Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 06. Nov. 2014 - 12 UF 75/14
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,00 € festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Der Antragsteller ist das nichteheliche Kind des Antragsgegners. Er begehrt im Wege der Stufenklage die Erteilung von Auskünften und die Zahlung von Kindesunterhalt.
4Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antragsgegner, der freiberuflich als Zahnarzt tätig ist, verpflichtet, Auskunft über seine Gewinnermittlungen in den Jahren 2010 bis 2012, Kapitalerträgnisse für das Jahr 2012, sein Vermögen zum Stichtag 31.12.2012, geleistete Steuerzahlungen in den Jahren 2010 bis 2012 und seine Wohnverhältnisse zu erteilen. Weiter hat es den Antragsgegner verpflichtet, seine Auskunft durch Vorlage der Steuerbescheide nebst Anlagen für die Jahre 2009 bis 2011 zu belegen. Im Einzelnen wird insoweit auf Bl. 146/6 GA verwiesen.
5Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er beanstandet Art und Umfang der zugesprochenen Auskunftsverpflichtung und beantragt,
6unter Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts Paderborn vom 01.04.2014 (84 F 79/13) den (Auskunfts-)Antrag des Antragstellers zurückzuweisen.
7Der Antragsteller beantragt,
8die Beschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.
9Hinsichtlich des weiteren wechselseitigen Vortrags wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze verwiesen.
10II.
11Die Beschwerde ist bereits nicht zulässig, weil die gemäß § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Mindestbeschwer von 600,00 € nicht erreicht ist.
12Der Wert des Beschwerdegegenstandes richtet sich nach dem Interesse des Antragsgegners, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Es kommt auf den Aufwand, die Zeit und Kosten an, den die Erteilung der Auskunft erfordert (BGH, FamRZ 2014, 1542).
13Vorliegend vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die Erteilung der begehrten Auskunft für den Antragsgegner mit besonderen Schwierigkeiten verbunden wäre. Da der Antragsgegner freiberuflich tätig ist, müsste der Gewinn für die Jahre 2010 bis 2012 für die Steuererklärung bereits ermittelt worden sein. Ebenso ist davon auszugehen, dass im Oktober 2014 sämtliche Steuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 vorliegen. Auf ausdrückliche Nachfrage des Senats im Termin konnte der Rechtsanwalt des Antragsgegners keine gegenteiligen Angaben machen. Die Angaben zum Wohnwert und Einkünften aus Kapital sind in der Regel ebenfalls ohne Hilfe Dritter möglich; auch insoweit sind besondere Schwierigkeiten weder vorgetragen noch ersichtlich. Die vollständige Beschwer ist deshalb anhand des persönlichen Zeit- und Arbeitsaufwands des Antragsgegners zu schätzen.
14Da der Antragsgegner hinsichtlich der Gewinne, Kapitalerträge und Steuerzahlungen auf bereits vorhandene Unterlagen zurückgreifen kann und Auskünfte über den Wohnwert wie auch sein Vermögen in der Regel einen Zeitaufwand von maximal einigen Stunden bedeuten, schätzt der Senat, dass die begehrte Auskunft mit einem überschaubaren Zeit- und Kostenaufwand erteilt werden kann. Es ist weiter weder dargetan noch ersichtlich, dass die Erteilung der Auskunft eine berufstypische Leistung des Auskunftspflichtigen darstellt oder einen Verdienstausfall zur Folge hat. Dies bedeutet, dass der Zeitaufwand des Antragsgegners in Anlehnung an den Stundensatz zu bewerten ist, den er als Zeuge im Zivilprozess erhalten würde (vgl. BGH, FamRZ 2008, 2274). Der Senat legt dementsprechend einen Stundensatz von 17,00 € (§ 22 JVEG) zugrunde, so dass sich selbst bei einem – großzügig bemessenen – Zeitaufwand von 25,0 Stunden lediglich ein Betrag von 425,00 € ergibt. Hinzuzusetzen wären die Kosten für die Anfertigung von Kopien, die der Senat auf max. 25,00 € (250 Kopien x 0,10 €) schätzt. Soweit der Antragsgegner im Schriftsatz vom 03.06.2014 bestreitet, überhaupt Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, Kapital, Vermietung und Verpachtung zu haben, müsste ihm die Auskunftserteilung erst recht leicht fallen.
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 113 FamFG, 97 ZPO. Der Wertfestsetzung liegen §§ 113 FamFG, 3 ZPO zu Grunde.
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Tenor
I. a Der Antragsgegner wird verpflichtet umfassend und ordnungsgemäß Auskunft zu erteilen wie folgt:
1. Durch die Vorlage der Gewinnermittlung für die Jahre 2010, 2011 und 2012.
2. Durch die Vorlage sämtlicher Kapitalerträgnisse für das Jahr 2012.
3. über sein Vermögen zum Stichtag 31.12.2012 durch eine systematische, verständliche und lückenlose Aufstellung seines Vermögens.
4. über die geleisteten Steuerzahlungen einschließlich etwaiger Nachzahlungen und Steuervorauszahlungen einschließlich etwaiger enthaltener Steuererstattungen in den Jahren 2010, 2011 und 2012.
5. über seine Wohnverhältnisse, des Wohnens im eigenen Heim, unter Angabe der wertbildenden Faktoren, wie Grundstücksgröße, Wohnungsgröße, Baujahr, Lage, Eigentumsverhältnisse und gegebenenfalls Darlehnsverbindlichkeiten auf die Liegenschaft.
I. b Der Antragsgegner wird verpflichtet, die Auskunft über seine Einkünfte zu belegen:
Durch die Vorlage der Vorauszahlungs-, Vorauszahlungsanpassungs- und Erstattungssteuerbescheide sowie der Einkommensteuerbescheide nebst der zu Grunde liegenden Einkommenssteuererklärungen und deren Anlagen für die Kalenderjahre 2009, 2010 und 2011 und deren Anlagen für die Kalenderjahre 2009, 2010, 2011, insbesondere
· Anlage N
· Anlage GSE – nebst der vollständigen Gewinn- und Verlustrechnungen nebst Anlagen für die Jahre 2009, 2010 und 2011 und vorläufige Gewinnermittlung 2012
· Anlage KAP und Steuerbescheinigungen über die der Abgeltungssteuer unterliegenden Kapitaleinkünfte. Bei Kapitaleinkünften aus gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen zusätzlich für die Kalenderjahre 2008, 2009 und 2010, die Jahresabschlüsse der Gesellschaft bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang und Lagebericht, Summen und Saldenliste sowie Auszug über die Sachkonten nebst der Protokolle der Gesellschafterversammlung mit den Gewinnverwendungsbeschlüssen für die betreffenden Jahre
· gegebenenfalls Anlage V, nebst aller zugrunde liegender Aufstellungen der Einnahmen und Werbungskosten, nebst Anlage S 2 – 6b
· Anlage SO
· Anlage AUS
· Anlage FW
II. Die sofortige Wirksamkeit dieses Teilbeschlusses wird angeordnet.
III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussbeschluss vorbehalten.
IV. Verfahrenswert (Auskunftsstufe): 500 EUR.
1
Gründe:
2Der Antragsteller begehrt vom Antragsgegner im Rahmen einer Stufenklage zunächst Auskunft über seine Einkommensverhältnisse der vergangenen Jahre.
3Der Antragssteller ist das nichteheliche Kind des Antragsgegners. Die Vaterschaft des Antragsgegners wurde zuletzt durch das rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.10.2012 bestätigt.
4Der Antragsgegner ist am … geboren und übt den Beruf des A aus. Die Kindesmutter und der Kindesvater hatten im Jahre 2002 und im Jahre 2003 eine Beziehung, aus welcher der Antragssteller als Kind hervorging. Der Antragsgegner hat dann für den Antragsteller für einen Zeitraum von zwei Jahren freiwillig Unterhaltszahlungen geleistet in Höhe von monatlich 350 EUR. Der Unterhalt ist bislang nicht tituliert. Der Antragsgegner stellte dann seine Unterhaltszahlungen im Monat Oktober 2006 ein. Der Antragsgegner wurde mit anwaltlichem Schreiben vom 31.1.2007 aufgefordert, Auskunft zu erteilen über seine Einkünfte; ferner wurde er zur Zahlung eines vorläufig bezifferten Unterhaltes i.H.v. 350 EUR monatlich aufgefordert. Der Antragsgegner wurde dann nochmals mit anwaltlichem Schreiben vom 19.2.2007 aufgefordert, seiner Auskunftspflicht nach nunmehr nachzukommen.
5Weitere Unterhaltszahlungen bzw. die begehrte Auskunft wurden vom Antragsgegner in dessen nicht erbracht.
6Die Kindesmutter hat für den Antragssteller Unterhaltsvorschussleistungen erhalten, und zwar bis einschließlich 30.6.2011. Die Kindesmutter hat in der Zeit vom 1.5.2007 bis zum 30.6.2011 Unterhaltsvorschussleistungen für den Antragsteller i.H.v. 7.517 EUR erhalten. Ferner erhielt die Kindesmutter für den Antragsteller auch Leistungen des Jobcenters i.H.v. 10.447,26 EUR für den Zeitraum Oktober 2006 bis einschließlich Januar 2013.
7Der Antragsteller beantragt,
8-wie erkannt-.
9Der Antragsgegner beantragt,
10Antragsabweisung.
11Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.
12II.
13Der Stufenantrag ist in der ersten Stufe (Auskunft) zulässig und begründet.
14Dem Antragsteller steht gegenüber dem Antragsgegner ein Auskunftsanspruch nach Maßgabe von § 1605 BGB zu.
15Der Antragsteller und der Antragsgegner sind in gerader Linie miteinander verwandt. Denn die Vaterschaft des Antragsgegners ist gegenüber dem Antragssteller rechtskräftig festgestellt worden. Zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs dem Grunde und der Höhe nach ist der Antragsgegner demnach verpflichtet, dem Antragssteller die beantragte Auskunft umfassend zu erteilen. Eine anderweitige Möglichkeit für den Antragssteller, einen eventuellen Unterhaltsanspruch zu beziffern, besteht nicht.
16Die Kostenentscheidung war der Schlussentscheidung vorzubehalten.
17Die Anordnung über die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung findet ihre Grundlage in § 116 FamFG.
18Rechtsbehelfsbelehrung:
19Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist derjenige, dessen Rechte durch den Beschluss beeinträchtigt sind. Die Beschwerde ist bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Paderborn, Am Bogen 2-4, 33098 Paderborn schriftlich in deutscher Sprache durch einen Rechtsanwalt einzulegen.
20Die Beschwerde muss spätestens innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Amtsgericht - Familiengericht - Paderborn eingegangen sein. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.
21Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen.
22Darüber hinaus muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen. Die Frist hierfür beträgt zwei Monate und beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses. Innerhalb dieser Frist müssen der Sachantrag sowie die Begründung unmittelbar bei dem Beschwerdegericht - Oberlandesgericht Hamm, Heßlerstr. 53, 59065 Hamm - eingegangen sein.
23Dem Anwaltszwang unterliegen nicht Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie Beteiligte, die durch das Jugendamt als Beistand vertreten sind.
(1) In vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt.
(2) Übersteigt der Beschwerdegegenstand nicht den in Absatz 1 genannten Betrag, ist die Beschwerde zulässig, wenn das Gericht des ersten Rechtszugs die Beschwerde zugelassen hat.
(3) Das Gericht des ersten Rechtszugs lässt die Beschwerde zu, wenn
Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.Zeugen, denen ein Verdienstausfall entsteht, erhalten eine Entschädigung, die sich nach dem regelmäßigen Bruttoverdienst einschließlich der vom Arbeitgeber zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge richtet und für jede Stunde höchstens 25 Euro beträgt. Gefangene, die keinen Verdienstausfall aus einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis haben, erhalten Ersatz in Höhe der entgangenen Zuwendung der Vollzugsbehörde.
(1) In Ehesachen und Familienstreitsachen sind die §§ 2 bis 22, 23 bis 37, 40 bis 45, 46 Satz 1 und 2 sowie die §§ 47 und 48 sowie 76 bis 96 nicht anzuwenden. Es gelten die Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung und die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Verfahren vor den Landgerichten entsprechend.
(2) In Familienstreitsachen gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über den Urkunden- und Wechselprozess und über das Mahnverfahren entsprechend.
(3) In Ehesachen und Familienstreitsachen ist § 227 Abs. 3 der Zivilprozessordnung nicht anzuwenden.
(4) In Ehesachen sind die Vorschriften der Zivilprozessordnung über
- 1.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Tatsachen, - 2.
die Voraussetzungen einer Klageänderung, - 3.
die Bestimmung der Verfahrensweise, den frühen ersten Termin, das schriftliche Vorverfahren und die Klageerwiderung, - 4.
die Güteverhandlung, - 5.
die Wirkung des gerichtlichen Geständnisses, - 6.
das Anerkenntnis, - 7.
die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über die Echtheit von Urkunden, - 8.
den Verzicht auf die Beeidigung des Gegners sowie von Zeugen oder Sachverständigen
(5) Bei der Anwendung der Zivilprozessordnung tritt an die Stelle der Bezeichnung