Oberlandesgericht Köln Beschluss, 08. Aug. 2014 - 2 Ws 458/14
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde wird der Beschluss der 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Aachen vom 01.07.2014 - 52 AR–401 Js 381/13-10/14 - aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens, einschließlich der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers, werden der Staatskasse auferlegt.
1
Gründe:
2I.
3Zum Verfahrensgang hat die Generalstaatsanwaltschaft in der Vorlageverfügung vom 04.08.2014 ausgeführt:
4„Gegen den Beschuldigten Q wird das Ermittlungsverfahren 401 Js 381/13 Staatsanwaltschaft Aachen geführt und in diesem Verfahren ist mit Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 18.10.2013 (Bl. 323 ff. d.A.) gem. § 126 a StPO die einstweilige Unterbringung in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses angeordnet worden. Der Q wird insoweit beschuldigt, am 10.09.2013 in Heinsberg im Zustand der Schuldunfähigkeit tateinheitlich versucht zu haben, einen Menschen mittels eines gefährliches Werkzeugs zu verletzen, eine andere Person körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben sowie Amtsträgern die zur Vollstreckung von Gesetzes, Rechtsverordnung, Urteil, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen sind, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt Widerstand geleistet und sie dabei tätlich angegriffen zu haben.
5Hinsichtlich der Tatvorwürfe im Einzelnen - die Tat vom 10.09.2013 und der Schusswaffeneinsatz des Polizeibeamten I auf den Beschuldigten waren Gegenstand der Medienberichterstattung über den Bezirk Aachens hinaus - wird auf den Unterbringungsbefehl vom 18.10.2013 Bezug genommen. In diesem heißt es u.a. (Bl. 328 d.A.): „Der Beschuldigte war zum Tatzeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht schuldfähig, weil er an einer Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis leidet. Zu diesem Schluss kommt die Sachverständige Frau Dr. med. K, Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Ärztin für Nervenheilkunde, in ihrem Gutachten vom 18.10.2013. Diese hält es für wahrscheinlich, dass der Beschuldigte aufgrund der psychischen Erkrankung in wahnhafte Realitätsverkennung unberechenbar vorgeht und es deswegen zu entsprechenden Straftaten kommt“.
6Die vorbenannte Sachverständige Dr. med. K hat unter dem 10.11.2013 in dem Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten Q ein forensisch- psychiatrisches Gutachten erstellt, indem sie schließlich zu folgenden Ergebnissen gelangt (Bl. 412 ff. d.A.): „Die (festgestellte) psychotische Störung ist dem Rechtsbegriff der krankhaften seelischen Störung zuzuordnen und gewinnt Schuldfähigkeitsrelevanz bei einer Aufhebung der Unrechtseinsichtsfähigkeit. Damit liegen die Voraussetzungen für die Annahme von Schuldunfähigkeit vor. Andere Störungen, die über die Zuordnung zu diesem oder einem der weiteren Eingangsmerkmale des § 20 StGB zugeordnet werden müssten, finden sich nicht. Mit Blick auf die Gefährlichkeitsprognose ist festzustellen, dass die Eingangsvoraussetzungen für die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus des Maßregelvollzugs gem. § 63 StGB und damit für die Fortdauer der zunächst notwendig anzuordnenden einstweiligen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 126 a StPO nicht als gegeben anzusehen sind..., dass es sich aber nach dem gegenwärtig zu überblickenden Verlauf und den Ergebnissen der testpsychologischen Untersuchung nicht um ein überdauerndes Störungsbild handelt, dass die Grundlage für die Annahme einer entsprechenden Gefährlichkeit abzugeben geeignet wäre. Die Voraussetzungen für die Unterbringung gem. § 64 StGB liegen nicht vor“.
7Demgemäß hat die Staatsanwaltschaft den Antrag gestellt, den Unterbringungsbefehl des Amtsgerichts Aachen vom 18.10.2013 aufzuheben. Das Landgericht Aachen hat dementsprechend den Unterbringungsbefehl mit Beschluss vom 11.11.2013 aufgehoben und die sofortige Entlassung des Beschuldigten angeordnet (Bl. 463 ff. d.A.).
8Das von der Sachverständigen Dr. med. K erwähnte testspychologische Gutachten ist von Prof. Dr. T der Uniklinik L, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, am 08.11.2013 erstattet worden (Bl. 469 ff. d.A.) und attestiert dem Beschuldigten (Bl. 507 f. d.A.) ein günstiges Risikoprofil, ebenso wie der querschnittliche diagnostische Status der Persönlichkeitsausformung und die Annahme positiver zukünftiger Voraussetzungen eines validen Risikomanagements mit einem niedrigen Gesamtscore in der Anwendung auf Herrn Q für ein geringes individuelles Rückfallrisiko für zukünftige Gewaltdelinquenz hinweisen.“
9Der Verteidiger des Beschuldigten, Rechtsanwalt E aus B, beauftragte den Dipl. Psychologen G seinerseits am 05.12.2013 mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens insbesondere zu der Frage, wie die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Herrn Q bei Begehung der vorgeworfenen Straftaten vom 10.09.2013 zu beurteilen ist. Der Dipl.-Psychologe G erstellte daraufhin am 05.01.2014 sein Gutachten (Bl. 609 ff. d.A.), in dem er zu folgender Beurteilung gelangt: „Herr Q war bei den vorgeworfenen Straftaten weder in der Lage das Unrecht seiner Handlungen einzusehen noch nach einer solchen (nicht vorhandenen) Einsicht zu handeln. Diese mangelnde Einsichtsfähigkeit beruht auf einer akuten Panikreaktion. Somit sind die Voraussetzungen des § 20 StGB aus sachverständiger Sicht gegeben. Die extreme Panikreaktion von Herrn Q hat ihre Ursache in einem Burn-Out und einer mangelhaften Aufklärung über die Erkrankung der Mutter. Wir sehen aus sachverständiger Sicht keine Gefahr für psychiatrisch oder psychologisch determinierte Straftaten oder eine Gefährdung der Allgemeinheit. Daher müssen aus sachverständiger Sicht die medizinischen Voraussetzungen einer Unterbringung nach § 63 StGB verneint werden.“Die Staatsanwaltschaft Aachen hat mit Verfügung vom 07.01.2014 die Sachverständige Dr. K ihrerseits darum ersucht, den Beschuldigten ergänzend zu explorieren, um eine abschließende Stellungnahme zur Frage der „Stabilität“ des Beschuldigten abgeben zu können (Bl. 567 d.A.). Vor diesem Hintergrund hat der zuständige Staatsanwalt die Sachverständige am 05.03.2014 befragt – die Durchführung der Exploration wurde nämlich dadurch unterbunden, dass der Verteidiger erklärte, der Beschuldigte stehe für eine solche Exploration nicht mehr zur Verfügung – ob eine seitens der Staatsanwaltschaft angedachte Maßnahme im Sinne des § 81 Abs. 1 StPO aus ihrer neue und ggfl. weitergehende Erkenntnisse zum aktuellen Zustand des Beschuldigten speziell mit Blick auf die Frage der Gefährlichkeit ergeben könnte. Die Sachverständige äußerte ausweislich des Vermerks der Staatsanwaltschaft vom 06.03.2014 (Bl. 570 f. d.A.), dass eine solche Maßnahme aufgrund des durch die Beobachtung zu erwartenden Informationsgewinns aus ihrer Sicht sinnvoll erscheine und sie dann eine abschließende gutachterliche Stellungnahme zu § 126 a StPO abgeben könne. Daraufhin sind die Akten dem Landgericht – Schwurgerichtskammer in B – mit dem Antrag übersandt worden, den Beschuldigten zur Vorbereitung eines Abschlussgutachtens über seinen derzeitigen psychischen Zustand gem. § 81 Abs. 1 StPO für die Dauer von 6 Wochen in einem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus zu Beobachtungszwecken unterzubringen. Die Staatsanwaltschaft hat diesen Antrag gem. § 81 Abs. 3 StPO bei der Schwurgerichtskammer gestellt, da die Staatsanwaltschaft über die Rechtsansicht des Ermittlungsrichters hinaus der Auffassung ist, dass auch ein dringender Tatverdacht bezüglich eines versuchten Tötungsdeliktes gegeben sei.
10Die Verteidigung hat mit Schriftsatz vom 21.03.2014 (Bl. 572 ff.) beantragt, den Antrag der Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Die Verteidigung nimmt in ihrem Schriftsatz auch Stellung zu der Vorgehensweise der Sachverständigen Dr. K aus ihrer Sicht und will damit verdeutlichen, dass der Beschuldigte sehr wohl einen gewichtigen Grund habe, mit der Sachverständigen nicht mehr zu kommunizieren. Weiterhin geht die Verteidigung unter Überreichung entsprechenden fotographischen Materials auch auf die durch den Schusswaffeneinsatz des Polizeibeamten bedingten Operationen und deren Folgen ein und weist insbesondere darauf hin, dass die Bauchdecke nach der Operation aufgerissen ist und weitere Operationen anstehen und erforderlich sind. …
11Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht Aachen die Unterbringung des Beschuldigten in der psychiatrischen Klinik gem. § 81 StPO angeordnet. …
12Gegen diesen dem Verteidiger am 05.07. zugestellten Beschluss (Bl. 603, 607 f., 632 d.A.) hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 08.07.2014, eingegangen bei dem Landgericht Aachen am selben Tage, sofortige Beschwerde eingelegt. Diese sofortige Beschwerde hat er mit weiterem Schriftsatz vom 25.07.2014 (Bl. 637 ff. d.A.) begründet … .“
13Hierauf nimmt der Senat Bezug. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Beschluss des Landgerichts Aachen vom 01.07.2014 aufzuheben.
14II.
15Die gemäß § 81 Abs. 4 S. 1 StPO statthafte und gemäß § 311 Abs. 2 StPO form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist begründet.
16Die Voraussetzungen des § 81 Abs. 1 StPO sind vorliegend nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand eines Beschuldigten nach Anhörung eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, dass der Beschuldigte in ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus gebracht und dort beobachtet wird.
17Im Hinblick darauf, dass die Sachverständige Dr. med. K unter dem 10.11.2013 ein ausführliches forensisch-psychiatrisches Gutachten zu den Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Beschuldigten gemäß §§ 20, 21 StGB sowie zur etwaigen Notwendigkeit einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bzw. einer Entziehungsanstalt gemäß § 63, 64 StGB erstattet hat, erscheint es bereits zweifelhaft, ob eine Unterbringung zur Beobachtung gemäß § 81 Abs. 1 StPO erforderlich ist.
18Nach dem Ergebnis dieser schriftlichen Sachverständigengutachtens vom 10.11.2013 war das zum Tatzeitpunkt diagnostizierte akute psychische Störungsbild bei dem Beschuldigten nicht als ein fortdauerndes Störungsbild anzusehen, welches die Annahme einer fortdauernden Gefährlichkeit des Beschuldigten im Sinne des § 63 StGB rechtfertigen würde. Zur Abklärung der „Stabilität“ der psychischen Erkrankung des Beschuldigten hat die Staatsanwaltschaft die Sachverständige Dr. K unter dem 07.01.2014 darum ersucht, den Beschuldigten ergänzend zu explorieren. Inwieweit es einer solchen ergänzenden Exploration des Beschuldigten in vorliegenden Fall bedarf, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Die Sachverständige Frau Dr. K hat ausweislich des Vermerks der Staatsanwaltschaft Aachen vom 06.03.2014 zwar bestätigt, dass durch eine Maßnahme im Sinne des § 81 Abs. 1 StPO gegebenenfalls weitergehende Erkenntnisse zum aktuellen Zustand des Beschuldigten und damit auch zur einer etwaigen Gefährlichkeit gewonnen werden könnten. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass sich der psychische Gesundheitszustand des Beschuldigten nach Vorlage des schriftlichen Sachverständigengutachtens der Sachverständigen Dr. K sowie des Gutachtens über die testpsychologische Begutachtung von Prof. Dr. T im November 2013 bis zu der wenige Wochen später erfolgten Verfügung der Staatsanwaltschaft von 07. Januar 2014 maßgeblich verändert, insbesondere verschlechtert haben könnte, sind den Akten nicht zu entnehmen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass eine Verschlechterung des durch die Sachverständige festgestellten psychopathologischen Zustands theoretisch möglich erscheint und aufgrund des bei der Anlasstat zu Tage getretenen Gefährdungspotenzials eine sehr sorgfältige Überprüfung der Gefährlichkeitsprognose angezeigt erscheint. Für die seitens der Staatsanwaltschaft angenommene Vermutung, dass sich der Zustand des Beschuldigten aufgrund eines erneuten psychotischen Schubes verschlechtert habe, was vor den Ermittlungsbehörden verschwiegen werden sollte, fehlen jedoch belastbare Anhaltspunkte.
19Unabhängig von der hier offen gelassenen Frage der Erforderlichkeit der Einholung eines ergänzenden Sachverständigengutachtens wäre die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus zwecks Beobachtung gemäß § 81 StPO nicht verhältnismäßig. Dabei kommt es vorliegend nicht maßgeblich auf die Frage an, ob eine solche Unterbringung bereits allein aufgrund der Weigerung des Beschuldigten an einer Mitwirkung die fehlende Verhältnismäßigkeit zu begründen vermag (vgl.: OLG Rostock, Beschluss v. 02.01.2014, Az. Ws 388/13; KG, Beschluss v. 30.10.2012, Az.4 Ws 117/12). Entscheidend ist vielmehr, dass es zur Abklärung der in Rede stehenden Frage einer fortbestehenden psychischen Stabilität des Beschuldigten aus Sicht des Senats keiner erneuten vollständigen Exploration des Beschuldigten und einer zu diesem Zwecke angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus bedarf. Zur Erlangung der für erforderlich erachteten Erkenntnisse über den aktuellen psychischen Gesundheitszustand des Beschuldigten existieren vielmehr anderweitige Möglichkeiten, die nicht mit einer erneuten Freiheitsentziehung des Beschuldigten einhergehen müssen. Neben einer auch vom Landgericht erwogenen Vorführung des Beschuldigten vor Gericht, in dessen Rahmen ein aktueller persönlicher Eindruck von ihm und seiner psychischen Verfassung zu gewinnen gewesen wäre, hätte auch eine (ergänzende) Befragung der ihn mindestens bis Ende März 2014 im Klinikum B behandelnden Ärzte, insbesondere von Dr. I2, sowie ggf. auch seiner Hausärztin, Dr. N, aller Voraussicht nach weitere Erkenntnisse erbracht. Darüber hinaus wäre auch eine Befragung des von der Verteidigung beauftragten Psychologen G in Betracht gekommen. Soweit die Verteidigung im Rahmen der Beschwerdebegründung ergänzend auf die Möglichkeit der Einholung eines Gutachtens der den Beschuldigten behandelnden Psychiaterin Frau Dr. A hinweist, war dies im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses noch nicht aktenkundig. Schließlich war vorliegend, worauf die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend hingewiesen hat, auch zu berücksichtigen, dass der Beschuldigte eine ergänzende Begutachtung durch einen anderweitigen Sachverständigen und eine Mitwirkung nicht generell in Abrede gestellt hat.
20III.
21Die Kostenentscheidung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 467 StPO.
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Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
(1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten kann das Gericht nach Anhörung eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, daß der Beschuldigte in ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus gebracht und dort beobachtet wird.
(2) Das Gericht trifft die Anordnung nach Absatz 1 nur, wenn der Beschuldigte der Tat dringend verdächtig ist. Das Gericht darf diese Anordnung nicht treffen, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(3) Im vorbereitenden Verfahren entscheidet das Gericht, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig wäre.
(4) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. Sie hat aufschiebende Wirkung.
(5) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Absatz 1 darf die Dauer von insgesamt sechs Wochen nicht überschreiten.
(1) Für die Fälle der sofortigen Beschwerde gelten die nachfolgenden besonderen Vorschriften.
(2) Die Beschwerde ist binnen einer Woche einzulegen; die Frist beginnt mit der Bekanntmachung (§ 35) der Entscheidung.
(3) Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt. Es hilft jedoch der Beschwerde ab, wenn es zum Nachteil des Beschwerdeführers Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet hat, zu denen dieser noch nicht gehört worden ist, und es auf Grund des nachträglichen Vorbringens die Beschwerde für begründet erachtet.
(1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten kann das Gericht nach Anhörung eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, daß der Beschuldigte in ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus gebracht und dort beobachtet wird.
(2) Das Gericht trifft die Anordnung nach Absatz 1 nur, wenn der Beschuldigte der Tat dringend verdächtig ist. Das Gericht darf diese Anordnung nicht treffen, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(3) Im vorbereitenden Verfahren entscheidet das Gericht, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig wäre.
(4) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. Sie hat aufschiebende Wirkung.
(5) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Absatz 1 darf die Dauer von insgesamt sechs Wochen nicht überschreiten.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.
(1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten kann das Gericht nach Anhörung eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, daß der Beschuldigte in ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus gebracht und dort beobachtet wird.
(2) Das Gericht trifft die Anordnung nach Absatz 1 nur, wenn der Beschuldigte der Tat dringend verdächtig ist. Das Gericht darf diese Anordnung nicht treffen, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(3) Im vorbereitenden Verfahren entscheidet das Gericht, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig wäre.
(4) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. Sie hat aufschiebende Wirkung.
(5) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Absatz 1 darf die Dauer von insgesamt sechs Wochen nicht überschreiten.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
(1) Zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Beschuldigten kann das Gericht nach Anhörung eines Sachverständigen und des Verteidigers anordnen, daß der Beschuldigte in ein öffentliches psychiatrisches Krankenhaus gebracht und dort beobachtet wird.
(2) Das Gericht trifft die Anordnung nach Absatz 1 nur, wenn der Beschuldigte der Tat dringend verdächtig ist. Das Gericht darf diese Anordnung nicht treffen, wenn sie zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis steht.
(3) Im vorbereitenden Verfahren entscheidet das Gericht, das für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständig wäre.
(4) Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. Sie hat aufschiebende Wirkung.
(5) Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach Absatz 1 darf die Dauer von insgesamt sechs Wochen nicht überschreiten.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
- 1
Das Amtsgericht Stralsund hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft unter dem 28.03.2013 - 315 Cs 227/13 - Strafbefehl gegen den Angeklagten wegen einer am 23.01.2013 in Stralsund zum Nachteil der Justizangestellten S. S. begangenen versuchten Nötigung erlassen. Hiergegen hat der Angeklagte wirksam Einspruch eingelegt.
- 2
Ferner hat die Staatsanwaltschaft Stralsund unter dem 28.06.2013 Anklage gegen den Beschwerdeführer zum Amtsgericht Greifswald wegen am 29.04.2013 in Greifswald tateinheitlich begangener Bedrohung, versuchter Nötigung und versuchter Körperverletzung zum Nachteil des Richters am Amtsgericht W. erhoben (33 Ds 767/13). Eine Entscheidung über die Zulassung der Anklage und die Eröffnung des Hauptverfahrens ist bislang nicht ergangen.
- 3
Das erstgenannte Verfahren ist mit Beschluss des AG Greifswald vom 27.08.2013 nach dorthin übernommen und zum zweitgenannten Verfahren verbunden worden, welches führt. Mit selbigem Beschluss ist das Verfahren gemäß § 209 Abs. 2 StPO dem Landgericht Stralsund mit der Bitte um Prüfung der Übernahme vorgelegt worden, weil gegen den Angeklagten (auch) die Verhängung einer Maßregel nach § 63 StGB in Betracht komme.
- 4
Das Landgericht Stralsund hat zur Vorbereitung seiner Entscheidung über die Übernahme des Verfahrens, zur Zulassung der Anklage vom 28.06.2013 und zur diesbezüglichen Eröffnung des Hauptverfahrens mit Beschluss vom 27.09.2013 - 22 KLs 27/13 - entsprechend § 202 Satz 1 StPO die psychiatrische Begutachtung des Angeklagten zur Frage seiner Schuldfähigkeit und zur Notwendigkeit von Maßregeln der Besserung und Sicherung angeordnet und die Chefärztin des AMEOS Klinikums für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie in Ueckermünde, Frau Dipl. med. S., zur Sachverständigen bestellt.
- 5
Nachdem der Angeklagte sich auf entsprechende Ladung nicht zur Begutachtung bei der Sachverständigen eingefunden und Frau S. mitgeteilt hatte, dass ihr eine Begutachtung allein aufgrund der Aktenlage nicht möglich sei, weshalb sie eine Einweisung nach § 81 StPO anrege, beraumte die Kammer Termin zur Anhörung des Angeklagten, seines damaligen Verteidigers, Rechtsanwalt P., und der Sachverständigen auf den 20.11.2033 an. Zu diesem Termin ist der Angeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. Über seinen Verteidiger ließ er mitteilen, er werde zu der Anhörung nicht kommen und werde sich auch nicht "psychiatrisieren" lassen. Gegen alle Entscheidungen, mit denen solches angeordnet werde, werde er in jedem Fall Rechtsmittel einlegen.
- 6
In dem Anhörungstermin vor der Kammer teilte die Sachverständige nochmals mit, dass der Angeklagte ihrer Ladung zur Begutachtung - auch auf telefonisches "Nachhaken" - keine Folge geleistet habe. Eine Expertise allein anhand der Akten sei ihr nicht möglich. Zwar sei der Angeklagte bereits im Jahre 2003 während einer einstweiligen Unterbringung in Berlin durch einen Sachverständigen begutachtet worden. Wegen der seither verstrichenen Zeit sei jedoch eine neue Begutachtung erforderlich, um einen aktuellen Befund erheben zu können. Angesichts des bisherigen Verhaltens des Angeklagten halte sie eine ambulante Exploration für aussichtslos. Um valide Aussagen über die Einsichts- und/oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Zeitpunkt der ihm vorgeworfenen Taten und zur Frage seiner Gefährlich-keit treffen zu können, benötige sie aktuelle Erkenntnisse, die sie nur durch einen persönlichen Eindruck vom Angeklagten im Rahmen einer stationären Unterbringung erlangen könne.
- 7
Der Verteidiger verwies auf die ihm gegenüber erfolgte Mitteilung des Angeklagten, sich keinesfalls begutachten zu lassen und gegen jede dies anordnende Entscheidung Rechtsmittel einlegen zu wollen. Er beantragte deshalb von einer Einweisung nach § 81 StPO abzusehen.
- 8
Mit Beschluss vom 20.11.2013 ordnete die Strafkammer gleichwohl zur Vorbereitung eines Gutachtens über den psychischen Zustand des Angeklagten seine Unterbringung in der AMEOS Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie in Ueckermünde für die Dauer von höchstens sechs Wochen an. Gegen diese dem Verteidiger am 29.11.2013 zugestellte Entscheidung wendet sich der Angeklagte mit der sofortigen Beschwerde im Schriftsatz seines Verteidigers vom 02.12.2013, die am selben Tag beim Landgericht eingegangen und mit weiterem Schriftsatz vom 03.12.2013 näher begründet worden ist.
- 9
Nach Bekanntwerden des Beschlusses hat der Angeklagte am 12.12.2013 im Büro seines Verteidigers angerufen und nochmals bekräftigt, er werde sich nicht "psychiatrisieren" lassen. Sollte die Entscheidung über seine stationäre Begutachtung rechtskräftig werden, werde er bewaffnet in das Amtsgericht Greifswald marschieren und dort die "Arschlochrichter" W. und D. sowie einen weiteren, von ihm namentlich bezeichneten Richter erschießen; dieser Rechtsstaat hätte dann einen Amokläufer geschaffen. Er habe nichts mehr zu verlieren und werde deshalb auch keine Rücksicht mehr nehmen. Es sei ihm völlig egal, was danach mit ihm passiere.
- 10
Bevor sein Verteidiger auf ihn einreden konnte, legte der Angeklagte auf. Kurz darauf rief er erneut in der Kanzlei an, wo er die gleiche Ankündigung auch gegenüber der dort tätigen Sekretärin S. L. wiederholte und zudem erklärte, er könne dann auch auf das Büro des Rechtsanwalts keine Rücksicht mehr nehmen.
- 11
Hiervon setzte der Verteidiger sowohl die Vorsitzende der Strafkammer, bei der er zugleich seine Entbindung als Pflichtverteidiger beantragte, wie auch mit Schreiben vom 16.12.2013 die Staatsanwaltschaft Stralsund in Kenntnis. In dem daraufhin wegen Bedrohung neu eingeleiteten Ermittlungsverfahren (540 Js 24269/13) erwirkte die Staatsanwaltschaft Stralsund am 19.12.2013 beim Amtsgericht Greifswald den Erlass eines Unterbringungs-befehls gegen den Angeklagten (33 Gs 96/13), der nachfolgend vollstreckt werden konnte. Der Angeklagte befindet sich seitdem für jenes Verfahren in einstweiliger Unterbringung in der AMEOS Klinik in Ueckermünde.
- 12
Das Landgericht Stralsund hat mit Beschluss vom 19.12.2013 die Beiordnung von Rechtsanwalt P. als Pflichtverteidiger aufgehoben. Im vorliegenden Verfahren ist seitdem noch kein neuer Verteidiger bestellt worden. Es hat sich bislang auch kein Wahlverteidiger für den Angeklagten gemeldet.
- 13
Die Generalstaatsanwaltschaft hatte zunächst die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses beantragt, nach Bekanntwerden des neuen Vorfalls und der deswegen erfolgten einstweiligen Unterbringung des Angeklagten diesen Antrag jedoch zurückgenommen und nun angetragen, die sofortige Beschwerde wegen prozessualer Überholung für erledigt zu erklären.
II.
1.
- 14
Die sofortige Beschwerde ist nach § 81 Abs. 4 Satz 1 StPO statthaft und innerhalb der Frist des § 311 Abs. 2 StPO erhoben worden, mithin zulässig.
a)
- 15
Ihr steht die Regelung in § 202 Satz 2 StPO nicht entgegen, wonach gegen Beschlüsse des Gerichts, mit denen vor einer Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens zur besseren Sachaufklärung einzelne Beweiserhebungen angeordnet werden, kein Rechtsmittel gegeben ist. Denn der Angeklagte greift mit seiner Beschwerde nicht den Beschluss des Landgerichts vom 27.09.2013 an, mit dem (nur) seine psychiatrische Begutachtung angeordnet wurde, sondern den weiteren Beschluss des Landgerichts vom 20.11.2013, mit dem, weil er sich einer ambulanten Untersuchung verweigert hatte, zur Durchführung dieser Exploration seine stationäre Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet wurde. Hierbei handelt es sich um eine neue, zudem freiheitsentziehende Zwangsmaßnahme, die über die bloße Anordnung der Begutachtung hinausgeht. Deshalb geht § 81 Abs. 4 StPO der Bestimmung des § 202 Satz 2 StPO als lex specialis vor.
b)
- 16
Die sofortige Beschwerde ist auch nicht durch § 305 Satz 1 StPO ausgeschlossen.
- 17
Zum einen ist die Strafkammer bislang noch nicht erkennendes Gericht im Sinne dieser Norm, weil sie bislang noch nicht darüber entschieden hat, ob sie das ihr vom Amtsgericht vorgelegte Verfahren übernimmt und dieses Verfahren zum Teil auch noch nicht eröffnet worden ist. Zum anderen ist die Aufzählung in § 305 Satz 2 StPO nicht abschließend. Die dort vorgesehenen Ausnahmen umfassen nach ihrem Wortlaut zwar nur die einstweilige Unterbringung nach § 126a StPO, werden von der Rechtsprechung wegen Sinn und Zweck der Vorschrift aber auch auf Einweisungen nach § 81 StPO ausgedehnt (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. § 81 Rdz. 28 m.w.N.).
c)
- 18
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten ist entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft auch nicht prozessual überholt.
- 19
Zwar befindet sich der Angeklagte mittlerweile in einstweiliger Unterbringung in der psychiatrischen Klinik, in die er auch in vorliegender Sache zum Zwecke seiner Begutachtung eingewiesen werden sollte. Diese Unterbringung erfolgte jedoch durch Unterbringungsbefehl in anderer Sache. Eine Verbindung des vorliegenden Verfahrens mit demjenigen, in dem der Unterbringungsbefehl vollstreckt wird, hat bislang nicht stattgefunden, zumal sich Letzteres noch im Ermittlungsstadium befindet. Ob, wann und mit welchem Ergebnis jenes Ermittlungsverfahren abgeschlossen wird, ist derzeit ebenso ungewiss, wie die Frage, ob und für welchen Zeitraum der Unterbringungsbefehl in jener Sache bestehen bleibt. Auch dient die einstweilige Unterbringung allein der Abwehr der von dem Angeklagten ausgehenden Gefahren für die Allgemeinheit (§ 126a Abs. 1 StPO) und somit einem ganz anderen Zweck als diejenige nach § 81 StPO, mit der allein die stationäre psychiatrische Begutachtung eines nicht notwendigerweise auch allgemeingefährlichen Beschuldigten ermöglich werden soll.
- 20
Daran ändert nichts, dass nun wohl auch im Zuge des neuen Ermittlungsverfahrens und während der dort vollstreckten einstweiligen Unterbringung eine Begutachtung des Angeklagten in Auftrag gegeben werden wird, die voraussichtlich sogar durch dieselbe Sachverständige erfolgen wird, die bei ihrer Exploration dann natürlich auch die Taten zu berücksichtigen haben wird, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Auch erscheint es für den Fall, dass es in dem neuen Verfahren zur Anklageerhebung kommt und auch dort mit hinreichender Sicherheit die Voraussetzungen einer Unterbringung nach § 63 StGB gegeben sind, äußerst naheliegend, dass beide Verfahren vom Landgericht zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden werden. Gleichwohl handelt es sich bislang noch um verschiedene Verfahren und zwei ganz unterschiedliche prozessuale Entscheidungen über die stationäre Unterbringung des Angeklagten, von denen die eine nicht allein deshalb obsolet geworden ist, weil es nun auch die andere gibt. Vielmehr bestehen beide Unterbringungsentscheidungen mit der Folge nebeneinander fort, dass jede mit dem dafür vorgesehenen Rechtsmittel angefochten werden kann. Der Angeklagte hat auch ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis, weil dann, wenn die eine Unterbringungs-entscheidung wegfallen sollte, sogleich die andere zum Zuge käme. Die Lage ist also vergleichbar derjenigen, wenn gegen einen Beschuldigten in unterschiedlichen Verfahren jeweils Haftbefehl besteht, von denen für einen zunächst nur Überhaft notiert worden ist. Auch dort kann gegen den aktuell nicht vollstreckten Haftbefehl gleichwohl Beschwerde eingelegt werden (vgl. Meyer-Goßner a.a.O. § 117 Rdz. 8 m.w.N.).
2.
- 21
Die sofortige Beschwerde des Angeklagten hat aus den Gründen der ersten Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft auch Erfolg.
a)
- 22
Unabdingbare Voraussetzung einer Unterbringung zur Beobachtung nach § 81 StPO ist die mündliche Anhörung eines Sachverständigen durch das Gericht. Dieser muss sich dafür entweder zuvor oder spätestens im Zuge der Anhörung auch einen persönlichen Eindruck von dem Angeklagten verschafft haben, bevor er sich zur Frage der Notwendigkeit einer stationären Begutachtung äußert (std. obergerichtl. Rspr., vgl. nur KG Berlin, Beschluss vom 30. Oktober 2012 - 4 Ws 117/12, 4 Ws 117/12 - 141 AR 555/12 -, Rdz. 8 in juris m.w.N.). Daran fehlt es vorliegend.
- 23
Die Sachverständige S. hat den Angeklagten vor der Anhörung vom 20.11.2013 nicht persönlich gesehen. Ihrer Vorladung zur ambulanten Untersuchung ist er nicht gefolgt. Die Notwendigkeit einer längerfristigen Unterbringung zur Begutachtung hat sie allein mit der Kenntnis der Akten und der Durchsicht eines früheren Gutachtens über den Angeklagten aus dem Jahre 2003 begründet. Das genügt nicht.
- 24
Von der Möglichkeit, den Angeklagten zwangsweise zur Anhörung durch das Gericht vorführen zu lassen und zu dieser Anhörung die Sachverständige hinzuzuziehen (§ 80 StPO), damit auch sie sich einen persönlichen Eindruck von ihm verschaffen kann (vgl. Meyer-Goßner a.a.O., § 81 Rdz. 11 m.w.N.; OLG Celle NStZ 1991, 599), hat die Kammer keinen Gebrauch gemacht.
b)
- 25
Hinzu kommt, dass vorliegend auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von einer Unterbringung nach § 81 StPO abgesehen werden muss, weil von ihr im Hinblick auf die - zudem besonders drastische - Weigerung des Angeklagten zur erforderlichen Mitwirkung brauchbare Ergebnisse nicht zu erwarten sind (vgl. KG, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - 3 Ws 455/08). Denn in einem solchen Fall ist die Maßnahme nicht - wie es erforderlich ist (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O. § 81 Rn. 8 m.w.N.) - unerlässlich. Die Unerlässlichkeit ergibt sich nicht von selbst aus dem angestrebten Zweck der Maßnahme (vgl. BVerfG NJW 2002, 283, 285; OLG Nürnberg StV 2010, 510, 511). Die Unterbringung darf mithin nicht erfolgen, wenn der zu Untersuchende sich weigert, bei ihr mitzuwirken, soweit die Untersuchung nach ihrer Art die freiwillige Mitwirkung voraussetzt, um erfolgreich sein zu können, was insbesondere dann gegeben ist, wenn - wie hier - eine Exploration erforderlich wäre, diese aber vom Betroffenen verweigert wird (vgl. BVerfG aaO S. 284 m.w.N.; OLG Stuttgart aaO S. 583). Mit genau diesen Überlegungen hat die Kammer vorliegend aber selbst die Vorführung des Angeklagten nur zu seiner Anhörung nach § 80 StPO für entbehrlich, weil eben nicht zielführend, erachtet.
- 26
Dass mit einem Erkenntnisgewinn dadurch zu rechnen ist, dass der Angeklagte bei einem mehrere Wochen andauernden stationären Aufenthalt voraussichtlich nicht nur schweigen, sondern mit anderen Patienten, Pflegern und ggf. auch Ärzten reden wird, führt nicht zur Annahme der Zulässigkeit der Maßnahme; denn die Unterbringung würde insoweit letztlich in unstatthafter Weise mit dem Ziel der Einflussnahme auf die Aussagefreiheit des Betroffenen angeordnet (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 09. Oktober 2001 - 2 BvR 1523/01 -, Rdz. 24 in juris; BGH StV 1994, S. 231 f.; OLG Celle StV 1985, 224; 1991, 248; NStZ 1991, 598; OLG Frankfurt, Beschluss vom 18. Juli 1985 - 3 Ws 597/85 -, juris; OLG Stuttgart StV 2004, 582; OLG Düsseldorf StV 2005, 490, 491). Auch die bloße Möglichkeit, aus der Beobachtung des Beschwerdeführers im Rahmen des Klinikaufenthalts Rückschlüsse auf dessen psychischen Zustand und seine Persönlichkeit zu ziehen, reicht nicht aus (vgl. OLGe Frankfurt a.M., und Düsseldorf aaO; OLG Nürnberg StV 2010, 510). Schließlich könnte die nicht auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützte vage Möglichkeit, der Beschwerdeführer werde kooperieren, wenn er erst einmal untergebracht sei, den in der Unterbringung liegenden Grundrechtseingriff ebenfalls nicht rechtfertigen (vgl. OLG Oldenburg StV 2008, 128).
III.
- 27
Die Einweisungsanordnung war deshalb auf die sofortige Beschwerde des Angeklagten mit der Kostenfolge aus § 467 StPO (analog) aufzuheben.
(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.
(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.
(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er
- 1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder - 2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.
(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.
(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.