Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 22. Sept. 2006 - L 3 AL 58/06

ECLI: ECLI:DE:LSGSH:2006:0922.L3AL58.06.0A
published on 22/09/2006 00:00
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Urteil, 22. Sept. 2006 - L 3 AL 58/06
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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 18. Januar 2005 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über eine Aufhebung und Erstattungsentscheidung der Beklagten, die auf fehlende Eigenbemühungen des Klägers gestützt ist.

2

Der ....1961 geborene Kläger bestand im Jahre 1983 die Laufbahnprüfung für die Laufbahn des gehobenen allgemeinen Verwaltungsdienstes und war anschließend bis 31. Juli 1989 Beamter beim Kreis P. Vom 1. August 1989 bis 15. Juni 1993 war er dort als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Aufhebungsvertrag. Seitdem steht der Kläger mit kurzen Unterbrechungen im Leistungsbezug der Beklagten. Vom 1. Januar 2002 bis 30. Juni 2002 bezog er Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von wöchentlich 137,76 EUR (täglich 19,68 EUR; Bescheid vom 9. Januar 2002) und vom 1. Juli 2002 bis 31. Dezember 2002 in Höhe von wöchentlich 136,43 EUR (täglich 19,49 EUR; Bescheid vom 26. Juli 2002). Am 29. Mai 2002 händigte die Beklagte dem Kläger anlässlich einer persönlichen Vorsprache ein Schreiben gleichen Datums aus, mit dem er unter Beifügung einer Rechtsfolgen- und Rechtsbehelfsbelehrung aufgefordert wurde, bestimmte Eigenbemühungen zur Beendigung seiner Beschäftigungslosigkeit zu unternehmen. Der Kläger sollte das Stelleninformationssystem (SIS) nutzen, Anzeigen auswerten (Tageszeitung, Markt und Chance), Initiativ-Bewerbungen (schriftlich, telefonisch, persönlich) vornehmen und Kontakte über Verwandte, Bekannte und Freunde ausschöpfen. Die Beklagte forderte den Kläger auf, am 7. August 2002 um 8.30 Uhr im Arbeitsamt Pinneberg, Zimmer 107, zu erscheinen und entsprechende Nachweise vorzulegen bzw. überprüfbare Angaben zu machen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 200 bis 202 der Leistungsakte Bezug genommen.

3

Wegen genehmigter Ortsabwesenheit wurde dieser Termin zur Vorlage der Eigenbemühungen zunächst auf den 13. August 2002 verschoben und dann schließlich auf den 26. August 2002 festgelegt. Am 26. August 2002 gab der Kläger bei seiner persönlichen Vorsprache ausweislich des an diesem Tage von der Beklagten gefertigten Beratungsvermerks zum geforderten Nachweis der zwischenzeitlichen Eigenbemühungen an, dass „er nichts anderes gefunden“ habe, „außer Hunde ausführen usw.“. Das SIS habe er nicht genutzt. Zurzeit erstelle er unentgeltlich eine Web-Seite für einen Cousin, der ein Tonstudio habe. Er hoffe, dort langfristig einsteigen zu können. Ferner strebe er eine Umschulung in diesem Bereich an. Auch dies gehöre seiner Ansicht nach zu den geforderten Eigenbemühungen. Ansonsten habe er sich lediglich auf einen Vermittlungsvorschlag des Arbeitsamtes vom 17. Juli 2002 (Bauamtsleiter der Stadt K.) beworben. Bewerbungsschreiben, Absagen von Firmen oder ähnliches legte der Kläger nicht vor. In einem Beratungsvermerk vom 28. August 2002 heißt es weiter, dass der Kläger sich nach eigenen Angaben im Bereich Internet beworben habe. Er habe darüber aber keinerlei Aufzeichnungen.

4

Mit Bescheid vom 13. September 2002 hob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alhi für die Zeit vom 29. Mai 2002 bis 25. August 2002 mit der Begründung auf, dass der Kläger in dieser Zeit trotz Rechtsfolgenbelehrung keine Eigenbemühungen unternommen habe. Dies habe er in dem Beratungsgespräch am 29. Mai 2002 (gemeint: 26. August 2002) erklärt. Als Rechtsgrundlage ihrer Entscheidung benannte die Beklagte § 48 Abs. 1 Nr. 4 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. §§ 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) sowie §§ 190 Abs. 1 Nr. 1, 198 Nr. 1, 118 Abs. 1 Nr. 2, 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Gleichzeitig forderte die Beklagte den Kläger auf, die eingetretene Überzahlung von 1.740,88 EUR zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X).

5

Hiergegen erhob der Kläger am 26. September 2002 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor: Er habe nicht erklärt, keine Eigenbemühungen unternommen zu haben. Er habe vielmehr zahlreiche Eigenbemühungen unternommen und die zuständige Sachbearbeiterin hiervon auch unterrichtet. Diese habe einige Notizen gefertigt, die ihm aber entgegen der üblichen Praxis nicht vorgelegt worden seien.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2002 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Kläger habe keine Nachweise über Eigenbemühungen vorgelegt. Die einzige Bewerbung im fraglichen Zeitraum sei auf Grund eines Vermittlungsvorschlages des Arbeitsamtes vom 17. Juli 2002 erfolgt. Bewerbungsschreiben, Absagen von Firmen oder ähnliches habe er nicht vorgelegt. Der Kläger trage die Nachweislast für seine Eigenbemühungen. Dies bedeute mehr als eine bloße Behauptung. Es müsse sich um überprüfbare Angaben und Belege handeln. Die Mithilfe im Tonstudio des Cousins und die Ausübung einer Nebentätigkeit stellten keine Eigenbemühungen im geforderten Sinne dar. Durch den fehlenden Nachweis von Eigenbemühungen sei die Arbeitslosigkeit entfallen, weil die zu diesem Begriff zählende Beschäftigungssuche trotz entsprechender Aufforderung nicht belegt sei.

7

Hiergegen hat der Kläger am 16. Januar 2003 bei dem Sozialgericht (SG) Itzehoe Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: In der Zeit vom 29. Mai 2002 bis 25. August 2002 habe er eine selbstständige Tätigkeit als Musiker ausgeübt. Er sei u. a. mit Vorbereitungen für einen Open-Air-Auftritt als Gastmusiker, eines Musicals, eines Programms für Soloauftritte, eines Zwei-Mann-Programms, Proben mit einer Coverband sowie mit der Veröffentlichung seiner Musikertätigkeit (CD-Veröffentlichung) im Internet beschäftigt gewesen. Ferner habe er sich in dem vorgenannten Zeitraum bei der Stadt K. schriftlich als Bauamtsleiter beworben. Darüber hinaus habe er persönlich um Arbeit bei der Firma Schlüsseldienst P. (Herrn K.) und dem E.B. Tonstudio in H. nachgefragt. Ferner habe er über das Internet Kontakt aufgenommen mit der Firma A.. Seine Bemühungen seien jedoch erfolglos geblieben. Schließlich habe er sich um eine Umschulung zum Webdesigner bemüht. Dies habe er der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau H., mitgeteilt. In diesem Zusammenhang habe er bei seiner Vorsprache am 25. August 2002 wegen vorhandener Vorkenntnisse auch die Tätigkeit bei seinem Cousin erwähnt, der aber kein Tonstudio betreibe, sondern Bühnenvorbau. Weder sei jedoch eine Umschulung von der Beklagten gefördert noch seien seine Berichte über Eigenbemühungen notiert worden. Eine Mindestanzahl von Bewerbungen sei von ihm nicht gefordert worden. Abgesehen davon, dass er damals sowohl in Sachen Musik als auch Webdesign (noch ohne Einkünfte) tätig gewesen sei, habe die Tatsache, dass er sich nach K. beworben habe, seinen guten Willen gezeigt. Zudem habe er ab dem 1. Juni 2003 eine Festanstellung bei „schuh-sonderposten.de“. Diese Anstellung sei nur möglich gewesen, weil er sich im Webdesign u. a. in dem hier fraglichen Zeitraum privat weitergebildet habe.

8

Der Kläger hat ergänzend sein Bewerbungsschreiben an den Bürgermeister der Stadt K. für eine Stelle als Bauamtsleiter zu den Gerichtsakten gereicht.

9

Der Kläger hat beantragt,

10

den Bescheid der Beklagten vom 13. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2002 aufzuheben.

11

Die Beklagte hat beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Sie hat sich zur Begründung auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid bezogen.

14

Auf Anfrage des SG vom 30. April 2003 teilte das E.B. Tonstudio H. mit, dass es zutreffend sei, dass sich der Kläger dort um eine Arbeitsstelle beworben habe. Zu einer Einstellung sei es aber nicht gekommen, weil die fachliche Qualifikation des Klägers nicht ausreichend gewesen sei. Auch der Schlüsseldienst P. (Herr K.) teilte auf Anfrage des SG am 27. Mai 2003 fernmündlich mit, dass sich der Kläger dort persönlich vorgestellt habe. Zu einer Einstellung sei es jedoch nicht gekommen, weil er niemanden beschäftigen könne, da dies zu teuer sei.

15

Nach mündlicher Verhandlung vom 18. Januar 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Zu Recht habe die Beklagte im hier streitigen Zeitraum die Alhi-Bewilligung wegen unzureichender Eigenbemühungen und daraus folgender fehlender Arbeitsbereitschaft aufgehoben. Der Kläger habe sich in einem Zeitraum von ca. drei Monaten lediglich auf einen von der Beklagten übersandten Vermittlungsvorschlag und bei zwei weiteren Arbeitgebern beworben. Weitere Bemühungen des Klägers über „vielfältige Eigenbemühungen“ hätten sich weder durch Nachfragen konkretisieren noch gar belegen lassen. Insbesondere habe der Kläger einräumen müssen, weder das von der Beklagten bereit gestellte SIS genutzt noch sich auf Anzeigen beworben zu haben. Seine Behauptung, er habe über einen längeren Zeitraum umfangreich Zeitungsanzeigen ausgewertet, wo jedoch keine für ihn in Frage kommende Stelle angeboten worden sei, müsse als offensichtlich unwahr zurückgewiesen werden. Es sei mit der allgemeinen Lebenserfahrung unvereinbar, dass auf dem für den Kläger in Frage kommenden allgemeinen Arbeitsmarkt über einen längeren Zeitraum in vielen unterschiedlichen Zeitungen keine einzige Stellenanzeige enthalten gewesen sein solle, auf die er sich hätte bewerben können. Der Kläger sei durch das ihm mehrfach gegen seine Unterschrift zur Kenntnis gegebene „Merkblatt für Arbeitslose“ aktenkundig darüber informiert gewesen, dass Arbeitsbereitschaft eine Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen der Beklagten sei. Insoweit müsse er sich entgegen halten lassen, dass er bei Vermeidung grober Fahrlässigkeit über den Verlust seines Leistungsanspruchs im Fall mangelnder Arbeitsbereitschaft informiert gewesen sei. Gegen die Höhe des Erstattungsbetrages bestünden keine Bedenken.

16

Gegen dieses ihm am 3. Februar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 1. März 2005 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingegangene Berufung des Klägers. Zur Begründung wiederholt und bekräftigt er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten wird auf den in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2006 vorgelegten Schriftsatz des Klägers vom 8. August 2006 Bezug genommen.

17

Der Kläger beantragt,

18

das Urteil des SG Itzehoe vom 18. Januar 2005 und die Bescheide der Beklagten vom 29. Mai 2002 und 13. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 2002 aufzuheben.

19

Die Beklagte beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

22

Mit Einverständnis der Beteiligten hat der Senat das Ruhen des Berufungsverfahrens bis zum Vorliegen der Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) in den dort unter den Az. B 11 AL 13/05 R, B 11a AL 17/05 R und B 7a AL 64/05 R geführten Verfahren angeordnet.

23

Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2006, beim Schleswig-Holsteinischen LSG eingegangen am 16. Juni 2006, hat die Beklagte die Fortsetzung des Verfahrens beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Eine Fortsetzung des Verfahrens sei geboten, weil das BSG nunmehr entschieden habe, dass bei nicht ausreichenden Eigenbemühungen des Arbeitslosen eine Rücknahme bzw. Aufhebung der Leistungsbewilligung mit Wirkung ab Beginn des Zeitraums möglich sei, in dem er die Eigenbemühungen habe unternehmen sollen. Dies habe der Kläger im hier maßgeblichen Zeitraum nicht hinreichend getan.

24

Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 31. Oktober 2005 um Mitteilung (einschl. der Hergabe entsprechender Nachweise) und genaue Schilderung gebeten, ob er sich in der Zeit vom 29. Mai 2002 bis 25. August 2002 außer bei dem Schlüsseldienst P., dem E.B. Tonstudio H. und dem Bürgermeister der Stadt K. (Stelle Bauamtsleiter) noch bei weiteren Arbeitgebern (einschl. Hergabe der Anschriften) beworben habe und welche sonstigen Bemühungen er seinerzeit konkret zur Erlangung eines Arbeitsplatzes unternommen habe. Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass die Hergabe etwaiger (weiterer) Bewerbungsschreiben, Absagen von Firmen usw. sachdienlich wäre. An die Beantwortung dieses Schreibens wurde der Kläger mit Verfügung vom 28. Juni 2006 und nochmals mit der Ladungsverfügung vom 31. Juli 2006 erinnert. Ergänzend hat der Senat die den Kläger betreffenden Beratungsvermerke für die Zeit vom 3. Januar 2002 bis 9. Dezember 2002 beigezogen.

25

In der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2006 ist der Kläger vom Senat angehört worden.

26

Dem Senat haben die den Kläger betreffende Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

27

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist aber unbegründet.

28

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist neben dem Bescheid vom 13. September 2002 und dem Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2002 auch das Schreiben der Beklagten vom 29. Mai 2002, mit dem der Kläger unter Beifügung einer Rechtsfolgen- und Rechtsbehelfsbelehrung zu bestimmten Eigenbemühungen zur Beendigung seiner Beschäftigungslosigkeit aufgefordert worden ist. Nach jüngerer Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 20. Oktober 2005, B 7a AL 18/05 R, SozR 4-4300 § 119 Nr. 3, und vom 31. Januar 2006, B 11a AL 13/05 R, jeweils auch veröffentlicht in juris) handelt es sich bei einer Aufforderung zu Eigenbemühungen mit Rechtsfolgen- und Rechtsbehelfsbelehrung um einen (formalen) Verwaltungsakt, der bei verständiger Würdigung des gegen einen hierauf gestützten Aufhebungsbescheid geltend gemachten Begehrens in das Widerspruchsverfahren und das gerichtliche Verfahren einzubeziehen ist.

29

Als Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 29. Mai 2002 bis 25. August 2002 kommt hier nur die auch von der Beklagten herangezogene Bestimmung des § 48 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III in Betracht. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt. Eine rechtserhebliche Änderung liegt danach insbesondere dann vor, wenn der Anspruch nach dem für die Leistung von Alhi maßgeblichen Recht entfallen ist.

30

Vorliegend ist in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei Erlass der Bewilligung von Alhi ab 1. Januar 2002 durch den Bescheid vom 9. Januar 2002 vorgelegen haben, für die Zeit ab 29. Mai 2002 insoweit eine Änderung eingetreten, als dem Kläger während dieser Zeit Alhi mangels Arbeitslosigkeit nicht zustanden hat, sein Leistungsanspruch also weggefallen war. Denn er hat keine hinreichende Beschäftigungssuche im Sinne von § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III betrieben.

31

Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III i.V.m. § 198 Satz 2 Nr. 1 SGB III in der im Jahre 2002 geltenden Fassung sucht nur der eine Beschäftigung und ist deshalb auch nur der arbeitslos im Sinne von § 118 Abs. 1 SGB III, der alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Nach § 119 Abs. 5 Satz 1 SGB III hat das Arbeitsamt (heute: Agentur für Arbeit) den Arbeitslosen bei der Arbeitslosmeldung auf seine Verpflichtung nach Abs. 1 Nr. 1 besonders hinzuweisen. Auf Verlangen des Arbeitsamts hat der Arbeitslose seine Eigenbemühungen nachzuweisen, wenn er rechtzeitig auf die Nachweispflicht hingewiesen worden ist (Satz 2).

32

Bei den vom Gesetz geforderten Eigenbemühungen handelt es sich nach der Rechtsprechung des BSG um eine zur Anspruchsvoraussetzung gewordene versicherungsrechtliche Obliegenheit, die sich u. a. durch entsprechende Hinweise der Beklagten gemäß § 119 Abs. 5 Satz 1 SGB III hinreichend konkretisieren lässt. Dabei ist die Konkretisierung am Maßstab der Zumutbarkeit zu messen. Die für den Wegfall der Anspruchsvoraussetzung erhebliche Obliegenheitsverletzung setzt ein nach einem subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstab zu beurteilendes schuldhaftes Verhalten des Arbeitslosen voraus (vgl. zu Vorstehendem insgesamt Urteile des BSG vom 20. Oktober 2005 und vom 31. Januar 2006, jeweils a.a.O.).

33

Vorliegend hat die Beklagte die Verpflichtung des Klägers zu Eigenbemühungen und deren Nachweis durch den Bescheid vom 29. Mai 2002 inhaltlich hinreichend konkretisiert, in dem sie ihn aufgefordert hat, das SIS zu nutzen, Anzeigen auszuwerten (Tageszeitung, Markt und Chance), Initiativ-Bewerbungen (schriftlich, telefonisch oder persönlich) vorzunehmen und Kontakte über Verwandte, Bekannte und Freunde auszuschöpfen. Als Termin zur Vorlage der Nachweise wurde dem Kläger zunächst der 7. August 2002 benannt. Dieser Termin wurde schließlich auf den 26. August 2002 festgesetzt und vom Kläger auch wahrgenommen.

34

Festzustellen ist, dass der Kläger am 26. August 2002 der mit Bescheid vom 29. Mai 2002 erfolgten Aufforderung zum Nachweis der dort genannten Eigenbemühungen nicht ausreichend nachgekommen ist, weil die tatsächlichen – objektivierbaren – Anstrengungen des Klägers – jedenfalls in ihrer Intensität – den von der Beklagten gestellten und für den Kläger auch zumutbaren Anforderungen nicht gerecht geworden sind. Insbesondere hat er sich nicht – wie von der Beklagten mit Bescheid vom 29. Mai 2002 aufgegeben – hinreichend eigeninitiativ beworben und auch nicht das SIS benutzt.

35

Von den geforderten Initiativ-Bewerbungen sind im hier allein maßgeblichen Zeitraum vom 29. Mai 2002 bis 25. August 2002 nur zwei Eigenbemühungen des Klägers belegt. Auf Nachfrage des SG wurden die vom Kläger erstmals im Klageverfahren gemachten Angaben bestätigt, dass er bei der Firma Schlüsseldienst P. und dem E.B. Tonstudio H. (jeweils persönlich) um Arbeit nachgefragt hatte. Die vom Kläger zudem vorgenommene schriftliche Bewerbung um die Stelle als Bauamtsleiter bei der Stadt K. mit Schreiben vom 29. Juli 2002 war hingegen keine Initiativ-Bewerbung, da diese auf Grund eines Vermittlungsvorschlages der Beklagten vom 17. Juli 2002 erfolgt war. Sofern der Kläger darüber hinaus über das Internet Kontakt mit der Firma A. aufgenommen haben will, hat er diesbezüglich einen entsprechenden Nachweis nicht vorlegen können. Die unentgeltliche Herstellung einer Web-Seite für seinen Cousin, die Ausübung einer selbstständigen (Neben-)Tätigkeit als Musiker und das geltend gemachte Begehren auf Umschulung zum Webdesigner stellen keine Eigenbemühungen im geforderten Sinne dar. Weitere Bewerbungen im hier relevanten Zeitraum hat der Kläger nicht dargetan, geschweige denn nachweisbar belegt. Lediglich zwei nachgewiesene Initiativ-Bewerbungen innerhalb eines Zeitraums von knapp 3 Monaten sind bei weitem keine ausreichenden Eigenbemühungen im Sinne des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Dies gilt umso mehr, als dem Kläger keine bestimmten Bewerbungsformen vorgegeben wurden, so dass er sich persönlich bzw. telefonisch oder auch schriftlich an in Betracht kommenden Arbeitgeber wenden konnte. Dass die Beklagte dem Kläger im Bescheid vom 29. Mai 2002 keine Bestimmte Anzahl von Initiativ-Bewerbungen genannt hat, ist unerheblich. Maßgeblich ist insoweit vielmehr das „Erscheinungsbild eines interessierten Beschäftigungssuchenden“ (so zutreffend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juni 2005, L 5 AL 2643/04, veröffentlich in juris). So hat das BSG beispielsweise das Verlangen bzw. die Aufforderung der Beklagten an Arbeitslose, sich pro Woche zweimal schriftlich zu bewerben oder Eigenbemühungen bei mindestens fünf Arbeitgebern zu unternehmen und innerhalb eines Monats nachzuweisen, als zumutbar erachtet (Urteile vom 20. Oktober 2005 und 31. Januar 2006, a.a.O.). Dass es für den Kläger Einstellungsmöglichkeiten in dem hier relevanten Zeitraum vom 29. Mai 2002 bis 25. August 2002 gegeben hat, steht zur Überzeugung des Senats fest. Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitsmarkt für den Kläger, dem nach § 121 Abs. 5 Halbsatz 2 SGB III in der im Jahre 2002 geltenden Fassung ein besonderer Berufsschutz nicht zuzubilligen ist, verschlossen war oder für ihn zumutbare Arbeitsmöglichkeiten nicht bestanden haben, bestehen nicht.

36

Schließlich hat der Kläger auch nicht nachgewiesen, dass er das SIS im Arbeitsamt regelmäßig benutzt hat. Die regelmäßige Nutzung des SIS wäre vom Kläger durch Vorlage der SIS-Ausdrucke nachzuweisen gewesen. Der Kläger hat jedoch keinen einzigen Nachweis vorgelegt. Vielmehr hat er ausweislich des am 26. August 2002 von der Beklagten gefertigten Beratungsvermerks angegeben, dass er das SIS nicht genutzt habe. Sofern der Kläger in seinem in der Berufungsverhandlung vorgelegten Schriftsatz vom 8. August 2006 erstmals vorträgt, dass das SIS bei seinen Besuchen im Arbeitsamt jedes Mal – vorliegend also über einen Zeitraum von ca. drei Monaten – „außer Betrieb“ gewesen sei, wertet der Senat diese Äußerung als bloße Schutzbehauptung. Im Übrigen wäre es dem Kläger zuzumuten gewesen, die Beklagte auf eine von ihm festgestellte subjektive oder objektive Unmöglichkeit der Benutzung des SIS sofort hinzuweisen und diese um entsprechende Hilfestellung oder fachkundigen Rat zu bitten. Dies ist jedoch ausweislich der Leistungsakte und insbesondere der vorliegenden Beratungsvermerke nicht geschehen.

37

Der Kläger hat seine Obliegenheit zur Vornahme von Eigenbemühungen auch schuldhaft verletzt. Dabei genügt jede Form von Fahrlässigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005, a.a.O.). Lediglich wenn der Kläger – aus ihm nicht zurechenbaren Umständen - nicht in der Lage gewesen wäre, die vom ihm geforderten Eigenbemühungen vorzunehmen bzw. entsprechende Beweise vorzulegen, kann ihm das nicht vorgehalten werden. Abzustellen ist mithin auf die individuellen Fähigkeiten des Klägers. Dass der Kläger von seinen intellektuellen Fähigkeiten her nicht in der Lage war, die von der Beklagten mit Bescheid vom 29. Mai 2002 geforderten Eigenbemühungen innerhalb eines Zeitraums von ca. drei Monaten nachweisbar zu erbringen, ist auch nach dem persönlichen Eindruck des Senats vom Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich.

38

Zusammenfassend bleibt daher festzustellen, dass der Kläger in der hier streitgegenständlichen Zeit vom 29. Mai 2002 bis 25. August 2002 nicht alle ihm objektiv und subjektiv zumutbaren Möglichkeiten genutzt hat, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden, so dass der objektive und subjektive Tatbestand einer Obliegenheitsverletzung in dem dargestellten Sinne erfüllt ist.

39

War der Anspruch auf Alhi für die Zeit vom 29. Mai 2002 bis 25. August 2002 damit mangels Beschäftigungssuche im Sinne des § 119 Abs. 1 SGB III und damit mangels Arbeitslosigkeit (objektiv) weggefallen, liegen auch die (subjektiven) Voraussetzungen für die Aufhebung der Leistungsbewilligung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X vor. Der Kläger hat nämlich (zumindest) grob fahrlässig verkannt, dass er seinen Anspruch auf Alhi verliert, wenn er es an ausreichenden Eigenbemühungen zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit fehlen lässt. Das BSG hat hierzu ausgeführt (Urteil vom 20. Oktober 2005, a.a.O.): Typisierend kann davon ausgegangen werden, dass Arbeitslosen bekannt ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen zu müssen und dass diese Verfügbarkeit Anspruchsvoraussetzung ist. Wenn die Beklagte vor diesem Hintergrund vom Arbeitslosen bestimmte Eigenbemühungen verlangt, liegt es auch ohne konkreten Hinweis auf der Hand, dass bei Nichteinhaltung der „Verpflichtung“ der Anspruch auf Alg oder Alhi nicht entsteht bzw. entfällt. Vorliegend hat die Beklagte den Kläger auf seine „Verpflichtung“ zu Eigenbemühungen am 29. Mai 2002 mündlich und schriftlich hingewiesen. Angesichts der ausdrücklichen und ausreichenden Rechtsfolgenbelehrung im Bescheid vom 29. Mai 2002 bei der Aufforderung, Eigenbemühungen nachzuweisen, kann der Kläger kein schützenswertes Vertrauen geltend machen. Insofern genügt es zudem, dass der Kläger nicht darauf vertrauen durfte, einen Leistungsanspruch zu besitzen, wenn er nicht die von ihm geforderten Eigenbemühungen unternehmen würde (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005, a.a.O.). Hier musste sich der Kläger darüber im Klaren sein, dass er bei unzureichenden Eigenbemühungen seinen Leistungsanspruch verlieren wird. Der Kläger wurde in der Rechtsfolgenbelehrung ausdrücklich auch auf die Möglichkeit einer rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung für den Zeitraum ab Zugang dieser Aufforderung gemäß den §§ 45, 48 SGB X i.V.m. § 330 SGB III wegen fehlender Arbeitslosigkeit bei nicht ausreichenden Eigenbemühungen belehrt (Bl. 201 der Leistungsakte). Dass die Beklagte in ihrem Bescheid auch die Rechtsfolgen nach § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) angedroht hat, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2005, a.a.O.).

40

Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 50 Abs. 1 SGB X). Der Erstattungsbetrag der vom 29. Mai 2002 bis 25. August 2002 zu Unrecht erbrachten Alhi wurde von der Beklagten zutreffend mit 1.740,88 EUR errechnet (19,68 EUR × 33 Tage = 649,44 EUR + 19,49 EUR × 56 Tage = 1.091,44 EUR). Fehler sind insoweit von dem Kläger auch nicht vorgetragen worden.

41

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

42

Der Senat hat keinen Anlass gesehen, nach § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen.


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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
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published on 22/06/2005 00:00

Tatbestand   1  Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 24. Oktober bis 5. Dezember 2002 und vom 11. März 2003 bis 25. Juli 2003 wegen ungenügender Eige
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Annotations

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

Die besonderen Leistungen umfassen

1.
das Übergangsgeld,
2.
das Ausbildungsgeld, wenn ein Übergangsgeld nicht gezahlt werden kann,
3.
die Übernahme der Teilnahmekosten für eine Maßnahme.

Menschen mit Behinderungen haben Anspruch auf Übergangsgeld, wenn

1.
die Voraussetzung der Vorbeschäftigungszeit für das Übergangsgeld erfüllt ist und
2.
sie an einer Maßnahme der Berufsausbildung, der Berufsvorbereitung einschließlich einer wegen der Behinderung erforderlichen Grundausbildung, der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches, einer Maßnahme im Eingangsverfahren oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung teilnehmen, für die die besonderen Leistungen erbracht werden.
Im Übrigen gelten die Vorschriften des Kapitels 11 des Teils 1 des Neunten Buches, soweit in diesem Buch nichts Abweichendes bestimmt ist. Besteht bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die allgemeinen Leistungen erbracht werden, kein Anspruch auf Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, erhalten Menschen mit Behinderungen Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes, wenn sie bei Teilnahme an einer Maßnahme, für die die besonderen Leistungen erbracht werden, Übergangsgeld erhalten würden.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(2) Liegen die in § 45 Abs. 2 Satz 3 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(3) Liegen die in § 48 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vor, ist dieser mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Abweichend von § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches ist mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an ein Verwaltungsakt auch aufzuheben, soweit sich das Bemessungsentgelt auf Grund einer Absenkung nach § 200 Abs. 3 zu Ungunsten der Betroffenen oder des Betroffenen ändert.

(4) Liegen die Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsaktes vor, mit dem ein Anspruch auf Erstattung des Arbeitslosengeldes durch Arbeitgeber geltend gemacht wird, ist dieser mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

(5) (weggefallen)

(1) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert.

(2) Kommt derjenige, der eine Sozialleistung wegen Pflegebedürftigkeit, wegen Arbeitsunfähigkeit, wegen Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, anerkannten Schädigungsfolgen oder wegen Arbeitslosigkeit beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 62 bis 65 nicht nach und ist unter Würdigung aller Umstände mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß deshalb die Fähigkeit zur selbständigen Lebensführung, die Arbeits-, Erwerbs- oder Vermittlungsfähigkeit beeinträchtigt oder nicht verbessert wird, kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen.

(3) Sozialleistungen dürfen wegen fehlender Mitwirkung nur versagt oder entzogen werden, nachdem der Leistungsberechtigte auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden ist und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.