Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 26. März 2013 - L 7 SB 58/08

ECLI:ECLI:DE:LSGST:2013:0326.L7SB58.08.0A
26.03.2013

Tenor

Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 9. Juni 2008 wird insoweit aufgehoben, als bei dem Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens H sowie einer dauernden Einbuße der körperlichen Bewegbarkeit festgestellt worden sind und insoweit die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Zwischen den Beteiligten sind die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens H (hilflos) ab 15. November 2004 streitig.

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Für den am ... 2004 geborenen Kläger beantragten seine gesetzlichen Vertreter am 19. Juli 2005 auf Grund einer Erkrankung an Mukoviszidose die Feststellung von Behinderungen und das Merkzeichens H. Der Kinderarzt Dr. A. teilte mit Befundschein vom 6. September 2005 mit, der Kläger führe die übliche Dauertherapie bei Mukoviszidose mit Verdauungsenzymen, Vitaminen und einer intensiven Inhalationsbehandlung durch. In Anlage übersandte er die Epikrise des Klinikums E. B. vom 26. Januar 2005 mit den Diagnosen: cystische Fibrose, Zustand nach RSV-Bronchiolitis mit respiratorischer Insuffizienz, Zustand nach Dünndarmatresie, Zustand nach Mekoniumileus, Zustand nach Darmresektion und Anus praeter, Zustand nach Rückverlagerung der Bishop-Koop-Anastomose. Nach Beteiligung seines ärztlichen Dienstes stellte der Beklagte mit Bescheid vom 15. November 2005 einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 für die Erkrankung an Mukoviszidose fest und lehnte die Feststellung des Merkzeichens H ab, weil der GdB unter 50 liege.

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Dagegen legte der Kläger am 23. November 2005 Widerspruch ein, weil der Beklagte die Schwere der Behinderung nicht hinreichend gewürdigt habe. Der Beklagte holte medizinische Unterlangen der Ambulanz des Klinikums E. ein. Danach habe der Kläger bei der Vorstellung am 7. März 2005 seit zwei Tagen einen Infekt und eine pfeifende Atmung, aber kein Fieber gehabt. Bei der Vorstellung am 11. April 2005 sei der Kläger sehr stabil und im guten Allgemein- und Ernährungszustand gewesen. Er huste gelegentlich und pfeife bei Anstrengung leicht. Der Appetit sei sehr gut und er habe keine Bauchschmerzen. Am 23. Mai 2005 habe der Kläger Schnupfen, aber kein Fieber gehabt. Schließlich wurde am 26. Juli 2005 ein akuter Virusinfekt der oberen Atemwege (Schnupfen mit Obstruktion) bei sonst sehr stabilem Zustand dokumentiert. Der Versorgungsarzt des Beklagten Dr. R. führte nach Auswertung der Unterlagen aus, bei dem Kläger sei in den ersten Lebenswochen eine Darmresektion durchgeführt und vorübergehend ein Anus praeter gelegt worden. Auch habe eine schwere Lungenkomplikation mit respiratorischer Insuffizienz bestanden. Bis zum 26. Januar 2005 sei eine stationäre Behandlung erfolgt und danach sei es zu einer deutlichen Besserung mit einer Gewichtszunahme gekommen. Anschließend seien ambulante Vorstellungen bei akuten Virusinfekten erfolgt. Eine dauernde Obstruktion in infektfreien Intervallen liege nicht vor. Der Kläger habe sich stabil entwickelt, der Appetit sei sehr gut, er gedeihe gut und Größe und Gewicht seien normal. Für die Erkrankung an Mukoviszidose mit leicht eingeschränkter obstruktiver Lungenfunktion bei Infekten bei gutem Gedeihen und altergemäßer Ernährung sei ein GdB von 30 leidensgerecht. Die wegen der Mukoviszidose erforderlichen Betreuungsmaßnahmen rechtfertigten nicht die Feststellung des Merkzeichens H. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. April 2006 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

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Dagegen hat der Kläger am 18. April 2006 Klage beim Sozialgericht (SG) Magdeburg erhoben und zur Begründung vorgetragen: Wegen der gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen in den ersten Lebenswochen (Dünndarmteilresektion, künstlicher Darmausgang, RSV-Bronchiolitis mit respiratorischer Insuffizienz und Komplikationen) sei eine rückwirkende Festsetzung des GdB ab Geburt und eine differenzierende Bewertung der GdB-Höhe erforderlich. Zwar habe sich die gesundheitliche Situation gebessert, doch sei dies nur durch eine intensive Behandlung erreicht worden, die ein Leben lang fortgesetzt werden müsse. Die Berichte des Klinikums E. dokumentierten häufige Infekte der oberen Atemwege mit Obstruktion und der Notwendigkeit einer antibiotischen Behandlung. Die Atemorgane seien durch die starke Schleimbildung, häufige Infekte und die Pseudomonasbesiedlung besonders stark beansprucht. Seit der letzten Lungenentzündung träten immer wieder nächtliche Fieberschübe mit bis zu 40° Celsius auf. Eine nächtliche Überwachung sei notwendig. Insgesamt liege kein guter beschwerdefreier Zustand vor. Auch sei die Substitution mit künstlichen Verdauungsenzymen (Kreon) zwingend erforderlich. Auch die Voraussetzungen des Merkzeichens H seien gegeben, da umfangreiche Betreuungsmaßnahmen notwendig seien (25 Minuten mit Kochsalzlösung inhalieren, danach Umziehen des Klägers; 20 Minuten Krankengymnastik zur Lösung des Schleimes; 15 Minuten für die Zubereitung einer speziellen Säuglingsnahrung; 5 Minuten für die Zubereitung einer probiotischen Zwischenmahlzeit; 10 Minuten für die Zubereitung einer kalorienangereicherten Mittagsmahlzeit; 20 Minuten mit Kochsalzlösung inhalieren, danach Umziehen des Klägers; 10 Minuten jeweils für die Zubereitung der Mahlzeiten am Nachmittag und am Abend ; 20 Minuten mit Kochsalzlösung inhalieren, danach Umziehen des Klägers; 20 Minuten Krankengymnastik zur Sekretlösung; 15 für die Zubereitung einer hochkalorischen Säuglingsnahrung; Verabreichung weiterer Medikamente bei Bedarf). Der Kläger habe aufgrund der Nahrungsverwertungsstörung vier bis fünf umfangreiche Stuhlgänge, wobei wegen der Konsistenz und der Menge der Ausscheidung circa jedes zweite Mal die Windel auslaufe. Er sei danach zu waschen und die verschmutzte Kleidung zu wechseln. Außerdem hat der Kläger eine Übersicht über den Krankheitsverlauf von November 2004 bis September 2006 übersandt und dazu vorgetragen, die die Gesamtzahl der Arztbesuche überschreite den alterstypischen Durchschnitt bei Weitem, da er häufig an Infekten leide. Die Infektdauer führe wiederum zu einer Intensivierung der Inhalationstherapie. Durch das Kurzdarmsyndrom aufgrund der Darmteilentfernung könne er die Nahrung nicht vollständig verwerten, eine Vitaminsubstitution sei erforderlich. Außerdem habe er häufig Durchfälle. Die Refluxproblematik führe zu einer erhöhten Neigung zum Erbrechen und zu Infektionen der oberen Atemwege.

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Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf die Stellungnahme seiner ärztlichen Gutachterin Dr. W. vom 12. Juli 2006 ausgeführt, aus den Befundberichten gehe ein guter Allgemein- und Ernährungszustand sowie ein sehr stabiler Verlauf hervor. Die Lungenfunktion sei nicht dauerhaft beeinträchtigt. Gewicht und Größe seien zu den jeweiligen Zeitpunkten altersentsprechend gewesen. Der mitgeteilte Tagesablauf zeige keinen wesentlich höheren Betreuungsaufwand als bei einem gesunden Kleinkind. Der ärztliche Gutachter des Beklagten Dr. W. führte in seiner Stellungnahme vom 22. November 2006 aus, es liege eine für die Mukoviszidose typische Infektanfälligkeit vor, die jedoch keinen wesentlichen Einfluss auf den Ernährungs- und Allgemeinzustand habe. Insgesamt liege ein altersentsprechendes Gedeihen vor. Unter Therapie bestehe eine leicht eingeschränkte Lungenfunktion. Ein GdB von 30 sei dafür sachgerecht. Die Voraussetzungen für die Vergabe des Merkzeichens H seien nicht erfüllt.

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Das SG hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers eingeholt. Die Kinderärztin G. hat am 14. Januar 2008 mitgeteilt, bis auf eine zwischenzeitliche und nunmehr abgeschlossene Behandlung eines Refluxes seien keine wesentlichen Verschlechterungen aufgetreten. Das Gewicht des Klägers habe immer zwischen der 30er und 40er Perzentile gelegen. Der Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin Prof. Dr. W. hat am 9. Januar 2008 berichtet, unter intensiver Therapie, zeitaufwändiger Physiotherapie und bei Einhaltung aufwändiger Hygienemaßnahmen habe sich der Zustand in den letzten Monaten stabilisiert. Das Alltagsleben des Klägers sei durch die Therapiebelastung und das Infektionsrisiko eingeschränkt. Durch die Erkrankung seien seine Aktivitäten und die Lungenfunktion leicht bis deutlich eingeschränkt. In Anlage hat er den Bericht über den am 19. März 2007 im Klinikum E. durchgeführten jährlichen Check-up übersandt. Danach liege bei regelrechter Gewichtszunahme eine pulmonal und abdominell sehr stabile Situation vor. Die Stuhlfrequenz sei normal und Fettstühle bestünden nicht. Die Frequenz der obstruktiven Bronchitiden habe abgenommen (im vergangenen Jahr drei Infekte). Seit 2006 besuche der Kläger eine Kita. Dr. A. hat mit Befundbericht vom 6. Februar 2008 mitgeteilt: Der Kläger sei infektanfällig und leide unter ständigem Husten mit oft nächtlichen Hustenattacken. Das normale Gedeihen gelinge nur mit hochkalorischer Ernährung und durch die Einnahme von Verdauungsenzymen. Außerdem sei eine lebenslange Physiotherapie erforderlich. Die Aktivitäten des Klägers und seine Lungenfunktion seien deutlich eingeschränkt. Auch sei eine vermehrte Körperpflege auf Grund eines abnormalen Körperschweißes notwendig. Es sei von einem zwei- bis dreistündlich täglich erhöhten Betreuungsaufwand aufzugehen. Die Chefärztin der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Klinikums M. Dr. K. hat dem SG am 4. Februar 2008 über die Behandlung des Klägers im November 2004 berichtet und in Anlage den Arztbrief der Charité B. vom 17. Januar 2005 übersandt, wo am 28. Dezember 2004 eine Rückverlagerung der Bishop-Koop-Anastomose erfolgt war.

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Der Beklagte hat in Auswertung der Befundberichte auf eine prüfärztliche Stellungnahme der Dr. W. vom 10. April 2008 verwiesen. Danach könne die Mukoviszidose nicht höher als mit einem GdB von 30 bewertet werden, weil weder eine dauerhafte Einschränkung der Aktivität und der Lungenfunktion noch Gedeih- und Ernährungsstörungen vorlägen. Vielmehr verlaufe die körperliche Entwicklung weiterhin altersentsprechend (seit 2006 Besuch einer Kindertagesstätte). Innerhalb eines Jahres seien lediglich drei Infekte aufgetreten.

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Der Kläger hat daraufhin vorgetragen, der Beklagte sei bei der Auswertung der Befunde nicht auf die Voraussetzungen für das Merkzeichen H eingegangen. Nach dem Arztbrief von Dr. A. seien die Voraussetzungen gegeben. In Anlage hat er Niederschriften des Sachverständigenbeirates beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung über die Tagungen der Sektion Versorgungsmedizin vom 29. bis 30. März 2000 und 7. bis 8. November 2001 beigelegt. Daraus ergebe sich, dass das Merkzeichen H auch bei einem GdB unter 50 festgestellt werden könne. Außerdem hat er ein Schreiben des Mukoviszidose e. V. vom 5. November 2002 mit allgemeinen Erläuterungen zum Krankheitsverlauf bei Mukoviszidose und des damit verbundenen Therapie- und Pflegeaufwandes vorgelegt.

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Mit Urteil vom 9. Juni 2008 hat das SG den Beklagten verurteilt, beim Kläger ab 15. November 2004 einen GdB von 30 und das Vorliegen einer dauerhaften Einbuße der körperlichen Beweglichkeit sowie der Voraussetzungen für das Merkzeichen H festzustellen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Ein höherer GdB als 30 sei nicht festzustellen, denn beim Kläger lägen keine deutlichen Einschränkungen der Aktivitäten und der Lungenfunktion und auch keine Gedeih- und Entwicklungsstörungen vor. Gewicht und Größe des Klägers lägen noch im Normalbereich. Doch seien die Voraussetzungen für das Merkzeichen H gegeben, da die Notwendigkeit umfangreicher Betreuungsmaßnahmen bestehe: Der Kläger müsse dreimal täglich 20 Minuten inhalieren und zweimal täglich 20 Minuten Gymnastik zur Lockerung des Schleimes in der Lunge machen, wobei der inzwischen dreijährige Kläger der Unterstützung bzw. Überwachung durch eine Pflegeperson bedürfe. Darüber hinaus bestehe Betreuungsaufwand bei der Nahrungsaufnahme, weil er Enzyme zu sich nehmen müsse, die er auf Grund seiner Pankreasinsuffizienz nicht selbst bilde. Das Einnehmen der Enzyme und die Menge der Nahrungsaufnahme müsse überwacht werden, da der Kläger über das Hungergefühl hinaus bzw. trotz Sättigung essen müsse. Des Weiteren müsse der Kläger öfter gewaschen werden, da die Mukoviszidose zu vermehrter und übelriechender Schweißbildung führe. Insgesamt liege der zusätzliche Betreuungsaufwand bei circa zwei Stunden. Dies habe auch der Kinderarzt in seinem Befundbericht vom Februar 2008 bestätigt.

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Gegen das ihm am 13. Juni 2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 3. Juli 2008 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt und zur Begründung vorgetragen: Das Urteil sei insoweit aufzuheben, als beim Kläger das Merkzeichen H sowie eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festgestellt worden seien. Die körperliche Entwicklung verlaufe altersgerecht und es seien weder Gedeih- noch Ernährungsstörungen belegt. Dauerhafte Einschränkungen der Lungenfunktion lägen nicht vor. Sofern kein GdB von 50 wegen der Erkrankung an Mukoviszidose vorliege, könne das Merkzeichen H erst festgestellt werden, wenn das Leiden ein entsprechendes Ausmaß erreicht habe. Dies sei beim Kläger auch nach den im Berufungsverfahren eingeholten Pflegegutachten nicht gegeben. Es sei auch nicht nachvollziehbar, unter Zugrundelegung welcher medizinischen Unterlagen beim Kläger eine dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit anzunehmen sei. Die Kammer sei lediglich davon ausgegangen, dass auf Grund der leichten Einschränkungen der Aktivitäten und der Lungenfunktion die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt seien. Dies sei aus den vorliegenden Befundunterlagen nicht abzuleiten.

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Der Beklagte beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 9. Juni 2008 insoweit aufzuheben, als bei dem Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens H sowie einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit festgestellt worden sind und die Klage insoweit abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

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Nach seiner Auffassung stützten die Befundberichte der behandelnden Ärzte die Entscheidung des SG. Der Kläger hat das Zweitgutachten der Pflegeversicherung ( ...) vom 22. Mai 2009 vorgelegt, wonach er rückwirkend ab 1. Juni 2008 (Antrag vom 16. September 2008) Leistungen der Pflegestufe I erhalte. Insgesamt wurde ein Grundpflegemehraufwand von täglich 63 Minuten (Körperpflege: 30 Minuten, Ernährung: 20 Minuten, Mobilität: 13 Minuten inklusive 5 Minuten beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen für Maßnahmen der Sekretelimination als verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahme) und ein hauswirtschaftlicher Mehraufwand von 45 Minuten festgestellt. Im Gutachten war weiter ausgeführt worden, der Kläger besuche werktags von 8:00 Uhr bis 15:00 Uhr einen Regelkindergarten. Er befinde sich in einem guten Allgemein- und schlanken Ernährungszustand. Die Motorik sei nicht auffällig und die Handgeschicklichkeit altersgemäß gut entwickelt. Er sei bewegungsfreudig und aktiv. Aufgrund der respiratorischen Einschränkung sei aber keine Ausdauerbelastung möglich. Die sprachliche Entwicklung sei altersgemäß. Es lägen keine psychomotorischen und intellektuellen Einschränkungen vor. Der Kläger werde zu einer sehr regelmäßigen Nahrungsaufnahme und extremen Hygiene erzogen, was den momentanen Wünschen und Bedürfnissen oft entgegenstehe. Aufgrund des vermehrten Schwitzens sei ein Umziehen und Umbetten in der Nacht erforderlich. Ergänzend hat der Kläger zum Pflegegutachten vorgetragen, der erforderliche Hilfebedarf sei höher als dort angegeben und hat eine eigene Aufstellung vorgelegt. Allein für Maßnahmen der Inhalation sei ein täglicher Zeitaufwand von 109 Minuten anzusetzen und nicht - wie im Gutachten - lediglich fünf Minuten für die morgendliche Sekretolyse im Zusammenhang mit dem Aufstehen und der Morgenpflege zu berücksichtigen. Da er keine höhere Pflegestufe anstrebe, habe er die pflegerische Beurteilung nicht hinterfragt.

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Der Beklagte hat dazu ausgeführt, der geschilderte Pflegeaufwand sei nicht nachvollziehbar. Im Protokoll der Eltern werde ab 9.30 Uhr bis 15.00 Uhr fast eine Stunde Pflegeaufwand angegeben, der durch sie nicht erbracht werden könne. Denn in dieser Zeit besuche der Kläger den Kindergarten. Zudem seien einige Tätigkeiten mehrfach angerechnet worden. Der Kläger hat daraufhin mitgeteilt, der Pflegebedarf werde teilweise im Kindergarten abgedeckt. Sofern der Pflegebedarf mehrfach täglich anfalle (Essen, Händewaschen und Zähneputzen) sei dieser auch mehrfach aufgelistet worden.

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Der Senat hat eine schriftliche Auskunft der Grundschule des Klägers ( ...) vom 15. April 2011 eingeholt. Danach könne sich der Kläger ohne Hilfe An- und Auskleiden, Gehen, Stehen und Treppensteigen. Die mundgerechte Zubereitung werde von den Eltern bereits vorbereitet, bei der Nahrungsaufnahme sei eine Teilhilfe erforderlich. Der Gang zur Toilette und das Händewaschen seien ohne Hilfe möglich.

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Am 16. April 2012 hat eine nichtöffentliche Sitzung vor dem LSG stattgefunden. In dieser hat der Kläger angegeben: Der Schulunterricht finde von 7.50 Uhr bis 14.00 Uhr statt. Im Sportunterricht mache er alles mit, er könne auch Fahrradfahren. Nach dem Unterricht nehme er an drei Arbeitsgemeinschaften teil (Kochen und Backen, Leichtathletik und Handball). Die Mutter des Klägers hat im Termin geschildert, der Kläger sei bis auf freitags erst nach 16.00 Uhr oder 17.00 Uhr zu Hause und montags noch später. Mittwochs habe er nach Leichtathletik noch Musik. Er stehe 5.30 Uhr auf, damit bis zur Abfahrt zur Schule um 7.15 Uhr das Inhalieren geschafft werde. Der Inhalationsvorgang dauere früh und abends jeweils 20 Minuten. Da sitze sie meistens daneben, da sie aufpassen müsse, dass die Inhalation richtig erfolge. Würde der Kläger das alleine machen, würde die Inhalation nicht richtig in der Lunge ankommen. Außerdem müsse der Kläger im Laufe des Tages an die Einnahme des Verdauungsenzyms (Kreon) erinnert werden. Nach der Erinnerung komme er selbständig damit zurecht. Es funktioniere aber nicht immer reibungslos. Der Kläger hat dazu erklärt: In der Schule müsse ihn eigentlich keiner erinnern, bis auf das zum Mittagessen. Das vergesse er manchmal.

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Der Senat hat das Pflegegutachten der ... vom 19. Juli 2011 beigezogen. Neben einer medikamentösen Versorgung (u.a. fünfmal täglich Kreon) müsse der Kläger zweimal täglich mit Hilfe eines Inhalationsgeräts ein Gemisch aus Kochsalz und Sabutanol einatmen. Zu schweren Komplikationen an der Lunge und Bronchitiden sei es nicht mehr gekommen. Auch Krankenhausbehandlungen seien nicht erforderlich gewesen. Die Selbständigkeit des Klägers habe bei den täglichen Verrichtungen zugenommen. Allerdings leiste er Widerstand bei notwendigen Maßnahmen (regelmäßiges Duschen, ausreichend Essen und Trinken, Einnahme der Medikamente, Inhalieren), der von den Eltern durch sanften Druck und relativ zeitaufwändig überwunden werde. Die selbständige Durchführung der Verrichtungen müsse ständig kontrolliert werden. Der Kläger befinde sich in einem guten Allgemein- und schlankem Ernährungszustand. Er sei nach erfolgreich bestandenem Eignungstest im August 2010 vorzeitig in eine bilinguale Grundschule eingeschult worden. Dort nehme er uneingeschränkt am Schulsport teil, doch sei die Ausdauerbelastung wegen der reduzierten Lungenfunktion eingeschränkt. Im Pflegegutachten wurde insgesamt ein Grundpflegeaufwand von 55 Minuten festgestellt und dazu im Einzelnen ausgeführt: Der Mehrbedarf für die Körperpflege betrage 14 Minuten. Der Mehrbedarf für die Ernährung betrage 25 Minuten, dabei seien für das Auffordern, Kontrollieren und den Widerstand überwinden bei der Nahrungsaufnahme 15 Minuten pro Tag berücksichtigt worden. Der Mehrbedarf für die Mobilität betrage 16 Minuten (10 Minuten beim Aufstehen und Zu-Bett-Gehen für Maßnahmen der Sekretelimination als verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahme, 6 Minuten für das An- und Auskleiden nach starkem Schwitzen). Der hauswirtschaftliche Mehraufwand betrage 45 Minuten und erfasse den vermehrten Anfall an Wäsche, die Zubereitung spezieller kalorienreicher Kost und den Einkauf der Lebensmittel für diese Kost. Die tägliche Vorbereitung und Überwachung der Inhalation, die Reinigung und Desinfektion des Inhalationszubehörs, die Medikamentengabe und die Kontrolle des Stuhls auf seine Beschaffenheit seien Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege und wirkten sich auf die Höhe der Pflegestufe nicht aus. Gleiches gelte für den Zeitaufwand der aufgeführten Arztbesuche, da diese nicht mindestens einmal pro Woche erfolgten.

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Nach Auswertung des Gutachtens hat der Beklagte vorgetragen, mit einem Grundpflegebedarf von 55 Minuten und einen hauswirtschaftlichen Bedarf von 45 Minuten lägen die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens H nicht vor.

Entscheidungsgründe

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Die form- und fristgerecht eingelegte und gemäß § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auch statthafte Berufung des Beklagten ist begründet.

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Der Beklagte hat zu Recht mit Bescheid vom 15. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. April 2006 die Feststellung des Merkzeichens H und einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit abgelehnt.

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Nach § 69 Abs. 4 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) vom 19. Juni 2001 hat der Beklagte über das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleiches H zu entscheiden. Im Schwerbehindertenausweis ist das Merkzeichen H einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch hilflos im Sinne des § 33 b Einkommenssteuergesetz (EStG) oder entsprechender Vorschriften ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 der Schwerbehindertenausweisverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1739), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 7. Juni 2012 (BGBl. I S. 1275).

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Gemäß § 33 b Abs. 6 Satz 3 EStG ist eine Person hilflos, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Diese Voraussetzungen sind nach Satz 4 der Vorschrift auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 3 dieser Vorschrift genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Die so umschriebene Hilflosigkeit geht auf die Kriterien zurück, die von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit den gleich lautenden Voraussetzungen für die Pflegezulage nach § 35 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) entwickelt worden sind (BSG, Urteil vom 24. November 2005, B 9a SGB 1/05 R, zitiert nach juris m.w.N.). Dabei hat sich der Gesetzgeber bewusst nicht an den Begriff der Pflegebedürftigkeit im Sinne der §§ 14, 15 des Elften Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Pflegeversicherung - (SGB XI) angelehnt (BSG, Urteil vom 24. November 2005, a.a.O., m.w.N.).

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Bei den gemäß § 33 Abs. 6 EStG zu berücksichtigenden Verrichtungen handelt es sich um solche, die im Ablauf eines jeden Tages unmittelbar zur Wartung, Pflege und Befriedigung wesentlicher Bedürfnisse des Betroffenen gehören sowie häufig und regelmäßig wiederkehren (BSG, Urteil vom 24. November 2005, a.a.O., RdNr. 14). Dazu zählen zunächst die auch von der Pflegeversicherung nach § 14 Abs. 4 SGB XI erfassten Bereiche der Grundpflege, also der Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren, Darm- und Blasenentleerung), der Ernährung (mundgerechtes Zubereiten und Aufnahme der Nahrung) und der Mobilität (Aufstehen, Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung). Hinzu kommen Verrichtungen in den Bereichen der psychischen Erholung, geistigen Anregungen und der Kommunikation (hier insbesondere Sehen, Hören, Sprechen und Fähigkeit zu Interaktionen), während Verrichtungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht eingeschlossen sind (ständige Rechtsprechung des BSG, zuletzt Urteil vom 24. November 2005, a.a.O., RdNr. 15 m.w.N.). Soweit die Anleitung, Überwachung und Bereitschaft bei den einzelnen Verrichtungen zu berücksichtigen ist, können bei der Anrechnung von Bereitschaftszeiten grundsätzlich nur solche Zeiten erfasst werden, die zeitlich und örtlich denselben Einsatz erfordern wie die körperliche Hilfe (BSG, Urteil vom 12. Februar 2003, B 9 SB 1/02 R, zitiert nach juris, RdNr. 20 m.w.N.). Dies setzt voraus, dass eine entsprechende einsatzbereite Anwesenheit und Aufmerksamkeit aus gesundheitlichen Gründen notwendig ist (BSG, Urteil vom 12. Februar 2003, a.a.O., RdNr. 20 m.w.N.). Die in § 33 b Abs. 6 Satz 3 EStG vorausgesetzte Reihe von Verrichtungen kann schließlich erst dann angenommen werden, wenn es sich um mindestens drei Verrichtungen handelt, die einen Hilfebedarf in erheblichem Umfang erfordern (BSG, Urteil vom 24. November 2005, a.a.O., m.w.N., RdNr. 16 f.).

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In welchen Fällen regelmäßig von einem erheblichen Hilfebedarf bei einer Erkrankung eines Kindes an Mukoviszidose ausgegangen werden kann, wird in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen festgelegt. Die seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der Anhaltspunkte (AHP) für die Ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und Schwerbehindertenrecht (letzte Ausgabe 2008) getretene Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV), als dessen Anlage nach § 2 die Versorgungsmedizinischen Grundsätze erlassen wurden, ist eine allgemein verbindliche Rechtsverordnung. Nach Teil A Nr. 4 Abs. ll, S. 27 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze wird bei an Mukoviszidose erkrankten Kindern Hilflosigkeit nach folgenden Kriterien festgestellt: Bei der Mukoviszidose ist bei der Notwendigkeit umfangreicher Betreuungsmaßnahmen - im Allgemeinen bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres - Hilflosigkeit anzunehmen. Das ist immer der Fall bei Mukoviszidose, die für sich allein einen GdS von wenigstens 50 bedingt (Teil B Nr. 15.5).

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Danach liegt kein Regelbeispiel vor, das beim Kläger die Zuerkennung des Merkzeichens H rechtfertigt. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines GdS bzw. nach den gleichen Grundsätzen zu bemessenden GdB von 50 sind nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B Nr. 15.5, S. 91) nicht gegeben, weil die Aktivitäten und die Lungenfunktion des Klägerin nicht deutlich eingeschränkt sind und auch keine Gedeih- und Entwicklungsstörungen bestehen. Der Kläger nimmt regelmäßig am Grundschulbesuch (einschließlich Sportunterricht der Schule) und an drei weiteren über den Schulbesuch hinausgehenden Arbeitsgemeinschaften (Kochen und Backen, Leichtathletik und Handball) teil. Er kann Fahrrad fahren und besucht noch einen Musikunterricht. Damit ist der Kläger im Wesentlichen genauso körperlich und geistig aktiv wie vergleichbare gesunde Kinder. Wesentliche Einschränkungen der Aktivitäten bestanden auch nicht in den zuvor liegenden Jahren, wie der ganztägige Besuch (8.00 Uhr bis 15.00 Uhr) der Kindertagestätte gezeigt hat. Auch deutliche Einschränkungen der Lungenfunktion sind nicht feststellbar. Bereits im Jahre 2005 wurde durch das Klinikum E. über einen sehr stabilen Zustand des Klägers berichtet. Daran hat sich in der Folgezeit nichts geändert. Auch Prof. Dr. W. hat in seinem Bericht vom 9. Januar 2008 keine dauerhafte deutliche Einschränkung der Aktivitäten und der Lungenfunktion feststellen können. Daher lässt sich die Einschätzung des behandelnden Kinderarztes Dr. A. vom 6. Februar 2008 über deutlich eingeschränkte Aktivitäten und mehr als leichte Einschränkungen der Lungenfunktion nicht nachvollziehen, zumal er dafür keine weitergehende Begründung bietet. Auch die Eltern des Klägers haben bei der Pflegebegutachtung im Juli 2011 angegeben, zu schweren Komplikationen der Lunge und Bronchitiden sei es nicht mehr gekommen und Krankenhausbehandlungen sei nicht mehr erforderlich gewesen. Schließlich liegen nach den übereinstimmenden Berichten der behandelnden Ärzte des Klägers (unter Therapie bzw. hochkalorischer Nahrungszufuhr) keine Gedeih- und Entwicklungsstörungen vor. Das Gewicht des Klägers hat sich immer im Normbereich bewegt und keiner der behandelnden Ärzte hat jemals Gedeihstörungen des Klägers mitgeteilt. Bereits am 11. April 2005 bei der Vorstellung im Klinikum E. war über einen guten Allgemein- und Ernährungszustand berichtet worden. Auch am 19. März 2007 wurde dort eine regelrechte Gewichtszunahme festgestellt. Die Kinderärztin G. hat am 14. Januar 2008 ebenfalls angegeben, das Gewicht des Klägers habe immer zwischen der 30er und 40er Perzentile gelegen. Schließlich wurde auch in den Pflegegutachten jeweils ein guter Allgemein- und schlanker Ernährungszustand des Klägers festgehalten. Nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen ist damit von einer Erkrankung auszugehen, bei der unter Therapie Aktivitäten, Gedeihen und Ernährung altersgemäß sind, sodass eine Bewertung mit einem GdB von maximal 30 erfolgen kann, weil dauerhaft nicht mehr als eine leichte Einschränkung der Lungenfunktion festgestellt werden kann.

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Schließlich kann auch kein GdB von 50 für die ersten Lebensmonate des Klägers angenommen werden. Über die Mukoviszidose hinaus bestehende Behinderungen lagen nicht dauerhaft (sechs Monate) im Sinne der Versorgungsmedizinischen Grundsätze vor (Teil A Nr. 2 Abs. f, S. 20). Die stationäre Behandlung des Klägers mit der Notwendigkeit eines künstlichen Darmausgangs hat sich nach dem Arztbrief der Charité B. vom 17. Januar 2005 nicht über einen Zeitraum von sechs Monaten erstreckt. Bereits am 28. Dezember 2004 erfolgte die Rückverlagerung des Darmausgangs und ab März 2005 erfolgten die ambulanten Vorstellungen im Klinikum E.

29

Da kein GdB von 50 vorliegt, bei dem als Regelbeispiel von den Voraussetzungen des Merkzeichens H ausgegangen werden kann, ist eine Einzelfallbetrachtung der notwendigen Hilfeleistungen vorzunehmen. Zwar ist nach Teil A Nr. 5 Abs. ll, S. 27 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze bei der Notwendigkeit umfangreicher Betreuungsmaßnahmen "im Allgemeinen" Hilflosigkeit anzunehmen. Die Verknüpfung durch die nachfolgende Bezugnahme auf den GdB zeigt aber, dass gerade nicht allen an Mukoviszidose erkrankten Kinder unabhängig von der Schwere der Erkrankung das Merkzeichen H zugesprochen werden soll. In seiner Tagung vom 7./8. November 2001 hat es der Sachverständigenbeirat der Sektion Versorgungsmedizin ausdrücklich abgelehnt, regelhaft bei der Erkrankung an Mukoviszidose das Merkzeichen H festzustellen. Diese Auslegung entspricht der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 29. August 1990, 9a/9 RVs 7/89, zitiert nach juris; 9a/9 RVs 14/89, Breith. 1991, S. 591). Der Umfang der Betreuungsmaßnahmen und damit die Erheblichkeit des Hilfebedarfs im Sinne der Versorgungsmedizinischen Grundsätze (Teil A Nr. 5 Abs. II, S. 27) ist mit Blick auf die gesetzlichen Vorgaben in der sozialen Pflegeversicherung in erster Linie nach dem täglichen Zeitaufwand für die erforderlichen Betreuungsleistungen zu beurteilen (dazu ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. dazu und zum Nachfolgenden Urteil vom 24. November 2005, a.a.O., RdNr. 16 f. sowie Urteil vom 12. Februar 2003, a.a.O., RdNr. 15 f.). Da die Begriffe der Pflegebedürftigkeit nach §§ 14, 15 SGB XI und der Hilflosigkeit nach § 33 b EStG nicht völlig übereinstimmen, können die zeitlichen Grenzwerte der sozialen Pflegeversicherung zwar nicht unmittelbar übernommen werden, sie lassen sich jedoch als gewisse Orientierungspunkte nutzen. Nach diesem Maßstab ist nicht hilflos, wer nur in relativ geringem Umfang, täglich etwa eine Stunde, auf fremde Hilfe angewiesen ist. Daraus folgt aber nicht im Umkehrschluss, dass bei einem Überschreiten dieser Mindestgrenze in jedem Fall Hilflosigkeit zu bejahen ist. Aufgrund des soeben dargestellten erweiterten Maßstabes bei der Prüfung von Hilflosigkeit gegenüber dem Bereich der Grundpflege bei der Pflegeversicherung wird leichter ein größerer Zeitaufwand für fremde Betreuungsleistungen erreicht, sodass von einer Zwei-Stunden-Grenze auszugehen ist. Schließlich spricht für eine Grenzziehung bei einem Hilfeaufwand von zwei Stunden die Vorschrift des § 33 b EStG selbst, denn die Höhe des steuerlichen Pauschbetrages hebt sich erheblich von dem Pauschbetrag ab, der behinderten Menschen mit einem GdB von 100 zusteht. Dieser Begünstigungssprung ist nur bei zeitaufwändigen und deshalb entsprechend teuren Hilfeleistungen erklärbar und gerechtfertigt. Um allerdings auch den individuellen Verhältnissen Rechnung tragen zu können, ist aber nicht allein auf den zeitlichen Betreuungsaufwand abzustellen; vielmehr kommt auch den weiteren Umständen der Hilfeleistung, insbesondere deren wirtschaftlichem Wert, Bedeutung zu. Dieser Wert wird wesentlich durch die Zahl und die zeitliche (gegebenenfalls ungünstige) Verteilung der Verrichtungen bestimmt. Daher ist Hilflosigkeit bei einem täglichen Aufwand für fremde Hilfe zwischen einer und zwei Stunden dann anzunehmen, wenn der wirtschaftliche Wert der erforderlichen Pflege wegen der Zahl der Verrichtungen bzw. ungünstiger Verteilung der Hilfeleistungen besonders hoch ist.

30

Für die Beurteilung des zeitlichen Aufwandes bei Notwendigkeit der Hilfeleistungen des Klägers stützt sich der Senat zunächst auf die beiden Pflegegutachten, die jeweils einen Grundpflegeaufwand von ca. einer Stunde (Gutachten vom Mai 2009: 63 min, vom Juli 2011: 55 min) festgestellt haben. In diesem Mehrbedarf werden jeweils die verrichtungsbezogenen Pflegemaßnahmen der Sekretelimination im Bereich der Mobilität (5 bzw. 10 min) erfasst. Im Übrigen sind dabei auch alle von den Eltern im Bereich der Grundpflege angegebenen Verrichtungen berücksichtigt worden (zusätzliche Hygienemaßnahmen; Auffordern, Kontrollieren, Widerstand überwinden bei der Nahrungsaufnahme; Umbetten bzw. mehrfaches Umziehen nach Schwitzen). Dagegen kann die von den Eltern geltend gemachte Zubereitung der speziellen Nahrung den Pflegebedarf nicht erhöhen. Dieser hauswirtschaftliche Mehraufwand, der die Zubereitung spezieller kalorienreicher Kost, den Einkauf dieser Lebensmittel und auch den vermehrten Anfall von Wäsche aufgrund des starken Schwitzens erfasst (jeweils 45 min laut beider Pflegegutachten) bleibt bei der Feststellung des notwendigen Hilfebedarfs für das Merkzeichen H ausgenommen (dazu ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. nur Urteil vom 24. November 2005, a.a.O., RdNr. 15 m.w.N.). Auch der von den Eltern im Zusammenhang mit den drei- bzw. zweimalig erforderlichen Inhalationen (so Pflegegutachten vom Juli 2011) geltend gemachte Zeitaufwand einschließlich der Reinigung des Gerätes ist als Behandlungspflege bei der Feststellung des Merkzeichens H nicht zu berücksichtigen. Das BSG hat in seinen Urteilen vom 29. August 1990 (a.a.O.) ausdrücklich klargestellt, dass die Inhalationen bei an Mukoviszidose erkrankten Kindern der grundsätzlich nicht bei der Feststellung des Merkzeichens H zu berücksichtigenden Behandlungspflege zuzuordnen sind (zur Ablehnung der Einbeziehung von Behandlungspflege auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. März 1994 – L 10 V 73/90 – Breith. 1995, 68). Von einer Behandlungspflege ist nach der Rechtsprechung des BSG auch dann auszugehen, wenn diese nicht durch medizinisches Personal, sondern durch entsprechend angelernte Eltern erfolgt und insoweit eine ständige fremde pflegerische Hilfe erforderlich ist, die aber von Haushaltsangehörigen nach entsprechender Einweisung geleistet werden kann. Die bei der Behandlungspflege zu berücksichtigenden Maßnahmen, die im Zusammenhang mit Grundpflegeverrichtungen bestehen, weil diese aus medizinischen Gründen nicht auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden können (dazu BSG, Urteil vom 29. August 1990, RVs 14/89, a.a.O.) sind beim Kläger durch die verrichtungsbezogene Pflegemaßnahme der Sekretelimination im Bereich der Mobilität bereits angesetzt worden (5 bzw. 10 min), sodass keine weitere Erhöhung erfolgen kann.

31

Ein weiterer Hilfebedarf ergibt sich auch nicht aus den Bereichen der psychischen Erholung, geistigen Anregung und Kommunikation. Der Kläger hat zunächst ganztags den Kindergarten besucht und nimmt nun am Schulunterricht mit einer Vielzahl von darüber hinausgehenden Aktivitäten teil (drei Arbeitsgemeinschaften, Musikunterricht). Für den Senat bestehen keine Hinweise, dass der Kläger noch weitere geistige Anregungen oder Kommunikationsmöglichkeiten benötigt, die als Hilfeleistung bei der Feststellung des Merkzeichens H zu berücksichtigen wären.

32

Bleibt nach alledem die tägliche Hilfeleistung von 63 bzw. 55 min weit hinter der Zwei-Stunden-Grenze und nach den Pflegegutachten aus dem Jahre 2011 sogar hinter der Ein-Stunden-Grenze zurück, können auch nicht unter Betrachtung der individuellen Verhältnisse des Klägers die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens H bejaht werden. Denn weder liegt eine Vielzahl von zu berücksichtigenden Verrichtungen vor, noch kann die zeitliche Verteilung der erforderlichen Hilfe ein Abweichen von der Zwei-Stunden-Grenze rechtfertigen. Der Kläger benötigt lediglich in den Morgen- und Abendstunden Hilfe durch die Eltern, tagsüber befindet er sich in der in der Schule und ist nach den eingeholten Stellungnahmen der Schulleiterin und der Klassenlehrerin nahezu selbstständig. Weder wird dort - anders als zu Hause - Hilfe beim Händewaschen oder dem Toilettengang benötigt. Lediglich eine Teilhilfe bei der Nahrungsaufnahme (durch Erinnern an das notwendige Verdauungsenzym) ist dort erforderlich. Insgesamt ist der Kläger nach Auffassung des Senates damit nicht hilflos.

33

Schließlich war das Urteil des SG aufzuheben, sofern eine dauernde Einbuße der körperlichen Bewegungsfähigkeit festgestellt worden ist. Der nach § 33 b EStG verwendete Begriff bezieht sich auf die Einbuße der Fähigkeit, sich körperlich – insbesondere von Ort zu Ort – zu bewegen (AHP 2008, Nr. 28, S. 136). Eine solche Einschränkung liegt bei dem Kläger nach den eingeholten Befunden und den Pflegegutachten nicht vor, insbesondere ist der Stütz- und Bewegungsapparat des Klägers nicht eingeschränkt. Der Kläger nimmt an sportlichen Aktivitäten teil und fährt auch Fahrrad. Eine festzustellende Einbuße der körperlichen Beweglichkeit kann zwar auch bei einer Lungenfunktionsstörung mit einem GdB von 30 vorliegen. Aber auch diese Voraussetzung ist nicht gegeben. Der beim Kläger festgestellte GdB von 30 erfasst nicht allein die Einschränkung Lungenfunktion, sondern die Erkrankung an Mukoviszidose insgesamt einschließlich der damit verbundenen leichten Einschränkung der Lungenfunktion.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

35

Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vor.


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Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 26. März 2013 - L 7 SB 58/08 zitiert 17 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

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(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so

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(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments er

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(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche

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(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtun

Schwerbehindertenausweisverordnung - SchwbAwV | § 3 Weitere Merkzeichen


(1) Im Ausweis sind auf der Rückseite folgende Merkzeichen einzutragen: 1.aGwenn der schwerbehinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 229 Absatz 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist, 2.Hwenn der schwerbehinderte Mensch hilflos

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Sozialgericht Augsburg Schlussurteil, 05. Sept. 2014 - S 8 SB 601/13

bei uns veröffentlicht am 05.09.2014

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand Der Kläger strebt einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 an sowie die Merkzeichen „Gȁ

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Im Ausweis sind auf der Rückseite folgende Merkzeichen einzutragen:

1.aGwenn der schwerbehinderte Mensch außergewöhnlich gehbehindert im Sinne des § 229 Absatz 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist,

2.Hwenn der schwerbehinderte Mensch hilflos im Sinne des § 33b des Einkommensteuergesetzes oder entsprechender Vorschriften ist,

3.BIwenn der schwerbehinderte Mensch blind im Sinne des § 72 Abs. 5 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder entsprechender Vorschriften ist,

4.GIwenn der schwerbehinderte Mensch gehörlos im Sinne des § 228 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch ist,

5.RFwenn der schwerbehinderte Mensch die landesrechtlich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht erfüllt,

6.1. Kl.wenn der schwerbehinderte Mensch die im Verkehr mit Eisenbahnen tariflich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Benutzung der 1. Wagenklasse mit Fahrausweis der 2. Wagenklasse erfüllt,
7.Gwenn der schwerbehinderte Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt im Sinne des § 229 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch oder entsprechender Vorschriften ist,
8.TBIwenn der schwerbehinderte Mensch wegen einer Störung der Hörfunktion mindestens einen Grad der Behinderung von 70 und wegen einer Störung des Sehvermögens einen Grad der Behinderung von 100 hat.

(2) Ist der schwerbehinderte Mensch zur Mitnahme einer Begleitperson im Sinne des § 229 Absatz 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch berechtigt, sind auf der Vorderseite des Ausweises das Merkzeichen „B“ und der Satz „Die Berechtigung zur Mitnahme einer Begleitperson ist nachgewiesen“ einzutragen.

(1) Solange Beschädigte infolge der Schädigung hilflos sind, wird eine Pflegezulage von 376 Euro (Stufe I) monatlich gezahlt. Hilflos im Sinne des Satzes 1 sind Beschädigte, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedürfen. Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder Anleitung zu den in Satz 2 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muß, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist. Ist die Gesundheitsstörung so schwer, daß sie dauerndes Krankenlager oder dauernd außergewöhnliche Pflege erfordert, so ist die Pflegezulage je nach Lage des Falles unter Berücksichtigung des Umfangs der notwendigen Pflege auf 642, 916, 1 174, 1 524 oder 1 876 Euro (Stufen II, III, IV, V und VI) zu erhöhen. Für die Ermittlung der Hilflosigkeit und der Stufen der Pflegezulage sind die in der Verordnung zu § 30 Abs. 17 aufgestellten Grundsätze maßgebend. Blinde erhalten mindestens die Pflegezulage nach Stufe III. Hirnbeschädigte mit einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 erhalten eine Pflegezulage mindestens nach Stufe I.

(2) Wird fremde Hilfe im Sinne des Absatzes 1 von Dritten aufgrund eines Arbeitsvertrages geleistet und übersteigen die dafür aufzuwendenden angemessenen Kosten den Betrag der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wird die Pflegezulage um den übersteigenden Betrag erhöht. Leben Beschädigte mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft, ist die Pflegezulage so zu erhöhen, dass sie nur ein Viertel der von ihnen aufzuwendenden angemessenen Kosten aus der pauschalen Pflegezulage zu zahlen haben und ihnen mindestens die Hälfte der pauschalen Pflegezulage verbleibt. In Ausnahmefällen kann der verbleibende Anteil bis zum vollen Betrag der pauschalen Pflegezulage erhöht werden, wenn Ehegatten, Lebenspartner oder ein Elternteil von Pflegezulageempfängern mindestens der Stufe V neben den Dritten in außergewöhnlichem Umfang zusätzliche Hilfe leisten. Entstehen vorübergehend Kosten für fremde Hilfe, insbesondere infolge Krankheit der Pflegeperson, ist die Pflegezulage für jeweils höchstens sechs Wochen über Satz 2 hinaus so zu erhöhen, dass den Beschädigten die pauschale Pflegezulage in derselben Höhe wie vor der vorübergehenden Entstehung der Kosten verbleibt. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder Elternteil nicht nur vorübergehend keine Pflegeleistungen erbringt; § 40a Abs. 3 Satz 3 gilt.

(3) Während einer stationären Behandlung wird die Pflegezulage nach den Absätzen 1 und 2 Empfängern von Pflegezulage nach den Stufen I und II bis zum Ende des ersten, den übrigen Empfängern von Pflegezulage bis zum Ablauf des zwölften auf die Aufnahme folgenden Kalendermonats weitergezahlt.

(4) Über den in Absatz 3 bestimmten Zeitpunkt hinaus wird die Pflegezulage während einer stationären Behandlung bis zum Ende des Kalendermonats vor der Entlassung nur weitergezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte erhalten ein Viertel der pauschalen Pflegezulage nach Absatz 1, wenn der Ehegatte, Lebenspartner oder der Elternteil bis zum Beginn der stationären Behandlung zumindest einen Teil der Pflege wahrgenommen hat. Daneben wird die Pflegezulage in Höhe der Kosten weitergezahlt, die aufgrund eines Pflegevertrages entstehen, es sei denn, die Kosten hätten durch ein den Beschädigten bei Abwägung aller Umstände zuzumutendes Verhalten, insbesondere durch Kündigung des Pflegevertrages, vermieden werden können. Empfänger einer Pflegezulage mindestens nach Stufe III erhalten, soweit eine stärkere Beteiligung der schon bis zum Beginn der stationären Behandlung unentgeltlich tätigen Pflegeperson medizinisch erforderlich ist, abweichend von Satz 2 ausnahmsweise Pflegezulage bis zur vollen Höhe nach Absatz 1, in Fällen des Satzes 3 jedoch nicht über den nach Absatz 2 Satz 2 aus der pauschalen Pflegezulage verbleibenden Betrag hinaus.

(5) Tritt Hilflosigkeit im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 gleichzeitig mit der Notwendigkeit stationärer Behandlung oder während einer stationären Behandlung ein, besteht für die Zeit vor dem Kalendermonat der Entlassung kein Anspruch auf Pflegezulage. Für diese Zeit wird eine Pflegebeihilfe gezahlt, soweit dies in den folgenden Sätzen bestimmt ist. Beschädigte, die mit ihren Ehegatten, Lebenspartnern oder einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben, erhalten eine Pflegebeihilfe in Höhe eines Viertels der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I. Soweit eine stärkere Beteiligung der Ehegatten, Lebenspartner oder eines Elternteils oder die Beteiligung einer Person, die den Beschädigten nahesteht, an der Pflege medizinisch erforderlich ist, kann in begründeten Ausnahmefällen eine Pflegebeihilfe bis zur Höhe der pauschalen Pflegezulage nach Stufe I gezahlt werden.

(6) Für Beschädigte, die infolge der Schädigung dauernder Pflege im Sinne des Absatzes 1 bedürfen, werden, wenn geeignete Pflege sonst nicht sichergestellt werden kann, die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege, soweit sie Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen. Jedoch ist den Beschädigten von ihren Versorgungsbezügen zur Bestreitung der sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Beschädigtengrundrente nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 100 und den Angehörigen ein Betrag mindestens in Höhe der Hinterbliebenenbezüge zu belassen, die ihnen zustehen würden, wenn Beschädigte an den Folgen der Schädigung gestorben wären. Bei der Berechnung der Bezüge der Angehörigen ist auch das Einkommen der Beschädigten zu berücksichtigen, soweit es nicht ausnahmsweise für andere Zwecke, insbesondere die Erfüllung anderer Unterhaltspflichten, einzusetzen ist.

(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:

1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
3Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 1 beträgt die Pauschale 900 Euro.4Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 2 beträgt die Pauschale 4 500 Euro.5In diesem Fall kann die Pauschale nach Satz 3 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.6Über die Fahrtkostenpauschale nach Satz 1 hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach Absatz 1 berücksichtigungsfähig.7Die Pauschale ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.8Sie kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.9§ 33b Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(3)1Die zumutbare Belastung beträgt

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis
15 340
EUR
über
15 340
EUR
bis
51 130
EUR
über
51 130
EUR
1.bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach § 32a Absatz 1,567
b) nach § 32a Absatz 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6
2.bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4
b) drei oder mehr Kindern112
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.

2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.

(1) Pflegebedürftig im Sinne dieses Buches sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.

(2) Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

1.
Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen;
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch;
3.
Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen;
4.
Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen;
5.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen:
a)
in Bezug auf Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zugänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel,
b)
in Bezug auf Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung,
c)
in Bezug auf zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie
d)
in Bezug auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften;
6.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds.

(3) Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die dazu führen, dass die Haushaltsführung nicht mehr ohne Hilfe bewältigt werden kann, werden bei den Kriterien der in Absatz 2 genannten Bereiche berücksichtigt.

(1) Pflegebedürftige erhalten nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt.

(2) Das Begutachtungsinstrument ist in sechs Module gegliedert, die den sechs Bereichen in § 14 Absatz 2 entsprechen. In jedem Modul sind für die in den Bereichen genannten Kriterien die in Anlage 1 dargestellten Kategorien vorgesehen. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar. Den Kategorien werden in Bezug auf die einzelnen Kriterien pflegefachlich fundierte Einzelpunkte zugeordnet, die aus Anlage 1 ersichtlich sind. In jedem Modul werden die jeweils erreichbaren Summen aus Einzelpunkten nach den in Anlage 2 festgelegten Punktbereichen gegliedert. Die Summen der Punkte werden nach den in ihnen zum Ausdruck kommenden Schweregraden der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten wie folgt bezeichnet:

1.
Punktbereich 0: keine Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
Punktbereich 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
Punktbereich 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
Punktbereich 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten und
5.
Punktbereich 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten.
Jedem Punktbereich in einem Modul werden unter Berücksichtigung der in ihm zum Ausdruck kommenden Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sowie der folgenden Gewichtung der Module die in Anlage 2 festgelegten, gewichteten Punkte zugeordnet. Die Module des Begutachtungsinstruments werden wie folgt gewichtet:
1.
Mobilität mit 10 Prozent,
2.
kognitive und kommunikative Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent,
3.
Selbstversorgung mit 40 Prozent,
4.
Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent,
5.
Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent.

(3) Zur Ermittlung des Pflegegrades sind die bei der Begutachtung festgestellten Einzelpunkte in jedem Modul zu addieren und dem in Anlage 2 festgelegten Punktbereich sowie den sich daraus ergebenden gewichteten Punkten zuzuordnen. Den Modulen 2 und 3 ist ein gemeinsamer gewichteter Punkt zuzuordnen, der aus den höchsten gewichteten Punkten entweder des Moduls 2 oder des Moduls 3 besteht. Aus den gewichteten Punkten aller Module sind durch Addition die Gesamtpunkte zu bilden. Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der nachfolgenden Pflegegrade einzuordnen:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
4.
ab 70 bis unter 90 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten,
5.
ab 90 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung.

(4) Pflegebedürftige mit besonderen Bedarfskonstellationen, die einen spezifischen, außergewöhnlich hohen Hilfebedarf mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung aufweisen, können aus pflegefachlichen Gründen dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, auch wenn ihre Gesamtpunkte unter 90 liegen. Der Medizinische Dienst Bund konkretisiert in den Richtlinien nach § 17 Absatz 1 die pflegefachlich begründeten Voraussetzungen für solche besonderen Bedarfskonstellationen.

(5) Bei der Begutachtung sind auch solche Kriterien zu berücksichtigen, die zu einem Hilfebedarf führen, für den Leistungen des Fünften Buches vorgesehen sind. Dies gilt auch für krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen. Krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen sind Maßnahmen der Behandlungspflege, bei denen der behandlungspflegerische Hilfebedarf aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer untrennbarer Bestandteil einer pflegerischen Maßnahme in den in § 14 Absatz 2 genannten sechs Bereichen ist oder mit einer solchen notwendig in einem unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang steht.

(6) Bei pflegebedürftigen Kindern wird der Pflegegrad durch einen Vergleich der Beeinträchtigungen ihrer Selbständigkeit und ihrer Fähigkeiten mit altersentsprechend entwickelten Kindern ermittelt. Im Übrigen gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend.

(7) Pflegebedürftige Kinder im Alter bis zu 18 Monaten werden abweichend von den Absätzen 3, 4 und 6 Satz 2 wie folgt eingestuft:

1.
ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2,
2.
ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3,
3.
ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 4,
4.
ab 70 bis 100 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 5.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.