Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 10. Aug. 2007 - L 3 AL 97/06

ECLI:ECLI:DE:LSGSH:2007:0810.L3AL97.06.0A
10.08.2007

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 2. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig sind die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) vom 1. April bis 30. November 2003 und die Rückforderung überzahlter Leistungen (Alg, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) in Höhe von 15.026,34 EUR.

2

Der ... 1944 geborene Kläger, der zuletzt als Außenmonteur in I. beschäftigt war, meldete sich am 29. Oktober 2002 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Als Wohnanschrift gab er die Adresse „A. 1, S.“ an. Entsprechend seinem Antrag wurde ihm Alg unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) bewilligt. Der Kläger ist nach seinen Angaben im Alg-Antrag seit dem 20. Juli 2002 von der Zeugin E.M-M. geschieden.

3

Mit Veränderungsmitteilung vom 3. Dezember 2003 teilte der Kläger der Beklagten seinen Umzug nach F. D. Straße 6, mit. Der Umzug sei am 2. Juni 2002 erfolgt. Eine Nachfrage der Beklagten vom 4. Dezember 2003 beim zuständigen Einwohnermeldeamt ergab, dass der Umzug des Klägers nach F. erst am 1. April 2003 stattgefunden hatte. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2003 hörte die Beklagte den Kläger zu einem möglicherweise unrechtmäßigen Leistungsbezug für die Zeit vom 1. April bis 30. November 2003 und einer Rückforderung bewilligter Leistungen in Höhe von 11.643,68 EUR sowie einer Erstattung der während dieser Zeit gezahlten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 3.020,99 EUR und 361,67 EUR an. Die Beklagte führte aus, dass der Kläger zum 1. April 2003 nach F. umgezogen sei, diesen Umzug jedoch erst verspätet mitgeteilt habe. Zuständig für F. sei das Arbeitsamt Heide (Geschäftsstelle Tönning) und nicht mehr das Arbeitsamt Flensburg (Geschäftsstelle Husum).

4

Der Kläger gab mit Schreiben vom 9. Dezember 2003 an, dass er bei genauem Studium des Merkblattes für Arbeitslose sicherlich hätte erkennen können, dass er seinen Wohnortwechsel der Beklagten hätte anzeigen müssen. Er habe dies aber vergessen, da er innerhalb des Kreises Nordfriesland umgezogen sei. Es sei zutreffend, dass der Wohnortwechsel erst nach der Scheidung zum 1. April 2003 erfolgt sei. Bis dahin sei er bei seiner geschiedenen Ehefrau gemeldet und auch über sie jederzeit erreichbar gewesen.

5

Mit Bescheid vom 16. Dezember 2003 hob die Beklagte die Bewilligung von Alg ab dem 1. April 2003 auf und forderte den Kläger zur Erstattung von insgesamt 15.026,34 EUR auf. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Kläger wegen des nicht mitgeteilten Umzugs nicht erreichbar gewesen und seiner Mitteilungspflicht mindestens grob fahrlässig nicht nachgekommen sei. Die Beklagte stützte sich hierbei auf die Bestimmungen der §§ 118, 119 SGB III, § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), § 50 Abs. 1 SGB X und § 335 SGB III.

6

Hiergegen erhob der Kläger am 23. Dezember 2003 Widerspruch. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass er die Ummeldung im Trubel seiner Scheidung und der daraus folgenden Konsequenzen schlicht vergessen habe. Er sei unter seiner Handynummer und auch unter der alten Anschrift über seine geschiedene Ehefrau stets erreichbar gewesen. Ohnehin könne er die Forderung nicht zurückzahlen. Im Übrigen sei ihm die Vorgehensweise unverständlich und er empfinde sie auch als unverhältnismäßig hart, da er Alg nach § 428 SGB III beziehe.

7

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung wies sie im Wesentlichen unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 Erreichbarkeitsanordnung (EAO) darauf hin, dass die Erreichbarkeit als Merkmal für die Arbeitslosigkeit voraussetze, dass der Arbeitslose Vorschlägen zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah nachkommen, Mitteilungen des Arbeitsamtes zur Kenntnis nehmen und das Arbeitsamt aufsuchen, ferner mit einem möglichen Arbeitgeber zusammentreffen und Arbeit aufnehmen könne. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben, da der neue Wohnort des Klägers im Zuständigkeitsbereich eines anderen Arbeitsamtes gelegen habe. Der Kläger müsse jedoch persönlich unter der von ihm angegebenen Anschrift postalisch erreichbar sein. Nicht ausreichend sei die Erreichbarkeit unter einer Handynummer oder über seine geschiedene Ehefrau. Es sei unerheblich, dass der Kläger Leistungen nach § 428 SGB III erhalte, da er sich nur mit Absprache des Arbeitsamtes außerhalb des Wohnortes aufhalten dürfe. Der Kläger habe auch grob fahrlässig gehandelt, da ihm die Mitteilungspflichten aus dem Merkblatt bekannt gewesen seien.

8

Am 3. Februar 2004 ging bei der Beklagten (Arbeitsamt Flensburg) ein Schreiben der geschiedenen Ehefrau des Klägers, der Zeugin E.M-M., vom 21. Januar 2004 ein. In diesem Schreiben teilte sie u.a. mit, dass der Kläger es lediglich versäumt habe, dem Amt seine neue Anschrift nach der Scheidung mitzuteilen. Er sei aber über sie jederzeit erreichbar gewesen. Dass er in einen anderen Arbeitsamtsbereich umgezogen sei, obwohl F. auch zum Kreis Nordfriesland gehöre, sei „Pech“ und auch ihr nicht bekannt gewesen, schließlich heiße es ja auch Bundesanstalt für Arbeit. Sie habe den Eindruck, dass hier mit „Kanonen auf Spatzen geschossen“ werde. Die Entscheidung der Beklagten führe nun dazu, dass der Kläger die „ohnehin nicht reichlichen“ Unterhaltszahlungen für den gemeinsamen Sohn nicht mehr leisten könne.

9

Der gegen den Kläger in dieser Sache ergangene Bußgeldbescheid der Beklagten vom 8. März 2004, mit dem eine Geldbuße in Höhe von 500,00 EUR festgesetzt worden war, ist rechtskräftig geworden.

10

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 21. Januar 2004 bei dem Sozialgericht (SG) Schleswig Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Beklagte verkenne, dass er unter der der Beklagten bekannten Wohnanschrift über seine geschiedene Ehefrau postalisch erreichbar gewesen sei. Diese habe für ihn den Schriftverkehr geregelt. Er habe mehrfach wöchentlich mit ihr in persönlichem Kontakt gestanden und die Wohnung aufgesucht, um seinen Sohn zu besuchen. Bei dieser Gelegenheit habe er die Post mitgenommen, die seine geschiedene Ehefrau für ihn aufbewahrt habe. Ob er seinerzeit auch einen Postnachsendeantrag gestellt habe, sei nicht mehr feststellbar. Einen entsprechenden Nachweis könne er jedenfalls nicht führen. Die Beklagte habe ihn im hier streitbefangenen Zeitraum nicht kontaktiert. Wegen der erleichterten Voraussetzungen des Alg-Bezuges nach § 428 SGB III habe er ihren Vermittlungsbemühungen ohnehin nicht mehr zur Verfügung stehen müssen. Es sei deshalb nicht gerechtfertigt, die Alg-Bewilligung wegen fehlender Erreichbarkeit aufzuheben.

11

Der Kläger hat beantragt,

12

den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2004 aufzuheben.

13

Die Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie hat sich auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen.

16

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. Oktober 2005 hat das SG das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten erörtert.

17

Mit Einverständnis der Beteiligten hat das SG mit Urteil vom 2. Juni 2006 ohne erneute mündliche Verhandlung die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2004 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger sei im streitbefangenen Zeitraum nicht erreichbar im Sinne des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III i.V.m. § 1 Abs. 1 EAO gewesen. Voraussetzung für die Erfüllung der Erreichbarkeit des Klägers sei nach der Rechtsprechung des BSG in seiner Entscheidung vom 30. Juni 2005 (B 7a/7 Al 98/04 R), dass er einen Postnachsendeantrag gestellt habe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2005 habe der Kläger bekundet, einen solchen nicht gestellt zu haben, während sein Prozessbevollmächtigter dies nach entsprechenden Vermerken in seinen Unterlagen angenommen habe. Später habe der Kläger jedoch mitteilen lassen, dass ihm die Erbringung eines entsprechenden Nachweises nicht möglich sei. Die Nichterbringlichkeit des Nachweises gehe zu Lasten des Klägers. Nicht ausreichend sei, dass die geschiedene Ehefrau unter der alten Anschrift die an den Kläger gerichtete Post entgegengenommen habe. Ebenso wenig geeignet zur Herstellung der postalischen Erreichbarkeit sei, dass der Arbeitsverwaltung die Handynummer des Klägers bekannt gewesen sein solle. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

18

Gegen dieses seinen Prozessbevollmächtigten am 29. September 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Oktober 2006 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt er sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor: Seine Erreichbarkeit sei nicht nur dadurch sichergestellt gewesen, dass der Beklagten seine Handynummer bekannt gewesen sei, sondern auch dadurch, dass er unter der Anschrift seiner geschiedenen Ehefrau erreichbar gewesen sei. Diese habe schon während der Ehezeit seinen Schriftverkehr abgewickelt und sich „um den Verwaltungskram gekümmert“, was auch darauf zurückzuführen sei, dass er während seiner Berufstätigkeit oftmals außer Haus gewesen sei. Auch nach der Scheidung habe sie sich um seine schriftlichen Angelegenheiten gekümmert. Sachlich betrachtet sei er genauso erreichbar gewesen, als ob er einen Postnachsendeantrag gestellt gehabt hätte.

19

Der Kläger beantragt,

20

das Urteil des SG Schleswig vom 2. Juni 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2004 aufzuheben.

21

Die Beklagte beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor: Die Ausführungen in der Berufungsbegründung vermöchten eine andere Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Das BSG habe in seinem Urteil vom 30. Juni 2005 (a.a.O.) ausdrücklich daran festgehalten, dass sie, die Beklagte, auch bei einem erleichterten Leistungsbezug nach § 428 SGB III in der Lage sein müsse, die objektiven Anspruchsvoraussetzungen - etwa ob der Arbeitslose noch arbeitslos sei, ob er weiterhin objektiv verfügbar sei und ob er sich gegebenenfalls Arbeitsentgelt anrechnen lassen müsse – zu überprüfen. Dem werde der ältere Arbeitslose gerecht, der seine Erreichbarkeit durch einen postalischen Nachsendeantrag hergestellt habe. Demgegenüber sei eine Weiterleitung der Post durch dritte Personen, wie vorliegend die geschiedene Ehefrau des Klägers, nicht ausreichend. Die Sicherstellung der Erreichbarkeit erfordere vielmehr, dass dem Arbeitslosen Briefpost unmittelbar, d.h. ohne Verzögerung und ohne Einschaltung Dritter, zugehen könne. Der Arbeitslose müsse dafür Sorge tragen, dass ein Postbediensteter ohne weitere Nachfrage die Postzustellungseinrichtung (Briefkasten, Briefschlitz in der Wohnungstür etc.) für die Anschrift auffinden könne. Es reiche nicht aus, wenn die Postzustellung von der bloßen Gefälligkeit Dritter abhängig sei oder Dritte zwecks Klärung der Postanschrift bemüht werden müssten. Die postalische Erreichbarkeit sei nach der Rechtsprechung des BSG in seiner Entscheidung vom 30. Juni 2005 (a.a.O.) für ältere Arbeitslose nur mit der Stellung eines Postnachsendeantrages gewährleistet, nicht jedoch mit einer Weiterleitung durch dritte Personen, die außerhalb eines Postdienstleistungsverhältnisses stünden.

24

In der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2007 hat der Senat die geschiedene Ehefrau des Klägers, Frau E.M-M., zu dem aus der Ladungsverfügung ersichtlichen Beweisthema vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift (Bl. 73 d. Gerichtsakten) verwiesen.

25

Dem Senat haben die den Kläger betreffende Leistungsakte und die Gerichtsakten vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird darauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

26

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

27

Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung von Alg für die Zeit ab dem 1. April 2003 aufgehoben, weil der Kläger den an diesem Tag vollzogenen Umzug von Schwabstedt nach Friedrichstadt der Beklagten nicht mitgeteilt hat und damit für die Beklagte nicht mehr erreichbar im Sinne des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III i.V.m. § 1 Abs. 1 EAO gewesen ist. Die Kontrolle und die Bearbeitung der an die S. Adresse gerichteten Post des Klägers durch seine dort wohnende geschiedene Ehefrau und die Weiterleitung der eingehenden Post an den Kläger reichen für die Erreichbarkeit nicht aus. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger Alg unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III bezogen hat. Das angefochtene Urteil war daher zu bestätigen.

28

Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Alg vom 1. April bis 30. November 2003 ist § 48 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse an u. a. aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSG, Urteil vom 20. Juni 2001, B 11 AL 10/01 R, SozR 3-4300 § 119 Nr. 3).

29

Eine solche Änderung ist ab 1. April 2003 infolge des Wegfalls der Erreichbarkeit des Klägers eingetreten, weshalb dieser ab dem genannten Zeitpunkt keinen Anspruch auf Alg mehr hatte. Anspruch auf Alg hat nur, wer u. a. arbeitslos ist (§ 117 Abs. 1 Nr. 1 SGB III in der im Jahre 2003 geltenden und hier maßgeblichen Fassung [a.F.]). Beschäftigung sucht nach § 119 Abs. 1 SGB III a.F., wer alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (Nr. 1) und den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Nr. 2). Merkmale der Verfügbarkeit sind die Arbeitsfähigkeit und die Arbeitsbereitschaft des Arbeitslosen (§ 119 Abs. 2 SGB III a.F.). Arbeitsfähig ist ein Arbeitsloser u. a. dann, wenn er Vorschlägen des Arbeitsamtes für berufliche Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf (§ 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III a.F.). Hierzu hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit aufgrund der Ermächtigung in § 152 Nr. 2 SGB III Näheres in der EAO vom 27. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685) – zuletzt geändert durch Anordnung vom 16. November 2001 (ANBA 2001, 1476) - bestimmt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO muss der Arbeitslose u. a. in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, um mit einem möglichen Arbeitgeber oder Maßnahmeträger in Verbindung zu treten. Deshalb hat er sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann.

30

Aus dem Umstand, dass der Kläger es unterlassen hat, der Beklagten spätestens am 1. April 2003, dem Tag seines Umzugs, seine neue Anschrift mitzuteilen, folgt, dass die Beklagte den Kläger ab 1. April 2003 nicht mehr an seinem Wohnsitz unter der benannten Anschrift durch Briefpost erreichen konnte, und zwar bis einschließlich 2. Dezember 2003, dem Tag vor der Mitteilung der neuen Anschrift durch die Veränderungsmitteilung vom 3. Dezember 2003.

31

Der Kläger war deshalb im hier streitbefangenen Zeitraum vom 1. April bis 30. November 2003 nicht mehr erreichbar im Sinne des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III a.F. i. V. m. § 1 Abs. 1 EAO mit der Folge, dass er keinen Anspruch auf Alg mehr hatte. Die Kontrolle und die Bearbeitung der an die S. Adresse gerichteten Post des Klägers durch seine dort wohnende geschiedene Ehefrau, der Zeugin E.M-M. und die Weiterleitung der eingehenden Post an den Kläger reichen für die Erreichbarkeit nicht aus. Unerheblich ist auch, ob der Beklagten die Handynummer des Klägers bekannt war oder nicht. § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO setzt ausdrücklich die Erreichbarkeit „durch Briefpost“ und somit gerade die postalische Erreichbarkeit voraus.

32

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts aufgrund des Umstandes, dass der Kläger Alg unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 SGB III bezogen hat. Gemäß Abs. 1 Satz 1 dieser Vorschrift haben Anspruch auf Alg auch Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Alg allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Dieser Vorschrift liegt die Zielsetzung zu Grunde, Arbeitnehmern nach Vollendung des 58. Lebensjahres den Bezug von Alg unter erleichterten Voraussetzungen zu ermöglichen, weil ihnen im Allgemeinen kein Arbeitsplatz mehr vermittelt werden kann, der ihrer bisherigen Tätigkeit annähernd gleichwertig ist.

33

Das BSG hat in seiner Entscheidung vom 30. Juni 2005 (a.a.O.) zwar klargestellt, dass auch bei einem Bezug von Alg nach Maßgabe des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III im Grundsatz Arbeitsfähigkeit im Sinne des § 119 Abs. 3 SGB III (i.V.m. § 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III und § 119 Abs. 2 SGB III [a.F.]) vorliegen muss. Es hat aber aus Sinn und Zweck der Regelung des § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III gefolgert, dass der Anspruchsvoraussetzung des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III a.F. i.V.m. § 1 Abs. 1 EAO, nach der der Arbeitslose den Vorschlägen des Arbeitsamtes zeit- und ortsnah Folge leisten muss, bei über 58-jährigen bereits dann genügt ist, wenn der Arbeitslose einen Postnachsendeantrag gestellt hat. Dies hat der Kläger im vorliegenden Fall nicht getan bzw. er kann nicht mehr nachweisen, dass er einen solchen gestellt hat.

34

Zur Begründung seiner vorgenannten Auffassung hat das BSG (a.a.O.) u. a. Folgendes ausgeführt:

35

„Dem wesentlichen Zweck des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III i.V.m. § 1 Abs. 1 EAO, eine „ständige Kommunikation“ zwischen dem Arbeitslosen und der Arbeitsverwaltung aufrechtzuerhalten, die dazu dienen soll, den Arbeitslosen jederzeit und effektiv in Arbeit zu vermitteln, kommt bei einem Leistungsbezug nach § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III... keine Bedeutung zu. Zu Recht verweist der Kläger darauf, dass Vermittlungsvorschläge oder Aufforderungen zu Trainings- oder anderen Eingliederungsmaßnahmen an ihn nicht mehr versandt werden (...). Der ältere Arbeitnehmer, der eine Erklärung gemäß § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III abgegeben hat und damit Alg unter erleichterten Voraussetzungen bezieht, muss nicht mehr damit rechnen, dass die Beklagte ihm Vermittlungsvorschläge unterbreitet. Gerade dies unterscheidet ihn von einem „jüngeren“ Arbeitslosen, dessen Erreichbarkeit im Rahmen des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III i.V.m. § 1 Abs. 1 EAO deshalb ein tägliches Aufsuchen der Wohnanschrift voraussetzt, weil ansonsten eine effektive Arbeitsvermittlung nicht gewährleistet ist. Arbeitsvermittlung in diesem Sinne soll bei über 58-jährigen Arbeitnehmern gemäß § 428 SGB III jedoch nicht mehr stattfinden. Rechtfertigt sich mithin die Auslegung des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III aus seiner spezifischen Funktion, eine effektive Arbeitsvermittlung sicherzustellen, so entfällt dieser Regelungszweck im Rahmen des § 428 SGB III. Die Betonung der Vermittlungstätigkeit kann im Übrigen auch aus einem Vergleich des Wortlauts von § 1 Aufenthalts-Anordnung mit § 1 EAO abgeleitet werden. Die zeitlich später erlassene EAO stellt die Vermittlungstätigkeit eindeutig in den Vordergrund. Hatte § 1 Satz 1 Aufenthalts-Anordnung noch formuliert: „Das Arbeitsamt muss den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamts maßgeblichen Anschrift erreichen können“, so kam hierin eine Überwachungs- und Kontrollfunktion der Erreichbarkeit zum Ausdruck, die an keinen konkreten Vermittlungsvorschlag und Zweck gebunden war. Demgegenüber lautet der „Grundsatz“ in § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO: „Vorschlägen des Arbeitsamts zur beruflichen Eingliederung kann zeit- und ortsnah Folge leisten, wer in der Lage ist,...“. Hierdurch wird betont, dass Ziel der Erreichbarkeit ist, „Vorschläge" der BA zeitnah umzusetzen. Wenn nun aber im Rahmen des § 428 Abs. 1 SGB III solche „Vorschläge“ überhaupt nicht mehr erfolgen, greift § 1 Abs. 1 EAO (i.V.m. § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III) schon von seiner Grundvoraussetzung her (Vorschläge umsetzen) nicht ein. Insofern rechtfertigt insbesondere ein Vergleich der „Normbefehle“ in § 1 Aufenthalts-Anordnung und in § 1 EAO, dass unter Geltung der EAO an die Erreichbarkeit des über 58-jährigen Beziehers von Alg, der diese Leistung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 428 Abs. 1 SGB III bezieht, geringere Anforderungen zu stellen sind als an den „normalen“ Arbeitslosen, der im Regelfall mit „Vorschlägen“ der BA rechnen muss. Von daher bedarf es für das gefundene Ergebnis auch keines Rückgriffs auf den verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bzw. das Schikaneverbot.

36

Das Ergebnis ist auch mit den Urteilen des erkennenden Senats zu § 105c AFG (insbesondere SozR 3-4100 § 103 Nr.16, S. 66 ff.) vereinbar, wonach die damalige Residenzpflicht i.S. des § 1 Aufenthalts-Anordnung auch des Arbeitslosen, der Alg unter erleichterten Voraussetzungen bezieht, deshalb gerechtfertigt sei, weil die Beklagte jederzeit in der Lage sein müsse, die objektiven Anspruchsvoraussetzungen - etwa ob der Arbeitslose noch arbeitslos ist, ob er weiterhin objektiv verfügbar ist und ob er sich ggf. Arbeitsentgelt anzurechnen lassen hat - zu überprüfen. Dem wird der ältere Arbeitslose gerecht, der seine Erreichbarkeit durch einen postalischen Nachsendeauftrag hergestellt hat. Die Überprüfung des Vorliegens der genannten Anspruchsvoraussetzungen hängt anders als die Umsetzung von Vorschlägen zur Eingliederung in Arbeit nicht von einem Zeitmoment i.S. einer Unverzüglichkeit ab. Will die Beklagte entsprechende Kontrollen beispielsweise hinsichtlich eines Nebenverdienstes ausüben, so ist jedenfalls aus § 428 i.V.m. § 119 SGB III nicht erkennbar, dass auch für diesen Kontrollzweck eine Erreichbarkeit noch am selben Tage gegeben sein muss. Insofern ist es ausreichend, wenn ein älterer Arbeitsloser durch einen Nachsendeantrag sicherstellt, entsprechende postalische Nachrichten von der Beklagten umgehend zu erhalten.“

37

Auch wenn das BSG für ältere Arbeitslose einen postalischen Nachsendeantrag zur Sicherstellung der Erreichbarkeit ausreichen lässt, kann dies nach Ansicht des erkennenden Senats für die Weiterleitung von Briefpost durch dritte Personen, die nicht durch einen Postnachsendeantrag und ein dadurch begründetes Auftragsverhältnis zur Weiterleitung der Post an die neue Anschrift verpflichtet sind, nicht angenommen werden. Denn die Forderung des § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO, die persönliche Erreichbarkeit durch Briefpost zu gewährleisten, entspricht dem Zweck des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III a.F. nicht nur, weil sie einer effektiven Arbeitsvermittlung dient, sondern auch weil sie Leistungen bei Arbeitslosigkeit an klare Verhaltensmaßstäbe knüpft (BSG, Urteil vom 20. Juni 2001, B 11 AL 10/01 R, SozR 3-4300 § 119 Nr. 3; Urteil des erkennenden Senats vom 12. August 2005, L 3 AL 39/05, veröffentlicht in juris). Letzteres liegt sowohl im wohlverstandenen Interesse der Arbeitslosen selbst als auch einer effektiven Arbeitsverwaltung. Daher erfordert die Sicherstellung der postalischen Erreichbarkeit, dass dem Arbeitslosen Briefpost unmittelbar, d.h. ohne Verzögerung und ohne Einschaltung dritter Personen, zugehen kann. Der Arbeitslose hat daher dafür Sorge zu tragen, dass ein Postbediensteter ohne weitere Nachfrage die Postzustellungseinrichtung (Briefkasten, Briefschlitz in der Wohnungstür etc.) für die Anschrift auffinden kann. Nicht ausreichend ist hingegen, wenn die Postzustellung von der bloßen Gefälligkeit Dritter abhängig ist oder Dritte zwecks Klärung der Postanschrift bemüht werden müssen (Bayerisches LSG, Urteil vom 23. September 2005, L 8 AL 252/03, veröffentlicht in juris). Die postalische Erreichbarkeit ist daher auch bei älteren Arbeitslosen, die Alg nach § 428 SGB III beziehen, nur mit der Stellung eines Postnachsendeantrags sichergestellt, nicht jedoch mit einer – internen, auf Gefälligkeitsbasis beruhenden - Weiterleitungsabrede mit dritten Personen, die außerhalb eines Postdienstleistungsverhältnisses stehen.

38

Die Mitteilung der aktuellen Wohnadresse gehört zu den grundlegenden Obliegenheiten eines Arbeitslosen. Schon um Missbrauchsabsichten einen Riegel vorzuschieben, hält es der Senat auch für Bezieher von Alg nach § 428 SGB III nicht für unverhältnismäßig, zu verlangen, einen Wohnortwechsel sofort dem Arbeitsamt mitzuteilen bzw. (zumindest) zur Sicherstellung der postalischen Erreichbarkeit rechtzeitig vor dem Umzug einen Postnachsendeantrag zu stellen. Der Aufwand hierfür ist äußerst gering und jedem Arbeitslosen ohne weiteres zumutbar.

39

Ist somit in den tatsächlichen Verhältnissen wegen Wegfalls der Erreichbarkeit eine wesentliche Änderung eingetreten, kommt es für eine nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X vorgenommene rückwirkende Aufhebung darauf an, ob der Kläger einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Dies ist zu bejahen. Der Kläger war zur Mitteilung seiner neuen Anschrift verpflichtet. Dies folgt aus § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I, wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt hat oder erhält, Veränderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat. Dieser Mitteilungspflicht ist der Kläger unstreitig nicht nachgekommen.

40

Die Nichtmitteilung des Umzugs war grob fahrlässig. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X). Dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Grobe Fahrlässigkeit ist zu bejahen, wenn der Betroffene schon einfachste, nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Entscheidend sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, d. h. seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten. Das Außerachtlassen von Vorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen wird, ist im Allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, dass der Betroffene die Vorschriften nicht verstanden hat (Urteil des erkennenden Senats vom 12. August 2005, a.a.O., m.w.N.). Der Kläger konnte entgegen seiner Darstellung nicht davon ausgehen, dass ein Leistungsbezug nach § 428 SGB III die Mitteilung eines Umzuges entbehrlich machen würde. Schon die vom Kläger am 20. November 2002 unterschriebene Erklärung zu § 428 SGB III gab hierzu keine Veranlassung. Im Gegenteil ist der Kläger bereits zu Beginn dieses Vordrucks darauf hingewiesen worden, dass es einer vorherigen Absprache mit dem Arbeitsamt bedürfe, wenn er sich längere Zeit außerhalb seines (angegebenen) Wohnortes aufhalte. Wenn der Kläger hieraus geschlossen haben sollte, dass er einen Umzug innerhalb des Kreises Nordfriesland dem Arbeitsamt nicht mitzuteilen habe, dann ist dies jedenfalls als grob fahrlässig einzustufen. Im Übrigen rechtfertigt sich der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit auch daraus, dass der Kläger bei seinem Umzug nach F. hinreichend Anlass dafür gehabt hat, das Merkblatt für Arbeitslose (Stand: April 2002), dessen Erhalt und Kenntnisnahme er bei Antragstellung durch seine Unterschrift bestätigt hatte, zu Rate zu ziehen, dem er dann hätte entnehmen können, dass er die Beklagte über seinen Wohnortwechsel und die Anschriftenänderung unverzüglich hätte informieren müssen. Sollte der Kläger die Mitteilung des Wohnortwechsels „im Trubel seiner Scheidung“ vergessen haben, kann ihn dies ebenfalls nicht entlasten. Dieses Fehlverhalten muss er sich zurechnen lassen.

41

Der Anspruch der Beklagten auf Erstattung des überzahlten Alg folgt aus § 50 SGB X. Der Anspruch auf Erstattung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ergibt sich aus § 335 Abs. 1 und 5 SGB III. Die Höhe der Erstattungsforderung ist von der Beklagten zutreffend errechnet worden. Der Kläger hat die Berechnung der Beklagten zur Höhe auch nicht beanstandet.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

43

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).


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(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat 1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,2. Änderungen

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 330 Sonderregelungen für die Aufhebung von Verwaltungsakten


(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 119 Übergangsgeld


Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn1.die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und2.sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Be

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 118 Leistungen


Die besonderen Leistungen umfassen1.das Übergangsgeld,2.das Ausbildungsgeld, wenn ein Übergangsgeld nicht gezahlt werden kann,3.die Übernahme der Teilnahmekosten für eine Maßnahme.

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 117 Grundsatz


(1) Die besonderen Leistungen sind anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, einschließlich Berufsvorbereitung, sowie der wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung zu erbringen,

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 335 Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung


(1) Wurden von der Bundesagentur für eine Bezieherin oder für einen Bezieher von Arbeitslosengeld Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt, so hat die Bezieherin oder der Bezieher dieser Leistungen der Bundesagentur die Beiträge zu erset

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 152 Fiktive Bemessung


(1) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. In

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Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 10. Aug. 2007 - L 3 AL 97/06 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 10. Aug. 2007 - L 3 AL 97/06 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 12. Aug. 2005 - L 3 AL 39/05

bei uns veröffentlicht am 12.08.2005

Tenor Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. März 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen

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Die besonderen Leistungen umfassen

1.
das Übergangsgeld,
2.
das Ausbildungsgeld, wenn ein Übergangsgeld nicht gezahlt werden kann,
3.
die Übernahme der Teilnahmekosten für eine Maßnahme.

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Wurden von der Bundesagentur für eine Bezieherin oder für einen Bezieher von Arbeitslosengeld Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt, so hat die Bezieherin oder der Bezieher dieser Leistungen der Bundesagentur die Beiträge zu ersetzen, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Hat für den Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden ist, ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden, so erstattet diejenige Stelle, an die die Beiträge aufgrund der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches gezahlt wurden, der Bundesagentur die für diesen Zeitraum entrichteten Beiträge; die Bezieherin oder der Bezieher wird insoweit von der Ersatzpflicht nach Satz 1 befreit; § 5 Absatz 1 Nummer 2 zweiter Halbsatz des Fünften Buches gilt nicht. Werden die beiden Versicherungsverhältnisse bei verschiedenen Krankenkassen durchgeführt und wurden in dem Zeitraum, in dem die Versicherungsverhältnisse nebeneinander bestanden, Leistungen von der Krankenkasse erbracht, bei der die Bezieherin oder der Bezieher nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches versicherungspflichtig war, so besteht kein Beitragserstattungsanspruch nach Satz 2. Die Bundesagentur, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (§ 217a des Fünften Buches) und das Bundesamt für Soziale Sicherung in seiner Funktion als Verwalter des Gesundheitsfonds können das Nähere über die Erstattung der Beiträge nach den Sätzen 2 und 3 durch Vereinbarung regeln. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Bundesagentur Beiträge, die für die Dauer des Leistungsbezuges an ein privates Versicherungsunternehmen zu zahlen sind, übernommen hat.

(2) Beiträge für Versicherungspflichtige nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches, denen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Übergangsgeld von einem nach § 251 Absatz 1 des Fünften Buches beitragspflichtigen Rehabilitationsträger gewährt worden ist, sind der Bundesagentur vom Träger der Rentenversicherung oder vom Rehabilitationsträger zu ersetzen, wenn und soweit wegen der Gewährung von Arbeitslosengeld ein Erstattungsanspruch der Bundesagentur gegen den Träger der Rentenversicherung oder den Rehabilitationsträger besteht. Satz 1 ist entsprechend anzuwenden in den Fällen, in denen der oder dem Arbeitslosen von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zuerkannt wurde (§ 145 Absatz 3). Zu ersetzen sind

1.
vom Rentenversicherungsträger die Beitragsanteile der versicherten Rentnerin oder des versicherten Rentners und des Trägers der Rentenversicherung, die diese ohne die Regelung dieses Absatzes für dieselbe Zeit aus der Rente zu entrichten gehabt hätten,
2.
vom Rehabilitationsträger der Betrag, den er als Krankenversicherungsbeitrag hätte leisten müssen, wenn die versicherte Person nicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches versichert gewesen wäre.
Der Träger der Rentenversicherung und der Rehabilitationsträger sind nicht verpflichtet, für dieselbe Zeit Beiträge zur Krankenversicherung zu entrichten. Die versicherte Person ist abgesehen von Satz 3 Nummer 1 nicht verpflichtet, für dieselbe Zeit Beiträge aus der Rente zur Krankenversicherung zu entrichten.

(3) Der Arbeitgeber hat der Bundesagentur die im Falle des § 157 Absatz 3 geleisteten Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu ersetzen, soweit er für dieselbe Zeit Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers zu entrichten hat. Er wird insoweit von seiner Verpflichtung befreit, Beiträge an die Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für den Zuschuss nach § 257 des Fünften Buches.

(4) Hat auf Grund des Bezuges von Arbeitslosengeld nach § 157 Absatz 3 eine andere Krankenkasse die Krankenversicherung durchgeführt als diejenige Kasse, die für das Beschäftigungsverhältnis zuständig ist, aus dem die Leistungsempfängerin oder der Leistungsempfänger Arbeitsentgelt bezieht oder zu beanspruchen hat, so erstatten die Krankenkassen einander Beiträge und Leistungen wechselseitig.

(5) Für die Beiträge der Bundesagentur zur sozialen Pflegeversicherung für Versicherungspflichtige nach § 20 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 des Elften Buches sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Die besonderen Leistungen sind anstelle der allgemeinen Leistungen insbesondere zur Förderung der beruflichen Aus- und Weiterbildung, einschließlich Berufsvorbereitung, sowie der wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung zu erbringen, wenn

1.
Art oder Schwere der Behinderung oder die Sicherung der Teilhabe am Arbeitsleben die Teilnahme an
a)
einer Maßnahme in einer besonderen Einrichtung für Menschen mit Behinderungen oder
b)
einer sonstigen, auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen ausgerichteten Maßnahme
unerlässlich machen oder
2.
die allgemeinen Leistungen die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlichen Leistungen nicht oder nicht im erforderlichen Umfang vorsehen.
In besonderen Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen können auch Aus- und Weiterbildungen außerhalb des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung gefördert werden.

(2) Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich werden von anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen oder anderen Leistungsanbietern nach den §§ 57, 60, 61a und 62 des Neunten Buches erbracht.

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

(1) Kann ein Bemessungszeitraum von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens nicht festgestellt werden, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen. In den Fällen des § 142 Absatz 2 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass ein Bemessungszeitraum von mindestens 90 Tagen nicht festgestellt werden kann.

(2) Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist die oder der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für die Arbeitslose oder den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat. Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die

1.
eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 1), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertstel der Bezugsgröße,
2.
einen Fachschulabschluss, den Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meisterin oder Meister oder einen Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung erfordern (Qualifikationsgruppe 2), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Dreihundertsechzigstel der Bezugsgröße,
3.
eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße,
4.
keine Ausbildung erfordern (Qualifikationsgruppe 4), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Sechshundertstel der Bezugsgröße, mindestens jedoch ein Arbeitsentgelt in Höhe des Betrages, der sich ergibt, wenn der Mindestlohn je Zeitstunde nach § 1 Absatz 2 Satz 1 des Mindestlohngesetzes in Verbindung mit der auf der Grundlage des § 11 Absatz 1 Satz 1 des Mindestlohngesetzes jeweils erlassenen Verordnung mit einem Siebtel der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, die für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst des Bundes gilt, vervielfacht wird.

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. März 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 1. Februar 2003 bis 1. April 2003 und die Rückforderung überzahlter Leistungen (Alhi, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge) in Höhe von 1.129,92 €.

2

Der 1978 geborene Kläger war bei der Beklagten arbeitslos gemeldet und bezog ab 8. November 2002 Alhi. Vom 1. Februar 2003 bis 28. Februar 2003 erhielt er (wegen versehentlicher Nichtumrechnung von DM-Beträgen in Euro-Beträge) Alhi in Höhe von wöchentlich 155,68 € (= täglich 22,24 €; Bescheid vom 13. Januar 2003). Ab 1. März 2003 bezog er Alhi in Höhe von wöchentlich 78,96 € (= täglich 11,28 €; Bescheid vom 26. März 2003). In seinen Leistungsanträgen vom 28. August 2002 und 2. November 2002 gab der Kläger als Anschrift „S , T" an. Ab Oktober 2002 war er in Nebentätigkeit als Wachmann beschäftigt und erzielte Nebeneinkommen.

3

Am 2. Oktober 2002 ging beim Arbeitsamt F der Beklagten eine Anschriftenberichtigungskarte der Deutschen Post AG (Nachsendezentrum) ein, nach der der Kläger nach „S-platz , S" verzogen sei. Auf telefonische Nachfrage eines Mitarbeiters der Beklagten teilte der Kläger ausweislich des gefertigten Gesprächsvermerks mit, dass er immer noch in T wohne, aber seine Postanschrift „S-platz" in S sei. Er werde dort demnächst hinziehen und der Beklagten dann Bescheid sagen.

4

Am 14. Januar 2003 und am 11. Februar 2003 gingen bei der Beklagten vom Kläger unterschriebene Veränderungsmitteilungen mit der Anschrift „S-platz, S" und dem Hinweis ein, dass sich sein Konto geändert habe. Schreiben der Beklagten vom 19. Februar 2003 und 25. Februar 2003 wegen Einkommensanrechnung aufgrund der Nebentätigkeit des Klägers als Wachmann sowie ein Anhörungsschreiben der Beklagten vom 25. März 2003 wegen einer Alhi-Überzahlung waren jeweils an die S Anschrift gerichtet.

5

Am 2. April 2003 erfuhr die Beklagte vom Amt T, dass sich der Kläger nach Mitteilung des dortigen Einwohnermeldeamtes mit Wirkung ab 1. Februar 2003 nach „G, T" umgemeldet habe. Der Kläger habe für die Wohnung in T auch Wohngeld beantragt. Der Mietvertrag für die Wohnung in T liege dort ebenfalls vor. Der Mietvertrag gelte ab 1. Februar 2003.

6

Die Beklagte veranlasste daraufhin die vorläufige Einstellung der weiteren Zahlung von Alhi mit Wirkung vom 1. April 2003 und hörte den Kläger mit Schreiben vom 22. April 2003 zum nicht mitgeteilten Wohnungswechsel während des Bezuges von Alhi an. Mit Schreiben vom 28. April 2003 bestätigte der Kläger mit seiner Unterschrift, dass er am 1. Februar 2003 umgezogen sei und unter der Anschrift G in T zu erreichen sei. Mit Veränderungsmitteilung vom selben Tage teilte er ferner mit, dass er ab 5. Mai 2003 eine berufliche (Vollzeit-)Tätigkeit als Wachmann aufnehmen werde. Diese Tätigkeit übte der Kläger bis zum 31. Oktober 2003 aus. Mit Verfügung vom 13. Juni 2003 beendete die Beklagte die vorläufige Zahlungseinstellung und bewilligte dem Kläger Alhi rückwirkend ab 2. April 2003.

7

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2003 hob die Beklagte die Bewilligung der Alhi für die Zeit vom 1. Februar 2003 bis 1. April 2003 ganz auf und forderte vom Kläger die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen in Höhe von insgesamt 1.129,92 € (Alhi: 972,40 €, Krankenversicherungsbeiträge: 140,99 €, Pflegeversicherungsbeiträge: 16,53 €). Zur Begründung führte sie aus, der Kläger sei seinen Mitteilungspflichten nicht nachgekommen. Er habe dem Arbeitsamt seinen Umzug nicht rechtzeitig mitgeteilt. Die Adressenänderung sei dem Arbeitsamt erst am 2. April 2003 durch das Amt T bekannt geworden.

8

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 5. November 2003 Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass er den Vermittlungsbemühungen der Beklagten durchgehend zur Verfügung gestanden habe, weil er auch unter der Adresse in S für deren Mitarbeiter jederzeit erreichbar gewesen sei. Zwar sei er seit dem 1. Februar 2003 in T gemeldet gewesen; der Umzug dorthin habe sich jedoch in mehreren Etappen vollzogen, so dass eine postalische Erreichbarkeit zunächst ohnehin nur unter der Adresse in S gegeben gewesen sei. Er habe dort jeden Tag die ihm übersandte Post abgeholt. Zudem sei er auch telefonisch über die dem Arbeitsamt bekannte Handynummer durchgehend erreichbar gewesen. Nachdem der Umzug vollzogen gewesen sei, habe er einen Postnachsendeauftrag gestellt und dem Arbeitsamt den Wohnungswechsel angezeigt. Im Übrigen hätten die Anschreiben der Beklagten vom 20. Januar, 25. Februar und 26. März 2003 ihn unter seiner postalischen Anschrift in S stets erreicht.

9

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Januar 2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung vertiefte sie die bereits im Ausgangsbescheid gemachten Ausführungen. Ergänzend wies sie darauf hin, dass die von ihr erlassene Erreichbarkeitsanordnung (EAO) i.V.m. § 119 Abs. 3 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für den Arbeitslosen gewisse Pflichten statuiere, denen der Kläger im vorliegenden Falle nicht hinreichend nachgekommen sei. Erst auf Anfrage des Arbeitsamtes, nachdem dieses am 2. April 2003 vom Einwohnermeldeamt T die neue Anschrift des Klägers erfahren habe, habe dieser mit Schreiben vom 28. April 2003 mitgeteilt, dass er am 1. Februar 2003 umgezogen sei und seitdem unter der neuen Anschrift erreichbar gewesen sei. Der Kläger habe somit den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes im streitigen Zeitraum wegen fehlender Erreichbarkeit nicht zur Verfügung gestanden und habe deshalb keinen Leistungsanspruch. Aus den Hinweisen zur Verfügbarkeit/Erreichbarkeit im Merkblatt für Arbeitslose, dessen Erhalt und inhaltliche Kenntnisnahme er bei seinen Antragstellungen mit seiner Unterschrift bestätigt habe, hätte der Kläger leicht erkennen können, dass der Leistungsanspruch wegen des nicht mitgeteilten Umzuges und der Anschriftenänderung weggefallen sei.

10

Gegen den am 19. Februar 2004 zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 22. März 2004 Klage bei dem Sozialgericht Schleswig erhoben. Zur Begründung hat er sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend hat er vorgetragen: Es sei zutreffend, dass er am 1. Februar 2003 einen weiteren Wohnsitz unter der Anschrift G in T begründet und eine entsprechende Ummeldung vollzogen habe. Hintergrund der Wahl eines weiteren Wohnsitzes sei der Umstand gewesen, dass es seinerzeit erhebliche persönliche Spannungen zwischen ihm und seiner Ehefrau gegeben habe. Er habe jedoch Zugang zu beiden Wohnungen gehabt. Er habe mit wenigen Ausnahme täglich seine Ehefrau und das gemeinsame Kind in der S Wohnung besucht und darüber hinaus die Wohnung in T benutzt. Übernachtet habe er regelmäßig in der Wohnung in T. An fast jedem Werktag habe er die ihm unter der S Anschrift zugestellte Post abgeholt, sofern nicht seine Ehefrau vorab mit ihm Kontakt aufgenommen habe, um ihm mitzuteilen, dass Posteingänge nicht vorhanden seien. Darüber hinaus sei er für die Beklagte stets telefonisch über seine Festnetz- bzw. Handynummer erreichbar gewesen. Schriftstücke der Beklagten, die an die S. Anschrift gerichtet gewesen seien, seien von ihm umgehend in Empfang genommen worden. Kein einziger Versuch der Beklagten, mit ihm fernmündlich oder schriftlich Kontakt aufzunehmen, sei gescheitert oder auch nur zeitlich verzögert worden.

11

Der Kläger hat beantragt,

12

den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2004 aufzuheben.

13

Die Beklagte hat beantragt,

14

die Klage abzuweisen.

15

Sie hat sich zur Begründung auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen.

16

In der mündlichen Verhandlung vom 9. März 2005 hat das Sozialgericht den Kläger persönlich angehört und die Ehefrau des Klägers, Frau C P, als Zeugin zu dem Beweisthema „Erreichbarkeit des Klägers in der Wohnung S-platz in S" vernommen. Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung hat der Kläger mitgeteilt, er habe zunächst in „S" in T gewohnt. Seine Ehefrau sei dann nach S gezogen. Er selbst habe nie in S. gewohnt und sei dort auch nicht gemeldet gewesen, sondern er habe lediglich seine Post nach S umleiten lassen. Er habe zu jener Zeit regelmäßig Wachdienst gehabt, so dass es ihm in T nicht möglich gewesen sei, eingehende Post täglich entgegen zu nehmen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 34 und Bl. 36 - 37 der Gerichtsakten verwiesen.

17

Sodann hat das Sozialgericht mit Urteil vom selben Tage der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Weder die Angabe einer von der Wohnanschrift abweichenden Postanschrift noch die Nichtangabe der neuen Wohnanschrift in T hätten im vorliegenden Fall zu einem nachträglichen Entfallen des klägerischen Anspruchs auf Alhi geführt. Nach Ansicht der Kammer genüge das Legitimationsniveau der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO nur dann verfassungsrechtlichen Anforderungen, wenn man diese Vorschrift teleologisch dahin reduziere, dass auch gleichgeeignete Maßnahmen des Arbeitslosen, um seine postalische Erreichbarkeit sicherzustellen, die Voraussetzungen des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III erfüllen. Dabei gehe die Kammer davon aus, dass es für die Verfügbarkeit des Arbeitslosen entscheidend sei, dass dieser sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch in Bezug auf seinen Aufenthalt grundsätzlich jederzeit in der Lage sei, einen potentiellen neuen Arbeitgeber aufzusuchen, einen Vorstellungs- und Beratungstermin wahrzunehmen, an einer Maßnahme zur Eingliederung in das Erwerbsleben teilzunehmen oder einem sonstigen Vorschlag des Arbeitsamts Folge zu leisten. Vor diesem Hintergrund genüge auch derjenige den Anforderungen des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III in Verbindung mit den Grundwertungen des § 1 EAO, der wie der Kläger zwar nicht täglich unmittelbar persönlich unter der angegebenen Postanschrift dergestalt erreichbar sei, dass er die Post eigenständig aus dem Briefkasten hole, der jedoch durch vorherige telefonische Absprachen mit den unmittelbar postalisch unter der angegebenen Anschrift erreichbaren Personen sicherstelle, dass er an jedem Werktage Kenntnis nicht nur vom Eintreffen, sondern auch vom Inhalt eines seitens des Arbeitsamtes an ihn adressierten Schreibens nehmen könne. Da nach diesen Maßstäben der Kläger auch unter der Postanschrift in S erreichbar und damit in der Lage gewesen sei, Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes orts- und zeitnah Folge zu leisten, fehle es bereits am Merkmal der wesentlichen Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

18

Gegen dieses ihr am 23. März 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. April 2005 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung der Beklagten. Zur Begründung trägt sie vor: Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei der Kläger im hier streitigen Zeitraum nicht arbeitsfähig im Sinne des § 119 SGB III und damit auch nicht arbeitslos im Sinne des § 118 SGB III mit der Folge gewesen, dass er keinen Anspruch auf Alhi mehr gehabt habe. Da der Kläger es unterlassen habe, dem Arbeitsamt seine neue Anschrift mitzuteilen, habe das Arbeitsamt den Kläger nicht mehr persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz unter der benannten Anschrift durch Briefpost erreichen können. Aus § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO ergebe sich für arbeitslose Leistungsbezieher die Pflicht, dem zuständigen Arbeitsamt (heute: Agentur für Arbeit) einen Wohnungswechsel persönlich und unverzüglich mitzuteilen. Dem gesetzlichen Konzept einer effektiven Arbeitsvermittlung und Arbeitsförderung entspreche es, wenn der Arbeitslose leistungsrechtlich erhebliche Umstände wie einen Wohnsitzwechsel dem Arbeitsamt anzeigen müsse. Die Forderung des § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO, die persönliche Erreichbarkeit zu gewährleisten, entspreche dem Zweck des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III nicht nur, weil sie einer effektiven Arbeitsvermittlung diene, sondern auch weil sie Leistungen bei Arbeitslosigkeit an klare Verhaltensmaßstäbe knüpfe. Dass die Regelungen des § 1 Abs. 1 EAO mit der gesetzlichen Ermächtigung der §§ 152 Nr. 2, 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III vereinbar seien, habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden. Die Kontrolle der eingegangenen Post des Klägers durch seine Ehefrau führe nicht zu einer Erfüllung des Erfordernisses der Erreichbarkeit. § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO verlange, dass der Arbeitslose „an seinem Wohnsitz" erreichbar sein müsse. Da der Kläger nicht in der - dem Arbeitsamt bekannten - Wohnung gewohnt habe, war er auch nicht mehr „an seinem Wohnsitz" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO durch Briefpost erreichbar. Das Merkblatt 1 für Arbeitslose, dessen Erhalt und Kenntnis der Kläger u. a. in seinem Alhi-Leistungsantrag vom 2. November 2002 bestätigt habe, enthalte ausführliche Hinweise zu Fragen der Verfügbarkeit/Erreichbarkeit. Eindeutig sei dort auch der Hinweis enthalten, dass der Leistungsbezieher sofort das Arbeitsamt zu benachrichtigen habe, wenn sich seine Anschrift ändere. In Zweifelsfällen - wenn also unklar sei, ob eine Änderung in den Verhältnissen für den Leistungsanspruch von Bedeutung sei - sei danach ebenfalls das Arbeitsamt zu unterrichten. Der Kläger hätte also allein durch ein klärendes Telefonat mit dem für ihn zuständigen Arbeitsamt etwaige Unklarheiten beseitigen können. Mit dem Wohnsitzwechsel sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des Klägers eingetreten. Der Kläger hätte auch wissen müssen oder zumindest leicht erkennen können, dass diese Änderung der Mitteilungspflicht unterliege. Da er seiner Mitteilungspflicht nicht nachgekommen sei, sei er für das Arbeitsamt nicht erreichbar gewesen. Dass damit der Leistungsanspruch weggefallen sei, habe der Kläger zumindest grob fahrlässig nicht gewusst.

19

Die Beklagte beantragt,

20

das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 9. März 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

21

Der Kläger beantragt,

22

die Berufung zurückzuweisen.

23

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ergänzend trägt er vor: Die Ausführungen der Beklagten berücksichtigten in keiner Weise das Ergebnis der Beweisaufnahme. Seine Ehefrau habe glaubhaft bestätigt, dass sie ihn über jeden Posteingang umgehend informiert und er sodann die Post auch sofort abgeholt habe. Auf eine entsprechende fernmündliche Unterredung sei lediglich verzichtet worden, wenn er, was in der Mehrzahl der Kalendertage der Fall gewesen sei, ohnehin die Wohnung der Ehefrau aufgesucht habe. Im Übrigen begegne die von der Beklagten vorgenommene strikte Auslegung der EAO den von dem Sozialgericht bereits dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken.

24

Der Senat hat die den Kläger betreffenden Beratungsvermerke der Beklagten für die Jahre 2002 und 2003 beigezogen. Ferner hat der Senat eine den Kläger betreffende Meldebescheinigung der Meldebehörde des Amtes T vom 30. Juni 2005 eingeholt. Danach war der Kläger bis 1. Oktober 1999 unter der Anschrift „M-straße , S", vom 1. Oktober 1999 bis 1. Februar 2003 unter der Anschrift „S, T", vom 1. Februar 2003 bis 4. April 2004 unter der Anschrift „G, T" und ab 4. April 2004 unter der Anschrift „Alte D-straße, T" gemeldet.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die den Kläger betreffende Leistungsakte der Beklagten (Kundennummer: ) und die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

27

Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 20. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2004 die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 1. Februar 2003 bis 1. April 2003 aufgehoben bzw. zurückgenommen und vom Kläger überzahlte Alhi sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in einer Gesamthöhe von 1.129,92 € zurückgefordert. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben.

28

Die Beklagte war nach §§ 48, 45 SGB X berechtigt, die Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 1. Februar 2003 bis 1. April 2003 aufzuheben bzw. zurückzunehmen.

29

Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der mit Bescheid vom 13. Januar 2003 erfolgten Leistungsbewilligung der Alhi vom 1. Februar 2003 bis 28. Februar 2003 ist § 48 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse an u. a. aufzuheben, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X). Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSG, Urteil vom 20. Juni 2001, B 11 AL 10/01 R, SozR 3-4300 § 119 Nr. 3; Urteil vom 9. August 2001, B 11 AL 17/01 R, SozR 3-4300 § 119 Nr. 4; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3. November 2004, L 12 AL 5/04, in Juris veröffentlicht).

30

Für den Anspruch auf Alhi ist der Wohnsitz des arbeitslosen Leistungsbeziehers wesentlich, denn er bestimmt nicht nur die Zuständigkeit des Arbeitsamtes (§ 327 Abs. 1 SGB III), sondern auch die Verfügbarkeit des Arbeitslosen für die Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Merkmale der Verfügbarkeit sind die Arbeitsfähigkeit und die Arbeitsbereitschaft des Arbeitslosen (§ 119 Abs. 2 SGB III). Arbeitsfähig ist ein Arbeitsloser u. a. dann, wenn er Vorschlägen des Arbeitsamtes für berufliche Eingliederung zeit- und ortsnah Folge leisten kann und darf (§ 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III). Hierzu hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit (BA) auf Grund der Ermächtigung in § 152 Nr. 2 SGB III Näheres in der EAO vom 27. Oktober 1997 (ANBA 1997, 1685) - zuletzt geändert durch Anordnung vom 16. November 2001 (ANBA 2001, 1476) - bestimmt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO muss der Arbeitslose in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Arbeitsamt aufzusuchen, mit einem möglichen Arbeitgeber oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und bei Bedarf persönlich mit diesem zusammenzutreffen und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Dazu hat der Arbeitslose nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO sicherzustellen, dass das Arbeitsamt ihn persönlich an jedem Werktag an seinem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt unter der von ihm benannten Anschrift (Wohnung) durch Briefpost erreichen kann. Dies ist nach der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 20. Juni 2001 und 9. August 2001, a.a.O.) nicht der Fall, wenn der Arbeitslose - wie vorliegend - seinen Wohnsitz verlegt, ohne dem Arbeitsamt den Wohnsitzwechsel mitzuteilen.

31

Aus dem Umstand, dass der Kläger es unterlassen hat, dem Arbeitsamt spätestens am 1. Februar 2003, dem Tag seines Umzugs (Wohnsitzwechsels) bzw. seiner Ummeldung beim Einwohnermeldeamt in T, seine neue Anschrift in T mitzuteilen, folgt, dass das Arbeitsamt den Kläger ab 1. Februar 2003 nicht mehr an seinem Wohnsitz unter der von ihm benannten Anschrift durch Briefpost erreichen konnte, und zwar bis einschließlich 1. April 2003, dem Tag vor dem Bekanntwerden der neuen Anschrift „G" in T(durch Mitteilung des Amtes T). Der Kläger selbst hat die Beklagte erst mit Schreiben vom 28. April 2003 darüber unterrichtet, dass er am 1. Februar 2003 umgezogen und seitdem unter der Anschrift G in T zu erreichen gewesen sei. Der Kläger war deshalb im hier streitbefangenen Zeitraum vom 1. Februar 2003 bis 1. April 2003 nicht mehr arbeitsfähig im Sinne des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III und damit auch nicht arbeitslos im Sinne des § 118 SGB III mit der Folge, dass er keinen Anspruch auf Alhi mehr hatte.

32

Das BSG hat bereits entschieden, dass sich aus § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO i.V.m. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) die Obliegenheit arbeitsloser Leistungsbezieher ergibt, dem zuständigen Arbeitsamt einen Wohnungswechsel persönlich und unverzüglich anzuzeigen, weshalb zum Beispiel ein (rechtzeitiger) Postnachsendeantrag regelmäßig nicht genügt (BSG, Urteile vom 20. Juni 2001, a.a.O., und vom 9. August 2001, a.a.O.). Lediglich bei über 58-jährigen bzw. nach § 428 Abs. 1 SGB III privilegierten Arbeitslosen hat das BSG insoweit eine Ausnahme angenommen (BSG, Urteil vom 30. Juni 2005, B 7a/7 AL 98/04 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Ein solcher Ausnahmefall liegt bei dem im streitbefangenen Zeitraum 24-jährigen Kläger jedoch nicht vor.

33

Insbesondere in den Entscheidungen vom 20. Juni 2001 und 9. August 2001 hat das BSG näher ausgeführt, dass die Regelungen des § 1 Abs. 1 EAO mit der gesetzlichen Ermächtigung vereinbar sind, sich im gesetzlichen Rahmen halten und dass die §§ 152 Nr. 2, 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III auch den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von gesetzlichen Ermächtigungen zu untergesetzlicher Rechtsetzung entsprechen.

34

Nach dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat bereits wiederholt angeschlossen hat, ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO i.V. mit § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I für - nicht nach § 428 Abs. 1 SGB III privilegierte („normale") - arbeitslose Leistungsbezieher die Pflicht, dem zuständigen Arbeitsamt (heute: Agentur für Arbeit) einen Wohnungswechsel persönlich und unverzüglich mitzuteilen. Denn der Arbeitslose muss nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EAO in der Lage sein, unverzüglich Mitteilungen des Arbeitsamtes persönlich zur Kenntnis zu nehmen, das Arbeitsamt aufzusuchen, mit möglichen Arbeitgebern oder Träger einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme in Verbindung zu treten und eine vorgeschlagene Arbeit anzunehmen oder an einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Dem gesetzlichen Konzept einer effektiven Arbeitsvermittlung und Arbeitsförderung entspricht es nach dieser Rechtsprechung, wenn der Arbeitslose leistungsrechtlich erhebliche Umstände wie einen Wohnsitzwechsel dem Arbeitsamt anzeigen muss und die unerlässliche Unterrichtung des Arbeitsamtes nicht Dritten (z.B. der Post) überlassen darf. Die Forderung des § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO, die persönliche Erreichbarkeit zu gewährleisten, entspricht dem Zweck des § 119 Abs. 3 Nr. 3 SGB III nicht nur, weil sie einer effektiven Arbeitsvermittlung dient, sondern auch weil sie Leistungen bei Arbeitslosigkeit an klare Verhaltensmaßstäbe knüpft (BSG, Urteil vom 20. Juni 2001, a.a.O.; Urteil vom 9. August 2001, a.a.O.; zustimmend Wagner, SGb 2002, 189 f.). Der gegenteiligen Ansicht (Valgolio, in Spellbrink/ Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 10 Rz. 191 - 193; ders., NZS 2000, 23 ff.), dass das Erfordernis der Erreichbarkeit auch dann zu bejahen sei, wenn der Arbeitslose sicherstelle, dass die an seine Wohnanschrift gerichtete Briefpost durch Dritte an ihn weitergeleitet werde und er diese täglich zur Kenntnis nehme, hat das BSG mit dieser Rechtsprechung ausdrücklich widersprochen. Diese Ansicht werde dem gesetzlichen Konzept einer persönlichen Abwicklung des Leistungsrechtsverhältnisses zwischen Arbeitslosen und Arbeitsamt nicht gerecht. Die persönliche (unmittelbare) Beziehung bzw. die Forderung nach persönlicher Erreichbarkeit sei als Voraussetzung für eine effektive Durchsetzung des Leistungskonzepts anzusehen.

35

Die Kontrolle der eingegangenen Post des Klägers durch seine Ehefrau unter der S Adresse führt somit nicht zur Erfüllung des Erfordernisses der persönlichen Erreichbarkeit. Die gesetzliche Regelung stellt grundsätzlich auf die dem Arbeitsamt bekannte Wohnanschrift als örtlichen Anknüpfungspunkt für die Erreichbarkeit des Arbeitslosen ab. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Kläger, was hier der Fall ist, unter der dem Arbeitsamt angegebenen Wohnanschrift nicht gewohnt hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 9. Dezember 2003, L 13 AL 4311/02, in Juris veröffentlicht). Der Kläger hat vorgetragen, dass seine Ehefrau seine Post dann kontrolliert habe, wenn er selbst dazu nicht in der Lage gewesen sei und ihn bei Posteingang unverzüglich benachrichtigt habe. § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO verlangt jedoch, dass der (sesshafte) Arbeitslose „an seinem Wohnsitz" erreichbar sein muss. Von daher kann schon deshalb auf die S Wohnung nicht abgestellt werden, weil der Kläger dort nie gewohnt hat und er deshalb auch nicht „an seinem Wohnsitz" im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO durch Briefpost für die Beklagte persönlich erreichbar war (vgl. BSG, Urteil vom 9. August 2001, a.a.O.). Daher lagen schon mangels eines Wohnsitzes unter der dem Arbeitsamt bekannten Anschrift die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 EAO für den hier streitigen Zeitraum nicht vor. Zudem muss der Arbeitslose auch im Hinblick auf die Möglichkeit seiner sofortigen Vermittelbarkeit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO eine Anschrift (Wohnung) benennen, unter der ihn die Briefpost unmittelbar, d.h. ohne Verzögerung und ohne Einschaltung Dritter, erreichen bzw. zugehen kann (Wissing, in Praxiskommentar, SGB III, 2. Aufl., § 119 Rz. 151 und 155; vgl. auch BSG, Urteil vom 2. März 2000, B 7 AL 8/99 R, SozR 3-4300 § 103 Nr. 22). Die insoweit möglicherweise gegebene postalische Erreichbarkeit durch die bei Posteingang unter der S Adresse ständig anwesende Ehefrau ist insoweit nur durch Absprachen in der Sphäre des Klägers bestimmt, nicht aber durch den gebotenen persönlichen Kontakt zwischen dem Arbeitslosen und dem Arbeitsamt, von dem die EAO ausgeht. Weil es nicht genügt, dass der Arbeitslose irgendwie erreichbar ist, er vielmehr so erreichbar sein muss, wie es die gesetzlichen Vorschriften des § 119 SGB III i.V. mit der EAO verlangen, reicht es nicht aus, dass der „normale" - nicht gesetzlich privilegierte - Arbeitslose nach seinem Umzug über Dritte telefonisch erreichbar ist oder in sonstiger Weise dafür gesorgt hat, dass ihm seine Post nachgeschickt wird. Schon um etwaigen Missbrauchsabsichten einen Riegel vorzuschieben, hält es der erkennende Senat zumindest für den „normalen" Arbeitslose auch nicht für unverhältnismäßig zu verlangen, einen Wohnsitzwechsel sofort dem Arbeitsamt mitzuteilen. Der Aufwand für eine derartige telefonische oder schriftliche Mitteilung ist äußerst gering. Ein Verzicht auf die vom Arbeitslosen sofort zu benennende Wohnanschrift würde eine Kontrolle der Rechtmäßigkeit von Leistungen der Arbeitsverwaltung und insbesondere auch die Möglichkeit der sofortigen Vermittelbarkeit eines Arbeitslosen generell erheblich erschweren. Im Übrigen wird der „normale" Arbeitslose von seiner persönlichen Meldepflicht (regelmäßig) auch nicht dadurch befreit, dass das Arbeitsamt auf andere Weise durch Dritte von dem Umzug und der neuen Wohnanschrift Kenntnis erhält. Dies folgt schon auf § 1 Abs. 1 Satz 2 EAO, wonach der Arbeitslose selbst dies „sicherzustellen" hat. Eine Information durch Dritte besitzt (regelmäßig) nicht die Verlässlichkeit wie die Mitteilung durch den Arbeitslosen selbst, so dass eine Richtigkeitskontrolle durch das Arbeitsamt unvermeidbar wäre (Wissing, a.a.O., § 119 Rz. 168).

36

Auch die subjektive Voraussetzung für die Aufhebung der Bewilligung für die Vergangenheit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X ist gegeben. Der Kläger ist seiner gesetzlich festgeschriebenen Obliegenheit als arbeitsloser Leistungsbezieher, den Wechsel seines Wohnsitzes dem Arbeitsamt persönlich und unverzüglich mitzuteilen, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 Halbsatz 2 SGB X). Dabei ist ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen. Grobe Fahrlässigkeit ist zu bejahen, wenn der Betroffene schon einfachste, nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste. Entscheidend sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, d. h. seine Urteilsfähigkeit und sein Einsichtsvermögen, im Übrigen auch sein Verhalten. Das Außerachtlassen von Vorschriften, auf die in einem Merkblatt besonders hingewiesen wird, ist im Allgemeinen grob fahrlässig, es sei denn, dass der Betroffene die Vorschriften nicht verstanden hat (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Februar 2001, L 5 AL 1644/00, in Juris veröffentlicht, m.w.N.). Im Merkblatt 1 für Arbeitslose „Ihre Rechte - Ihre Pflichten" (hier: Stand: April 2002), dessen Erhalt und inhaltliche Kenntnisnahme der Kläger mit seiner Unterschrift bei seinen Antragstellungen bestätigt hat, wird unter der Überschrift „Mitwirkungspflicht" ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Arbeitsamt sofort benachrichtigt werden müsse, wenn sich die Anschrift ändere (siehe die dortigen Seiten 51 - 53). Von daher musste der Kläger auf Grund der insoweit eindeutigen Hinweise des Merkblattes auch wissen, dass er bei einem Wohnungs- bzw. Wohnsitzwechsel zur sofortigen persönlichen Unterrichtung des Arbeitsamtes verpflichtet war.

37

Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung vom 1. März 2003 bis 1. April 2003 ist § 45 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III. Nach § 45 Abs. 1 SGB X ist ein begünstigender Verwaltungsakt, soweit er rechtswidrig ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen vorliegen. Dieser Tatbestand ist vorliegend erfüllt. Der Bewilligungsbescheid vom 26. März 2003, mit dem dem Kläger ab 1. März 2003 Alhi bewilligt worden war, war von Anfang an rechtswidrig, weil der Kläger für die Zeit vom 1. März 2003 bis 1. April 2003 aus den vorgenannten Gründen nicht mehr die Anspruchsvoraussetzung für die Bewilligung der Alhi erfüllte. Nach Nr. 3 dieser Vorschrift kann sich der Kläger auf Vertrauen nicht berufen, da dieser Verwaltungsakt insoweit auf Angaben beruhte, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat, weil er gegen seine Obliegenheit, den Wechsel des Wohnsitzes dem zuständigen Arbeitsamt persönlich und unverzüglich mitzuteilen, verstoßen hat.

38

Da hiernach die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 1. Februar 2003 bis 1. April 2003 von der Beklagten zu Recht aufgehoben bzw. zurückgenommen worden ist, hat der Kläger die ihm bis zum 31. März 2003 bereits gezahlte Alhi zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Die Erstattungspflicht erstreckt sich auch auf die von der Beklagten im Erstattungszeitraum gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung (§ 335 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 SGB III). Die Höhe der von der Beklagten festgesetzten Erstattungsforderung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte hat die den Kläger zu Unrecht gewährten Leistungen korrekt berechnet. Dies ergibt sich aus der in der Verwaltungsakte enthaltenen Zahlungsübersicht. Auch der Kläger hat die Berechnung der Beklagten zur Höhe nicht beanstandet.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

40

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG).


(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Wurden von der Bundesagentur für eine Bezieherin oder für einen Bezieher von Arbeitslosengeld Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung gezahlt, so hat die Bezieherin oder der Bezieher dieser Leistungen der Bundesagentur die Beiträge zu ersetzen, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Hat für den Zeitraum, für den die Leistung zurückgefordert worden ist, ein weiteres Krankenversicherungsverhältnis bestanden, so erstattet diejenige Stelle, an die die Beiträge aufgrund der Versicherungspflicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches gezahlt wurden, der Bundesagentur die für diesen Zeitraum entrichteten Beiträge; die Bezieherin oder der Bezieher wird insoweit von der Ersatzpflicht nach Satz 1 befreit; § 5 Absatz 1 Nummer 2 zweiter Halbsatz des Fünften Buches gilt nicht. Werden die beiden Versicherungsverhältnisse bei verschiedenen Krankenkassen durchgeführt und wurden in dem Zeitraum, in dem die Versicherungsverhältnisse nebeneinander bestanden, Leistungen von der Krankenkasse erbracht, bei der die Bezieherin oder der Bezieher nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches versicherungspflichtig war, so besteht kein Beitragserstattungsanspruch nach Satz 2. Die Bundesagentur, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (§ 217a des Fünften Buches) und das Bundesamt für Soziale Sicherung in seiner Funktion als Verwalter des Gesundheitsfonds können das Nähere über die Erstattung der Beiträge nach den Sätzen 2 und 3 durch Vereinbarung regeln. Satz 1 gilt entsprechend, soweit die Bundesagentur Beiträge, die für die Dauer des Leistungsbezuges an ein privates Versicherungsunternehmen zu zahlen sind, übernommen hat.

(2) Beiträge für Versicherungspflichtige nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches, denen eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder Übergangsgeld von einem nach § 251 Absatz 1 des Fünften Buches beitragspflichtigen Rehabilitationsträger gewährt worden ist, sind der Bundesagentur vom Träger der Rentenversicherung oder vom Rehabilitationsträger zu ersetzen, wenn und soweit wegen der Gewährung von Arbeitslosengeld ein Erstattungsanspruch der Bundesagentur gegen den Träger der Rentenversicherung oder den Rehabilitationsträger besteht. Satz 1 ist entsprechend anzuwenden in den Fällen, in denen der oder dem Arbeitslosen von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wegen einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zuerkannt wurde (§ 145 Absatz 3). Zu ersetzen sind

1.
vom Rentenversicherungsträger die Beitragsanteile der versicherten Rentnerin oder des versicherten Rentners und des Trägers der Rentenversicherung, die diese ohne die Regelung dieses Absatzes für dieselbe Zeit aus der Rente zu entrichten gehabt hätten,
2.
vom Rehabilitationsträger der Betrag, den er als Krankenversicherungsbeitrag hätte leisten müssen, wenn die versicherte Person nicht nach § 5 Absatz 1 Nummer 2 des Fünften Buches versichert gewesen wäre.
Der Träger der Rentenversicherung und der Rehabilitationsträger sind nicht verpflichtet, für dieselbe Zeit Beiträge zur Krankenversicherung zu entrichten. Die versicherte Person ist abgesehen von Satz 3 Nummer 1 nicht verpflichtet, für dieselbe Zeit Beiträge aus der Rente zur Krankenversicherung zu entrichten.

(3) Der Arbeitgeber hat der Bundesagentur die im Falle des § 157 Absatz 3 geleisteten Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung zu ersetzen, soweit er für dieselbe Zeit Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers zu entrichten hat. Er wird insoweit von seiner Verpflichtung befreit, Beiträge an die Kranken- und Rentenversicherung zu entrichten. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für den Zuschuss nach § 257 des Fünften Buches.

(4) Hat auf Grund des Bezuges von Arbeitslosengeld nach § 157 Absatz 3 eine andere Krankenkasse die Krankenversicherung durchgeführt als diejenige Kasse, die für das Beschäftigungsverhältnis zuständig ist, aus dem die Leistungsempfängerin oder der Leistungsempfänger Arbeitsentgelt bezieht oder zu beanspruchen hat, so erstatten die Krankenkassen einander Beiträge und Leistungen wechselseitig.

(5) Für die Beiträge der Bundesagentur zur sozialen Pflegeversicherung für Versicherungspflichtige nach § 20 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 des Elften Buches sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.