Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 22. Sept. 2003 - 11 W 51/03

bei uns veröffentlicht am22.09.2003

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 16. Dezember 2002 - 4 O 190/02 - dahin geändert, dass aufgrund des Urteils des Landgerichts Karlsruhe vom 15. November 2002 von der Beklagten an den Kläger an Kosten zu erstatten sind EUR 5.933,03 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25. November 2002.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 53,52 festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger, ein Rechtsanwalt, ist als Konkursverwalter über das Vermögen der Y GmbH bestellt. Er machte gegen die Beklagte, die zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens Geschäftsführerin der Gemeinschuldnerin war, eine Forderung aus eigenkapitalersetzender Bürgschaft geltend. Der Kläger und die Gemeinschuldnerin sind in Mannheim ansässig. Die Klage wurde beim Landgericht Karlsruhe erhoben, in dessen Bezirk die Beklagte ihren allgemeinen Gerichtsstand hat. Mit der Vertretung im gerichtlichen Verfahren beauftragte der Kläger eine in der gleichen Anwaltssozietät tätige Rechtsanwältin. Nach dem landgerichtlichen Urteil sind die Kosten des Rechtsstreits von der Beklagten zu tragen.
Der Kläger beantragte u.a. die Festsetzung von Fahrtkosten, Abwesenheitsgeld und Parkgebühren in Höhe von zusammen EUR 53,52. Die Rechtspflegerin verneinte die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten mit der Begründung, es seien nur die Kosten eines am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts zu erstatten. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Im Nichtabhilfebeschluss vom 30. Juni 2003 hat die Rechtspflegerin ihre Auffassung ergänzend damit begründet, es sei dem Kläger als Jurist zuzumuten gewesen, einen in Karlsruhe ansässigen Rechtsanwalt schriftlich oder fernmündlich zu beauftragen, zumal es sich nach seinem eigenen Vorbringen um einen Routinefall gehandelt habe.
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Zuziehung eines am Wohn- oder Geschäftsort der auswärtigen Partei ansässigen Rechtsanwalts regelmäßig als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1, 2. Halbs. ZPO anzusehen (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 - VIII ZB 30/02, BGHReport 2003, 152; Beschl. v. 18.2.2003 - XI ZB 10/02, AnwBl. 2003, 311; Beschl. v. 10.4.2003 - I ZB 36/02, JurBüro 2003, 370). Der Bundesgerichtshof hat daraus abgeleitet, dass die Kosten eines Unterbevollmächtigten, der für den auswärtigen Prozessbevollmächtigten die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übernommen hat, erstattungsfähig sind, soweit sie die durch die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten ersparten, erstattungsfähigen Reisekosten des Prozessbevollmächtigten nicht wesentlich übersteigen (BGH, BGHReport 2003, 152).
2. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausnahmsweise dann, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, dass ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozessführung nicht erforderlich sein wird. Das kommt nach der Rechtsprechung insbesondere dann in Betracht, wenn es sich bei der Partei um ein Unternehmen handelt, das über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, die die Sache bearbeitet hat (BGH, BGHReport 2003, 152, BGH, JurBüro 2003, 370), oder wenn es sich für die Partei um einen einfach gelagerten Routinefall handelt (KG, Beschl. v. 23.1.2001 - 1 W 8967/00, JurBüro 2001, 257; OLG Köln, Beschl. v. 26.11.2001 - 17 W 107/01, JurBüro 2002, 425; OLG Stuttgart, Beschl. v. 21.1.2003 - 8 W 530/02, OLGReport 2003, 172; vgl. auch BGH, BGHReport 2003, 152 für einen in tatsächlicher Hinsicht überschaubaren Streit um eine Geldforderung, bei dem die Gegenseite versichert hat, nicht leistungsfähig zu sein und gegenüber einer Klage keine Einwendungen zu erheben).
3. Der vorliegende Fall weist jedoch die Besonderheit auf, dass der Kläger, der selbst Rechtsanwalt ist, eine Rechtsanwältin mit der Vertretung im gerichtlichen Verfahren beauftragt hat. Hätte der Kläger selbst die gerichtliche Vertretung übernommen, wären ihm nach § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO die Gebühren und Auslagen zu erstatten gewesen, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn sich der Rechtsanwalt vor einem auswärtigen Prozessgericht selbst vertritt (BGH, Beschl. v. 11.2.2003 - VIII ZB 92/02, BGHReport 2003, 642). Der Rechtsanwalt ist nicht gehalten, im Hinblick auf die anfallenden Reisekosten darauf zu verzichten, sich vor einem auswärtigen Prozessgericht selbst zu vertreten und statt dessen einen dort zugelassenen Rechtsanwalt mit seiner Prozessvertretung zu beauftragen. § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO erfasst nach allgemeiner Auffassung auch den Fall, dass der Rechtsanwalt als Konkursverwalter ein gerichtliches Verfahren führt (Baumbach/Lauterbach, ZPO, § 91 Rdn. 57; Belz in MünchKomm-ZPO, 2. Auflage, § 91 Rdn. 30, Wolst in Musielak, ZPO, 3. Auflage, § 91 Rdn. 33; Bork in Stein-Jonas, ZPO, 21. Auflage, § 91 Rdn. 97). Wären demnach die hier im Streit stehenden Kosten dem Kläger zu erstatten, wenn er selbst im gerichtlichen Verfahren tätig geworden wäre, sind sie bis zu dieser Höhe auch dann zu erstatten, wenn er einen anderen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Vertretung beauftragt. Auf die Frage, ob der Kläger in der Lage gewesen wäre, den Sachverhalt so aufzubereiten, dass eine schriftliche oder fernmündliche Information eines am Ort des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts möglich gewesen wäre, kommt es damit nicht an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Der Gegenstandswert bemisst sich nach der Höhe der im Streit stehenden Kosten. Der Senat lässt die Rechtsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zu.

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 10/02
vom
18. Februar 2003
in der Kostensache
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden
Richter Nobbe, die Richter Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und
die Richterin Mayen
am 18. Februar 2003

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 16. April 2002 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 434,45

Gründe:


Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Klägerin kann von dem Beklagten die Reisekosten ihrer erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten erstattet verlangen.
Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, daß die Zuziehung eines in der Nähe ihres Wohn- oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalts durch eine an einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei im Regelfall eine notwendige Maßnahme zweckentspre-
chender Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Sinne von § 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO darstellt (Beschlüsse vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 30/02, EBE/BGH 2002, 398, 399 f. und vom 12. Dezember 2002 - I ZB 29/02, Umdr. S. 5, 6).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann dann eingreifen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird (BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 aaO S. 400). Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Das Beschwerdegericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß es für die Klägerin angesichts der Besonderheiten des Falles kein Routinegeschäft gewesen ist, den Beklagten im Wege der Klage aus der von ihm übernommenen Bürgschaft in Anspruch zu nehmen. Bei dieser Sachlage war es auch aus Sicht der Klägerin, einer über eine Rechtsabteilung verfügenden Bank,
ohne weiteres denkbar, daß eine sachgerechte und ihre Interessen vollständig wahrende Prozeßführung die mündliche Besprechung tatsächlicher oder rechtlicher Fragen mit dem Prozeßbevollmächtigten erforderlich machen würde.
Nobbe Müller Joeres
Wassermann Mayen

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom
10. April 2003
I ZB 36/02
in der Rechtsbeschwerdesache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Auswärtiger Rechtsanwalt II
Beauftragt ein gewerbliches Unternehmen, das über eine eigene, die Sache bearbeitende
Rechtsabteilung verfügt, für die Führung eines Prozesses vor einem
auswärtigen Gericht einen am Sitz des Unternehmens ansässigen Rechtsanwalt,
sind dessen im Zusammenhang mit der Terminswahrnehmung anfallenden Reisekosten
im allgemeinen keine notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung oder
-verteidigung. Dies gilt grundsätzlich auch für das Verfahren der einstweiligen
Verfügung.
BGH, Beschl. v. 10. April 2003 – I ZB 36/02 – OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 10. April 2003 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Starck, Prof. Dr. Bornkamm
, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 20. September 2002 wird auf Kosten der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 609,78 esetzt.

Gründe:


I.


Die Verfügungsklägerin ist ein größeres, in Berlin ansässiges Mineralölunternehmen. In einem wettbewerbsrechtlichen Streit mit der Verfügungsbeklagten beauftragte sie die Rechtsanwälte einer in Berlin, Düsseldorf, Hamburg und München ansässigen überörtlichen Sozietät, die für sie beim Landgericht Mannheim eine Beschlußverfügung erwirkten und nach Widerspruch den Verhandlungstermin vor dem Landgericht wahrnahmen. Das Landgericht bestätigte die einstweilige Verfügung und erlegte der Verfügungsbeklagten die Kosten des Rechtsstreits auf.
Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Verfügungsklägerin beantragt, auch die Kosten der Reise ihres Berliner Prozeßbevollmächtigten zum Verhandlungs-
termin in Mannheim festzusetzen. Das Landgericht hat diesen Antrag abgelehnt. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Verfügungsklägerin zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die – vom Beschwerdegericht zugelassene – Rechtsbeschwerde der Verfügungsklägerin, mit der sie ihren Kostenfestsetzungsantrag hinsichtlich der Reisekosten weiterverfolgt.

II.


Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Mit Recht hat das Beschwerdegericht die Mehrkosten, die im Streitfall durch die Beauftragung eines Berliner statt eines Mannheimer Rechtsanwalts entstanden sind, als nicht erstattungsfähig angesehen.
Die Erstattungsfähigkeit der im Streit befindlichen Reisekosten hängt davon ab, ob es für die Verfügungsklägerin notwendig war, einen Rechtsanwalt mit der Prozeßvertretung zu beauftragen, der nicht am Ort des Prozeßgerichts, sondern in Berlin ansässig ist (§ 91 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 ZPO). Diese Frage hat das Beschwerdegericht zutreffend verneint.
Der Bundesgerichtshof hat allerdings entschieden, daß es sich im allgemeinen um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung handelt, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen an ihrem Wohn- oder Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02, NJW 2003, 898, 900 f.; Beschl. v. 12.12.2002 – I ZB 29/02, NJW 2003, 901, 902 = WRP 2003, 391 – Auswärtiger Rechtsanwalt). Diese Regel kennt indessen Aus-
nahmen, wenn schon im Zeitpunkt der Beauftragung des Rechtsanwalts feststeht, daß ein eingehendes Mandantengespräch für die Prozeßführung nicht erforderlich sein wird. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs u.a. regelmäßig dann der Fall, wenn es sich bei der fraglichen Partei um ein gewerbliches Unternehmen handelt, das über eine eigene, die Sache bearbeitende Rechtsabteilung verfügt (BGH NJW 2003, 898, 901). In diesen Fällen ist davon auszugehen , daß der Rechtsstreit durch die sachkundigen Mitarbeiter der Rechtsabteilung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vorbereitet und die Partei daher in der Lage sein wird, einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Prozeßbevollmächtigten umfassend schriftlich zu instruieren. Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch ist unter diesen Voraussetzungen weder zur Ermittlung des Sachverhalts noch zur Rechtsberatung erforderlich. Nach der schriftlichen Übermittlung der erforderlichen Informationen können Beratung und Abstimmung des prozessualen Vorgehens ebenfalls schriftlich oder telefonisch erfolgen. Im Hinblick auf die modernen Kommunikationsformen ist auch eine Verzögerung nicht zu befürchten , wenn ein am Sitz des Prozeßgerichts ansässiger Rechtsanwalt beauftragt wird. Diese Grundsätze gelten auch für das Verfügungsverfahren (vgl. auch BGH NJW 2003, 898, 901).
Die Reisekosten des Berliner Anwalts sind danach im Streitfall keine notwendigen Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts unterhält die Verfügungsklägerin eine eigene Rechtsabteilung; die Angelegenheit ist dort von einem Syndikus, also von einem Mitarbeiter mit juristischer Qualifikation, bearbeitet worden. Die Verfügungsklägerin hätte unter diesen Umständen einen Mannheimer Rechtsanwalt beauftragen und ihm die erforderlichen Informationen schriftlich zukommen lassen können. Besonderheiten des Sachverhalts, die eine persönliche Kontaktaufnahme erfordert hätten, sind nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert

Tenor

ZPO § 91 Abs. 1, 2, BRAGO § 28

– Anwaltsreisekosten/Bankgeschäfte –

Auch nach Wegfall der Postulationsbeschränkungen hat eine Bank mit (Haupt-) Sitz außerhalb des Bezirks des Prozessgerichts in einem Rechtsstreit aus dem Bereich ihres Routinegeschäfts keinen Anspruch auf Erstattung von Anwaltsreisekosten zur Terminswahrnehmung (Ergänzung des Senatsbeschl. vom 16.1.2003 – 8 W 414/02; Bestätigung der bisherigen Senatsrechtsprechung).

OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.1.2003 – 8 W 530/02

Gründe

 
Die – zulässige – Kostenbeschwerde der Klägerin gegen die Absetzung der geltend gemachten Anwaltsreisekosten im angegriffenen Festsetzungsbeschluss hat in der Sache keinen Erfolg.
1. a) Der Wegfall der Postulationsbeschränkungen hat zwar zur Folge, dass eine Partei, die nicht im Bezirk des Prozessgerichts ansässig ist, kostenrechtlich grundsätzlich befugt ist, einen Anwalt in ihrer Nähe mit der Prozessvertretung als Hauptbevollmächtigten zu beauftragen, und dass sie dann auch die Reisekosten des auswärtigen Anwalts zur Terminswahrnehmung regelmäßig erstattet verlangen kann. Dies ist nicht nur die Ansicht der von der Beschwerdeführer-Vertreterin zitierten Rechtsprechung; auch der Bundesgerichtshof hat sich – auf Rechtsbeschwerde – inzwischen in einer Leitsatzentscheidung auf diesen Rechtsstandpunkt gestellt (Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 30/02 – EBE/BGH 2002,398; bestätigt durch weiteren Leitsatz-Beschluss vom 12.12.2002 – I ZB 29/02 – Vorab-Info. bei "juris"). Dem hat sich der Senat angeschlossen (Beschluss vom 16.1.2003 – 8 W 414/02).
b) Diese Änderung des rechtlichen Ansatzes führt aber im vorliegenden Fall gleichwohl nicht zur Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Anwaltsreisekosten von Frankfurt nach Stuttgart in Höhe von 115,50 EUR. Vielmehr verbleibt es hier bei der bisherigen ständigen Senatsrechtsprechung (Beschluss vom 6.6.1983, Die Justiz 1983,340 = JurBüro 1983,1867), auf die die Rechtspflegerin zu Recht in Bezug genommen hat. Ob und inwieweit im übrigen die bisherige Rechtsprechung des Senats zur Erstattungsfähigkeit von Verkehrsanwaltskosten bzw. von fiktiven Informationsreisen angesichts der veränderten Rechtslage und der BGH-Rechtsprechung einer Modifikation bedarf, ist hier nicht zu entscheiden.
Im vorliegenden Falle sind diese Reisekosten nicht "notwendig" im Sinne einer zweckmäßigen, am Gebot der Sparsamkeit orientierten Rechtsverfolgung. Die Klägerin ist eine (führende deutsche) Geschäftsbank, die ein für den Kauf einer Eigentumswohnung gewährtes Darlehen nach Kündigung zurückgefordert hat; der Beklagte hat im ersten Termin gegen sich Versäumnisurteil ergehen lassen. In einem solchen – rechtlich einfach gelagerten – Fall aus dem Bereich ihres Routinegeschäfts ist es der Klägerin, die nicht nur über eine Rechtsabteilung, sondern auch über sachkundige Fachabteilungen zur Kreditüberwachung verfügt, zuzumuten, einen Prozessanwalt am Ort des Gerichts schriftlich (und gegebenenfalls ergänzend telefonisch) zu beauftragen und über den Prozessstoff zu informieren. Ein eingehendes persönliches Mandantengespräch ist im vorliegenden Fall offensichtlich nicht erforderlich.
Für solche Fälle hat der BGH (Beschl. v. 16.10.2002, Umdruck S. 13) in einer seine tragenden Gründe ergänzenden Erwägung ausdrücklich eine Ausnahme vom Grundsatz der Erstattungsfähigkeit von Anwaltsreisekosten angesprochen. Auch die Oberlandesgerichte, die im Ausgangspunkt auf der Linie der Rechtsposition der Beschwerdeführerin liegen, vertreten eine entsprechende Einschränkung, teils ausdrücklich (KG MDR 2001,473 = NJW-RR 2001,1002 = JurBüro 2001,257; OLG Köln JurBüro 2002, 425: OLG Bremen JurBüro 2001,532), teils in Gestalt allgemeiner Erwägungen (vgl. zB OLG Frankfurt MDR 2000, 1215 = JurBüro 2000,587; OLG Hamm MDR 2001,959 = JurBüro 2001,366). Bei allen Verschiedenheiten in den Begründungen besteht nach Einschätzung des Senats weitest gehende Übereinstimmung darin, dass in einem Fall der vorliegenden Art weder (fiktive) Informationsreisekosten der Partei noch Anwaltsreisekosten erstattungsfähig sind (vgl. zB auch OLG Brandenburg MDR 2001,1135 = JurBüro 2001,533; OLG Dresden JurBüro 2002,255; OLG Hamburg MDR 2001,294 = NJW-RR 2001,788; OLG Koblenz JurBüro 2002,202; OLG Karlsruhe MDR 2001, 293 = JurBüro 2001,201 = Die Justiz 2001,163; OLGRep 2002, 459; OLG München MDR 2001,773 = JurBüro 2001,422; OLG Zweibrücken MDR 2001,535 = JurBüro 2001,202).
2. Der Senat sieht angesichts der aufgeführten – im Ergebnis übereinstimmenden – Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und der Äußerung des BGH in seinem Beschluss vom 16.10.2002 keine Veranlassung zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr.2 ZPO, § 133 GVG nF.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.