Oberlandesgericht Köln Beschluss, 21. Sept. 2016 - 2 Wx 377/16
Gericht
Tenor
Die Beschwerde vom 4.9.2016 gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Aachen vom 25.8.2016 – HRB 13498 - wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss wird zugelassen.
1
G r ü n d e
2I.
3Am 23.5.2016 fasste der alleinige Gesellschafter der Antragstellerin, Herr Dr. L einen „Gesellschafterbeschluss“, der auszugsweise folgenden Inhalt hatte:
4„…. beschließt die Gesellschafterversammlung einstimmig, die Gesellschaft zum 30. Juni 2016 aufzulösen. Zum alleinvertretungsberechtigten Liquidator wird der bisherige Geschäftsführer L2 bestellt. Er ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. …“
5In dem Gesellschaftsvertrag vom 24.1.2006 ist unter § 5 (Geschäftsführung und Vertretung) bestimmt, dass durch Gesellschafterbeschluss allen oder einzelnen Geschäftsführern die alleinige Vertretungsbefugnis übertragen werden und ferner allen oder einzelnen Geschäftsführern Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden kann. Mit Antrag vom 13.6.2016 (Urkundenrolle des Notars Dr.L3 686/2016) ist die Auflösung der Gesellschaft, die Abberufung des Geschäftsführers und die Bestellung des Liquidators nebst Vertretungsregelung zur Eintragung in das Handelsregister beim Amtsgericht Aachen angemeldet worden. Beigefügt war der Gesellschafterbeschluss vom 23.5.2016. Mit Schreiben vom 15.6.2016 hat das Registergericht darauf hingewiesen, dass im Gesellschaftsvertrag die ausdrückliche Befreiungsmöglichkeit des Liquidators gemäß § 181 BGB ebenso wenig wie die entsprechende Ermächtigung der/des Gesellschafter(s) zur Befreiung durch Beschlussfassung enthalten sei.Die Antragstellerin hat ihren Antrag mit Schriftsatz vom 24.6.2016 unter Berufung auf das OLG Zweibrücken (Beschluss v. 6.7.2011, 3 W 62/11) aufrechterhalten bzw dahingehend klargestellt, dass beantragt worden ist, „Zur Vertretungsberechtigung wird angemeldet: Der Liquidator, Herr Steuerberater L2, ist stets einzelvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit“. Der Rechtspfleger des Registergerichts hat den Antrag vom 13.6.2016 in der Fassung vom 24.6.2016 mit Beschluss vom 25.8.2016 zurückgewiesen. Gegen diesen am 31.8.2016 zugestellten Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtige der Antragstellerin mit am 6.9.2016 beim Registergericht eingegangenem Schriftsatz vom 4.9.2016 Beschwerde eingelegt.
6Die Antragstellerin beantragt, 1. den Beschluss aufzuheben, 2. das Registergericht anzuweisen, den Antrag in der mit Schreiben vom 24.6.2016 korrigierten/klargestellten Fassung zu vollziehen.
7Der Beschwerde hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 7.9.2016 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht vorgelegt.
8II.
9Die Beschwerde ist statthaft (§ 58 Abs. 1 FamFG) und in richtiger Form und Frist (§ 63 Abs. 1 FamFG) erhoben worden. Auch liegt die erforderliche Beschwerdeberechtigung (§ 59 Abs. 1 FamFG) vor. Der Beschwerdeschriftsatz des Notars Dr. L3 vom 4.9.2016 ist dahingehend auszulegen, dass die Beschwerde im Namen der L4 Buchhandlung GmbH eingelegt wird. Als Antragstellerin (§ 7 Abs. 1 FamFG) im vorliegenden Verfahren ist die Gesellschaft – vertreten durch ihren Geschäftsführer - auch beschwerdeberechtigt.
10In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
11Der Eintragungsantrag ist unbegründet; die beantragte Eintragung der Befreiung des Liquidators von den Beschränkungen des § 181 BGB auf der Grundlage des Antrages vom 13.6./24.6.2016 kann nicht erfolgen.
12Die Frage, ob die satzungsmäßige Ermächtigung der Gesellschafter, den oder die Geschäftsführer von diesen Beschränkungen zu befreien, in dem Sinne ausgelegt werden kann, dass sie auch als Ermächtigung ausreicht, den oder die Liquidatoren durch Gesellschafterbeschluss von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien, wird zwar nicht einheitlich beantwortet.
13Soweit sich die Antragstellerin auf dem Beschluss des OLG Zweibrücken vom 6.7.2011 (3 W 62/11) beruft, trifft es zu, dass das OLG Zweibrücken mit dem vorgenannten Beschluss davon ausgegangen ist, die vorgenannte Frage sei zu bejahen. Zur Begründung hat das OLG Zweibrücken ausgeführt, dass nach Sinn und Zweck einer Satzungsbestimmung, die der Gesellschafterversammlung die Möglichkeit eröffnet, die Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB zu befreien, regelmäßig davon auszugehen sei, dass sich diese Ermächtigung auf die gesetzlichen Vertreter schlechthin und damit auch auf die Liquidatoren beziehen soll, zumal die Gesellschafter bei ihrer erforderlichen Beschlussfassung die durch die Liquidation veränderte Sach-und Interessenlage berücksichtigen könnten (so auch: Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar, 19. Aufl. 2016, § 68 Rn. 4). Eine andere Auslegung sei deshalb nur dann geboten, wenn die Satzung eine Erstreckung auf die Liquidatoren ersichtlich ausschließen wolle (vgl. OLG Zweibrücken a.a.O.). Dafür ergeben sich auch im vorliegenden Fall nach Wortlaut und Regelungszusammenhang des Gesellschaftsvertrages keine Anhaltspunkte. Der BGH hat jedoch mit Urteil vom 27.10.2008 (II ZR 255/07) ausgesprochen, dass mit der Liquidation jede gesellschaftsvertragliche Vertretungsregelung, auch eine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB endet (vgl. auch Karsten Schmidt in Scholz, GmbHG, 11. Aufl., § 68 Rn. 5; Baumbach/Hueck, GmbHG, 20 Aufl. 2013, § 68 Rn. 4). Eine Vermutung der Fortgeltung sei nicht gerechtfertigt, weil sich durch die Auflösung der Gesellschaft der Gesellschaftszweck geändert habe und nach Beendigung der Geschäftstätigkeit für die Gesellschafter nicht mehr die jederzeitige Handlungsfähigkeit der Gesellschaft im Vordergrund stehe, sondern der Schutz der Gesellschaft, ihrer Gläubiger und/oder der der Mitgesellschafter höher zu bewerten sei (vgl. BGH a.a.O.). Dementsprechend hat das OLG Frankfurt in seinem Beschluss vom 13.10.2011 (20 W 95 / 11) zunächst einen Gesellschafterbeschluss erfordert, mit dem die Satzung entsprechend abgeändert werde. Mit dem Auflösungsbeschluss der Gesellschafter trete nämlich eine derartige Zäsur in der Ausrichtung der Gesellschaft ein, dass neue Regelungen auch zur organschaftlichen Stellung ihrer gesetzlichen Vertreter erforderlich seien; so hätten die Liquidatoren darauf hinzuarbeiten, dass die Gesellschaft durch die Liquidation ihres Vermögens ihr rechtliches Ende finde, d. h. laufende Geschäfte zu beendigen, Verpflichtung zu erfüllen, Forderungen einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft in Geld umzusetzen. Daher müsse dem Liquidator entweder eine direkte satzungsmäßige generelle Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt werden, oder es müsse eine abstrakte generelle Befreiungsmöglichkeit von diesen Beschränkungen in der Satzung geschaffen werden, die erst dann wiederum Grundlage einer Befreiung durch einen nachfolgenden einfachen Gesellschafterbeschluss sein könne (vgl. OLG Frankfurt a.a.O.; s. a. OLG Hamm, Beschluss v. 6.7.2010, 15 Wx 281/09). Dem schließt sich auch der Senat an. III.
14Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
15Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen vor. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung, auch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts, weil die hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ob für die Befreiung des Liquidators von den Beschränkungen des § 181 BGB eine ausdrückliche Regelung bzw. Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag erforderlich ist, eine für eine Vielzahl von Fällen bedeutsame Rechtsfrage darstellt, die höchstrichterlich noch nicht geklärt ist
16Geschäftswert des Verfahrens der Beschwerde:
175.000,00 € (§ 36 Abs. 3 GNotKG)
18Rechtsmittelbelehrung:
19Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben. Sie ist binnen einer Frist von einem Monat nach der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses durch Einreichung einer in deutscher Sprache abgefassten und unterschriebenen Beschwerdeschrift eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe (Postanschrift: Bundesgerichtshof, 76125 Karlsruhe) einzulegen.
20Die Rechtsbeschwerdeschrift muss die Bezeichnung des Beschlusses, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt wird.
21Sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, ist die Rechtsbeschwerde binnen einer Frist von einem Monat zu begründen; diese Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe dieses Beschlusses und kann auf Antrag durch den Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert werden.
22Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:
23- 24
1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Rechtsbeschwerdeanträge)
- 25
2. die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a) die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
27b) soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.
moreResultsText
Annotations
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.
(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:
- 1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder - 2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.
(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
(1) Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist.
(2) Wenn ein Beschluss nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu.
(3) Die Beschwerdeberechtigung von Behörden bestimmt sich nach den besonderen Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes.
(1) In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter.
(2) Als Beteiligte sind hinzuzuziehen:
- 1.
diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird, - 2.
diejenigen, die auf Grund dieses oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen sind.
(3) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag weitere Personen als Beteiligte hinzuziehen, soweit dies in diesem oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist.
(4) Diejenigen, die auf ihren Antrag als Beteiligte zu dem Verfahren hinzuzuziehen sind oder hinzugezogen werden können, sind von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen, soweit sie dem Gericht bekannt sind. Sie sind über ihr Antragsrecht zu belehren.
(5) Das Gericht entscheidet durch Beschluss, wenn es einem Antrag auf Hinzuziehung gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 nicht entspricht. Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.
(6) Wer anzuhören ist oder eine Auskunft zu erteilen hat, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 2 oder Absatzes 3 vorliegen, wird dadurch nicht Beteiligter.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.
Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
(1) Soweit sich in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt und er auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) Soweit sich in einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit der Geschäftswert aus den Vorschriften dieses Gesetzes nicht ergibt, ist er unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 1 Million Euro.
(3) Bestehen in den Fällen der Absätze 1 und 2 keine genügenden Anhaltspunkte für eine Bestimmung des Werts, ist von einem Geschäftswert von 5 000 Euro auszugehen.
(4) Wenn sich die Gerichtsgebühren nach den für Notare geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Notare geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden. Wenn sich die Notargebühren nach den für Gerichte geltenden Vorschriften bestimmen, sind die für Gerichte geltenden Wertvorschriften entsprechend anzuwenden.