 erledigt worden.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

(1) Erhöht der Versicherer auf Grund einer Anpassungsklausel die Prämie, ohne dass sich der Umfang des Versicherungsschutzes entsprechend ändert, kann der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung des Versicherers mit sofortiger Wirkung, frühestens jedoch zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Erhöhung, kündigen. Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in der Mitteilung auf das Kündigungsrecht hinzuweisen. Die Mitteilung muss dem Versicherungsnehmer spätestens einen Monat vor dem Wirksamwerden der Erhöhung der Prämie zugehen.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn der Versicherer auf Grund einer Anpassungsklausel den Umfang des Versicherungsschutzes vermindert, ohne die Prämie entsprechend herabzusetzen.

Die §§ 150 bis 170 sind auf die Berufsunfähigkeitsversicherung entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten dieser Versicherung nicht entgegenstehen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.