Oberlandesgericht Köln Urteil, 24. Mai 2016 - 1 RVs 83/16
Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Ausspruch über die Bewährung mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an eine andere Strafkammer des Landgerichts Köln zurückverwiesen.
1
Gründe
2I.
31.
4Das Amtsgericht – Schöffengericht - Köln hat den Angeklagten durch Urteil vom 13. März 2014 wegen Urkundenfälschung zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten unter Freispruch im Übrigen verurteilt. Auf seine hiergegen gerichtete Berufung hat die 3. kleine Strafkammer des Landgerichts Köln am 18. Dezember 2015 das amtsgerichtliche Urteil dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte unter Einbeziehung einer Vorverurteilung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden ist.
52.
6Zur Aussetzungsfrage hat die Kammer wie folgt ausgeführt:
7„Die Vollstreckung dieser Strafe konnte noch einmal gemäß § 56 Abs. 1, 2 und Abs. 3 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden. Dem Angeklagten konnte nunmehr – und insoweit anders als noch im Zeitpunkt der Verurteilung in erster Instanz – eine günstige Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB dahingehend gestellt werden, dass nach der Gesamtwürdigung der Taten und der Persönlichkeit des Angeklagten die Erwartung gerechtfertigt ist, dass er sich bereits die Verurteilung als solche zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird.
8Zwar verkennt die Kammer nicht das in den abgeurteilten Taten zum Ausdruck kommende krasse Bewährungsversagen und die hohe Geschwindigkeit, mit der der Angeklagte auch nach der empfindlichen Verurteilung vom 14.03.2013 erneut mehrfach straffällig geworden ist. Jedoch hat die Kammer dem Angeklagten andererseits entscheidend zugute gehalten, dass er seit den vorliegend abgeurteilten Taten über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren nicht mehr strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Damit hat der Angeklagte über einen ganz erheblichen Zeitraum durch sein tatsächliches Verhalten gezeigt, dass er sich jedenfalls die strafrechtlichen Verurteilungen vom 13.03.2014 und vom 18.12.2014 – endlich – hat zur Warnung dienen lassen und hiernach nicht mehr straffällig geworden ist. Zudem hat die Kammer berücksichtigt, dass das Amtsgericht Köln es bei der Verurteilung vom 18.12.2014 - und somit nach der erstinstanzlichen Verurteilung in vorliegender Sache – nochmals, wenn auch ohne persönlichen Eindruck von dem Angeklagten, für angezeigt gehalten hat, dem Angeklagten eine Bewährungschance einzuräumen. Mit diesem Urteil ist dem Angeklagten durch die Strafjustiz nochmals das Signal übermittelt worden, dass er sich durch straffreie Führung den Vollzug einer Freiheitsstrafe ersparen kann. Diese ihm eingeräumte Chance hat der Angeklagte dann in der Folge genutzt, indem er während der gesamten Dauer des vom Amtsgericht Köln festgesetzten zweijährigen Bewährungszeitraums nicht mehr straffällig geworden ist und damit dem zuvor gezeigten Bewährungsversagen, das zu den Verurteilungen vom 13.03.2014 und vom 18.12.2014 geführt hat, im weiteren Verlauf ein „bewährendes“ Verhalten entgegen gesetzt hat. Diesem Verhalten nunmehr damit zu begegnen, dass er aufgrund einer älteren Verurteilung doch noch inhaftiert wird, erschien der Kammer vor dem Hintergrund der zuvor eingeräumten Bewährungschance inkonsistent.
9Insbesondere aber bietet diese positive Entwicklung des Angeklagten über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren Anlass zu der Erwartung, dass der Angeklagte auf dem eingeschlagenen positiven Weg nunmehr bleiben und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Hinzu kommt, dass der Angeklagte in geordneten familiären Verhältnissen, in einer stabilen Wohnsituation und in zwar bescheidenen, aber ebenfalls stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, so dass auch vor diesem sozialen Hintergrund weitere Straftaten des Angeklagten nicht zu befürchten sind. Auch die vorliegend abgeurteilten Taten zeigen – insbesondere im Vergleich zu den Taten, die der Verurteilung vom 14.03.2013 zugrundelagen – besondere Umstände insofern auf, als sie in ihrem Unrechtsgehalt hinter den von dem Angeklagten zuvor begangenen Taten zurückbleiben; dies gilt insbesondere für die erneute einschlägige Straffälligkeit des Angeklagten wegen der im Juni 2013 begangenen Urkundenfälschung, die von deutlich geringerem Gewicht als die früheren Taten des Angeklagten ist. In der Summe der vorstehend aufgeführten Gesichtspunkte liegen damit zugleich aus Sicht der Kammer auch besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB vor, nämlich Strafmilderungsgründe von besonderem Gewicht, die eine Strafaussetzung zur Bewährung trotz des Unrechts- und Schuldgehalts der von dem Angeklagten begangenen Straftaten angebracht erscheinen lassen. Die zentrale Erwartung der Strafjustiz an den Angeklagten, wie sie in der Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe vom 18.12.2014 nochmals zum Ausdruck gekommen ist, nämlich ein straffreie Lebensführung hat er erfüllt.
10Auch die Verteidigung der Rechtsordnung im Sinne des § 56 Abs. 3 StGB gebietet angesichts dieser Umstände eine Vollstreckung der Freiheitsstrafe nicht. Zwar mag es mit dem allgemeinen Rechtsempfinden zunächst schwer vereinbar erscheinen, dass der Angeklagte trotz seiner langjährigen und intensiven Straffälligkeit bis heute niemals hat Haft verbüßen müssen und dass ihm nunmehr nochmals eine Bewährungschance gegeben wird. Insbesondere bei der Verurteilung vom 14.03.2013, die zahlreiche und schwerwiegende Straftaten betraf, ist dem Angeklagten dabei sicherlich die Zäsurwirkung einer einbezogenen rechtskräftigen Strafe insoweit zugute gekommen, als im Falle der Verhängung einer einheitlichen Gesamtstrafe diese aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr zur Bewährung hätte ausgesetzt werden können. Auch mag der Wandel in der Lebensführung des Angeklagten spät eingetreten sein, nichtsdestotrotz ist er aber eingetreten und bei der Entscheidung über die Aussetzung zur Bewährung auch angemessen zu würdigen. Vor diesem Hintergrund ist die getroffene Bewährungsentscheidung letztlich auch mit dem allgemeinen Rechtsempfinden vereinbar und wird deshalb nicht das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts und den Schutz der Rechtsordnung erschüttern.“
113.
12Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft, die auf die Aussetzungsfrage beschränkt ist und mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
13Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Revision beigetreten.
14II.
15Das Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen (vorläufigen) Erfolg, indem es gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO hinsichtlich der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts Köln führt.
161.
17Die Beschränkung der Revision der Staatsanwaltschaft auf die Aussetzungsfrage ist – was der Senat von Amts wegen zu prüfen hat (s. nur SenE v. 10.10.2003 – Ss 420/03) - wirksam erfolgt. Dass die Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelführers die Möglichkeit eröffnet, Beschränkungen auch innerhalb der Rechtsfolgenentscheidung herbeizuführen, ist grundsätzlich anerkannt. Ihre Wirksamkeit bemisst sich – wie sonst auch – nach den Grundsätzen der Trennbarkeit und Widerspruchsfreiheit (SenE v. 04.08.1998 - Ss 285/98 - = VRS 96, 35 [36]; SenE v. 10.12.1999 - Ss 523/99 -). Eine Beschränkung ist danach nicht möglich, wenn die Strafzumessung einerseits und die Bewährungsentscheidung andererseits nach dem inneren Zusammenhang der Urteilsgründe nicht getrennt behandelt werden können, was nicht schon dann der Fall ist, wenn im Rahmen der Strafzumessung und der Bewährungsentscheidung jeweils die gleichen Tatsachen zu erörtern sind (SenE v. 10.12.1999 - Ss 523/99 –; OLG Hamburg NStZ-RR 2006, 18 m.w.N.). Sie ist namentlich dann unwirksam, wenn die Urteilsgründe keine Erwägungen zur Strafzumessung (§ 46 StGB) enthalten oder diese derart knapp dargestellt sind, dass sie für die Aussetzungsentscheidung keine Grundlage bieten oder aber dann, wenn Strafzumessung und Aussetzungsentscheidung in unzulässiger Weise miteinander verknüpft sind (BGH StV 1988, 295; OLG Köln 3. StS v. 08.04.81 - 3 Ss 104/81 - = VRS 61, 367; OLG Frankfurt VRS 59, 106 = GA 80,188;SenE v. 04.08.1998 -Ss 285/98- = VRS 96, 35 [36]; SenE v. 10.12.99 - Ss 523/99 -) oder wenn das Urteil einen Fehler enthält, der beide Entscheidungen betrifft (OLG Köln 3. StS v. 08.04.81 - 3 Ss 104/81 - = VRS 61, 365 [367]; SenE v. 22.07.1997 - Ss 192/97; SenE v. 04.08.1998 - Ss 285/98 - = VRS 96, 35 [36]; SenE v. 10.12.1999 - Ss 523/99 -; SenE v. 14.03.2000 - Ss 90/00 -; SenE v. 08.08.2000 - Ss 340/00 -; SenE v. 10.01.2003 - Ss 554/02 -).
18a)
19Nach Maßgabe dieser Grundsätze bilden zunächst die Feststellungen der Strafkammer zum Schuldspruch eine tragfähige Grundlage für die Rechtsfolgenentscheidung. Sie sind weder unvollständig, unklar oder widerspruchsvoll noch derart knapp, dass sie den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat nicht einmal in groben Zügen hätten erkennen lassen (Senat NStZ-RR 2000, 49; Senat VRS 98, 140 [142 f.]; Senat VRS 98, 122 [123]; SenE v. 28.10.2003 - Ss 464/03 -; SenE v. 10.02.2004 - Ss 36/04 -; SenE v. 14.05.2004 - Ss 161/04 -; SenE v. 30.07.2004 - Ss 323/04 -; SenE v. 10.09.2004 - 8 Ss 376/04 -; SenE v. 06.12.2005 - 81 Ss 58/05 -).
20b)
21Wirksam ist aber auch die Beschränkung auf die Bewährungsfrage. Fehler der vorbeschriebenen Art enthält das angefochtene Urteil nicht. Namentlich ist die Strafzumessung erschöpfend und weist in dieser keinen auch die Bewährungsentscheidung betreffenden Rechtsfehler auf.
222.
23Die Entscheidung nach § 56 Abs. 1 StGB, ob dem Angeklagten eine günstige Sozialprognose zu stellen ist, obliegen dem pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Das Revisionsgericht kann sie deshalb nur auf Rechts- und Ermessensfehler nachprüfen. Es darf namentlich nicht seine Prognose an die Stelle derjenigen des Tatrichters setzen, hat dessen Entscheidung vielmehr bis an die Grenze des Vertretbaren zu respektieren, wobei es nicht darauf ankommt, ob eine gegenteilige Wertung überzeugender erscheint (BGHSt 6, 392; SenE v. 08.11.2003 - Ss 398/03 -; SenE v. 26.02.2002 - Ss 489/01 -; SenE v. 14.05.2002 - Ss 83/02 -; OLG Düsseldorf NZV 2000, 214; OLG Düsseldorf VRS 99, 117 [118]; OLG Hamm VRS 96, 164).
24a)
25Grundlage der Prognose des Tatrichters müssen indessen sämtliche Umstände sein, die Rückschlüsse auf die künftige Straflosigkeit des Angeklagten ohne Einwirkung des Strafvollzugs zulassen (s. nur SenE v. 20.01.1998 - Ss 729/97 -; SenE v. 21.8.1998 - Ss 390/98 -; SenE v. 19.01.1999 - Ss 562/98 -; SenE v. 13.07.2012 - III-1 RVs 119/12 -), insbesondere die in § 56 Abs. 1 Satz 2 StGB „namentlich“ aufgeführten Umstände. Dabei ist für die günstige Prognose keine sichere Erwartung eines straffreien Lebens erforderlich. Denn menschliches Verhalten lässt sich nicht mit Sicherheit prognostizieren. Es reicht schon die durch Tatsachen begründete Wahrscheinlichkeit aus, dass der Angeklagte künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (statt aller: Fischer, StGB, 63. Auflage 2016, §§ 56 Rz. 4 m. N.). Eine günstige Sozialprognose darf nicht allein deshalb verneint werden, weil der Angeklagte vorbestraft und Bewährungsversager ist (BGH NStZ 1983, 454; BGH NStZ-RR 1997, 68 = StV 1998, 259; BGH StV 1998, 68; OLG Düsseldorf NStZ-RR 1996, 260; Senat VRS 70, 273). Andererseits bedarf es bei einschlägigen und gewichtigen, noch nicht lange zurückliegenden Vorstrafen einer besonders eingehenden Begründung, warum die nunmehr verhängte Freiheitsstrafe dennoch zur Bewährung ausgesetzt wird (OLG Braunschweig NStZ-RR 2015, 19; BayObLG NStZ-RR 2003, 105). Ist der Angeklagte bereits mehrfach bewährungsbrüchig geworden, so bedarf es des Vorliegens besonderer Umstände, um erneut eine positive Prognose stellen zu können (so insgesamt die gefestigte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte: SenE v. 06.12.2005 - 81 Ss 58/05 -; OLG Bamberg Urt. v. 24.01.2012 – 3 Ss 126/11 – bei Juris Tz. 13; OLG Karlsruhe VRS 108, 425; KG Urt. v. 01.09.2008 – 1 Ss 207/08 – bei Juris Tz. 5; OLG Düsseldorf VRS 99, 120).
26b)
27Hiervon ausgehend kann die Bewährungsentscheidung des Landgerichts keinen Bestand haben.
28aa)
29Bei dem Angeklagten handelt es sich um einen einschlägig vorbelasteten, bereits mehrfach bewährungsbrüchig gewordenen Straftäter. Gleichsinnige wie die hier in Rede stehenden Straftaten liegen den Verurteilungen durch das Amtsgericht Köln vom 2. Februar 2010 und – insbesondere – vom 14. März 2013 zugrunde. Nach den Urteilsfeststellungen musste zunächst hinsichtlich der Verurteilung durch das Amtsgericht Köln vom 19. April 2006, die nach Ablauf der Rechtsmitteleinlegungsfrist Rechtskraft erlangt hat, die Bewährung widerrufen und der Angeklagte zu der vorbehaltenen Strafe verurteilt werden. Die Urteilsgründe weisen zwar nicht aus, aus welchem Grund seinerzeit der Widerruf erfolgt ist, angesichts des Umstands, dass die der Verurteilung durch das Amtsgericht Köln vom 14. März 2013 zugrunde liegenden Taten ab November 2006 und die der Verurteilung vom 2. Februar 2010 zu Grunde liegenden Taten ab Juni 2007 begangen sind, kommt hier – abhängig von der Länge der Bewährungszeit (vgl. § 59a Abs. 1 StGB) - durchaus ein Widerruf wegen neuer Straftaten in Betracht. Jedenfalls ist aber zu konstatieren, dass der Angeklagte die ihm eingeräumte erste Bewährungschance nicht genutzt hat.
30Hinsichtlich der Verurteilung durch das Amtsgericht Köln vom 2. Februar 2010 zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe, die mit dem Tag ihrer Verkündung Rechtskraft erlangt hat, teilt die Berufungsstrafkammer zwar gleichfalls die Länge der Bewährungszeit nicht mit, diese lief jedoch mindestens bis zum 1. Februar 2012 (vgl. § 56a Abs. 1 S. 2 StGB). Das bedeutet, dass die Taten ab März 2010, wie sie der Verurteilung durch das Amtsgericht Köln vom 14. März 2013 zugrunde liegen, bereits unter laufender Bewährung begangen sind.
31Wiederum bewährungsbrüchig ist der Angeklagte dann hinsichtlich der Verurteilung durch das Amtsgericht Köln vom 14. März 2013 spätestens ab Mai 2013 durch die der einbezogenen Verurteilung durch das Amtsgericht Köln vom 18. Dezember 2014 zugrunde liegenden Taten und sodann durch die hier gegenständliche Tat geworden. Nach der Datenlage erscheint es auch nicht ausgeschlossen, im Gegenteil sogar vielmehr wahrscheinlich, dass dem Angeklagten zur Zeit der Begehung eines Teils der der Verurteilung vom 18. Dezember 2014 zugrunde liegenden Taten die Anklageschrift hinsichtlich der der Verurteilung vom 14. März 2013 zugrunde liegenden Taten bereits zugestellt war. Der Angeklagte hat sich damit insgesamt nicht nur als mehrfacher Bewährungsversager erwiesen, er hat auch bereits in der Vergangenheit eine beachtliche Rückfallgeschwindigkeit an den Tag gelegt.
32Zwar berücksichtigt die Berufungsstrafkammer das Bewährungsversagen des Angeklagten, das „zu den Verurteilungen vom 13.03.2014 (scil.: die erstinstanzliche Verurteilung im vorliegenden Verfahren) und 18.12.2014 geführt hat“ (UA 25 unten), die Urteilsgründe weisen aber nicht aus, dass der Tatrichter das zuvorige Bewährungsversagen des Angeklagten und die hierbei an den Tag gelegte Rückfallgeschwindigkeit mit dem diesen Umständen zukommenden Gewicht in seine Erwägungen einbezogen hat.
33bb)
34Die Urteilsgründe werden darüber hinaus auch den vorstehend dargestellten besonderen Begründungsanforderungen im Falle einschlägig vorbelasteter, mehrfach bewährungsbrüchiger Täter nicht in jeder Hinsicht gerecht:
35ɑ)
36In zweierlei Hinsicht unrichtig ist zunächst, dass der Angeklagte die ihm durch die Verurteilung des Amtsgerichts Köln vom 18. Dezember 2014 eingeräumte Bewährungschance in der Folge genutzt habe, indem er „während der gesamten Dauer des (…) zweijährigen Bewährungszeitraums nicht mehr straffällig geworden ist“. Zum einen hat der zweijährige Bewährungszeitraum – worauf die Rechtsmittelführerin zu Recht hinweist – wegen des späten Eintritts der Rechtskraft erst am 11. Juni 2015 zu laufen begonnen. Selbst wenn man aber auf das Urteilsdatum abstellen wollte, wäre im Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung seit der Verurteilung durch das Amtsgericht Köln vom 18.12.2014 gerade einmal ein Jahr verstrichen gewesen. In der Sache will das Tatgericht denn wohl auch in erster Linie auf Straffreiheit des Angeklagten seit den gegenständlichen Taten abstellen. Auf diese Erwägung wird zurückzukommen sein.
37β)
38Soweit die Kammer dem Angeklagten „zwar bescheidene(.), aber (…) stabile(.) wirtschaftliche(.) Verhältnisse“ attestiert, geht das daran vorbei, dass der Angeklagte aufgrund von Schulden in Höhe von 120.000,-- € eine gescheiterte Privatinsolvenz durchgemacht hat und er die Mittel aus staatlichen Transferleistungen offenbar gerade nicht als auskömmlich erachtet, handelt es sich doch bei den der Verurteilung vom 18. Dezember 2014 zugrunde liegenden Betrugstaten um solche zu Lasten der Sozialbehörde.
39Die von der Kammer ebenfalls als „stabil“ eingeschätzten familiären Verhältnisse haben den Angeklagten gleichfalls in der Vergangenheit nicht von der Begehung von Straftaten abzuhalten vermocht. Die Generalstaatsanwaltschaft weist zudem zutreffend darauf hin, dass der Angeklagte die der Verurteilung vom 18. Dezember 2014 zugrunde liegenden Taten gemeinsam mit seiner Ehefrau begangen hat. Auch diese Umstände bezieht die Kammer UA 26 nicht erkennbar in ihre Überlegungen ein.
40Auch wenn der Senat die Auffassung der Rechtsmittelführerin, nur eine positive Veränderung der Lebensverhältnisse vermöge eine günstige Sozialprognose zu tragen, in dieser Uneingeschränktheit nicht ohne weiteres zu teilen vermag, ist doch zu konstatieren, dass die Lebenssituation des Angeklagten, aus der heraus dieser in der Vergangenheit delinquent geworden ist, zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung offenbar unverändert fortbestand.
41γ)
42Bei dieser Sachlage streiten für die Einschätzung der Kammer zur Legalprognose letztlich zwei Gesichtspunkte: Zum einen der Umstand, dass der Angeklagte seit den der hiesigen Verurteilung zugrunde liegenden Taten – soweit bekannt – nicht mehr straffällig geworden ist, zum anderen der Umstand, dass er durch das Amtsgericht Köln am 18. Dezember 2014 noch einmal zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist.
43αα)
44Hinsichtlich der straffreien Führung seit den hier gegenständlichen Taten (zur Erörterungspflicht insoweit vgl. BGH NStZ-RR 2012, 170 [171]) weist die Rechtsmittelführerin zutreffend darauf hin, dass dem Angeklagten auch für diesen Zeitraum nicht insgesamt – wie dies die Kammer annimmt - ein „bewährendes“ Verhalten attestiert werden kann, musste doch die Bewährung hinsichtlich der zweiten durch das Amtsgericht Köln mit Urteil vom 14. März 2013 erkannten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 30. Oktober 2015 wegen Nichterfüllung der Bewährungsauflagen widerrufen werden. Durch die Erteilung von Auflagen soll der Täter für seine Tat zur Verantwortung gezogen werden. Sie dienen der Wiedergutmachung für begangenes Unrecht und sollen dem Täter verdeutlichen, dass sein Verhalten nicht ohne Sanktion bleibt (§ 56b Abs. 1 S. 1 StGB). Mit der Nichterfüllung der Auflagen entfällt daher ein entscheidendes Moment für die Bewilligung der Strafaussetzung (so Schönke/Schröder-Stree/Kinzig, StGB, 29. Auflage 2014, § 56f Rz. 16; Vgl. a. SK-StGB-Schall, § 56f Rz. 26). Da der Widerruf gemäß § 56f Abs. 1 Ziff. 3 StGB eine gröblichen oder beharrlichen Verstoß gegen Bewährungsauflagen voraussetzt, kann ein solcher – auch wenn der Aussetzungswiderruf wegen Auflagenverstoßes die Gefahr neuer Straftaten nicht voraussetzt (Fischer, StGB, 63. Auflage 2016, § 56f Rz. 12) - belegen, dass der Täter das Unrecht des von ihm an den Tag gelegten Verhaltens eben nicht internalisiert hat und daher für die Prognose künftiger Legalbewährung Bedeutung erlangen. Angesichts ihrer Wertung, der Angeklagte habe nach den der hiesigen Verurteilung zugrunde liegenden Taten (uneingeschränkt) „bewährendes“ Verhalten gezeigt, hätte sich die Kammer daher zu einer Auseinandersetzung mit dem erfolgten Widerruf der Strafaussetzung aus dem Urteil vom 14. März 2013 gedrängt sehen müssen.
45ββ)
46Mit Rücksicht auf die noch einmal zur Bewährung ausgesetzte Strafe aus der Entscheidung des Amtsgerichts Köln vom 18. Dezember 2014 sieht die Kammer zwar zutreffend, dass diese - da im Strafbefehlsverfahren ergangen – ohne persönlichen Eindruck von dem Angeklagten ergangen ist. Gleichwohl lässt die verwendete Formulierung, wonach das Amtsgericht Köln es für „angezeigt“ gehalten habe, dem Angeklagten noch einmal eine Bewährungschance einzuräumen, besorgen, dass sich die Berufungsstrafkammer von der Vorstellung hat leiten lassen, dem letzten über die Bewährungsfrage entscheidenden Tatrichter komme eine Einschätzungsprärogative im Hinblick auf die Legalprognose zu (hierzu vgl. Fischer, a.a.O., § 56f Rz. 8b). Das ist aber gerade bei Strafbefehlen gemäß § 408a StPO, wie er hier ausweislich des Aktenzeichens 530Ds 789/14 vorliegt, gerade nicht der Fall. Die Staatsanwaltschaft hat - ersichtlich wegen der vorangegangenen empfindlichen Verurteilung des Angeklagten - die Durchführung einer Hauptverhandlung in dessen Anwesenheit für geboten erachtet. Wegen der Beschränkung der zu verhängenden Rechtsfolgen (§ 407 Abs. 2 S. 2 StPO) kommt einem dann in Abwesenheit des Angeklagten ergehenden Strafbefehl eine Bedeutung für die Legalprognose überhaupt nicht zu (so zutr. OLG Hamm NStZ-RR 2014, 206 [L] = BeckRS 2014 04747). Die Erwägung der Kammer, dem Angeklagten sei „durch die Strafjustiz nochmals das Signal übermittelt worden, dass er sich durch straffreie Führung den Vollzug einer Freiheitsstrafe ersparen“ könne und die von der Kammer ausgemachte „Inkonsistenz“ für den Fall der Verurteilung zu einer vollstreckbaren Freiheitsstrafe im hiesigen Verfahren, sind denn auch keine solche der Prognose künftigen Verhaltens und daher im Rahmen der Erwartensklausel des § 56 Abs. 1 S. 1 StGB sachfremd. Vielmehr handelt es sich um Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes, den der Angeklagte mit Rücksicht auf die Verurteilung vom 18. Dezember 2014 indessen nicht genießt, zumal auch die Einräumung der Bewährungschance durch diese Verurteilung ihn nicht dazu hat anzuhalten vermocht, nunmehr durch Erfüllung der Auflagen aus der Verurteilung vom 14. März 2013 Einsicht in begangenes Unrecht zu zeigen.
47cc)
48Nach alledem lässt die Bewährungsentscheidung der Berufungsstrafkammer die Erörterung wesentlicher, gegen eine günstige Sozialprognose sprechender Gesichtspunkte außer Betracht. Das lässt besorgen, dass das Tatgericht den von ihm durchaus gesehenen prognostisch negativen Umständen (Bewährungsversagen im Hinblick auf die Verurteilung vom 14. März 2013, hohe Rückfallgeschwindigkeit) nicht das ihnen zukommende Gewicht beigemessen hat. Die Sache bedarf daher hinsichtlich der Aussetzungsfrage neuer tatrichterlicher Behandlung und Entscheidung. Der Senat weist darauf hin, dass die (auch) die Einzelstrafe tragenden Feststellungen zu Lebensweg und Vorbelastungen des Angeklagten in Rechtskraft erwachsen sind; ergänzende, nicht widersprechende Feststelllungen bleiben möglich.
493.
50Da sich bereits die Beurteilung der Legalprognose als rechtsfehlerhaft erweist, bedarf es des Eingehens auf §§ 56 Abs. 2 und Abs. 3 StGB nicht mehr.
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Annotations
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
(1) Das Gericht bestimmt die Dauer der Bewährungszeit. Sie darf zwei Jahre nicht überschreiten und ein Jahr nicht unterschreiten.
(2) Das Gericht kann den Verwarnten anweisen,
- 1.
sich zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen oder sonst den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, - 2.
seinen Unterhaltspflichten nachzukommen, - 3.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen, - 4.
sich einer ambulanten Heilbehandlung oder einer ambulanten Entziehungskur zu unterziehen, - 5.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder - 6.
an einem Verkehrsunterricht teilzunehmen.
(1) Das Gericht bestimmt die Dauer der Bewährungszeit. Sie darf fünf Jahre nicht überschreiten und zwei Jahre nicht unterschreiten.
(2) Die Bewährungszeit beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Strafaussetzung. Sie kann nachträglich bis auf das Mindestmaß verkürzt oder vor ihrem Ablauf bis auf das Höchstmaß verlängert werden.
(1) Das Gericht kann dem Verurteilten Auflagen erteilen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen. Dabei dürfen an den Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.
(2) Das Gericht kann dem Verurteilten auferlegen,
- 1.
nach Kräften den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, - 2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung zu zahlen, wenn dies im Hinblick auf die Tat und die Persönlichkeit des Täters angebracht ist, - 3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen oder - 4.
einen Geldbetrag zugunsten der Staatskasse zu zahlen.
(3) Erbietet sich der Verurteilte zu angemessenen Leistungen, die der Genugtuung für das begangene Unrecht dienen, so sieht das Gericht in der Regel von Auflagen vorläufig ab, wenn die Erfüllung des Anerbietens zu erwarten ist.
(1) Ist das Hauptverfahren bereits eröffnet, so kann im Verfahren vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehlsantrag stellen, wenn die Voraussetzungen des § 407 Abs. 1 Satz 1 und 2 vorliegen und wenn der Durchführung einer Hauptverhandlung das Ausbleiben oder die Abwesenheit des Angeklagten oder ein anderer wichtiger Grund entgegensteht. In der Hauptverhandlung kann der Staatsanwalt den Antrag mündlich stellen; der wesentliche Inhalt des Strafbefehlsantrages ist in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen. § 407 Abs. 1 Satz 4, § 408 finden keine Anwendung.
(2) Der Richter hat dem Antrag zu entsprechen, wenn die Voraussetzungen des § 408 Abs. 3 Satz 1 vorliegen. Andernfalls lehnt er den Antrag durch unanfechtbaren Beschluß ab und setzt das Hauptverfahren fort.
(1) Im Verfahren vor dem Strafrichter und im Verfahren, das zur Zuständigkeit des Schöffengerichts gehört, können bei Vergehen auf schriftlichen Antrag der Staatsanwaltschaft die Rechtsfolgen der Tat durch schriftlichen Strafbefehl ohne Hauptverhandlung festgesetzt werden. Die Staatsanwaltschaft stellt diesen Antrag, wenn sie nach dem Ergebnis der Ermittlungen eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich erachtet. Der Antrag ist auf bestimmte Rechtsfolgen zu richten. Durch ihn wird die öffentliche Klage erhoben.
(2) Durch Strafbefehl dürfen nur die folgenden Rechtsfolgen der Tat, allein oder nebeneinander, festgesetzt werden:
- 1.
Geldstrafe, Verwarnung mit Strafvorbehalt, Fahrverbot, Einziehung, Vernichtung, Unbrauchbarmachung, Bekanntgabe der Verurteilung und Geldbuße gegen eine juristische Person oder Personenvereinigung, - 2.
Entziehung der Fahrerlaubnis, bei der die Sperre nicht mehr als zwei Jahre beträgt, - 2a.
Verbot des Haltens oder Betreuens von sowie des Handels oder des sonstigen berufsmäßigen Umgangs mit Tieren jeder oder einer bestimmten Art für die Dauer von einem Jahr bis zu drei Jahren sowie - 3.
Absehen von Strafe.
(3) Der vorherigen Anhörung des Angeschuldigten durch das Gericht (§ 33 Abs. 3) bedarf es nicht.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.