Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 12. Juni 2015 - 11 W 47/15
Gericht
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 20. April 2015 wird der Beschluss des Einzelrichters der 21. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund vom 07. April 2015 aufgehoben.
Die Kosten des Rechtstreits einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 2.000 € festgesetzt.
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Gründe:
2Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 91a Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Es entspricht allein billigem Ermessen im Sinne von § 91a Abs. 1 ZPO, die Kosten des Rechtstreits den Beklagten aufzuerlegen.
3Es steht zwischen den Parteien nicht im Streit und ist auch im Ausgangspunkt vom Landgericht zutreffend erkannt worden, dass dem Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer bei der Regulierung von Unfallschäden nach allgemeiner Rechtsprechung grundsätzlich eine Prüffrist zuzubilligen ist, vor deren Ablauf eine Klage nicht veranlasst ist. Dabei ist die Dauer der Prüffrist von der Lage des Einzelfalls abhängig. Nach den vom Landgericht im angefochtenen Beschluss zitierten Entscheidungen wird bei durchschnittlichen Verkehrsunfällen regelmäßig eine Prüffrist von 4 – 6 Wochen akzeptiert. Restriktiver ist die Auffassung des OLG München, das unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts in der Schadensbearbeitung von einer regelmäßigen Maximalfrist von 4 Wochen ausgeht und dies als herrschende Meinung bezeichnet (Beschluss vom 29.07.2010 – 10 W 1789/10 – Rn. 6, zitiert nach juris).
4Es kann dahinstehen, ob mit den Erwägungen des OLG München regelmäßig nur eine Maximalfrist von 4 Wochen zuzubilligen ist. Denn jedenfalls war die hier von der Beklagten zu 3) in Anspruch genommene Prüffrist von insgesamt mehr als 7 Wochen zwischen dem ersten spezifizierten Anspruchsschreiben vom 23.10.2014 und der (zu Gunsten der Beklagten unterstellt) am 12.12.2014 erfolgten Regulierung nicht gerechtfertigt.
5Entgegen der Auffassung des Landgerichts ergibt sich aus der am 06.11.2014 erfolgten Schadensabrechnung auf Reparaturbasis keine Verlängerung der Prüffrist bis zum 17.12.2014. Die Prüfung des die Schadensersatzpflicht auslösenden Ereignisses durch die Beklagte zu 3) war nämlich ausweislich ihres ersten Regulierungsschreibens schon am 06.11.2014 und damit innerhalb von 2 Wochen nach der ersten Schadensabrechnung vom 23.10.2014 abgeschlossen, was für die Richtigkeit der Auffassung des OLG München sprechen dürfte. Danach ging es nur noch um die Prüfung der Angemessenheit der mit Anwaltsschreiben vom 06.11.2014 angemeldeten Reparaturkosten. Es sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, weshalb für diese Prüfung weitere 5 Wochen und damit mehr als das doppelte des Zeitraumes erforderlich war als bei der ersten Schadensabrechnung. Namentlich ist nichts dafür dargelegt, welche Ermittlungen die Beklagte zu 3) noch vornehmen wollte oder vorgenommen hat. Eine solche Mitteilung über etwa noch ausstehende Ermittlungen ist nach dem unstreitigen Sachverhalt auch nicht auf die anwaltlichen Sachstandsanfragen vom 11.11.2014 und 26.11.2014 erfolgt. Bei dieser Sachlage lagen keinerlei triftige Gründe vor, die dem Interesse des Klägers an einer zügigen Regulierung durch Erhebung der - der Beklagten zu 3) im Übrigen für den 03.12.2014 angekündigten - Klage mehr als 4 Wochen nach der Schadensabrechnung vom 06.11.2014 entgegengehalten werden könnten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang der von der Beschwerdeerwiderung geltend gemachte Einwand, die mit Anwaltsschreiben vom 28.01.2015 von den Prozessbevollmächtigten des Klägers berechneten Kosten seien jedenfalls teilweise unberechtigt gewesen. Denn das hat mit der Frage der Prüffrist für die mit Schreiben vom 06.11.2014 geltend gemachten Reparaturkosten nichts zu tun.
6Die das Beschwerdeverfahren betreffende Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Wertfestsetzung folgt aus § 3 ZPO und entspricht den bis zur Erledigungserklärung angefallenen gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten.
7Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür gem. § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.
(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.
(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
(1) Haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung oder durch Einreichung eines Schriftsatzes oder zu Protokoll der Geschäftsstelle den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, so entscheidet das Gericht über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss. Dasselbe gilt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes widerspricht, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(2) Gegen die Entscheidung findet die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
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dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.