Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 03. Sept. 2015 - 10 W 161/14

Gericht
Tenor
Nach Rücknahme der Beschwerde hat die Beteiligte zu 3) die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1), 2) und 4) zu tragen.
Der Geschäftswert wird auf 7.000.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
21.
3Nach Rücknahme der Beschwerde waren der Beteiligten zu 3) als Beschwerdeführerin gem. § 84 FamFG die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
4Der Senat folgt insoweit der Rechtsauffassung, dass bei Rechtsmittelrücknahme ein erfolgloses Rechtsmittel im Sinne des § 84 FamFG vorliegt (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 2014, 688 m. w. N.). Eine Kostenentscheidung ist auch veranlasst, da jedenfalls auf Seiten der Beteiligten zu 1) und 2) außergerichtliche Kosten in Form von Rechtsanwaltskosten angefallen sind.
5Bei der Rücknahme eines Rechtsmittels entspricht es in der Regel der Billigkeit, dass derjenige, der das Rechtsmittelverfahren in Gang gebracht hat, die einem anderen Beteiligten dadurch erwachsenen Kosten erstattet (Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Auflage, § 84 Rn. 19). Besondere Umstände, aufgrund derer es gerechtfertigt wäre, vorliegend von dieser im Regelfall vorgesehenen Kostenfolge abzuweichen, liegen nicht vor.
6Zunächst ist aufgrund des Inhalts des von den Beteiligten nicht beanstandeten Gutachtens des Sachverständigen E vom 28.06.2015 davon auszugehen, dass eine Testierunfähigkeit der Erblasserin im Sinne des § 2229 Abs. 4 BGB im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 15.06.2004 nicht festzustellen ist. Die Beschwerde der Beteiligten zu 3) wäre daher auch ohne Rechtsmittelrücknahme aller Voraussicht nach erfolglos geblieben.
7Besondere Umstände ergeben sich entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin auch nicht aus dem Umstand, dass das Nachlassgericht kein Sachverständigengutachten hinsichtlich der Testierfähigkeit der Erblasserin eingeholt hat und deshalb begründeter Anlass zur Einlegung des Rechtsmittels durch die Beschwerdeführerin bestanden habe.
8Nach § 2358 Abs.1 BGB hat das Nachlassgericht im Erbscheinsverfahren unter Benutzung der vom Antragsteller angegebenen Beweismittel von Amts wegen die zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise zu erheben. Dem korrespondierend regelt § 26 FamFG in verfahrensrechtlicher Hinsicht, dass das Gericht von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen hat. Dabei bestimmt das Gericht den Umfang der von Amts wegen durchzuführenden Ermittlungen nach pflichtgemäßem Ermessen, wobei die Ermittlungen so weit auszudehnen sind, wie es die Sachlage erfordert. Die richterliche Aufklärungspflicht ist dann verletzt, wenn Ermittlungen, zu denen nach dem Sachverhalt als solchem und dem Vorbringen der Beteiligten Anlass bestand, nicht durchgeführt worden sind. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Beteiligten trotz des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 27 FamFG verpflichtet sind, durch eingehende Tatsachendarstellung an der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken (OLG Karlsruhe, ErbR 2015, 456 und Beschluss vom 10.06.2015, 11 Wx 33/15; OLG Düsseldorf, ErbR 2014, 124 und ErbR 2015, 451).
9Danach war die Entscheidung des Nachlassgerichts, nach Aktenlage über den Erbscheinsantrag des Beteiligten zu 1) zu entscheiden, nicht verfahrensfehlerhaft. Soweit sich aus dem Inhalt der Akte und insbesondere aus dem Inhalt der beigezogenen Betreuungsakte Anhaltspunkte für eine Prüfung der Testierfähigkeit der Erblasserin zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt am 15.06.2004 ergaben, hat das Nachlassgericht in der angefochtenen Entscheidung ausführlich und plausibel dargetan, warum diese Umstände keine Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin begründen und deshalb keine weiteren Ermittlungen erforderlich machen.
10Darüber hinaus sind konkrete Tatsachen, durch die Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin hätten begründet werden können, von den Beteiligten gegenüber dem Nachlassgericht nicht vorgetragen worden.
11Der Beteiligte zu 2) hat insoweit im Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 16.01.2014 lediglich pauschal vortragen lassen, aus der Nachlassakte und der Betreuungsakte ließen sich „vereinzelt Anknüpfungstatsachen entnehmen, wonach die Erblasserin bei Errichtung des in Rede stehenden jüngsten Testaments testierunfähig gewesen sein könnte“. Nachfolgend wurde lediglich angefragt, ob das Nachlassgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dieser Frage beabsichtige.
12Dagegen hat der Beteiligte zu 1) in Schriftsätzen seines Verfahrensbevollmächtigten vom 25.02.2014 und 30.04.2014 umfangreiche Tatsachen vorgetragen, die geeignet sind, die gesetzliche Vermutung der Testierfähigkeit in § 2229 Abs. 4 BGB zu stützen.
13Die Beschwerdeführerin hat im erstinstanzlichen Verfahren zwar Informationen angefordert und um ihre Beteiligung an dem Erbscheinsverfahren im Hinblick auf das sie begünstigende frühere Testament der Erblasserin gebeten. Inhaltlich hat sich die Beschwerdeführerin an dem Erbscheinsverfahren in erster Instanz jedoch nicht beteiligt, insbesondere hat sie keine Tatsachen in Bezug auf eine mögliche Testierunfähigkeit der Erblasserin vorgetragen.
14Die Entscheidung des Nachlassgerichts, kein Sachverständigengutachten zu der Frage der Testierfähigkeit einzuholen, hält sich damit noch im Rahmen des Ermessensspielraums. Insbesondere ergibt sich eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch das Nachlassgericht nicht allein aus dem Umstand, dass der Senat im Rahmen des ihm obliegenden pflichtgemäßen Ermessens nach § 26 FamFG und nach dem Vortrag der Beteiligten im Beschwerdeverfahren die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Testierunfähigkeit für erforderlich erachtet hat.
15Dass auch nach dem Willen des Gesetzgebers eine fehlende oder unzureichende Mitwirkung eines Beteiligten nach § 27 FamFG kostenrechtlich nachteilige Folgen auslösen kann, ergibt sich zudem aus der Regelung in § 81 Abs. 2 Nr. 4 FamFG, wonach einem Beteiligten die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise auferlegt werden können, wenn dieser durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten erheblich verzögert hat.
16Dabei kann hier dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 81 Abs.2 Nr. 4 FamFG im vorliegenden Fall erfüllt sind, da der fehlende Tatsachenvortrag insbesondere auch der Beteiligten zu 3) unter Berücksichtigung des Akteninhalts dem Nachlassgericht jedenfalls keinen Anlass zu weitergehenden Ermittlungen gegeben hat.
172.
18Die Geschäftswertfestsetzung beruht auf § 40 Abs. 1 GNotKG, wonach sich der Geschäftswert des Erbscheinsverfahrens nach dem Nachlasswert ohne Abzug der Nachlassverbindlichkeiten richtet, und den Angaben der Erblasserin zum Nachlasswert bei Hinterlegung des Testaments.

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Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.
(1) Ein Minderjähriger kann ein Testament erst errichten, wenn er das 16. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Der Minderjährige bedarf zur Errichtung eines Testaments nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
(3) (weggefallen)
(4) Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kann ein Testament nicht errichten.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Ein Minderjähriger kann ein Testament erst errichten, wenn er das 16. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Der Minderjährige bedarf zur Errichtung eines Testaments nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
(3) (weggefallen)
(4) Wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, kann ein Testament nicht errichten.
Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.
(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.
(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn
- 1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat; - 2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste; - 3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat; - 4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat; - 5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.
(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.
(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.
(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.
(1) Der Geschäftswert für das Verfahren zur
- 1.
Abnahme der eidesstattlichen Versicherung zur Erlangung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses, - 2.
Erteilung eines Erbscheins oder Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses, soweit dieses die Rechtsstellung und die Rechte der Erben oder Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass betrifft, - 3.
Einziehung oder Kraftloserklärung eines Erbscheins, - 4.
Änderung oder zum Widerruf eines Europäischen Nachlasszeugnisses, soweit die Rechtsstellung und Rechte der Erben oder Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass betroffen sind,
(2) Beziehen sich die in Absatz 1 genannten Verfahren nur auf das Erbrecht eines Miterben, bestimmt sich der Geschäftswert nach dem Anteil dieses Miterben. Entsprechendes gilt, wenn ein weiterer Miterbe einer bereits beurkundeten eidesstattlichen Versicherung beitritt.
(3) Erstrecken sich die Wirkungen eines Erbscheins nur auf einen Teil des Nachlasses, bleiben diejenigen Gegenstände, die von der Erbscheinswirkung nicht erfasst werden, bei der Berechnung des Geschäftswerts außer Betracht; Nachlassverbindlichkeiten werden nicht abgezogen. Macht der Kostenschuldner glaubhaft, dass der Geschäftswert nach Absatz 1 niedriger ist, so ist dieser maßgebend. Die Sätze 1 und 2 finden auf die Ausstellung, die Änderung und den Widerruf eines Europäischen Nachlasszeugnisses entsprechende Anwendung.
(4) Auf ein Verfahren, das ein Zeugnis über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft betrifft, sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des Nachlasses tritt der halbe Wert des Gesamtguts der fortgesetzten Gütergemeinschaft.
(5) In einem Verfahren, das ein Zeugnis über die Ernennung eines Testamentsvollstreckers betrifft, beträgt der Geschäftswert 20 Prozent des Nachlasswerts im Zeitpunkt des Erbfalls, wobei Nachlassverbindlichkeiten nicht abgezogen werden; die Absätze 2 und 3 sind entsprechend anzuwenden. Dies gilt entsprechend, soweit die Angabe der Befugnisse des Testamentsvollstreckers Gegenstand eines Verfahrens wegen eines Europäischen Nachlasszeugnisses ist.
(6) Bei der Ermittlung des Werts und der Zusammensetzung des Nachlasses steht § 30 der Abgabenordnung einer Auskunft des Finanzamts nicht entgegen.