Oberlandesgericht Köln Beschluss, 01. Feb. 2016 - 8 AR 88/15
Tenor
Das Landgericht Duisburg ist zuständig.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Immobilienkredits, den die Kläger bei der im Bezirk des Landgerichts Bonn geschäftsansässigen Beklagten aufgenommen haben. Die Immobilie ist im Bezirk des Landgerichts Duisburg gelegen. Die Kläger begehren die Erteilung einer Löschungsbewilligung für die zu Gunsten der Beklagten im Grundbuch eingetragenen Grundschuld - hilfsweise die Rückgewähr der Grundschuld - sowie die Rückzahlung von Darlehensraten. Hilfsweise beantragen sie die Feststellung, dass der von ihnen erklärte Widerruf der Darlehensverträge wirksam gewesen sei und die Beklagte zur Rückabwicklung der Darlehensverträge und zur Löschung der Grundschuld verpflichtet sei.
4Unter dem 08.09.2015 erteilte die zuständige Einzelrichterin des zunächst angerufenen Landgerichts Bonn einen Hinweis, wonach wegen § 24 ZPO Zweifel an der dortigen Zuständigkeit bestünden und gab den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen. Unter dem 14.09.2015 bekräftigten die Kläger die Ansicht, dass das Landgericht Bonn zuständig sei, beantragten aber zur Vermeidung einer Klageabweisung die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Duisburg. Unter dem 15.09.2015 trat die Beklagte der beabsichtigten Verweisung entgegen. Mit Beschluss vom 16.09.2015 erklärte sich das Landgericht Bonn für unzuständig und verwies den Rechtsstreit unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der Parteien an das Landgericht Duisburg. In der Folge "verwies" das Landgericht Duisburg den Rechtsstreit nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 21.10.2015 "zurück", da der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Bonn nicht bindend sei. Das Landgericht Bonn hat erklärt, an seiner Rechtsauffassung festzuhalten und den Rechtsstreit dem Oberlandesgericht Köln gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Entscheidung über die Zuständigkeitsfrage vorgelegt.
5II.
61.
7Das Oberlandesgericht Köln ist gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichtes berufen, weil das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof wäre und das im Bezirk des Oberlandesgerichts Köln gelegene Landgericht Köln als erstes Gericht mit dieser Sache befasst worden ist.
82.
9Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind gegeben.
10a) Es ist trotz des Wortlauts des § 37 Abs. 1 ZPO ("Gesuch") unschädlich, dass weder die Kläger noch die Beklagte um die Bestimmung des zuständigen Gerichts nachgesucht haben. Im Falle des Kompetenzkonflikts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 5 oder 6 ZPO ist die Antragstellung einer Partei entbehrlich und die Vorlage durch eines der beteiligten Gerichte reicht aus (OLG Köln, Beschluss vom 05. Dezember 2008 – 8 W 109/08 –, OLGR Köln 2009, 493, juris ).
11b) Gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO wird das zuständige Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
12Solche Unzuständigerklärungen liegen hier vor, durch das Landgericht Bonn im Verweisungsbeschluss vom 16.09.2015, durch das Landgericht Duisburg im Beschluss vom 21.10.2015. Beide Unzuständigerklärungen sind auch "rechtskräftig" im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO. Der Verweisungsbeschluss des Landgerichts Bonn ist nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO unanfechtbar. Gegen den Beschluss, mit dem sich das Landgericht Duisburg für unzuständig erklärt hat, ist ebenfalls kein Rechtsmittel statthaft.
133.
14Zum sachlich zuständigen Gericht wird das Landgericht Duisburg bestimmt.
15a) Bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO sind nicht nur allgemeine Zuständigkeitsvorschriften, sondern auch die verfahrensrechtlichen Bindungswirkungen § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO und Zuständigkeitsverfestigungen (§ 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO) zu beachten. Die Bindungswirkung des ersten Verweisungsbeschlusses wirkt daher auch im Bestimmungsverfahren fort, weshalb regelmäßig das Gericht als zuständig zu bestimmen ist, an das die Sache durch den ersten - bindenden - Verweisungsbeschluss gelangt ist (OLG Köln, Beschluss vom 05. Dezember 2008 – 8 W 109/08 –, OLGR Köln 2009, 493, juris; BayObLG, Beschluss vom 09. Mai 1990 – AR 1 Z 45/90 –, NJW-RR 1991, 187-188, juris ).
16Das ist hier das Landgericht Duisburg, an das der Rechtsstreit durch Beschluss des Landgerichts Bonn verwiesen worden ist.
17b) Die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses gemäß § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO entfällt hier nicht ausnahmsweise wegen objektiver Willkür. Eine Bindungswirkung gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO wird nämlich nicht schon durch die bloße etwaige Unrichtigkeit der Beurteilung der Zuständigkeitsfrage infolge eines einfachen Rechtsirrtums des verweisenden Gerichts in Frage gestellt. Unbeachtlich ist ein solcher Beschluss vielmehr regelmäßig nur dann, wenn er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder wenn er schwere offensichtliche Rechtsmängel aufweist oder gar jeder Rechtsgrundlage entbehrt und aus diesen Gründen objektiv willkürlich ist (BGH, Beschluss vom 10. September 2002 – X ARZ 217/02 –, NJW 2002, 3634 ff. – juris; OLG Hamm, Beschluss vom 23. Juli 2012 – 32 SA 32/12, I-32 SA 332 SA 32/12 –, Rn. 25, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 11. Juni 2014 – I-32 SA 40/14, 32 SA 40/14 –, MDR 2014, 1347 - juris). Ein Verweisungsbeschluss kann auch dann als willkürlich angesehen werden, wenn jegliche Begründung fehlt (Zöller – Vollkommer, 30. Aufl. 2014, § 36 Rn 28 m. w. N.).
18Nach diesen Maßstäben ist der Verweisungsbeschluss nicht willkürlich.
19(1) Die Bindungswirkung entfällt nicht, wie das Landgericht Duisburg meint, weil das Landgericht Bonn den Verweisungsbeschluss vor Ablauf der den Parteien gesetzten Stellungnahmefrist gefasst hat. Der Bundesgerichtshof hat zu einer vergleichbaren Konstellation kürzlich entschieden, dass es zwar verfahrensfehlerhaft sei, aber keinen die Bindungswirkung beseitigenden Gehörsverstoß darstelle, wenn das Gericht den Rechtsstreit schon vor Ablauf der Stellungnahmefrist verwiesen hat. Denn entscheidend sei, dass der Beklagte die Möglichkeit habe, zu der aufgeworfenen Zuständigkeitsfrage Stellung zu beziehen, und vorzutragen, welches Gericht für die Verhandlung des Rechtsstreits seiner Auffassung nach berufen ist (BGH, Beschluss vom 26. August 2014 – X ARZ 275/14 –, Rn. 8, juris). Diese Voraussetzungen, denen der Senat beitritt, sind vorliegend erfüllt. Denn beide Parteien haben vor Erlass des Verweisungsbeschlusses ihre Rechtsauffassung dem Gericht unterbreitet. Zum Zeitpunkt der Entscheidung drängte es sich auch nicht auf, dass eine der Parteien noch ergänzende Ausführungen beabsichtigte.
20(2) Die Auffassung des Landgerichts Bonn, wonach eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Duisburg gem. § 24 ZPO gegeben sei, ist nicht objektiv willkürlich.
21Der Senat verkennt nicht, dass andere Landgerichte und andere Kammern desselben Landgerichts die vorliegende Konstellation nicht der Vorschrift des § 24 ZPO zuordnen, und dass hierfür in Ansehung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes gute Gründe streiten. Denn vorliegend geht der Streit nicht in erster Linie um den Bestand der Grundschuld – also die rechtliche Qualifikation der dinglichen Belastung -, sondern um einen schuldrechtlichen Anspruch auf Löschung, der materiell der Rückübertragung der Grundschuld gleichkommt. Letztere fällt aber nach gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht in den Anwendungsbereich von § 24 ZPO. Auch in der vorliegenden Konstellation ist nicht ersichtlich, weshalb gerade vom Richter der belegenen Sache vorzugsweise eine richtige Würdigung und sichere Feststellung der Rechtsverhältnisse zu erwarten wäre.
22Die verweisende Kammer des Landgerichts Bonn hat sich aber im Verweisungsbeschluss mit der zu Grunde liegenden Rechtsfrage ausführlich auseinandergesetzt und ihre von dieser Meinung abweichende Rechtsauffassung nachvollziehbar begründet. Schon nach dem Wortlaut von § 24 ZPO ist es nicht erkennbar unvertretbar, eine ausschließliche Zuständigkeit des Landgerichts Duisburg anzunehmen, weil mit der in erster Linie begehrten Löschungsbewilligung die „Freiheit“ des Eigentums von einer „dinglichen Belastung“ geltend gemacht werde. Auch gibt es keine eindeutige höchstrichterliche Rechtsprechung, die in der vorliegenden Konstellation eine Anwendung des § 24 ZPO ausschließen würde. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof offen gelassen, ob Klagen, mit denen schuldrechtliche Ansprüche auf Löschung geltend gemacht werden, der Vorschrift des § 24 ZPO unterfallen (BGH, Urteil vom 26. Juni 1970 – V ZR 168/67 –, BGHZ 54, 201-204, Rn. 9).
23Dem entspricht, dass es nach den vom Landgericht Bonn zitierten Obersätzen in den Entscheidungen anderer Gerichte für die Begründung der ausschließlichen Zuständigkeit des § 24 ZPO ausreicht, dass der Klageantrag auf Bewilligung der Löschung gerichtet und der Beklagte Inhaber der dinglichen Belastung ist, wobei es gleichgültig ist, ob die Befreiung von der Belastung lediglich aufgrund eines schuldrechtlichen Anspruches verlangt wird (OLGR Naumburg 2004, 366, 367; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 09. April 2014 – 1 (Z) Sa 13/14 –, Rn. 13, juris). Auch vertritt mit dem Landgericht Frankfurt am Main ein anderes Landgericht in identischen Fallgestaltungen ebenfalls die Auffassung, dass für Klagen auf Erteilung einer Löschungsbewilligung für eine Grundschuld das Gericht ausschließlich zuständig sei, in dessen Bezirk die Sache belegen ist (LG Frankfurt, Beschluss vom 27. Juli 2015 – 2-19 O 95/15, 2/19 O 95/15; Beschluss vom 21. April 2015 – 2-05 O 335/14 –, Rn. 4, juris; Beschluss vom 25. März 2015 – 2-19 O 132/14 –, Rn. 5, juris). Soweit ersichtlich, wird diese Rechtsprechung vom Oberlandesgericht Frankfurt am Main geteilt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 11 SV 97/14 –, Rn. 6, juris).
24Die nach alledem mit vertretbarer Argumentation jedenfalls gem. § 281 ZPO begründete Zuständigkeit des Landgerichts Duisburg für den ersten Klageantrag erstreckt sich auch auf den hiermit verbundenen Zahlungsantrag betreffend die Darlehensraten. Insoweit hat das Landgericht Bonn ebenfalls nachvollziehbar ausgeführt, dass angesichts der der Entscheidung zu Grunde liegenden identischen Rechtsfrage eine Trennung der Anträge nicht in Betracht kommt. Die Erwägungen, wonach sich die Zuständigkeit schon aus einer Anwendung von § 25 ZPO ergeben könnte, und die Abtrennung einzelner Klageanträge zu einer prozessunökonomischen und unzweckmäßigen Aufspaltung des Streitgegenstandes führen würde, sind jedenfalls nicht objektiv willkürlich.
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(1) Für Klagen, durch die das Eigentum, eine dingliche Belastung oder die Freiheit von einer solchen geltend gemacht wird, für Grenzscheidungs-, Teilungs- und Besitzklagen ist, sofern es sich um unbewegliche Sachen handelt, das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Sache belegen ist.
(2) Bei den eine Grunddienstbarkeit, eine Reallast oder ein Vorkaufsrecht betreffenden Klagen ist die Lage des dienenden oder belasteten Grundstücks entscheidend.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:
- 1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist; - 2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei; - 3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist; - 4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist; - 5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben; - 6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.
(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.
(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.
(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
I. Auf Antrag der Klägerin hat das Amtsgericht H. gegen die Beklagte einen Mahnbescheid wegen angeblicher Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich im Bezirk des Amtsgerichts W. ereignet hat, erlassen. Nach Widerspruchserhebung durch die Beklagte ist der Rechtsstreit am 18. Februar 2002 an das Amtsgericht S. abgegeben worden. Die Klägerin hat im Mahnantrag dieses Gericht, in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat, als für ein streitiges Verfahren zuständig bezeichnet.
Das Amtsgericht S. hat am 27. Februar 2002 ein Schreiben an die Klägerin mit folgendem Zusatz verfügt: "Sofern sich der Unfall nicht im Bereich der Zuständigkeit des Amtsgerichts S. ereignet hat und Verweisung an das Gericht des Unfallorts beantragt wird, möge erklärt werden, ob die Verweisung im schriftlichen Verfahren erfolgen kann." Daraufhin hat die Klägerin die
Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht W. beantragt. Sie hat sich dabei auf einen gleichlautenden, mit Telefax vom 25. Februar 2002 beim Amtsgericht H. eingereichten Antrag bezogen. Auf Befragen hat die Beklagte kei- ne Einwände gegen eine Verweisung im schriftlichen Verfahren erhoben. Daraufhin hat sich das Amtsgericht S. mit Beschluß vom 27. März 2002 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht W. verwiesen. Dieses hat die Übernahme mit Beschluß vom 22. April 2002 abgelehnt.
Das Oberlandesgericht S. , dem das Amtsgericht S. die Sache gemäß § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung vorgelegt hat, hält den Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts S. für bindend und somit die Zuständigkeit des Amtsgerichts W. für gegeben. Dem stehe die Angabe im Mahnbescheid, das streitige Verfahren solle vor dem Amtsgericht S. durchgeführt werden, nicht entgegen. Zwar sei gemäß § 696 Abs. 1 Satz 1, § 700 Abs. 3 Satz 1 ZPO eine Korrektur der im Mahnantrag getroffenen Zuständigkeitswahl nur durch übereinstimmendes, bereits vor der Abgabe an das Empfangsgericht erklärtes Verlangen der Parteien möglich. Der Verweisungsbeschluß entbehre jedoch auch im vorliegenden Fall, in dem die übereinstimmenden Erklärungen erst nach der Abgabe erfolgten, nicht jeder rechtlichen Grundlage und sei daher nicht willkürlich.
Weil sich das Oberlandesgericht hierbei in Widerspruch zu einer Rechtsauffassung sieht, die in Entscheidungen des Oberlandesgerichts Schleswig (MDR 2001, 50) und des Bayerischen Obersten Landesgerichts (MDR 1994, 94) vertreten wird, hat es die Sache gemäß § 36 Abs. 3 ZPO zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
II. Auf Grund der zulässigen Divergenzvorlage ist das Amtsgericht S. als zuständiges Gericht zu bestimmen.
1. Die in § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO genannten Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung liegen vor. Das Amtsgericht S. , in dessen Bezirk die Beklagte ihren Sitz hat und das deshalb - wegen Fehlens eines abweichenden ausschließlichen Gerichtsstands - gemäß §§ 12, 17 ZPO für den Rechtsstreit örtlich zuständig ist, hat sich durch einen gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Beschluß für unzuständig erklärt. Das Amtsgericht W. hat im Beschlußweg die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Das genügt, um zur Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu gelangen (BGHZ 102, 338, 339 f.).
2. Das Amtsgericht S. ist für den vorliegenden Rechtsstreit zuständig.
a) Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts S. wird durch die nach § 32 ZPO bestehende konkurrierende örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts W. nicht berührt. Der Klägerin stand insoweit ein Wahlrecht im Sinne des § 35 ZPO zu. Davon hat sie dadurch Gebrauch gemacht, daß sie in dem Mahnantrag das örtlich zuständige Amtsgericht S. gemäß § 690 Abs. 1 Nr. 5 ZPO als das für ein streitiges Verfahren zuständige Gericht bestimmt hat. Seit der Neufassung dieser Vorschrift durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Rechtspflegevereinfachungsgesetz vom 17. Dezember 1990 (BGBl I, 2847) muß nicht mehr zwingend der allgemeine Gerichtsstand des Antragsgegners als zuständiges Gericht angeben werden. Daher gibt es heute
keinen Grund mehr für die zum früheren Recht vertretene Auffassung, wonach diese Angabe keine Wahl zwischen mehreren Gerichtsständen bedeute und das Wahlrecht daher noch im Verlauf des weiteren Verfahrens ausgeübt werden könne.
Die Parteien hätten zwar übereinstimmend verlangen können, daß das Verfahren vom Mahngericht, dem Amtsgericht H. , nicht an das Amtsgericht S. , sondern an ein anderes Gericht abgegeben werde (§ 696 Abs. 1 Satz 1, letzter Halbsatz ZPO). Ein solcher übereinstimmender Antrag ist jedoch beim Mahngericht bis zur Abgabe an das Amtsgericht S. nicht eingegangen. Nach deren Vollzug ist die von der Klägerin getroffene Wahl unwiderruflich und verbindlich (Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273).
b) Das Amtsgericht S. konnte den Rechtsstreit demgemäß nicht an das Amtsgericht W. verweisen. Eine Verweisung kommt nur dann in Betracht, wenn bei dem Gericht, bei dem die Sache rechtshängig ist, ein Gerichtsstand nicht eröffnet ist. Dies gilt auch, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Rechtshängigkeit erst durch Abgabe gemäß § 696 Abs. 1 Satz 1 ZPO begründet wurde. Zwar wird das Gericht, an das der Rechtsstreit abgegeben wird, durch diese Abgabe nicht in gleicher Weise wie durch eine Verweisung wegen fehlender Zuständigkeit nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO gebunden (vgl. § 696 Abs. 5 ZPO); es hat vielmehr seine Zuständigkeit nach den allgemeinen Vorschriften zu prüfen. Eine Verweisung ist ihm danach jedoch nur im Fall seiner Unzuständigkeit eröffnet; ist es - wie hier - zumindest auch für die Entscheidung zuständig, scheidet eine Verweisung aus.
c) Dem Verweisungsbeschluß des Amtsgerichts S. kommt auch keine Bindungswirkung zu.
Zwar sind im Interesse der Prozeßökonomie und zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und dadurch bewirkten Verzögerungen und Verteuerungen des Verfahrens Verweisungsbeschlüsse gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbar. Dies entzieht auch einen sachlich zu Unrecht ergangenen Verweisungsbeschluß und die diesem Beschluß zugrunde liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung (BGHZ 102, 338, 340; BGH, Beschl. v. 08.04.1992 - XII ARZ 8/92, NJW-RR 1992, 902 f.; Sen.Beschl. v. 22.06.1993 - X ARZ 340/93, NJW 1993, 2810).
Nach ständiger Rechtsprechung kommt einem Verweisungsbeschluß jedoch dann keine Bindungswirkung zu, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann (RGZ 119, 379, 384; BGHZ 2, 278, 280), etwa weil er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder weil er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muß (BGHZ 71, 69, 72 ff.; BGH, Beschl. v. 04.12.1991 - XII ARZ 29/91, NJW-RR 1992, 383; Sen.Beschl. v. 09.07.2002 - X ARZ 110/02, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht S. den Parteien zwar rechtliches Gehör gewährt. Dem Beschluß haftet jedoch ein schwerwiegender Rechtsfehler an, der ihn als willkürlich erscheinen läßt. Zwar läßt der Beschluß jegliche Begründung vermissen; der rechtliche Ausgangspunkt des Amtsgerichts ist aber aus dem Akteninhalt, insbesondere aus der Verfügung vom 27. Februar 2002, deutlich zu erkennen. Das Gericht ist offensichtlich davon
ausgegangen, trotz seiner eigenen örtlichen Zuständigkeit könne die Klägerin auch noch nach Abgabe der Sache durch das Mahngericht ein anderes zuständiges Gericht wählen, weshalb auf entsprechenden Antrag die Verweisung an dieses Gericht auszusprechen sei. Sonst hätte das Amtsgericht nicht der Klägerin von sich aus anheimgestellt, einen Verweisungsantrag zu stellen.
Dem dahinter stehenden Rechtsstandpunkt ist jedenfalls durch die Neufassung des § 696 Abs. 1 Nr. 5 ZPO die Grundlage entzogen worden. Diese mit der Rechtsänderung verbundene Folge hat das Gericht entweder nicht zur Kenntnis genommen oder es war nicht gewillt, sich an die Änderung der gesetzlichen Voraussetzungen einer Verweisung im Mahnverfahren zu halten. Jedenfalls lassen sich aus der Akte keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß sich das Amtsgericht mit der geltenden Rechtslage auseinandergesetzt und nach Gründen für die Zulässigkeit einer Verweisung gesucht haben könnte.
Unter diesen Umständen kann der Verweisungsbeschluß nicht hingenommen werden. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist eine Verweisung willkürlich, wenn ein Gericht eine bereits vor längerer Zeit vorgenommene Gesetzesänderung , mit der gerade solche Verweisungen unterbunden werden sollen, offenbar nicht zur Kenntnis genommen hat (Sen.Beschl. v. 19.01.1993 - X ARZ 845/92, NJW 1993, 1273). Dies gilt in besonderem Maße, wenn die betreffende Gesetzesänderung - wie im vorliegenden Fall - bereits mehr als zehn Jahre zurückliegt und ihre Konsequenzen für die Verweisung des Rechtsstreits nach § 281 ZPO in der Rechtsprechung und Kommentarliteratur ausführlich erörtert worden sind. Nicht minder schwerwiegend wäre der Gesetzesverstoß , wenn das Gericht das geänderte Gesetz zwar gekannt, sich jedoch ohne weiteres darüber hinweggesetzt haben sollte. Aus diesem Grund kann
der Verweisungsbeschluß schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden.
Auch der Umstand, daß die Klägerin einen Verweisungsantrag gestellt hat und die Beklagte mit der Verweisung einverstanden gewesen ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Wenn das Gericht durch die Verweisung des Rechtsstreits einem übereinstimmenden Verlangen beider Parteien entspricht, kann dies zwar nach teilweise vertretener Auffassung in manchen Fällen geeignet sein, einen rechtsfehlerhaft zustandegekommenen Verweisungsbeschluß nicht willkürlich erscheinen zu lassen (BGH, Beschl. v. 23.03.1988 - IVb ARZ 8/88, FamRZ 1988, 943; OLG Koblenz, OLG-Report 1997, 74 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 696 Rdn. 9a). Dies kann aber jedenfalls dann nicht gelten, wenn ein unzweifelhaft zuständiges Gericht die Parteien, die sich bislang zur Frage einer Verweisung noch nicht geäußert haben, von sich aus auf die angeblich bestehende Möglichkeit einer Verweisung hinweist. Wenn die Parteien daraufhin die Verweisung beantragen bzw. sich mit ihr einverstanden erklären, liegt die Annahme nicht fern, daß sie durch die rechtlich unzutreffende Information dazu veranlaßt worden sind. Schon aus diesem Grund sind die Erklärungen der Parteien nicht geeignet, der rechtswidrigen Verweisung den Willkürcharakter zu nehmen.
Melullis Jestaedt RiBGH Scharen ist urlaubsbedingt ortsabwesend und daher gehindert zu unterschreiben Melullis
Keukenschrijver Asendorf
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht F bestimmt.
1
G r ü n d e:
2A.
3Der Beklagte ist Gesellschafter und Mitbegründer eines Zentrums für Reproduktionsmedizin in F. Mit ihrer beim Landgericht F erhobenen Klage nehmen die Klägerinnen den Beklagten auf Erteilung von Auskunft über die Identität ihrer jeweils genetischen Väter in Anspruch. Den vorläufigen Streitwert ihrer Klage beziffern die Klägerinnen auf 12.500,00 €.
4Das Landgericht F hat sich durch Beschluss vom 11.03.2014 auf Antrag der Klägerinnen für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht F verwiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht F ausgeführt, es sei sachlich unzuständig. Unter Zugrundelegung des angegebenen Streitwerts von insgesamt 12.500,00 € entfalle auf jede einzelne Klage ein Zuständigkeitsstreitwert von 2.500,00 €. Eine Zusammenrechnung gemäß § 5 ZPO scheide aus, weil es sich bei den Klageforderungen nicht um vermögensrechtliche Ansprüche handele.
5Das Amtsgericht F hat die Parteien mit Verfügung vom 01.04.2014 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, sich ebenfalls für sachlich unzuständig zu erklären und die Sache dem Oberlandesgericht Hamm zur Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Nr. 6 ZPO vorzulegen.
6Das Amtsgericht F hat sich mit Beschluss vom 25.04.2014 ebenfalls für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit ohne klägerischen Antrag an das Landgericht F zurückverwiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, es sei sachlich unzuständig, weil der Streitwert die Summe von 5.000,00 € übersteige. Der Wert des Anspruchs jedes einzelnen der fünf beteiligten Streitgenossen betrage mindestens 2.000,00 €. Gemäß § 5 ZPO würden mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche zusammengerechnet. Das Gebot der Zusammenrechnung nach § 5 ZPO gelte auch im Streitgenossenprozess; die Vorschrift setze voraus, dass die Ansprüche nebeneinander (gleichzeitig) verfolgt würden. Die vom Landgericht gemäß Beschluss vom 11.03.2014 vorgenommene Verweisung mit der Begründung, eine Zusammenrechnung gemäß § 5 ZPO scheide aus, weil es sich bei den Klageforderungen nicht um vermögensrechtliche Ansprüche handele, sei entgegen § 281 Abs. 2 S. 3 ZPO nicht bindend, weil sie objektiv willkürlich sei. Weiche das verweisende Gericht von der Gesetzeslage bzw. der ganz einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum ab, dann müsse es dies wenigstens gesehen und die eigene Auffassung begründet haben. Das Landgericht hatte vorliegend seine mit dem Wortlaut von § 5 ZPO nicht in Einklang zu bringende Rechtsauffassung, die Anwendbarkeit der Vorschrift sei auf vermögensrechtliche Streitigkeiten beschränkt, nicht begründet.
7Die Verbindung der Klagen sei gemäß § 60 ZPO zulässig. Denn vorliegend bildeten gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche den Gegenstand des Rechtsstreits. § 60 ZPO beruhe weitgehend auf Zweckmäßigkeitserwägungen und sei insofern weit auszulegen; dies gestatte es, auch ohne Identität oder Gleichheit des tatsächlichen und rechtlichen Grundes der geltend zu machenden Ansprüche Streitgenossenschaft anzunehmen, wenn diese Ansprüche in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lasse. Die Kläger seien nach ihrem Vortrag alle durch eine Fremdsamenspende in der Praxis des Beklagten gezeugt worden. Sie leiteten insofern ihre Ansprüche aus gleichartigen selbstständigen Lebenssachverhalten gegenüber dem Beklagten als Gesellschafter des J-Zentrums her. Der auf Beklagtenseite erforderliche innere Zusammenhang zwischen diesen Lebenssachverhalten sei daher gegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses des Amtsgerichts F vom 25.04.2014 Bezug genommen.
8Mit Verfügung vom 25.04.2014 hat das Amtsgericht F die Sache dem Oberlandesgericht Hamm zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt.
9B.
10Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.
11I.
12Sowohl das Landgericht F als auch das Amtsgericht F haben sich beide rechtskräftig für sachlich unzuständig erklärt.
13II.
14Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 1 ZPO als das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht zu der Zuständigkeitsbestimmung berufen.
15C.
16Als zuständiges Gericht ist das Amtsgericht F zu bestimmen.
17Die Zuständigkeit folgt gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Landgerichts F vom 11.03.2014.
18I.
19Eine Bindungswirkung gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO wird nämlich nicht schon durch die bloße etwaige Unrichtigkeit der Beurteilung der Zuständigkeitsfrage infolge eines einfachen Rechtsirrtums des verweisenden Gerichts in Frage gestellt. Unbeachtlich ist ein solcher Beschluss vielmehr regelmäßig nur dann, wenn er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder wenn er schwere offensichtliche Rechtsmängel aufweist oder gar jeder Rechtsgrundlage entbehrt und aus diesen Gründen objektiv willkürlich ist (BGH NJW 2002, 3634 ff.; NJW 1993,1273; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 281 ZPO Rn 17; Fischer MDR 2005, 1091 ff.; Endell DRiZ 2003, 133 ff.; Tombrink NJW 2003, 2364 ff. – jeweils m. w. N.).
20II.
21Die Voraussetzungen einer Willkür sind bei Anlegung dieses rechtlichen Maßstabs im Streitfall noch nicht erfüllt.
221.
23Zwar ist dem Amtsgericht F zuzugeben, dass die Verweisungsentscheidung des Landgerichts F auf der rechtlich unzutreffenden Erwägung beruht, eine Zusammenrechnung der Streitwerte gemäß § 5 ZPO scheide im Streitfall aus, weil es sich bei den Klageforderungen nicht um vermögensrechtliche Ansprüche handele. Tatsächlich ist die Anwendbarkeit der Norm nicht auf vermögensrechtliche Ansprüche beschränkt. Auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts F in dem Beschluss vom 25.04.2014 nimmt der Senat Bezug.
242.
25Gleichwohl handelt es sich um einen einfachen Rechtsfehler des Landgerichts F bei der Anwendung des § 5 ZPO und der daraus folgenden rechtlichen Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit nach §§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG, der die Bindungswirkung des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO unberührt lässt. Das verweisende Landgericht F hat verkannt, dass sich der Anwendungsbereich des § 5 ZPO nicht auf vermögensrechtliche Ansprüche beschränkt. Rechtsfehler belegen jedoch für sich allein selbst dann noch keine Willkür, wenn sie – wie im Streitfall - drastisch sind (vgl. Musielak/Foerste, ZPO, 10. Aufl., § 281, Rn. 17). Willkür liegt vielmehr nur vor, wenn dem Verweisungsbeschluss jede rechtliche Grundlage fehlt und er bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (BGH NJW-RR 2011, 1364, 1365, Tz. 9). Bei Anlegung dieses Maßstabs ist der Verweisungsbeschluss des Landgerichts F noch nicht als willkürlich anzusehen. Das Landgericht F hat den Regelungsgehalt des § 5 ZPO, welchen es durchaus gesehen hatte, unzutreffend beurteilt. Dies stellt jedoch lediglich einen einfachen Rechtsfehler dar, lässt die getroffene Entscheidung aber nicht als nicht mehr verständlich und offensichtlich unhaltbar erscheinen. Auch die Parteien haben diesen Rechtsfehler weder erkannt noch auf ihn aufmerksam gemacht, obwohl das Landgericht F diese vor der Verweisungsentscheidung mit Verfügung vom 11.12.2013 auf seine unzutreffende Rechtsauffassung hingewiesen hat (vgl. zu diesem Gesichtspunkt BGH NJW-RR 2011, 1364, 1365, Tz. 12; Senat, Beschluss vom 31.01.2014 – 32 SA 94/13 – zit. unter juris. de; Tombrink, NJW 2003, 2364, 2366).
(1) Für Klagen, durch die das Eigentum, eine dingliche Belastung oder die Freiheit von einer solchen geltend gemacht wird, für Grenzscheidungs-, Teilungs- und Besitzklagen ist, sofern es sich um unbewegliche Sachen handelt, das Gericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk die Sache belegen ist.
(2) Bei den eine Grunddienstbarkeit, eine Reallast oder ein Vorkaufsrecht betreffenden Klagen ist die Lage des dienenden oder belasteten Grundstücks entscheidend.
(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.
(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.
(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.
In dem dinglichen Gerichtsstand kann mit der Klage aus einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Schuldklage, mit der Klage auf Umschreibung oder Löschung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Klage auf Befreiung von der persönlichen Verbindlichkeit, mit der Klage auf Anerkennung einer Reallast die Klage auf rückständige Leistungen erhoben werden, wenn die verbundenen Klagen gegen denselben Beklagten gerichtet sind.