Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 10. Apr. 2014 - 4 U 155/13


Gericht
Tenor
Es handelt sich um einen Hinweisbeschluss.
1
weist der Senat die Parteien darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, eine Entscheidung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
2Die streitgegenständliche Werbeanzeige in der Zeitung „X“ verstößt gegen die Grundsätze über die inhaltlichen und gestalterischen Anforderungen bei einer Werbung mit einem Testergebnis.
31. Die Werbeanzeige enthält eine Werbung mit einem Testergebnis. Es spricht bereits vieles dafür, dass eine Werbung mit einem Testergebnis immer dann vorliegt, wenn in einer Werbeanzeige – an welcher Stelle und in welchem Zusammenhang auch immer – ein Hinweis auf ein Testergebnis für das beworbene Produkt enthalten ist, handelt es sich doch bei einer Werbeanzeige um eine bewusste Zusammenstellung und Anordnung von textlichen, bildlichen und sonstigen gestalterischen Elementen mit dem Ziel einer größtmöglichen verkaufsfördernden Wirkung für das beworbene Produkt. Überdies führt aber auch eine Einzelfallbetrachtung hier zu dem Ergebnis, dass die streitgegenständliche Werbeanzeige eine Werbung mit einem Testergebnis enthält. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat hierzu auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (S. 5 UA, mittlerer Absatz).
42. Werden in eine Werbung Angaben über Testurteile aufgenommen, müssen diese Angaben leicht und eindeutig nachprüfbar sein (BGH, GRUR 2010, 248; 1991, 679). Dies setzt zum einen voraus, dass eine Fundstelle für das Testergebnis angegeben wird, und zum anderen, dass die Fundstellenangabe für den Verbraucher aufgrund der Gestaltung der Werbung leicht auffindbar ist (BGH, GRUR 2010, 248). Der Senat folgt hierbei der Auffassung des Kammergerichts (KG, Urteil vom 14.09.1993 – 5 U 5035/93 –, BeckRS 2011, 05592), dass eine nicht ausreichend deutlich lesbare Fundstellenangabe einer fehlenden oder nicht leicht auffindbaren Fundstellenangabe gleichzusetzen ist, denn auch eine nicht ausreichend deutlich lesbare Fundstellenangabe erfüllt nicht den verfolgten Zweck, die leichte und eindeutige Nachprüfbarkeit der Angaben über Testurteile zu gewährleisten (KG, a.a.O.).
5Der Beklagten ist zuzugeben, dass angesichts der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 07.03.2013 – I ZR 30/12 –, BeckRS 2013, 11007) vieles dafür spricht, dass die vom Bundesgerichtshof für den Bereich des Heilmittelwerberechts entwickelten Grundsätze über die Gestaltung – namentlich die Schriftgröße – von Pflichtangaben (vgl. BGH, GRUR 1987, 301 [6-Punkt-Schrift]; GRUR 1988, 68 [Lesbarkeit I]) außerhalb des Heilmittelwerberechtes keine Geltung beanspruchen können. Entscheidend dürfte vielmehr eine Prüfung des Einzelfalles sein, bei der es darauf ankommt, ob die Fundstellenangabe für das Testurteil von einem Verbraucher mit normaler Sehkraft aus angemessener Entfernung ohne Hilfsmittel und ohne Mühe gelesen werden kann (so z.B. für das Preisangabenrecht BGH, Urteil vom 07.03.2013 – I ZR 30/12 –, BeckRS 2013, 11007, zu § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV). Hierbei können im konkreten Einzelfall neben der Schriftgröße auch das Druckbild, die Gliederung der Werbung, das Papier, die Farbe oder der Hintergrund von Bedeutung sein (vgl. BGH, a.a.O.).
6Einer solchen Einzelfallprüfung hält die Fundstellenangabe in der streitgegenständlichen Zeitungsanzeige nicht stand. Bereits das Landgericht hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass es den Mitgliedern der erkennenden Kammer wegen der geringen Schriftgröße überwiegend nicht gelang, die Fundstellenangabe zu lesen. Die Mitglieder des Senats mussten ebenfalls feststellen, dass die Fundstellenangabe auch für einen Zeitungsleser mit normaler Sehkraft nur unter Schwierigkeiten oder besonderen Anstrengungen, die über die normale Beanspruchung des Sehsinnes beim Lesen einer Zeitung hinausgehen, entzifferbar ist.
7Der Beklagten wird Gelegenheit gegeben, innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung dieses Beschlusses zu den Hinweisen Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.


Annotations
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
(1) Diese Verordnung regelt die Angabe von Preisen für Waren oder Leistungen von Unternehmern gegenüber Verbrauchern.
(2) Diese Verordnung gilt nicht für
- 1.
Leistungen von Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts, soweit es sich nicht um Leistungen handelt, für die Benutzungsgebühren oder privatrechtliche Entgelte zu entrichten sind; - 2.
Waren und Leistungen, soweit für sie auf Grund von Rechtsvorschriften eine Werbung untersagt ist; - 3.
mündliche Angebote, die ohne Angabe von Preisen abgegeben werden; - 4.
Warenangebote bei Versteigerungen.
(3) Wer zu Angaben nach dieser Verordnung verpflichtet ist, hat diese
Angaben über Preise müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen.