Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 03. März 2015 - 14 WF 34/15


Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Lüdenscheid vom 11./12.2.2015 teilweise abgeändert.
Der Antragstellerin wird für ihre gesamte beabsichtigte Rechtsverfolgung ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H aus M bewilligt.
1
Gründe:
2I.
3Die sofortige Beschwerde ist zulässig.
4Ihrer Zulässigkeit steht insbesondere nicht die Vorschrift des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO entgegen, wonach die sofortige Beschwerde bei Verneinung von Erfolgsaussicht i. S. d. § 114 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht stattfindet, wenn der Streitwert in der Hauptsache die Rechtsmittelgrenze nicht erreicht.
5Zwar beläuft sich der Betrag, hinsichtlich dessen das Amtsgericht die Erfolgsaussicht verneint hat, auf weniger als 600 €. Wäre die entsprechende Forderungsposition in der Hauptsache aberkannt worden, wäre dagegen deshalb kein Rechtsmittel gegeben gewesen. Zweck des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO ist es, den Rechtsmittelzug im VKH-Verfahren nicht weiter gehen zu lassen als er in der Hauptsache gegeben wäre (vgl. u. a. Senat, Beschl. v. 19.12.2014 – 14 WF 224/14).
6Nach dem Wortlaut des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO ist aber nicht auf die durch die VKH-Ablehnung bedingte Beschwer, sondern eben auf den Streitwert der Hauptsache abzustellen. Wie der vorliegende Fall zeigt, können diese beiden Werte voneinander abweichen, wenn nämlich die Verfahrenskostenhilfe nur für einen Teil des geltend zu machenden Anspruchs verneint wird. Der Gesamtstreitwert der Hauptsache liegt hier mit 651,05 € oberhalb der Rechtsmittelgrenze.
7Dieser eindeutige Wortlaut ist auch zu beachten (vgl. Musielak/Fischer, ZPO, 11. Aufl. 2014, Rn. 19 zu § 127). Denn er steht bei näherer Betrachtung nicht im Widerspruch zu dem Grundsatz, dass der Rechtszug im VKH-Verfahren nicht weiter gehen soll als in der Hauptsache. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auch der Anspruchsteil, bezüglich dessen das Amtsgericht Verfahrenskostenhilfe versagt hat, in der Hauptsache in die Rechtsmittelinstanz gelangen kann. Würde nämlich die Antragstellerin diesen Anspruchsteil trotz Versagung von VKH auf eigene Kosten weiterverfolgen, und würde das Amtsgericht dann in seiner Hauptsacheentscheidung die Antragsforderung in voller Höhe abweisen – was ja trotz teilweise bejahter Erfolgsaussicht ohne weiteres möglich ist –, so würde die Beschwer dieses Beschlusses dann die Rechtsmittelgrenze überschreiten.
8II.
9Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.
10Dass auch Steuerberaterkosten im Grundsatz Gegenstand des Nachteilsausgleichs sein können, ist höchstrichterlich anerkannt (vgl. BGH FamRZ 1988, 820; ebenso Gerhardt/Kuckenburg/Perleberg-Kölbel, Familienrecht, 13. Kap. Rn. 334). Die Entscheidung bezieht sich zwar nicht auf eine Zustimmung zur Zusammenveranlagung, sondern auf eine Zustimmung zum sog. Realsplitting; da jedoch in beiden Fällen ein Nachteilsausgleich geschuldet ist, kommt eine Übertragbarkeit zumindest in Betracht. Ferner wäre noch zu prüfen, ob die Umstände des Einzelfalles die Hinzuziehung eines Steuerberaters gerade hier als angemessen erscheinen lassen. Letzteres kann aber schon aufgrund des Umstandes, dass es um einen sechs Jahre zurückliegenden Besteuerungszeitraum ging, zumindest nicht ausgeschlossen werden. Die endgültige Entscheidung hierüber darf nicht bereits im Rahmen der lediglich summarischen Prüfung im VKH-Verfahren vorweggenommen werden.
11Gleiches gilt für die geringfügige Differenz, die nach Hinzurechnung der Steuerberaterkosten von 205,28 € zu dem bewilligten Anspruchsteil von 406,76 € zu den geltend gemachten 651,05 € immer noch verbleibt. Diese Differenz beruht auf der Frage, wie der eigentliche steuerliche Nachteil im einzelnen korrekt zu berechnet ist. Auch sie ist nicht im VKH-Verfahren vorwegzunehmen.
12Die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung ratenfreier Verfahrenskostenhilfe liegen auch bezüglich der erweiterten Bewilligung vor.
13Der Beschluss ist unanfechtbar.


Annotations
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.