Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 08. Okt. 2015 - 1 Vollz (Ws) 428, 429/15
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels – an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Aachen zurückverwiesen.
Von einer Entscheidung über den Aussetzungsantrag wird abgesehen.
1
Gründe:
2I.
3Der Betroffene befindet sich derzeit in Strafhaft in der JVA X und verbüßt dort verschiedene (Rest-Gesamt-)Freiheitsstrafen. Im Anschluss an den voraussichtlichen Endstrafentermin (4. Februar 2022) ist die Sicherungsverwahrung angeordnet.
4Nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses bat er am 8. März 2015, ihm aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen „nur eine Halbtagsarbeit zuzuweisen, etwa nur bis zur Mittagspause in einem Arbeitsbetrieb oder, wie von [ihm] auch beantragt, eine reine Halbtagsarbeit wie etwa als Flurreiniger“ zuzuweisen. Insoweit begehrte er, die ihm tatsächlich zum 4. Mai 2015 zugewiesene Tätigkeit als Flurreiniger rückwirkend als Vollzeittätigkeit einzustufen und die Antragstellerin zu verpflichten, auch rückwirkend alle Rechtswirkungen dieser Einstufung umzusetzen. Insoweit heißt es im Vollzugsplan vom 6. Mai 2015, der Betroffene werde „halbtags als Flurreiniger eingesetzt“. Für seine Tätigkeit erhält der Betroffene die hälftige Vergütung einer „normalen“ bzw. einer „Vollzeitstelle“ als Flurreiniger.
5Die Strafvollstreckungskammer hat dem Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung stattgegeben und festgestellt, dass die dem Betroffenen zugewiesene Arbeit eines Flurreinigers eine Vollzeittätigkeit ist. Sie hat die Antragstellerin verpflichtet, eine entsprechende Einstufung vorzunehmen und umzusetzen, d.h. insbesondere dem Antragsteller die entsprechende (monetäre und nicht-monetäre) Vergütung sowie etwaige sonstige Leistungen (z.B. sozialversicherungsrechtliche Lohnbestandteile) auch für die Vergangenheit - zu gewähren. Nach der Rechtsauffassung der Kammer verstoße „die - halbe - Vergütung des Betroffenen durch die Antragstellerin offensichtlich gegen Art. 3 Abs. 1 GG“. Der Betroffene verrichte „jedenfalls in Wesentlichen“ das gleiche Arbeitspensum wie ein „Vollzeithausreiniger“, erhalte aber nur die „halbe Vergütung“. Der Betroffene verrichte nicht nur tatsächlich ein volles Pensum, es sei ihm ein solches sogar „tatsächlich zugewiesen“. Die Einwendung der Antragstellerin, „Vollzeithausreiniger“ würden vermehrt auch außerhalb der normalen Arbeitszeit zu Dienstleistungen herangezogen“, sei nicht nur „offensichtlich unsubstantiiert“, sondern auch „substanzlos“. Insbesondere sei in keinster Weise ersichtlich, wie häufig und aus welchem Anlass eine solche Heranziehung erfolge und inwiefern sich Hausreiniger stets zur Verfügung halten müssten. Aus anderen Verfahren sei der Kammer bekannt, dass die Arbeit als Flurreiniger „in wenigen Stunden bewältigt“ werden könne, und es nicht erforderlich sei, sich nach der normalen Arbeitszeit oder an Wochenenden umfänglich zur Verfügung zu halten.
6Gegen die ihr am 28. Juli 2015 zugestellte Entscheidung wendet sich die Leiterin der JVA mit ihrer am 26. August 2015 bei dem Landgericht Aachen eingegangenen Rechtsbeschwerde, in der sie auch beantragt hat, den Vollzug des angefochtenen Beschlusses bis zur Entscheidung über die Rechtsbeschwerde auszusetzen.
7Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich der Rechtsbeschwerde der Leiterin der JVA X angeschlossen.
8II.
9Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen. Über die Zulassungsgründe des § 116 StVollzG hinaus ist anerkannt, dass eine Zulassung des Rechtsmittels auch dann geboten ist, wenn die tatsächlichen Feststellungen oder rechtlichen Erwägungen der angefochtenen Entscheidung unzureichend sind und das Rechtsbeschwerdegericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG nicht überprüfen kann (Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 116 Rdn. 4). Der Beschluss der Strafvollstreckungskammer muss alle entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Gesichtspunkte enthalten (Arloth a.a.O.).
10Letzteres ist hier nicht der Fall. Vorliegend fehlt es an der Mitteilung entscheidungsrelevanter Gesichtspunkte. Der Senat vermag auf Basis der vorhandenen Feststellungen nicht sicher zu beurteilen, ob und inwieweit der vorliegende Fall Anlass für die Aufstellung von Leitsätzen gibt, z.B. bezüglich der Frage, nach welchen Kriterien die Entlohnung von Flurreinigern in der betroffenen JVA nach Stundensätzen tatsächlich willkürlich und insoweit nur die Anwendung des Leistungslohnsystems ermessensfehlerfrei gewesen wäre.
11Im Kern ist zu klären, ob der Betroffene – wie er geltend macht – vorliegend im Vergleich zu anderen Gefangenen bei gleichem Arbeitspensum aber kürzerer Arbeitszeit einen Anspruch auf das volle oder nur auf ein anteilig gekürztes Arbeitsentgelt hat.
12Die Vergütung von Gefangenenarbeit kann im Zeitlohnsystem oder im Leistungslohnsystem erfolgen (Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 40 Rn. 8; Senatsbeschluss vom 5. Mai 2014, III – 1 Vollz (Ws) 158/14 -, juris). Hierbei liegt auch die Einstufung einer Tätigkeit in das jeweilige Vergütungssystem grundsätzlich im Ermessen der Vollzugsbehörde (vgl. Senatsbeschluss vom 5. Mai 2014, m. w. N.). Die Prüfungskompetenz des Gerichts ist daher im Grundsatz auch beschränkt und umfasst lediglich Fehler bei der Anwendung des Ermessens. Nur im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null darf das Gericht ausnahmsweise selber über den geltend gemachten Anspruch entscheiden. Hierzu hat bereits das OLG Dresden zu § 43 StVollzG, dessen Regelungsgehalt § 32 StVollzG NRW insoweit entspricht (vgl. LT-Drucks. 16/5413, Begründung zu § 32 StVollzG NRW, S. 114; Senatsbeschluss vom 27. Mai 2014
13– III – 1 Vollz (Ws) 142/14 -, juris) Folgendes ausgeführt (OLG Dresden, Beschluss vom 18. Oktober 1999 – 2 Ws 1/99 -, juris):
14„Der Gesetzgeber hat in § 43 Abs. 1 Satz 3 StVollzG zwei Modelle der Bemessung des Arbeitsentgelts eröffnet - Tagessatz und Stundensatz.
15Beim Tagessatzsystem erhält der Gefangene üblicherweise für ein von der Justizvollzugsanstalt festgelegtes geleistetes Tagespensum den vollen Tagessatz. Hierbei spielt es grundsätzlich keine Rolle, wieviel Stunden pro Tag der Gefangene arbeitet; wird z.B. die wöchentliche Arbeitszeit von 31,35 Stunden auf 36,1 bzw. 34,55 Stunden erhöht, begründet dann diese Verlängerung der Arbeitszeit, da sie noch innerhalb der in der freien Wirtschaft und im öffentlichen Dienst geltenden Arbeitszeiten liegt, keinen Rechtsanspruch des Gefangenen auf Zahlung eines höheren Arbeitsentgelts (vgl. KG, NStZ 1989, 445).
16Beim Stundensatzsystem sind zwei Varianten möglich.
17a) Man kann den Tagessatz durch die der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst entsprechende Zahl der täglichen Soll-Arbeitsstunden teilen; der Gefangene erhält dann diesen Stundensatz entsprechend der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit (vgl. Matzke a.a.O., § 43 Rdnr. 5). Diese Modellvariante wird von der Justizvollzugsanstalt Waldheim im vorliegenden Fall praktiziert. Hier wird gleiche Leistung gleich bezahlt (anders als beim Tagessatzsystem), der Gefangene erhält aber trotz voller Arbeitsbereitschaft und ohne eigenes Verschulden ein geringeres Arbeitsentgelt als den gesetzlichen Tagessatz, wenn die tatsächliche Arbeitszeit in der Justizvollzugsanstalt oder einem einzelnen Arbeitsbetrieb von der Soll-Arbeitszeit nach unten abweicht.
18b) Wenn man dieses Ergebnis vermeiden will, muss der Stundensatz für jede Justizvollzugsanstalt und gegebenenfalls sogar für jeden Arbeitsbetrieb eigens entsprechend der dortigen tatsächlichen Arbeitszeit berechnet werden, was mit erheblichen organisatorischen Schwierigkeiten verbunden wäre und auch dazu führen würde, dass die gleiche Leistung - je nach Festlegung der maximal möglichen Arbeitszeit - in den verschiedenen Justizvollzugsanstalten unterschiedlich bezahlt wird. Dies hätte jedoch die vom Antragsteller erwünschte Folge, dass dann jeder leistungsbereite Gefangene das volle gesetzliche Arbeitsentgelt erhalten würde.
19Die Gefangenenarbeit dient in besonderem Maße dem Vollzugsziel der Resozialisierung, hierzu müssen die Arbeitsmodalitäten soweit wie möglich den Verhältnissen in der Freiheit entsprechen; dies ist Ausfluss von § 3 Abs. 1 StVollzG, wonach das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich angeglichen werden soll. In der freien Wirtschaft/im öffentlichen Dienst wird gleiche Leistung grundsätzlich gleich vergütet - so zumindest der Grundgedanke - und fehlende Arbeitszeit nicht bezahlt. Dem entspricht es, den Stundensatz des Arbeitsentgelts der Gefangenen nach der Soll-Arbeitszeit unabhängig von der tatsächlichen Arbeitszeit in den einzelnen Justizvollzugsanstalten oder Arbeitsbetrieben zu berechnen und den Gefangenen nach der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit zu entlohnen. …“
20Ob „Vollzeithausreiniger“ innerhalb der normalen Arbeitszeit tatsächlich nur so viel bzw. nicht mehr leisten, wie der Betroffene als „Halbtagshausreiniger“ kann der Senat nicht nachvollziehen. Der Beschluss teilt insofern mit, dem Antragsteller sei
21– sinngemäß bei halber Arbeitszeit - „tatsächlich“ ein volles Pensum zugewiesen, das er auch tatsächlich verrichte. Nicht konkret, sondern nur pauschal („halbtags“), werden die tatsächlichen bzw. zugewiesenen Arbeitszeiten des Betroffenen mitgeteilt, sowie die Tatsache, dass die Antragstellerin für den Betroffenen die gleiche Stundensatzentlohnung anwende. Zum Umfang der vom Betroffenen ausgeübten Tätigkeiten sowie der allgemeinen Arbeitsanweisung für Flurreiniger nimmt der Beschluss Bezug auf einen Schriftsatz des Betroffenen vom 12. Juli 2015. Daraus ist jedoch nicht hinreichend ersichtlich, ob „Vollzeithausreiniger“ etwa auch lediglich die gleiche Anzahl von Duschen, Fenster, Räumen etc. wie der Betroffene zu reinigen haben. Nach der in Bezug genommenen Arbeitsanweisung haben Hausreiniger zudem auch „Aufgaben nach Weisung des Abteilungsdienstes wahrzu-
22nehmen“, was bei dem Betroffenen jedoch noch nicht vorgekommen sei. Dazu, ob und in welchem Umfang dies bei den „Vollzeithausreinigern“ innerhalb der normalen Arbeitszeiten (montags bis donnerstags von 6:30 Uhr bis 15:30 Uhr und freitags
237:30 Uhr bis 11:45 Uhr) der Fall ist, schweigt der Beschluss. Nach den bisherigen Feststellungen des Beschlusses muss sich der Betroffene jedenfalls nachmittags im Rahmen der mitgeteilten „normalen“ Arbeitszeiten gerade für anfallende Arbeiten nicht bereithalten.
24Eine nach Stundensätzen erfolgende Entlohnung der Hausreiniger, die letztlich alle die gleiche Leistung erbringen müssen, aber hierfür unterschiedlich viel Zeit eingeräumt bekommen, kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn es für dieses Mehr an gewährter Zeit auch einen sachlichen Grund gibt.
25Die Kammer wird daher insbesondere tatsächlich aufzuklären haben, ob eine Inanspruchnahme der „Vollzeithausreiniger“ in der betroffenen JVA zu Zeiten, zu welchen der Betroffene als „Halbtagshausreiniger“ aufgrund seiner Zuweisung nicht zur Arbeit verpflichtet ist, tatsächlich eher eine reine Fiktion ist oder nicht. Da zudem auch Entlohnungsansprüche denkbar sind, ohne dass es über die bloße Arbeitsbereitschaft hinaus tatsächlich zu einer konkreten Tätigkeit kommt, etwa bei Bereitschafts-
26diensten (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 1. April 2008 – 3 Vollz (Ws) 6/08 -, juris), wird – soweit das „Leistungsplus“ der „Vollzeithausreiniger“ tatsächlich nur in einer „Rufbereitschaft“ bestehen würde - die Kammer zu bewerten haben, ob diese „Rufbereitschaft“ der tatsächlichen Verrichtung der durch Arbeitsweisung vorgegebenen Reinigungs- bzw. Hilfstätigkeiten als gleichwertig angesehen werden darf.
27Die Rechtsbeschwerde hat angesichts der unzureichenden Tatsachenfeststellungen und Entscheidungsgründen vorläufig Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache (§ 119 Abs. 4 StVollzG). Angesichts dessen ist eine Entscheidung über den Aussetzungsantrag der Antragstellerin nicht mehr veranlasst.
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(1) Gegen die gerichtliche Entscheidung der Strafvollstreckungskammer ist die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.
(2) Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruhe. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist.
(3) Die Rechtsbeschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. § 114 Abs. 2 gilt entsprechend.
(4) Für die Rechtsbeschwerde gelten die Vorschriften der Strafprozeßordnung über die Beschwerde entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, soweit der Betroffene sich gegen die Zurückweisung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung bezüglich seiner Anträge auf Zurücksetzung des Arbeitsentgelts auf den vorigen Stand und auf Erstattung von Differenzbeträgen richtet.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen.
Soweit die Rechtsbeschwerde zulässig ist, wird sie als unbegründet verworfen.
Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens fallen dem Betroffenen zur Last (§ 121 Abs. 2 StVollzG).
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
1
Gründe
2I.
3Der Betroffene wehrt sich gegen die Berechnung seines Arbeitsentgelts für Gefangenenarbeit nach einer neuen Berechnungsgrundlage, welche zu einem verringerten Einkommen führt.
4Nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses ist der Betroffene seit dem Jahr 2011 im Eigenbetrieb „Schneiderei“ der JVA X beschäftigt. Bis Juni 2013 wurde er zu Unrecht im Leistungslohn geführt, obwohl er Arbeiten im Zeitlohn verrichtete. Nach einer Neuberechnung des Lohnes (Einordnung Leistungsstufe 5, Zulage 14 %) erhält er seitdem nur noch etwa 312 Euro monatlich vergütet; vorher waren es etwa 500 Euro.
5Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer seine Anträge „das Arbeitsentgelt auf den vorigen Stand zurückzusetzen“, die Differenzbeträge zu erstatten und die Rechtswidrigkeit der Maßnahme festzustellen, als unbegründet zurückgewiesen. Die Strafvollstreckungskammer führt aus, dass der Betroffene nur einen Anspruch auf rechtmäßige Bezahlung habe und die Anstalt sogar verpflichtet gewesen sei, eine rechtswidrige Verwaltungspraxis zu korrigieren. Auf Ver-trauensschutz könne sich der Betroffene nicht berufen. Das gleichzeitig gestellte Prozesskostenhilfegesuch hat die Strafvollstreckungskammer ebenfalls zurückgewiesen.
6Gegen den Beschluss wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde und beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren. Er meint, die Entscheidung verstoße gegen den Vertrauensschutz- und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Auch die Prozesskostenhilfe sei zu Unrecht verweigert worden.
7II.
8Die Rechtsbeschwerde ist teilweise zulässig.
91.
10Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe richtet, ist es allerdings unzulässig, da die Ablehnung des PKH-Gesuchs unanfechtbar ist (vgl. nur: OLG Hamm, Beschl. v. 04.12.2012 – III – 1 Vollz(Ws) 672/12).
112.
12Auch soweit sich das Rechtsmittel gegen die Zurückweisung des Antrages auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme richtet ist es unzulässig, da schon der zu Grunde liegende Antrag auf gerichtliche Entscheidung unzulässig war, was vom Rechtsbeschwerdegericht als Verfahrensvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen ist. Hinsichtlich des Feststellungsantrages liegt kein Feststellungsinteresse vor, da der Betroffene über seine Verpflichtungsanträge hinreichend Rechtsschutz erhalten kann.
133.
14Die Rechtsbeschwerde ist im Übrigen zulässig. Sie war zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, da – soweit ersichtlich – zum Widerruf einer Einstufung der Bezahlungsweise nach dem Leistungslohn und Umgruppierung in den Zeitlohn und zu den damit verbundenen Fragen des Vertrauensschutzes noch keine obergerichtlichen Entscheidungen vorliegen.
15III.
16Die Rechtsbeschwerde ist – soweit sie zulässig ist – unbegründet.
17Der Senat sieht – möglicherweise in Abweichung von der Strafvollstreckungskammer – das Begehren des Betroffenen nicht darauf gerichtet, dass dieser die konkrete Berechnung der neuen Vergütung im Zeitlohn angreift, sondern darauf, dass er sich gegen die Umstufung seiner Tätigkeit von einer (mit höheren Verdienstmöglichkeiten verbundenen) Leistungslohntätigkeit in eine (mit minderen Verdienstmöglichkeiten verbundenen) Zeitlohntätigkeit wendet.
18Die Vergütung von Gefangenenarbeit kann im Zeitlohnsystem oder im Leistungslohnsystem erfolgen (Arloth, StVollzG, 3. Aufl., § 43 Rdn. 8). Ist die Einstufung der Tätigkeit eines Gefangenen einmal erfolgt, so handelt es sich, wenn sie – bei gleichbleibendem Charakter der Tätigkeit – nunmehr umgestuft wird in die jeweils andere Entlohnungsart, weil die Fehlerhaftigkeit der vorherigen Einstufung erkannt wurde, um eine Rücknahme einer begünstigenden Maßnahme, welche rechtlich entsprechend § 14 StVollzG i.V.m. § 48 VwVfG – insbesondere den dort genannten Vertrauensschutzgesichtspunkten - zu bewerten ist (vgl. KG Berlin NStZ 2002, 336; BVerfG NStZ 1994, 100; Arloth a.a.O. § 14 Rdn. 5).
19Da es sich bei der Rücknahme einer begünstigenden Maßnahme um eine Ermessensentscheidung handelt, kann der Senat nicht sein Ermessen an die Stelle der Strafvollzugsanstalt stellen, sondern deren Entscheidung nur auf Ermessensfehler überprüfen. Nach den Feststellungen im angefochtenen Beschluss hat die Vollzugsbehörde Vertrauensschutzbelange des Betroffen in ihre Erwägungen einbezogen, nämlich der Art, dass ausdrücklich eine Rückzahlung in der Vergangenheit eingetretener Überzahlungen nicht erfolgen soll. Dass darüber hinaus dem Vertrauen des Betroffenen ein höheres Gewicht eingeräumt werden müsste als dem öffentlichen Interesse an der Rückkehr zu einer rechtmäßigen Verwaltungspraxis, ist nicht erkennbar. Die Einstufung in die Lohnart beinhaltet als solche keine einmalige oder laufende Geldleistung (vgl. § 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG) und begründet als solche auch noch nicht einmal einen bestimmten Gehaltsanspruch, sondern nur einen Anspruch auf eine bestimmte Abrechnungsmodalität. Dass der Betroffene irgendwelche Dispositionen im Hinblick auf die bisherige Einstufung getroffen hätte, ist nicht erkennbar. Ohne, dass es darauf entscheidend ankäme, ist darauf hinzuweisen, dass noch nicht einmal erkennbar ist, ob nicht der Betroffene selbst von der Unrechtmäßigkeit der bisherigen Abrechnungspraxis wusste.
20IV.
21Mangels Aussicht auf Erfolg in der Hauptsache war auch des Prozesskostenhilfegesuch für die Rechtsbeschwerdeinstanz zurückzuweisen (§ 120 Abs. 2 StVollzG i.V.m. § 114 ZPO).
(1) Die Arbeit des Gefangenen wird anerkannt durch Arbeitsentgelt und eine Freistellung von der Arbeit, die auch als Urlaub aus der Haft (Arbeitsurlaub) genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann.
(2) Übt der Gefangene eine zugewiesene Arbeit, sonstige Beschäftigung oder eine Hilfstätigkeit nach § 41 Abs. 1 Satz 2 aus, so erhält er ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung des Arbeitsentgelts ist der in § 200 bestimmte Satz der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch zu Grunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt kann nach einem Stundensatz bemessen werden.
(3) Das Arbeitsentgelt kann je nach Leistung des Gefangenen und der Art der Arbeit gestuft werden. 75 vom Hundert der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistungen des Gefangenen den Mindestanforderungen nicht genügen.
(4) Übt ein Gefangener zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhält er ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art seiner Beschäftigung und seiner Arbeitsleistung entspricht.
(5) Das Arbeitsentgelt ist dem Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.
(6) Hat der Gefangene zwei Monate lang zusammenhängend eine zugewiesene Tätigkeit nach § 37 oder eine Hilfstätigkeit nach § 41 Abs. 1 Satz 2 ausgeübt, so wird er auf seinen Antrag hin einen Werktag von der Arbeit freigestellt. Die Regelung des § 42 bleibt unberührt. Durch Zeiten, in denen der Gefangene ohne sein Verschulden durch Krankheit, Ausführung, Ausgang, Urlaub aus der Haft, Freistellung von der Arbeitspflicht oder sonstige nicht von ihm zu vertretende Gründe an der Arbeitsleistung gehindert ist, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von weniger als zwei Monaten bleiben unberücksichtigt.
(7) Der Gefangene kann beantragen, dass die Freistellung nach Absatz 6 in Form von Urlaub aus der Haft gewährt wird (Arbeitsurlaub). § 11 Abs. 2, § 13 Abs. 2 bis 5 und § 14 gelten entsprechend.
(8) § 42 Abs. 3 gilt entsprechend.
(9) Stellt der Gefangene keinen Antrag nach Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 oder kann die Freistellung nach Maßgabe der Regelung des Absatzes 7 Satz 2 nicht gewährt werden, so wird die Freistellung nach Absatz 6 Satz 1 von der Anstalt auf den Entlassungszeitpunkt des Gefangenen angerechnet.
(10) Eine Anrechnung nach Absatz 9 ist ausgeschlossen,
- 1.
soweit eine lebenslange Freiheitsstrafe oder Sicherungsverwahrung verbüßt wird und ein Entlassungszeitpunkt noch nicht bestimmt ist, - 2.
bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe oder einer Sicherungsverwahrung zur Bewährung, soweit wegen des von der Entscheidung des Gerichts bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist, - 3.
wenn dies vom Gericht angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe oder einer Sicherungsverwahrung zur Bewährung die Lebensverhältnisse des Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern, - 4.
wenn nach § 456a Abs. 1 der Strafprozessordnung von der Vollstreckung abgesehen wird, - 5.
wenn der Gefangene im Gnadenwege aus der Haft entlassen wird.
(11) Soweit eine Anrechnung nach Absatz 10 ausgeschlossen ist, erhält der Gefangene bei seiner Entlassung für seine Tätigkeit nach Absatz 2 als Ausgleichsentschädigung zusätzlich 15 vom Hundert des ihm nach den Absätzen 2 und 3 gewährten Entgelts oder der ihm nach § 44 gewährten Ausbildungsbeihilfe. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung; vor der Entlassung ist der Anspruch nicht verzinslich, nicht abtretbar und nicht vererblich. Einem Gefangenen, bei dem eine Anrechnung nach Absatz 10 Nr. 1 ausgeschlossen ist, wird die Ausgleichszahlung bereits nach Verbüßung von jeweils zehn Jahren der lebenslangen Freiheitsstrafe oder Sicherungsverwahrung zum Eigengeld (§ 52) gutgeschrieben, soweit er nicht vor diesem Zeitpunkt entlassen wird; § 57 Abs. 4 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.
Dem Gefangenen kann gestattet werden, Ferngespräche zu führen oder Telegramme aufzugeben. Im übrigen gelten für Ferngespräche die Vorschriften über den Besuch und für Telegramme die Vorschriften über den Schriftwechsel entsprechend. Ist die Überwachung der fernmündlichen Unterhaltung erforderlich, ist die beabsichtigte Überwachung dem Gesprächspartner des Gefangenen unmittelbar nach Herstellung der Verbindung durch die Vollzugsbehörde oder den Gefangenen mitzuteilen. Der Gefangene ist rechtzeitig vor Beginn der fernmündlichen Unterhaltung über die beabsichtigte Überwachung und die Mitteilungspflicht nach Satz 3 zu unterrichten.
(1) Die Arbeit des Gefangenen wird anerkannt durch Arbeitsentgelt und eine Freistellung von der Arbeit, die auch als Urlaub aus der Haft (Arbeitsurlaub) genutzt oder auf den Entlassungszeitpunkt angerechnet werden kann.
(2) Übt der Gefangene eine zugewiesene Arbeit, sonstige Beschäftigung oder eine Hilfstätigkeit nach § 41 Abs. 1 Satz 2 aus, so erhält er ein Arbeitsentgelt. Der Bemessung des Arbeitsentgelts ist der in § 200 bestimmte Satz der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch zu Grunde zu legen (Eckvergütung). Ein Tagessatz ist der zweihundertfünfzigste Teil der Eckvergütung; das Arbeitsentgelt kann nach einem Stundensatz bemessen werden.
(3) Das Arbeitsentgelt kann je nach Leistung des Gefangenen und der Art der Arbeit gestuft werden. 75 vom Hundert der Eckvergütung dürfen nur dann unterschritten werden, wenn die Arbeitsleistungen des Gefangenen den Mindestanforderungen nicht genügen.
(4) Übt ein Gefangener zugewiesene arbeitstherapeutische Beschäftigung aus, erhält er ein Arbeitsentgelt, soweit dies der Art seiner Beschäftigung und seiner Arbeitsleistung entspricht.
(5) Das Arbeitsentgelt ist dem Gefangenen schriftlich bekannt zu geben.
(6) Hat der Gefangene zwei Monate lang zusammenhängend eine zugewiesene Tätigkeit nach § 37 oder eine Hilfstätigkeit nach § 41 Abs. 1 Satz 2 ausgeübt, so wird er auf seinen Antrag hin einen Werktag von der Arbeit freigestellt. Die Regelung des § 42 bleibt unberührt. Durch Zeiten, in denen der Gefangene ohne sein Verschulden durch Krankheit, Ausführung, Ausgang, Urlaub aus der Haft, Freistellung von der Arbeitspflicht oder sonstige nicht von ihm zu vertretende Gründe an der Arbeitsleistung gehindert ist, wird die Frist nach Satz 1 gehemmt. Beschäftigungszeiträume von weniger als zwei Monaten bleiben unberücksichtigt.
(7) Der Gefangene kann beantragen, dass die Freistellung nach Absatz 6 in Form von Urlaub aus der Haft gewährt wird (Arbeitsurlaub). § 11 Abs. 2, § 13 Abs. 2 bis 5 und § 14 gelten entsprechend.
(8) § 42 Abs. 3 gilt entsprechend.
(9) Stellt der Gefangene keinen Antrag nach Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 oder kann die Freistellung nach Maßgabe der Regelung des Absatzes 7 Satz 2 nicht gewährt werden, so wird die Freistellung nach Absatz 6 Satz 1 von der Anstalt auf den Entlassungszeitpunkt des Gefangenen angerechnet.
(10) Eine Anrechnung nach Absatz 9 ist ausgeschlossen,
- 1.
soweit eine lebenslange Freiheitsstrafe oder Sicherungsverwahrung verbüßt wird und ein Entlassungszeitpunkt noch nicht bestimmt ist, - 2.
bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe oder einer Sicherungsverwahrung zur Bewährung, soweit wegen des von der Entscheidung des Gerichts bis zur Entlassung verbleibenden Zeitraums eine Anrechnung nicht mehr möglich ist, - 3.
wenn dies vom Gericht angeordnet wird, weil bei einer Aussetzung der Vollstreckung des Restes einer Freiheitsstrafe oder einer Sicherungsverwahrung zur Bewährung die Lebensverhältnisse des Gefangenen oder die Wirkungen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind, die Vollstreckung bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erfordern, - 4.
wenn nach § 456a Abs. 1 der Strafprozessordnung von der Vollstreckung abgesehen wird, - 5.
wenn der Gefangene im Gnadenwege aus der Haft entlassen wird.
(11) Soweit eine Anrechnung nach Absatz 10 ausgeschlossen ist, erhält der Gefangene bei seiner Entlassung für seine Tätigkeit nach Absatz 2 als Ausgleichsentschädigung zusätzlich 15 vom Hundert des ihm nach den Absätzen 2 und 3 gewährten Entgelts oder der ihm nach § 44 gewährten Ausbildungsbeihilfe. Der Anspruch entsteht erst mit der Entlassung; vor der Entlassung ist der Anspruch nicht verzinslich, nicht abtretbar und nicht vererblich. Einem Gefangenen, bei dem eine Anrechnung nach Absatz 10 Nr. 1 ausgeschlossen ist, wird die Ausgleichszahlung bereits nach Verbüßung von jeweils zehn Jahren der lebenslangen Freiheitsstrafe oder Sicherungsverwahrung zum Eigengeld (§ 52) gutgeschrieben, soweit er nicht vor diesem Zeitpunkt entlassen wird; § 57 Abs. 4 des Strafgesetzbuches gilt entsprechend.
(1) Der Strafsenat entscheidet ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß.
(2) Seiner Prüfung unterliegen nur die Beschwerdeanträge und, soweit die Rechtsbeschwerde auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur die Tatsachen, die in der Begründung der Rechtsbeschwerde bezeichnet worden sind.
(3) Der Beschluß, durch den die Beschwerde verworfen wird, bedarf keiner Begründung, wenn der Strafsenat die Beschwerde einstimmig für unzulässig oder für offensichtlich unbegründet erachtet.
(4) Soweit die Rechtsbeschwerde für begründet erachtet wird, ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Der Strafsenat kann an Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheiden, wenn die Sache spruchreif ist. Sonst ist die Sache zur neuen Entscheidung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen.
(5) Die Entscheidung des Strafsenats ist endgültig.