Oberlandesgericht Düsseldorf Urteil, 17. Feb. 2016 - I-18 U 24/15

Gericht
Tenor
Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin wird auf die Berufung der Beklagten das am 02.02.2015 verkündete Urteil der 6. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Duisburg teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits sowie die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin ist Assekuradeurin der Versicherer der A-GmbH. Sie macht aus übergegangenem bzw. abgetretenem Recht Ansprüche aus einem Transportvertrag geltend.
4Die Beklagte wurde von der B-GmbH zu festen Kosten mit dem Transport von 33 Paletten tiefgekühlten Bacon Strips mit einem Gewicht von 5.442,10 kg brutto beauftragt; die Ware war letztlich für die Imbisskette C bestimmt. Die Ware sollte am 22.08.2008 bei der Firma D in Stadt 1 geladen und zur Firma E-GmbH ………. (im Folgenden: E-GmbH) in Stadt 2 gebracht werden. Die E-GmbH firmierte später in A-GmbH um.
5Der der Beklagten erteilte Transportauftrag sah die Einhaltung einer Transporttemperatur von –25°C vor. In dem Transportauftrag heißt es weiter:
6„Die Übernahmetemperatur der Güter muss während der Beladung vom Fahrer mit einem geeichten Stechthermometer kontrolliert werden. Falls kein eigenes Stechthermometer vorhanden sein sollte, ist auf eine Temperaturprüfung durch den Verlader zu bestehen und dieser beizuwohnen…
7Die vom Fahrer festgestellte Verladetemperatur muss auf dem Frachtbrief vermerkt und vom Versender schriftlich bestätigt werden.“
8Zu weiteren Einzelheiten dieses Transportauftrags wird auf Anlage K 2 (Bl. 16 GA) verwiesen.
9Die Beklagte beauftragte ihre Streithelferin als Unterfrachtführerin mit dem Transport von Stadt 1 nach Stadt 2. Der von der Firma D ausgestellte Lieferschein, der – nur – die Unterschrift des Fahrers, des Zeugen Z1, trägt, sieht den Passus
10„Lagern und befördern bei mindestens –18°C!“.
11vor. Als Übergabetemperatur ist handschriftlich „–18,4 °C“ eingetragen. Zu weiteren Einzelheiten des Lieferscheins wird auf Anlage K 27 (Bl. 201 GA) verwiesen.
12Der Zeuge Z1 trat die Fahrt in Stadt 1 am 22.08.2008 um 9.12 Uhr an und erreichte die E-GmbH in Stadt 2 um 11.38 Uhr. Dort wurde die Ware indes nicht abgeladen und der Zeuge Z1 wartete mehrere Stunden, während derer er auch mit einem Mitarbeiter der Beklagten telefonierte und von ihm schließlich die Weisung erhielt, wie mit dem Transportgut zu verfahren sei. Letztlich konnte die Ware an diesem Tag nicht mehr bei der E-GmbH entladen werden. Der Zeuge Z1 trat stattdessen um 17.57 Uhr die Fahrt von Stadt 2 zu dem in Stadt 3 gelegenen „Kühlhaus Stadt 4“ an, das er um 18.46 Uhr erreichte. Nach dem Entladen der Ware ergab eine Messung, dass die Kartons eine Temperatur von lediglich –12,7°C bis (maximal) –15,7°C hatten. Die Ware verblieb über das Wochenende im „Kühlhaus Stadt 4“ und wurde am 25.08.2008 von einem anderen Frachtführer zur E-GmbH gebracht.
13Der durch die Überschreitung der Mindesttemperatur eingetretene Schaden, der in der Berufungsinstanz nicht mehr im Streit steht, beläuft sich auf 95.335,63 €, nämlich dem Schaden am Transportgut in Höhe von 94.326,43 € unter Abzug eines Erlöses in Höhe von 3.000,00 € sowie Schadensermittlungskosten in Höhe von 1.009,20 €.
14Die Klägerin hat behauptet, der Schaden am Transportgut sei in dem der Beklagten zuzurechnenden Gewahrsam der Streithelferin entstanden. Die Bacon Strips seien ordnungsgemäß hergestellt worden. Vor der Verladung seien sämtliche Paletten mit jeweils drei Temperaturproben überprüft worden; die Übergabetemperatur habe–18,4°C betragen.
15Die Klägerin hat beantragt,
16die Beklagte zu verurteilen,
17- 18
1. an die Klägerin 95.335,63 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2009 zu zahlen;
- 20
2. die Klägerin von Honoraransprüchen der Rechtsanwälte F in Höhe von 2.118,44 € brutto gemäß der als Anlage K 11 beigefügten Kostenaufstellung freizuhalten.
Die Beklagte und ihre Streithelferin haben beantragt,
22die Klage abzuweisen.
23Sie haben behauptet, der eingetretene Schaden an dem Transportgut sei nicht in dem Obhutszeitraum der Beklagten eingetreten. Der – unstreitig vorgekühlte – Kühlkoffer, den die Streithelferin der Beklagten verwendet habe, habe in der Zeit nach der Verladung in Stadt 1 ununterbrochen ordnungsgemäß weiter gekühlt. Das Kühlaggregat im Fahrzeug sei wie vorgeschrieben auf –25°C eingestellt gewesen und habe während der anschließenden Fahrt und der längeren Standzeit vor dem Gebäude der E-GmbH ununterbrochen einwandfrei funktioniert. Der Schaden sei allein auf die mangelnde Vorkühlung bei der Absenderin zurückzuführen. Allenfalls könne der Schaden während der Lagerung im „Kühlhaus Stadt 4“ bzw. während des Transports vom „Kühlhaus Stadt 4“ zur E-GmbH eingetreten sein.
24Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der durchgeführten Beweisaufnahme in erster Instanz wird nach § 540 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
25Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 48.296,34 € nebst Verzugszinsen zu zahlen und die Klägerin von Honoraransprüchen ihrer vorprozessual tätigen Rechtsanwälte in Höhe von 1.641,96 € freizustellen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
26Zur Begründung hat das Landgericht – soweit für die Berufungsinstanz noch von Bedeutung – ausgeführt, dass die A-GmbH als Warenempfängerin nach § 421 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz HGB berechtigt sei, einen Schadensersatzanspruch nach § 425 Abs. 1 HGB wegen der Beschädigung des Transportguts im eigenen Namen gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Die Beklagte hafte für den Schaden am Transportgut, der darin bestehe, dass die Temperatur der Bacon Strips bereits bei der Anlieferung im „Kühlhaus Stadt 4“ deutlich über –18°C gelegen habe und die Bacon Strips daher nicht mehr der mit der Endabnehmerin vertraglich vereinbarten Qualität entsprochen hätten. Dieser Schaden sei in der Obhut der Streithelferin, die der Beklagten zurechenbar sei, entstanden. Der Beklagten obliege die Beweislast dafür, dass die Bacon Strips schon bei der Übergabe an den Fahrer in Stadt 1 nicht ausreichend vorgekühlt gewesen seien, weil sich die Beklagte nach dem schriftlichen Transportauftrag ausdrücklich verpflichtet habe, die Übernahmetemperatur der Güter während der Beladung vom Fahrer mit einem geeichten Stechthermometer kontrollieren zu lassen bzw. durch den Fahrer der Temperaturprüfung durch den Verlader beizuwohnen, was der Fahrer nicht getan habe; zudem habe der Fahrer bei der Übergabe der Waren ausdrücklich eine Temperatur von –18,4°C bestätigt. Die von der Beklagten behaupteten Umstände der Beladung bei der Firma D änderten an der Beweislast nichts. Der Zeuge Z1 hätte ohnehin keine Möglichkeit gehabt, die Temperatur mit einem eigenen Stechthermometer zu kontrollieren, weil er ein solches Stechthermometer nicht mit sich geführt habe, was schon die Vermutung nahe lege, dass der Zeuge Z1 kein besonderes Interesse an einer Temperaturkontrolle signalisiert habe. Dass dem Zeugen Z1 das Betreten der Halle während des Verladevorgangs aus „hygienischen Gründen“ nicht gestattet worden sei, habe er allem Anschein nach widerspruchslos hingenommen. Der Zeuge Z1 hätte im Übrigen durchaus beim Verlassen der Rampe eine Temperaturmessung der Ware auf den letzten drei Paletten in seiner Anwesenheit fordern und kontrollieren können, was er jedoch nicht getan habe, sondern sich stattdessen auf die Angaben des Mitarbeiters von D verlassen habe. Zudem habe der Zeuge Z1 bei der Bestätigung der Übernahmetemperatur auf dem Lieferschein keinen entsprechenden Vorbehalt notiert. Insgesamt sei der Beklagten der ihr obliegende Beweis einer unzureichenden Vorkühlung nicht gelungen; die fehlende Aufklärbarkeit der ausreichenden Vorkühlung gehe zu ihren Lasten.
27Allerdings sei die Haftung der Beklagten nach § 431 HGB auf 48.269,34 € begrenzt, weil die Voraussetzungen als § 435 HGB nicht vorgelegen hätten.
28Gegen dieses Urteil richten sich sowohl die Klägerin als auch die Beklagte, unterstützt durch ihre Streithelferin, mit ihren Berufungen.
29Die Klägerin wendet sich dagegen, dass das Landgericht die Voraussetzungen des § 435 HGB als nicht erfüllt angesehen hat. Denn der als Fahrer eingesetzte Zeuge Z1 habe während des Transports überhaupt keine Temperaturkontrollen durchgeführt und leichtfertigt gehandelt. Die von ihm geschilderte Temperaturkontrolle per Gehör sei nicht ausreichend gewesen.
30Die Klägerin beantragt,
31die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Duisburg vom 02.02.2015 (26 O 10/10) zu verurteilen,
321. an die Klägerin weitere 47.066,31 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.06.2009 zu zahlen;
332. die Klägerin von Honoraransprüchen von F Rechtsanwälte in Höhe von weiteren 476,48 € brutto gemäß der als Anlage K 11 beigefügten Kostenaufstellung freizuhalten.
34Die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen sinngemäß,
35unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin das Urteil des LandgerichtsDuisburg vom 02.02.2015 (26 O 10/10) abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
36Die Klägerin beantragt,
37die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
38Die Beklagte, unterstützt durch ihre Streithelferin, rügt mit ihrer Berufung, dass das Landgericht die Beweislastverteilung zur ausreichenden Vorkühlung der Bacon Strips bei der Übergabe in Stadt 1 unzutreffend beurteilt habe. Insbesondere aufgrund der tatsächlichen Umstände der Verladung obliege die Beweislast der Klägerin. Auch habe das Landgericht die Beweiskraft des Lieferscheins unzutreffend beurteilt. Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils sei im Übrigen nicht nachvollziehbar, insbesondere in Bezug auf die Aufzeichnungen des Temperaturprotokolls vom Transporttag und den von dem Fahrer verwandten Kühlauflieger, ferner im Hinblick auf die Aussagen der Zeugen Z1 und Z2 sowie in Bezug auf das eingeholte Gutachten des Sachverständigen Z3.
39Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
40II.
41Die beiderseitigen Berufungen sind zulässig, insbesondere wurden sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet; die Berufung der Klägerin ist dagegen unbegründet und unterliegt daher der Zurückweisung.
421.
43Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch nicht zu, weil die Voraussetzungen des – einzig in Betracht kommenden – § 425 Abs. 1 i.V.m. § 421 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz HGB nicht vorliegen. Es kann nämlich schon nicht festgestellt werden, dass der – unstreitig vorliegende – Schaden an dem Transportgut in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung durch die Streithelferin der Beklagten eingetreten ist.
44a)
45Die Aussage des von der Klägerin benannten Zeugen Z2 war insgesamt unergiebig. Der Zeuge hatte keinerlei Erinnerung an den Beladevorgang; er vermochte sich nicht einmal an den Fahrer, den Zeugen Z1, zu erinnern. Zwar sollten keine überspannten Anforderungen an Nachweise gestellt werden, wenn es sich um jahrelang eingespielte Routinevorgänge handelt, die dauerhaft nur dann in konkreter Erinnerung haften bleiben, wenn es Abweichungen vom Gewöhnlichen gegeben hat (vgl. etwa für den Bereich der sogenannten Lagerungsschäden als Unterfall des sog. voll beherrschbaren Risikos im Arzthaftungsrecht OLG Koblenz, Beschluss vom 27.09.2011, 5 U 273/11, zitiert nach Juris Rdnr. 20). Ob dieser Grundsatz für die Beweiswürdigung im vorliegenden Fall überhaupt Anwendung beanspruchen könnte, kann dahinstehen, weil der Zeuge Z2 nicht einmal bekunden konnte, an dem diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Beladevorgang mitgewirkt zu haben. Der Senat hält es – im Gegenteil – sogar für nicht unwahrscheinlich, dass der Zeuge bei diesem Beladevorgang gar nicht zugegen gewesen ist. Der Zeuge Z2 hat nämlich ausgeschlossen, einen Lkw zu beladen, wenn der Fahrer nicht mit in die Halle komme und dem Beladevorgang beiwohne. Der Zeuge Z1 war allerdings bei dem Beladevorgang selbst unstreitig gar nicht anwesend. Schon dies spricht dagegen, dass der Zeuge Z2 die Bacon Strips in den Lastwagen der Streithelferin der Beklagten geladen hat.
46b)
47Auf die Aussage des Zeugen Z1 lässt sich ebenfalls nicht die Überzeugung stützen, die in Stadt 1 verladene Ware habe eine Übergabetemperatur von–18,4°C gehabt. Der Zeuge hat bekundet, er habe weder die Temperatur selbst gemessen noch habe er der Temperaturüberprüfung durch die Mitarbeiter der Firma D während des Beladevorgangs in der Halle beiwohnen können. Vielmehr habe er „denen ja glauben“ müssen, dass die in dem Lieferschein angegebene Übernahmetemperatur stimme.
48c)
49Auch aus dem als Anlage K 27 vorgelegten Lieferschein (Bl. 201 GA) vermag der Senat nicht die Überzeugung zu gewinnen, die Ware sei ausreichend vorgekühlt gewesen. Zwar weist dieser Lieferschein eine Übernahmetemperatur von –18,4°C aus und hat der Zeuge Z1 diesen Lieferschein, ohne einen Vorbehalt aufzunehmen, unterschrieben. Indes begründet dieser Lieferschein nach § 416 ZPO allein den vollen Beweis dafür, dass die in ihm enthaltenen Erklärungen von dem Zeugen Z1 abgegeben worden sind. Der materielle Inhalt des Lieferscheins unterliegt dagegen der freien tatrichterlichen Beweiswürdigung (vgl. BGH, Urteil vom 24.06.1993, IX ZR 96/92, zitiert nach Juris, Rdnr. 30).
50Die Richtigkeit dieser handschriftlich vermerkten Übergabetemperatur lässt sich schon deshalb nicht allein mit dem Lieferschein beweisen, weil der Aussteller dieser Privaturkunde, der Zeuge Z1, hiermit eine Erklärung abgegeben hat, deren Richtigkeit er unstreitig nicht überprüft hat und auch nicht überprüfen konnte. In diesem Zusammenhang kann es dahinstehen, ob – was zwischen den Parteien im Streit steht – der Zeuge Z1 die Temperatur der zuletzt verladenen drei Paletten überprüft hat; unstreitig ist lediglich, dass er die Temperatur dieser Paletten hätte überprüfen können. Selbst wenn allerdings der Zeuge Z1 die Temperatur der letzten drei Paletten überprüft hätte, was die Beklagte zunächst vorprozessual in ihrem Schreiben vom 26.08.2008 (Anlage K 9, Bl. 37 GA) angegeben hat, stünde damit noch nicht fest, dass die Übernahmetemperatur sämtlicher Paletten –18,4°C betragen hat. Zum einen bestand die gesamte Sendung aus insgesamt 33 Paletten, mithin hätte der Zeuge Z1 nicht einmal 10 % der gesamten Lieferung kontrollieren können. Zum anderen hat die Absenderin – was die Klägerin selbst vorträgt – im Rahmen ihres Beladevorgangs eindeutig gegen ihre eigene Handlungsanweisung zur Verladung von Bacon Strips verstoßen. Diese Handlungsanweisung sieht vor, dass der Fahrer bei der Verladung anwesend sein muss und keine Beladung ohne eine Anwesenheit des Fahrers durchgeführt werden wird (Bl. 651 GA, in englischer Fassung, unter 3.). Der Zeuge Z2 hat in diesem Zusammenhang erläutert, dass selbst in den Fällen, in denen ein Fahrer von einer Temperaturmessung an jeder Palette absieht, immerhin drei bis vier Paletten gemessen werden sollen, wobei üblicherweise die erste Palette, ferner eine in der Mitte und die letzte Palette genommen werde. Auch eine derartige stichprobenartige Messung von Paletten, die an verschiedenen Stellen in der Halle gestanden haben, war dem Zeugen Z1 nicht möglich. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass während des damaligen Beladevorgangs 30 nicht hinreichend gekühlte Paletten zuerst beladen und sodann drei ausreichend gekühlte Paletten zuletzt verladen worden sind, was dem Zeugen Z1 nicht hätte auffallen können, auch wenn er die Temperatur an den zuletzt verladenen Paletten gemessen hätte.
51d)
52Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist es unerheblich, dass der Zeuge Z1 den Lieferschein mit der darin vermerkten Übernahmetemperatur unterschrieben hat, ohne sich Gewissheit über diese Temperatur verschafft zu haben und ohne einen entsprechenden Vorbehalt in den Lieferschein aufzunehmen. Zwar steht nach § 409 Abs. 2 Satz 2 HGB die Aufnahme eines Vorbehalts in den Frachtbrief der gesetzlichen Vermutung des § 409 Abs. 2 Satz 1 HGB entgegen, dass das Gut und seine Verpackung bei der Übernahme durch den Frachtführer in äußerlich gutem Zustand gewesen sind. Diese Vorschrift findet hier allerdings keine Anwendung, weil es sich bei dem Lieferschein schon nicht um einen Frachtbrief handelte, der von beiden Parteien unterzeichnet war. Zudem – selbst wenn es sich bei dem Lieferschein um einen Frachtbrief handelte – unterliegt ein formungültiger Frachtbrief der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) und kann er ein Indiz dafür sein, dass das Gut und seine Verpackung äußerlich in gutem Zustand waren (Baumbach/Hopt, HGB-Kommentar, 36. Aufl., § 409 Rdnr. 4). Ist der Frachtbrief – wie hier – nur vom Frachtführer unterschrieben, so wirkt er als Empfangsquittung (Baumbach/Hopt, a.a.O.; Koller, Transportrecht, Kommentar, 8. Aufl., § 408 Rdnr. 27). Das auf die Empfangsquittung gestützte Indiz verliert indes nach den allgemeinen Regeln der Quittung seine Bedeutung, wenn der Frachtführer die Überzeugung des Gerichts in die Richtigkeit der unterschriebenen Urkunde erschüttert, ohne dass ein voller Gegenbeweis geführt werden muss. Dies kann z.B. dann angenommen werden, wenn ein Frachtführer bei der Beladung mitgeholfen hat und deshalb das übernommene Gut nicht kontrollieren konnte, oder wenn der Inhalt des Frachtbriefs bloß auf der Versicherung des Absenders beruhte, die Ladung sei vollständig, oder wenn der Fahrer zeitweise abwesend war (zum Ganzen: Koller, a.a.O., § 408 Rdnr. 27). Nach dem zum Teil unstreitigen und im Übrigen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehenden Sachverhalt war der Fahrer während des Beladevorgangs nicht anwesend und konnte insoweit die Übernahmetemperatur nicht einmal von relevanten Stichproben (vorne, Mitte, hinten) kontrollieren. Soweit er die Temperatur der hinteren drei Paletten hätte kontrollieren können, hat er dies – letztlich mit Billigung der Absenderin – nicht getan. Daraus folgt, dass die Beklagte die Überzeugung des Senats in die Richtigkeit des unterschriebenen Lieferscheins zumindest erschüttert hat.
53e)
54Die Nichterweislichkeit der hinreichenden Vorkühlung geht zu Lasten der Klägerin. Denn entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Klägerin beweisbelastet dafür, dass die transportierten Bacon Strips schon bei dem Verladen am 22.08.2008 eine ausreichende Vorkühlung aufwiesen, die eine beanstandungsfreie Auslieferung am Bestimmungsziel gewährleistete.
55Grundsätzlich obliegt es dem Anspruchsteller, den Schadenseintritt im Obhutszeitraum des Frachtführers darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BGH, NJW 1979, 2471). Dazu gehört auch, dass die Ware nicht schon mit einer zu hohen Temperatur übergeben wurde (OLG Köln, Urteil vom 15.12.2009, 3 U 175/08, zitiert nach Juris, Rdnr. 15; OLG Hamm, Urteil vom 11.09.2008, 18 U 132/07, zitiert nach Juris, Rdnr. 36/37; OLG Hamm, Urteil vom 02.11.1998, 18 U 90/98, zitiert nach Juris, Rdnr. 7; Baumbach/Hopt, a.a.O., § 425 Rdnr. 2; a.A. OLG München, Urteil vom 08.03.2012, 23 U 4203/11, zitiert nach Juris, Rdnr. 10, aber zur – nicht deckungsgleichen – Rechtslage nach der CMR, hier insbesondere Art. 8 Abs. 1 lit. b) CMR). Allerdings liegt die Annahme einer Beweislastumkehr nahe, wenn der Frachtführer verpflichtet ist, die Übernahmetemperatur zu messen und er dies nicht tut oder er eine ausreichende Übernahmetemperatur bestätigt hat und er später eine mangelhafte Vorkühlung einwendet (so auch das OLG Hamm in den beiden vorgenannten Entscheidungen). Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegen diese Voraussetzungen indes hier nicht vor.
56Dies folgt insbesondere nicht aus dem schriftlichen Transportauftrag (Anlage K 2), der die Kontrolle der Übernahmetemperatur des Transportguts durch den Fahrer vorsieht. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Fahrer die Übernahmetemperatur des zu transportierenden Gutes nicht gemessen hat, weil ihm – was das Landgericht in seiner angefochtenen Entscheidung sogar unterstellt – diese Messung während der Beladung nicht möglich gewesen ist. Hierfür spricht zunächst, dass die Klägerin dem (durchgängig erhobenen) Vorbringen der Beklagten und ihrer Streithelferin, dass dem Fahrer der Zutritt zu der Halle, in der der Beladevorgang stattgefunden hat, aus „hygienischen Gründen“ verwehrt worden sei, nicht – zumindest nicht substantiiert – entgegengetreten ist. Die Klägerin hat sich insoweit ausschließlich darauf berufen, dass die Beklagte vorprozessual in ihrem Schreiben vom 26.08.2008 (Anlage K 9, Bl. 37 GA) mitgeteilt habe, der Fahrer habe lediglich die letzten drei Paletten messen können, welche in Ordnung gewesen seien; indes hat die Beklagte in der Folgezeit richtig gestellt, dass es sich hierbei um eine Fehlinformation gehandelt habe; der Fahrer hätte die letzten drei Paletten messen können, er habe dies allerdings tatsächlich nicht getan.
57Dass der Zeuge Z1 diese Messung – sei es aus Unerfahrenheit, sei es aus anderen Gründen – entgegen dem Wortlaut des Frachtvertrags nicht vorgenommen hat, führt ebenfalls nicht zur Annahme einer Beweislastumkehr. Nach den Bestimmungen des Transportauftrags, die eine Beweislastumkehr rechtfertigen könnten, muss der Fahrer die Übernahmetemperatur „während der Beladung“ messen. Dies war dem Zeugen Z1 indes nicht möglich, insbesondere konnte er nicht die Temperatur an relevanten Stichproben (erste Palette, eine in der Mitte und letzte Palette) kontrollieren. Schon dies entspricht nicht den Bestimmungen des schriftlichen Transportauftrags. Hinzu kommt, dass der Beladevorgang – wie vorstehend ausgeführt – unter Verstoß gegen die seinerzeit gültige Handlungsanweisung der Firma D in Sachen „Verladung von Bacon Strips“ erfolgt ist.
58Eine Annahme der Beweislastumkehr beruht in den von dem Landgericht benannten Konstellationen darauf, dass der Frachtführer in Fällen, in denen er die Übernahmetemperatur messen muss und auch tatsächlich messen kann, sich nicht im Nachhinein auf den Einwand der fehlenden Vorkühlung berufen können soll. Dies wäre treuwidrig und würde dem Absender einen Nachweis auferlegen, den er regelmäßig nicht erbringen kann, weil er aufgrund der Bestimmungen des Frachtvertrags bei diesem Routinevorgang von der Sicherung entsprechender Beweise abgesehen hat. Umgekehrt ist eine Beweislastumkehr dann nicht gerechtfertigt, wenn der Absender dem Frachtführer bewusst die Möglichkeit vorenthält, die Übernahmetemperatur zu messen. Denn er hindert ihn dann an der vertraglich vereinbarten Temperaturmessung, was seinerseits treuwidrig ist.
59f)
60Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist für die Beurteilung der Beweislast irrelevant, ob der Zeuge Z1 eine Temperaturkontrolle mit einem eigenen Stechthermometer tatsächlich hätte durchführen können. Unabhängig davon, dass sich aus § 2a der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel (TLMV) gar nicht ergibt, dass der Fahrer stets ein eigenes geeichtes Thermometer mitführen muss, war die Beklagte hierzu auch nicht vertraglich verpflichtet. Der Transportauftrag sieht nämlich ausdrücklich vor, dass der Fahrer, wenn er kein eigenes Stechthermometer mit sich führt, auf einer Temperaturprüfung durch den Verlader zu bestehen und dieser beizuwohnen hat. Hieran war der Zeuge Z1 indes gehindert.
61g)
62Hat die Klägerin mithin eine ausreichende Vorkühlung des Transportgutes nicht beweisen können, folgt hieraus, dass sie auch den Nachweis eines Schadenseintritts in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung nicht hat führen können. Denn steht schon nicht fest, dass das Transportgut vor der Übergabe zur Beförderung ausreichend gekühlt (höchstens –18°C) gewesen ist, ist es unerheblich, ob die Bacon Strips in der Obhut der Beklagten bzw. ihrer Streithelferin ggf. nicht ausreichend gekühlt worden sind.
632.
64Entfällt nach den vorstehenden Ausführungen eine Haftung der Beklagten schon dem Grunde nach, bleibt der Berufung der Klägerin, die sich ausschließlich auf die Höhe des Schadensersatzanspruchs bezieht, der Erfolg versagt.
653.
66Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97, 101 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.
67Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
68Streitwert (für die Berufungsinstanz): 95.335,63 €.

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Annotations
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.
(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.
(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt.
(2) Besteht das Gut aus mehreren Frachtstücken (Sendung) und sind nur einzelne Frachtstücke verloren oder beschädigt worden, so ist der Berechnung nach Absatz 1
- 1.
die gesamte Sendung zu Grunde zu legen, wenn die gesamte Sendung entwertet ist, oder - 2.
der entwertete Teil der Sendung zu Grunde zu legen, wenn nur ein Teil der Sendung entwertet ist.
(3) Die Haftung des Frachtführers wegen Überschreitung der Lieferfrist ist auf den dreifachen Betrag der Fracht begrenzt.
(4) Die in den Absätzen 1 und 2 genannte Rechnungseinheit ist das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. Der Betrag wird in Euro entsprechend dem Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht am Tag der Übernahme des Gutes zur Beförderung oder an dem von den Parteien vereinbarten Tag umgerechnet. Der Wert des Euro gegenüber dem Sonderziehungsrecht wird nach der Berechnungsmethode ermittelt, die der Internationale Währungsfonds an dem betreffenden Tag für seine Operationen und Transaktionen anwendet.
Die in diesem Unterabschnitt und im Frachtvertrag vorgesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen gelten nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine in § 428 genannte Person vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewußtsein, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, begangen hat.
Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.
(1) Der von beiden Parteien unterzeichnete Frachtbrief dient bis zum Beweis des Gegenteils als Nachweis für Abschluß und Inhalt des Frachtvertrages sowie für die Übernahme des Gutes durch den Frachtführer.
(2) Der von beiden Parteien unterzeichnete Frachtbrief begründet ferner die Vermutung, daß das Gut und seine Verpackung bei der Übernahme durch den Frachtführer in äußerlich gutem Zustand waren und daß die Anzahl der Frachtstücke und ihre Zeichen und Nummern mit den Angaben im Frachtbrief übereinstimmen. Der Frachtbrief begründet diese Vermutung jedoch nicht, wenn der Frachtführer einen begründeten Vorbehalt in den Frachtbrief eingetragen hat; der Vorbehalt kann auch damit begründet werden, daß dem Frachtführer keine angemessenen Mittel zur Verfügung standen, die Richtigkeit der Angaben zu überprüfen.
(3) Ist das Rohgewicht oder die anders angegebene Menge des Gutes oder der Inhalt der Frachtstücke vom Frachtführer überprüft und das Ergebnis der Überprüfung in den von beiden Parteien unterzeichneten Frachtbrief eingetragen worden, so begründet dieser auch die Vermutung, daß Gewicht, Menge oder Inhalt mit den Angaben im Frachtbrief übereinstimmt. Der Frachtführer ist verpflichtet, Gewicht, Menge oder Inhalt zu überprüfen, wenn der Absender dies verlangt und dem Frachtführer angemessene Mittel zur Überprüfung zur Verfügung stehen; der Frachtführer hat Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen für die Überprüfung.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.
(1) Der für die Beförderung sowie für die Einlagerungs- und Lagereinrichtungen für tiefgefrorene Lebensmittel Verantwortliche hat sicherzustellen, dass während des Betriebs der Beförderungsmittel oder der Einlagerungs- oder Lagereinrichtungen die Lufttemperatur, der tiefgefrorene Lebensmittel ausgesetzt sind, mit Messgeräten nach Artikel 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 37/2005 der Kommission vom 12. Januar 2005 zur Überwachung der Temperaturen von tiefgefrorenen Lebensmitteln in Beförderungsmitteln sowie Einlagerungs- und Lagereinrichtungen (ABl. EU Nr. L 10 S. 18, Nr. L 153 S. 43) so häufig und in regelmäßigen Zeitabständen gemessen und aufgezeichnet wird, dass das Temperaturgeschehen nachvollziehbar ist.
(2) Abweichend von Absatz 1 ist die Lufttemperaturmessung in Tiefkühleinrichtungen mit einem Fassungsvermögen von weniger als 10 Kubikmetern, die im Einzelhandel zur Lagerung von Reservevorräten dienen, durch den für die Lagerung Verantwortlichen mit mindestens einem gut sichtbaren Thermometer sicherzustellen. Das Thermometer muss bei offenen Tiefkühlmöbeln die Lufttemperatur auf der Seite der Luftrückführung in Höhe der maximalen Füllhöhe anzeigen. Die Füllhöhe ist deutlich zu kennzeichnen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.