Hanseatisches Oberlandesgericht Beschluss, 13. März 2017 - 14 U 146/16


Gericht
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 28.06.2016, Az. 323 O 46/15, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
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Das Landgericht hat zu Recht nur einen Anspruch in Höhe von 50% zuerkannt. Es hat ausgeführt, weder die genaue Kollisionsstelle noch die konkrete Fahrweise der beiden Fahrzeugführer habe hinreichend sicher rekonstruiert werden können. Die diesbezügliche Beweiswürdigung des Landgerichts ist zwar knapp, entgegen den Ausführungen der Berufung im Ergebnis aber nicht zu beanstanden. Die Angaben des Beklagten zu 2 zitiert die Berufung zu selektiv, S. 6 des Protokolls vom 16.6.2016 enthält Erklärungen des Beklagten zu 2 zum kontrollierten Fahrstreifenfahren, mangels geeigneter Anknüpfungspunkte hätte hier auch ein unfallanalytisches Gutachten keine weitere Aufklärung erbringen können. Weil der tatsächliche Verlauf des Unfalls in entscheidenden Details ungeklärt geblieben ist, bleiben die rechtlichen Ausführungen der Berufung Spekulation. Aufgrund ihrer tatsächlichen Breite hätten beide Fahrzeuge die von ihnen befahrene Spur nicht befahren dürfen. Selbst wenn man den Nachweis, dass der Unfall durch die Überbreite der beiden Fahrzeuge wechselseitig verursacht worden ist, als nicht geführt ansehen will (Folge dann: wiederum eine Quote von 50 : 50), hat das Landgericht nicht genügend berücksichtigt, dass der Kläger ganz unabhängig von den Breitenverhältnissen seines Fahrzeugs die mittlere Spur nicht hätte benutzen dürfen. Er hätte wegen des für ihn geltenden Rechtsfahrgebots die rechte Fahrspur benutzen müssen, die nach ihrer Beschilderung nicht ausschließlich LKW vorbehalten war. Wenn die Recherche des Senats richtig ist, beträgt das zulässige Gesamtgewicht des Wohnmobils über 3.5t. Für solche Fahrzeuge gilt die innerörtliche freie Fahrstreifenwahl gem. § 7 Abs. 3 StVO nicht; das Rechtsfahrgebot war auch nicht gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 StVO suspendiert, weil der mittlere und der linke Fahrstreifen nicht 3 m breit waren und entsprechend den Schilderungen der beiden Fahrzeugführer auch die Verkehrsdichte eine Nichtbeachtung des Rechtsfahrgebots nicht rechtfertigte. Die rechte Spur war 3,25 m breit. Hätte der Kläger das Rechtsfahrgebot beachtet, wäre es nicht zum Unfall gekommen. Zu Lasten der Beklagten ist das Urteil jedenfalls nicht abzuändern. Die Berufung sollte zurückgenommen werden.


Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren (§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt.
(2) Ist der Verkehr so dicht, dass sich auf den Fahrstreifen für eine Richtung Fahrzeugschlangen gebildet haben, darf rechts schneller als links gefahren werden.
(2a) Wenn auf der Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange auf dem jeweils linken Fahrstreifen steht oder langsam fährt, dürfen Fahrzeuge diese mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholen.
(3) Innerhalb geschlossener Ortschaften – ausgenommen auf Autobahnen (Zeichen 330.1) – dürfen Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t auf Fahrbahnen mit mehreren markierten Fahrstreifen für eine Richtung (Zeichen 296 oder 340) den Fahrstreifen frei wählen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen. Dann darf rechts schneller als links gefahren werden.
(3a) Sind auf einer Fahrbahn für beide Richtungen insgesamt drei Fahrstreifen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert, dann dürfen der linke, dem Gegenverkehr vorbehaltene, und der mittlere Fahrstreifen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt für Fahrbahnen, wenn insgesamt fünf Fahrstreifen für beide Richtungen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert sind, für die zwei linken, dem Gegenverkehr vorbehaltenen, und den mittleren Fahrstreifen. Wer nach links abbiegen will, darf sich bei insgesamt drei oder fünf Fahrstreifen für beide Richtungen auf dem jeweils mittleren Fahrstreifen in Fahrtrichtung einordnen.
(3b) Auf Fahrbahnen für beide Richtungen mit vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten Fahrstreifen sind die beiden in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehalten; sie dürfen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt auf sechsstreifigen Fahrbahnen für die drei in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen.
(3c) Sind außerhalb geschlossener Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen mit Zeichen 340 gekennzeichnet, dürfen Kraftfahrzeuge, abweichend von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren, den mittleren Fahrstreifen dort durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Dasselbe gilt auf Fahrbahnen mit mehr als drei so markierten Fahrstreifen für eine Richtung für den zweiten Fahrstreifen von rechts. Den linken Fahrstreifen dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t sowie alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger nur benutzen, wenn sie sich dort zum Zwecke des Linksabbiegens einordnen.
(4) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).
(5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.