Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 20. Jan. 2016 - I-27 U 16/14
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 26. Juni 2014 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden verurteilt, wie Gesamtschuldner an die Klägerin € 6.167.683,45 nebst Zinsen in Höhe von drei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz vom 31.05.2006 bis zum 31.03.2012 und in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2012 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.
Die Revision wird für die Beklagte zu 2) zugelassen.
Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Beklagten wie Gesamtschuldner.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten je zur Hälfte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in derselben Höhe Sicherheit leistet.
1
G r ü n d e:
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Rückzahlung eines zweckgebundenen Investitionszuschusses in Anspruch, die Beklagte zu 1) als Empfängerin, die Beklagte zu 2) als Bürgin und aus einer von ihr abgegebenen Patronatserklärung. Das Landgericht hat der gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben und die Klage gegen die Beklagte zu 2) als derzeit unbegründet abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.
4Gegen das Urteil haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte zu 1) Berufung eingelegt. Die Klägerin verfolgt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ihr Klagebegehren weiter und beantragt,
5unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Beklagten wie Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie € 6.167.683,45 nebst Verzugszinsen in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2006 bis zum 31.03.2012 sowie nebst Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2012 zu zahlen.
6Die Beklagten, beantragen,
7die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
8Sie wiederholen und vertiefen ebenfalls ihr erstinstanzliches Vorbringen.
9Beklagte zu 1) beantragt,
10unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
11Die Klägerin beantragt,
12die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2015 sowie die Schriftsätze der Parteien im Berufungsverfahren verwiesen.
14II.
15Die zulässige Berufung der Klägerin ist weitgehend begründet, die zulässige Berufung der Beklagten zu 1) unbegründet.
161. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zu 1) zur teilweisen Rückzahlung des von der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der J…, ausgezahlten Investitionszuschusses verurteilt.
17Zwischen den Parteien besteht ein zivilrechtlicher Vertrag, der - nach einem für die Beklagte zu 1) von der Q… GmbH eingereichten Antrag vom 10.03.1999 - aufgrund der Förderzusage der J... vom 02.11.1999 in Verbindung mit ihren ergänzenden Schreiben vom 22.11.1999 und 07.04.2000 als Angebot und des Abrufs der Fördermittel durch die Beklagte zu 1) als Annahme zustande gekommen ist. In der Förderzusage, die u.a. hinsichtlich Zuschusshöhe und Förderungsbedingungen vom Antrag abweicht, heißt es: „Mit dem Abruf der Fördermittel erklären Sie sich mit der Rechtsverbindlichkeit des Vertrags aufgrund dieser Zusage einverstanden“. Bestandteil der Zusage und damit des Vertrags sind - worauf in der Zusage ebenfalls ausdrücklich hingewiesen wird - die der Zusage beigefügten Allgemeinen Bedingungen für Investitionszuschüsse bei Infrastrukturmaßnahmen aus dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen (RWP), im Folgenden: ABI. Ausweislich Ziff. 11 ABI unterliegt das Rechtsverhältnis dem privaten Recht.
18Ihren Anspruch auf Rückforderung des Investitionszuschusses in der eingeklagten Höhe hat die Klägerin mit Schreiben vom 29.02.2012. geltend gemacht, gestützt auf die Rückforderungsgründe der Ziff. 9.3.1 und 9.2.6 ABI. Beide Rückforderungsgründe sind erfüllt.
19a) Gemäß Ziff. 9.3.1 ABI kann die J... bzw. die Klägerin als ihre Rechtsnachfolgerin jederzeit aus wichtigem Grund ganz oder teilweise die sofortige Rückzahlung des Zuschusses fordern, wenn die dem Verwendungszweck entsprechende Nutzung der geförderten Maßnahmen innerhalb von 15 Jahren nach Abschluss des Investitionsvorhabens aufgegeben wird.
20Der Verwendungszweck des Zuschusses ist im zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag festgelegt. In Ziff. 1 der Förderzusage wird er durch Bezeichnung des Vorhabens (Ziff. 1.1: Baureifmachung und Erschließung des ehemaligen Elektrostahlwerks U...in X...) sowie den in Ziff. 1.2 durch den in Bezug genommenen, der Förderzusage anliegenden Kostenplan definiert. Ausweislich der zugehörigen Investitionsgüterliste umfasst der Kostenplan Beträge für „Baureifmachung, Erschließung, Nutzungsneutralen Hochbau, Vermarktung“ abzüglich der Kosten für eine Machbarkeitsstudie und Versorgungsleitungen sowie der bereinigten Enderlöse.
21Vom Verwendungszweck zu unterscheiden ist die dem Verwendungszweck entsprechende Nutzung der geförderten Maßnahmen (Ziff. 9.3.1 ABI). Unstreitig beabsichtigte die Beklagte zu 1), das ehemalige Stahlwerksgelände zu einem Multimedia-Erlebniszentrum innerhalb des geplanten Zukunftsparks P... umzubauen. Diese Absicht findet ihren Niederschlag in den gestellten Anträgen nebst Anlagen und wurde von der Rechtsvorgängerin der Klägerin gebilligt. Das Vorhaben scheiterte an der der Versagung der erforderlichen weiteren Fördergelder durch die neu gewählte Landesregierung im Januar 2006.
22Zur Frage, welche anderweitige Nutzung der geförderten Maßnahmen in Betracht kam, enthalten die Vertragsunterlagen keine Regelung. Dies führt indes nicht, wie die Beklagten meinen, dazu, dass der Beklagten zu 1) nach Erschließung und Baureifmachung der Grundfläche jedwede beliebige Nutzung einschließlich der Veräußerung an einen privaten Investor gestattet war. Die durch den Wegfall der erwarteten Anschlussförderung eingetretene Regelungslücke ist vielmehr im Weg einer Vertragsauslegung gemäß den §§ 157, 133 BGB dahingehend zu schließen, dass eine andere, dem Förderzweck entsprechende Nutzung zu erfolgen hatte, beispielsweise die Vermarktung an nach dem RWP förderbare Unternehmen. Dies ergibt sich bereits aus der zunächst gebotenen erläuternden Vertragsauslegung.
23Schon der Wortlaut von Ziff. 9.3.1 ABI, der den Verwendungszweck und die ihm entsprechende Nutzung der geförderten Maßnahmen unterscheidet, widerlegt die Auffassung der Beklagten, mit der Baureifmachung und Erschließung des Geländes sei der Förderzweck erfüllt worden.
24Die Förderzusage vom 02.11.1999 verweist mehrfach auf die Herkunft der Fördermittel und den Zweck der Förderung:
25- Ausweislich der Einleitung des Bewilligungsschreibens erfolgte die Förderung aus Haushaltsmitteln des damaligen Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes NRW als zweckgebundener Investitionszuschuss in Verbindung mit dem „NRW/EU-Programm für die RESIDER Gebiete Nordrhein-Westfalens (Phase 2)“.
26- Bestandteil der Förderzusage sind gemäß dem darauf folgenden Passus des Schreibens die beigefügten Allgemeinen Bedingungen, bei denen es sich um die vorgenannten Allgemeinen Bedingungen für Investitionszuschüsse bei Infrastrukturmaßnahmen aus dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm des Landes Nordrhein-Westfalen (RWP) handelt.
27- Ziff. 1 der Auflagen und Hinweise in der Förderzusage weist schließlich darauf hin, dass die Zusage aus dem Gemeinschaftsprogamm des Landes Nordrhein-Westfalen und der Europäischen Union erfolgt und daher in Verbindung mit den Ausführungen des Anhangs zum Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramm NRW gilt.
28Im Anhang zum RWP werden Ziele und Vorgaben für die Förderung definiert. Die Maßnahmen sollen u.a. das bestehende Regionale Wirtschaftsförderungsprogramm des Landes NRW wirksam ergänzen und verstärken (S. 20 Ziff. 2 des Anhangs zum RWP).
29In ihrer Zusammenschau lassen diese Regelungen, die durch den Abruf der Mittel durch die Beklagte zu 1) Vertragsinhalt geworden sind, keinen Zweifel daran, dass - ungeachtet einer seinerzeit noch nicht bewilligten Anschlussförderung für die Realisierung des P... Themenparks - nach dem Willen des Fördergebers jedenfalls nur dem Regionalen Wirtschaftsförderungsprogamm (RWP) bzw. dem Anhang hierzu entsprechende Nutzungen gefördert werden sollten.
30Eine derartige Nutzung kann in der Vermarktung der baureif gemachten und erschlossenen Grundflächen für nach dem RWP förderbare Vorhaben liegen.
31Sowohl die Förderzusage als auch der ihr zugrunde liegende Antrag vom 10.03.1999 sehen eine Vermarktung der Flächen als mögliche Nutzung vor. Der in Ziff. 1.2 der Förderzusage in Verbindung mit der anliegenden Investitionsgüterliste definierte Verwendungszweck umfasst Kosten für eine Vermarktung; im Fall einer Vermarktung ist hierüber gemäß Ziff. 6.3 ABI ein Verwertungsbericht gemäß Vordruck einzureichen.
32Dass eine Vermarktung nur für förderbare Vorhaben erfolgen darf, folgt zum einen aus den in der Förderzusage in Bezug genommenen Regelungen über die Herkunft der Fördermittel und die Ziele der Förderung, zum anderen aus dem der Förderzusage zugrunde liegenden Antrag vom 10.03.1999. Gemäß Ziff. 7g) des - vom Zuwendungsgeber vorgegebenen - Antragsformulars hat die PBO als Antragstellerin ausdrücklich erklärt, es sei beabsichtigt, die Industrie- und Gewerbeflächen, die mit Hilfe des beantragten Zuschusses erschlossen werden sollen, für förderbare Vorhaben zu Marktpreisen zu veräußern.
33Von dieser Zusage, die zu den Fördervoraussetzung gehört, durfte die Beklagte zu 1) nicht einseitig Abstand nehmen.
34Die Mindestdauer der zweckentsprechenden Nutzung ist vertraglich auf 15 Jahre festgelegt. Die Förderzusage sieht in den Allgemeinen Bedingungen (ABI) an mehreren Stellen eine mindestens fünfzehnjährige Nutzung der geförderten Maßnahmen vor, die der Kontrolle des Zuwendungsgebers unterliegt:
35- Nach Ziff. 6.3 ABI ist der J... im Fall einer Vermarktung ein Verwertungsbericht gemäß Vordruck einzureichen; dieser ist unverzüglich nach der vollständigen Vermarktung der Fläche, spätestens 15 Jahre nach Abschluss des Investitionsvorhabens vorzulegen.
36- Steht die Aufgabe der dem Verwendungszweck entsprechenden Nutzung der geförderten Maßnahmen innerhalb von 15 Jahren bevor, ist gemäß Ziff. 6.4.4 ABI die J... unverzüglich zu unterrichten.
37- Ziff. 9.3.1 ABI schließlich trifft die hier einschlägige Regelung, dass die Aufgabe der dem Verwendungszweck entsprechenden Nutzung der geförderten Maßnahmen innerhalb von 15 Jahren die Rückforderung des Zuschusses nach sich ziehen kann.
38Mit der Veräußerung der Grundfläche an den Investor F… hat die Beklage zu 1) die dem Verwendungszweck entsprechende Nutzung aufgegeben. Der mit F... geschlossene Kaufvertrag enthält keinerlei Bestimmungen über die Verwendung der Grundfläche durch den Investor, so dass die Beklagte zu 1) mit Rechtsverbindlichkeit des Kaufvertrags jeglichen rechtlich durchsetzbaren Einfluss auf eine zweckentsprechende Nutzung der geförderten Maßnahmen verloren hat. Abhilfe hätte hier die in Ziff. 7.1 RWP vorgesehene Möglichkeit geboten, die Ausführung, den Betrieb und die Vermarktung des Infrastrukturprojekts sowie das Eigentum an dem Infrastrukturprojekt dergestalt an eine auf Gewinnerzielung ausgerichtete natürliche oder juristische Person zu übertragen, dass die Förderziele des RWP und die eigenen Interessen des Trägers gewahrt werden, indem er ausreichenden Einfluss auf die Ausgestaltung des Projekts behält. Hiervon wie auch von der Möglichkeit, nach der Versagung der weiteren Förderung durch die neu gewählte Landesregierung im Benehmen mit dem Zuwendungsgeber mögliche andere Nutzungszwecke festzulegen, hat die Beklagte zu 1) keinen Gebrauch gemacht, obwohl das damalige Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie des Landes NRW mit Schreiben vom 13.02.2006 um Mitteilung gebeten hatte, welche Nutzungsüberlegungen hinsichtlich der geförderten Infrastrukturmaßnahme nunmehr angestellt werden und darauf hingewiesen hatte, dass eine Belassung der gewährten Fördermittel nur dann in Betracht komme, wenn die geförderten Flächen entsprechend den Vorgaben des RWP zielgerichtet und vorrangig förderbaren Betrieben zur Verfügung gestellt würden.
39b) Durch Aufgabe eines rechtlich durchsetzbaren Einflusses auf die Nutzung der geförderten Flächen sind zugleich im Sinn der Ziff. 9.2.6 ABI die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt worden, nämlich die Fördergelder einer dem Verwendungszweck entsprechenden Nutzung zuzuführen, so dass auch aus diesem Grund die J... bzw. die Klägerin als ihre Rechtsnachfolgerin berechtigt war, ganz oder teilweise die sofortige Rückforderung des Zuschusses zu fordern.
40c) Bei diesem Befund ist für eine Anwendung des § 313 BGB kein Raum. Die von der Beklagten zu 1) erwartete Anschlussförderung und ihre Absicht, das geplante Multimedia-Erlebniszentrum innerhalb des Zukunftsparks P... zu realisieren, sind weder Gegenstand des Fördervertrags noch dessen Geschäftsgrundlage geworden. Es handelt sich vielmehr um eine einseitige Erwartung der Beklagten zu 1), die nicht in den dem Vertrag zugrunde liegenden gemeinschaftlichen Geschäftswillen beider Parteien aufgenommen worden ist. Entgegen dem Wunsch der Beklagten zu 1), eine Förderung für die Gesamtmaßnahme zu erhalten, hat die Rechtsvorgängerin der Klägerin in einem ersten Schritt lediglich Baureifmachung und Erschließung des Geländes gefördert und die von der Beklagten zu 1) beabsichtigte Nutzung für ein Multimedia-Erlebniszentrum innerhalb des Zukunftsparks P... gen gerade nicht in den Vertrag aufgenommen. Das Risiko des Ausbleibens einer Anschlussförderung verblieb damit bei der Beklagten zu 1).
41d) Die Entscheidung der Klägerin, den Investitionszuschuss in der eingeklagten Höhe zurückzufordern, ist nicht zu beanstanden. Auch war eine Widerrufsfrist nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz nicht zu beachten. Auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (unter B.III und B.IV) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
422. Vertragszinsen hat das Landgericht zu Recht erst ab dem 31.05.2006 zugesprochen. Der Zuschuss ist gemäß Ziff. 10.1.2 ABI von dem Tag ab zu verzinsen, an dem die Voraussetzungen für die Rückforderung u.a. in den unter Nr. 9.3 ABI genannten Fällen eingetreten sind.
43Zwar verstieß bereits das bindende Kaufangebot der Beklagten zu 1) an den Investor F... gegen den Fördervertrag. Ob der der Rückforderung zugrunde liegende Verlust der Einflussmöglichkeit der Beklagten zu 1) auf die zweckentsprechende Nutzung tatsächlich eintreten würde, stand jedoch erst mit der Annahme des Angebots durch F..., mithin zum 30.05.2006, fest.
44Hinsichtlich des Einwands der Beklagten, der Geltendmachung von Vertragszinsen stehe ein zögerliches Betreiben der Rückforderung entgegen, wird wiederum auf die
45zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (zu B.IV) Bezug genommen.
463. Entgegen der Entscheidung des Landgerichts ist jedoch auch die Klage gegen die Beklagte zu 2) im vorgenannten Umfang begründet. Die Beklagte zu 2) haftet gemäß § 765 Abs. 1 BGB in Verbindung mit der am 25.04.2000 abgegebenen Bürgschaftserklärung auf Zahlung der ausgeurteilten Beträge. Die Forderung gegen sie ist fällig, seit die Beklagte zu 1) trotz schriftlicher Zahlungsaufforderung innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit der gegen sie gerichteten Forderungen nicht bezahlt hat.
47Zur Sicherung des Zuschusses zuzüglich sämtlicher Nebenforderungen hat die Beklagte zu 2) eine sog. modifizierte Ausfallbürgschaft übernommen (Abs. 3 des Bürgschaftsvertrags). Über die in Absatz 4 aufgeführten Voraussetzungen hinaus, unter denen der Ausfall als festgestellt gilt (Zahlungseinstellung, Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens etc.), gilt gemäß Absatz 5 des Bürgschaftsvertrags der Ausfall in Höhe etwaiger zur Rückzahlung fällig gestellter Zuschussforderungen (Zuschuss, Zinsen) als festgestellt, wenn ein fälliger Zuschuss- oder Zinsbetrag trotz schriftlicher Zahlungsaufforderung innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit nicht bezahlt worden ist. Diese Regelung, vom Landgericht zutreffend als allgemeine Geschäftsbedingung im Sinn des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB eingeordnet (angefochtenes Urteil unter B.2.b.bb), ist wirksam in den Bürgschaftsvertrag einbezogen worden (§ 305c BGB) und nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
48a) Die Klausel ist nicht im Sinn des § 305c Abs. 1 BGB nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich, dass die Beklagte zu 2) als Vertragspartnerin des Verwenders nicht mit ihr zu rechnen brauchte.
49Eine Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen hat dann überraschenden Charakter, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Die Erwartungen des Vertragspartners werden dabei von allgemeinen und von individuellen Umständen des Vertragsschlusses bestimmt. Hierzu zählen der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht und die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung einerseits, Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen sowie der äußere Zuschnitt des Vertrags andererseits (BGH, Urteil v. 28.05.2014, VIII ZR 241/13, juris Rn. 20, m.w.N.).
50Voraussetzung des § 305c Abs. 1 BGB ist danach zunächst das Vorliegen einer objektiv ungewöhnlichen Klausel. Ob das der Fall ist, ist nach den Gesamtumständen zu beurteilen. Die Ungewöhnlichkeit kann sich beispielsweise aus der Unvereinbarkeit mit dem Leitbild des Vertrags oder einer erheblichen Abweichung vom dispositiven Recht ergeben. Es genügt hierbei nicht, dass die Klausel unbillig ist. Umgekehrt ist nicht ausgeschlossen, dass eine mit § 307 BGB noch vereinbare Klausel gegen § 305c BGB verstößt (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl., § 305c, Rn. 3 m.w.N.).
51Zur gleichlautenden Vorgängernorm § 3 AGBG hat der Bundesgerichtshof in seinem vom Landgericht zitierten Urteil vom 19.03.1998 (IX ZR 120/97) entschieden, dass bei einer Ausfallbürgschaft eine Klausel überraschend ist, der zufolge der Ausfall spätestens sechs Monate nach der Anzeige des Gläubigers an den Bürgen über rückständige Leistungen in Höhe der dann noch nicht bezahlten oder beigetriebenen rückständigen Beträge als festgestellt gilt.
52Bei Bürgschaften reicht die Bandbreite des dispositiven Rechts von einer selbstschuldnerischen Bürgschaft (§ 773 BGB), die sich der Schuldmitübernahme annähert, bis zur Ausfallbürgschaft als der den Bürgen am wenigsten belastenden Bürgschaftsform. Wird eine Ausfallbürgschaft vereinbart, ist die Frage, ob eine Klausel ungewöhnlich ist, am Leitbild der Ausfallbürgschaft zu messen. So hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 19.03.1998 die Ausfallklausel als überraschend erachtet, weil die Bürgschaft dadurch einer selbstschuldnerischen Bürgschaft angenähert würde. Damit müsse bei einer als Ausfallbürgschaft bezeichneten Sicherheit nicht gerechnet werden. Denn im Allgemeinen sei die Ausfallbürgschaft das Gegenteil der selbstschuldnerischen Bürgschaft. Der Ausfallbürge verpflichte sich, dem Gläubiger für den endgültigen Ausfall an der Hauptforderung einzustehen, also für das, was der Gläubiger trotz Anwendung gehöriger Sorgfalt, insbesondere durch Geltendmachung seines Anspruchs gegen den Hauptschuldner, durch Zwangsvollstreckung und Verwertung anderer Sicherheiten, nicht vom Hauptschuldner erlangen könne (BGH a.a.O.).
53Diese Erwägungen lassen auch im Streitfall die Ausfallklausel als objektiv ungewöhnlich erscheinen. Gleichwohl ist sie unter Berücksichtigung der Umstände des Vertragsschlusses nicht überraschend im Sinn des § 305c Abs. 1 BGB.
54Über das Vorliegen einer objektiv ungewöhnlichen Klausel hinaus setzt § 305c BGB als zweite normative Voraussetzung das Vorliegen eines Überraschungsmoments voraus. Zu den Erwartungen des Kunden von dem Klauselinhalt muss eine Diskrepanz bestehen; der Klausel muss ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnen. Ob eine Klausel überraschend ist, beurteilt sich nach den Erkenntnismöglichkeiten des typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden. § 305c Abs. 1 BGB ist daher unanwendbar, wenn eine ohne weiteres zu verstehende Klausel drucktechnisch so angeordnet ist, dass eine Kenntnisnahme durch den Kunden zu erwarten ist. Das Ergebnis der objektiven Beurteilung kann aber in beide Richtungen durch konkrete Umstände modifiziert werden. Eine generell nicht überraschende Klausel kann unter § 305c Abs. 1 BGB fallen, wenn sie nach dem Verlauf der Vertragsverhandlungen keinesfalls zu erwarten war oder wenn sie im Vertragstext falsch eingeordnet und dadurch geradezu versteckt wird oder zwischen anderen Regelungen kaum auffindbar ist. Umgekehrt entfällt eine Anwendung von § 305c Abs. 1 BGB, wenn der Verwendungsgegner die Klausel kennt oder mit ihr rechnen muss oder wenn die Parteien die Klausel übereinstimmend in einem bestimmten Sinn auslegen (vgl. Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl., § 305c, Rn. 4 m.w.N.).
55Im Streitfall lassen die konkreten Umstände des Vertragsschlusses die Ausfallklausel trotz ihrer objektiven Ungewöhnlichkeit nicht als überraschend im Sinn des § 305c Abs. 1 BGB erscheinen.
56Bei dem zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Beklagten zu 2) geschlossenen Bürgschaftsvertrag handelt es sich nicht um eine klassische Ausfallbürgschaft. Die Bezeichnung als modifizierte Ausfallbürgschaft im Vertragstext weist vielmehr darauf hin, dass der Bürge, abweichend vom Leitbild der klassischen Ausfallbürgschaft, nicht nur beim endgültigen Ausfall der Hauptforderung, sondern auch in den nachfolgend genannten weiteren Fällen, darunter der streitgegenständlichen Ausfallklausel, haften soll.
57Der Text der Bürgschaftserklärung ist übersichtlich, so dass eine Kenntnisnahme des Verwendungsgegners von der streitgegenständlichen Ausgleichsklausel zu erwarten ist. Das von der Klägerin erstellte, der Beklagten zu 2) übersandte Formular umfasst ebenso wie die von der Beklagten zu 2) im wesentlichen inhaltsgleich abgegebene Bürgschaftserklärung vom 25.04.2000 eine Seite in gut lesbarer Maschinenschrift. Im vorgegebenen Formular stellt die streitgegenständliche Ausfallerklärung den vierten von insgesamt sechs Absätzen dar, in der Bürgschaftserklärung vom 25.04.2000 nach Aufgliederung des Absatzes 1 in zwei Absätze den fünften von insgesamt acht Absätzen, wobei der von der Beklagten zu 2) hinzugefügte achte Absatz lediglich klarstellt, dass die Bürgschaftserklärung die zuvor abgegebene Erklärung vom 17.11.1999 ersetzt.
58Die Ausfallklausel ist eindeutig und verständlich formuliert. Ihre rechtliche Tragweite, nämlich ein Abweichen von der klassischen Ausfallbürgschaft dahingehend, dass der Bürge bereits haftet, wenn der Hauptschuldner fällige Forderungen nicht binnen sechs Monaten nach Zahlungsaufforderung bezahlt, ist für den typischen Sicherungsgeber erkennbar. Während im vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall Verwendungsgegner eine Gemeinde mit nur 600 Einwohnern und einem Haushaltsvolumen von ca. € 1,2 Mio. war, von der besondere Rechtskenntnisse nicht zu erwarten waren, sind Sicherungsgeber für Investitionszuschüsse im Rahmen des Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramms in der Regel größere Kommunen, die nicht nur über das erforderliche Haushaltsvolumen, sondern auch über ein besseres rechtliches Wissen, sei es durch eigene Mitarbeiter oder externe Rechtsberatung, verfügen.
59Dass die streitgegenständliche Ausfallklausel abweichend von typischen Ausfallbürgschaften eine Haftung des Bürgen bereits bei Nichtzahlung durch den Hauptschuldner vorsieht, ist der Beklagten zu 2), einer Großstadt mit eigener Rechtsabteilung, schließlich aufgrund der konkreten Umstände des Vertragsschlusses bewusst gewesen. Anders als dies üblicherweise der Fall ist, hat die Beklagte zu 2) nicht das von der Rechtsvorgängerin der Klägerin vorgegebene Formular unterzeichnet, sondern den Text abgeschrieben und sogar geringfügige redaktionelle Änderungen vorgenommen. Die dergestalt zunächst abgegebene Bürgschaftserklärung vom 17.11.1999 wurde sodann nochmals überarbeitet, nämlich nicht nur mit den erforderlichen neuen Unterschriften versehen, sondern auch optisch umgestaltet und um einen achten Absatz über die Ersetzung der Erklärung vom 17.11.1999 ersetzt. So hat sich die von erfahrenen Wirtschaftsanwälten vertretene Beklagte zu 2) bis zu dem entsprechenden Hinweis des Landgerichts im Rechtsstreit auch nicht darauf berufen, dass die Ausfallklausel überraschend oder unwirksam sei.
60b) Die Ausfallklausel ist nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Voraussetzung des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, dass der Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird. Dies ist gemäß des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Auszugehen ist von den Vorschriften des dispositiven Rechts, die ohne die Klausel gelten würden (BGH, Urteil v. 26.01.1994, VII ZR 39/93, juris Rn. 18). Dispositives Recht in diesem Sinn sind nicht nur die gesetzlichen Einzelregelungen, sondern unter anderem auch die aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten (BGH, Urteil v. 10.12.1992, I ZR 186/90, juris Rn. 20). Abzustellen ist daher nicht auf die gesetzlich zulässige Bandbreite an Bürgschaftsformen bis hin zur selbstschuldnerischen Bürgschaft, die auch formularmäßig vereinbart werden kann (BGH, Urteil v. 19.09.1985, III ZR 214/83; H. Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl. 2011, (9) Bürgschaftsverträge (A.Fuchs) Rn. 12). Maßgeblich ist vielmehr die Ausfallbürgschaft als die von den Parteien gewählte Form des Bürgschaftsvertrags; in der Praxis wird sie vor allem von der öffentlichen Hand im Rahmen ihrer Wirtschaftsförderung verwendet (vgl. Staudinger/Norbert Horn (2012) BGB § 771 Rn. 11 m.w.N.).
61Hierauf bezogen ist eine Klausel, nach der der Ausfall als festgestellt gilt, wenn ein fälliger Zuschuss- oder Zinsbetrag trotz schriftlicher Zahlungsaufforderung innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit nicht bezahlt worden ist, mit den wesentlichen Grundgedanken einer Ausfallbürgschaft, nämlich dass der Bürge nur bei endgültigem Ausfall der Hauptforderung einstehen soll, grundsätzlich nicht zu vereinbaren (vgl. auch Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl., § 307 Rn. 80 unter Verweis auf BGH, Urteil v. 19.03.1998, IX ZR 120/97, zur Klausel, nach der ein Ausfall sechs Monate nach Anzeige des Rückstands als festgestellt gilt). Die Vermutung des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, dass hierdurch der Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt wird, ist allerdings widerleglich und kann entfallen, wenn eine Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt, dass keine unangemessene Benachteiligung vorliegt.
62Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen im Sinn von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH, Urteil v. 01.02.2005, X ZR 10/04, juris Rn. 21). Zur Beurteilung bedarf es der umfassenden Würdigung der Interessen beider Parteien (BGH, Urteil v. 28.01.2003, XI ZR 156/02, juris Rn. 26). Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch zumindest gleichwertige Interessen des AGB-Verwenders gerechtfertigt ist (BGH, Urteil v. 01.02.2005, X ZR 10/04, juris Rn. 21). Die zu überprüfende Klausel ist vor dem Hintergrund des gesamten Vertrags auszulegen und zu bewerten (BGH, Urteil v. 17.01.1989, XI ZR 54/88, juris Rn. 17). Hierbei kommt es nicht auf die konkreten Vertragsparteien und die Umstände des Einzelfalls an. Vielmehr ist eine generalisierende, typisierende Betrachtungsweise geboten (Staudinger/Michael Coester (2013) BGB § 307 Rn. 109). Unterschiedliche Fallgestaltungen und unterschiedliche Kreise von Verwendungsgegnern können jedoch bei gleichem Klauseltext zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (BGH, Urteil v. 04.06.1975, VIII ZR 55/74; Grüneberg in Palandt, BGB, 74. Aufl., § 307 Rn. 12).
63Übernimmt eine Kommune zur Sicherung eines Investitionszuschusses im Rahmen des Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramms des Landes NRW eine sog. modifizierte Ausfallbürgschaft für ein Tochterunternehmen, wird sie durch eine Ausfallklausel, nach der der Ausfall als festgestellt gilt, wenn ein fälliger Zuschuss- oder Zinsbetrag trotz schriftlicher Zahlungsaufforderung innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit nicht bezahlt worden ist, nicht unangemessen benachteiligt. In die Interessenabwägung ist einerseits das Interesse der Bürgin einzustellen, gemäß den Vorschriften des Kommunalrechts und unter Berücksichtigung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Haushaltsführung nur bei endgültigem Ausfall des Hauptschuldners in Anspruch genommen zu werden. Dem steht das Interesse des Zuwendungsgebers gegenüber, im Sicherungsfall Zahlungsansprüche rasch durchsetzen zu können. Diesem Interesse kommt vor dem Hintergrund, dass die Förderung aus öffentlichen Haushaltsmitteln erfolgt, mithin gleichermaßen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Haushaltsführung gelten, ein erhebliches Gewicht zu. Zu berücksichtigen ist überdies, dass bei der Bürgschaft für Verbindlichkeiten kommunaler Tochterunternehmen Hauptschuldner und Bürge wirtschaftlich verflochten sind und die Kommune über ihre Beteiligung Einfluss auf das Handeln des Hauptschuldners nehmen kann. In den beiden letztgenannten Aspekten liegt ein wesentlicher Unterschied zu dem vom Bundesgerichtshof am 19.03.1998 entschiedenen Fall, dass eine Gemeinde gegenüber einer Bank bzw. Sparkasse die Bürgschaft für ein Unternehmen übernimmt, an dem sie nicht beteiligt ist.
644. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts zu der Patronatserklärung der Beklagten zu 2) (unter B.II) kommt es danach nicht mehr an.
655. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 28.12.2015 gibt keine Veranlassung, gemäß § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.
66Die Revision wird für die Beklagte zu 2) gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. ZPO zugelassen.
67III.
68Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1, 92 Abs. 1 und 2, 100 Abs. 4 Satz 1 (analog) ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
69Der Berufungsstreitwert wird auf € 6.167.683,45 festgesetzt.
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Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.
(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.
(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
- 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
(1) Die Einrede der Vorausklage ist ausgeschlossen:
- 1.
wenn der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere wenn er sich als Selbstschuldner verbürgt hat, - 2.
wenn die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner infolge einer nach der Übernahme der Bürgschaft eingetretenen Änderung des Wohnsitzes, der gewerblichen Niederlassung oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners wesentlich erschwert ist, - 3.
wenn über das Vermögen des Hauptschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet ist, - 4.
wenn anzunehmen ist, dass die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen wird.
(2) In den Fällen der Nummern 3, 4 ist die Einrede insoweit zulässig, als sich der Gläubiger aus einer beweglichen Sache des Hauptschuldners befriedigen kann, an der er ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht hat; die Vorschrift des § 772 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
Der Bürge kann die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage). Erhebt der Bürge die Einrede der Vorausklage, ist die Verjährung des Anspruchs des Gläubigers gegen den Bürgen gehemmt, bis der Gläubiger eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, ein eingetragener Verein, ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen sowie 18 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen und in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 22 a AGBG, §§ 4, 16 Abs. 4 UKlaG eingetragen. Die beklagte
Sparkasse verwendet im Geschäftsverkehr mit ihren Kunden ein Preisverzeichnis , das unter Nr. V. 4.1. folgende Klausel enthält:
"Zeichnungsgebühr Preis DEM Preis EUR (bei Aktien-Neuemissionen, unabhängig von der Zuteilung) 9,78 pro Auftrag 5,00 pro Auftrag"
Gegen diese Klausel wendet der Kläger sich mit der Unterlassungsklage. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg (das Berufungsurteil ist veröffentlicht in WM 2002, 2284 ff.). Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Abweisung der Klage.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Der Unterlassungsanspruch des Klägers aus § 13 Abs. 1 AGBG sei begründet, weil die Regelung über die "Zeichnungsgebühr" im Preisverzeichnis der Beklagten nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG unwirksam sei.
1. Diese Regelung unterliege der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG. Werde die Beklagte im Auftrag eines Kunden zum Erwerb von Aktien aus einer Neuemission tätig, so liege die Erstellung, Prüfung und Weitergabe des Zeichnungsscheins im Rahmen des auf den Aktienerwerb gerichteten Kommissionsvertrags mit dem Kunden und werde weder auf der Grundlage eines gesonderten Vertrages noch in einem vorvertraglichen Stadium erbracht.
Im Rahmen des Kommissionsvertrages könne die Regelung über die Zeichnungsgebühr nicht als eine nach § 8 AGBG der Inhaltskontrolle entzogene Preisnebenabrede angesehen werden. Derartiges komme nur bei Entgeltabreden für Sonderleistungen in Betracht, für die keine rechtlichen Regelungen bestünden. Im vorliegenden Falle gehe es aber nicht um solche Sonderleistungen, sondern um eine Tätigkeit der Beklagten im Rahmen des Kommissionsvertrages, deren Vergütung sich nach § 396 HGB bestimme. Von dieser Vorschrift weiche die Regelung der Beklagten über eine von der Ausführung des Aktienerwerbs unabhängige Zeichnungsgebühr ab, weil ein Provisionsanspruch des Kommissionärs nach § 396 Abs. 1 HGB grundsätzlich die Ausführung des Geschäfts voraussetze und es bei der Zeichnungsgebühr auch nicht um Aufwendungsersatz im Sinne des § 396 Abs. 2 HGB gehe.
2. Die Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 9 bis 11 AGBG führe zur Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Regelung über die Zeichnungsgebühr nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG.
Die in der genannten Regelung liegende Abweichung von § 396 HGB sei mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung
nicht zu vereinbaren, weil sie nicht unerheblich in das rechtlich ge- schützte Interesse des Kunden eingreife, eine Vergütung nur dann zahlen zu müssen, wenn das Kommissionsgeschäft erfolgreich zum Abschluß gelange. Damit gelte nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG die Vermutung, daß eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner der Beklagten vorliege.
Der Beklagten sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen. Auch wenn man berücksichtige, daß bei massenweisen Zeichnungen neu ausgegebener Aktien und den damit regelmäßig verbundenen massenweisen Überzeichnungen die Anzahl der für Kunden der Beklagten erfolgreichen und damit einen Provisionsanspruch begründenden Zuteilungen in keinem Verhältnis zu dem Gesamtaufwand der Beklagten im Zusammenhang mit diesen Zeichnungen stehe, sei die in der Erhebung einer Zeichnungsgebühr liegende Abweichung von der gesetzlichen Verteilung des Entgeltrisikos nicht zu rechtfertigen. Eine Rechtfertigung ergebe sich nicht daraus, daß die Beklagte andernfalls vor der Alternative stünde, entweder entsprechende Aufträge nicht mehr anzunehmen oder die damit verbundenen Kosten auf die Gesamtheit ihrer Kunden oder zumindest ihrer Kunden im Wertpapiergeschäft umzulegen. Als zur Kostentragung heranzuziehende Verursacher könnten nämlich auch die im Mittelpunkt der Neuemissionen stehenden Aktiengesellschaften bzw. die von ihnen regelmäßig mit der Durchführung der Emissionen betrauten Kreditinstitute in Betracht kommen.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung, der die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts bereits geltenden §§ 305 ff. BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I, 3138; vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes) zugrunde zu legen sind, im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings die umstrittene Preisregelung der Beklagten einer Inhaltskontrolle unterzogen.
a) Daß es sich bei der Preisregelung der Beklagten über die Zeichnungsgebühr um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 BGB, früher § 1 AGBG) handelt, hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen. Dagegen wendet die Revision sich auch nicht.
b) Die Anwendbarkeit der gesetzlichen Vorschriften über die Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen (§§ 307-309 BGB, früher §§ 9 bis 11 AGBG) auf die streitgegenständliche Preisklausel hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision ebenfalls zu Recht bejaht. Diese Preisklausel enthält für die von ihr mit erfaßten Fälle, in denen ein Aktienerwerb mangels Zuteilung nicht zustande kommt, eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung im Sinne von § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB (früher § 8 AGBG).
aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß mit der Annahme eines Kundenauftrags zur Aktienzeichnung durch die
Beklagte ein Kommissionsvertrag im Sinne der §§ 383 ff. HGB zustande kommt. Dieser Vertrag verpflichtet die Beklagte, alles zu tun, was zu dem beabsichtigten Aktienerwerb durch den Kunden erforderlich ist. Dazu gehört auch die Erstellung, Prüfung und Weitergabe eines ordnungsgemäßen Zeichnungsscheins. Dem Berufungsgericht ist daher darin zuzustimmen , daß diese Tätigkeit weder Gegenstand eines gesonderten Vertragsverhältnisses ist noch im vorvertraglichen Bereich stattfindet, sondern einen untrennbaren Bestandteil der im Rahmen des Kommissionsvertrags geschuldeten Aktivitäten der Beklagten darstellt.
bb) Die Bestimmung der Beklagten über die Zeichnungsgebühr hält sich insoweit im Rahmen der gesetzlichen Regelung des Kommissionsvertrages , als sie eine solche Gebühr für Fälle vorsieht, in denen es zu einer Zuteilung von Aktien aus einer Neuemission an den Kunden kommt. In diesen Fällen tritt die Zeichnungsgebühr neben die an anderer Stelle des Preisverzeichnisses der Beklagten geregelte Provision. Darin liegt keine Abweichung von § 396 Abs. 1 Satz 1 HGB, der für den Fall der Ausführung des Geschäfts eine "Provision" ausdrücklich vorsieht , über deren nähere Ausgestaltung aber nichts sagt. Dem Kommissionär bleibt es daher unbenommen, mit seinen Kunden eine Vergütung zu vereinbaren, die sich aus einem vom Umfang des ausgeführten Geschäfts abhängigen variablen Bestandteil und einem für alle ausgeführten Geschäfte gleichen Festbestandteil zusammensetzt.
Soweit die Bestimmung der Beklagten über die Zeichnungsgebühr auch für den Fall der Nichtzuteilung der Aktien eine Zahlung des Kunden vorsieht, weicht sie dagegen von der gesetzlichen Regelung des Kommissionsvertrags ab.
(1) Als Entgelt für die Tätigkeit der Beklagten weicht die Zeichnungsgebühr in den Fällen der Nichtzuteilung der Aktien von § 396 Abs. 1 HGB ab, weil Satz 1 dieser Vorschrift einen Provisionsanspruch nur bei Ausführung des vom Kommissionär übernommenen Geschäfts gewährt und die Ausnahmevorschrift in Satz 2 über eine ortsübliche Auslieferungsprovision mangels einschlägigen Sachvortrags der Beklagten nicht zur Anwendung kommen kann. In der Zeichnungsgebühr kann auch kein kontrollfreies Entgelt für eine zusätzlich zu der vertraglichen Hauptleistung angebotene Sonderleistung (vgl. zu diesem Gesichtspunkt Senatsurteile BGHZ 133, 10, 17; 137, 27, 30) gesehen werden, weil bei Kundenaufträgen zum Erwerb von Aktien aus einer Neuemission die Erstellung , Prüfung und Weitergabe eines ordnungsgemäßen Zeichnungsscheins untrennbarer Bestandteil dessen ist, was die Beklagte zur Erfüllung ihrer Kommissionärspflichten zu tun hat und was nach der gesetzlichen Grundentscheidung des § 396 Abs. 1 HGB im Falle des Mißerfolgs keinen Vergütungsanspruch auslösen soll.
(2) Als Aufwendungsersatzanspruch im Sinne von § 396 Abs. 2 HGB, §§ 670, 675 BGB läßt sich die Zeichnungsgebühr, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht einordnen. Der auftrags- und geschäftsbesorgungsvertragsrechtliche Aufwendungsersatzanspruch umfaßt Vermögensopfer, die der Beauftragte oder Geschäftsbesorger zur Ausführung der von ihm geschuldeten Tätigkeit erbracht hat, nicht aber ein Entgelt für seinen eigenen Arbeitsaufwand oder seine allgemeinen Geschäfts- oder Betriebsunkosten (Senatsurteil BGHZ 141, 380, 384; BGH, Urteil vom 14. Dezember 1987 - II ZR 53/87, WM 1988, 531, 532; MünchKomm-BGB/Seiler, 3. Aufl. § 670 Rdn. 6 ff. m.w.Nachw.). Dieser
Aufwendungsbegriff ist nach § 396 Abs. 2 HGB grundsätzlich auch für das Kommissionsgeschäft maßgeblich (Koller in Großkommentar HGB, 4. Aufl. § 396 Rdn. 24, 27; Ernsthaler/Achilles, HGB 6. Aufl. § 396 Rdn. 9, 10) und hat hier nur insoweit eine Erweiterung erfahren, als der Kommissionär auch für die Benutzung eigener Lagerräume und Beförderungsmittel eine Vergütung verlangen kann. Die Erhebung einer Zeichnungsgebühr für die Inanspruchnahme des Geschäftsbetriebs und insbesondere den Arbeitseinsatz der Mitarbeiter der Beklagten, der mit massenhaften Zeichnungen von Aktien-Neuemissionen verbunden ist, steht daher im Falle der Nichtzuteilung von Aktien auch unter Berücksichtigung des § 396 Abs. 2 HGB mit der gesetzlichen Regelung nicht in Einklang.
2. Der Ansicht des Berufungsgerichts, die Inhaltskontrolle der streitgegenständlichen Bestimmung über die Zeichnungsgebühr führe zu deren Unwirksamkeit, vermag der Senat dagegen nicht zu folgen.
a) Die genannte Bestimmung enthält allerdings, wie oben bereits dargelegt wurde, für die Fälle, in denen der Kunde keine Aktien zugeteilt bekommt, eine Abweichung von der dispositiven gesetzlichen Regelung des § 396 HGB. Nicht jede Abweichung einer AGB-Klausel von dispositivem Recht begründet jedoch deren Unwirksamkeit. Diese Rechtsfolge tritt vielmehr nur dann ein, wenn es sich um eine Abweichung handelt, die mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, früher § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG) und die außerdem den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, früher § 9 Abs. 1 AGBG), wobei letzteres auch im Anwendungsbereich des
§ 307 Abs. 2 BGB (früher § 9 Abs. 2 AGBG) nicht in jedem Falle, sondern lediglich "im Zweifel" anzunehmen ist (Senatsurteil BGHZ 133, 10, 15 f.).
b) Diese Voraussetzungen sind entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hier nicht gegeben. Dabei kann offenbleiben, ob die Abweichung der Bestimmung der Beklagten über die Zeichnungsgebühr von § 396 HGB überhaupt einen Verstoß gegen "wesentliche Grundgedanken" dieser Gesetzesvorschrift enthält oder ob dies deshalb zu verneinen ist, weil § 396 Abs. 2 HGB mit der Einbeziehung einer Vergütung für die Benutzung der Lagerräume und Beförderungsmittel des Kommissionärs in dessen Aufwendungsersatzanspruch bereits eine Durchbrechung des Grundsatzes der strikten Trennung von Aufwendungsersatz und Beteiligung des Kunden an den Geschäftsunkosten enthält. Auch wenn ein Verstoß gegen wesentliche Grundgedanken des § 396 HGB zu bejahen sein sollte, würde es jedenfalls an einer gegen Treu und Glauben verstoßenden unangemessenen Benachteiligung der von der Klausel betroffenen Kunden der Beklagten fehlen.
Die Frage, ob eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung der von einer AGB-Klausel betroffenen Vertragspartner des Verwenders vorliegt, ist auf der Grundlage einer umfassenden Abwägung der berechtigten Interessen aller Beteiligten zu beantworten (vgl. BGHZ 100, 157, 165; MünchKomm-BGB/Basedow, 4. Aufl. § 307 Rdn. 31). Diese Abwägung hat hier davon auszugehen, daß es nach den von keiner Seite angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in jüngerer Zeit zu Massenzeichnungen neu ausgegebener Aktien gekommen ist mit der Folge, daß wegen erheblicher Über-
zeichnungen häufig nur ein geringer Bruchteil der zu bearbeitenden Aufträge zu einem erfolgreichen Abschluß geführt hat und deshalb die erheblichen Kosten des mit der Bewältigung dieser Massenerscheinung verbundenen erhöhten Personal- und Materialaufwands der Beklagten nicht durch die Provisionen aus den tatsächlich zustande gekommenen Geschäften gedeckt werden konnten. Ein angemessener Ausweg aus dieser für den Gesetzgeber nicht vorhersehbaren Zwangslage kann weder in einer Weigerung der Beklagten, Zeichnungsaufträge für AktienNeuemissionen anzunehmen, gesehen werden noch kann er darin liegen , die damit verbundenen zusätzlichen Kosten durch eine entsprechende Erhöhung ihrer Entgelte auf alle Kunden oder durch eine Erhöhung speziell der Provisionssätze auf alle Wertpapierkunden umzulegen. Die erste Alternative läge weder im Interesse der an Neuemissionen interessierten Kunden der Beklagten noch im Allgemeininteresse an funktionierenden Kapitalmärkten. Die zweite Alternative wäre unbillig gegenüber den Kunden der Beklagten, die sich an der Zeichnung von Aktien aus Neuemissionen nicht zu beteiligen pflegen. Dagegen erscheint es nicht unangemessen, alle diejenigen, die sich an derartigen Zeichnungen beteiligen und damit ihre Chance auf eine - gerade bei erheblicher Überzeichnung häufig recht vorteilhafte - Aktienzuteilung wahren, zur Tragung der dadurch verursachten Kosten durch eine mäßige Pauschalgebühr heranzuziehen (Steppeler, Bankentgelte, Rdn. 543 ff.). Eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung liegt darin nicht.
Die Erwägung des Berufungsgerichts, daß man auch daran denken könnte, neue Aktien ausgebende Aktiengesellschaften oder die mit der Durchführung solcher Emissionen betrauten Kreditinstitute zur Tragung
des durch Provisionen nicht gedeckten Verwaltungsaufwands massen- hafter Überzeichnungen bei den von den Zeichnern eingeschalteten Kreditinstituten heranzuziehen, ändert daran nichts. Ohne dahingehende vertragliche Vereinbarungen mit den emittierenden Aktiengesellschaften oder ihren Emissionsbanken ist keine Rechtsgrundlage für derartige Kostenerstattungsansprüche der Beklagten erkennbar. Es ist auch nicht ersichtlich, wie die Beklagte, die als eines von überaus zahlreichen Kreditinstituten nur über eine verhältnismäßig begrenzte Nachfragemacht verfügen dürfte, in der Lage sein sollte, Aktien-Neuemissionen vornehmende Gesellschaften oder deren Emissionsbanken zum Abschluß von Kostenbeteiligungsvereinbarungen zu veranlassen.
Auch der Einwand des Klägers, massenhafte Überzeichnungen von Aktien-Neuemissionen seien eine Erscheinung der Vergangenheit, die sich in diesem Ausmaß nicht so bald wiederholen werde, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Da die künftige Entwicklung der Kapitalmärkte nicht zuverlässig abzuschätzen ist, besteht ein berechtigtes Interesse der Beklagten, weiterhin für den Fall des Wiederauftretens der genannten Erscheinung gerüstet zu sein. Sollte es dazu nicht kommen, so wäre auch nicht ernsthaft mit Fällen der Nichtzuteilung von Aktien aus Neuemissionen zu rechnen.
III.
Die angefochtene Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Klausel über die Zeichnungsgebühr im Preisverzeichnis der Beklagten enthält entgegen der Ansicht
der Revisionserwiderung keinen Verstoß gegen das sogenannte Transparenzgebot.
1. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann eine unangemessene Benachteiligung der Vertragspartner eines Verwenders Allgemeiner Geschäftsbedingungen sich auch daraus ergeben, daß eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Diese Vorschrift greift das auf, was bereits unter der Geltung des AGB-Gesetzes in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung aus § 9 Abs. 1 AGBG abgeleitet worden ist. Danach hat der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen und dabei auch die wirtschaftlichen Nachteile einer Regelung für die Gegenseite so deutlich zu machen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (vgl. z.B. BGHZ 106, 42, 49; Senatsurteil BGHZ 148, 74, 79; jeweils m.w.Nachw.).
2. Gegen dieses Transparenzgebot verstößt die streitgegenständliche Klausel nicht. Sie läßt klar und deutlich erkennen, daß ein Kunde, der sich mit Hilfe der Beklagten an der Zeichnung von Aktien aus einer Neuemission beteiligt, unabhängig davon, ob ihm später tatsächlich Aktien zugeteilt werden, zur Leistung einer Zeichnungsgebühr von 5 rpflichtet sein soll. Daraus ergibt sich hinreichend deutlich, daß zum einen ein Kunde, der eine Aktienzuteilung erhält, die Zeichnungsgebühr zusätzlich zu der an anderer Stelle des Preisverzeichnisses der Beklagten geregelten Provision zu zahlen hat und daß zum anderen ein Kunde, der keine Zuteilung erhält, gleichwohl die Zeichnungsgebühr entrichten muß.
Eine weitergehende Information der Kunden über die Zeichnungsgebühr kann nicht verlangt werden. Wer über seine vertraglichen Zahlungspflichten hinreichend deutlich informiert wird, braucht entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht auch darüber aufgeklärt zu werden , welche Tätigkeiten und Aufwendungen die Gegenseite der Bemessung ihrer Forderung zugrunde gelegt hat. Auch über die rechtliche Einordnung seiner Zahlungspflichten braucht ein Kunde, der darüber, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe er zur Zahlung verpflichtet sein soll, hinreichend informiert wurde, nicht unterrichtet zu werden. Allgemeine Geschäftsbedingungen über eine Zeichnungsgebühr bei Aktien-Neuemissionen verstoßen daher nicht deshalb gegen das Transparenzgebot, weil sie - wie hier - dem Kunden nicht erläutern, ob die von ihm verlangte Zahlung als Entgelt für eine Tätigkeit oder für die Verschaffung einer Zuteilungschance oder als Aufwendungsersatz einzuordnen ist (a.A. LG Köln WM 2001, 1946, 1947 f.).
IV.
Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu treffen sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Nobbe Bungeroth Joeres
Mayen Appl
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. März 2003 teilweise geändert. Der Beklagten wird über die vom Landgericht ausgesprochene Verurteilung hinaus die Verwendung folgender Klauseln untersagt : 1. Für verlorene oder gestohlene Fahrausweise kann kein Ersatz gewährt werden.
2. Eine Erstattung für verlorengegangene oder gestohlene Fahrausweise erfolgt nicht.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger, ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrnimmt und in die vom Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 Abs. 1, 2 UKlaG eingetragen ist, nimmt das beklagte Unternehmen auf Unterlassung der Verwendung bestimmter Klauseln in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch.
Die Beklagte betreibt einen internationalen Buslinien- und Busreiseverkehr. Wenn ihre Kunden eine Reise buchen, wird ihnen ein Fahrscheinheft ausgestellt, das numeriert ist und in dem der Reiseweg, die Reisetage und der Name des Fahrgasts angegeben sind. Nachträgliche Umbuchungen der Fahrstrecke und der Reisetage läßt die Beklagte zu. Eine Übertragung des Beförderungsvertrages bedarf nach den Vertragsbedingungen der Zustimmung der Beklagten und wird dann u.a. durch Änderung des Namens de s Berechtigten im Fahrschein vermerkt (Nr. 3.1. der Bedingungen). Bei Antritt der Reise kontrolliert der Busfahrer das Fahrscheinheft und vergleicht es mit einer ihm ausgehändigten Namensliste der Fahrgäste. Eine Identitätsprüfung der Fahrgäste nimmt der Fahrer nicht vor. Falls dem Kunden der Fahrschein vor Reiseantritt abhanden gekommen ist, stellt die Beklagte ihm keinen Ersatzfahrschein aus und läßt ihn die Reise auch dann nicht antreten, wenn er sich namentlich ausweist und kein anderer seinen durch die Namensliste reservierten Platz in Anspruch nimmt. Ebensowenig erstattet die Beklagte ihm den Fahrpreis. Sie beruft sich insoweit auf folgende in ihren Besonderen Beförderungsbedingungen enthaltene Klauseln:
"2.4. …
Für verlorene oder gestohlene Fahrausweise kann kein Ersatz gewährt werden. … 8.3. Eine Erstattung für verlorengegangene oder gestohlene Fahrausweise erfolgt nicht."
Diese Klauseln hält der Kläger für unwirksam und verlangt deshalb die Unterlassung ihrer Verwendung.
Hinsichtlich weiterer, vom Kläger ebenfalls beanstandeter Klauseln hat das Landgericht der Klage rechtskräftig stattgegeben. Bezüglich der beiden jetzt noch streitigen Bestimmungen hat das Landgericht die Klage indessen abgewiesen - wie zwar nicht aus seinem Urteilsausspruch, wohl aber aus den Entscheidungsgründen hervorgeht - und hat das Berufungsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger diesen abgewiesenen Teil seines Unterlassungsanspruchs weiter. Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Die Unterlassungsklage des nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG anspruchsberechtigten Klägers ist auch hinsichtlich der jetzt noch streitigen Klauseln begründet, weil diese wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden nach § 307 BGB unwirksam sind (§ 1 UKlaG).
I. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die streitigen Klauseln der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB unterliegen. Kontrollfähig
sind nur Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB).
Zu Recht hat das Berufungsgericht, anders als das Landgericht, aus § 8 der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen vom 27. Februar 1970 (VOABB) nicht den Schluß gezogen, daß die streitbefangenen Klauseln mit dieser normativen Regelung übereinstimmen und somit lediglich deklaratorischer Natur sind (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). § 8 Abs. 1 Nr. 3 VOABB besagt, daß Fahrausweise, die zerrissen, zerschnitten oder sonst stark beschädigt, stark beschmutzt oder unleserlich sind, so daß sie nicht mehr geprüft werden können, ungültig sind, daß sie eingezogen werden und daß das Fahrgeld nicht erstattet wird. Diese Regelung ist nicht analog auf abhanden gekommene Fahrscheine anwendbar (a.A. ohne Begründung Bidinger, Personenbeförderungsgesetz , § 8 VOABB Anm. 3). Sie betrifft nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur Fahrscheine, die der Kunde noch besitzt, die aber nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht mehr prüftauglich sind. Da dies in der Regel auf eine unsorgfältige Behandlung durch den Kunden zurückgehen wird, hat die Verweigerung der Fahrpreiserstattung - wie auch bei den übrigen Tatbeständen der Vorschrift, die sämtlich einen Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen betreffen - Sanktionscharakter. Damit sind die Fälle, in denen der Fahrschein dem Kunden gänzlich abhanden gekommen ist, nicht vergleichbar. Deshalb ist eine Analogie nicht zulässig.
Ebensowenig stimmen die angegriffenen Klauseln mit dem von der Beklagten im Revisionsverfahren herangezogenen § 10 Abs. 1 VOABB überein. Nach dieser Vorschrift wird, wenn ein Fahrausweis nicht zur Fahrt benutzt wird, das Beförderungsentgelt (nur) gegen Vorlage des Fahrausweises erstattet. Aus
der Verpflichtung zur Vorlage des Fahrausweises ergibt sich, daß diese Bestimmung den Fall des Verlustes gerade nicht regeln will.
Die streitigen Klauseln stellen daher eine Ergänzung der gesetzlichen Regelung dar.
Auch der Umstand, daß die Besonderen Beförderungsbedingungen der Beklagten, soweit sie von der VOABB abweichen, zu ihrer Einführung der Zustimmung der Genehmigungsbehörde bedürfen (§ 39 Abs. 6 PBefG), schließt die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht aus (Bidinger, aaO, § 39 PBefG Rdn. 160).
II. Die Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Klauseln folgt aus § 307 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB, wonach eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen ist, wenn eine Bestimmung wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet wird.
1. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Die Klauseln betreffen ein wesentliches Vertragsrecht des Fahrgastes bzw. eine wesentliche Vertragspflicht der Beklagten. Da § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB ein Verbot der Aushöhlung zentraler Vertragspflichten (sog. Kardinalpflichten ) enthält, sind als wesentliche Vertragspflichten jedenfalls die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptpflichten eines Vertrags anzusehen (BGHZ 149, 89, 96 f. zur gleichlautenden früheren Vorschrift des § 9 Abs. 2 Nr. 2 AGBG). Dies sind hier die Pflicht der Beklagten zur Beförderung des Fahrgastes und die Pflicht des Fahrgastes zur Bezahlung des Fahrpreises.
Durch die streitigen Klauseln wird der nach dem Verlust des Fahrscheins fortbestehende Beförderungsanspruch des Fahrgastes nicht nur eingeschränkt, sondern es wird dem Fahrgast praktisch unmöglich gemacht, seinen Anspruch geltend zu machen, falls ihm der Fahrschein abhanden kommt.
Zwar steht ihm, falls der Fahrschein ein Namenspapier mit Inhaberklausel ist, das Aufgebotsverfahren nach §§ 1003 ff. ZPO zur Verfügung. Dieses bietet dem Verlierer eines Fahrscheins jedoch in der Regel keine wirksame Hilfe. § 808 Abs. 2 Satz 2 BGB bestimmt, daß eine abhanden gekommene oder vernichtete Urkunde im Aufgebotsverfahren für kraftlos erklärt werden kann. Die Kraftloserklärung geschieht durch Ausschlußurteil (§ 1017 Abs. 1 ZPO). Derjenige , der ein Ausschlußurteil erwirkt hat, ist dem durch Urkunde Verpflichteten gegenüber berechtigt, die Rechte aus der Urkunde geltend zu machen (§ 1018 Abs. 1 ZPO). Damit ersetzt zwar das Ausschlußurteil die Vorlage der Urkunde (Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 808 Rdn. 5). Der Zeit- und Kostenaufwand des Aufgebotsverfahrens wird aber oft außer Verhältnis zum Wert eines abhanden gekommenen Busfahrscheins stehen, und vor allem wird in Anbetracht der Aufgebotsdauer von mindestens sechs Monaten (§ 1015 ZPO) das Ausschlußurteil für den Reisekunden meist zu spät kommen.
2. Die streitigen Klauseln benachteiligen die Kunden der Beklagten unangemessen. Dies ergibt sich nicht nur aus der gesetzlichen Vermutung des § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB, sondern steht aufgrund einer Abwägung der wechselseitigen Interessen fest.
a) Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung mißbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen
angemessenen Ausgleich zuzugestehen (vgl. BGH, BGHZ 143, 104, 113 und ständig zu § 9 Abs. 1 AGBG). Die Anwendung dieses Maßstabs setzt eine Ermittlung und Abwägung der wechselseitigen Interessen voraus (BGHZ 78, 305, 309; 103, 316, 327; MünchKomm/Basedow, BGB, 4. Aufl., § 307 Rdn. 31; Ulmer /Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl., § 9 Rdn. 71). Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch höherrangige (so BGHZ 114, 238, 242 zu § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG) oder zumindest gleichwertige (so Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 4. Aufl., § 9 Rdn. 80, 90) Interessen des AGB-Verwenders gerechtfertigt ist.
b) Das Berufungsgericht hat sich durch seine Einordnung des Fahrscheins als kleines Inhaberpapier den Blick auf die Interessenabwägung verstellt und hierzu keine Feststellungen getroffen. Dem Ansatz des Berufungsgerichts folgend, sind auch die Parteien im Revisionsverfahren darauf nicht mehr eingegangen. Sie haben jedoch in den Vorinstanzen ausführlich zur wechselseitigen Interessenlage vorgetragen. Weil weiterer Tatsachenvortrag nicht zu erwarten ist, kann der Senat die unstreitigen Anknüpfungstatsachen selbst würdigen (BGHZ 122, 309, 316).
c) Die demnach vom Senat vorzunehmende Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, daß der ausnahmslose Ausschluß von Ersatz und Erstattung für abhanden gekommene Fahrscheine weiter geht, als zur Wahrung der berechtigten Interessen der Beklagten nötig ist, und aus diesem Grund eine unangemessene Benachteiligung der Kunden darstellt.
aa) Auf der Seite der Kunden geht es um deren Interesse, bei einem - möglicherweise unverschuldeten - Verlust des Fahrscheins nicht die schon bezahlte Gegenleistung einzubüßen. Dieses Interesse wiegt umso schwerer, als das Verlustrisiko der Kunden nur dadurch entsteht, daß die Beklagte von
ihnen Vorleistung verlangt, was eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung bedeutet, wonach der Werkunternehmer vorleistungspflichtig ist (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Auf der anderen Seite fällt das Interesse der Beklagten ins Gewicht, die Gegenleistung nicht doppelt erbringen zu müssen. Der mit der Ausstellung eines Ersatzfahrscheins verbundene Verwaltungsaufwand der Beklagten ist hingegen nicht zu berücksichtigen, weil sie sich insoweit durch Erhebung einer kostendeckenden Gebühr beim Kunden schadlos halten kann. Zu einer Doppelleistung der Beklagten könnte es zum einen dann kommen, wenn der Berechtigte den Verlust des Fahrscheins nur vorspiegelt, sowohl den Original- als auch den Ersatzfahrschein nutzt und auf diese Weise die Beförderungsleistung zweimal erlangt, und zum anderen dann, wenn bei einem echten Verlust der unredliche neue Inhaber, insbesondere ein Finder oder Dieb, den Originalfahrschein nutzt und daneben der Verlierer mit Hilfe des Ersatzfahrscheins reist. Soweit die reale Gefahr einer solchen Doppelleistung besteht, diese Gefahr nicht verschwindend gering ist und sie auch nicht durch zumutbare Maßnahmen abgewendet werden kann, ist der Beklagten der Sache nach Ersatz oder Erstattung nicht zuzumuten. Denn insoweit wäre eine Schadensverlagerung vom Kunden auf die Beklagte nicht gerechtfertigt. Vielmehr müßte der Kunde dann - in entsprechender Anwendung des Grundsatzes der Haftung nach Beherrschbarkeit des Risikos bzw. nach Gefahrenbereichen (BGHZ 114, 238, 243) - das in seiner Verantwortungssphäre gelegene Verlustrisiko selbst tragen.
bb) Mit den streitigen Ausschlußklauseln hat sich die Beklagte jedoch nicht auf die Abwendung einer nicht mit zumutbaren Mitteln auszuräumenden Doppelleistungsgefahr beschränkt. Die Klauseln erfassen vielmehr auch solche Fälle, in denen die Beklagte dieser Gefahr leicht begegnen kann. So liegt es
nämlich immer, wenn der Originalfahrschein vor Stellung des Antrags auf Ersatz nicht umgebucht worden ist.
(1) Wird eine Umbuchung des Originalfahrscheins überhaupt nicht beantragt , kann die Beklagte die Gefahr einer Doppelleistung leicht abwenden.
Insoweit ergibt sich aus der Namenseintragung in den Fahrscheinen der Beklagten in Verbindung mit ihrer Praxis, für jede Reise Namenslisten zu führen , ein wesentlicher Unterschied zu normalen Eisenbahn-, Straßenbahn- oder örtlichen Busfahrkarten, die keinen Namen angeben. Der Aussteller solcher Papiere kann nicht kontrollieren, ob er die als abhanden gekommen gemeldete Fahrkarte überhaupt verkauft hat. Deshalb sieht § 18 Abs. 5 der EisenbahnVerkehrsordnung vom 18. Dezember 1938 auch zu Recht vor, daß der Fahrpreis für verlorene (Eisenbahn-)Fahrausweise nicht erstattet wird. Der Beklagten hingegen ist die Kontrolle möglich, ob sie den Fahrschein, für den Ersatz beantragt wird, ausgegeben hat. Wenn der Antragsteller das Datum der Reise, die Fahrstrecke und den Namen des Fahrgasts angibt, kann die Beklagte anhand der Namensliste kontrollieren, ob ihm der sich aus dem Fahrschein ergebende Anspruch auf die Beförderungsleistung überhaupt zusteht.
Stellt sie dem Antragsteller sodann einen Ersatzfahrschein aus, der denselben Inhalt hat, so daß Original- und Ersatzfahrschein auf denselben Namen, dieselbe Fahrstrecke und denselben Hinreisetag lauten, besteht die Gefahr für die Beklagte nur in der Konkurrenz zweier Prätendenten um denselben Reiseplatz. Ob nun ein unredlicher Berechtigter, der den Verlust nur vorgetäuscht hat, den Ersatz- oder den Originalfahrschein an einen zweiten Reisenden weitergibt oder ob neben dem redlichen Berechtigten, der seinen Ersatzfahrschein vorlegt, auch ein unredlicher Dritter, der den Originalfahrschein gefunden oder gestohlen hat, mit dessen Hilfe die Beförderungsleistung in Anspruch nehmen
will: In jedem Fall präsentieren sich dem Busfahrer zwei Bewerber für denselben auf seiner Liste namentlich gekennzeichneten Platz. Dann kann aber der für die Beklagte handelnde Fahrer den unberechtigten Bewerber problemlos abweisen.
Das Recht der Beklagten, dem Nichtberechtigten die Beförderungsleistung zu verweigern, ergibt sich aus ihren Besonderen Beförderungsbedingungen , die Vertragsbestandteil sind. Nach Nr. 3.1. will sie bei der Beförderungsanmeldung mit dem buchenden Erwerber einen Beförderungsvertrag schließen und diesem verpflichtet bleiben, es sei denn, daß "der Beförderungsvertrag", d.h. der Anspruch aus demselben, auf einen anderen Fahrgast übertragen wird, was aber nur mit Zustimmung der Beklagten geschehen kann, die dann auch den Namen des eintretenden Fahrgastes in das Fahrscheinheft einträgt. Dieser Zustimmungsvorbehalt, also das Mitspracherecht der Beklagten bei der Übertragung des Beförderungsanspruchs auf eine andere Person, spricht klar gegen einen Willen der Beklagten, sich jedem Inhaber des Fahrscheins zu verpflichten , und für ihren Willen, nur eine bestimmte, ihr vor Beginn der Reise bekanntgegebene und von ihr gebilligte Person befördern zu müssen. Die Beklagte darf also jede andere als die im Fahrschein benannte Person zurückweisen.
Die hierfür erforderliche Kontrolle ist der Beklagten ohne Schwierigkeiten möglich. Ihr Busfahrer braucht dazu nicht einmal von den beiden Fahrscheininhabern , die denselben Platz beanspruchen, einen Identitätsnachweis verlangen , den dann nur der Berechtigte erbringen könnte. Eine solche Identitätskontrolle wäre der Beklagten in derartigen Ausnahmefällen übrigens ohne weiteres zumutbar. Sie ist aber gar nicht erforderlich, wenn die Beklagte einfach auf der für den Fahrer angefertigten Namensliste vermerkt, daß sie für einen bestimmten Fahrgast einen Ersatzfahrschein ausgestellt hat. Damit ist der Originalfahr-
schein für den Fahrer erkennbar entwertet. Die Legitimationswirkung des Originalfahrscheins ist zerstört. Der Fahrer kann dessen Inhaber zurückweisen.
(2) Aber auch wenn nach der Ausstellung des Ersatzfahrscheins eine Umbuchung des Originalfahrscheins beantragt wird, kann die Beklagte der Gefahr einer Doppelleistung leicht begegnen. Dazu ist ebenfalls nicht erforderlich, daß die Beklagte bei der Umbuchung eine Identitätskontrolle vornimmt. Auch hier genügt es, wenn die Beklagte bei der Ausstellung des Ersatzfahrscheins auf der Namensliste für die Reise hinter dem betreffenden Namen vermerkt, daß ein Ersatzfahrschein ausgestellt worden ist, und auf diese Weise den Originalfahrschein entwertet. Dann kann, da bei einer Umbuchung die Namensliste eingesehen werden muß, um den betreffenden Namen daraus zu streichen, der Originalfahrschein von niemandem mehr umgebucht werden. Dies gilt auch, falls die die Umbuchung vollziehenden Mitarbeiter der Beklagten die Namensliste nicht persönlich einsehen, sondern die Änderung der Liste mittels elektronischer Datenverarbeitung erfolgt. Die Beklagte hat nicht dargetan, daß eine Gestaltung ihrer Software dahin, daß die Umbuchung scheitert, wenn bei dem Namen auf der alten Liste die Ausstellung eines Ersatzfahrscheins vermerkt ist, für sie nicht zumutbar wäre.
(3) Eine mit zumutbaren Mitteln nicht abwendbare Doppelleistungsgefahr besteht nur im Falle einer schon vor Ausstellung des Ersatzfahrscheins erfolgten Umbuchung.
Falls der unredliche Fahrscheinerwerber, der den Verlust nur vorgespiegelt hat, oder der unredliche Dritte mit Hilfe des Originalfahrscheins die Reise bereits auf einen anderen Termin, eine andere Fahrstrecke oder einen anderen Fahrgast umgebucht hat und die umgebuchte Reise schon durchgeführt hat und falls danach noch ein Ersatzfahrschein ausgestellt und eingelöst wird, er-
bringt die Beklagte die Beförderungsleistung doppelt. Dies sieht auch der Kläger ein, der im Revisionsverfahren anerkannt hat, daß dann, wenn schon vor der Reklamation des Kunden der Fahrschein genutzt worden ist, der Kunde "die Folgen seiner eigenen Untätigkeit hinzunehmen" hat, d.h. keinen Ersatz mehr verlangen kann.
Ob auch dann, wenn der Originalfahrschein vor der Verlustmeldung umgeschrieben , die neue Reise aber noch nicht durchgeführt worden ist, für die Beklagte eine nicht oder nur schwer abwendbare Doppelleistungsgefahr besteht , kann offenbleiben. Denn dies würde nichts daran ändern, daß die Beklagte in den bereits dargestellten anderen Fällen, in denen keine Umbuchung erfolgt ist, die Gefahr leicht abwenden kann und die streitigen Klauseln mit ihrer pauschal gehaltenen Fassung deshalb über das Ziel hinausschießen.
cc) Pflichten und Sanktionen, die aufgrund eines berechtigten Verwenderinteresses dem Vertragspartner auferlegt werden, unterliegen einem Übermaßverbot und bedürfen einer konkreten und angemessenen Eingrenzung (Ulmer /Brandner/Hensen § 9 Rdn. 74). Dies hat die Beklagte nicht beachtet. Obwohl eine nicht in zumutbarer Weise abzuwehrende Gefahr einer Doppelleistung für die Beklagte nur dann besteht, wenn der Originalfahrschein vor der Ausstellung eines Ersatzfahrscheins umgebucht worden ist, hat die Beklagte ihren Ausschluß von Ersatz und Erstattung für abhanden gekommene Fahrscheine nicht auf diese Fallkonstellation beschränkt. Indem sie die Ausschlußklauseln so allgemein formuliert hat, daß davon auch die Fälle erfaßt werden, in denen sie die Doppelleistungsgefahr leicht abwenden kann - wenn nämlich überhaupt keine Umbuchung des Originalfahrscheins beantragt wird oder dies erst nach Ausstellung des Ersatzfahrscheins geschieht -, hat sie die Belange ihrer Kunden nicht hinreichend berücksichtigt. Sie hat vielmehr ihre eigenen Interessen übermäßig gesichert. Ihre Ablehnung von Ersatz und Erstattung für
abhanden gekommene Fahrscheine ist also nicht grundsätzlich, wohl aber in der gewählten weiten Fassung unangemessen. Da indessen eine Rückführung der Klauseln auf einen zulässigen Inhalt wegen des Verbots geltungserhaltender Reduktion von AGB-Klauseln nicht zulässig ist (BGHZ 124, 254, 262), sind die Klauseln insgesamt unwirksam. Infolgedessen ist der Unterlassungsanspruch des Klägers begründet.
Melullis Scharen Ambrosius
Mühlens Meier-Beck
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.
(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn
- 1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt, - 2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder - 3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.