Oberlandesgericht Köln Beschluss, 16. Nov. 2015 - 12 WF 128/15
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht – Brühl vom 4.9.2015, Az. 31 F 352/11, wird unter Zurückweisung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig verworfen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Mit Beschluss vom 4.9.2015 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Brühl die mit Beschluss vom 14.2.2012 getroffene Entscheidung über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abgeändert und eine einmalige Zahlung der Antragstellerin in Höhe von 4.608,39 € angeordnet. Diese Entscheidung wurde der Antragstellerin persönlich am 9.9.2015 zugestellt, nachdem sie bereits am 8.9.2015 der im Ausgangsverfahren für die Antragstellerin tätig gewordenen und der Antragstellerin mit Beschluss vom 14.2.2012 im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwältin H zugestellt worden war. Mit Schriftsatz ihrer neuen Verfahrensbevollmächtigten vom 8.10.2015, bei dem Amtsgericht Brühl eingegangen am 9.10.2015, hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 4.9.2015 eingelegt. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde unter Hinweis darauf, dass die Beschwerde bereits unzulässig sei, nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt. Mit Schriftsatz vom 27.10.2015 hat die Antragstellerin die Rechtsauffassung vertreten, dass ihre sofortige Beschwerde im Hinblick auf die an sie persönlich erfolgte Zustellung – zumindest im Hinblick auf den Meistbegünstigungsgrundsatz - als fristgerecht anzusehen sei und hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen unverschuldeter Versäumung der Beschwerdefrist beantragt, weil sie von der früheren Zustellung an Frau Rechtsanwältin H keine Kenntnis erhalten habe.
4II.
5Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, über die das Beschwerdegericht nach Übertragung durch den Einzelrichter auf den Senat entscheidet, ist unzulässig. Gemäß § 113 Abs. 1 FamFG, § 127 Abs.2, § 567 Abs. 1 Nr.1, §§ 569 ff. ZPO findet gegen Entscheidungen im Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe die sofortige Beschwerde statt, die binnen einer Notfrist von einem Monat bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder beim Beschwerdegericht einzulegen ist. Hier ist die Entscheidung am 8.9.2015 wirksam an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zugestellt worden, was die Monatsfrist ohne Rücksicht auf die am 9.9.2015 erfolgte Zustellung an die Antragstellerin persönlich in Lauf gesetzt hat. Im Hinblick auf die danach am 9.10.2015 verspätet eingegangene sofortige Beschwerde kann der Antragstellerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden, weil ein Verschulden an der Fristversäumung nicht ausgeschlossen ist.
6Die Monatsfrist für die Einlegung des Rechtsmittels hat die Antragstellerin nicht eingehalten. Die Frist hat begonnen mit Zustellung an die Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin aus dem früheren Hauptsacheverfahren, Frau Rechtsanwältin H, am 8.9.2015. Wie der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 8.12.2010, XII ZB 38/09, FamRZ 2011, 463 ff., überzeugend ausgeführt hat, haben Zustellungen gem. §§ 120 Abs.4, 124 ZPO im Hinblick auf die Geltung des § 172 Abs.1 ZPO jedenfalls dann an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen, wenn dieser die Partei im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat. So liegt der Fall hier, denn die Antragstellerin wurde im Verfahren AG Brühl, 31 F 352/11, bereits im Verfahrenskostenhilfebewilligungsverfahren von Frau Rechtsanwältin H vertreten, die seinerzeit selbst den Verfahrenskostenhilfeantrag eingereicht hatte. Entgegen der Ansicht der Beschwerde gilt dies nicht nur dann, wenn das Amtsgericht die der Entscheidung vorangehende Korrespondenz mit dem Verfahrensbevollmächtigten und nicht mit dem Beteiligten persönlich führt, sondern unabhängig hiervon; ungeachtet dessen liegt auch ein Fall, in dem die Korrespondenz ausschließlich mit einem Beteiligten persönlich geführt worden wäre, nicht vor. Geht man mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes davon aus, dass das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren zum Rechtszug im Sinne des § 172 ZPO gehört (BGH, aaO., juris Rn. 19 ff.), so kann es für die Frage der Wirksamkeit der Zustellung, die zwingend an den Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen hat, nicht darauf ankommen, ob das Amtsgericht zuvor mit diesem oder mit dem Beteiligten persönlich korrespondiert hat, sondern allein eine Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten die Beschwerdefrist in Lauf setzen (vgl. BGH, aaO., juris Rn. 30). Ungeachtet dessen übersieht die Beschwerde auch, dass sich im vorliegenden Fall das Amtsgericht zunächst mit seiner das Überprüfungsverfahren einleitenden Verfügung vom 23.10.2014 ausschließlich an die Verfahrensbevollmächtigte Rechtsanwältin H gewandt hat, die erkennbar auch in die weitere Korrespondenz einbezogen blieb. Zu keinem anderen Ergebnis führt der von der Beschwerde angeführte Grundsatz der Meistbegünstigung. Der Grundsatz der Meistbegünstigung bezieht sich auf die Frage der Statthaftigkeit des Rechtsmittels, dessen Zulässigkeitsvoraussetzungen im Übrigen erfüllt sein müssen (vgl. Ball, in: Musielak, ZPO, 10. Aufl. 2013, Vor § 511 ZPO Rn. 33). In Fällen mehrfacher Zustellung eines Urteils gilt dieser Grundsatz hingegen nicht. Sowohl im Falle der Zustellung an mehrere Prozessbevollmächtigte (vgl. BGH, BGHZ 112, 345 ff., juris Rn. 6; Rimmelspacher, in: Münchner Kommentar, ZPO, 4. Aufl. 2012, § 517 ZPO Rn. 7) als auch im Falle der mehrfachen Zustellung an denselben Prozessbevollmächtigten (vgl. BGH, FamRZ 2011, 362 ff., juris Rn. 20) kommt es allein auf die erste wirksame Zustellung an. Die gegenteilige Ansicht des Brandenburgischen OLG (Beschluss v. 26.11.2008, 15 WF 191/08, FamRZ 2009, 630 f., juris Rn.4), auf die sich die Beschwerde beruft, steht insoweit mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht in Einklang.
7Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Einlegung des Rechtsmittels kann der Antragstellerin nicht gewährt werden, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Antragstellerin ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war, §§ 113 FamFG, 233 ff. ZPO. Nach allgemeinen Grundsätzen ist der Antragstellerin insoweit ein Verschulden ihrer Verfahrensbevollmächtigten gem. §§ 113 FamFG, 85 Abs.2 ZPO zuzurechnen (vgl. BGH, BGHZ 148, 66 ff., juris Rn. 10; LAG Köln, FA 2015, 86, juris LS 3, Rn. 8). Da vorliegend angesichts der schon im Verfahrenskostenhilfeverfahren entfalteten Tätigkeit von Rechtsanwältin H von einem Fortbestehen ihrer Bevollmächtigung auch für das vorliegende Überprüfungsverfahren auszugehen ist (vgl. BGH, FamRZ 2011, 463 ff., juris Rn. 30), muss sich die Antragstellerin mithin ungeachtet der Frage, ob sie gegebenenfalls auch ein eigenes Verschulden trifft, oder ob ein über § 85 Abs.2 ZPO zuzurechnendes Verschulden ihrer neuen Verfahrensbevollmächtigten vorliegt – insoweit fehlt jeder Vortrag und jede Glaubhaftmachung dazu, wann das Mandat angetragen und übernommen wurde und welche Maßnahmen zur Sicherung der Einhaltung der Frist in Anbetracht der für den neuen Verfahrensbevollmächtigten naheliegenden Möglichkeit einer früher erfolgten Zustellung an die bereits früher tätig gewordene Verfahrensbevollmächtigte (hierzu vgl. BGH, BGHZ 112, 345 ff., juris Rn. 16) getroffen wurden -, jedenfalls die Untätigkeit ihrer Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwältin H, insbesondere im Hinblick auf die von der Antragstellerin zur Begründung ihres Wiedereinsetzungsantrages angeführte unterlassene Information über die (frühere) Zustellung der Entscheidung an Rechtsanwältin H, zurechnen lassen. Gründe, die insoweit geeignet wären, ein Verschulden auszuschließen, sind weder dargelegt noch ersichtlich. Soweit das Oberlandesgericht Stuttgart in der von der Beschwerde zitierten Entscheidung (Beschluss vom 19.5.2011, 8 WF 66/11, FamFR 2011, 300) Wiedereinsetzung gewährt hat, fehlt jede Auseinandersetzung mit der – nach dem oben Ausgeführten höchstrichterlich bereits geklärten - Frage der Zurechnung eines möglichen Verschuldens des Verfahrensbevollmächtigten, weshalb der Senat die dort getroffene Wertung nicht zur Grundlage der hier zu treffenden Entscheidung machen kann.
8Eine Kostenentscheidung ist entbehrlich, § 127 Abs.4 ZPO.
9Der Senat lässt angesichts der aufgezeigten Divergenz im Verhältnis zur zitierten Rechtsprechung des OLG Brandenburg gem. § 70 FamFG die Rechtsbeschwerde zu, weil insoweit eine höchstrichterliche Klarstellung der Reichweite des Meistbegünstigungsgrundsatzes zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich erscheint.
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Tenor
wird der Verfahrenskostenhilfebeschluss vom 14.02.2012 gemäß §§ 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO a. F., 76 ff. FamFG dahingehend abgeändert, dass die von der Antragstellerin zu zahlenden Verfahrenskosten in einer einmaligen Zahlung von 4.608,39 EUR zu erbringen sind.
1
Gründe:
2Der Antragstellerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts C vom 14.02.2012 Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung gewährt.
3Seit Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe haben sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin wesentlich verbessert. Die Antragstellerin verfügt über ein einzusetzendes Vermögen von über 11.000,00 Euro.
4Der Antragsgegner wurde durch den Vergleich vom 05.09.2012 - 31 F 352/11 - verpflichtet, zum Ausgleich aller wechselseitigen Ansprüche einen Betrag von 25.000,00 Euro an die Antragstellerin zu zahlen.
5Dadurch ist eine erhebliche Verbesserung der persönlichen und wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin eingetreten, § 120 Abs. 4 ZPO a. F.
6Die Argumentation der Antragstellerin, dass sie dieses nun erworbene Vermögen zur Abzahlung der monatlichen Darlehensverpflichtungen - welche auch bei damaliger VKH-Bewilligung bereits berücksichtigt wurden - verwenden müsse, greift nicht durch.
7Die Verfahrenskostenhilfe stellt eine Sozialhilfe auf dem Gebiet der Rechtspflege dar. Die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit der Antragstellerin ist tatsächlich nicht mehr gegeben, so dass eine Einmalzahlung anzuordnen war.
8Aus § 115 Abs. 3 ZPO ergibt sich nach der Vermögenssituation der Antragstellerin somit die sofortige Einmalzahlung.
9Eine Abänderung der Verfahrenskostenhilfebewilligung ist gemäß § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO a.F. zulässig, da seit Beendigung des Verfahrens noch nicht 4 Jahre vergangen sind.
10Zahlungsplan
11Folgende Kosten sind zu tilgen:
12Die anteiligen Gerichtskosten betragen 228,00 EuroAus der Staatskasse hat der beigeordneteProzessbevollmächtigte gemäß §§ 45 Abs. 1,48 ff. RVG erhalten 1.652,32 EuroDem beigeordneten Prozessbevollmächtigten stehtferner noch gemäß § 50 RVG die Differenzzwischen der Vergütung, die aus der Staatskasseerstattet wurde, und seiner Regelvergütung zu.Diese hat er mit Schreiben vom 21.05.2015bei Gericht angemeldet. 2.728,07 EuroDie Gesamtsumme beträgt somit 4.608,39 EuroDemnach sind noch 1 Rate à 4.608,39 Euro zu zahlen.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung
BUNDESGERICHTSHOF
beschlossen:
Gründe:
A.
- 1
- Der Antragsteller wendet sich gegen die Aufhebung der ihm bewilligten Prozesskostenhilfe.
- 2
- Dem durch Rechtsanwältin Dr. W. vertretenen Antragsteller war mit Beschluss des Amtsgerichts vom 9. Dezember 2005 ratenfreie Prozesskostenhilfe für eine Vollstreckungsgegenklage bewilligt und Rechtsanwältin Dr. W. beigeordnet worden. Im Januar 2006 erklärten die Parteien das Verfahren überein- stimmend in der Hauptsache für erledigt. Auf Antrag der Parteien hob das Amtsgericht die Kosten des Verfahrens gegeneinander auf.
- 3
- In der Folgezeit forderte das Amtsgericht den Antragsteller wiederholt erfolglos dazu auf, eine Erklärung darüber abzugeben, ob sich die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert hätten und kündigte zuletzt eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe an.
- 4
- Mit Beschluss vom 20. Mai 2008 hat das Amtsgericht die Prozesskostenhilfe aufgehoben. Der Beschluss ist dem Antragsteller am 29. Mai 2008 zugestellt worden und Rechtsanwältin Dr. W. durch formlose Übermittlung am 2. Juni 2008 zugegangen.
- 5
- Die am 2. Juli 2008 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Beschwerdegericht als unzulässig verworfen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner von dem Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.
B.
- 6
- Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
- 7
- Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - XII ZR 50/08 - FamRZ 2010, 357 - Rn. 7 mwN).
I.
- 8
- Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil das Beschwerdegericht sie gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO i.V.m. § 574 Abs. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen hat und es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe geht (Senatsbeschlüsse vom 18. November 2009 - XII ZB 152/09 - FamRZ 2010, 197 Rn. 5 mwN und vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633 f.).
II.
- 9
- Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
- 10
- 1. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde für unzulässig erachtet, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat seit Zustellung des angefochtenen Beschlusses eingelegt worden sei (§§ 127 Abs. 2 Satz 2, 569 Abs. 1 ZPO) und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorlägen. Maßgebend für den Fristbeginn sei der Zeitpunkt der Zustellung des Beschlusses an den Antragsteller und nicht der Zugang bei der Prozessbevollmächtigten des Hauptverfahrens. Diese habe sich im Prozesskostenhilfeaufhebungsverfahren nicht für den Antragsteller bestellt. Daher sei ihr der Aufhebungsbeschluss nur zu Informationszwecken übersandt worden. Dies entspreche der Regelung des § 172 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach nur in einem anhängigen Verfahren die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen habe. Das anhängige Verfahren ende mit der formellen Rechtskraft der abschließenden Entscheidung. Werde danach ein die Aufhebung der Prozesskostenhilfe betreffendes Verfahren eingeleitet , sei dieses nicht Teil des Hauptverfahrens. Auch falle es nicht unter die sonstigen in § 172 ZPO aufgezählten Verfahren. Es komme nicht darauf an, ob der bevollmächtigte Rechtsanwalt das Hauptsacheverfahren seinerzeit durch einen Prozesskostenhilfeantrag eingeleitet habe, denn die Bevollmächtigung zur Beantragung der Prozesskostenhilfe begründe nicht die Vermutung, dass der Anwalt auch für das Verfahren gemäß § 120 Abs. 4 ZPO bevollmächtigt sei. Der Umfang der Prozessvollmacht ergebe sich allein aus § 81 ZPO.
- 11
- 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
- 12
- Nach § 120 Abs. 4 ZPO kann das Gericht innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren ab rechtskräftiger Entscheidung oder sonstiger Beendigung des Verfahrens die Entscheidung über die im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe zu leistenden Zahlungen ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Auf Verlangen des Gerichts hat sich die Partei darüber zu erklären , ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist. Nach § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat.
- 13
- In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, ob die Aufforderung zur Erklärung über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse und der Beschluss , durch den nach rechtskräftigem Abschluss des Hauptsacheverfahrens die für dieses Verfahren bewilligte Prozesskostenhilfe gemäß §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO aufgehoben wird, der Partei persönlich oder gemäß § 172 Abs. 1 ZPO deren (früheren) Prozessbevollmächtigten zugestellt werden müssen.
- 14
- a) Überwiegend wird die Ansicht vertreten, die Zustellung könne wirksam nur an die Partei erfolgen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, mit dem Eintritt der formellen Rechtskraft ende das anhängige Verfahren im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO. Das Verfahren gemäß §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO gehöre nicht zum Rechtszug im Sinne dieser Norm. Ebenso wenig sei es einem der in § 172 Abs. 1 Satz 2 ZPO genannten Verfahren vergleichbar. Vielmehr stelle es ein selbständiges Verwaltungsverfahren und als solches ein neues Verfahren dar, welches einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO gleiche. Die Vertretung im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren sei auch nicht vom gesetzlichen Umfang der Prozessvollmacht gemäß § 81 ZPO umfasst (OLG Dresden NJ 2008, 315 f.; OLG Hamm FamRZ 2009, 1234, 1235; OLG Naumburg OLGR 2008, 404 f.; OLG Koblenz FamRZ 2008, 1358; OLG Köln FamRZ 2007, 908; OLG München FamRZ 1993, 580; Musielak/Fischer ZPO 7. Aufl. § 124 Rn. 3; Musielak/Wolst aaO § 172 Rn. 5; Thomas/Putzo ZPO 31. Aufl. § 172 Rn. 7; Wieczorek/Schütze/Rohe ZPO 3. Aufl. § 172 Rn. 25; Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 120 Rn. 28, § 124 Rn. 23).
- 15
- b) Nach der Gegenmeinung haben auch in einem nach Beendigung des Hauptsacheverfahrens durchgeführten Verfahren zur Überprüfung der Prozesskostenhilfe (§§ 120 Abs. 4, 124 ZPO) Zustellungen jedenfalls dann gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten zu erfolgen, wenn dieser die Partei bereits im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hatte.
- 16
- Zur Begründung wird darauf abgestellt, dass zu einem anhängigen Prozesskostenhilfeverfahren auch das sich gegebenenfalls erst nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens anschließende Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gehöre. Bei diesem Verfahren handele es sich um ein dem Wiederaufnahmeverfahren vergleichbares Verfahren, in dem gemäß § 172 Abs. 1 Satz 2 ZPO Zustellungen an den bestellten Prozessbevollmächtigten erfolgen müssten. Demgemäß erstrecke sich die von der Partei für das Prozesskostenhilfeverfahren erteilte Prozessvollmacht auch auf das sich anschließende Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren (BAG Beschluss vom 19. Juli 2006 - 3 AZB 18/06 - juris; OLG Brandenburg FamRZ 2009, 1426 f.; 2008, 1356, 1357; 2008, 72 und Beschluss vom 1. Februar 2008 - 9 WF 362/07 - juris; OLG Hamm Beschluss vom 30. Januar 2007 - 2 WF 9/07 - juris; LAG RheinlandPfalz MDR 2007, 175; LAG Baden-Württemberg DB 2003, 948; Hartmann /Lauterbach/Albers ZPO 69. Aufl. § 120 Rn. 32; MünchKommZPO /Häublein 3. Aufl. § 172 Rn. 19).
- 17
- 3. Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an.
- 18
- Auch nach Beendigung der Instanz bzw. des Hauptsacheverfahrens müssen Zustellungen im Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren jedenfalls dann gemäß § 172 ZPO an den Prozessbevollmächtigten erfolgen, wenn dieser die Partei im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertreten hat.
- 19
- a) Das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gehört zum Rechtszug im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO.
- 20
- aa) Zweck der Vorschrift ist, im Interesse der Prozessökonomie und der Privatautonomie sicher zu stellen, dass der von der Partei bestellte Prozessbevollmächtigte , in dessen Verantwortung die Prozessführung liegt, über den gesamten Prozessstoff informiert wird und sich somit in dessen Hand alle Fäden des Prozesses vereinigen (BGH Urteile vom 19. September 2007 - VIII ZB 44/07 - FamRZ 2008, 141 - Rn. 10 und vom 17. Januar 2002 - IX ZR 100/99 - NJW 2002, 1728, 1729; Musielak/Wolst ZPO 7. Aufl. § 172 Rn. 1; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 172 Rn. 1; Hartmann/Lauterbach/Albers ZPO 69. Aufl. § 172 Rn. 2). Für den Gesetzgeber lag der Grund für die obligatorische Zustellung an den Prozessbevollmächtigten in der Annahme, dass die Partei durch die Erteilung der Prozessvollmacht das Betreiben des Prozesses aus der Hand gegeben hat und deshalb der Prozessbevollmächtigte und nicht das Gericht die Partei über den jeweiligen Stand des Prozesses auf dem Laufenden zu halten habe. Dem Interesse der Partei sei im Falle der Zustellung an ihren Anwalt mehr gedient, als wenn an sie selbst zugestellt werde. Denn in den meisten Fällen werde sich die Partei ohnehin an ihren Anwalt wenden müssen, weil sie außer Stande sei, die Angemessenheit oder Notwendigkeit der weiteren Schritte beurteilen zu können (Hahn/Stegemann Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen Bd. 2 Materialien zur Zivilprozessordnung Abteilung 1 2. Aufl. 1983 S. 227 f.).
- 21
- bb) Ein Bedürfnis an einer umfassenden Information des Prozessbevollmächtigten besteht über den formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinaus. Dem tragen § 172 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO Rechnung, die den Umfang des Rechtszugs über das Hauptsacheverfahren hinaus auf weitere Verfahren erstrecken. Die in § 172 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO enthaltene Aufzählung ist dabei nicht abschließend (MünchKommZPO/Wenzel 2. Aufl. § 178 Rn. 1; Wieczorek/Schütze/Rohe § 172 Rn. 24; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 172 Rn. 15; aA OLG Dresden NJ 2008, 315, 316). Der Gesetzgeber verfolgte mit der Vorgängernorm des § 172 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO nicht die Absicht, einen erschöpfenden Katalog der noch zum Rechtszug zählenden Verfahrensabschnitte zu erstellen. Vielmehr wollte er lediglich einzelne Zweifelsfälle einer ausdrücklichen Regelung zuführen (Hahn/Stegemann aaO S. 229). Dafür spricht auch deren Unvollständigkeit. So wird das Kostenfestsetzungsverfahren (§ 103 ff. ZPO) nicht genannt, das nach einhelliger Meinung Teil des (ersten) Rechtszuges im Sinne des § 172 Abs. 1 ZPO ist (BVerfG NJW 1990, 1104 f.; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 172 Rn. 14; Zöller/Stöber ZPO 28. Aufl. § 172 Rn. 14), obwohl es bei Eintritt der formellen Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache (vgl. BGH Beschluss vom 1. Februar 1995 - VIII ZB 53/94 - NJW 1995, 1095, 1096) häufig noch nicht abgeschlossen ist. Auch erfordert der Zweck des § 172 ZPO, den Prozessbevollmächtigten umfassend zu informie- ren, eine weite Auslegung der Norm (vgl. Hartmann/Baumbach/Lauterbach ZPO 69. Aufl. § 172 Rn. 2).
- 22
- cc) Das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren gehört nach dem Zweck des § 172 ZPO in dessen Anwendungsbereich.
- 23
- Die Prozesskostenhilfe hängt eng mit dem Hauptsacheverfahren zusammen. Ihre Bewilligung setzt gemäß § 114 ZPO die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung voraus. Außerdem schafft die Prozesskostenhilfe für die bedürftige Partei erst die wirtschaftlichen Voraussetzungen dafür, einen Prozess in der Hauptsache zu führen bzw. sich darin zu verteidigen. Auch wirkt sich eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe gemäß § 124 ZPO auf die Kostentragungspflicht und damit auf die wirtschaftliche Grundlage der Prozessführung aus. Mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe entfallen für die Partei rückwirkend die Vergünstigungen des § 122 ZPO. Die Staatskasse kann insbesondere die Gerichtskosten und die auf sie übergegangenen Ansprüche des beigeordneten Anwalts gegen die Partei geltend machen , auch kann der Rechtsanwalt nunmehr die volle Wahlanwaltsgebühr von der Partei fordern (MünchKommZPO/Motzer 3. Aufl. § 122 Rn. 15, § 124 Rn. 25; Musielak/Fischer ZPO 7. Aufl. § 124 Rn. 10; Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 124 Rn. 24).
- 24
- Entsprechend besteht ein Interesse der Partei daran, dass das gesamte Prozesskostenhilfeverfahren in den Händen ihres Prozessbevollmächtigten zusammengeführt und dieser dadurch in die Lage versetzt wird, die Partei über den jeweiligen Stand dieses Verfahrens auf dem Laufenden zu halten und die notwendigen Schritte zu unternehmen.
- 25
- Diese Interessenlage ändert sich durch den formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht. Hat die Partei ihren Prozessbevollmächtigten für das Prozesskostenhilfeverfahren beauftragt, rechnet sie nicht damit, in diesem Verfahren selbst tätig werden zu müssen. Vielmehr geht sie davon aus, dass ihr Prozessbevollmächtigter sie informieren und beraten wird, wenn Handlungsbedarf besteht. Dabei wird sie nicht danach differenzieren, ob das Hauptsacheverfahren bereits beendet ist oder nicht. Dem Interesse der Partei kann der Prozessbevollmächtigte aber nur dann Rechnung tragen, wenn das Gericht ihm auch über den formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinaus Kenntnis von der Fortführung des Prozesskostenhilfeverfahrens im Überprüfungsverfahren verschafft.
- 26
- dd) Dafür, dass das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren auch über den formellen Abschluss des Hauptsacheverfahrens hinaus als zur Instanz gehörendes Verfahren angesehen wird, spricht auch, dass die Aktenführung weiterhin unter dem Aktenzeichen des Hauptsacheverfahrens erfolgt und daher auch von den Beteiligten - mehr noch als das Wiederaufnahmeverfahren - als mit dem Hauptsacheverfahren zusammenhängend wahrgenommen wird. Im Übrigen wird eine Partei nur schwer verstehen, dass sie bis zur Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung auf Anfragen und Entscheidungen des Gerichts nicht selbst reagieren muss, sondern sich auf die Information und Beratung durch ihren Rechtsanwalt verlassen kann, dass sie aber nach Ablauf der Rechtsmittelfrist selbst tätig werden muss.
- 27
- ee) Gegen eine Anwendung des § 172 ZPO auf das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren spricht auch nicht die von der Gegenansicht gezogene Parallele zum - vom Anwendungsbereich des § 172 ZPO nicht umfassten - Abänderungsverfahren gemäß § 323 ZPO bzw. §§ 238 ff. FamFG (Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 120 Rn. 28). Das Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren ist enger mit dem Hauptsacheverfahren verknüpft als das - selbständige - Abänderungsverfahren. Die Aufhebung der Prozesskostenhilfe wirkt sich unmittelbar auf die Kostentragungspflicht für das Hauptsacheverfahren aus. Sie hat zur Folge , dass für die Partei die Vergünstigungen des § 122 ZPO rückwirkend entfallen. Im Übrigen ist allenfalls das Verfahren gemäß § 120 Abs. 4 ZPO, welches eine Anpassung der Ratenzahlungspflicht an veränderte Verhältnisse ermöglicht , mit dem Abänderungsverfahren gemäß § 323 ZPO bzw. §§ 238 ff. FamFG vergleichbar. Demgegenüber haben die Aufhebungsgründe des § 124 ZPO, zu denen gemäß § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO auch die unterlassene Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO gehört, keine Änderung der Verhältnisse zur Voraussetzung. Es erscheint indes nicht sachgerecht, innerhalb des Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahrens zu differenzieren und dieses nur teilweise vom Anwendungsbereich des § 172 ZPO auszunehmen.
- 28
- ff) Auch das Argument der Gegenansicht, es handele sich bei dem Prozesskostenhilfeüberprüfungsverfahren um eine Verwaltungsangelegenheit (OLG Hamm FamRZ 2009, 1234, 1235; OLG Dresden NJ 2008, 315, 316; OLG München FamRZ 1993, 580), auf die § 172 ZPO nicht anwendbar sei, greift nicht. Zuständig für die Änderung bzw. Aufhebung bleibt auch nach rechtskräftiger Beendigung des Hauptsacheverfahrens das Gericht. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 120 Abs. 4 ZPO, wonach das Gericht noch vier Jahre nach dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens den Bewilligungsbeschluss abändern kann (Schoreit/Groß Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe 10. Aufl. § 120 ZPO Rn. 36 mwN). Das Überprüfungs- bzw. Abänderungsverfahren ist Teil des Prozesskostenhilfeverfahrens. Für dieses gilt § 172 ZPO (BAG Beschluss vom 19. Juli 2006 - 3 AZB 18/06 - juris).
- 29
- b) Weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 172 ZPO ist die (fortdauernde) Bestellung des Prozessbevollmächtigten der Partei für das in Rede stehende Verfahren. Davon ist hier auszugehen. Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers hatte für diesen bereits Prozesskostenhilfe beantragt und sich damit im Prozesskostenhilfeverfahren für ihn bestellt. Das Prozesskostenhilfeverfahren umfasst nicht nur das Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag auf Prozesskostenhilfebewilligung, sondern auch das sich anschließende Verfahren zur Überprüfung der Prozesskostenhilfebewilligung gemäß §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO. Dabei ist ohne Bedeutung, ob das Hauptverfahren zu diesem Zeitpunkt bereits formell abgeschlossen ist. Denn das Gesetz trennt nicht zwischen dem Verfahren bis zur Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe einerseits und dem Verfahren betreffend die Abwicklung der bewilligten Prozesskostenhilfe andererseits. Dies folgt zum einen aus der gesetzlichen Systematik der §§ 114 ff. ZPO, die das Verfahren gemäß §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO nicht als eigenständiges Verfahren erfasst, und zum anderen aus der Beschwerderegelung in § 127 ZPO, die lediglich das Verfahren über die Prozesskostenhilfe kennt und damit keine Differenzierung zwischen verschiedenen selbständigen Verfahren zulässt (LAG Baden-Württemberg DB 2003, 948; im Ergebnis ebenso BAG Beschluss vom 19. Juli 2006 - 3 AZB 18/06 - juris Rn. 10; OLG Brandenburg FamRZ 2008, 1356, 1357; aA Zöller/Geimer ZPO 28. Aufl. § 120 Rn. 28).
III.
- 30
- Die angefochtene Entscheidung kann danach keinen Bestand haben. Der Beschluss des Amtsgerichts vom 20. Mai 2008, durch den die Prozesskostenhilfe aufgehoben wurde, hätte gemäß § 172 ZPO der Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt werden müssen. Die Zustellung an den Antragsteller persönlich war nicht wirksam und hat die Beschwerdefrist nicht in Lauf gesetzt (vgl. BGH Beschluss vom 28. November 2006 - VIII ZB 52/06 - NJW-RR 2007, 356 - Rn. 6 mwN). Da der Antragsteller die - auch ansonsten zulässige - sofortige Beschwerde somit fristgerecht eingelegt hat, hat das Oberlandesgericht diese zu Unrecht als unzulässig verworfen. Auf den hilfsweise gestellten Wiedereinsetzungsantrag des Antragsstellers kommt es demgemäß nicht an. Die Sache ist an das Oberlandesgericht zur Entscheidung über die Begründetheit der sofortigen Beschwerde zurückzuverweisen.
Vorinstanzen:
AG Lahnstein, Entscheidung vom 20.05.2008 - 5 F 416/05 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 09.02.2009 - 13 WF 114/09 -
(1) Mit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe setzt das Gericht zu zahlende Monatsraten und aus dem Vermögen zu zahlende Beträge fest. Setzt das Gericht nach § 115 Absatz 1 Satz 3 Nummer 5 mit Rücksicht auf besondere Belastungen von dem Einkommen Beträge ab und ist anzunehmen, dass die Belastungen bis zum Ablauf von vier Jahren ganz oder teilweise entfallen werden, so setzt das Gericht zugleich diejenigen Zahlungen fest, die sich ergeben, wenn die Belastungen nicht oder nur in verringertem Umfang berücksichtigt werden, und bestimmt den Zeitpunkt, von dem an sie zu erbringen sind.
(2) Die Zahlungen sind an die Landeskasse zu leisten, im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof an die Bundeskasse, wenn Prozesskostenhilfe in einem vorherigen Rechtszug nicht bewilligt worden ist.
(3) Das Gericht soll die vorläufige Einstellung der Zahlungen bestimmen,
- 1.
wenn die Zahlungen der Partei die voraussichtlich entstehenden Kosten decken; - 2.
wenn die Partei, ein ihr beigeordneter Rechtsanwalt oder die Bundes- oder Landeskasse die Kosten gegen einen anderen am Verfahren Beteiligten geltend machen kann.
(4) (weggefallen)
(1) Das Gericht soll die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn
- 1.
die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat; - 2.
die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120a Absatz 1 Satz 3 nicht oder ungenügend abgegeben hat; - 3.
die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben; in diesem Fall ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Verfahrens vier Jahre vergangen sind; - 4.
die Partei entgegen § 120a Absatz 2 Satz 1 bis 3 dem Gericht wesentliche Verbesserungen ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse oder Änderungen ihrer Anschrift absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtig oder nicht unverzüglich mitgeteilt hat; - 5.
die Partei länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate oder mit der Zahlung eines sonstigen Betrages im Rückstand ist.
(2) Das Gericht kann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, soweit die von der Partei beantragte Beweiserhebung auf Grund von Umständen, die im Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe noch nicht berücksichtigt werden konnten, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder der Beweisantritt mutwillig erscheint.
(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechtszug.
(2) Ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter für den höheren Rechtszug bestellt ist, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Der Partei ist selbst zuzustellen, wenn sie einen Prozessbevollmächtigten nicht bestellt hat.
Tenor
wird der Verfahrenskostenhilfebeschluss vom 14.02.2012 gemäß §§ 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO a. F., 76 ff. FamFG dahingehend abgeändert, dass die von der Antragstellerin zu zahlenden Verfahrenskosten in einer einmaligen Zahlung von 4.608,39 EUR zu erbringen sind.
1
Gründe:
2Der Antragstellerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts C vom 14.02.2012 Verfahrenskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung gewährt.
3Seit Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe haben sich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin wesentlich verbessert. Die Antragstellerin verfügt über ein einzusetzendes Vermögen von über 11.000,00 Euro.
4Der Antragsgegner wurde durch den Vergleich vom 05.09.2012 - 31 F 352/11 - verpflichtet, zum Ausgleich aller wechselseitigen Ansprüche einen Betrag von 25.000,00 Euro an die Antragstellerin zu zahlen.
5Dadurch ist eine erhebliche Verbesserung der persönlichen und wirtschaftlichen Situation der Antragstellerin eingetreten, § 120 Abs. 4 ZPO a. F.
6Die Argumentation der Antragstellerin, dass sie dieses nun erworbene Vermögen zur Abzahlung der monatlichen Darlehensverpflichtungen - welche auch bei damaliger VKH-Bewilligung bereits berücksichtigt wurden - verwenden müsse, greift nicht durch.
7Die Verfahrenskostenhilfe stellt eine Sozialhilfe auf dem Gebiet der Rechtspflege dar. Die sozialhilferechtliche Bedürftigkeit der Antragstellerin ist tatsächlich nicht mehr gegeben, so dass eine Einmalzahlung anzuordnen war.
8Aus § 115 Abs. 3 ZPO ergibt sich nach der Vermögenssituation der Antragstellerin somit die sofortige Einmalzahlung.
9Eine Abänderung der Verfahrenskostenhilfebewilligung ist gemäß § 120 Abs. 4 S. 3 ZPO a.F. zulässig, da seit Beendigung des Verfahrens noch nicht 4 Jahre vergangen sind.
10Zahlungsplan
11Folgende Kosten sind zu tilgen:
12Die anteiligen Gerichtskosten betragen 228,00 EuroAus der Staatskasse hat der beigeordneteProzessbevollmächtigte gemäß §§ 45 Abs. 1,48 ff. RVG erhalten 1.652,32 EuroDem beigeordneten Prozessbevollmächtigten stehtferner noch gemäß § 50 RVG die Differenzzwischen der Vergütung, die aus der Staatskasseerstattet wurde, und seiner Regelvergütung zu.Diese hat er mit Schreiben vom 21.05.2015bei Gericht angemeldet. 2.728,07 EuroDie Gesamtsumme beträgt somit 4.608,39 EuroDemnach sind noch 1 Rate à 4.608,39 Euro zu zahlen.
(1) In einem anhängigen Verfahren hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht infolge eines Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichts, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer Rüge nach § 321a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen. Das Verfahren vor dem Vollstreckungsgericht gehört zum ersten Rechtszug.
(2) Ein Schriftsatz, durch den ein Rechtsmittel eingelegt wird, ist dem Prozessbevollmächtigten des Rechtszuges zuzustellen, dessen Entscheidung angefochten wird. Wenn bereits ein Prozessbevollmächtigter für den höheren Rechtszug bestellt ist, ist der Schriftsatz diesem zuzustellen. Der Partei ist selbst zuzustellen, wenn sie einen Prozessbevollmächtigten nicht bestellt hat.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung
(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.
(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in
- 1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts, - 2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie - 3.
Freiheitsentziehungssachen.
(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.