Oberlandesgericht Köln Beschluss, 27. Jan. 2015 - 19 U 177/14

Gericht
Tenor
Der Antrag der Klägerinnen vom 01.12.2014 auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 10.10.2014 - 16 O 328/13 - wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Klägerinnen gegen das am 10.10.2014 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 16 O 328/13 - wird gemäß § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich etwaiger außergerichtlicher Kosten des Wiedereinsetzungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1. zu 19%, die Klägerin zu 2. zu 79% und die Klägerin zu 3. zu 2%.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerinnen machen im vorliegenden Verfahren gegen die Beklagte jeweils eigene Ansprüche auf Zahlung eines Verdienstausfallschadens im Zusammenhang mit einem behaupteten Sturz ihres Geschäftsführers vom 20.01.2011 gegen 19:00 Uhr auf der J Straße 38 in L geltend. Die Beklagte führte zum maßgeblichen Zeitpunkt Tiefbauarbeiten auf der Straße durch. Der Geschäftsführer der Klägerinnen soll bei Dunkelheit über eine Fräskante gestolpert und gestürzt sein und sich dabei arbeitsunfähig verletzt haben.
4Mit Urteil vom 10.10.2014 hat das Landgericht Köln die Klage abgewiesen. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen am 14.10.2014 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 14.11.2014, adressiert an das Landgericht Köln, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 01.12.2014 haben sie sodann erneut Berufung eingelegt, diesmal beim Oberlandesgericht Köln, und einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.
5Zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages tragen sie vor, dass die gut ausgebildete und stets zuverlässige Rechtsanwaltsfachangestellte T von der Verfahrensbevollmächtigten im Wege einer Einzelanweisung am 12.11.2014 konkret angewiesen worden sei, die zur fristgemäßen Einlegung des Rechtsmittels notwendige Rechtsmittelschrift an das zuständige Rechtsmittelgericht am 14.11.2014 anzufertigen. Aufgrund einer am 13.11.2014 eingetretenen Erkrankung der Rechtsanwaltsfachangestellten T sei die Anweisung der Verfahrensbevollmächtigten der gewöhnlichen Kanzleiorganisation entsprechend von dieser mit E-Mail vom 14.11.2014, 6:10 Uhr, an die stets zuverlässige und ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte T2 schriftlich übertragen worden. Die auf der Einzelanweisung beruhende, von der Rechtsanwaltsfachangestellten T2 angefertigte, Rechtsmittelschrift habe jedoch irrtümlich nicht das Oberlandesgericht Köln, sondern das Landgericht Köln als Rechtsmittelgericht bezeichnet. Diese Falschbezeichnung sei von der Verfahrensbevollmächtigten bei Unterzeichnung der Rechtsmittelschrift nicht bemerkt worden.
6II.
7Der Antrag der Klägerinnen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zurückzuweisen. Gemäß §§ 233, 85 Abs. 1 ZPO darf einer Partei nur dann Wiedereinsetzung in eine versäumte Notfrist gewährt werden, wenn ihren Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der Frist kein Verschulden trifft. Dies ist hier nicht der Fall. Das Anwaltsverschulden liegt darin begründet, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen die Berufungsschrift ungeprüft unterzeichnet hat.
8Die Anfertigung von Rechtsmittelschriften ist originäre Aufgabe des Rechtsanwaltes, die nicht dem Büropersonal übertragen werden darf, es sei denn, er hat das Arbeitsergebnis selbst sorgfältig geprüft (vgl. BGH, NJW 2012, 1591). Der Rechtsanwalt muss sich bei Unterzeichnung einer Rechtsmittelschrift gewissenhaft davon überzeugen, dass sie zutreffend adressiert ist (vgl. BGH, NJW-RR 1993, 254; NJW-RR 1998, 1218; NJW 1998, 908; NJW-RR 2012, 694; vgl. auch Senat, Beschluss vom 12.06.2012 – 19 U 189/11 - juris). Das hat vor allem dann zu gelten, wenn der Schriftsatz - wie hier - nicht von ihm selbst verfasst (diktiert) worden ist. Weist ein von einer - auch ordnungsgemäß durch Einzelanweisung instruierten - Rechtsanwaltsfachangestellten angefertigter Rechtsmittelschriftsatz nicht das zuständige Rechtsmittelgericht aus und wird dies bei Unterzeichnung durch den Rechtsanwalt nicht bemerkt, liegt ein Verschulden des Rechtsanwaltes selbst vor. In diesem Fall beruht die Fristversäumung auch kausal auf einer unzulänglichen Kontrolle der Rechtsmittelschrift durch den Anwalt und muss zur Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages der vertretenen Partei führen (vgl. BGH, NJW 2000, 2511; NJW 2009, 296; NJW-RR 2012, 694; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 233 Rn. 50).
9Nach dem eigenen Vortrag der Klägerinnen ist ihre Prozessbevollmächtigte der Pflicht zur sorgfältigen Prüfung der Berufungsschrift nicht nachgekommen, weil ihr bei Unterzeichnung des Schriftsatzes vom 14.11.2014 die fehlerhafte Adressierung nicht aufgefallen ist. Dass ein etwaiges Fehlverhalten der ggf. ordnungsgemäß angewiesenen Rechtsanwaltsfachangestellten der Rechtsanwältin nicht zugerechnet werden kann, ist aufgrund ihres eigenen Versäumnisses unerheblich.
10III.
11Die Berufung der Klägerinnen ist gemäß § 522 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB als unzulässig zu verwerfen. Sie ist nicht in der gemäß § 517 ZPO bestimmten Notfrist von einem Monat ab Zustellung des erstinstanzlichen Urteils beim gemäß § 519 Abs. 1 ZPO zuständigen Berufungsgericht, dem Oberlandesgericht Köln, eingelegt worden. Nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 14.10.2014 lief die Frist zur Einlegung der Berufung am 14.11.2014 ab. Die Berufungsschrift der Klägerinnen ist aber erst am 01.12.2014 beim Oberlandesgericht Köln eingegangen. Die mit Schriftsatz vom 14.11.2014 zunächst bei dem Landgericht Köln eingelegte Berufung war überdies nicht geeignet, die Notfrist zu wahren.
12IV.
13Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
14V.
15Streitwert des Berufungsverfahrens: 52.085,02 EUR

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
Zur Entrichtung von Verzugszinsen ist der Schenker nicht verpflichtet.
Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)