Oberlandesgericht Hamm Beschluss, 05. Jan. 2016 - 1 RVs 96/15


Gericht
Tenor
Das angefochtene Urteil wird im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsmittels – an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
1
Gründe
2I.
3Das Amtsgericht Dortmund - Schöffengericht - hat die Angeklagten am 19. Februar 2015 von dem Vorwurf des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln (Marihuana) in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge freigesprochen. Auf die umfassende Berufung der Staatsanwaltschaft Dortmund vom 20. Februar 2015 hat das Landgericht Dortmund durch Urteil vom 9. Juli 2015 das Urteil des Amtsgerichts aufgehoben und die beiden Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten L zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die Angeklagte y zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafen jeweils zur Bewährung ausgesetzt.
4Zur Sache hat das Landgericht Dortmund folgende Feststellungen getroffen:
5„Der Angeklagte L war Eigentümer eines Mercedes 350 CLS mit dem amtlichen Kennzeichen ###. Am 05. April 2012 verlieh er dieses Fahrzeug an einen Bekannten, den gesondert verfolgten und mittlerweile verurteilten F.
6Am Morgen des 06.04.2012, Karfreitag, stand das Fahrzeug – wie vereinbart – wieder vor dem Haus I-Weg in E, in dem die Angeklagte y ihre Wohnung hat und damals mit dem Angeklagten L zusammen lebte. Als die Angeklagten zu dem Fahrzeug kamen und es öffneten, fanden sie in dem Kofferraum zwei große schwarze Koffer vor, die den Kofferraum fast gänzlich ausfüllten. Sie öffneten zunächst einen der Koffer. Der Koffer war vollständig mit Plastiktüten gefüllt. Die Angeklagte y öffnete eine der Plastiktüten, in der sie Marihuana fanden. Der Rest dieses Koffers war mit gleichartigen Tüten gefüllt. Nunmehr entschlossen sie sich, auch den zweiten Koffer zu öffnen. Auch dieser war vollständig mit Plastiktüten mit Marihuana gefüllt. Die Angeklagten gingen davon aus, dass es sich um mehrere Kilogramm Marihuana handelte.
7Die Angeklagten verschlossen die Koffer nunmehr wieder und begaben sich in die Wohnung der Zeugin y. Sie wussten, dass der gesondert verfolgte F ohne Erlaubnis mit Betäubungsmitteln handelte und auch der Inhalt der Koffer, mindestens 5 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoff-
8gehalt von mindestens 10% THC, zum Verkauf vorgesehen war. In Kenntnis dieses Umstandes verständigten sie sich dahin, dass der Angeklagte L den F anrufen und auffordern sollte, die Koffer abzuholen. Der F kam aufgrund des Anrufs einige Zeit später, eine genaue Zeitspanne hat nicht festgestellt werden können, und holte die beiden Koffer ab.
9Am Mittwoch der darauf folgenden Woche, dem 11. April 2012, wurde ein Mittäter des F in Süddeutschland mit Marihuana aufgegriffen.
10Nachdem die Angeklagten im August 2013 Angaben zu dem mittlerweile schon bekannten Rauschgiftgeschäft gemacht hatten, kamen sie für einen Zeitraum von etwa drei Monaten in ein Zeugenschutzprogramm.“
11Die Mengen und Wirkstoffgehalt des Marihuana hat die Kammer mit folgender Begründung festgestellt:
12„Da nicht festgestellt werden konnte, dass das später in Süddeutschland sichergestellte Marihuana auch das war, das sich in dem Fahrzeug der Angeklagten befunden hatte, hat die Kammer das Gewicht des in dem Fahrzeug des Angeklagten L gefundenen Marihuanas auf 5 kg geschätzt. Diese Schätzung beruht auf den Angaben der Angeklagten zur Größe der Koffer und deren Inhalt sowie auf den Erfahrungen der Kammer als Spezialkammer für Betäubungsmitteldelikte. Im Übrigen haben auch die Angeklagten selbst erklärt, dass es sich um mehrere Kilogramm Marihuana gehandelt habe.
13Die Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Marihuanas beruhen ebenfalls auf einer Schätzung. Nach den Erfahrungen der Kammer hat das in E auch im Jahre 2012 gehandelte Marihuana in aller Regel einen höheren Wirkstoffgehalt als 10 % gehabt. Die Kammer ist aber zugunsten der Angeklagten nur von 10 % ausgegangen.“
14Gegen das landgerichtliche Urteil haben die Angeklagten jeweils form- und fristgerecht Revision eingelegt, diese mit der allgemeinen Sachrüge begründet und insbesondere ausgeführt, die Feststellungen des Landgerichts trügen die Annahme einer Beihilfe zu einem Betäubungsmitteldelikt nicht. Ein die Haupttat fördernder Beitrag sei nicht festgestellt.
15Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Revision der Angeklagten gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
16II.
17Die Revisionen der Angeklagten sind zulässig und haben teilweise – zumindest vorläufig – Erfolg. Im Umfang der Aufhebung war die Sache insoweit nach § 354 Abs. 2 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückzuverweisen; die weitergehenden Revisionen waren nach § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.
181.
19Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge hat zum Schuldspruch keinen die Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben. Insbesondere tragen die Feststellungen zur Sache den Schuldspruch wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß §§ 1, 3, 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 27 StGB. Indem die Angeklagten dem Haupttäter aktiv die Wiedererlangung der tatsächlichen Gewalt über das zum Handel bestimmte Marihuana ermöglicht haben, haben sie die Haupttat unzweifelhaft gefördert. Die insoweit nicht zu beanstandenden Mindestfeststellungen, es habe sich um mehrere Kilogramm Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf gehandelt, tragen auch die Annahme der Haupttat als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Selbst nach Anwendung des Zweifelssatzes überschreitet eine Rauschgiftmenge von wenigstens zwei Kilogramm abgeerntetem und für den Handel bestimmtem Marihuana bei Annahme minderwertiger Qualität zweifelsfrei den Schwellenwert der nicht geringen Menge von 7,5 gr. THC (vgl. Körner, Betäubungsmittelgesetz, 8. Auflage 2015, vor § 29 Rdnr. 319, m.w.N.).
202.
21Hingegen kann der Strafausspruch nicht bestehen bleiben. Das Urteil leidet bezüglich der über die genannten Mindestfeststellungen hinausgehenden konkreten Wirkstoffangaben bzw. Rauschgiftmengen an einem durchgreifenden Darstellungsmangel.
22a)
23Während nähere Feststellungen zur Qualität des Rauschgifts für den Schuldspruch in Ausnahmefällen verzichtbar sind, sind diese im Rahmen der Strafzumessung angesichts der Vielfalt der vorkommenden Wirkstoffkonzentrationen und der Unterschiedlichkeit der geforderten Preise im Regelfall unerlässlich (st. Rspr., vgl. für viele BGH NJW 1994, 1885, 1886 m.w.N.). Das Unrecht einer Betäubungsmittelstraftat und die Schuld des Täters werden maßgeblich durch die Wirkstoffkonzentration und die Wirkstoffmenge bestimmt (BGH NStZ 2012, 339 m.w.N.). Von genaueren Feststellungen darf jedoch ausnahmsweise dann abgesehen werden, wenn ausgeschlossen ist, dass eine genaue Angabe des Wirkstoffes das Strafmaß zu Gunsten des Angeklagten hätte beeinflussen können (vgl. Körner, vor § 29
24Rdnr. 320, m.w.N.). Soweit konkrete Feststellungen zum Wirkstoffgehalt nicht getroffen werden können, da die Betäubungsmittel inzwischen vernichtet, verbraucht oder unbekannt weitergegeben wurden und deshalb für eine Untersuchung nicht zur Verfügung stehen, muss das Tatgericht unter Berücksichtigung anderer hinreichend sicher festgestellter Tatumstände (wie Herkunft, Preis, Aussehen, Verpackung, Verplombung des Rauschmittels, Beurteilung durch die Tatbeteiligten, Qualität
25eines bestimmten Lieferanten) und des Grundsatzes „in dubio pro reo“ die für den Angeklagten günstigste Wirkstoffkonzentration und Betäubungsmittelqualität bestimmen; ansonsten lässt er einen für die Bestimmung des Schuldumfangs wesentlichen Umstand außer Betracht (vgl. Körner, vor § 29 Rdnr. 331, m.w.N.). In einem ersten Schritt ist im Einzelfall die Qualität des Betäubungsmittels etwa durch Befragung des Angeklagten oder durch Vernehmung der Tatbeteiligten festzustellen („sehr schlechte Qualität“, „schlechte Qualität“, „durchschnittlicher Qualität“, „gute Qualität“ oder „sehr gute Qualität“). Auch der vereinbarte Kaufpreis kann ein Indikator hierfür sein. Legt der Tatrichter eine schlechte, durchschnittliche oder gute Qualität zu Grunde, muss er in einem zweiten Schritt Angaben dazu machen, von welchem Wirkstoffgehalt er insoweit ausgeht (vgl. Körner, vor § 29 Rdnr. 334, a.a.O., BGH NStZ-RR 2008, 319). Hierzu kann der Tatrichter auf statistische Erhebungen über die Entwicklung der Wirkstoffgehalte zurückgreifen (vgl. Körner, vor § 29 Rdnr. 334, a.a.O.). Die Tatgerichte dürfen auch die örtlichen Gegebenheiten bei der Schätzung von Wirkstoffen berücksichtigen; Voraussetzung ist aber, dass sie ihre entsprechen-
26den Erfahrungen im eigenen Bezirk in einer für das Revisionsgericht nachvoll-
27ziehbaren Weise in den Urteilsgründen darlegen (BGH NStZ-RR 2015, 77). Sind Rückschlüsse auf den Wirkstoffgehalt der verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittel nicht durch Parallelverfahren oder Teilsicherstellungen möglich, kann der Tatrichter den Wirkstoffgehalt nach einer sorgfältigen Würdigung im konkreten Einzelfall schätzen (vgl. Körner, vor § 29 Rdnr. 334, m.w.N.).
28b)
29Letzteres ist nicht der Fall.
30aa)
31Zunächst ist im vorliegenden Fall die Schätzung der Rauschgiftmenge des in den beiden Koffern im Kofferraum des Mercedes 350 CLS aufgefundenen Marihuanas durch das Landgericht zu beanstanden. Insoweit ist ausgeführt, diese beruhe auf den Angaben der beiden Angeklagten zur Größe der Koffer und deren Inhalt sowie auf den Erfahrungen der Kammer als Spezialkammer für Betäubungsmitteldelikte. Zu den konkreten Größenangaben findet sich in den Urteilsgründen hierzu lediglich die Feststellung, die beiden Koffer hätten den Kofferraum „fast gänzlich ausgefüllt“. Angaben zur tatsächlichen Größe des Kofferraums und der Koffer werden dagegen nicht gemacht. Zudem bleibt offen, ob sich diese Angabe neben Länge und Breite auch auf die Höhe der beiden Koffer bezogen hat. Insoweit ist anzumerken, dass in allgemein zugänglichen Quellen z.B. selbst für die Coupéversion des Mercedes 350 CLS die Kofferraumgröße mit 520 Litern angegeben ist (vgl. http://www.autobild.de/artikel/mercedes-cls-350-cdi-test-1288344.html), so dass unter Berücksichtigung selbst des Volumens großer Reisekoffer von bis zu 150 Litern die Feststellung, der Kofferraum sei durch zwei Koffer „fast gänzlich“ ausgefüllt gewesen, nicht ohne Weiteres schlüssig erscheint. Ferner ist auch nicht festgestellt, ob die in den Koffern aufgefundenen Plastikbeutel eher lockeres oder stark verdichtetes Pflanzenmaterial enthielten, so dass ggfls. nachvollziehbare Rückschlüsse auf ein zugrunde zu legendes spezifisches Gewicht des abgepackten Marihuana möglich wären. Die Schätzung, es habe sich im zu beurteilenden Fall um mindestens 5 kg Marihuana gehandelt, ist aber auch deshalb rechtsfehlerhaft erfolgt, weil die Kammer nicht mitteilt, worin ihre konkreten Erfahrungen hierzu als Spezialkammer begründet sind (BGH NStZ-RR 2015, 77).
32bb)
33Aus den Urteilsgründen oder aus allgemeinem Erfahrungswissen lässt sich auch kein Bezugsrahmen entnehmen, der eine hinreichende Konkretisierung des Wirkstoff-
34gehalts ermöglicht (vgl. BGH, Beschluss vom 07.12.2011 – 4 StR 517/11 –,
35NStZ 2012, 339). Der im Rahmen der Feststellung der genauen Rauschgiftmenge aufgezeigte Darstellungsmangel erstreckt sich letztlich auch auf die Feststellung der konkreten Wirkstoffmenge. Ferner ist auch die Feststellung, es habe sich um Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von mindestens 10 % THC gehandelt, nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Worauf die Erfahrungen der Kammer beruhen, das im Jahre 2012 in E gehandelte Marihuana habe in aller Regel einen höheren Wirkstoffgehalt als 10 % gehabt, ist nicht in einer für das Revisionsgericht nachvoll-
36ziehbaren Art und Weise dargelegt.
37Zudem bleibt mangels ausdrücklicher Feststellung offen, ob es sich überhaupt um Marihuana handelte, welches entsprechend dem von der Strafkammer zugrunde gelegten Bezugsrahmen in E gehandelt werden sollte. Vielmehr hat die Kammer ausdrücklich ausgeführt, dass nicht festgestellt werden konnte, dass es sich bei dem von den Angeklagten in ihrem Kofferraum aufgefundenen Marihuana auch um das in der der Tat folgenden Woche in Süddeutschland bei dem Haupttäter sichergestellte Marihuana gehandelt habe.
38c)
39Da die Kammer zulasten beider Angeklagter insbesondere berücksichtigt hat, dass sich deren Beihilfehandlung auf eine große Menge Marihuana, immerhin mindestens 5 kg, bezogen hat und der Grenzwert zur nicht geringen Menge THC zudem um mehr als das 66-fache überschritten sei, kann der Senat ungeachtet des Umstandes, dass die konkret festgesetzten Strafen auch bei Marihuana geringerer Qualität nicht als übersetzt erscheinen würden, nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass eine geringere Wirkstoffmenge das Strafmaß zu Gunsten der Angeklagten jeweils hätte beeinflussen können (vgl. Körner, vor § 29 Rdnr. 320, m.w.N.).
403.
41Ergänzend merkt der Senat folgendes an:
42Angesichts der Feststellung, dass die Angeklagten im August 2013 Angaben zu dem mittlerweile schon bekannten Rauschgiftgeschäft gemacht hatten und für einen Zeitraum von etwa drei Monaten in ein Zeugenschutzprogramm kamen, dürfte sich der Kammer zudem aufdrängen, auch zu prüfen, ob zudem zu Gunsten der Angeklagten die Voraussetzungen des § 31 BtMG bzw. des § 46b StGB anzunehmen sind.

moreResultsText

Annotations
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Gesetzesverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere tatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte Strafe zu erkennen ist oder das Revisionsgericht in Übereinstimmung mit dem Antrag der Staatsanwaltschaft die gesetzlich niedrigste Strafe oder das Absehen von Strafe für angemessen erachtet.
(1a) Wegen einer Gesetzesverletzung nur bei Zumessung der Rechtsfolgen kann das Revisionsgericht von der Aufhebung des angefochtenen Urteils absehen, sofern die verhängte Rechtsfolge angemessen ist. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann es die Rechtsfolgen angemessen herabsetzen.
(1b) Hebt das Revisionsgericht das Urteil nur wegen Gesetzesverletzung bei Bildung einer Gesamtstrafe (§§ 53, 54, 55 des Strafgesetzbuches) auf, kann dies mit der Maßgabe geschehen, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach den §§ 460, 462 zu treffen ist. Entscheidet das Revisionsgericht nach Absatz 1 oder Absatz 1a hinsichtlich einer Einzelstrafe selbst, gilt Satz 1 entsprechend. Die Absätze 1 und 1a bleiben im Übrigen unberührt.
(2) In anderen Fällen ist die Sache an eine andere Abteilung oder Kammer des Gerichtes, dessen Urteil aufgehoben wird, oder an ein zu demselben Land gehörendes anderes Gericht gleicher Ordnung zurückzuverweisen. In Verfahren, in denen ein Oberlandesgericht im ersten Rechtszug entschieden hat, ist die Sache an einen anderen Senat dieses Gerichts zurückzuverweisen.
(3) Die Zurückverweisung kann an ein Gericht niederer Ordnung erfolgen, wenn die noch in Frage kommende strafbare Handlung zu dessen Zuständigkeit gehört.
(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.
(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.
(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.
(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.
(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.
(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.
(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies
- 1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit, - 2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder - 3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.
(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.
(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer
- 1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder - 2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
- 1.
als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder - 2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.
(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.
Das Gericht kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 des Strafgesetzbuches mildern oder, wenn der Täter keine Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verwirkt hat, von Strafe absehen, wenn der Täter
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, daß eine Straftat nach den §§ 29 bis 30a, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, daß eine Straftat nach § 29 Abs. 3, § 29a Abs. 1, § 30 Abs. 1, § 30a Abs. 1 die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann.
(1) Wenn der Täter einer Straftat, die mit einer im Mindestmaß erhöhten Freiheitsstrafe oder mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist,
- 1.
durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte, oder - 2.
freiwillig sein Wissen so rechtzeitig einer Dienststelle offenbart, dass eine Tat nach § 100a Abs. 2 der Strafprozessordnung, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht und von deren Planung er weiß, noch verhindert werden kann,
(2) Bei der Entscheidung nach Absatz 1 hat das Gericht insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die Art und den Umfang der offenbarten Tatsachen und deren Bedeutung für die Aufklärung oder Verhinderung der Tat, den Zeitpunkt der Offenbarung, das Ausmaß der Unterstützung der Strafverfolgungsbehörden durch den Täter und die Schwere der Tat, auf die sich seine Angaben beziehen, sowie - 2.
das Verhältnis der in Nummer 1 genannten Umstände zur Schwere der Straftat und Schuld des Täters.
(3) Eine Milderung sowie das Absehen von Strafe nach Absatz 1 sind ausgeschlossen, wenn der Täter sein Wissen erst offenbart, nachdem die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 207 der Strafprozessordnung) gegen ihn beschlossen worden ist.