Oberlandesgericht Hamm Urteil, 24. Juni 2015 - 30 U 155/14
Tenor
Der Kläger ist des Rechtsmittels der Berufung verlustig, soweit es sich gegen die Klageabweisung gegen den Beklagten zu 2) richtete, nachdem er insoweit seine Berufung zurückgenommen hat.
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen das am 26. August 2014 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 8. Zivilkammer des Landgerichts Essen – 8 O 112/13 – teilweise abgeändert.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 30.10.2008 – 8 O 94/08 – wird für unzulässig erklärt.
Die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Essen vom 15.12.2009 – 8 O 396/09 – und aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 13.04.2010 – 8 O 396/09 – wird für unzulässig erklärt, soweit der Kläger zu einer Zahlung an die Beklagte zu 1) von mehr als 2.732,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 04.04.2012 verurteilt ist.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Landgerichts Essen vom 30.10.2008 – 8 O 94/08 – an den Kläger herauszugeben.
Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger zu 78 % und die Beklagte zu 1) zu 22 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen werden der Beklagten zu 1) zu 22 % auferlegt.
Der Kläger trägt die der Beklagten zu 1) in beiden Instanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten zu 55 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) in beiden Instanzen hat der Kläger zu tragen.
Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das angefochtene landgerichtliche Urteil ist vorläufig vollstreckbar, soweit die Berufung des Klägers zurückgewiesen worden ist. Der Beklagten zu 1) bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 44.000,00 € abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2Der Kläger begehrt – nachdem er gegen den Beklagten zu 2) seine Berufung ganz und gegen die Beklagte zu 1) teilweise zurückgenommen hat – noch, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) gegen ihn aus zwei (Versäumnis-) Urteilen des Landgerichts Essen für unzulässig zu erklären sowie die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Herausgabe dieser Vollstreckungstitel.
3I.
4Der Kläger war Mieter von Räumlichkeiten der Beklagten zu 1), die er zum Zwecke des Betriebes einer Bäckerei angemietet hatte. Die Bruttomiete betrug im Jahre 2005 monatlich 2.586,00 €, in denen 614,00 € brutto Nebenkostenvorauszahlungen enthalten waren, und ab dem 01.01.2007 monatlich 2.652,88 €, in denen 629,88 € brutto Nebenkostenvorauszahlungen enthalten waren.
5Der Kläger zahlte für die Miete August 2005 lediglich insgesamt 1.266,-- € und in den Monaten Januar bis einschließlich April 2007 jeweils lediglich 2.586,00 €. Im September 2007 leistete er gar keine Zahlung.
6Die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2005 ergab einen vom Kläger nachzuzahlenden Betrag in Höhe von 2.512,97 €, von denen nach Verrechnung mit dem Guthaben aus der Nebenkostenabrechnung für 2006 in Höhe von 366,63 € noch 2.146,34 € offen blieben.
7Die Beklagte zu 1) nahm daraufhin den Kläger in dem Rechtsstreit 8 O 396/09 LG Essen auf Zahlung der Differenzbeträge sowie von Betriebskosten für das Jahr 2005 in Höhe von 733,51 € abzüglich einer Gutschrift für das Jahr 2003 in Höhe von 181,37 € wie folgt in Anspruch:
8Monat |
Miete |
NK-Vorausz. |
gezahlt |
offen |
Aug 05 |
1.972,00 € |
614,00 € |
1.266,00 € |
1.320,00 € |
Jan 07 |
2.023,00 € |
629,88 € |
2.586,00 € |
66,88 € |
Feb 07 |
2.023,00 € |
629,88 € |
2.586,00 € |
66,88 € |
Mrz 07 |
2.023,00 € |
629,88 € |
2.586,00 € |
66,88 € |
Apr 07 |
2.023,00 € |
629,88 € |
2.586,00 € |
66,88 € |
Sep 07 |
2.023,00 € |
629,88 € |
- € |
2.652,88 € |
NK 2005 |
2.512,97 € |
|||
NK 2006 |
- 366,63 € |
|||
BK 2005 |
733,51 € |
|||
NK 2003 |
- 181,37 € |
|||
Summe NK |
2.698,48 € |
|||
Summe insgesamt |
6.938,88 € |
Das Landgericht Essen erließ am 15.12.2009 gegen den Kläger ein antragsgemäßes Versäumnisurteil, mit dem es ihn verurteilte, an die Beklagte zu 1) 6.938,88 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 66,88 € seit dem 05.01.2007, 06.02.2007, 06.03.2007 und 05.04.2007, aus 2.146,43 € seit dem 03.07.2007, aus 1.872,14 € seit dem 03.07.2007 und aus 2.652,88 € seit dem 06.09.2007 und 10 € vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen (B 5, Bl. 163 f.).
10Nachdem der Kläger gegen dieses Versäumnisurteil form- und fristgerecht Einspruch eingelegt und Widerklage erhoben hatte, hielt das Landgericht Essen mit Urteil vom 13.04.2010 (8 O 396/09) das Versäumnisurteil aufrecht und wies die Widerklage des Klägers ab (Bl. 90 BA 8 O 396/09 LG Essen).
11Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers wies der Senat mit Beschluss vom 10.09.2011 (Bl. 160 BA 8 O 396/09 LG Essen) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück.
12Das Landgericht Essen erließ daraufhin am 24.10.2011 einen Kostenfestsetzungsbeschluss (im Weiteren: KfB), mit dem es die vom Kläger der Beklagten zu 1) zu erstattenden Kosten auf 1.988,-- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.05.2010 festsetzte (B 7, Bl. 171 f.).
13Noch vor dem vorbezeichneten Rechtsstreit hatte das Landgericht Essen den Kläger in einem weiteren Rechtsstreit mit Urteil vom 30.10.2008 – 8 O 94/08 – (B 6, Bl. 165 ff.) zur Zahlung von 21.223,04 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 13.264,40 € seit dem 30.04.2008 und aus 7.958,64 € seit dem 30.10.2008 an die Beklagte zu 1) verurteilt. Dem lagen Mietforderungen für die Zeit Oktober 2007 bis einschließlich Mai 2008 in Höhe von je 2.652,88 € brutto zugrunde, in denen jeweils 629,88 € brutto Nebenkostenvorauszahlungen enthalten waren (Bl. 202). In diesem Rechtsstreit setzte das Landgericht Essen mit KfB vom 30.12.2011 die vom Kläger der Beklagten zu 1) zu erstattenden Kosten auf 3.774,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.12.2011 fest (Bl. 133 BA 8 O 94/08 LG Essen).
14Der Kläger erbrachte – ohne ausdrückliche Tilgungsbestimmung – an den Beklagten zu 2), der der Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) in dem Rechtsstreit 8 O 94/08 Landgericht Essen gewesen ist, im Zeitraum Dezember 2010 bis einschließlich April 2011 Zahlungen in Höhe von insgesamt zumindest 25.000,00 €, nach Behauptung des Klägers in Höhe von 26.000,00 €, nach dem Vortrag der Parteien wie folgt:
15 16Des Weiteren zahlte die Rechtsschutzversicherung des Klägers an die früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers, die Rechtsanwälte I2 und P, einen Betrag von 3.794,27 € aufgrund des in dem Rechtsstreit 8 O 94/08 LG Essen ergangenen KfB´s, den diese an den Beklagten zu 2) weiter überwiesen.
17Schließlich zahlte die Rechtsschutzversicherung des Klägers am 18.05.2011 einen Betrag von 2.081,98 € aufgrund des in dem Rechtsstreit 8 O 396/09 Landgericht Essen ergangenen KfB´s an die Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1) in dem vorgenannten Rechtsstreit, die Rechtsanwältin M (Bl. 60).
18Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger ursprünglich zunächst von beiden Beklagten als Gesamtschuldnern die seiner Behauptung nach erbrachten Zahlungen in Höhe von insgesamt 26.000,-- € zurück verlangt. Insoweit hat er behauptet, die Beklagte zu 1) habe die Vollstreckungstitel sittenwidrig erschlichen.
19Des Weiteren hat er zunächst ferner die Feststellung begehrt, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche aus den beiden oben angeführten Urteilen mehr zustehen, sowie die Zwangsvollstreckung aus diesen für unzulässig zu erklären. Insoweit ist er der Ansicht gewesen, aufgrund der von ihm behaupteten Zahlungen über insgesamt 26.000,00 €, die in der Reihenfolge nach dem Alter der den Urteilen zugrunde liegenden Mietforderungen auf diese zu verrechnen seien, stünden der Beklagten zu 1) keine Ansprüche mehr zu, allenfalls aber noch in Höhe von 1.203,04 € aus dem Urteil 8 O 369/09 LG Essen und 5.039,04 € aus dem Urteil 8 O 94/08 LG Essen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die beiden Urteile auch Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von 1.203,04 € (8 O 396/09 LG Essen) und 5.039,04 € (8 O 94/08 LG Essen) enthielten (Bl. 202 mit Auflistung) und diese Ansprüche mit zwischenzeitlich erfolgtem Eintritt der Abrechnungsreife untergegangen seien. Daher seien insoweit auch keine Verzugszinsen mehr zu berücksichtigen. Zudem, so hat er weiter gemeint, stehe ihm insoweit aber auch die dolo-agit-Einrede zu, da er für die Jahre 2006 bis einschließlich 2008 keine Nebenkostenabrechnungen erhalten habe.
20Der Kläger hat in I. Instanz zuletzt beantragt,
211. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, 28.774,05 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen;
222. festzustellen, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche aus den Urteilen des Landgerichts, Az. 8 O 94/08 vom 30.10.2008 sowie aus dem Urteil des Landgerichts Essen, Az. 8 O 396/09 vom 17.03.2010, zustehen;
233. die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) aus den in Ziffer 2.) näher bezeichneten Urteilen für unzulässig zu erklären;
24hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. und 2.
254. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verpflichten, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Landgerichts Essen – 8 O 396/09 – durch Querstreichen zu entwerten und dem Kläger die Entwertung nachzuweisen sowie mitzuteilen;
265. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den in dem Klageantrag zu Ziffer 4. näher bezeichneten entwerteten Titel an den Kläger herauszugeben;
27hilfsweise zu den Klageanträgen zu 4. und 5.
286. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verpflichten, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Landgerichts Essen – 8 O 94/08 - durch Querstreichen zu entwerten und dem Kläger die Entwertung nachzuweisen sowie mitzuteilen;
297. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den in dem Klageantrag zu Ziffer 6. näher bezeichneten entwerteten Titel an den Kläger herauszugeben;
30hilfsweise zu den Klageanträgen zu 6. und 7.
318. die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Essen 8 O 396/09 in Höhe eines Teilbetrages von 1.203,04 € sowie aus dem Urteil 8 O 94/08 des Landgerichts Essen in Höhe eines Teilbetrages von 5.039,04 € für unzulässig zu erklären.
32Die Beklagten haben beantragt,
33die Klage abzuweisen.
34Die Beklagte zu 1) hat gemeint, die Klage sei (teilweise) schon unzulässig; soweit sie Zahlungen erhalten habe, betreibe sie nämlich keine Zwangsvollstreckung gegen den Kläger mehr. Zudem hat sie insoweit ausdrücklich Vollstreckungsverzicht erklärt (Bl. 154).
35Beide Beklagten haben ein sittenwidriges Erschleichen der Titel bestritten.
36Die Beklagte zu 1) hat weiter die Ansicht vertreten, der Kläger vermöge sich nicht mehr darauf zu berufen, dass hinsichtlich der Nebenkostenvorauszahlungsforderungen Abrechnungsreife eingetreten sei. Mit diesem Vortrag sei er präkludiert. Ferner hat sie auch diesbezüglich die Verjährungseinrede erhoben und auch auf das in § 5 des Mietvertrages vereinbarte Aufrechnungsverbot verwiesen.
37Sie hat weiter gemeint, sie könne aus dem (Versäumnis-) Urteil des Landgerichts Essen vom 15.12.2009 – 8 O 396/09 – noch 4.891,10 € nebst Zinsen und aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 30.10.2008 – 8 O 94/08 – noch 7.958,64 € nebst Zinsen vollstrecken. Denn die Zahlungen des Klägers in Höhe von insgesamt 28.774,05 € (Bl. 153) seien ausweislich der von ihr vorgelegten Forderungsaufstellung zum 24.01.2014 (B 4, Bl. 164) in Höhe von 16.035,32 € zunächst auf Kosten und Zinsen – auch bezüglich der KfB´s – zu verrechnen und erst dann auf die Hauptforderungen.
38Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
39Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Rückzahlungsansprüche stünden dem Kläger nicht zu. Die Zahlungen des Klägers seien nicht ohne Rechtsgrund erfolgt, da die ihnen zugrunde liegenden Titel noch bestünden. Auch seien die Voraussetzungen des § 826 BGB nicht erfüllt. Erforderlich sei dafür, dass sich eine Partei das Urteil oder dessen Rechtskraft erschlichen habe, d.h. durch eine rechts- oder sittenwidrige Handlung im Bewusstsein der Unrichtigkeit herbeigeführt habe, oder aber aus einem zwar nicht erschlichenen, aber nachträglich als unrichtig erkannten Urteil vorgehe und dieses Ausnutzen des Titels in hohem Maße unbillig und geradezu unerträglich sei. Derartige Umstände seien vorliegend nicht ersichtlich. Der Kläger habe lediglich Umstände vorgetragen, die schon bei Erlass der entsprechenden Urteile Berücksichtigung gefunden hätten. Dass aufgrund dieser vorgetragenen Umstände die materielle Rechtslage in den Urteilen unzutreffend beurteilt worden sei, sei nicht feststellbar. Selbst wenn dem aber so wäre, so habe der Kläger keine Umstände konkret vorgebracht, die auf ein Erschleichen der Titel oder darauf schließen ließen, dass die Vollstreckung aus ihnen sittenwidrig erscheine. Insbesondere habe er insoweit weder diesbezügliche tatsächliche Handlungen der Beteiligten substantiiert dargetan, noch vorgetragen, welcher konkrete Vortrag seitens des Rechtsanwalts V unterlassen worden oder fehlerhaft erfolgt sei.
40Auch der Feststellungsantrag sei unbegründet. Dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche aus den beiden Urteilen mehr zustünden, könne nicht festgestellt werden. Zahlungen über den von der Beklagten zu 1) zugestandenen und in ihrer Forderungsaufstellung berücksichtigten Betrag von 28.774,05 € hinaus habe der Kläger nicht bewiesen, so dass aus beiden Titeln noch Forderungen offen seien. Der Kläger vermöge auch eine unrichtige Verrechnung der Zahlungen nicht mit Erfolg geltend zu machen. Die Beklagte zu 1) habe zunächst zutreffend gemäß § 367 BGB verrechnet. Hinsichtlich des § 366 II BGB führe der Sachvortrag des Klägers nicht zu einer vollständigen Erfüllung der Forderungen aus einem Titel und fehle es auch an einem konkreten Vortrag, gegen welche durch die Beklagte zu 1) getroffene Tilgungsbestimmung er sich nun konkret wende und wie seiner Ansicht nach konkret zu verrechnen sein solle.
41Soweit sich die Feststellungsklage auch gegen den Beklagten zu 2) richte, seien Ansprüche ohnehin nicht ersichtlich.
42Unbegründet sei auch der Antrag, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) aus den beiden Urteilen ganz oder teilweise für unzulässig zu erklären. Soweit Zahlungen erfolgt seien, bestehe aufgrund des von der Beklagten zu 1) erklärten Vollstreckungsverzichts schon kein Rechtsschutzbedürfnis, zumal der Kläger auch nicht dargelegt habe, dass auch insoweit noch eine Vollstreckung erfolge oder erfolgen solle. Die vollständige Erfüllung der Titel habe der Kläger, wie schon ausgeführt, jedoch nicht bewiesen. Im Übrigen sei sein weiteres Vorbringen nach § 767 II ZPO unbeachtlich. Vortrag zu Mängeln des Mietobjektes habe bereits in den Vorprozessen erfolgen können. Der Eintritt der Abrechnungsreife sei aufgrund der Rechtskraft der beiden Urteile wie aber auch deshalb unbeachtlich, weil etwaige Rückerstattungsansprüche hinsichtlich geleisteter Nebenkostenvorauszahlungen verjährt seien. Denn ein etwaiger Rückerstattungsanspruch des Klägers sei nach Beendigung des Mietverhältnisses und Eintritt der Abrechnungsreife entstanden und fällig geworden. Vorliegend sei das Mietverhältnis spätestens im Jahre 2008 beendet gewesen, so dass die Verjährungsfrist Ende 2012 abgelaufen und durch die erst im Mai 2014 bei Gericht eingegangene Klage nicht mehr rechtzeitig gehemmt worden sei. Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) seien insoweit ohnehin nicht ersichtlich.
43Schließlich hätten auch die Hilfsanträge keinen Erfolg. Dem Kläger stünden Ansprüche auf Entwertung und Herausgabe der Titel nicht zu, da die titulierten Forderungen nicht vollständig erfüllt seien. Soweit er begehre, die Vollstreckung aus den Titeln in Höhe von 1.203,04 € (8 O 296/09) bzw. von 5.099,04 € (8 O 94/08) für unzulässig zu erklären, fehle es schon an einem Rechtsschutzbedürfnis und sei ein solcher Anspruch auch nicht gegeben. Ansprüche gegen den Beklagten zu 2) seien auch insoweit ohnehin nicht ersichtlich.
44Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der der er seine erstinstanzlichen Klageanträge zunächst in vollem Umfang weiterverfolgt hat.
45Er rügt, das Landgericht habe die Klage zu Unrecht als unbegründet erachtet. Es habe insbesondere nicht hinreichend berücksichtigt, dass sich der Kläger mit seinen Hilfsanträgen auch auf eine teilweise Erfüllung der titulierten Forderungen berufen habe. Zwar habe das Landgericht Recht, wenn es ausführe, dass die Verrechnung nach den §§ 366, 367 BGB vorzunehmen sei. Indes habe die Beklagte zu 1) eine solche Verrechnung nicht vorgenommen. Vielmehr habe sie die geleisteten Zahlungen im Ergebnis nicht nachvollziehbar und ohne erkennbares Prinzip auf beide Titel verrechnet, was jedoch nachweislich fehlerhaft sei. Soweit das Landgericht ausgeführt habe, ein Gesamtausgleich der Forderungen liege nicht vor, habe es verkannt, dass der Kläger einen solchen eben mit dem Hilfsantrag auch gar nicht geltend mache.
46Zu Unrecht habe das Landgericht auch den Eintritt der Abrechnungsreife hinsichtlich der Nebenkosten und den hiermit verbundenen Wegfall der Vorauszahlungsforderungen der Beklagten zu 1) nicht berücksichtigt. Anders als vom Landgericht angenommen gehe es hier nämlich nicht um einen Rückforderungsanspruch, weshalb auch die Ausführungen zur Verjährung neben der Sache lägen. Vielmehr habe eine Verrechnung auf diese Forderungen nicht mehr erfolgen dürfen, was zu einer vollständigen Erfüllung beider Titel führe.
47Der Kläger hat zunächst beantragt,
481. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, 28.774,05 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen;
492. festzustellen, dass der Beklagten zu 1) keine Ansprüche aus den Urteilen des Landgerichts, Az. 8 O 94/08 vom 30.10.2008 sowie aus dem Urteil des Landgerichts Essen , Az. 8 O 396/09 vom 17.03.2010, zustehen;
503. die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) aus den in Ziffer 2.) näher bezeichneten Urteilen für unzulässig zu erklären;
51hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Anträgen zu 1. und 2.
524. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verpflichten, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Landgerichts Essen – 8 O 396/09 – durch Querstreichen zu entwerten und dem Kläger die Entwertung nachzuweisen sowie mitzuteilen;
535. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den in dem Klageantrag zu Ziffer 4. näher bezeichneten entwerteten Titel an den Kläger herauszugeben;
54hilfsweise zu den Klageanträgen zu 4. und 5.
556. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verpflichten, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Landgerichts Essen – 8 O 94/08 - durch Querstreichen zu entwerten und dem Kläger die Entwertung nachzuweisen sowie mitzuteilen;
567. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den in dem Klageantrag zu Ziffer 6. näher bezeichneten entwerteten Titel an den Kläger herauszugeben;
57hilfsweise zu den Klageanträgen zu 6. und 7.
588. die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Essen 8 O 396/09 in Höhe eines Teilbetrages von 1.203,04 € sowie aus dem Urteil 8 O 94/08 des Landgerichts Essen in Höhe eines Teilbetrages von 5.039,04 € für unzulässig zu erklären.
59In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger sodann seine Berufung zurückgenommen, soweit seine Klage gegen den Beklagten zu 2) abgewiesen worden ist, sowie teilweise, soweit seine Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen worden ist.
60Der Kläger beantragt nunmehr,
61unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Essen vom 26.08.2014 auszusprechen, dass die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu Ziff. 1) aus den Urteilen des Landgerichts Essen, Aktenzeichen 8 O 94/08 vom 30.10.2008 und Aktenzeichen 8 O 396/09 vom 17.03.2010 für unzulässig erklärt wird und die Beklagte zu 1) verurteilt wird, diese Titel an den Kläger heraus zu geben.
62Die Beklagte zu 1) beantragt,
63die Berufung zurückzuweisen.
64Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie bestreitet nun erstmalig, dass eine Zahlung von 2.081,98 € auf den KfB vom 24.10.2011 erfolgt sei. Hinsichtlich der auf den KfB vom 30.12.2011 über 3.774,05 € erfolgten Zahlung in Höhe von 3.794,27 € trägt sie vor, diese Zahlung am 05.12.2011 erhalten zu haben. Sie meint, soweit Verrechnungen auf Nebenkostenvorauszahlungsforderungen erfolgt seien, könne sich dies nicht zugunsten des Klägers auswirken, da dieser keine verlängerte Vollstreckungsgegenklage nach § 812 BGB erhoben und zudem die Zahlungen ohne Vorbehalt bzw. Erhebung einer Vollstreckungsgegenklage geleistet habe.
65Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das angefochtene Urteil verwiesen.
66II.
67Die zulässige Berufung des Klägers hat – soweit er sie nicht zurückgenommen hat – in dem aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
681.
69Soweit sich die Klage gegen den Beklagten zu 2) richtete, ist aufgrund der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung insoweit ausgesprochenen Berufungsrücknahme in vollem Umfang gemäß § 516 III ZPO auszusprechen, dass der Kläger dieses Rechtsmittels verlustig ist.
702.
71Die Vollstreckungsgegenklage des Klägers gegen die Beklagte zu 1) ist hinsichtlich des Urteils des Landgerichts Essen vom 30.10.2008 – 8 O 94/08 –zulässig und in vollem Umfang begründet, in Bezug auf das Versäumnisurteil des Landgerichts Essen vom 15.12.2009 und Urteil des Landgerichts Essen vom 13.04.2010 – beide 8 O 396/09 – nur insoweit begründet, als die titulierte Forderung der Beklagten zu 1) einen Betrag von 2.732,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.04.2012 übersteigt.
72a.
73Die in dem Urteil des Landgerichts Essen vom 30.10.2008 – 8 O 94/08 - zugunsten der Beklagten zu 1) gegen den Kläger titulierten Forderungen sind aufgrund eines teilweisen Wegfalls sowie im Übrigen aufgrund dessen unstreitiger Zahlungen in Höhe von insgesamt 25.000,-- € vollständig erfüllt, so dass die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) aus diesem Urteil für unzulässig zu erklären ist.
74aa.
75Die Zwangsvollstreckungsgegenklage ist insoweit – entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) – in vollem Umfang zulässig, insbesondere fehlt es nicht an dem Rechtsschutzbedürfnis des Klägers.
76(1)
77Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Zwangsvollstreckungsgegenklage ist gegeben, sobald eine Zwangsvollstreckung ernstlich droht bis zur endgültigen Befriedigung des Gläubigers (Zöller/Herget, ZPO, 30. Aufl., § 767, Rn. 8 m.w.N.). Ein bloßer Verzicht des Gläubigers auf seine Rechte aus dem Vollstreckungstitel ohne dessen Herausgabe an den Schuldner beseitigt dann das Rechtsschutzbedürfnis nicht (OLG Hamm, WRP 1992, 195, Juris; Zöller/Herget, a.a.O., § 767, Rn. 8). Nur wenn eine Zwangsvollstreckung unzweifelhaft nicht beabsichtigt ist oder nicht mehr droht, fehlt es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis (Zöller/Herget, ZPO, a.a.O., § 767, Rn. 8).
78(2)
79Gemessen an diesen Voraussetzungen besteht ein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für eine Zwangsvollstreckungsgegenklage und steht diesem nicht ganz oder teilweise der von der Beklagten zu 1) erklärte Vollstreckungsverzicht entgegen, soweit die titulierte Forderung einen Betrag von 7.958,64 € nebst Zinsen übersteigt. Die Beklagte zu 1) hat unstreitig mit der Zwangsvollstreckung schon begonnen, wie sich schon daraus ergibt, dass sie ausweislich ihrer Forderungsaufstellung B 4 sowie der Erklärung ihres Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat den Versuch einer Zwangsversteigerung unternommen hat. Der Umstand, dass sie diese Zwangsvollstreckung derzeit nicht fortbetreibt, führt nicht zu einem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses des Klägers, da sich die Beklagte zu 1) in vorgenanntem Umfang noch des Bestehens einer Forderung aus diesem Vollstreckungstitel berühmt und auch im vorliegenden Rechtsstreit keinen Zweifel daran gelassen hat, nach gerichtlicher Klärung der Höhe der noch bestehenden Forderung aus dem Vollstreckungstitel weiter bzw. wieder vollstrecken zu wollen. Zudem hindert dieser Umstand das Bestehen des Rechtsschutzbedürfnisses aber auch deshalb nicht, weil die Beklagte zu 1) noch im Besitz des vollstreckbaren Titels ist und diesen nicht an den Kläger herausgegeben hat. Aus diesem Grunde führt auch der von ihr teilweise erklärte Vollstreckungsverzicht nicht zu einem vollständigen oder teilweisen Fortfall des Rechtsschutzbedürfnisses.
80bb.
81Die Zwangsvollstreckungsgegenklage ist auch begründet. Die Forderungen der Beklagten zu 1) aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 30.10.2008 – 8 O 94/08 – sind zum Teil weggefallen und im Übrigen aufgrund der Zahlungen des Klägers vollständig erfüllt.
82(1)
83Anders als vom Landgericht und der Beklagten zu 1) angenommen kann auch der Wegfall / das Erlöschen eines Anspruchs mit einer Zwangsvollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden und ist diese insoweit begründet, als der Anspruch nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung erloschen ist (BGH NZM 2010, 783 für den umgekehrten Fall des Erlöschens des Anspruchs des Mieters auf Rückzahlung geleisteter Nebenkostenvorauszahlungen aufgrund zwischenzeitlich erteilter Abrechnung; OLG Düsseldorf, NJW 1992, 2166 f. für den Fall des Erlöschens des Anspruchs auf Trennungsunterhalt wegen ehelichen Zusammenlebens; OLG Köln, NJWE-FER 2000, 305 f. für den Fall eines Bedingungseintritts; Zöller/Herget, a.a.O., § 767, Rn. 12 zu „Erlöschen des Anspruchs“).
84Danach betrug die Forderung, die die Beklagte zu 1) von dem Kläger aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 30.10.2008 – 8 O 94/08 – beanspruchen konnte, ab dem 01.01.2009 nur noch 19.333,40 € und ab dem 01.10.2010 lediglich noch 16.184,-- €. Denn mit Eintritt der Abrechnungsreife kann ein Vermieter Nebenkostenvorauszahlungen nicht mehr beanspruchen (BGH, Urteil vom 26.09.2012 – XII ZR 112/10 – Tz. 29; OLG Hamm, Urteil vom 27.05.2013 – I-18 U 72/12 – Tz. 85, beide zit. nach Juris; Senat, Urteil vom 10.10.2014 - I-30 U 74/14 - n.v.). In dem Urteil des Landgerichts Essen vom 30.10.2008 – 8 O 94/08 – waren jedoch der Beklagten zu 1) Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Oktober bis Dezember 2007 (3 * 629,88 €) sowie für die Monate Januar bis Mai 2008 (5 * 629,88 €) zugesprochen worden. Da die für Wohnraummietverhältnisse geltende Frist des § 556 III 2 BGB im gewerblichen Mietrecht entsprechend anzuwenden und somit die Abrechnung über die tatsächlich angefallenen Nebenkosten auch im gewerblichen Mietrecht innerhalb eines Jahres nach Ende der Abrechnungsperiode zu stellen ist (vgl. BGH NZM 2010, 240 Tz. 38), trat für die Vorauszahlungsforderungen für die Monate Oktober bis Dezember 2007 Abrechnungsreife am 31.12.2008 und für die Monate Januar bis Mai 2008 am 31.12.2009 ein. Nach Eintritt der Abrechnungsreife sind somit jeweils die Vorauszahlungsansprüche der Beklagten zu 1) untergegangen.
85Mit der Geltendmachung dieses Einwandes ist der Kläger entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) wie auch des Landgerichts nicht nach § 767 II ZPO präkludiert. Nach dieser Vorschrift ist ein Schuldner nämlich nur mit solchen Einwendungen ausgeschlossen, die noch vor Eintritt der letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind und er somit noch in dem Vorprozess hätte geltend machen können und müssen. Vorliegend trat die Abrechnungsreife jedoch erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Landgerichts und sogar erst nach Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils ein.
86Der Fortfall der Ansprüche auf Zahlung der Nebenkostenvorauszahlungsforderungen führt jedoch nicht dazu, dass der Kläger für diese Forderungen, solange sie bestanden haben und er sich mit ihrer Zahlung in Verzug befunden hat, keine Verzugszinsen mehr schulden würde. Denn der Umstand, dass nach Eintritt der Abrechnungsreife der Vermieter diese Vorauszahlungen nicht mehr beanspruchen kann, ändert nichts daran, dass sich der Mieter bis dahin mit den Vorauszahlungen im Schuldnerverzug befunden hat. Die aus dem Schuldnerverzug folgenden Rechte bleiben dem Vermieter vielmehr auch nach dem Eintritt der Abrechnungsreife erhalten, so dass ihm auch dann noch Verzugszinsen zuzusprechen sind, wenn die Vorauszahlungen selbst nicht mehr verlangt werden können (BGH, Urteil vom 26. September 2012 – XII ZR 112/10 – Tz. 28 f., juris; Senat, Urteil vom 10.10.2014 – I-30 U 74/14 – n.v.).
87(2)
88Hingegen vermag der Kläger nicht mit Erfolg geltend zu machen, die Forderungen stünden der Beklagten in Gänze nicht zu, weil sie den Vollstreckungstitel sittenwidrig erschlichen habe. Der Senat geht dabei davon aus, dass der Kläger diesen Einwand ohnehin im Berufungsverfahren nicht mehr geltend machen will, da es insoweit an jeglichem Berufungsangriff fehlt. Nur rein vorsorglich merkt er daher an, dass das Landgericht diesen Einwand zu Recht nicht hat durchgreifen lassen. Es fehlt diesbezüglich nämlich schon an einem hinreichend substantiierten Vortrag des Klägers für das von ihm behauptete kausale kollusive Zusammenwirken der Beklagten zu 1) mit seinem früheren Prozessbevollmächtigten. Hierzu hätte es der nicht erfolgten Darlegung bedurft, was in dem Vorprozess für den Kläger vorgetragen worden ist, welcher Vortrag dort ganz oder teilweise unterblieben sein soll und inwieweit der Vollstreckungstitel auf dem Unterlassen des entsprechenden Vortrages beruhen soll.
89(3)
90Die verbliebenen Forderungen der Beklagten zu 1) aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 30.10.2008 – 8 O 94/08 – sind jedoch aufgrund der vom Kläger geleisteten Zahlungen vollständig erfüllt (§ 362 I BGB).
91(a)
92Zu berücksichtigen sind dabei zunächst lediglich die von der Beklagten zu 1) eingeräumten Zahlungen in Höhe von 25.000,-- €, da der Kläger für die von ihm behauptete weitere Zahlung über 1.000,-- € beweisfällig geblieben ist.
93(b)
94Hinsichtlich der Daten der geleisteten Zahlungen legt der Senat seiner Entscheidung die von der Beklagten zu 1) angeführten zugrunde. Denn zum einen ist maßgeblich der Zahlungseingang bei der Beklagten zu 1) bzw. bei dem Beklagten zu 2) als ihrem Einziehungsermächtigten und sind die von ihr vorgetragenen Zahlungseingänge durch die seitens der Beklagten vorgelegten Kontoauszüge belegt. Ergänzend weist der Senat in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass diese Daten weit überwiegend auch für den Kläger günstiger sind.
95(c)
96Die zu berücksichtigenden Zahlungen sind, anders als die Beklagte zu 1) meint, mangels Tilgungsbestimmung des Klägers gemäß §§ 366 II, 367 ZPO zunächst auf die Forderungen aus dem Vollstreckungstitel 8 O 94/08 LG Essen in der Reihenfolge der aus diesem Titel entstandenen Zinsen und sodann der Hauptforderung und erst nachrangig dann auf die aus dem Vollstreckungstitel 8 O 396/09 LG Essen entstandenen Zinsen und Hauptforderung zu verrechnen.
97(aa)
98Abweichend von der Ansicht der Parteien ist bei der im vorliegenden Fall nach § 366 II BGB vorzunehmenden Verrechnung nicht der Entstehungszeitpunkt der den Vollstreckungstiteln zugrunde liegenden Forderungen, sondern der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der jeweiligen Vollstreckungstitel maßgeblich. Nach § 366 II BGB hat nämlich vorrangig die Verrechnung auf die Forderung zu erfolgen, die dem Gläubiger eine geringere Sicherheit bietet. Dies ist, wenn – wie hier – für keine der Forderungen Sicherheiten gestellt und sämtliche Forderungen rechtskräftig tituliert sind, diejenige Forderung, die am frühestens verjährt (BGH NJW 2009, 1071, Tz. 19; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 366, Rn. 11). Sind sämtliche Forderungen dem Gläubiger durch rechtskräftige Urteile zuerkannt, richtet sich die
99Verjährung aber nicht mehr nach dem Entstehungszeitpunkt der einzelnen Forderungen, sondern nach dem Eintritt der Rechtskraft der Vollstreckungstitel. Denn mit diesem Eintritt beginnt für die Forderungen eines Vollstreckungstitels gemäß §§ 197 I Nr. 3, 201 S. 1 BGB jeweils eine dreißigjährige Verjährungsfrist neu zu laufen. Da das Urteil in dem Rechtsstreit 8 O 94/08 LG Essen noch im Jahr 2008 rechtskräftig geworden ist, das Urteil in dem Rechtsstreit 8 O 396/09 LG Essen hingegen erst im Jahre 2010, drohten die im zuerst angeführten Urteil titulierten Forderungen folglich früher zu verjähren und boten der Beklagten zu 1) somit eine geringere Sicherheit.
100(bb)
101Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) ist die Verrechnung der Zahlungen des Klägers auch zunächst allein auf die in dem Urteil 8 O 94/08 LG Essen und nicht auch auf die in dem Urteil 8 O 396/09 LG Essen titulierten Zinsen, sondern dann zunächst auf die Hauptforderung des Urteils 8 O 94/08 LG Essen vorzunehmen. Bestehen mehrere Schulden nebst Zinsen und Kosten, ist für die Anrechnung nämlich zunächst § 366BGB maßgebend. Erst wenn die nach dieser Vorschrift bevorrechtigte Schuld vollständig getilgt ist, ist die Leistung auf die nachrangige Schuld wiederum in der Reihenfolge des § 367 BGB anzurechnen (MüKo/Fetzer, BGB, 6. Aufl., § 367, Rn. 4; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 367, Rn. 3; Staudinger/Olzen, BGB, Neubearb. 2011, § 367, Rn. 5). Dies folgt schon daraus, dass § 367 BGB allein das Verhältnis der Tilgungsreihenfolge im Verhältnis einer Hauptforderung und zu dieser gehörigen Nebenforderungen, nicht aber dasjenige bei Bestehen mehrerer Nebenforderungen, die im Zusammenhang mit unterschiedlichen Hauptforderungen entstanden sind, regelt. Diese Regelung der Verrechnung bei unterschiedlichen Forderungen wird vielmehr (allein) von § 366 BGB getroffen. Nur im Rahmen der zunächst schon nach § 366 II BGB getroffenen Tilgungsreihenfolge kann dann also § 367 BGB im Verhältnis der einzelnen Hauptforderung zu der mit ihr im Zusammenhang stehenden Nebenforderung Anwendung finden.
102(d)
103Zudem sind die Zahlungen entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) nicht vorrangig auf die mit den Kostenfestsetzungsbeschlüssen titulierten Rechtsverfolgungskosten der Beklagten zu 1) und den auf diese angefallenen Zinsen zu verrechnen.
104(aa)
105Zwar gehören zu den Kosten im Sinne des § 367 I BGB auch die Prozesskosten, die dem Gläubiger bei Durchsetzung seines Anspruchs entstehen (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 367, Rn. 4), so dass Zahlungen eines Schuldners grundsätzlich nach dieser Vorschrift zunächst auf die Prozesskosten und dann erst auf die Hauptforderung zu verrechnen sind.
106(bb)
107Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der Schuldner eine andere Anrechnung bestimmt hat, wobei dies auch konkludent geschehen kann (vgl. BGH NJW 1991, 2295, 2996; MüKo/Fetzer, BGB, 6. Aufl., § 367, Rn. 3), und der Gläubiger die Annahme der Leistung nicht ablehnt, § 367 II BGB.
108Vorliegend hat der Kläger eine solche abweichende Anrechnungsbestimmung – konkludent – getroffen. Ein rechtsschutzversicherter Schuldner will nämlich, jedenfalls wenn wie vorliegend die Prozesskosten von dem Gläubiger direkt mit der Rechtsschutzversicherung des Schuldners abgerechnet werden, für den Gläubiger erkennbar nicht auf die Prozesskosten, sondern ausschließlich auf die Hauptforderung leisten, während seine Rechtsschutzversicherung schon deshalb ausschließlich auf die entsprechenden Prozesskosten zahlen will, da sie hinsichtlich der Hauptforderung nicht einstandspflichtig ist. Vorliegend hat die Beklagte zu 1) die Prozesskosten beider Vorprozesse direkt mit der Rechtsschutzversicherung des Klägers abgerechnet, so dass für sie die konkludente Anrechnungsbestimmung des Klägers ersichtlich war. Hinsichtlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 30.12.2011 – 8 O 94/08 – ergibt sich dies daraus, dass die Zahlung der Rechtsschutzversicherung des Klägers über 3.794,27 € an den früheren Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1), den Beklagten zu 2), zwischen den Parteien unstreitig ist. Bezüglich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 24.10.2011 – 8 O 396/09 – gilt nichts anderes, da nach dem zugrunde zu legenden Vortrag des Klägers die frühere Prozessbevollmächtigte der Beklagten zu 1), Rechtsanwältin M, von der Rechtsschutzversicherung des Klägers am 18.05.2011 eine Zahlung in Höhe von 2.081,98 € erhalten hat und die Beklagte zu 1) sich die Kenntnis ihrer früheren Rechtsanwältin nach § 166 I BGB zurechnen lassen muss. Das erstmalige Bestreiten dieser Zahlung durch die Beklagte zu 1) in ihrer Berufungserwiderung ist nämlich nach § 531 II Nr. 3 ZPO verspätet und somit unbeachtlich. Der Kläger hatte bereits mit Schriftsatz vom 05.09.2013 (dort Seite 2, Bl. 60 d.A.) diese Zahlung an die Rechtsanwältin M vorgetragen, ohne dass die
109Beklagte zu 1) dem in I. Instanz entgegengetreten ist. Insoweit ergab sich ein Bestreiten auch nicht daraus, dass die Beklagte zu 1) in ihrer später vorgelegten Forderungsaufstellung zum Stichtag 24.01.2014 (B 4, Bl. 162 d.A.) diese Zahlung nicht berücksichtigt hatte. Denn abgesehen davon, dass es sich hierbei um ein Versehen handeln konnte, ist maßgeblicher Sachvortrag in den Schriftsätzen vorzubringen und darf sich nicht allein – konkludent – aus Anlagen ergeben. Gründe, dass und weshalb das fehlende Bestreiten in I. Instanz nicht auf Nachlässigkeit der Beklagten zu 1) beruhen sollen, sind weder ersichtlich noch dargetan.
110Die Beklagte zu 1) hat die Annahme der Leistung auch nicht abgelehnt. Eine solche Ablehnung liegt nicht etwa deshalb vor, weil sie im vorliegenden Rechtsstreit eine von der Anrechnungsbestimmung des Klägers abweichende Verrechnung der Zahlungen geltend macht. Denn ein erst nach Annahme der Zahlung erfolgter Widerspruch des Gläubigers ist unerheblich (BGH NJW 1983, 2773, 2774).
111(4)
112Bei der nach den vorstehenden Grundsätzen vorzunehmenden Verrechnung ergibt sich, dass die Ansprüche der Beklagten zu 1) aus dem Vollstreckungstitel 8 O 84/08 LG Essen nach der Zahlung des Klägers vom 10.10.2011 über 1.000,-- € vollständig erfüllt waren.
113(a)
114Bis zu der ersten, am 23.11.2010 erfolgten Zahlung in Höhe von 10.000,-- € waren die Vorauszahlungsforderungen der Beklagten zu 1) in Höhe von 5.039,04 € (8 * 629,88 €) erloschen, so dass noch eine Hauptforderung über 16.184,-- € verblieben war. Des Weiteren waren bis dahin Zinsen in Höhe von insgesamt 2.539,90 € wie folgt angefallen:
115Titel8 O 94/08 |
Zinsen hieraus für (…) seit (…) bis (…) |
Betrag der Zinsen hieraus |
21.223,04 € |
||
aus 13.264,40 € seit 30.04.08 - 29.10.08 |
186,95 € |
|
aus 21.223,04 € seit 30.10.08 - 31.12.08 |
299,19 € |
|
aus 19.333,40 € seit 01.01.09 - 31.12.09 |
1.133,68 € |
|
aus 16.184 € seit 01.01.10 - 22.11.10 |
740,08 € |
|
16.184,00 € |
2.359,90 € |
Die Zahlungen des Klägers vom 23.11.2010 bis einschließlich 10.10.2011 führten sodann unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich weiter angefallenen Zinsen wie auch des § 367 BGB dazu, dass die Forderungen aus dem Vollstreckungstitel 8 O 84/08 LG Essen wie folgt vollständig erfüllt wurden:
117Titel8 O 94/08 |
Zeitraum, für den weitere Zinsen anfielen |
Betrag der weiter angefallenen Zinsen |
Datum der Zahlung |
Betrag |
|
16.184,00 € |
2.359,90 € |
||||
23.11.2010 |
10.000,00 € |
||||
8.543,90 € |
23.11.2010 - 02.12.2010 |
11,98 € |
|||
03.12.2010 |
1.000,00 € |
||||
7.555,88 € |
03.12.2010 - 29.03.2011 |
124,01 € |
|||
30.03.2011 |
1.000,00 € |
||||
6.679,89 € |
30.03.2011 - 05.04.2011 |
6,56 € |
|||
06.04.2011 |
1.000,00 € |
||||
5.686,45 € |
06.04.2011 - 02.05.2011 |
21,54 € |
|||
03.05.2011 |
1.000,00 € |
||||
4.707,99 € |
03.05.2011 - 06.06.2011 |
23,11 € |
|||
07.06.2011 |
1.000,00 € |
||||
3.731,10 € |
07.06.2011 - 04.07.2011 |
14,76 € |
|||
05.07.2011 |
1.000,00 € |
||||
2.745,86 € |
05.07.2011 - 02.08.2011 |
11,72 € |
|||
03.08.2011 |
1.000,00 € |
||||
1.757,58 € |
03.08.2011 - 30.08.2011 |
6,98 € |
|||
30.08.2011 |
1.000,00 € |
||||
764,56 € |
30.08.2011 - 09.10.2011 |
4,61 € |
|||
10.10.2011 |
1.000,00 € |
||||
0 € |
10.10.2010 |
b.
119Die Vollstreckungsgegenklage ist, soweit sie sich gegen die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Landgerichts Essen vom 15.12.2009 und dem Urteil des Landgerichts Essen vom 13.04.2010 – beide 8 O 396/09 – richtet, aus den schon oben angeführten Gründen gleichfalls zulässig, jedoch nur begründet, soweit die titulierte Forderung einen Betrag von 2.732,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 04.04.2012 übersteigt, und im Übrigen unbegründet.
120aa.
121Der Antrag des Klägers ist bei verständiger Würdigung dahingehend auszulegen, dass er nicht nur begehrt, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 13.04.2010 – 8 O 396/09 – für unzulässig zu erklären, sondern auch die aus dem zugrunde liegenden Versäumnisurteil. Denn Vollstreckungsgrundlage bleibt das Versäumnisurteil, soweit bereits darin Forderungen zuerkannt sind und dieses durch ein späteres Urteil aufrechterhalten wird.
122bb.
123Die Zwangsvollstreckungsgegenklage ist entgegen der Annahme des Landgerichts insoweit nicht insgesamt unbegründet, weil noch eine Restforderung der Beklagten zu 1) verbleibt. Wird eine Klage in einem Fall einer nur teilweisen Befriedigung des Gläubigers gegen den Vollstreckungstitel im Ganzen gerichtet, so ist ihr nämlich teilweise stattzugeben und die Zwangsvollstreckung in der Höhe für unzulässig zu erklären, in der die zugrundeliegende Forderung bereits befriedigt ist, ohne dass es eines darauf gerichteten Hilfsantrags bedarf (BGH NJW-RR 1991, 759, 760).
124cc.
125Bezogen auf diesen Vollstreckungstitel vermag der Kläger einen Fortfall der in dem Vollstreckungstitel enthaltenen Nebenkostenvorauszahlungsforderungen nicht mit Erfolg geltend zu machen. Zwar ist auch bezüglich dieser schon eine Abrechnungsreife eingetreten. Der Kläger ist mit dieser Einwendung jedoch nach § 767 II ZPO ausgeschlossen, weil die Abrechnungsreife schon am 31.12.2008 eingetreten war und der Kläger diesen Umstand mithin schon im Vorprozess hätte geltend machen können und müssen. Nicht mehr entscheidend ist daher, dass, anders als vom Kläger angeführt, nicht 1.203,04 €, sondern nur 629,88 € als Nebenkostenvorauszahlungsforderung in dem Vollstreckungstitel enthalten waren, da in den Monaten August 2005 sowie Januar 2007 bis einschließlich April 2007, für die Restmieten zuerkannt worden waren, jeweils die Nebenkostenvorauszahlungsforderungen übersteigende Zahlungen des Klägers erfolgt waren, die nach § 366 II BGB zunächst auf die Nebenkostenvorauszahlungsforderungen zu verrechnen waren (Senat, Urteil vom 10.10.2014 - I-30 U 74/14 - n.v.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.03.2006 – 10 U 120/05 – Tz. 21, Juris; OLG Rostock OLGR 2001, 440, 441, Juris; Bartholomäi/Lindner-Figura/Stellmann in: Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 3. Aufl., Kapitel 10 Rn. 249), so dass diese nicht mehr Gegenstand des Rechtsstreits 8 O 396/09 LG Essen waren.
126dd.
127Aus den oben schon angeführten Gründen greift auch der – im Berufungsverfahren wohl nicht mehr geltend gemachte – Einwand der sittenwidrigen Erschleichung des Vollstreckungstitels nicht durch, sind Zahlungen des Klägers nur in Höhe von insgesamt 25.000,-- € zu berücksichtigen, die von der Beklagten zu 1) mitgeteilten Datumsangaben für diese Zahlungen maßgeblich und die Zahlungen gemäß § 367 BGB zunächst auf die Zinsen und dann auf die Hauptforderung zu verrechnen, ohne dass auch eine Verrechnung zunächst auf die Zinsen und Hauptforderungen aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen zu erfolgen hat.
128ee.
129Unberücksichtigt zu bleiben hat der Umstand, dass – bei Zugrundelegung des Vortrages der Beklagten zu 1) – die Rechtsschutzversicherung des Klägers auf den im Rechtsstreit 8 O 84/08 LG Essen am 30.12.2011 ergangenen KfB über 3.774,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus seit dem 07.12.2011 am 05.12.2011 eine Überzahlung von 20,00 € (nämlich insgesamt 3.794,27 €) geleistet hat. Einer Verrechnung dieser Überzahlung auf die streitgegenständlichen Vollstreckungstitel steht die, wie schon ausgeführt, von der Rechtsschutzversicherung – zumindest konkludent – getroffene Leistungsbestimmung entgegen, ausschließlich auf die Forderung zu zahlen, die der Beklagten zu 1) aufgrund der von ihr zu beanspruchenden Prozesskosten zusteht.
130ff.
131Unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen verbleibt eine Forderung der Beklagten zu 1) aus dem Urteil des Landgerichts Essen vom 13.04.2010 – 8 O 396/09 – in Höhe von noch 2.732,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.04.2012, die sich wie folgt berechnet:
132(1)
133Bis zur ersten zu berücksichtigenden Zahlung des Klägers vom 10.10.2011 über 1.000,00 €, von der noch 4,61 € auf die Zinsen aus dem Urteil 8 O 94/08 LG Essen und 764,56 € auf die Hauptforderung aus dem vorbezeichneten Urteil zu verrechnen waren, waren auf die im Rechtsstreit 8 O 396/09 LG Essen titulierten Forderungen Zinsen in Höhe von insgesamt 1.866,43 € angefallen, so dass insoweit – unter Berücksichtigung der gleichfalls zuerkannten 10 € Mahnkosten – die Hauptforderung der Beklagten zu 1) am 10.01.2011 6.938,88 € und die Nebenforderungen 1.876,43 € betrugen:
134Titel8 O 396/09 |
Zinsen hieraus für (…) seit (…) |
Betrag der Zinsen hieraus |
6.938,88 € |
||
aus 66,88 € seit 05.01.07 - 05.02.07 |
0,45 € |
|
aus 133,76 € seit 06.02.07 - 05.03.07 |
0,79 € |
|
aus 200,64 € seit 06.03.07 - 04.04.07 |
1,27 € |
|
aus 267,52 € seit 05.04.07 - 02.07.07 |
5,03 € |
|
aus 4.286,09 € seit 03.07.07 -05.09.07 |
62,51 € |
|
aus 6.938,88 € seit 06.09.07 - 09.10.11 |
1.796,38 € |
|
10 € Mahnkosten |
10,00 € |
|
6.938,88 € |
1.876,43 € |
|
(2)
136Unter Berücksichtigung der aufgrund der Zahlung vom 10.10.2011 auf die Forderungen aus dem Titel 8 O 396/09 LG Essen noch zu verrechnenden 230,83 € sowie der nachfolgenden Zahlungen des Klägers und deren Anrechnung gemäß § 367 BGB zunächst auf die Zinsen und dann auf die Hauptforderung verbleibt nach der letzten Zahlung des Klägers vom 04.04.2012 somit noch eine Hauptforderung in Höhe von 2.732,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten ab dem 04.04.2012 wie folgt:
137Titel8 O 396/09 |
Zeitraum, für den weitere Zinsen anfielen |
BetragZinsen |
Summe (verbleibender) Zinsen |
Datum der Zahlung |
gezahlter Betrag |
|
6.938,88 € |
1.876,43 € |
|||||
10.10.2011 |
230,83 € |
|||||
6.938,88 € |
1.645,60 € |
|||||
aus 6.938,88 € 10.10 .2011- 08.11.2011 |
30,63 € |
|||||
6.938,88 € |
1.676,23 € |
|||||
09.11.2011 |
1.000,00 € |
|||||
6.938,88 € |
676,23 € |
|||||
aus 6.938,88 € 09.11.2011 - 07.12.2011 |
29,61 € |
|||||
6.938,88 € |
705,84 € |
|||||
08.12.2011 |
1.000,00 € |
|||||
6.644,72 € |
0 € |
|||||
aus 6.644,72 € 08.12.2011 - 08.01.2012 |
30,90 € |
|||||
6.644,72 € |
30,90 € |
|||||
09.01.2012 |
1.000,00 € |
|||||
5.675,62 € |
0 € |
|||||
aus 5.675,62 € 09.01.2012 - 06.02.2012 |
23,03 € |
|||||
5.675,62 € |
23,03 € |
|||||
07.02.2012 |
1.000,00 € |
|||||
4.698,65 € |
0 € |
|||||
aus 4.698,65 € 07.02.2012 - 06.03.2012 |
19,06 € |
|||||
4.698,65 € |
19,06 € |
|||||
07.03.2012 |
1.000,00 € |
|||||
3.717,71 € |
0 € |
|||||
aus 3.717,71 € 07.03.2012 - 03.04.2012 |
14,56 € |
|||||
3.717,71 € |
14,56 € |
|||||
04.04.2012 |
1.000,00 € |
|||||
2.732,27 € |
||||||
3.
139Auch die Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils 8 O 84/08 LG Essen ist zulässig und begründet.
140a.
141Der Anspruch auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines erfüllten Vollstreckungstitels kann im Wege der objektiven Klagehäufung gemäß § 260 ZPO neben einer Zwangsvollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden (OLG Köln, BeckRS 2010, 25965; Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 767, Rn. 14; Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 371 Rn. 4; Staudinger/Olzen, BGB, Neubearb. 2011, § 367 Rn. 7).
142b.
143Der Anspruch ist in entsprechender Anwendung des § 371 BGB auch begründet, da – wie oben ausgeführt – feststeht, dass die Forderungen der Beklagten zu 1) aus dem Urteil 8 O 84/09 LG Essen vollständig gemäß § 362 I BGB erfüllt sind.
1444.
145Hingegen sind die Klage und die Berufung unbegründet, soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zu 1) zur Herausgabe auch der vollstreckbaren Ausfertigungen des Versäumnisurteils und des Urteils 8 O 396/09 LG Essen begehrt. Ein solcher Anspruch steht dem Kläger nicht in entsprechender Anwendung des § 371 BGB zu, da die Forderungen aus diesem Vollstreckungstitel noch nicht vollständig erfüllt sind.
146III.
147Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1, ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 EGZPO.
148Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.
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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.
(2) Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.
(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.
(2) Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.
(1) Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.
(2) Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien sind durch einen Formularmietvertrag über ein Ladenlokal in einem Nahversorgungszentrum in H. miteinander verbunden, der von ihren Rechtsvorgängern im Jahre 1995 abgeschlossen wurde. Die Klägerin als Ver- mieterin verlangt - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - Nachzahlungen auf ihre Betriebskostenabrechnungen für 2004, 2005 und 2006 sowie ausgerechnete Verzugszinsen wegen der unvollständigen bzw. verspäteten Zahlung der monatlichen Betriebskostenvorauszahlungen durch die Beklagte in den Jahren 2004 und 2005. Hinsichtlich der von der Klägerin erstellten Betriebskostenabrechnungen ist zwischen den Parteien insbesondere streitig, ob und in welchem Umfang einzelne, die Gemeinschaftseinrichtungen des Nahversorgungszentrums betreffende Nebenkosten wirksam (anteilig) auf die Mieter umgelegt worden sind. Insoweit heißt es im Vertrag: "§ 8/II: 1. Sämtliche Nebenkosten des Nahversorgungszentrums, insbesondere alle Kosten des Betriebes und der Instandhaltung der technischen Anlagen werden von allen Mietern anteilig getragen. Nebenkosten werden in ihrer tatsächlich nachgewiesenen Höhe ohne Beschränkung auf die in der Anl. 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung aufgeführten Kosten auf die Mieter umgelegt. Insbesondere sind dies die Kosten für: - Heizung, darin enthalten die Kosten des Betriebs, der Wartung und Pflege und die Instandhaltung sowie des Energieverbrauchs aller Einrichtungen, die Heizungs- und Lüf- tungsanlage betreffend … - Hausmeister, Betriebspersonal, Centermanager und Ver- waltung … - die Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrich- tungen einschließlich der Kosten des Betriebes … - Versicherungen …"
- 2
- Das Landgericht hat die Klage teilweise für begründet gehalten und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 61.388,90 € nebst Zinsen zu zahlen. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Rechtsmittel eingelegt. Während die Berufung der Klägerin erfolglos geblieben ist, hat das Oberlandesgericht die angefochtene Entscheidung auf die Berufung der Beklagten abgeändert und diese lediglich für verpflichtet gehalten, an die Klägerin 17.924,76 € nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe:
- 3
- Die zulässige Revision hat Erfolg.
I.
- 4
- Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Die Übertragung der Nebenkosten für "Versicherungen" sei wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam. Zur Auslegung dieses Begriffes könne insbesondere nicht auf die Anlage 3 zur II. Berechnungsverordnung zurückgegriffen werden, weil die Parteien bei Vertragsschluss eine Beschränkung auf die dort genannten Versicherungen gerade nicht vereinbaren wollten. Auch die Kosten für die Wartung der Brandschutzund Lüftungsanlagen könnten nicht auf die Mieter umgelegt werden. Wartungskosten dienten der Erhaltung des bestimmungsmäßigen Gebrauchs. Zwar dürften solche Aufwendungen in gewerblichen Mietverträgen auch formularmäßig auf den Mieter übertragen werden. Die darin liegende Abweichung vom gesetzlichen Leitbild finde allerdings dann ihre Grenzen, wenn dem Mieter die Erhal- tungslast für gemeinschaftlich genutzte Flächen und Anlagen auferlegt werde. In solchen Fällen sei die Übertragung der Kosten auf den Mieter nur in einem bestimmten, zumutbaren Rahmen zulässig; eine solche Kostenbegrenzung sei aber nicht vorgesehen.
- 5
- Die Übertragung der Nebenkosten für den "Centermanager" sei unwirksam , weil es diesem Begriff an jeglicher Transparenz fehle und nicht ersichtlich sei, welche Kosten einbezogen werden und welche Leistungen hiervon erfasst werden sollten. Darin sei auch bei einem Vertragsschluss vor endgültiger Fertigstellung des Objekts kein Eingriff in die Vertragsfreiheit zu sehen, weil es auch in diesen Fällen Aufgabe des Vermieters sei, die unter den Begriff des Centermanagements fallenden Kosten zur Vermeidung einer uferlosen Ausweitung genau zu bezeichnen. Auch die Klausel, mit der die Nebenkosten für die "Verwaltung" des Objekts auf die Mieter umgelegt werden, sei nicht hinreichend transparent. Zwar sei in formularmäßigen Gewerberaummietverträgen die Umlage von Verwaltungskosten grundsätzlich zulässig. Dies gelte aber nicht, wenn neben Verwaltungskosten auch noch Kosten für den Centermanager in die Klausel aufgenommen werden. Der Begriff des Centermanagements sei für sich schon intransparent; werde er neben den Begriff der Verwaltung gestellt, erhebe sich zusätzlich die Frage, welche Tätigkeiten durch die beiden Begriffe jeweils bezeichnet werden sollen. Dies lasse sich durch Auslegung nicht ermitteln und auch Anhaltspunkte für ein übereinstimmendes Verständnis der Parteien von diesen Begriffen fänden sich nicht.
- 6
- Auch die Kosten für den "Hausmeister" seien wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nicht wirksam übertragen worden. Zwar sei die Vergütung des Hausmeisters als Betriebskostenposition im Sinne der Betriebskostenverordnung grundsätzlich umlagefähig. § 2 Nr. 14 BetrKV nehme jedoch ausdrücklich solche Vergütungen von den umlagefähigen Betriebskosten aus, die dem Hausmeister für die Instandhaltung, Instandsetzung, Erneuerung, Schönheitsreparaturen oder die Hausverwaltung gewährt werden. Eine solche Beschränkung sei von den Parteien in § 8/II des Mietvertrages gerade nicht vorgenommen worden, so dass der Mieter nicht vorhersehen könne, welche Tätigkeiten des Hausmeisters durch die umgelegte Vergütung abgegolten werden sollen. Zudem könnten in den Hausmeisterkosten auch solche Kosten enthalten sein, die eine Instandhaltung oder Instandsetzung von Allgemeinbereichen betreffen. Die Klausel sei daher auch deshalb unwirksam, weil sie der Beklagten ohne Kostenbegrenzung die Erhaltungslast der gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Flächen und Anlagen auferlege.
- 7
- Schließlich könne die Klägerin auch keine Verzugszinsen auf die zunächst rückständig gebliebenen Nebenkostenvorauszahlungen für die Jahre 2004 und 2005 verlangen. Nach Abrechnung der Nebenkosten bestehe allenfalls ein vertraglicher Anspruch des Vermieters auf Nachzahlung eines möglichen Abrechnungssaldos, nicht jedoch mehr auf Zahlung einer Vorauszahlung. Ein Nachzahlungsanspruch bestehe für die Klägerin indessen nicht, so dass sich die Beklagte auch nicht in Verzug befunden habe.
II.
- 8
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
- 9
- 1. Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Nebenkosten für "Versicherungen" und "Centermanager" wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nicht wirksam auf die Beklagte übertragen worden seien.
- 10
- a) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam , wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Gerade bei Vereinbarungen zur Übertragung von Mietnebenkosten kommt diesem Transparenzgebot eine besondere Bedeutung zu. Mietnebenkosten sind Bestandteil der Miete. Die Angemessenheit und Marktgerechtigkeit der von ihm zu zahlenden Miete kann der Mieter nur dann verlässlich beurteilen, wenn er sich anhand einer ausdrücklichen und inhaltlich genügend bestimmten Umlagevereinbarung zumindest ein grobes Bild davon machen kann, welche zusätzlichen Kosten neben der Grundmiete auf ihn zukommen können (Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01 - NZM 2005, 863, 865). Abzustellen ist dabei auf die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Mieters zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Senatsurteil vom 24. Februar 2010 - XII ZR 69/08 - NZM 2010, 279 Rn. 8 mwN).
- 11
- An diesen Grundsätzen ändert auch die von der Revision hervorgehobene marktbeherrschende Stellung der Beklagten im Bereich des Einzelhandels nichts. Verstöße gegen das Transparenzverbot entsprechen nicht den Gebräuchen und Gepflogenheiten im Handelsverkehr (§ 310 Abs. 1 Satz 2 BGB). Es trifft sicherlich zu, dass ein marktmächtiger Vertragspartner auf Mieterseite eher in der Lage sein wird, seine Vorstellungen bei den Vertragsverhandlungen mit dem Vermieter durchzusetzen. Hieraus lässt sich aber nicht etwa eine Verpflichtung des marktmächtigen Mieters ableiten, bereits vor Vertragsschluss auf die Konkretisierung oder Beseitigung intransparenter oder sonst benachteiligender Klauseln zu dringen (vgl. Senatsurteil vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54 Rn. 16). Denn die Verantwortung für den Inhalt von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist im rechtlichen Ausgangspunkt stets vom Klauselverwender - und somit hier von der Vermieterin - zu übernehmen (vgl. Schmidt NZM 2012, 495, 497).
- 12
- b) Nach den oben genannten Maßstäben ist die Übertragung der Kosten für "Versicherungen" unwirksam. Die Klausel ist inhaltlich unklar, weil sie dem Mieter keine Anhaltspunkte dafür bietet, im Rahmen seiner wirtschaftlichen Kalkulation Art und Höhe der möglicherweise auf ihn zukommenden Versicherungskosten abschätzen zu können. Der Senat hat aus diesem Grunde schon vergleichbare Klauseln, welche bei der Geschäftsraummiete eine Übertragung der Kosten für "übliche Versicherungen" zum Gegenstand hatten, im Hinblick auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot für unwirksam erachtet (Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01 - NZM 2005, 863, 865).
- 13
- Entgegen der Auffassung der Revision kann zur Ausfüllung des im Vertrag verwendeten Versicherungsbegriffes auch nicht auf die in Nr. 13 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung bzw. nunmehr in § 2 Nr. 13 BetrKV enthaltene Definition zurückgegriffen werden. Zwar steht einer Heranziehung dieser für die Wohnraummiete geltenden Regelwerke als Hilfsmittel zur Bestimmung umlegbarer Kosten nicht grundsätzlich entgegen, dass sie für die Geschäftsraummiete nicht einschlägig sind. Im vorliegenden Fall scheidet ein Auslegungsrückgriff auf die genannten Bestimmungen allerdings aus, denn unabhängig davon, dass sich die maßgeblichen Regelungen in der II. Berechnungsverordnung bzw. in der BetrKV nicht allgemein zu Versicherungskosten, sondern nur zu einer Definition der Kosten für die Sach- und Haftpflichtversicherung verhalten, hat das Berufungsgericht mit Recht darauf abgestellt, dass eine Beschränkung der auf den Mieter umzulegenden Versicherungskosten auf die Kosten der in Nr. 13 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung gesetzlich definierten Versicherungen nach der eindeutigen Formulierung in den Einleitungssätzen zu § 8/II Nr. 1 des Mietvertrages ausgeschlossen wer- den sollte. Ergibt sich aus dem Vertrag aber die ausdrückliche Bestimmung, dass eine Beschränkung auf die in der II. Berechnungsverordnung bzw. der BetrKV gesetzlich definierten Sach- und Haftpflichtversicherungen nicht gewollt ist, kann eine Auslegung des in der Klausel verwendeten Versicherungsbegriffes nicht zu dem Ergebnis führen, dass (nur) gerade diese gesetzlich definierten Versicherungen auf den Mieter übertragen worden seien.
- 14
- c) Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass bei der Geschäftsraummiete die formularmäßig vereinbarte Übertragung nicht näher aufgeschlüsselter Kosten eines "Centermanagers" auf den Mieter unwirksam ist, da es diesem Begriff an ausreichender Transparenz fehlt (Senatsurteil vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54 Rn. 15). An dieser Beurteilung hält der Senat fest.
- 15
- Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Klausel nicht erkennen lasse, welche Kosten einbezogen werden oder welche Leistungen dem Inhalt nach vom Centermanagement erfasst werden sollen. Gerade weil die Klägerin daneben auch eine Umlage von Verwaltungskosten, Kosten für den Hausmeister sowie Raumkosten für Büro-, Verwaltungs- und Technikräume verlangt, ist nicht ersichtlich, welche sonstigen Kosten noch unter dem Begriff des Centermanagements anfallen. Zur Beschreibung des Tätigkeitsbereichs eines "Centermanagers" stehen weder DIN-Normen noch etwa allgemein anerkannte Richtlinien einer Berufsorganisation zur Verfügung (Schultz PiG Bd. 85 [2009], 105, 109; Blank LMK 2011, 323293). Eine von allen beteiligten Marktkreisen in der Immobilienwirtschaft anerkannte Übung, wonach der Begriff des Centermanagements stets in einem bestimmten Sinne aufzufassen sei, hat die Klägerin nicht aufgezeigt und das Berufungsgericht nicht festgestellt. Aus sich heraus erlaubt der Begriff des Centermanagements keine Eingrenzung der damit inhaltlich verbundenen Einzelpositionen, weil etwa auch Aufwendungen für Marktanalysen, Ermittlung von Kundenwünschen, Werbe- und PR-Maßnahmen, Dekoration, Veranstaltungen sowie sonstige Profilierungsmaßnahmen davon erfasst sein könnten. Weil der Umfang der durch den Centermanager zu ergreifenden Maßnahmen im vorliegenden Mietvertrag auch nicht im Einzelnen beschrieben und eingegrenzt worden ist, können die hierunter entstehenden Kosten für die Mieterin nicht einmal im Groben abgeschätzt werden, so dass die Klausel intransparent und daher unwirksam ist (Senatsurteil vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54 Rn. 15).
- 16
- 2. Das Berufungsgericht geht ferner zu Recht davon aus, dass die formularmäßige Überbürdung der Kosten für einen "Hausmeister" und für die "Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen" den Mieter im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB unangemessen benachteiligt, soweit ihm dadurch die Erhaltungslast für das gesamte Nahversorgungszentrum auferlegt werden kann.
- 17
- a) Nach § 535 Abs. 1 BGB hat der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Ihm obliegt somit die Instandhaltung und Instandsetzung des Mietobjekts. Die Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung kann nach der Rechtsprechung des Senats bei der Geschäftsraummiete formularmäßig auf den Mieter übertragen werden, soweit sie sich auf Schäden erstreckt, die dem Mietgebrauch oder der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind. Die zulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild findet aber dort ihre Grenze, wo dem Mieter die Erhaltungslast von gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Flächen und Anlagen ohne Beschränkung der Höhe nach auferlegt wird. Denn damit werden dem Mieter auch Kosten übertragen, die nicht durch seinen Mietgebrauch veranlasst sind und die nicht in seinen Risikobereich fallen. Ihm werden dadurch, dass er die gemein- schaftlich genutzten Flächen und Anlagen in dem bei Mietbeginn bestehenden, in der Regel gebrauchten Zustand vorfindet, die Kosten für die Behebung anfänglicher Mängel bzw. bereits vorhandener Abnutzungen durch Reparatur oder Erneuerung überbürdet, deren Höhe für ihn nicht überschaubar ist. Darüber hinaus werden ihm Kosten für Schäden auferlegt, die von Dritten verursacht worden sind, für deren Handeln er keine Verantwortung trägt, so dass auch insoweit ihm nicht zurechenbare und der Höhe nach nicht vorhersehbare Kosten auf ihn übertragen werden. Diese Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages benachteiligen den Mieter unangemessen; die Übertragung der Erhaltungslast gemeinschaftlich genutzter Flächen und Anlagen ist nur dann wirksam, wenn sie in einem zumutbaren, durch eine Kostenbegrenzung beschriebenen Rahmen erfolgt (Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01 - NZM 2005, 863, 865).
- 18
- b) Nach diesen Grundsätzen hält die hier verwendete Klausel zur Übertragung der Hausmeisterkosten einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB nicht stand.
- 19
- aa) Zutreffend weist die Revision allerdings darauf hin, dass die formularmäßige Übertragung von Hausmeisterkosten in der Geschäftsraummiete jedenfalls dann keinen grundsätzlichen Bedenken begegnet, wenn zur Ausfüllung des in den Vertragsbedingungen verwendeten Hausmeisterbegriffes auf Nr. 14 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung bzw. in § 2 Nr. 14 BetrKV zurückgegriffen werden kann. Nach der gesetzlichen Definition gehören zu den Kosten des Hauswarts die Vergütung, die Sozialbeiträge und alle geldwerten Leistungen, die dem Hauswart für seine Arbeit gewährt werden, soweit diese nicht die Instandhaltung, Instandsetzung, Erneuerung, Schönheitsreparaturen oder die Hausverwaltung betrifft. Soweit es den Tätigkeitsbereich des Hausmeisters angeht, beschränken sich die Verordnungen somit auf die (nega- tive) Regelung, welche Bestandteile der einem Hausmeister gezahlten Vergütung nicht auf den Mieter umgelegt werden können. Inhalt und Bedeutung des Hausmeisterbegriffes werden vom Verordnungsgeber dagegen ersichtlich als bekannt vorausgesetzt; hinsichtlich der Anforderungen an die Transparenz vertraglicher Bestimmungen können keine strengeren Maßstäbe angelegt werden.
- 20
- bb) Unter den hier obwaltenden Umständen hat das Berufungsgericht aber entscheidungserheblich darauf abgestellt, dass die in Nr. 14 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung enthaltene Beschränkung der umlagefähigen Hausmeisterkosten durch den zweiten Einleitungssatz zu § 8/II Nr. 1 des Mietvertrages ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Mit Recht weist das Berufungsgericht daher darauf hin, dass diese vertragliche Gestaltung es dem Vermieter ermöglicht, über die Umlage der Hausmeistervergütung auch einen Teil der Kosten für die Instandsetzung und Instandhaltung von Gemeinschaftsflächen auf die Mieter abzuwälzen. Eine solche Regelung zu den Hausmeisterkosten ist nur dann wirksam, wenn der Mieter insgesamt durch eine Kostenobergrenze gegen die "uferlose" Übertragung der Erhaltungslast für Allgemeinbereiche geschützt ist (vgl. auch OLG Düsseldorf ZMR 2008, 45, 46; OLG Frankfurt Urteil vom 17. Januar 2008 - 27 U 25/07 - juris Rn. 13; Langenberg Betriebs- und Heizkostenrecht 6. Aufl. Rn. B 95).
- 21
- Schließlich kommt es auch nicht in Betracht, die Klausel zur Übertragung der Hausmeisterkosten mit einem zulässigen - etwa an Nr. 14 der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung bzw. § 2 Nr. 14 BetrKV orientierten - Inhalt aufrechtzuhalten. Unabhängig davon, dass die Parteien eine solche einschränkende Auslegung der Klausel gerade ausgeschlossen haben, steht dem auch das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion entgegen.
- 22
- c) Mit Recht hat das Berufungsgericht ferner die Klausel, wonach dem Mieter die Kosten der "Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einschließlich der Kosten des Betriebes" übertragen worden sind, für unwirksam erachtet. Der Senat hat bereits entschieden, dass eine formularmäßige Bestimmung, wonach der Mieter in einem Einkaufszentrum unter anderem die Wartungs- und Instandhaltungskosten für "alle technischen Einrichtungen (z.B. Telefonzentrale, Musikübertragungsanlage, Blumen und Pflanzen etc.) einschließlich Außenanlagen und Parkplätzen" zu tragen habe, eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darstellt, weil ihm dadurch ohne Begrenzung der Höhe nach die Kosten der Erhaltung des gesamten Einkaufszentrums und seiner Gemeinschaftsanlagen aufgebürdet werden (Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01 - NZM 2005, 863, 865). Die gleichen Wirksamkeitsbedenken ergreifen auch die vorliegende Klausel, die sich entgegen der Auffassung der Revision einer einschränkenden Auslegung dahingehend, dass der Mieter nur für die Erhaltung derjenigen technischen Einrichtungen einzustehen habe, die seinem Mietgebrauch ausgesetzt oder seiner Risikosphäre zuzuordnen sind, aufgrund ihrer bewusst weiten Fassung entzieht. Soweit es die Wartung der technischen Einrichtungen betrifft, verfängt auch der Hinweis der Revision darauf, dass nach Nr. 4 lit. a der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung bzw. nach § 2 Nr. 4 lit. a BetrKV Wartungskosten selbst auf einen Wohnraummieter abgewälzt werden könnten, nicht. Denn diese Vorschriften verhalten sich lediglich zu den Kosten des Betriebes einer Heizungsanlage , die im vorliegenden Fall in einer besonderen Klausel erfasst sind.
- 23
- 3. Rechtlichen Bedenken begegnet es demgegenüber, dass das Berufungsgericht auch die Übertragung der Kosten für die "Verwaltung" wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam gehalten hat.
- 24
- a) Der Senat hat bereits entschieden, dass bei der Geschäftsraummiete der in Formularklauseln verwendete Begriff der "Kosten der Verwaltung" im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hinreichend bestimmt ist. Zur Ausfüllung des Begriffs der Verwaltungskosten kann auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Definitionen in § 26 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung bzw. in § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV zurückgegriffen werden. Auch der Umstand, dass die Verwaltungskosten in der Wohnraummiete gerade aus den umlegbaren Kosten herausgenommen worden sind, hindert nicht daran, im Bereich der Geschäftsraummiete zur Ausfüllung des Begriffs der Verwaltungskosten auf eine vorhandene gesetzliche Definition zurückzugreifen. Wenn die im Einzelfall anfallenden Verwaltungskosten weitere als die gesetzlich definierten Positionen erfassen, so folgt daraus, dass die Kosten insoweit bei Heranziehung der gesetzlichen Definition nicht umgelegt werden können. Wenn sich die Kostenpositionen teilweise überschneiden, ist bei der Betriebskostenabrechnung darauf zu achten, dass Kosten nicht doppelt abgerechnet werden. Die Transparenz des Begriffs der Verwaltungskosten wird durch all dies aber nicht grundlegend in Frage gestellt (Senatsurteil BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 24 f., vgl. auch Senatsurteile vom 24. Februar 2010 - XII ZR 69/08 - NZM 2010, 279 Rn. 9 und vom 4. Mai 2011 - XII ZR 112/09 - NZM 2012, 83 Rn. 8). Dies hat das Berufungsgericht auch nicht verkannt.
- 25
- b) Soweit das Berufungsgericht eine Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Formularklausel daraus hergeleitet hat, dass darin dem Begriff der "Verwaltung" der - für sich genommen intransparente - Begriff des "Centermanagers" an die Seite gestellt wurde, trägt dies den vom Berufungsgericht gezogenen Schluss der Intransparenz nicht.
- 26
- aa) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Senatsentscheidung vom 9. Dezember 2009 (Senatsurteil BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671). Zwar hatte der Senat dort ausgeführt, dass an der wirksamen Übertragung von Verwaltungskosten Bedenken bestehen könnten, wenn in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in wesentlichen Bereichen gleichartige Kosten - wie etwa die des Centermanagements - neben die Verwaltungskosten gestellt werden und dadurch Unklarheiten entstehen (Senatsurteil BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 26). Diese Ausführungen waren allerdings auf solche Fälle zugeschnitten , in denen sämtliche im weiteren Sinne administrativen Tätigkeiten - mithin auch die in § 26 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung bzw. in § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV beschriebenen Verwalteraufgaben - unter einem einzigen unbestimmten Begriff zusammengefasst werden. In solchen Fällen wäre es wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion nicht möglich, die Klausel auf einen zulässigen Inhalt - etwa auf die in § 26 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung bzw. in § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV definierten Verwaltungskosten - zurückzuführen (OLG Düsseldorf WuM 2012, 203, 204).
- 27
- bb) Wenn demgegenüber in der zur Beurteilung stehenden Klausel - wie hier - der Begriff der "Verwaltung" ausdrücklich neben dem Begriff des "Centermanagements" Verwendung findet, bleibt die Übertragung der Verwaltungskosten mit dem durch die Verordnungsdefinitionen ausgefüllten Inhalt wirksam (Langenberg, Betriebskosten- und Heizkostenrecht 6. Aufl. Rn. B 102; vgl. bereits Senatsurteil vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54). Denn lässt sich eine Formularklausel nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennen, so begegnet die Aufrechterhaltung des zulässigen Teils nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keinen rechtlichen Bedenken (vgl. zuletzt Senatsurteile BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772 Rn. 32 und vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01 - NZM 2005, 863, 865).
- 29
- aa) Richtig ist zwar der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass der Anspruch des Vermieters auf Zahlung von Betriebskostenvorauszahlungen mit der Betriebskostenabrechnung für die entsprechende Periode, spätestens aber mit dem Ablauf einer angemessenen Abrechnungsfrist (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 184, 117 = NJW 2010, 1065 Rn. 37 ff.) untergeht und sich danach der Anspruch des Vermieters nur noch auf einen möglicherweise zu seinen Gunsten ergebenden Saldo aus der Betriebskostenabrechnung richtet. Dies ändert aber nichts daran, dass sich der Mieter mit den Betriebskostenvorauszahlungen in einem Schuldnerverzug befand, der bis zur Erteilung der Betriebskostenabrechnung bzw. bis zum Ablauf der Abrechnungsfrist andauerte. Die aus dem Schuldnerverzug folgenden Rechte bleiben dem Vermieter grundsätzlich auch nach dem Eintritt der Abrechnungsreife erhalten, so dass ihm auch dann noch Verzugszinsen auf rückständige Vorauszahlungen zuzusprechen sind, wenn die Betriebskostenvorauszahlungen selbst nicht mehr verlangt werden können (vgl. OLG Düsseldorf OLGR 2000, 231, 233; OLG Rostock OLGR 2002, 34, 37; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pachtund Leasingrechts 10. Aufl. Rn. 544; Langenberg Betriebs- und Heizkostenrecht 6. Aufl. Rn. J 13; Schmid NZM 2007, 555, 556; Geldmacher NZM 2001, 921, 922). Für diese Beurteilung ist es auch unerheblich, ob sich aus der Betriebskostenabrechnung für die entsprechende Periode ein Saldo zugunsten des Vermieters ergibt oder nicht. Die Verzinsungspflicht endet spätestens mit der Abrechnungsreife; dem trägt die Zinsberechnung der Klägerin Rechnung.
- 30
- bb) Der Beklagten steht gegen die Klägerin auch kein Gegenanspruch auf eine (teilweise) Befreiung von den Verzugszinsen zu, weil die Klägerin im Hinblick auf die Unwirksamkeit einzelner Vereinbarungen zur Übertragung von Allgemeinkosten des Nahversorgungszentrums zu einer Herabsetzung der laufenden Nebenkostenvorauszahlungen verpflichtet gewesen wäre. Eine solche Verpflichtung der Klägerin bestand jedenfalls für die Vorauszahlungen in den Streitjahren 2004 und 2005 nicht.
- 31
- Die Anpassung von Nebenkostenvorauszahlungen ist in § 8/II Nr. 5 des Mietvertrages geregelt. Hiernach konnten die monatlichen Nebenkostenvorauszahlungen durch schriftliche Erklärung des Vermieters je nach Höhe der tatsächlichen oder zu erwartenden Kosten angemessen herauf- oder herabgesetzt werden. Gegen die Wirksamkeit einer solchen vertraglichen Regelung, die dem Vermieter ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht hinsichtlich der Höhe der vom Mieter zu zahlenden Nebenkostenvorauszahlungen einräumt, bestehen in der Geschäftsraummiete keine grundsätzlichen Bedenken; der Vermieter hat in diesen Fällen gemäß § 315 BGB seine Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen (vgl. Sonnenschein NJW 1992, 265, 266 f.; Langenberg Betriebs- und Heizkostenrecht 6. Aufl. Rn. E 24). Der Vermieter überschreitet die Grenze des ihm eingeräumten Entscheidungsspielraums grundsätzlich nicht, wenn er die Höhe der Vorauszahlungen - wie hier - nach dem Ergebnis einer formell ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung für die jeweils vergangene Abrechnungsperiode bemisst. Da der Vermieter im Zusammenhang mit der Bewirtschaftung des Mietobjektes selbst gegenüber Lieferanten oder Leistungsanbietern Zahlungspflichten übernommen hat, darf er bei der Ausübung seines Ermessens dem eigenen Liquiditätsinteresse gegenüber Bedenken des Mieters an der Umlagefähigkeit einzelner Kostenpositionen jedenfalls so lange den Vorzug geben, wie er selbst Vertrauen in die inhaltliche Richtigkeit seiner Abrechnung in Anspruch nehmen kann. Dies gilt erst recht, wenn die von ihm gestell- ten Betriebskostenabrechnungen in der Vergangenheit jahrelang unbeanstandet ausgeglichen worden sind.
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- 5. Auf die Revision der Klägerin ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da der Klägerin, wie der Senat abschließend entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO), ein Anspruch auf Verzugszinsen in der von ihr geltend gemachten Höhe zusteht, ist ihre Klage insoweit begründet. Im Übrigen ist die Sache noch nicht zur Endentscheidung reif, weil das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - noch keine Feststellungen zu den Nebenkosten, insbesondere zu deren Angemessenheit und zur Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots getroffen hat. Die insoweit gebotene Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht gibt der Klägerin Gelegenheit, ergänzend dazu vorzutragen, ob die von ihr geltend gemachten Kosten der "Verwaltung" nur auf solchen Verwaltertätigkeiten beruhen, die der gesetzlichen Definition in § 26 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung bzw. in § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV entsprechen. Klinkhammer Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
LG Halle, Entscheidung vom 05.05.2008 - 3 O 580/07 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 06.07.2010 - 9 U 70/08 -
(1) Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.
(2) Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.
(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.
(2) Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.
(1) Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.
(2) Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.
Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können, auch wenn sie auf verschiedenen Gründen beruhen, in einer Klage verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist.
Ist über die Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur Rückgabe außerstande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte Anerkenntnis verlangen, dass die Schuld erloschen sei.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.