Oberlandesgericht Düsseldorf Beschluss, 21. Okt. 2015 - VII-Verg 35/15

ECLI:ECLI:DE:OLGD:2015:1021.VII.VERG35.15.00
bei uns veröffentlicht am21.10.2015

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird dem Antragsgegner unter Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer Westfalen bei der Bezirksregierung Münster vom 22. Mai 2015 (VK 2-14/15) im Vergabeverfahren „Neubau des Autobahnknotens Löhne der BAB 30, vierter Bauabschnitt der Nordumgehung Bad Oeynhausen“ (Bekanntmachungsnummer im EU-Amtsblatt: 2014/S 220-388177) ein Zuschlag untersagt.

Die Kosten des Verfahrens der Vergabekammer sind gesamtschuldnerisch vom Antragsgegner und der Beigeladenen zu tragen, wobei sich der Haftungsanteil der Beigeladenen im Außenverhältnis auf ½ ermäßigt.

Die Aufwendungen der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer haben der Antragsgegner und die Beigeladene je zur Hälfte zu tragen.

Die Zuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten ist für die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer notwendig gewesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsgegner. Die Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB werden je zur Hälfte dem Antragsgegner und der Beigeladenen auferlegt.

Streitwert für das Beschwerdeverfahren:                bis 750.000 Euro


1 2 3 4 5 6 8 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45

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Tenor 1. Auf sofortige Beschwerde des Auftraggebers wird der Beschluss der 1. Vergabekammer Rheinland-Pfalz vom 26. Januar 2012 aufgehoben, soweit dem Auftraggeber aufgegeben wurde, das Angebot der Antragstellerin zu werten. 2. Der Nachprü

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(1) Öffentliche Auftraggeber können das Recht zur Teilnahme an Vergabeverfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Unternehmen vorbehalten, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, oder bestimmen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen sind.

(2) Voraussetzung ist, dass mindestens 30 Prozent der in diesen Werkstätten oder Unternehmen Beschäftigten Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Personen sind.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

(1) Öffentliche Auftraggeber können unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren ausschließen, wenn

1.
das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge nachweislich gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat,
2.
das Unternehmen zahlungsunfähig ist, über das Vermögen des Unternehmens ein Insolvenzverfahren oder ein vergleichbares Verfahren beantragt oder eröffnet worden ist, die Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, sich das Unternehmen im Verfahren der Liquidation befindet oder seine Tätigkeit eingestellt hat,
3.
das Unternehmen im Rahmen der beruflichen Tätigkeit nachweislich eine schwere Verfehlung begangen hat, durch die die Integrität des Unternehmens infrage gestellt wird; § 123 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden,
4.
der öffentliche Auftraggeber über hinreichende Anhaltspunkte dafür verfügt, dass das Unternehmen mit anderen Unternehmen Vereinbarungen getroffen oder Verhaltensweisen aufeinander abgestimmt hat, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken,
5.
ein Interessenkonflikt bei der Durchführung des Vergabeverfahrens besteht, der die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit einer für den öffentlichen Auftraggeber tätigen Person bei der Durchführung des Vergabeverfahrens beeinträchtigen könnte und der durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam beseitigt werden kann,
6.
eine Wettbewerbsverzerrung daraus resultiert, dass das Unternehmen bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens einbezogen war, und diese Wettbewerbsverzerrung nicht durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen beseitigt werden kann,
7.
das Unternehmen eine wesentliche Anforderung bei der Ausführung eines früheren öffentlichen Auftrags oder Konzessionsvertrags erheblich oder fortdauernd mangelhaft erfüllt hat und dies zu einer vorzeitigen Beendigung, zu Schadensersatz oder zu einer vergleichbaren Rechtsfolge geführt hat,
8.
das Unternehmen in Bezug auf Ausschlussgründe oder Eignungskriterien eine schwerwiegende Täuschung begangen oder Auskünfte zurückgehalten hat oder nicht in der Lage ist, die erforderlichen Nachweise zu übermitteln, oder
9.
das Unternehmen
a)
versucht hat, die Entscheidungsfindung des öffentlichen Auftraggebers in unzulässiger Weise zu beeinflussen,
b)
versucht hat, vertrauliche Informationen zu erhalten, durch die es unzulässige Vorteile beim Vergabeverfahren erlangen könnte, oder
c)
fahrlässig oder vorsätzlich irreführende Informationen übermittelt hat, die die Vergabeentscheidung des öffentlichen Auftraggebers erheblich beeinflussen könnten, oder versucht hat, solche Informationen zu übermitteln.

(2) § 21 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes, § 98c des Aufenthaltsgesetzes, § 19 des Mindestlohngesetzes, § 21 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes und § 22 des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 2959) bleiben unberührt.


Tenor

1. Auf sofortige Beschwerde des Auftraggebers wird der Beschluss der 1. Vergabekammer Rheinland-Pfalz vom 26. Januar 2012 aufgehoben, soweit dem Auftraggeber aufgegeben wurde, das Angebot der Antragstellerin zu werten.

2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen, soweit über ihn noch nicht bestandskräftig entschieden ist.

3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Auftraggebers.

4. Der Auftraggeber und die Beigeladene zu 1 tragen die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer (Gebühren und Auslagen) als Gesamtschuldner zu 2/3, die Antragstellerin zu 1/3. Die Beigeladene zu 1 und der Auftraggeber haben der Antragstellerin je 1/3 der notwendigen Auslagen der Antragstellerin zu erstatten. Die Antragstellerin trägt 1/3 der notwendigen Auslagen des Auftraggebers. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Auslagen selbst.

5. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Auftraggeber und die Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.

6. Der Beschwerdewert wird auf 68.302 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Der Beschwerdeführer (Auftraggeber) ist ein gemeinnütziger Verein. Er betreibt in B. ein Krankenhaus, das umgestaltet und erweitert werden soll. Die geschätzten Gesamtkosten in einer Größenordnung von 8,3 Mio. € sollen zu mehr als 50% aus staatlichen Fördermitteln finanziert werden.

2

Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens ist das Los „Lüftungsinstallation“. Nebenangebote sind nicht zugelassen.

3

Im Leistungsverzeichnis sind unter der Ordnungsziffer 01.02 die Lieferung, die Roh- und Endmontage sowie die Inbetriebnahme (einschließlich verschiedener Prüfungen) von 3 Filterflächendecken (Reinluftdecken) für Operationsräume näher beschrieben. Zum vorgegeben Lieferumfang gehören auch je 8 „Filter der Filterklasse H14 gemäß DIN EN“. Als technische Daten sind u.a. vorgegeben:

4

Volumenstrom:

9100 m³/h

Außenabmessungen

        

Länge:

3185 mm

Breite:

3185 mm

Einbauhöhe

450 mm

Abströmgeschwindigkeit

ca. 0,26 m/s

Filterklasse

H14   

Anzahl/Abmessungen Filter        

4 Stk. 1.220 x 1.220 mm

        

4 Stk. 1.220 x 610 mm

5

Die Bieter mussten die technischen Daten der angebotenen Decken dem Angebot beifügen sowie Fabrikat und Typ bezeichnen.

6

Die Beschwerdegegnerin trug in ihr Angebot ein:

7

V. CG3-P-93-H13-3170x3170“.

8

Aus dem beigefügten Produktdatenblatt ergibt sich, dass die Reinluftdecke CG3-P ein variierbares Standardprodukt des Herstellers V. ist. Zu der Filtertechnologie ist zu lesen:

9

„Unsere Filter halten zuverlässig Keime und Partikel zurück. Die üblicherweise verwendeten H13 Filter halten 99,95 % der Partikel und Keime zurück, H14 Filter 99,995% beim MPPS.“

10

Die von der Antragstellerin vorgenommene Eintragung ist auf mangelnde Sorgfalt beim Ausfüllen des Angebots zurückzuführen. V. hatte ihr auf Anfrage als „reine Kalkulationsgröße“ das Produkt „CG3-P-93-H13-3170x3170“ und den entsprechenden Preis benannt. Diese Produktbezeichnung wurde von der Antragstellerin unverändert übernommen.

11

Die Angabe „3170x3170“ bezieht sich auf die Innenabmessung des Deckenfeldes; die entsprechende Außenabmessung ist 3272 mm x 3272 mm. Nach einer Mitteilung von V. an die Vergabekammer ist das Unternehmen auch in der Lage, jedem Anlagenbauer Elemente für Reinluftdecken mit den von der Beschwerdeführerin gewünschten Maßen (3185 mm x 3185 mm) zu liefern.

12

2. Nachdem der Auftraggeber mitgeteilt hatte, er beabsichtigte, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu 1 zu erteilen und eine Rüge erfolglos geblieben war, beantragte die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18. November 2011 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens.

13

Ihr Ziel war der Ausschluss der in der Wertung an erster bzw. zweiter Stelle liegenden Angebote der Beigeladenen. Dieses Ziel hat sie auch erreicht; mit Beschluss vom 26. Januar 2012, der insoweit bestandskräftig ist, hat die Vergabekammer den Auftraggeber verpflichtet, die Angebote der Beigeladenen aus der Wertung zu nehmen.

14

Während des Nachprüfungsverfahrens berief sich der Auftraggeber erstmals darauf, auch das - preislich an dritter Stelle liegende - Angebot der Antragstellerin sei nicht zuschlagsfähig, weil es hinsichtlich der Filterflächendecken nicht ausschreibungskonform sei, und müsse deshalb ausgeschlossen werden. Die Antragstellerin erweiterte daraufhin ihren Nachprüfungsantrag entsprechend und wehrte sich gegen den Angebotsausschluss.

15

Nachdem diese Frage in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer vom 18. Januar 2012 erörtert worden war, erklärte die Antragstellerin auf Anregung der Vorsitzenden mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Januar 2012 „hilfsweise“ die Anfechtung der Produktbezeichnung wegen eines durch einen Schreibfehler des Herstellers hervorgerufenen Erklärungsirrtums.

16

3. Mit Beschluss vom 26. Januar 2012 hat die Vergabekammer u.a. den Auftraggeber verpflichtet, das Angebot der Antragstellerin zu werten: Zwar spreche einiges dafür, dass die Antragstellerin ein Aliud angeboten habe. Dies beruhe aber auf einem Erklärungsirrtum, der die Antragstellerin zur Anfechtung gemäß § 119 Abs. 1 BGB berechtige. Mit der Anfechtungserklärung sei die Typenbezeichnung weggefallen, weshalb sie fehle und vom Auftraggeber gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A nachgefordert werden müsse. Weil die Antragstellerin inzwischen klargestellt habe, dass sie das vom Auftraggeber Gewollte anbiete, sei ihr Angebot zu werten.

II.

17

Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Auftraggebers hat Erfolg.

18

1. Die Antragstellerin hat keine Abweichung von einer technischen Spezifikation im Sinne des § 7 Abs. 5 VOB/A (siehe dazu OLG München v. 28.07.2008 - Verg 10/08 - VergabeR 2008, 965) unterbreitet, sondern ein nicht zuschlagsfähiges Aliud angeboten, das auch als Nebenangebot schon deshalb nicht gewertet werden kann, weil Varianten nicht zugelassen sind.

19

a) Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin spielen im vorliegenden Verfahren „erklärungsbedürftige komplexe technische“ Fragen nicht die geringste Rolle. Es ist unerheblich, dass - wovon der Senat ausgeht - die Fa. V. in der Lage wäre, die Antragstellerin mit allen Elementen zu beliefern, die eine Herstellung der Filterflächendecken exakt nach den Wünschen des Auftraggebers ermöglichten. Ebenso ist es irrelevant, dass die Filter erst am Ende des Herstellungsprozesses vor Ort eingebaut werden und es z.B. problemlos möglich wäre, Filter der falschen Filterklasse auszutauschen. Schließlich kommt es auch nicht darauf an, ob der Wert der Filter in Relation zum Gesamtpreis einer Filterflächendecke gering ist.

20

b) Entscheidend ist einzig und alleine die Frage: Entspräche die vertraglich geschuldete Leistung exakt dem, was der Auftraggeber haben will, wenn er den Zuschlag auf das Angebot der Antragstellerin erteilte? Die Antwort ist Nein, denn es kommt nicht darauf an, was technisch möglich wäre, sondern allein darauf, was im Angebot steht und wie dies zu verstehen ist.

21

Die Angabe „V. CG3-P-93-H13-3170x3170” ist eindeutig und unmissverständlich: Angeboten werden Filterflächendecken mit H13-Filtern und von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses abweichenden Maßen. Im Angebot selbst finden sich keine Anknüpfungspunkte dafür, dass etwas anderes angeboten werden sollte als das, was dem Wortlaut entspricht. Auch aus dem beigefügten Produktdatenblatt ergibt sich nichts anders; vielmehr ist dort zu lesen, dass es nicht ungewöhnlich ist, wenn CG3-P-Filterflächendecken mit H13-Filtern ausgestattet werden. Dies entspricht im Übrigen der DIN 1946-4, die für Räume der Raumklasse I, wozu auch Operationsräume gehören, Schwebstofffilter der Filterklasse H13 ausreichen lässt.

22

Die Praxis zeigt, dass es auch keinen Erfahrungssatz des Inhalts gibt, dass Unternehmen immer genau das anbieten wollen, was der Auftraggeber über die Leistungsbeschreibung „bestellt“ hat und Abweichungen im Angebot auf einem - vom Auftraggeber als solches erkennbarem - Versehen beruhen.

23

Es gab somit für einen verständigen und redlichen Erklärungsempfänger keinen Anlass anzunehmen, die Eintragung „CG3-P-93-H13-3170x3170“ beruhe auf einem Schreibfehler o.ä., und daraus den Schluss zu ziehen, nach dem wahren Willen des Erklärenden werde entgegen dem Wortlaut der Eintragung doch ausschreibungskonform angeboten.

24

c) Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass aus dem Umstand, dass sich der Auftraggeber erst nach Einleitung des Nachprüfungsverfahrens auf die Mangelhaftigkeit des Angebots der Antragstellerin berufen hat, nicht geschlossen werden kann, er habe deren Angebot zunächst „richtig“ (im Sinne der Antragstellerin) verstanden. Dieses Angebot lag in der Wertung an dritter Stelle und kam deshalb zunächst für den Zuschlag nicht in Betracht. Erst als sich abzeichnete, dass die besser bewerteten Angebote wegen Abweichungen von den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses ausschlussgefährdet waren, wurden mehrere Angebote, darunter das der Antragstellerin, erstmals mit der gebotenen Sorgfalt überprüft und der neu entdeckte Mangel im Angebot der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 12. Januar 2012 vorgetragen.

25

2. Die mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24. Januar 2012 erklärte Irrtumsanfechtung der Antragstellerin kann ihrem Angebot nicht mehr zum Erfolg verhelfen.

26

a) Wäre die Produktbezeichnung - wovon möglicherweise die Vergabekammer ausging - lediglich eine gesondert zu betrachtende Erläuterung zu der Willenserklärung Angebot, ginge die Anfechtungserklärung in Leere, weil nur Willenserklärungen und rechtsgeschäftsähnliche Handlungen anfechtbar sind.

27

b) Ist die Produktbezeichnung - wovon der Senat ausgeht - integraler Bestandteil der Willenserklärung Angebot, weil mit ihr die angebotene (Teil-)Leistung entsprechend dem Wunsch des Auftraggebers konkretisiert wird, kommt zumindest nach Ablauf der Angebotsfrist eine Teilanfechtung (mit der Folge der Teilnichtigkeit entsprechend § 139 BGB) schon deshalb nicht in Betracht, weil ansonsten eine vergaberechtlich unzulässige nachträgliche Änderung des Angebotsinhalts vorläge. Bei unterstellter Zulässigkeit und Wirksamkeit der Anfechtung hat diese vielmehr zur Folge, dass die Antragstellerin so zu behandeln ist, als habe sie nie ein Angebot abgegeben.

28

d) § 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/A findet keine Anwendung, wenn eine geforderte Erklärung formgerecht, lesbar und vollständig abgegeben wird, aber inhaltlich nicht geeignet ist, dem Angebot zum Erfolg zu verhelfen.

III.

29

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit entstandenen notwendigen Auslagen des Auftraggebers trägt die Antragstellerin als Unterlegene (§ 78 Satz 1 GWB). Die Beigeladenen bleiben außer Betracht, weil sie sich nicht aktiv am Beschwerdeverfahren beteiligt haben.

30

Die Kostenentscheidung der Vergabekammer (§128 GWB) ist dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens anzupassen. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass der Nachprüfungsantrag insgesamt zurückzuweisen gewesen wäre, weil die Antragstellerin kein wertbares Angebot abgegeben hatte und auch keinen Anspruch auf eine „zweite Chance“ hat, da es noch Angebote gibt, auf die der Auftraggeber den Zuschlag erteilen kann. Andererseits ist der die Beigeladenen und insoweit auch den Auftraggeber belastende Teil der Entscheidung der Vergabekammer bestandskräftig. Weil es letztlich nur Verlierer gibt, ist die tenorierte Quotelung angemessen. Die Beigeladene zu 2 bleibt außen vor, weil sie sich nicht aktiv am Verfahren vor der Vergabekammer beteiligt hat.

31

Weil der Beschwerdeführer „Gelegenheitsauftraggeber“ im Sinne des § 98 Nr. 5 GWB ist, war die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch ihn für das Verfahren vor der Vergabekammer notwendig. Hinsichtlich der Antragstellerin verbleibt es bei dem entsprechenden Ausspruch der Vergabekammer.

32

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 50 Abs. 2 GKG.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 287/09
vom
2. November 2010
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 2. November 2010 durch
den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterin
Dr. Milger sowie die Richter Dr. Achilles und Dr. Bünger

beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision des Klägers durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1
1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2
Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 ZPO). Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergebe sich daraus, dass aufgrund der Verwendung eines Formularvertrags die hier maßgeblichen Klauseln "Ausschluss der Sachmängelhaftung: Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft , soweit der Verkäufer nicht nachstehend eine Garantie oder Erklärung abgibt. Der Ausschluss der Sachmängelhaftung besteht nicht im Falle des Vorsatzes und der groben Fahrlässigkeit sowie bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit.
Garantien und Erklärungen des Verkäufers: Gesamtfahrleistung Der Verkäufer garantiert, dass das Kraftfahrzeug eine Gesamtfahrleis- tung von 70.400 km hat. … Vorbesitzer Der Verkäufer erklärt, dass das Kraftfahrzeug - soweit ihm bekannt - 1 (Anzahl) Vorbesitzer (Personen, auf die das Kraftfahrzeug zugelassen war) hatte." bei einer Vielzahl von Pkw-Kaufverträgen eine Rolle spielten. Überdies erforderten die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung und die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, damit dieser gegebenenfalls seine Rechtsprechung, die sich im Senatsurteil vom 12. März 2008 (VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517 ff.) auf die Wiedergabe von Inhalten des Fahrzeugbriefs bzw. Kenntnissen des Vorbesitzers durch den Verkäufer bezogen habe, auch im Hinblick auf die Wiedergabe nicht näher konkretisierter Kenntnisse des Verkäufers sowie im Hinblick auf die hier verwendete Klausel zum Gewährleistungsausschluss weiter präzisieren und fortentwickeln könne.
3
Diese Erwägungen tragen indes keinen der genannten Revisionszulassungsgründe. Die Maßstäbe für die Beantwortung der vom Berufungsgericht zum Anlass der Zulassung genommenen Frage sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinreichend geklärt.
4
Der Senat hat in seinem oben erwähnten Urteil vom 12. März 2008 (VIII ZR 253/05, aaO Rn. 12 ff., 16) entschieden, dass sich aus einer Angabe des Verkäufers, wonach Unfallschäden laut Vorbesitzer nicht vorlägen, keine Beschaffenheitsvereinbarung gemäß § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB ergebe, sondern dass es sich hierbei lediglich um eine Wissenserklärung oder - besser - Wis- sensmitteilung handele, mit der der Verkäufer die Angabe des Vorbesitzers wiedergebe. Der Senat hat in diesem Zusammenhang den Zusatz "laut Fahrzeugbrief" als einen der vorstehend genannten einschränkenden Formulierung vergleichbaren Zusatz angeführt. Damit und mit der im genannten Senatsurteil erfolgten abschließenden Beurteilung, dass nach der Schuldrechtsmodernisierung die Annahme der Vereinbarung einer Beschaffenheit nicht mehr "im Zweifel" , sondern nur noch in einem eindeutigen Fall in Betracht komme (Senatsurteil vom 12. März 2008 - VIII ZR 253/05, aaO Rn. 13), hat der Senat die Maßstäbe geklärt, nach denen künftig das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung bei Angaben mit einschränkenden Zusätzen, die die Eigenschaften des Fahrzeugs betreffen und zu denen auch der hier streitgegenständliche einschränkende Zusatz "soweit ihm bekannt" gehört, zu beurteilen ist. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung für eine weitergehende höchstrichterliche Leitentscheidung. Die Maßstäbe für die rechtliche Bewertung sind vielmehr höchstrichterlich so weitgehend geklärt, dass hierdurch die rechtliche Beurteilung der Zulassungsfrage vorgezeichnet ist.
5
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass von den Parteien aufgrund des einschränkenden Zusatzes "soweit bekannt" keine Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich der Anzahl der Vorbesitzer des verkauften Gebrauchtwagens getroffen worden ist und dem Kläger kein Recht auf Minderung des Kaufpreises zusteht, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand.
6
a) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe bei der Verneinung einer Beschaffenheitsvereinbarung rechtsfehlerhaft nicht gewürdigt, dass nach dem Vertrag nicht nur die Garantien, sondern auch die Erklärungen des Verkäufers von dem vereinbarten Ausschluss der Sachmängelgewährleistung ausgenommen worden seien, wodurch sich der Streitfall von der dem oben genannten Senatsurteil zugrunde liegenden Fallgestaltung unterscheide und woraus folge, dass der Beklagte für seine Erklärung zur Anzahl der Vorbesitzer trotz des Zusatzes "soweit ihm bekannt" nach §§ 434 ff. BGB zu haften habe. Entgegen der Auffassung der Revision hat sich das Berufungsgericht in den Gründen seiner Entscheidung mit diesem Gesichtspunkt ausdrücklich befasst. Es ist auch unter Zugrundelegung der Annahme, dass vom Gewährleistungsausschluss neben Garantien auch die Erklärungen des Verkäufers ausgenommen seien, zu dem Ergebnis gelangt, dass es dem Vertrag angesichts des Zusatzes "soweit bekannt" an der nach der Rechtsprechung des Senats für eine Beschaffenheitsvereinbarung erforderlichen Eindeutigkeit fehle. Gegen diese Beurteilung ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
7
b) Ebenfalls ohne Erfolg bleibt die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe den Klageanspruch zu Unrecht nur unter dem Gesichtspunkt der Minderung geprüft, nicht aber die Frage aufgeworfen, ob die Klage (auch) unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes wegen Verschuldens bei Vertragsschluss (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB) begründet sei. Zwar macht die Revision zutreffend geltend, dass der Umstand, dass der Kläger in den Tatsacheninstanzen sein Begehren nicht auf einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen, sondern ausschließlich auf Kaufpreisminderung gestützt hat, nichts daran ändert, dass das Berufungsgericht gehalten gewesen ist, das Klagebegehren in den Grenzen des Klageantrags unter jedem nach dem Vortrag des Klägers in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. An der fehlenden Erfolgsaussicht der Revision ändert dies indes nichts. Denn auf der unterbliebenen Prüfung eines möglichen Schadensersatzanspruchs wegen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen beruht das Berufungsurteil nicht. Die Voraussetzungen eines solchen Schadensersatzanspruchs liegen nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht vor.
8
Entgegen der Auffassung der Revision steht einem Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss hier bereits der grundsätzliche Vorrang des Sachmängelgewährleistungsrechts entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2009 - V ZR 30/08, BGHZ 180, 205 Rn. 19 ff.; Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858 Rn. 20), auf das die Klage alleine gestützt worden ist und dessen Regelungsbereich hier, anders als die Revision meint, betroffen ist. Von einem arglistigen (vorsätzlichen) Verhalten des Beklagten, für das nach der vorstehend genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Ausnahme vom Vorrang des Sachmängelgewährleistungsrechts gilt, ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu Fragen, deren Beantwortung erkennbar maßgebliche Bedeutung für den Kläger hatte, ohne tatsächliche Grundlagen ins Blaue hinein unrichtige Angaben gemacht hat (vgl. Senatsurteile vom 7. Juni 2006 - VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 13; vom 21. Januar 1975 - VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 388), lassen sich den Feststellungen ebenso wenig entnehmen wie solche für eine vorsätzliche Aufklärungspflichtverletzung seitens des Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2009 - VIII ZR 38/09, aaO Rn. 21).
9
3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. Ball Dr. Frellesen Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Bünger Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG Borken, Entscheidung vom 25.02.2009 - 15 C 35/09 -
LG Münster, Entscheidung vom 22.09.2009 - 3 S 48/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 253/05 Verkündet am:
12. März 2008
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Auslegung der Angabe "Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein" beim Kauf eines
Gebrauchtwagens von einem Fahrzeughändler.

b) Die "Pflichtverletzung", die in der Lieferung eines Gebrauchtwagens mit dem unbehebbaren
Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen liegt, ist im Sinne von § 323
Abs. 5 Satz 2 BGB unerheblich, wenn sich der Mangel allein in einem merkantilen
Minderwert des Fahrzeugs auswirkt und dieser weniger als 1% des Kaufpreises
beträgt (im Anschluss an die Senatsurteile vom 14. September 2005 - VIII ZR
363/04, WM 2005, 2293, unter B II 2, und vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 330/06,
NJW 2008, 53, unter II 2).
BGH, Urteil vom 12. März 2008 - VIII ZR 253/05 - OLG Oldenburg
LG Osnabrück
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richter Wiechers
und Dr. Wolst sowie die Richterinnen Hermanns und Dr. Milger

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 28. Oktober 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten, einer freien Kraftfahrzeughändlerin , die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen.
2
Mit Vertrag vom 24. Mai 2004 kaufte der Kläger von der Beklagten einen gebrauchten Personenkraftwagen M. mit Erstzulassung am 25. Juli 2001 und einer Laufleistung von 54.159 Kilometer zum Preis von 24.990 €. In dem Bestellformular ist in der Rubrik "Unfallschäden lt. Vorbesitzer" maschinenschriftlich "Nein" eingetragen. Die Beklagte hatte das Fahrzeug ihrerseits mit entsprechender Angabe von einer M. Vertretung angekauft. Im August 2004 wollte der Kläger das Fahrzeug weiterverkaufen. Dabei stellte sich heraus, dass der Wagen am Heck einen Unfall- schaden erlitten hatte. Mit Anwaltsschreiben vom 13. August 2004 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. Damit war die Beklagte, die eine Reparatur anbot, nicht einverstanden.
3
Nach Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens hat der Kläger die Beklagte in dem vorliegenden Rechtsstreit auf Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung der Zulassungskosten Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs und des zugehörigen Fahrzeugbriefs in Anspruch genommen. Unter Abzug einer Nutzungsentschädigung hat er zuletzt Zahlung von 23.670,56 € nebst Zinsen begehrt. Der Kläger hat behauptet, eine Nachfrage bei der Voreigentümerin habe ergeben, dass einer ihrer Mitarbeiter beim Zurücksetzen gegen ein Garagentor gefahren sei. Der Schaden an der Heckklappe sei nicht ordnungsgemäß repariert worden, was vom Fachmann bei näherem Hinsehen mit bloßem Auge zu erkennen sei. Die Kosten einer ordnungsgemäßen Reparatur betrügen gemäß den Angaben des gerichtlichen Sachverständigen 1.020 € zuzüglich Mehrwertsteuer. Danach verbleibe ein Minderwert, der entgegen den Angaben des gerichtlichen Sachverständigen nicht nur 8 bis 10% der Reparaturkosten beziehungsweise 100 €, sondern 3.000 € betrage.
4
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten hin abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.

6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
7
Ein Sachmangel liege nicht schon deshalb vor, weil das Kraftfahrzeug einen Unfallschaden erlitten habe. Nach § 434 Abs. 1 BGB sei entscheidend die Beschaffenheitsvereinbarung. Im Kraftfahrzeughandel sei zu differenzieren zwischen Wagen aus erster Hand, die privat verkauft würden, und Händlerfahrzeugen. Bei einem privat verkauften Fahrzeug aus erster Hand möge – je nach Gestaltung des Einzelfalls – unter Umständen stillschweigend vereinbart sein, dass das Fahrzeug unfallfrei sei. Anders verhalte es sich aber bei einem Verkauf durch einen Händler, der bezüglich der Unfallfreiheit keine eigenen Kenntnisse habe, insbesondere dann, wenn der Kaufvertrag die Angabe "lt. Vorbesitzer" enthalte. Dann beziehe sich der Verkäufer ersichtlich auf die Angaben des Vorbesitzers. Es handele sich um eine Wissenserklärung, für die der Verkäufer nicht einstehen wolle. Das gelte jedenfalls für das streitgegenständliche fast drei Jahre alte Kraftfahrzeug mit einer Laufleistung von mehr als 50.000 km.
8
Die Beklagte habe die Unfalleigenschaft auch nicht arglistig verschwiegen (§ 444 BGB). Bei ihr seien Lackschäden, die auf einen Unfall hindeuten könnten, nicht aufgefallen. Zu einer gezielten Untersuchung auf Unfallschäden sei sie daher nicht verpflichtet gewesen. Die Beklagte habe das Fahrzeug lediglich im Zuge einer "Ankaufsinspektion" von einer fremden Werkstatt überprüfen lassen. Ein etwaiges Verschulden dieser Werkstatt müsse sie sich nicht gemäß § 278 BGB anrechnen lassen, da die Werkstatt nicht ihre Erfüllungsgehilfin sei.

II.

9
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von dem Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte Anspruch aus der kaufrechtlichen Sachmängelhaftung auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 24. Mai 2004 nicht verneint werden. Auf der Grundlage des in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sach- und Streitstandes hat das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen, dass der Kläger nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag (§ 437 Nr. 2 Alt. 1, § 326 Abs. 5, § 323 BGB) berechtigt sei, weil das gekaufte Fahrzeug keinen Sachmangel (§ 434 BGB) aufweise.
11
Das Berufungsgericht ist gemäß dem Vortrag des Klägers – stillschweigend – davon ausgegangen, dass das Fahrzeug bereits bei Gefahrübergang durch Übergabe an den Kläger (§ 446 BGB) den später festgestellten Unfallschaden an der Heckklappe aufwies. Hierin hat es jedoch bei dem hier gegebenen Kauf eines Gebrauchtwagens vom Händler insbesondere wegen der Angabe der Beklagten im Bestellformular "Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein" keinen Sachmangel gesehen. Das ist, wie die Revision mit Recht beanstandet, rechtsfehlerhaft.
12
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass sich aus der Angabe der Beklagten im Bestellformular "Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein" keine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) ergibt , sondern dass es sich hierbei lediglich um eine Wissenserklärung oder Wissensmitteilung handelt, mit der die Beklagte die Angaben des Vorbesitzers wiedergibt. Der Senat kann die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung der genannten Angabe, die in dieser oder ähnlicher Form im Gebrauchtwagenhandel auch über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus gemacht wird (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rdnr. 1389 m.w.N.), im Interesse einer einheitlichen Handhabung und damit der Rechtssicherheit uneingeschränkt überprüfen (vgl. BGHZ 122, 256, 260 f.; BGHZ 128, 307, 309; Senatsurteil vom 7. Juni 2006 – VIII ZR 180/05, WM 2006, 2008 = NJW 2006, 2694, unter II 1 a).
13
aa) Zunächst liegt keine positive Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts vor, dass das verkaufte Fahrzeug unfallfrei ist. Wer sich, wie die Beklagte, im Rahmen von Verkaufsverhandlungen für eine Aussage ausdrücklich auf eine bestimmte Quelle bezieht, bringt damit hinreichend deutlich zum Ausdruck, woher er die Angabe entnommen hat und dass es sich dabei nicht um eigenes Wissen handelt. Angesichts dessen kann der Käufer nicht erwarten, der Verkäufer wolle in vertragsmäßig bindender Weise die Haftung für die Richtigkeit der Angabe übernehmen und für die Folgen des Fehlens der betreffenden Eigenschaft einstehen. Aus diesem Grunde hat der Senat unter der Geltung des alten Kaufrechts beim Gebrauchtwagenhandel die in dem Bestellformular enthaltene Angabe der PS-Zahl mit dem der Einschränkung "lt. Vorbesitzer" vergleichbaren Zusatz "lt. Fz.-Brief" nicht als Zusicherung einer Eigenschaft der Kaufsache im Sinne von § 459 Abs. 2 BGB aF angesehen (BGHZ 135, 393, 398; vgl. auch Reinking/Eggert, aaO, mit Wiedergabe nicht veröffentlichter Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte). Aus dem gleichen Grund ist nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht nur eine Beschaffenheitsgarantie (§ 443 Abs. 1 Alt. 1, § 444 Alt. 2 BGB) zu verneinen, die eine Eigenschaftszusicherung nach altem Kaufrecht zumindest mit einschließt (BGHZ 170, 86, 91/92 m.w.N.), sondern auch eine Beschaffenheitsvereinbarung. Soweit der Senat eine solche demgegenüber unter der Geltung des alten Kaufrechts trotz der Einschränkung "lt. Fz-Brief" oder "laut Vorbesitzer" bejaht hat (BGHZ, aaO, 400; Urteil vom 31. Januar 1996 – VIII ZR 297/94, WM 1996, 824 = NJW 1996, 1205, unter II 1), hält er hieran nicht mehr fest. Seinerzeit kam der Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung keine erhebliche Bedeutung zu, da insoweit ein Gewährleistungsausschluss zulässig war und ein solcher beim Gebrauchtwagenhandel schon als "Gebot der wirtschaftlichen Vernunft" (Senatsurteil vom 5. Juli 1978 – VIII ZR 172/77, WM 1978, 1172, unter II 3) üblicherweise auch vereinbart wurde. Das hat sich mit der Schuldrechtsmodernisierung insofern geändert, als nunmehr bei dem für den Gebrauchtwagenhandel typischen Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB) ein Ausschluss der Mängelhaftung (§ 437 BGB) im Kaufvertrag gemäß § 475 Abs. 1 BGB nicht mehr möglich ist. Danach kommt die Annahme der Vereinbarung einer Beschaffenheit, für deren Fehlen der Verkäufer nach Maßgabe des § 437 BGB haftet, nicht mehr "im Zweifel" (BGHZ, aaO), sondern nur noch in einem eindeutigen Fall in Betracht. Ein solcher ist hier nicht gegeben. Wie dargelegt spricht die Einschränkung "lt. Vorbesitzer" vielmehr erkennbar dafür, dass die Beklagte nicht für die Unfallfreiheit des Fahrzeugs haften will.
14
bb) Aus der Angabe der Beklagten im Bestellformular "Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein" ergibt sich andererseits aber auch keine negative Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass das verkaufte Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist. Zwar bleibt wegen der Einschränkung "lt. Vorbesitzer" mittelbar offen, ob das Fahrzeug entgegen den Angaben des Vorbesitzers vielleicht doch nicht unfallfrei ist. Daraus folgt aber noch nicht eine entsprechende Vereinbarung. Insoweit kann offen bleiben, ob eine Vereinbarung im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB eine vertragliche Abrede erfordert oder ob übereinstimmende Vorstellungen der Parteien im Vorfeld des Vertrages ausreichen (vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 14/6040, S. 213). Unabhängig davon ist allein dadurch, dass hier eine bestimmte Eigenschaft, nämlich die Unfallfreiheit des Fahrzeugs, nicht vereinbart ist (vgl. vorstehend unter aa), ihr mögliches Fehlen noch nicht vereinbart. Vielmehr ist dieser Punkt von den Parteien schlicht offen gelassen worden.
15
Fehlt es mithin an einer negativen Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts , dass das verkaufte Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob eine solche Vereinbarung gegebenenfalls nach § 475 Abs. 1 BGB unwirksam wäre, wenn es sich bei dem Kaufvertrag der Parteien um einen Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB) handeln würde, wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat (vgl. dazu Schinkels, ZGS 2003, 310 ff.; ders., ZGS 2004, 226, 229; ders., ZGS 2005, 333, 334; MünchKommBGB /Lorenz, 5. Aufl., § 475 Rdnr. 9; Maultzsch, ZGS 2005, 175, 177; ferner Faust in: Bamberger/Roth, BGB, 2. Aufl., § 475 Rdnr. 10; Reinicke /Tiedtke, Kaufrecht, 7. Aufl., Rdnr. 750; Schulte-Nölke, ZGS 2003, 184, 187).
16
cc) Liegt nach alledem weder eine positive noch eine negative Beschaffenheitsvereinbarung vor, stellt die Angabe der Beklagten im Bestellformular "Unfallschäden lt. Vorbesitzer Nein" gemäß der Annahme des Berufungsgerichts richtigerweise eine Wissenserklärung oder – besser – Wissensmitteilung dar, mit der die Beklagte die Angaben des Vorbesitzers wiedergibt (vgl. OLG Celle, OLGR 1996, 194; Reinking/Eggert, aaO). Eine solche Wissensmitteilung ist nicht ohne rechtliche Bedeutung. Diese besteht vielmehr darin, dass die Beklagte gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB dafür haftet, dass sie die Angaben des Vorbesitzers richtig und vollständig wiedergibt.
17
b) Das Berufungsgericht hat danach zwar zu Recht eine Beschaffenheitsvereinbarung in Bezug auf die Unfallfreiheit des verkauften Fahrzeugs verneint. Es hat jedoch verkannt, dass in diesem Fall die Regelung des § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift. Danach ist die Sache, soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Nr. 1), sonst wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sa- chen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (Nr. 2). Die letztgenannte Voraussetzung ist hier nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sach- und Streitstoff nicht erfüllt. Das Fahrzeug weist danach nicht eine Beschaffenheit auf, die bei einem Gebrauchtwagen üblich ist und die der Käufer erwarten kann.
18
aa) Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, kann der Käufer auch beim Kauf eines gebrauchten Kraftfahrzeugs, wenn keine besonderen Umstände vorliegen, im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug keinen Unfall erlitten hat, bei dem es zu mehr als "Bagatellschäden" gekommen ist. Wie der Senat in diesem Zusammenhang weiter erkannt hat, sind "Bagatellschäden" bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war; ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung (Senatsurteil vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53, unter II 1 b m.w.N.).
19
bb) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall nicht von einem "Bagatellschaden" , sondern von einem Fahrzeugmangel auszugehen. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zu den Unfallschäden des verkauften Fahrzeugs getroffen. Daher ist insoweit der Vortrag des Klägers zugrunde zu legen. Dieser beruht auf den Feststellungen in dem Gutachten, das der gerichtlich bestellte Sachverständige im selbständigen Beweisverfahren erstattet und in erster Instanz des vorliegenden Rechtsstreits erläutert hat. Danach ist die Heckklappe des Fahrzeugs bei dem Unfall links oben eingebeult worden, so dass sie vor der – nicht fachgerecht ausgeführten – Neulackierung gespachtelt werden musste. Die Kosten einer ordnungsgemäßen Reparatur hat der Sachverständige insoweit zuletzt mit 1.020 € brutto angegeben. Angesichts dessen kann bei dem zum Zeitpunkt des Kaufvertrages knapp drei Jahre alten Fahrzeug mit einer Laufleistung von rund 54.000 km von einem "Bagatellschaden", mit dem ein Käufer vernünftigerweise rechnen muss, keine Rede sein. Das hat auch bereits das Landgericht angenommen.
20
2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). War das verkaufte Fahrzeug gemäß den vorstehenden Ausführungen nach dem in der Revisionsinstanz zugrunde zu legenden Sachund Streitstand wegen des Unfallschadens an der Heckklappe bei Gefahrübergang mangelhaft, kann ein Recht des Klägers, gemäß § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 326 Abs. 5, § 323 BGB vom Kaufvertrag zurückzutreten, nach dem der Revisionsentscheidung zugrunde zu legenden Sach- und Streitstand nicht verneint werden.
21
a) Einer vorangehenden Fristsetzung zur Nacherfüllung durch Nachbesserung der nach der Behauptung des Klägers nicht ordnungsgemäß ausgeführten Reparatur bedurfte es nicht, weil der Mangel, der in der Eigenschaft des Fahrzeugs als Unfallwagen liegt, nicht behebbar ist (§ 326 Abs. 5 BGB). Durch Nachbesserung lässt sich dieser Mangel nicht korrigieren. Eine Ersatzlieferung ist bei dem hier vorliegenden Gebrauchtwagenkauf regelmäßig nicht möglich (vgl. BGHZ 168, 64, 71 ff.). Umstände, welche die Annahme eines Ausnahmefalles nahe legen könnten, sind weder festgestellt noch sonst ersichtlich. Übergangenen Vortrag zeigt die Revisionserwiderung nicht auf.
22
b) Dem Rücktritt steht nach dem in der Revisionsinstanz mangels diesbezüglicher Feststellungen des Berufungsgerichts maßgeblichen Vortrag des Klägers auch nicht § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB entgegen. Danach ist die "Pflichtverletzung" , die in der Lieferung des Fahrzeugs mit dem unbehebbaren Mangel der Eigenschaft als Unfallwagen liegt, nicht unerheblich. Der Mangel der Eigen- schaft als Unfallwagen kann sich hier bei dem verkauften Fahrzeug nach Art des Unfallschadens allein in einem merkantilen Minderwert auswirken. Nach der unter Beweis gestellten Behauptung des Klägers beträgt der merkantile Minderwert des Fahrzeugs, der auch bei einer ordnungsgemäßen Reparatur verbleibt, entgegen den Angaben des gerichtlichen Sachverständigen nicht nur 8 bis 10% der Reparaturkosten beziehungsweise 100 €, sondern 3.000 €. Würde der merkantile Minderwert des Fahrzeugs dagegen gemäß den Angaben des Sachverständigen lediglich 100 € und damit noch weniger als 1% des Kaufpreises von 24.990 € betragen, wäre die "Pflichtverletzung" allerdings zweifellos unerheblich (vgl. Senatsurteil vom 14. September 2005 - VIII ZR 363/04, WM 2005, 2293, unter B II 2). Soweit der Senat zuletzt im Urteil vom 10. Oktober 2007 (aaO, unter II 2), ohne die Frage zu vertiefen, davon ausgegangen ist, dass bei einem nicht behebbaren Mangel wie dem hier in Rede stehenden - stets - eine erhebliche "Pflichtverletzung" gegeben ist, hält der Senat hieran nach erneuter Überprüfung nicht mehr fest.

III.

23
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da es gemäß den vorstehenden Ausführungen noch weiterer Feststellungen bedarf. Daher ist das Berufungsur- teil aufzuheben, und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Ball Wiechers Dr. Wolst Hermanns Dr. Milger
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, Entscheidung vom 15.04.2005 - 3 O 3405/04 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 28.10.2005 - 6 U 106/05 -

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

(1) Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann von den am Beschwerdeverfahren Beteiligten durch Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

(2) Über die Nichtzulassungsbeschwerde entscheidet der Bundesgerichtshof durch Beschluss, der zu begründen ist. Der Beschluss kann ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(3) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung.

(4) Die Nichtzulassungsbeschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts zu begründen. Die Frist kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden verlängert werden. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde müssen die Zulassungsgründe des § 77 Absatz 2 dargelegt werden.

(5) Die Nichtzulassungsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen Rechtsanwalt unterzeichnet sein; dies gilt nicht für Nichtzulassungsbeschwerden der Kartellbehörden.

(6) Wird die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen, so wird die Entscheidung des Oberlandesgerichts mit der Zustellung des Beschlusses des Bundesgerichtshofs rechtskräftig. Wird die Rechtsbeschwerde zugelassen, so wird das Verfahren als Rechtsbeschwerdeverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Rechtsbeschwerde. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Frist für die Begründung der Rechtsbeschwerde.

(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.

(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.

(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.

(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.

(1) Öffentliche Auftraggeber können das Recht zur Teilnahme an Vergabeverfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Unternehmen vorbehalten, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, oder bestimmen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen sind.

(2) Voraussetzung ist, dass mindestens 30 Prozent der in diesen Werkstätten oder Unternehmen Beschäftigten Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Personen sind.