Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 21. Nov. 2006 - 1 AK 46/06

21.11.2006

Tenor

Der Antrag des Verfolgten vom 30. Oktober 2006 auf Aufhebung bzw. Außervollzugsetzung des Auslieferungshaftbefehls des Senats vom 27. September 2006 wird zurückgewiesen.

Die Fortdauer der Auslieferungshaft wird angeordnet.

Gründe

 
I.
Der 1978 in ..../Deutschland geborene deutsche Staatsangehörige Z. befindet sich seit 12.10.2006 in Auslieferungshaft in der Justizvollzugsanstalt K. aufgrund Auslieferungshaftbefehls des Senats vom 27.9.2006. Grundlage dieser Entscheidung ist eine Ausschreibung der schwedischen Justizbehörden im Schengener Informationssystem (SIS), der ein auf Grundlage eines Haftbefehls des Amtsgerichts in V./Schweden vom 31.7.2003 erlassener und dem Senat zwischenzeitlich vorliegender Europäischer Haftbefehl der Staatsanwaltschaft in K./Schweden am 12.5.2005 zugrunde liegt. Danach liegt dem Verfolgten zur Last, im März/April 2001 die gesondert verfolgten und bereits rechtskräftig verurteilten B., D. und G. in V./Schweden gegen Zahlung eines Geldbetrages von 10.000 schwedischen Kronen veranlasst zu haben, in der Nacht des 16.4.2001 in dem in dieser Ortschaft gelegenen Anwesen „Saluhallen“ unter Verwendung von Molotow-Cocktails ein Feuer zu entfachen, wobei an den Gebäuden ein Sachschaden in Höhe von mehr als 3.000.000 schwedischen Kronen entstand. Weiter wird dem Verfolgten vorgeworfen, den dabei an einer ihm gehörenden Pizzeria und Billardhalle entstandenen Schaden von 400.000 schwedischen Kronen zwischen April/Juli 2001 in Höhe von 380.000 SEK bei seiner Versicherungsgesellschaft als Brandschaden geltend gemacht zu haben. Dies stellt sich nach schwedischem Recht als mit Höchststrafen von acht Jahren Freiheitsstrafe (Brandstiftung) bzw. sechs Jahren Freiheitsstrafe (Betrug) bedrohte Straftaten der Beihilfe zur Brandstiftung oder der Anstiftung zur Brandstiftung, strafbar nach Kap. 13 § 1 und Kap. 23 § 4 alternativ Kap. 13 § 1 und § 12 sowie Kap. 23 § 2 des schwedischen Strafgesetzbuches und schweren Betrug nach Kap. 9 § 3 des schwedischen Strafgesetzbuches dar.
Mit Schreiben vom 30.10.2006 hat der Rechtsbeistand gegen den vom Senat im Beschluss vom 27.9.2006 angenommenen Haftgrund der Fluchtgefahr Einwendungen nach § 23 IRG erhoben und vor allem geltend gemacht, der in der Bundesrepublik Deutschland über einen festen Wohnsitz verfügende Verfolgte habe sich trotz Kenntnis des gegen ihn in Schweden anhängigen Strafverfahrens diesem bislang nicht entzogen.
II.
Nach Inkrafttreten des Europäischen Haftbefehlsgesetz vom 20.07.2006 (BGBL. I, 2006, 1721) am 2.8.2006 richtet sich der Auslieferungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach dem neu eingeführten Achten Teil des IRG, wobei die übrigen Bestimmungen des IRG Anwendung finden, soweit dieser Teil keine abschließende Regelung enthält (78 IRG).
1. Wie der Senat bereits im Beschluss vom 27.9.2006 geprüft hat, bestehen derzeit keine Anhaltspunkte, dass die Auslieferung des Verfolgten nach Schweden offensichtlich unzulässig wäre (§ 15 Abs. 2 IRG). Nach § 81 Nr. 4 IRG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 RbEuHb (bezeichnete Katalogtaten: Brandstiftung und Betrugsdelikte) ist das Vorliegen der beiderseitigen Strafbarkeit nicht zu prüfen.
Die Auslieferung deutscher Staatsangehöriger ist nach Maßgabe des § 80 IRG an EU-Mitgliedstaaten nunmehr zulässig, wobei - wie hier - bei einer Straftat mit maßgeblichem Auslandsbezug dies unbeschadet etwaiger anderer Auslieferungshindernisse allein davon abhängt, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in die Bundesrepublik Deutschland zurück zu überstellen (§ 80 Abs.1 Nr. 1 und Nr. 2 IRG). Im Rahmen der vorliegenden Haftfrage bedarf es insoweit keiner Entscheidung, ob es entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. StV 2005, 32) auch für deutsche Staatsangehörige unter Geltung des EuHbG vom 20.7.2006 hierfür genügt, die Auslieferung mit einer entsprechenden Maßgabe für zulässig zu erklären (in diesem Sinne nunmehr auch OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.10.2006, 3 Ausl. 52/06, für einen Europäischen Haftbefehl aus Polen bei einem deutschen Staatsangehörigen unter teilweiser Aufgabe der dortigen Rechtsprechung, vgl. NJW 2005, 1522), da die schwedische Generalstaatsanwaltschaft am 27.10.2006 eine ent-sprechende Zusicherung abgegeben hat.
Dass die Bewilligungsbehörde im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null vorliegend verpflichtet wäre, ein Bewilligungshindernis nach § 83b Abs. 1 IRG geltend zu machen, lässt sich - vorbehaltlich der noch ausstehenden Stellungnahme des Verfolgten - nicht erkennen, vielmehr hat sie bereits mit der noch der gerichtlichen Überprüfung nach § 79 Abs.2 Satz 3 IRG unterliegenden Entschließung vom 14.11.2006 das Fehlen einer entsprechenden Absicht bekundet.
2. Die bei Erlass des Auslieferungshaftbefehls am 27.9.2006 angenommene Gefahr, der Verfolgte werde sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen (§ 15 Abs.1 Nr. 1 IRG), besteht fort und kann auch nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abgemildert werden (§ 25 IRG). Dabei steht der Umstand, dass die schwedischen Justizbehörden gegen den Verfolgten einen Europäischen Haftbefehl erlassen haben, einer umfänglichen Entscheidungsbefugnis des Senates nicht entgegen. Insoweit sieht Art. 12 RbEuHb nämlich ausdrücklich vor, dass die Kompetenz zur Beurteilung der Fluchtgefahr nach erfolgter Festnahme allein dem Vollstreckungsmitgliedsstaat obliegt, so dass dieser unter Anwendung innerstaatlichen Rechts zu beurteilen hat, ob eine Außervollzugsetzung des Auslieferungshaftbefehls tatsächlich und rechtlich möglich ist (ebenso OLG Stuttgart, Beschluss vom 26.10.2006, 3 Ausl. 52/06, dort jedoch einschränkend für die Frage der Haftanordnung selbst).
Maßgeblicher Ansatzpunkt dieser Bewertung ist dabei die Frage, ob die Besorgnis besteht, der Verfolgte werde sich dem Auslieferungsersuchen des ersuchenden Staates entziehen. Hieran kann es etwa fehlen, wenn sich dieser dem ausländischen Verfahren freiwillig stellen will oder er sich in Kenntnis diesem bislang nicht entzogen hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.3.2005 - 4 Ausl. (A) 68/03). Ob solche Umstände eine Haftverschonung rechtfertigen, lässt sich jedoch nicht abstrakt, sondern nur anhand des konkreten Einzelfalles beurteilen. Dabei sind die persönlichen Lebensumstände des Verfolgten ebenso zu berücksichtigen wie das Gewicht des vom ersuchenden Staat erhobenen Tatvorwurfs. Insoweit liegt es auf der Hand, dass eine erhebliche Straferwartung durchaus einen ausreichenden Fluchtanreiz darstellen kann, wohingegen bei Straftaten von geringerem Gewicht eher zu erwarten ist, dass sich der Verfolgte dem ausländischen Verfahren - gegebenenfalls nach entsprechender Auflage durch den Senat - freiwillig stellen wird.
Vorliegend ist zwar durchaus zu sehen, dass der Verfolgte trotz Kenntnis des gegen ihn seit 2001 in Schweden anhängigen Ermittlungsverfahrens seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland beibehalten und sich weder dem Verfahren durch Umzug in ein nicht zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehörendes Land noch durch Untertauchen entzogen hat. Auch wurde polizeilichen Vorladungen Folge geleistet, selbst wenn diese entsprechend der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 13.11.2006 nicht das vorliegende Auslieferungsverfahren betroffen hatten. Andererseits hat der Verfolgte aber auch keine Anstrengungen unternommen, sich dem in Schweden gegen ihn anhängigen Verfahren zu stellen, sondern sich in rechtlich zulässiger Weise auf seine deutsche Staatsbürgerschaft berufen, weshalb der Senat mit Beschluss vom 25.7.2005 (1 AK 31/05) nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 25.7.2005 (BVerfGE 113 273 = NJW 2005, 2289) ein erstes Auslieferungsersuchen der schwedischen Justizbehörden für unzulässig erklärt hat. Dass der Verfolgte bei dieser Sachlage einer etwaigen Ladung der schwedischen Justizbehörden zu einer Hauptverhandlung vormals nachgekommen wäre, ist deshalb wenig wahrscheinlich. Auch nach Inkrafttreten des EuHbG vom 20.7.2006 und der nunmehr erneut bestehenden Möglichkeit der Auslieferung eigener Staatsangehöriger vermag der Senat keine ernsthafte und glaubhafte Bereitschaft des Verfolgten zu erkennen, sich dem gegen ihn in Schweden geführten Verfahren durch freiwillige Ausreise stellen zu wollen. Weder hat er bisher eine entsprechende Absicht bekundet noch haben seine Rechtsbeistände mit den schwedischen Justizbehörden diesbezügliche Kontakte aufgenommen.
10 
Hingegen wiegt der gegen den Verfolgten dort erhobene Vorwurf der Brandstiftung nach Ansicht des Senats schwer und begründet - auch wenn seit der Tat mehr als fünf Jahre vergangen sind - eine nicht unerhebliche Straferwartung. Der sich hieraus ergebende Anreiz rechtfertigt die Wahrscheinlichkeit der Flucht, da der Verfolgte nunmehr ernsthaft mit der Verbüßung einer länger andauernden Haftstrafe rechnen muss. Diese Besorgnis kann durch mildere Maßnahmen derzeit nicht abgewendet werden.
III.
11 
Die seit 12.10.2006 andauernde fortdauernde Inhaftierung ist auch verhältnismäßig. Der Senat geht davon aus, dass nunmehr zeitnah über die Zulässigkeit der Auslieferung und die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 14.11.2006 entschieden werden kann.

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 21. Nov. 2006 - 1 AK 46/06 zitiert 8 §§.

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 80 Auslieferung deutscher Staatsangehöriger


(1) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn 1. gesichert ist, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 15 Auslieferungshaft


(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden, wenn 1. die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, oder2. auf G

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 81 Auslieferung zur Verfolgung oder zur Vollstreckung


§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass 1. die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten b

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 79 Grundsätzliche Pflicht zur Bewilligung; Vorabentscheidung


(1) Zulässige Ersuchen eines Mitgliedstaates um Auslieferung oder Durchlieferung können nur abgelehnt werden, soweit dies in diesem Teil vorgesehen ist. Die ablehnende Bewilligungsentscheidung ist zu begründen. (2) Vor der Zulässigkeitsentscheidung

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 83b Bewilligungshindernisse


(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn 1. gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,2. die Einleitu

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 25 Aussetzung des Vollzugs des Auslieferungshaftbefehls


(1) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Auslieferungshaftbefehls aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Gewähr bieten, daß der Zweck der vorläufigen Auslieferungshaft oder der Auslieferungshaft auch durch sie erreicht wird. (2)

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 23 Entscheidung über Einwendungen des Verfolgten


Über Einwendungen des Verfolgten gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug entscheidet das Oberlandesgericht.

Referenzen

Über Einwendungen des Verfolgten gegen den Auslieferungshaftbefehl oder gegen dessen Vollzug entscheidet das Oberlandesgericht.

(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden, wenn

1.
die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, oder
2.
auf Grund bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht begründet ist, daß der Verfolgte die Ermittlung der Wahrheit in dem ausländischen Verfahren oder im Auslieferungsverfahren erschweren werde.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Auslieferung von vornherein unzulässig erscheint.

§ 3 findet mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
die Auslieferung zur Verfolgung nur zulässig ist, wenn die Tat nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates mit einer Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion im Höchstmaß von mindestens zwölf Monaten bedroht ist,
2.
die Auslieferung zur Vollstreckung nur zulässig ist, wenn nach dem Recht des ersuchenden Mitgliedstaates eine freiheitsentziehende Sanktion zu vollstrecken ist, deren Maß mindestens vier Monate beträgt,
3.
die Auslieferung in Steuer-, Zoll- und Währungsangelegenheiten auch zulässig ist, wenn das deutsche Recht keine gleichartigen Steuern vorschreibt oder keine gleichartigen Steuer-, Zoll- und Währungsbestimmungen enthält wie das Recht des ersuchenden Mitgliedstaates,
4.
die beiderseitige Strafbarkeit nicht zu prüfen ist, wenn die dem Ersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht des ersuchenden Staates mit einer freiheitsentziehenden Sanktion im Höchstmaß von mindestens drei Jahren bedroht ist und den in Artikel 2 Absatz 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten (ABl. L 190 vom 18. 7. 2002, S. 1), der durch den Rahmenbeschluss 2009/299/JI (ABl. L 81 vom 27.3.2009, S. 24) geändert worden ist, (Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl) aufgeführten Deliktsgruppen zugehörig ist.

(1) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung ist nur zulässig, wenn

1.
gesichert ist, dass der ersuchende Mitgliedstaat nach Verhängung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe oder sonstigen Sanktion anbieten wird, den Verfolgten auf seinen Wunsch zur Vollstreckung in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zurückzuüberstellen, und
2.
die Tat einen maßgeblichen Bezug zum ersuchenden Mitgliedstaat aufweist.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum ersuchenden Mitgliedstaat liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist, oder wenn es sich um eine schwere Tat mit typisch grenzüberschreitendem Charakter handelt, die zumindest teilweise auch auf seinem Hoheitsgebiet begangen wurde.

(2) Liegen die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 2 nicht vor, ist die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafverfolgung nur zulässig, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 vorliegen und die Tat
2.
keinen maßgeblichen Bezug zum Inland aufweist und
3.
auch nach deutschem Recht eine rechtswidrige Tat ist, die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht oder bei sinngemäßer Umstellung des Sachverhalts auch nach deutschem Recht eine solche Tat wäre, und bei konkreter Abwägung der widerstreitenden Interessen das schutzwürdige Vertrauen des Verfolgten in seine Nichtauslieferung nicht überwiegt.
Ein maßgeblicher Bezug der Tat zum Inland liegt in der Regel vor, wenn die Tathandlung vollständig oder in wesentlichen Teilen im Geltungsbereich dieses Gesetzes begangen wurde und der Erfolg zumindest in wesentlichen Teilen dort eingetreten ist. Bei der Abwägung sind insbesondere der Tatvorwurf, die praktischen Erfordernisse und Möglichkeiten einer effektiven Strafverfolgung und die grundrechtlich geschützten Interessen des Verfolgten unter Berücksichtigung der mit der Schaffung eines Europäischen Rechtsraums verbundenen Ziele zu gewichten und zueinander ins Verhältnis zu setzen. Liegt wegen der Tat, die Gegenstand des Auslieferungsersuchens ist, eine Entscheidung einer Staatsanwaltschaft oder eines Gerichts vor, ein deutsches strafrechtliches Verfahren einzustellen oder nicht einzuleiten, so sind diese Entscheidung und ihre Gründe in die Abwägung mit einzubeziehen; Entsprechendes gilt, wenn ein Gericht das Hauptverfahren eröffnet oder einen Strafbefehl erlassen hat.

(3) Die Auslieferung eines Deutschen zum Zwecke der Strafvollstreckung ist nur zulässig, wenn der Verfolgte nach Belehrung zu richterlichem Protokoll zustimmt. § 41 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(4) (weggefallen)

(1) Die Bewilligung der Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn

1.
gegen den Verfolgten wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, im Geltungsbereich dieses Gesetzes ein strafrechtliches Verfahren geführt wird,
2.
die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens wegen derselben Tat, die dem Auslieferungsersuchen zugrunde liegt, abgelehnt wurde oder ein bereits eingeleitetes Verfahren eingestellt wurde,
3.
dem Auslieferungsersuchen eines dritten Staates Vorrang eingeräumt werden soll,
4.
nicht aufgrund einer Pflicht zur Auslieferung nach dem Rahmenbeschluss Europäischer Haftbefehl, aufgrund einer vom ersuchenden Staat gegebenen Zusicherung oder aus sonstigen Gründen erwartet werden kann, dass dieser einem vergleichbaren deutschen Ersuchen entsprechen würde.

(2) Die Bewilligung der Auslieferung eines Ausländers, der im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann ferner abgelehnt werden, wenn

1.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafverfolgung die Auslieferung eines Deutschen gemäß § 80 Abs. 1 und 2 nicht zulässig wäre,
2.
bei einer Auslieferung zum Zwecke der Strafvollstreckung er dieser nach Belehrung zu richterlichem Protokoll nicht zustimmt und sein schutzwürdiges Interesse an der Strafvollstreckung im Inland überwiegt; § 41 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend.

(1) Zulässige Ersuchen eines Mitgliedstaates um Auslieferung oder Durchlieferung können nur abgelehnt werden, soweit dies in diesem Teil vorgesehen ist. Die ablehnende Bewilligungsentscheidung ist zu begründen.

(2) Vor der Zulässigkeitsentscheidung des Oberlandesgerichts entscheidet die für die Bewilligung zuständige Stelle, ob sie beabsichtigt, Bewilligungshindernisse nach § 83b geltend zu machen. Die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, ist zu begründen. Sie unterliegt der Überprüfung durch das Oberlandesgericht im Verfahren nach § 29; die Beteiligten sind zu hören. Bei der Belehrung nach § 41 Abs. 4 ist der Verfolgte auch darauf hinzuweisen, dass im Falle der vereinfachten Auslieferung eine gerichtliche Überprüfung nach Satz 3 nicht stattfindet.

(3) Führen nach der Entscheidung nach Absatz 2 Satz 1 eingetretene oder bekannt gewordene Umstände, die geeignet sind, Bewilligungshindernisse geltend zu machen, nicht zu einer Ablehnung der Bewilligung, so unterliegt die Entscheidung, keine Bewilligungshindernisse geltend zu machen, der Überprüfung im Verfahren nach § 33.

(1) Nach dem Eingang des Auslieferungsersuchens kann gegen den Verfolgten die Auslieferungshaft angeordnet werden, wenn

1.
die Gefahr besteht, daß er sich dem Auslieferungsverfahren oder der Durchführung der Auslieferung entziehen werde, oder
2.
auf Grund bestimmter Tatsachen der dringende Verdacht begründet ist, daß der Verfolgte die Ermittlung der Wahrheit in dem ausländischen Verfahren oder im Auslieferungsverfahren erschweren werde.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Auslieferung von vornherein unzulässig erscheint.

(1) Das Oberlandesgericht kann den Vollzug des Auslieferungshaftbefehls aussetzen, wenn weniger einschneidende Maßnahmen die Gewähr bieten, daß der Zweck der vorläufigen Auslieferungshaft oder der Auslieferungshaft auch durch sie erreicht wird.

(2) § 116 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4, §§ 116a, 123 und 124 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 der Strafprozeßordnung sowie § 72 Abs. 1, 4 Satz 1 des Jugendgerichtsgesetzes gelten entsprechend.