Oberlandesgericht Hamm Urteil, 16. Okt. 2014 - 5 U 83/14
Tenor
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten N und I wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 12.06.2014 abgeändert.
Die einstweilige Verfügung vom 28.04.2014 (Az.: 4 O 131/14) wird aufgehoben und der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagten N und I zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfügungsverfahrens trägt die Verfügungsklägerin nach einem Streitwert von 60.000,00 €.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
1
G r ü n d e :
2A.
3Die Verfügungsklägerin ist seit Dezember 2013 aufgrund eines Enteignungsverfahrens im Sinne der §§ 104 ff. BauGB Eigentümerin des Grundstücks X-Straße 18 in G (Gemarkung G, Flur 27, Flurstück ## und ###, eingetragen im Grundbuch von G, Blatt ####, Gesamtgröße 4.477 qm) und der aufstehenden Gebäude. Sie will auf dem streitgegenständlichen Grundstück öffentliche Baumaßnahmen durchführen.
4Die auf dem streitgegenständlichen Grundstück aufstehenden Gebäude werden von den Verfügungsbeklagten und den weiteren im ersten Rechtszug in Anspruch genommenen Antragsgegnern bewohnt.
5Vor der Verfügungsklägerin war Prof. Dr. F Eigentümer des vorbezeichneten Anwesens und insoweit Rechtsvorgänger der Verfügungsklägerin.
6Prof. Dr. F hatte im August 1994 über die vorbezeichneten Immobilie mit C, Inhaber der Firma Q Groß- und Einzelhandel, einen Mietvertrag geschlossen (vgl. Bl. 21 ff.). Ausweislich des § 2 des Mietvertrages vom 20.08.1994 erfolgte die Vermietung sowohl zu gewerblichen als auch zu Wohnzwecken. Eine Untervermietung wurde gestattet. Der monatliche Mietzins betrug ca. 4.000,00 €.
7Der Antragsgegner B ist als Erbe seines inzwischen verstorbenen Vaters C in den vorbezeichneten Mietvertrag eingetreten. Er bewohnt seitdem bis heute mit seiner Ehefrau, der Antragsgegnerin U, und einem minderjährigen Kind die streitgegenständliche Immobilie.
8Die Verfügungsbeklagten N und I gingen ebenso wie der Antragsgegner K mit dem Antragsgegner B ein Untermietverhältnis ein. Ebenso wohnen dort die drei minderjährigen Kinder der Eheleute N und I.
9Bevor die Verfügungsklägerin durch Enteignung Eigentümerin des vorbezeichneten Anwesens wurde, kündigte Prof. Dr. F das Mietverhältnis gegenüber B mit Schreiben vom 06.08.2011 (vgl. Bl. 277 ff.) wegen Verzuges von Mietzahlungen in Höhe von ca. 208.000,00 €. In dem Kündigungsschreiben wurde B aufgegeben, das Anwesen bis zum 31.03.2013 zu räumen. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass die bestehenden Untermietverhältnisse zu kündigen seien.
10Am 04.07.2012 kam es zu einer teilweisen Einigung zwischen Prof. Dr. F und der Verfügungsklägerin (Bl. 7 ff.). Hierzu erging auf Antrag der Stadt G eine Ausführungsanordnung der Bezirksregierung Arnsberg vom 19.03.2013 (Bl. 11 ff.), die nach erfolglosem Antrag des Prof. Dr. F auf gerichtliche Entscheidung bestandskräftig wurde (Urteil LG Arnsberg vom 14.11.2013, Bl. 94 ff.).
11Die Verfügungsklägerin erhob im Hauptsacheverfahren (Az.: 4 O 8/14 LG Hagen) mit Schriftsatz vom 11.07.2013 (Bl. 1 ff.) Klage gegen die Verfügungsbeklagten des vorliegenden Verfahrens auf Räumung und Herausgabe des Anwesens X-Straße 18 in G.
12Sodann hat sie mit Schriftsatz vom 04.04.2014 (Bl. 90 ff.) aus dem Hauptsacheverfahren heraus beantragt,
13im Wege der einstweiligen Verfügung gem. §§ 940, 940 a ZPO anzuordnen, dass die Antragsgegner das Grundstück X-Straße 18 in G (Gemarkung G Flur 27 Flurstück ## und ###) mit den aufstehenden Gebäuden vollständig geräumt an sie herauszugeben haben.
14Die Verfügungsbeklagten haben zunächst beantragt,
15den Antrag der Verfügungsklägerin zurückzuweisen.
16Das Landgericht Hagen hat am 28.04.2014 durch Beschluss die beantragte einstweilige Verfügung erlassen (vgl. Bl. 104 ff.).
17Mit Schriftsatz vom 01.05.2014 (Bl. 136 ff.) haben die Verfügungsbeklagten N und I Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt und zudem beantragt, die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss vom 28.04.2014 einstweiligen einzustellen.
18Mit Beschluss vom 05.05.2014 (Bl. 114 ff.) hat das Landgericht die Zwangsvollstreckung aus dem Beschluss vom 28.04.2014 ohne Sicherheitsleistung einstweiligen eingestellt.
19Die Verfügungsklägerin hat sodann beantragt,
20die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hagen, Az. 4 O 131/14, vom 28.04.2013 aufrechtzuerhalten.
21Die Verfügungsbeklagten N und I haben beantragt,
22die einstweilige Verfügung vom 28.04.2014 aufzuheben und den Antrag auf deren Erlass zurückzuweisen sowie
23hilfsweise ihnen Räumungsschutz für wenigstens 6 Wochen ab Entscheidungsverkündung zu gewähren.
24Die Verfügungsbeklagten haben die Auffassung vertreten, es läge keine Eilbedürftigkeit vor, da ausweislich verschiedener Pressemitteilungen die Verfügungsklägerin bereits seit nahezu 10 Jahren die Bebauung des streitgegenständlichen Grundstücks plane.
25Zudem entfalte die Einweisung der Verfügungsklägerin in den Besitz ihnen gegenüber keine Wirkung, sondern sei nur dem vorherigen Eigentümer gegenüber wirksam. Ihr Verbleib auf dem streitgegenständlichen Grundstück stelle daher keine verbotene Eigenmacht dar. Mithin lägen schon die Voraussetzungen des § 940 a Abs. 1 ZPO nicht vor.
26Auch könnten sie - die Verfügungsbeklagten - einem etwaigen Herausgabeanspruch der Verfügungsklägerin ein Zurückbehaltungsrecht entgegenhalten, welches auf Entschädigungsansprüchen aus dem Enteignungsverfahren beruhe.
27Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung vom 28.04.2013 aufrechterhalten. Der zulässige Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung sei gemäß §§ 940, 940 a Abs. 1 ZPO begründet.
28Das Landgericht Hagen sei sachlich und örtlich zuständig.
29Insbesondere liege keine Zuweisung der Streitigkeit an die Amtsgerichte gemäß § 23 Nr. 2 a GVG (Streitigkeit über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum) vor. Der Antrag der Verfügungsklägerin werde ausschließlich auf § 985 BGB gestützt, nicht aber, auch nicht hilfsweise, auf mietvertragliche Ansprüche. Mietvertragliche Beziehungen hätten zwischen der Verfügungsklägerin und den Verfügungsbeklagten nicht bestanden.
30Die Verfügungsklägerin habe einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund gemäß §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht.
31Der Verfügungsanspruch ergebe sich aus §§ 861 Abs. 1, 863 BGB.
32Die Verfügungsbeklagten hätten gegenüber der Verfügungsklägerin verbotene Eigenmacht begangen. Verbotene Eigenmacht gem. § 858 Abs. 1 BGB liege vor, wenn dem Besitzer ohne seinen Willen der Besitz entzogen werde. Besitzer im Sinne dieser Vorschrift sei der unmittelbare Besitzer. Dem unmittelbaren Besitzer stehe derjenige Besitzer gleich, der aufgrund einer baurechtlichen Vorschrift in den Besitz eingewiesen worden sei. Demnach werde der neue Eigentümer kraft Gesetztes zum Besitzer im Rechtssinne, ohne dass es einer Übergabe des Grundstücks zur Begründung des Besitzes nach § 854 BGB oder einer eigenständigen Besitzergreifung bedürfe. Diese Besitzstellung des eingewiesenen Besitzers bestehe nicht lediglich gegenüber dem vorhergehenden Besitzer, sondern vielmehr unbeschränkt. Der Eingewiesene habe mit dem im Beschluss festgesetzten Tag alle Rechte, die einem Besitzer nach § 854 BGB zustünden. Wehre sich der frühere Eigentümer gegen die tatsächliche Besitzergreifung, insbesondere dadurch, dass er das Grundstück nicht räume, so stelle dies eine verbotene Eigenmacht dar. Die Verfügungsklägerin sei durch Ausführungsanordnung vom 19.03.2013 gemäß § 117 Abs. 6 BauGB zum 01.05.2013 in den Besitz eingewiesen worden, so dass sie zu diesem Zeitpunkt Besitzerin gemäß § 854 BGB geworden sei. Die unstreitige Weigerung der Verfügungsbeklagten, das Grundstück zu räumen, stelle demnach eine verbotene Eigenmacht dar. Die Verfügungsbeklagten seien zwar nicht die vormaligen Eigentümer des Grundstücks, sondern Mieter bzw. Untermieter. Daraus könne sich aber keine andere Wertung ergeben. Wenn schon der ehemals dinglich Berechtigte durch die Einweisung den Besitz verliere, so müsse dies gerade auch für die lediglich obligatorisch Berechtigten gelten.
33Ein Zurückbehaltungsrecht könne - unabhängig von dessen Bestehen - dem Anspruch der Verfügungsklägerin aufgrund der verbotenen Eigenmacht nicht entgegen gehalten werden. Die Besitzbeeinträchtigung ohne Willen des Besitzers sei grundsätzlich widerrechtlich, unabhängig davon, ob der Besitzer ein Recht zum Besitz habe oder sogar seine fehlende Berechtigung kenne. Die Widerrechtlichkeit werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Störer einen Anspruch auf Herausgabe oder Gestattung der beeinträchtigenden Handlung habe. Ansprüche und Zurückbehaltungsrechte erlaubten keine Eigenmacht, sondern müssten im Klagewege verfolgt werden.
34Das Vorliegen eines Verfügungsgrundes sei der verbotenen Eigenmacht immanent, da die verbotene Eigenmacht einen Schadenseintritt impliziere. Darüber hinaus habe die Verfügungsklägerin einen solchen Schadenseintritt auch glaubhaft dargelegt. Sie habe angegeben, dass sie ohne die Räumung durch die Beklagten zu einer Baueinstellung gezwungen werde und damit ein Schaden im fünfstelligen Euro-Bereich zu erwarten sei.
35Dem Antrag auf Räumungsschutz der Verfügungsbeklagten sei nicht stattzugeben. Die Voraussetzungen nach § 721 ZPO lägen nicht vor. Nach den konkreten Umständen des vorliegenden Rechtsstreits sei eine Räumungsfrist nicht angemessen. Die Verfügungsbeklagten hätten seit mehreren Jahren und in gesteigerter Form seit Einlegung der Klage im Juli 2013 sowie seit Erlass der einstweiligen Verfügung vom 28.04.2014 Kenntnis von der drohenden Räumungsverpflichtung gehabt. Es sei ihnen möglich gewesen, während dieser Zeit, in der sie auch anwaltlich beraten gewesen seien, die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen.
36Die Verfügungsbeklagten N und I wenden sich gegen diese Entscheidung mit ihrer Berufung.
37Ihr Verhalten begründe nicht den Tatbestand der verbotenen Eigenmacht, so dass schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 940 a ZPO nicht vorlägen. Das Landgericht stütze sich zur Begründung verbotener Eigenmacht rechtsfehlerhaft auf die Ausführungsanordnung der Enteignungsbehörde vom 19.03.2013. Zwar sei richtig, dass der Ausführungsanordnung eine Besitzeinweisung zugunsten der Verfügungsklägerin inne wohne. Diese Besitzeinweisung führe jedoch nur gegenüber solchen Personen, welche in der Ausführungsanordnung auch ausdrücklich bezeichnet seien, zu einer Besitzeinweisung. Sie - die Verfügungsbeklagten N und I - seien nicht in der Ausführungsanordnung bezeichnet worden und diese sei ihnen auch nicht zugestellt worden. Mithin entfalte sie ihnen gegenüber keinerlei und damit auch keine den Besitz entziehende Wirkung.
38Die Verfügungsbeklagten beantragen,
39unter Abänderung des angefochtenen Urteils
40die einstweilige Verfügung vom 28.04.2014 aufzuheben und den Antrag vom 04.04.2014 auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
41Hilfsweise beantragen sie,
42ihnen eine Räumungsfrist von wenigstens 6 Wochen ab Entscheidungsverkündung zu gewähren.
43Die Verfügungsklägerin beantragt,
44die Berufung zurückzuweisen.
45Sie verteidigt das angefochtene Urteil, indem sie u.a. ihre erstinstanzlichen Argumente wiederholt und vertieft.
46B.
47Die Berufung der Verfügungsbeklagten N und I ist begründet.
48Die einstweilige Verfügung vom 28.04.2014 ist zu Unrecht ergangen und daher aufzuheben und der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass der einstweiligen Verfügung ist zurückzuweisen. Es fehlt an einem Verfügungsgrund im Sinne der §§ 935, 940,940 a ZPO.
49I.
50Da es im vorliegenden Fall unstreitig um die Räumung von Wohnraum geht, ist § 940 a Abs. 1 ZPO einschlägig. Nach dieser Vorschrift darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung nur wegen verbotener Eigenmacht oder bei Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden. Hier kommt nur verbotene Eigenmacht in Betracht, die als Verfügungsgrund ausreichen, aber auch zwingend erforderlich ist.
51II.
52Gem. § 858 Abs. 1 BGB begeht verbotene Eigenmacht, wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, sofern nicht das Gesetz dies gestattet.
53Die Verfügungsbeklagten haben den Besitz an dem streitgegenständlichen Grundstück nicht durch Besitzentziehung im Sinne der §§ 861 Abs. 1, 858 Abs. 1 BGB erlangt, sondern haben das Anwesen aufgrund eines Untermietvertrages mit dem Verfügungsbeklagten B in Besitz genommen.
54Gleichwohl könnten die Verfügungsbeklagten der Verfügungsklägerin den Besitz im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB ohne deren Willen entzogen haben, weil sie das streitgegenständliche Grundstück nicht räumten, nachdem die Verfügungsklägerin durch Ausführungsanordnung der Bezirksregierung Arnsberg als Enteignungsbehörde vom 19.03.2013 (Bl. 11 ff.) i.V.m. § 117 Abs. 6 BauGB zum 01.05.2013 in den Besitz des Grundstücks eingewiesen worden war. Die Besitzeinweisung gem. § 117 Abs. 6 BauGB hat grundsätzlich zur Folge, dass die Verfügungsklägerin Besitzerin des Grundstücks im Sinne des § 854 BGB wurde. Die Verfügungsklägerin kann sich daher - ohne eine verbotene Eigenmacht zu begehen - notfalls mit Zwangsmitteln in den Besitz des Grundstücks versetzen. Wer sich gegen die Besitzergreifung wendet, begeht grundsätzlich seinerseits verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 BGB, gegen welche sich die eingewiesene Verfügungsklägerin u.a. auch mit den Rechtsbehelfen der §§ 861 u. 862 BGB wehren kann (vgl. Ernst-Zinkhahn-Bielenberg/Dyong, Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand 01.01.2014, § 117 BGB Rdn. 23 u. § 116 BGB Rdn. 16).
55III.
56Der unter II. erläuterte Grundsatz ist jedoch auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Die Ausführungsanordnung vom 19.03.2013 (Bl. 11 ff.), auf die die Verfügungsklägerin in Verbindung mit § 117 Abs. 6 BauGB ihre Besitzeinweisung stützt, ist den Verfügungsbeklagten - unstreitig - nämlich nicht zugestellt worden.
571.
58Gem. § 117 Abs. 4 Satz 1 BauGB ist die Ausführungsanordnung allenBeteiligten zuzustellen, deren Rechtsstellung durch den Enteignungsbeschluss getroffen wird. Diese Vorschrift enthält eine Selbstverständlichkeit, denn die Ausführungsanordnung ist ein Verwaltungsakt. Sie ist damit ohnehin nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen jedem „betroffenen“ Beteiligen zuzustellen, und zwar mit Rechtsmittelbelehrung (vgl. Ernst-Zinkhahn-Bielenberg/Dyong a.a.O., § 117 BauGB, Rdn. 16).
592.
60Beteiligte in einem Enteignungsverfahren sind gem. §§ 106 Abs. 1 Ziff. 3 BauGB neben dem Antragsteller und dem Eigentümer auch der Inhaber eines persönlichen Rechts, das zum Erwerb, zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigt.
61Im Sinne von § 106 Abs. 1 Ziff. 3 BauGB sind die Verfügungsbeklagten keine Beteiligten, weil das Hauptmietverhältnis zwischen dem Voreigentümer und B bereits im August 2011 oder jedenfalls im August 2012, wenn das Kündigungsschreiben wie von den Verfügungsbeklagten vorgetragen ein falsches Datum enthielt, wegen der unstreitigen Mietrückstände gekündigt worden war. Damit war zugleich auch das Besitzrecht der Verfügungsbeklagten N und I gem. § 986 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB entfallen (vgl. BGH NJW-RR 2005, 1542 ff., Rdn. 6 zitiert nach Juris m.w.N.).
62Gleichwohl musste die Ausführungsanordnung, die nach § 117 Abs. 6 BauGB die Einweisung in den Besitz des enteigneten Grundstücks einschließt, auch diesen Verfügungsbeklagten zugestellt werden, was unstreitig nicht geschehen ist. Zunächst ergibt sich dies aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 116 Abs. 1 BauGB, der die vorzeitige Besitzeinweisung regelt. Dort heißt u.a.:
63„Ist die sofortige Ausführung der beabsichtigten Maßnahme aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten, so kann die Enteignungsbehörde den Antragsteller auf Antrag durch Beschluss in den Besitz des von dem Enteignungsverfahren betroffenen Grundstücks einweisen. Die Besitzeinweisung ist nur zulässig, wenn sie in einer mündlichen Verhandlung verhandelt worden ist. Der Beschluss über die Besitzeinweisung ist dem Antragsteller, dem Eigentümer und dem unmittelbaren Besitzer zuzustellen.“
64(Hervorhebung durch den Senat)
65Die Verfügungsbeklagten N und I sind als Bewohner des streitgegenständlichen Anwesens unmittelbare Besitzer desselben. Im Rahmen einer vorzeitigen Besitzeinweisung gemäß § 116 Abs. 1 BauGB hätte ihnen also der entsprechende Beschluss zugestellt werden müssen. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Ausführungsanordnung eines nicht mehr anfechtbaren Enteignungsbeschlusses im Sinne von § 117 Abs. 1 BauGB nicht ebenfalls dem unmittelbaren Besitzer des zu enteignenden Grundstücks zugestellt werden muss, der die Sachherrschaft über dieses Grundstück zur Zeit ausübt. Vielmehr dürfte der unmittelbare Besitzer, dessen Rechtsstellung durch den Enteignungsbeschluss betroffen wird, ebenfalls unter dem Begriff „Beteiligte“ des § 117 Abs. 4 BauGB zu subsummieren sein.
66Für dieses Ergebnis spricht weiter die in § 940 a ZPO i.V.m. §§ 858 ff. BGB enthaltene gesetzliche Wertung. Besitz und Besitzschutz wirken zwar grundsätzlich gegenüber jedermann, doch die aus der Besitzeinweisung hergeleitete verbotene Eigenmacht beruht auf einem juristischen Konstrukt, nämlich einem Verwaltungsakt, der zunächst einmal Wirksamkeit zwischen den unmittelbaren Verfahrensbeteiligten entfaltet. Zu den unmittelbaren Verfahrensbeteiligten gehören die Verfügungsbeklagten jedoch zunächst nicht. Die Annahme verbotener Eigenmacht aufgrund unterlassener Räumung des zu enteignenden Gebäudes trotz Besitzeinweisung lässt sich ihnen gegenüber nur rechtfertigen, wenn sie ebenfalls als Beteiligte des Einweisungsverfahrens behandelt werden und ihnen die entsprechende Ausführungsanordnung nach § 117 Abs. 6 BauGB auch zugestellt wird.
67Dies ist hier unstreitig unterblieben.
68Die Folge der unterbliebenen Zustellung ist, dass die Besitzeinweisung der Verfügungsklägerin nicht wirksam werden konnte. Von der Zustellung der Ausführungsanordnung hängt im Hinblick auf die in § 117 Abs. 6 BauGB der Ausführungsanordnung beigelegte Rechtsfolge des Besitzwechsels die Wirksamkeit der Ausführungsanordnung ab (vgl. BGH NJW 1986, 1107 ff. - Rdn. 22 zitiert nach Juris für den Besitzeinweisungsbeschluss gemäß § 116 BauGB).
69Mithin hat die Verfügungsklägerin das streitgegenständliche Grundstück - jedenfalls im Verhältnis zu den Verfügungsbeklagten N und I - noch nicht (wirksam) in Besitz genommen. Daher haben die Verfügungsbeklagten des vorliegenden Verfahrens durch ihre Weigerung, das Anwesen zu verlassen, auch keine verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 BGB ausgeübt.
70Nach allem fehlt es der beantragten einstweiligen Verfügung an einem Verfügungsgrund.
71C.
72Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO.
73Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 6 ZPO.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Hamm Urteil, 16. Okt. 2014 - 5 U 83/14
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Hamm Urteil, 16. Okt. 2014 - 5 U 83/14
Referenzen - Gesetze
Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.
Auf die Anordnung einstweiliger Verfügungen und das weitere Verfahren sind die Vorschriften über die Anordnung von Arresten und über das Arrestverfahren entsprechend anzuwenden, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.
(1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.
(1) Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
(2) Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die Fehlerhaftigkeit muss der Nachfolger im Besitz gegen sich gelten lassen, wenn er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines Vorgängers bei dem Erwerb kennt.
(1) Ist der Enteignungsbeschluss oder sind die Entscheidungen nach § 112 Absatz 2 nicht mehr anfechtbar, so ordnet auf Antrag eines Beteiligten die Enteignungsbehörde die Ausführung des Enteignungsbeschlusses oder der Vorabentscheidung an (Ausführungsanordnung), wenn der durch die Enteignung Begünstigte die Geldentschädigung, im Falle der Vorabentscheidung die nach § 112 Absatz 2 Satz 2 festgesetzte Vorauszahlung gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Auf Antrag des Entschädigungsberechtigten kann im Falle des § 112 Absatz 2 die Enteignungsbehörde die Ausführungsanordnung davon abhängig machen, dass der durch die Enteignung Begünstigte im Übrigen für einen angemessenen Betrag Sicherheit leistet.
(2) In den Fällen des § 111 ist auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung zu erlassen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte den zwischen den Beteiligten unstreitigen Entschädigungsbetrag gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend, soweit sich nicht aus der Einigung etwas anderes ergibt.
(3) Im Falle des § 113 Absatz 4 ist auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung zu erlassen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte die im Enteignungsbeschluss in Verbindung mit dem Nachtragsbeschluss festgesetzte Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Der Nachtragsbeschluss braucht nicht unanfechtbar zu sein.
(4) Die Ausführungsanordnung ist allen Beteiligten zuzustellen, deren Rechtsstellung durch den Enteignungsbeschluss betroffen wird. Die Ausführungsanordnung ist der Gemeinde abschriftlich mitzuteilen, in deren Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt. § 113 Absatz 5 gilt entsprechend.
(5) Mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag wird der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluss geregelten neuen Rechtszustand ersetzt. Gleichzeitig entstehen die nach § 113 Absatz 2 Nummer 6 begründeten Rechtsverhältnisse; sie gelten von diesem Zeitpunkt an als zwischen den an dem Rechtsverhältnis Beteiligten vereinbart.
(6) Die Ausführungsanordnung schließt die Einweisung in den Besitz des enteigneten Grundstücks und des Ersatzlands zu dem festgesetzten Tag ein.
(7) Die Enteignungsbehörde übersendet dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift des Enteignungsbeschlusses und der Ausführungsanordnung und ersucht es, die Rechtsänderungen in das Grundbuch einzutragen.
(1) Wird auf Räumung von Wohnraum erkannt, so kann das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewähren. Der Antrag ist vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu stellen, auf die das Urteil ergeht. Ist der Antrag bei der Entscheidung übergangen, so gilt § 321; bis zur Entscheidung kann das Gericht auf Antrag die Zwangsvollstreckung wegen des Räumungsanspruchs einstweilen einstellen.
(2) Ist auf künftige Räumung erkannt und über eine Räumungsfrist noch nicht entschieden, so kann dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Räumungsfrist gewährt werden, wenn er spätestens zwei Wochen vor dem Tag, an dem nach dem Urteil zu räumen ist, einen Antrag stellt. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.
(3) Die Räumungsfrist kann auf Antrag verlängert oder verkürzt werden. Der Antrag auf Verlängerung ist spätestens zwei Wochen vor Ablauf der Räumungsfrist zu stellen. §§ 233 bis 238 gelten sinngemäß.
(4) Über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3 entscheidet das Gericht erster Instanz, solange die Sache in der Berufungsinstanz anhängig ist, das Berufungsgericht. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. Das Gericht ist befugt, die im § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.
(5) Die Räumungsfrist darf insgesamt nicht mehr als ein Jahr betragen. Die Jahresfrist rechnet vom Tage der Rechtskraft des Urteils oder, wenn nach einem Urteil auf künftige Räumung an einem späteren Tage zu räumen ist, von diesem Tage an.
(6) Die sofortige Beschwerde findet statt
- 1.
gegen Urteile, durch die auf Räumung von Wohnraum erkannt ist, wenn sich das Rechtsmittel lediglich gegen die Versagung, Gewährung oder Bemessung einer Räumungsfrist richtet; - 2.
gegen Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 2 oder 3.
(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten nicht für Mietverhältnisse über Wohnraum im Sinne des § 549 Abs. 2 Nr. 3 sowie in den Fällen des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Endet ein Mietverhältnis im Sinne des § 575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch außerordentliche Kündigung, kann eine Räumungsfrist höchstens bis zum vertraglich bestimmten Zeitpunkt der Beendigung gewährt werden.
(1) Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
(2) Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die Fehlerhaftigkeit muss der Nachfolger im Besitz gegen sich gelten lassen, wenn er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines Vorgängers bei dem Erwerb kennt.
(1) Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor der Entziehung erlangt worden ist.
(1) Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
(2) Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die Fehlerhaftigkeit muss der Nachfolger im Besitz gegen sich gelten lassen, wenn er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines Vorgängers bei dem Erwerb kennt.
(1) Ist der Enteignungsbeschluss oder sind die Entscheidungen nach § 112 Absatz 2 nicht mehr anfechtbar, so ordnet auf Antrag eines Beteiligten die Enteignungsbehörde die Ausführung des Enteignungsbeschlusses oder der Vorabentscheidung an (Ausführungsanordnung), wenn der durch die Enteignung Begünstigte die Geldentschädigung, im Falle der Vorabentscheidung die nach § 112 Absatz 2 Satz 2 festgesetzte Vorauszahlung gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Auf Antrag des Entschädigungsberechtigten kann im Falle des § 112 Absatz 2 die Enteignungsbehörde die Ausführungsanordnung davon abhängig machen, dass der durch die Enteignung Begünstigte im Übrigen für einen angemessenen Betrag Sicherheit leistet.
(2) In den Fällen des § 111 ist auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung zu erlassen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte den zwischen den Beteiligten unstreitigen Entschädigungsbetrag gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend, soweit sich nicht aus der Einigung etwas anderes ergibt.
(3) Im Falle des § 113 Absatz 4 ist auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung zu erlassen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte die im Enteignungsbeschluss in Verbindung mit dem Nachtragsbeschluss festgesetzte Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Der Nachtragsbeschluss braucht nicht unanfechtbar zu sein.
(4) Die Ausführungsanordnung ist allen Beteiligten zuzustellen, deren Rechtsstellung durch den Enteignungsbeschluss betroffen wird. Die Ausführungsanordnung ist der Gemeinde abschriftlich mitzuteilen, in deren Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt. § 113 Absatz 5 gilt entsprechend.
(5) Mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag wird der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluss geregelten neuen Rechtszustand ersetzt. Gleichzeitig entstehen die nach § 113 Absatz 2 Nummer 6 begründeten Rechtsverhältnisse; sie gelten von diesem Zeitpunkt an als zwischen den an dem Rechtsverhältnis Beteiligten vereinbart.
(6) Die Ausführungsanordnung schließt die Einweisung in den Besitz des enteigneten Grundstücks und des Ersatzlands zu dem festgesetzten Tag ein.
(7) Die Enteignungsbehörde übersendet dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift des Enteignungsbeschlusses und der Ausführungsanordnung und ersucht es, die Rechtsänderungen in das Grundbuch einzutragen.
(1) Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
(2) Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die Fehlerhaftigkeit muss der Nachfolger im Besitz gegen sich gelten lassen, wenn er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines Vorgängers bei dem Erwerb kennt.
Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt.
(1) Ist der Enteignungsbeschluss oder sind die Entscheidungen nach § 112 Absatz 2 nicht mehr anfechtbar, so ordnet auf Antrag eines Beteiligten die Enteignungsbehörde die Ausführung des Enteignungsbeschlusses oder der Vorabentscheidung an (Ausführungsanordnung), wenn der durch die Enteignung Begünstigte die Geldentschädigung, im Falle der Vorabentscheidung die nach § 112 Absatz 2 Satz 2 festgesetzte Vorauszahlung gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Auf Antrag des Entschädigungsberechtigten kann im Falle des § 112 Absatz 2 die Enteignungsbehörde die Ausführungsanordnung davon abhängig machen, dass der durch die Enteignung Begünstigte im Übrigen für einen angemessenen Betrag Sicherheit leistet.
(2) In den Fällen des § 111 ist auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung zu erlassen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte den zwischen den Beteiligten unstreitigen Entschädigungsbetrag gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend, soweit sich nicht aus der Einigung etwas anderes ergibt.
(3) Im Falle des § 113 Absatz 4 ist auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung zu erlassen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte die im Enteignungsbeschluss in Verbindung mit dem Nachtragsbeschluss festgesetzte Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Der Nachtragsbeschluss braucht nicht unanfechtbar zu sein.
(4) Die Ausführungsanordnung ist allen Beteiligten zuzustellen, deren Rechtsstellung durch den Enteignungsbeschluss betroffen wird. Die Ausführungsanordnung ist der Gemeinde abschriftlich mitzuteilen, in deren Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt. § 113 Absatz 5 gilt entsprechend.
(5) Mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag wird der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluss geregelten neuen Rechtszustand ersetzt. Gleichzeitig entstehen die nach § 113 Absatz 2 Nummer 6 begründeten Rechtsverhältnisse; sie gelten von diesem Zeitpunkt an als zwischen den an dem Rechtsverhältnis Beteiligten vereinbart.
(6) Die Ausführungsanordnung schließt die Einweisung in den Besitz des enteigneten Grundstücks und des Ersatzlands zu dem festgesetzten Tag ein.
(7) Die Enteignungsbehörde übersendet dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift des Enteignungsbeschlusses und der Ausführungsanordnung und ersucht es, die Rechtsänderungen in das Grundbuch einzutragen.
(1) Ist die sofortige Ausführung der beabsichtigten Maßnahme aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten, so kann die Enteignungsbehörde den Antragsteller auf Antrag durch Beschluss in den Besitz des von dem Enteignungsverfahren betroffenen Grundstücks einweisen. Die Besitzeinweisung ist nur zulässig, wenn über sie in einer mündlichen Verhandlung verhandelt worden ist. Der Beschluss über die Besitzeinweisung ist dem Antragsteller, dem Eigentümer und dem unmittelbaren Besitzer zuzustellen. Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Auf Antrag des unmittelbaren Besitzers ist dieser Zeitpunkt auf mindestens zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung über die vorzeitige Besitzeinweisung an ihn festzusetzen.
(2) Die Enteignungsbehörde kann die vorzeitige Besitzeinweisung von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der voraussichtlichen Entschädigung und von der vorherigen Erfüllung anderer Bedingungen abhängig machen. Auf Antrag des Inhabers eines Rechts, das zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigt, ist die Einweisung von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der ihm voraussichtlich zu gewährenden Entschädigung abhängig zu machen. Die Anordnung ist dem Antragsteller, dem Besitzer und dem Eigentümer zuzustellen.
(3) Durch die Besitzeinweisung wird dem Besitzer der Besitz entzogen und der Eingewiesene Besitzer. Der Eingewiesene darf auf dem Grundstück das von ihm im Enteignungsantrag bezeichnete Bauvorhaben ausführen und die dafür erforderlichen Maßnahmen treffen.
(4) Der Eingewiesene hat für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile Entschädigung zu leisten, soweit die Nachteile nicht durch die Verzinsung der Geldentschädigung (§ 99 Absatz 3) ausgeglichen werden. Art und Höhe der Entschädigung werden durch die Enteignungsbehörde spätestens in dem in § 113 bezeichneten Beschluss festgesetzt. Wird der Beschluss über Art und Höhe der Entschädigung vorher erlassen, so ist er den in Absatz 2 Satz 3 bezeichneten Personen zuzustellen. Die Entschädigung für die Besitzeinweisung ist ohne Rücksicht darauf, ob ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt wird, zu dem in Absatz 1 Satz 4 bezeichneten Zeitpunkt fällig.
(5) Auf Antrag einer der in Absatz 2 Satz 3 bezeichneten Personen hat die Enteignungsbehörde den Zustand des Grundstücks vor der Besitzeinweisung in einer Niederschrift feststellen zu lassen, soweit er für die Besitzeinweisungs- oder die Enteignungsentschädigung von Bedeutung ist. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu übersenden.
(6) Wird der Enteignungsantrag abgewiesen, so ist die vorzeitige Besitzeinweisung aufzuheben und der vorherige unmittelbare Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Der Eingewiesene hat für alle durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile Entschädigung zu leisten. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Ist der Enteignungsbeschluss oder sind die Entscheidungen nach § 112 Absatz 2 nicht mehr anfechtbar, so ordnet auf Antrag eines Beteiligten die Enteignungsbehörde die Ausführung des Enteignungsbeschlusses oder der Vorabentscheidung an (Ausführungsanordnung), wenn der durch die Enteignung Begünstigte die Geldentschädigung, im Falle der Vorabentscheidung die nach § 112 Absatz 2 Satz 2 festgesetzte Vorauszahlung gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Auf Antrag des Entschädigungsberechtigten kann im Falle des § 112 Absatz 2 die Enteignungsbehörde die Ausführungsanordnung davon abhängig machen, dass der durch die Enteignung Begünstigte im Übrigen für einen angemessenen Betrag Sicherheit leistet.
(2) In den Fällen des § 111 ist auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung zu erlassen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte den zwischen den Beteiligten unstreitigen Entschädigungsbetrag gezahlt oder in zulässiger Weise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend, soweit sich nicht aus der Einigung etwas anderes ergibt.
(3) Im Falle des § 113 Absatz 4 ist auf Antrag eines Beteiligten die Ausführungsanordnung zu erlassen, wenn der durch die Enteignung Begünstigte die im Enteignungsbeschluss in Verbindung mit dem Nachtragsbeschluss festgesetzte Geldentschädigung gezahlt oder zulässigerweise unter Verzicht auf das Recht der Rücknahme hinterlegt hat. Der Nachtragsbeschluss braucht nicht unanfechtbar zu sein.
(4) Die Ausführungsanordnung ist allen Beteiligten zuzustellen, deren Rechtsstellung durch den Enteignungsbeschluss betroffen wird. Die Ausführungsanordnung ist der Gemeinde abschriftlich mitzuteilen, in deren Bezirk das von der Enteignung betroffene Grundstück liegt. § 113 Absatz 5 gilt entsprechend.
(5) Mit dem in der Ausführungsanordnung festzusetzenden Tag wird der bisherige Rechtszustand durch den im Enteignungsbeschluss geregelten neuen Rechtszustand ersetzt. Gleichzeitig entstehen die nach § 113 Absatz 2 Nummer 6 begründeten Rechtsverhältnisse; sie gelten von diesem Zeitpunkt an als zwischen den an dem Rechtsverhältnis Beteiligten vereinbart.
(6) Die Ausführungsanordnung schließt die Einweisung in den Besitz des enteigneten Grundstücks und des Ersatzlands zu dem festgesetzten Tag ein.
(7) Die Enteignungsbehörde übersendet dem Grundbuchamt eine beglaubigte Abschrift des Enteignungsbeschlusses und der Ausführungsanordnung und ersucht es, die Rechtsänderungen in das Grundbuch einzutragen.
(1) Ist die sofortige Ausführung der beabsichtigten Maßnahme aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit dringend geboten, so kann die Enteignungsbehörde den Antragsteller auf Antrag durch Beschluss in den Besitz des von dem Enteignungsverfahren betroffenen Grundstücks einweisen. Die Besitzeinweisung ist nur zulässig, wenn über sie in einer mündlichen Verhandlung verhandelt worden ist. Der Beschluss über die Besitzeinweisung ist dem Antragsteller, dem Eigentümer und dem unmittelbaren Besitzer zuzustellen. Die Besitzeinweisung wird in dem von der Enteignungsbehörde bezeichneten Zeitpunkt wirksam. Auf Antrag des unmittelbaren Besitzers ist dieser Zeitpunkt auf mindestens zwei Wochen nach Zustellung der Anordnung über die vorzeitige Besitzeinweisung an ihn festzusetzen.
(2) Die Enteignungsbehörde kann die vorzeitige Besitzeinweisung von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der voraussichtlichen Entschädigung und von der vorherigen Erfüllung anderer Bedingungen abhängig machen. Auf Antrag des Inhabers eines Rechts, das zum Besitz oder zur Nutzung des Grundstücks berechtigt, ist die Einweisung von der Leistung einer Sicherheit in Höhe der ihm voraussichtlich zu gewährenden Entschädigung abhängig zu machen. Die Anordnung ist dem Antragsteller, dem Besitzer und dem Eigentümer zuzustellen.
(3) Durch die Besitzeinweisung wird dem Besitzer der Besitz entzogen und der Eingewiesene Besitzer. Der Eingewiesene darf auf dem Grundstück das von ihm im Enteignungsantrag bezeichnete Bauvorhaben ausführen und die dafür erforderlichen Maßnahmen treffen.
(4) Der Eingewiesene hat für die durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstehenden Vermögensnachteile Entschädigung zu leisten, soweit die Nachteile nicht durch die Verzinsung der Geldentschädigung (§ 99 Absatz 3) ausgeglichen werden. Art und Höhe der Entschädigung werden durch die Enteignungsbehörde spätestens in dem in § 113 bezeichneten Beschluss festgesetzt. Wird der Beschluss über Art und Höhe der Entschädigung vorher erlassen, so ist er den in Absatz 2 Satz 3 bezeichneten Personen zuzustellen. Die Entschädigung für die Besitzeinweisung ist ohne Rücksicht darauf, ob ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt wird, zu dem in Absatz 1 Satz 4 bezeichneten Zeitpunkt fällig.
(5) Auf Antrag einer der in Absatz 2 Satz 3 bezeichneten Personen hat die Enteignungsbehörde den Zustand des Grundstücks vor der Besitzeinweisung in einer Niederschrift feststellen zu lassen, soweit er für die Besitzeinweisungs- oder die Enteignungsentschädigung von Bedeutung ist. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu übersenden.
(6) Wird der Enteignungsantrag abgewiesen, so ist die vorzeitige Besitzeinweisung aufzuheben und der vorherige unmittelbare Besitzer wieder in den Besitz einzuweisen. Der Eingewiesene hat für alle durch die vorzeitige Besitzeinweisung entstandenen besonderen Nachteile Entschädigung zu leisten. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend.
(1) Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
(2) Der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die Fehlerhaftigkeit muss der Nachfolger im Besitz gegen sich gelten lassen, wenn er Erbe des Besitzers ist oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines Vorgängers bei dem Erwerb kennt.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.