Landessozialgericht NRW Urteil, 06. Feb. 2015 - L 4 R 1017/13
Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.09.2013 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird endgültig auf 30.011,12 Euro festgesetzt. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand:
2Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beklagte der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres Vaters Altersrente für den Zeitraum vom 01.07.1997 bis 31.01.2008 zu zahlen hat.
3Die Klägerin ist die Tochter und Erbin des am 00.00.1928 in C (Ukraine) geborenen und 1995 in Israel eingewanderten F N (im Folgenden: Versicherter). Der Versicherte beantragte über seinen Bevollmächtigten am 07.11.2002 bei der Beklagten die Gewährung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG). Die Beklagte forderte ihn mit Schreiben vom 22.10.2003 unter Beifügung eines Fragebogens auf, nähere Angaben zur behaupteten Ghetto-Beschäftigung zu machen. Am 09.12.2003 nahm der Bevollmächtigte des Versicherten den Rentenantrag zurück. Der Versicherte verstarb am 21.01.2008.
4Am 29.12.2009 beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin - zunächst im Namen des bereits verstorbenen Versicherten - bei der Beklagten "die Überprüfung des Ablehnungsbescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und die Anerkennung von Beitragszeiten sowie die Rentenzahlung nach dem ZRBG". Mit Schreiben vom 03.05.2010 teilte er mit, die Klägerin wolle das Verfahren als Rechtsnachfolgerin fortführen.
5Mangels überprüfbarer Ablehnungsbescheide wertete die Beklagte den Antrag als neuen Rentenantrag und zog Unterlagen der Claims Conference bei. Dort war ein Antrag des Versicherten auf Entschädigung unter Hinweis darauf abgelehnt worden, dass sich der Versicherte nach den Ermittlungen während des Krieges nicht in einem Ghetto, sondern ab dem Jahr 1941 in der Sowjetunion aufgehalten habe. Die Beklagte wies auf diesen Ablehnungsgrund mit Schreiben vom 10.11.2010 hin. Den Rentenantrag lehnte sie mit Bescheid vom 20.05.2011 ab. Bei der Altersrente handele es sich um ein Recht, das nur der Versicherte selbst in Anspruch nehmen könne. Die Geltendmachung des Zahlungsanspruchs sei höchstpersönlicher Natur und könne auch nicht nachträglich durch die Erben oder Rechtsnachfolger erfolgen. Der Tod des Versicherten sei bereits am 21.01.2008 eingetreten, der Antrag jedoch erst am 29.12.2009 durch die Klägerin gestellt worden, so dass es zu keiner Rentengewährung komme. Den gegen diesen Bescheid gerichteten Widerspruch vom 28.06.2011, den die Klägerin nicht begründete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2013 zurück.
6Die Klägerin hat am 13.03.2013 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Die Beklagte habe die Zahlung einer Rente abgelehnt, weil der Antrag vom 04.11.2002 am 08.12.2003 infolge des Ausschlusses von Ghettotätigkeiten in Transnistrien durch die Beklagte vom Versicherten zurückgezogen worden sei. Die Beklagte habe die Konsequenzen zu tragen, dass sich ihre damalige Auffassung zu den Ghettotätigkeiten als falsch erwiesen habe und dadurch Berechtigte von der rechtzeitigen Antragstellung abgehalten wurden oder hätten werden können. Sie müsse einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gewähren. Im Übrigen könne das Schreiben vom 08.12.2003 nicht als wirksame Antragsrücknahme des israelischen Antrags angesehen werden, weil der Bevollmächtigte des Versicherten die Antragsgleichstellung für israelische Anträge damals nicht gekannt habe. Nach dem Gesetz der Logik könne man nur etwas zurücknehmen, von dem man auch Kenntnis habe.
7Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,
8den Bescheid vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 aufzuheben und ihr als Rechtsnachfolgerin Altersrente aus der Versicherung von F N vom 01.07.1997 bis zum 31.01.2008 zu zahlen.
9Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
10die Klage abzuweisen.
11Sie hat die getroffene Entscheidung für zutreffend erachtet und die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs lägen nicht vor.
12Das SG hat die Klage - nach Einholung des Einverständnisses der Beteiligten zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung - mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 26.09.2013 abgewiesen. Die zulässige Klage sei nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 beschwere die Klägerin nicht nach § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese Bescheide seien rechtmäßig, weil die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch habe, dass ihr als Rechtsnachfolgerin gemäß § 58 Erstes Sozialgesetzbuch (SGB I) i.V.m. §§ 1922 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Altersrente für den Versicherten gewährt werde.
13Dies folge aus § 35 S. 1 Sechstes Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach bestünde ein Anspruch von Versicherten auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht und die allgemeine Wartezeit erfüllt hätten. Ferner bestimme § 19 S. 1 Viertes Sozialgesetzbuch (SGB IV) i. V. m. § 115 Abs. 1 S. 1 SGB VI, dass eine Altersrente nur auf Antrag hin zu gewähren sei. Dieser Antrag könne wegen der höchstpersönlichen Natur der Rentenleistungsansprüche nur vom Berechtigten selbst, nicht aber von Rechtsnachfolgern gestellt werden. Ausgehend hiervon habe die Beklagte zu Recht den von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin gestellten Rentenantrag abgelehnt. Wegen der höchstpersönlichen Natur des Altersrentenanspruchs sei nicht sie, sondern nur der bereits verstorbene Versicherte antragsberechtigt gewesen. Etwas Anderes folge auch nicht aus dem vom Versicherten selbst gestellten Rentenantrag vom 07.11.2002. Denn diesen Antrag habe der Versicherte über seinen Bevollmächtigten zurückgenommen, noch bevor die Beklagte ihn habe bescheiden können. Mangels Bescheidung scheide auch die von der Klägerin zunächst beantragte Überprüfung früherer Ablehnungsbescheide aus.
14Ebenso scheide die Annahme der Klägerin aus, der Versicherte habe nur den in Deutschland gestellten Rentenantrag, nicht aber den zuvor in Israel gestellten zurückgenommen. Für die von der Klägerin angenommene "Aufspaltung" des Rentenverfahrens bestehe kein Raum, vielmehr werde durch einen sowohl in Israel als auch in Deutschland gestellten Rentenantrag nur ein Verwaltungsverfahren eingeleitet. Denn Art. 27 des Deutsch-Israelischen-Sozialversicherungsabkommens besage nur, dass ein Antrag als bei dem zuständigen Träger gestellt gelte, wenn er bei einem für die Annahme des Antrags auf eine entsprechende Leistung zuständigen Versicherungsträger des anderen Vertragsstaates gestellt werde.
15Schließlich scheide entgegen der Auffassung der Klägerin ein ererbter Rentenanspruch durch Annahme eines Rentenantrages des Versicherten im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aus. Dem stehe bereits die Vorschrift des § 59 S. 2 SGB I entgegen, woraus folge, dass Ansprüche auf Geldleistungen nur dann auf den Rechtsnachfolger übergingen, wenn über sie zumindest im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten ein Verwaltungsverfahren anhängig sei. Andernfalls würden sie mit dem Tod erlöschen. Hierbei werde auf die im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten tatsächlich bestehende Rechtslage abgestellt und nicht auf eine, die hätte bestehen können oder müssen. Der Gesetzgeber habe einen Anspruchsübergang für den Fall, dass Verfahrensmaßnahmen unterblieben seien, nicht vorgesehen, weswegen es selbst bei Annahme eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht zu einem Anspruchsübergang komme.
16Unabhängig davon habe die Klägerin aber auch nicht die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs substantiiert dargetan. Denn selbst wenn man mit der Klägerin die Frage, ob die restriktive Verwaltungspraxis bei Rentenanträgen nach dem ZRBG für Transnistrien überhaupt als Pflichtverletzung betrachtet werden könne, bejahe, habe die Klägerin nicht ansatzweise dargelegt, dass der verstorbene Versicherte hierdurch von einer Rentenantragstellung tatsächlich abgehalten worden sei. Er habe vielmehr trotz dieser Praxis auch zunächst einen Rentenantrag gestellt.
17Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 09.10.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.11.2013 Berufung eingelegt und ihr bisheriges Begehren weiterverfolgt und vertieft. Die Berufung stütze sich auf einen Herstellungsanspruch, weil der Versicherungsträger grundsätzlich das Risiko für die Richtigkeit seiner Rechtsauffassung trage. Die Unrichtigkeit sei unter Berücksichtigung des grundrechtlichen Vertrauensschutzes aus heutiger Sicht (ex post) und nicht aus der Sicht des Versicherungsträgers bei der Erstellung seiner Richtlinien (ex ante) festzustellen. Der Herstellungsanspruch leite sich unmittelbar aus dem Fehler der Verwaltung her und die durch das Verhalten des Versicherten verursachte Unkenntnis auf seinen Anspruch. Ein Verschulden sei nicht erforderlich. Der Versicherte sei hier seit dem Jahr 2001 vom Korrespondenzbüro des Bevollmächtigten H in Tel-Aviv betreut worden. Über dieses Büro sei dann auch im November 2001 ein Antrag nach dem ZRBG gestellt worden. Auf Grund der Anforderung der Beklagten vom 22.10.2003 sei der Versicherte darüber informiert worden, dass die Verwaltung die Anwendung des ZRBG bei Ghetto-Tätigkeiten in Transnistrien ablehne. Der Versicherte habe im Vertrauen auf die Richtigkeit der Rechtsauffassung der Verwaltung keine Chancen auf eine erfolgreiche Bearbeitung seines Antrags gesehen und die Mitwirkung eingestellt. Nach entsprechender Information des Büros H über die fehlende Mitwirkung habe der Bevollmächtigte den Antrag zurückgezogen. Die Antragsrücknahme sei auf der Basis eines rechtswidrigen Ausschlusses erfolgt und habe nicht den israelischen Rentenantrag umfasst. Nach Bekanntwerden von Anerkennungsleistungen bei einem Ghetto-Aufenthalt in Transnistrien habe der Versicherte das Büro H am 08.01.2008 (wieder) mit der Antragstellung beauftragt. Am 21.01.2008 sei er dann leider verstorben. Die Verwaltung habe durch die von ihr bei verschiedenen Anlässen mitgeteilte restriktive Rechtsauffassung ihre allgemeine Informationspflicht nach § 13 SGB I verletzt. Das BSG habe in einigen Sachverhalten (z.B. Versäumung der Nachentrichtungsfrist) entschieden, dass die Frist verlängert oder es der Rentenversicherung versagt werden müsse, sich auf die Antragsfrist zu berufen. Ebenfalls komme ein "normaler" Herstellungsanspruch unter Anwendung von § 44 Abs. 4 SGB X in Betracht. Der Versicherte habe hier keinen fristgerechten Antrag zum 30.06.2003 stellen können, da er seinen Anspruch nicht habe kennen können. Bei einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gelte der Grundsatz von Treu und Glauben. Auch der Verband der Deutschen Rentenversicherer (VDR) habe damals ausgeführt, dass Personen, die durch ein Verwaltungsverfahren oder erstinstanzliches Urteil falsch aufgeklärt worden seien und im Vertrauen darauf ihr Verfahren nicht weiter betrieben hätten, so behandelt werden müssten, als hätten sie den Antrag rechtzeitig gestellt. Die Beklagte müsse hier auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 und 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) sowie den Bestandsschutz und hier insbesondere den Sozialstaatsgrundsatz Antragsverlängerung gewähren. Dem Ausschluss von Ghettobeitragszeiten in Transnistrien habe ein Ermittlungsfehler der Verwaltung verbunden mit einer restriktiven Gesetzesauslegung durch die Rentenversicherungen zugrunde gelegen. Die Kausalität für eine vorgenommene oder unterlassene Disposition des Betroffenen sei unter Umständen schwer nachweisbar. Würde dem Berechtigten aber der volle Beweis aufgebürdet, so wäre der Vertrauensschutz in vielen Fällen entwertet. Hier sei daher mit einer Beweislastumkehr oder dem Beweis des ersten Anscheins zu arbeiten. Stehe fest, dass die Sozialverwaltung rechtswidrig einen fehlerhaften Vertrauenstatbestand gesetzt habe und habe der Berechtigte zulässigerweise darauf vertraut, so sei der Sozialverwaltung das Risiko zuzuordnen, dass sich daraus die tatsächlich entstandenen Nachteile entwickelten.
18Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
19das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.09.2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 zu verurteilen, ihr als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Vaters, Herrn F N, Altersrente aus dessen Versicherung ab 01.07.1997 bis zum 31.01.2008 zu zahlen.
20Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
21die Berufung zurückzuweisen.
22Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
23Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere des Vorbringens der Klägerin, wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der Beratung gewesen.
24Entscheidungsgründe:
25Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
26Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ablehnung der Zahlung von Altersrente im Bescheid der Beklagten vom 20.05.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2013 (§ 95 SGG) ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Vaters (§ 58 Abs. 1 S. 1 SGB I i.V. § 1922 Abs. 1 BGB) nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
27Gem. § 99 Abs. SGB VI wird eine Rente aus eigener Versicherung (hier: der Versicherung des Vaters der Klägerin) von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.
28Die Klägerin hat - unabhängig von weiteren Anspruchsvoraussetzungen der Regelaltersrente gem. § 35 SGB VI i.V.m. ZRBG - bereits deshalb keinen Anspruch auf Zahlung von Altersrente aus der Versicherung ihres Vaters, weil es an einer wirksamen Antragstellung des Vaters gem. § 115 Abs. 1 S. 1 SGB VI fehlt. Der über den Bevollmächtigten im November 2002 gestellte Antrag kann keine Berücksichtigung finden, da er zurückgenommen worden ist (hierzu 1.). Ebenso scheidet die Fiktion eines Antrags mittels des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aus (hierzu 2.)
291.) Der vom Versicherten selbst (über seinen Bevollmächtigten) im November 2002 gestellte Rentenantrag hat das Leistungsverfahren zwar zunächst gem. §§ 19 S. 1 SGB IV, 115 Abs. 1 S. 1 SGB VI in Gang gesetzt. Diesen Antrag hat der Bevollmächtigte des Versicherten aber am 09.12.2003 zurückgenommen (vgl. zur Wirksamkeit der Rücknahme von Anträgen vor Bescheiderlass zB BSG Urt. v. 09.08.1995 - 13 RJ 43/94 - juris Rn. 23 mwN; vgl. auch Kühn in Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 115 Rn. 19 f.).
30Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die Rücknahme umfasse nicht den "zuvor in Israel" gestellten Antrag, ist dieses Vorbringen bereits dem Wortlaut nach nicht nachvollziehbar. Nach Aktenlage ist nicht ersichtlich und im Übrigen von der Klägerin auch sonst nicht vorgetragen, dass der Versicherte nicht nur in Deutschland, sondern ausdrücklich auch in Israel einen (weiteren) Antrag auf Gewährung einer deutschen Altersrente gestellt hat. Im Übrigen würde die Rücknahmeerklärung jedoch auch einen solchen Rentenantrag mit erfassen, weil beiden Anträgen (dann) ein identischer Gegenstand zugrunde liegt, der sich nicht aufspalten lässt (vgl. hierzu LSG NRW Urt. v. 25.10.2013 - L 14 R 250/13 - juris Rn. 36 ff. mwN zur BSG-Rechtsprechung). Entsprechendes gilt auch, wenn man das Vorbringen der Klägerin so versteht, der im November 2002 in Deutschland gestellte Antrag sei gleichzeitig gem. Art. 27 des Deutsch-Israelischen Sozialversicherungsabkommens (DISVA) als in Israel gestellter Antrag auf deutsche Rente anzusehen und ihr Vater habe lediglich den ausdrücklichen Antrag hier, nicht aber den - fingierten - Antrag in Israel zurückgenommen. Auch dies würde eine (unzulässige) Aufspaltung einer einheitlichen Sache bedeuten (vgl. hierzu auch LSG NRW a.a.O. - juris Rn. 39). Darüber hinaus würde eine derartige Auslegung den Sinn der Antragsfiktion des Art. 27 DISVA verkennen, der darin besteht, die Antragstellung zu vereinfachen, nicht hingegen darin, zwei gleichartige Anträge nebeneinander und mit ggf. unterschiedlichem Schicksal zu konstruieren.
31Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin am 29.12.2009 einen "Antrag auf Überprüfung gem. § 44 SGB X" gestellt hat, konnte dieser Antrag mangels eines überprüfbaren (Vor-)Bescheides keine Wirkung entfalten. Auch bei der - von der Beklagten vorgenommenen - Umdeutung in einen Erstantrag ließ sich ein auf Rentenleistung für den Versicherten gerichtetes Verfahren nicht (mehr) wirksam in Gang setzen. Altersrenten werden gem. § 102 Abs. 5 SGB VI (lediglich) bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem der Berechtigte verstorben ist. Hier wäre eine Rentenzahlung aufgrund des Todes des Versicherten im Januar 2008 entsprechend lediglich bis Ende diesen Monats in Betracht gekommen, somit nicht mehr zum Zeitpunkt der (erneuten) Antragstellung knapp zwei Jahre später.
322.) Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich ein anderes Ergebnis auch nicht über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herleiten. Dieses von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ergänzend zu den gesetzlich geregelten Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte Rechtsinstitut greift - im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein Sozialleistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialrechtsverhältnis obliegenden Pflicht, insbesondere zur Beratung und Betreuung (vgl. §§ 14, 15 SGB I), nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Folgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (vgl. zB BSG Urt. v. 23.10.2014 - B 11 AL 7/14 R - juris Rn. 35; Urt. v. 05.03.2014 - B 12 R 1/12 R - juris Rn. 24; Urt. v. 19.12.2013 - B 2 U 14/12 R - juris Rn. 23; Urt. v. 19.12.2013 - B 2 U 17/12 R - juris Rn. 37).
33Zur Überzeugung des Senats liegt bereits eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vor. Auf die umfangreichen Ausführungen im Urteil des LSG NRW vom 25.10.2013 zum Verfahren L 14 R 250/13, an dem der Bevollmächtigte der Klägerin ebenfalls beteiligt war, wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Diese macht der Senat sich nach Überprüfung zu eigen.
34Darüber hinaus fehlt es auch an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der von der Klägerin angenommenen Pflichtverletzung der Beklagten und den nachteiligen Folgen für den Versicherten bzw. für sie als dessen Rechtsnachfolgerin.
35Zunächst ist zu beachten, dass der Versicherte - wie vom SG zutreffend herausgestellt - durch die (behaupteten Fehl-)Informationen der Beklagten nicht von einer Antragstellung abgehalten worden ist, da er ja tatsächlich im November 2002 einen Leistungsantrag gestellt hat.
36Auch die Rücknahme des Rentenantrags im Dezember 2003 durch den Bevollmächtigten - nicht den Versicherten persönlich - ist erkennbar nicht auf eine behauptete Pflichtverletzung der Beklagten zurückzuführen. Der Bevollmächtigte hat selbst mitgeteilt, dass Grund für die Rücknahme die Tatsache war, dass der Versicherte die Mitwirkung am Verfahren eingestellt hatte.
37Ein Kausalzusammenhang zwischen der von der Klägerin geltend gemachten Pflichtverletzung der Beklagten und den Nachteilen (kein Rentenanspruch), die der Versicherte - und hiervon abgeleitet sie - durch die fehlende Fortführung des ursprünglichen Antragsverfahrens erlitten hat, kommt damit überhaupt nur dann in Betracht, wenn der Versicherte die Mitwirkung aufgrund dieser Pflichtverletzung eingestellt hat. Hierfür fehlt es zur Überzeugung des Senats an jeglichen konkreten, dies belegenden Anhaltspunkten.
38Soweit der Bevollmächtigte der Klägerin zur Begründung deren Begehrens behauptet, der Versicherte habe im Vertrauen auf die Richtigkeit der Rechtsauffassung der Verwaltung keine Chancen auf eine erfolgreiche Bearbeitung des Antrags gesehen, handelt es sich um eine reine Mutmaßung ohne sachliche Stütze. Eigene Äußerungen des Versicherten sind nicht vorhanden und von der Klägerin zu keiner Zeit im Verfahren auch nur angeführt worden. Sonstige Umstände, die die Behauptung stützen könnten, sind weder erkennbar noch überhaupt vorgetragen. Zu keinem Zeitpunkt vor der Rücknahme des Antrags hat das Verhalten der Beklagten im konkreten Fall darauf deuten lassen, das Antragsverfahren sei aussichtslos. Im Gegenteil ist der Versicherte von der Beklagten mit Schreiben vom 22.10.2003 gebeten worden, konkrete Erklärungen abzugeben, um sein Begehren überprüfen zu können. Fordert eine Behörde Unterlagen an, so lässt dies aus objektiver Sicht zunächst durchaus Raum für die Annahme, der Antrag könne nach Prüfung positiv beschieden werden. Letztlich bewegt sich die Frage, aus welchen Gründen der Versicherte im Jahr 2003 die Mitwirkung am Verfahren eingestellt hat, im Bereich purer Spekulation. Die Gründe dafür, warum Versicherte nicht (mehr) an einem Verfahren mitwirken, sind ausgesprochen zahlreich. In einer großen Vielzahl von Fällen sind allein persönliche Umstände maßgeblich. Ohne konkrete Anhaltspunkte kann nicht einer der möglichen Gründe - hier eine behauptete durch die Beklagte begründete (Fehl-)Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Antrags - als tatsächlich maßgebliche Ursache angenommen werden. Dies gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als bereits ein Ghettoaufenthalt des Versicherten nicht belegt ist. Nach den im Verfahren der Claims Conference eingeholten Unterlagen des Roten Kreuzes haben sich der Versicherte und seine Familie 1941 bis 1944 nicht in einem Ghetto, sondern nach Flucht in der Sowjetunion aufgehalten. Hierauf ist der Versicherte auch in der ablehnenden Entscheidung der Claims Conference hingewiesen worden. Es erscheint daher durchaus naheliegender, dass die fehlende weitere Mitwirkung des Versicherten im Rentenverfahren der Beklagten auf den Umstand fehlender Verfolgteneigenschaft zurückzuführen ist.
39Im Übrigen scheint auch die Klägerin selbst davon auszugehen, dass der erforderliche Kausalzusammenhang im Falle ihres Vaters nicht (positiv) festgestellt werden könne. So hat sie mehrfach betont, es genüge, wenn der Versicherte von der Antragstellung abgehalten worden sei oder "hätte abgehalten werden können". In die gleiche Richtung ist ihr Vortrag zu verstehen, die Kausalität "sei unter Umständen schwer nachweisbar". Soweit sie anschließend versucht, das Fehlen des Beweises zu ihren Gunsten über das Rechtsinstitut des Anscheinsbeweises bzw. eine Beweislastumkehr zu ersetzen, missachtet sie die tatsächlichen Umstände im hier vorliegenden Einzelfall und verkennt im Übrigen die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs.
40Ein Anscheinsbeweis kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es - wie ausgeführt - eine Vielzahl von Gründen gibt, aus denen ein Versicherter die Mitwirkung an einem Verfahren einstellt; dass dies grundsätzlich und üblicherweise einer Fehlinformation des Versicherungsträgers geschuldet ist, trifft gerade nicht zu.
41Eine Umkehr der Beweislast widerspräche zudem dem Schutzziel des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Dieser dient gerade dazu, (nur) denjenigen Versicherten, der aufgrund einer Pflichtverletzung der Behörde eine Disposition trifft oder unterlässt, zu schützen. Nicht schutzwürdig ist hingegen ein Versicherter, der die entscheidende Bedingung für seinen sozialrechtlichen Nachteil selbst setzt (vgl. BSG Urt. v. 06.03.2003 - B 4 RA 38/02 R - juris Rn. 54). Entsprechend kommt eine Begründung von Ansprüchen über den - außerhalb von gesetzlichen Normen stehenden - sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nur in Betracht, wenn eine Pflichtverletzung der Behörde auch wesentliche, d.h. mindestens gleichwertige Bedingung für den Eintritt des Rechtsverlusts war (BSG a.a.O.; Urt. v. 22.10.1996 - 13 RJ 23/95 - juris Rn. 34). Raum für eine Beweislastumkehr besteht hier nicht.
42Schließlich ist auch nicht erwiesen, dass die Rücknahme des ursprünglichen Rentenantrags nachteilige Folgen für den Versicherten bzw. dessen Tochter als seine Rechtsnachfolgerin hatte. Da nach Aktenlage, insbesondere den Ermittlungen der Claims Conference, denen der Versicherte bzw. die Klägerin nicht widersprochen haben, ein Verfolgtenschicksal iSd ZRBG nicht bestanden haben dürfte, hätte dem Versicherten der geltend gemachte Anspruch auch bei Weiterführung des Antragsverfahrens voraussichtlich nicht zugesprochen werden können.
43Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
44Der Streitwert für die Gerichtsgebühren wird gem. § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) endgültig auf 30.011,12 Euro festgesetzt. Die Bestimmung des Streitwerts folgt dem Wert des begehrten Anspruchs auf Rentenzahlung entsprechend der Probeberechnung der Beklagten vom 30.10.2013.
45Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG) nicht als gegeben angesehen.
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Annotations
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Das Verfahren beginnt mit dem Antrag, wenn nicht etwas anderes bestimmt ist. Eines Antrags bedarf es nicht, wenn eine Rente wegen der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse in niedrigerer als der bisherigen Höhe zu leisten ist.
(2) Anträge von Witwen oder Witwern auf Zahlung eines Vorschusses auf der Grundlage der für den Sterbemonat an den verstorbenen Ehegatten geleisteten Rente gelten als Anträge auf Leistung einer Witwenrente oder Witwerrente.
(3) Haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen, ist anschließend eine Regelaltersrente zu leisten, wenn sie nicht etwas anderes bestimmen. Haben Witwen oder Witwer bis zum Erreichen der Altersgrenze für eine große Witwenrente oder große Witwerrente eine kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente bezogen, ist anschließend eine große Witwenrente oder große Witwerrente zu leisten.
(4) Leistungen zur Teilhabe können auch von Amts wegen erbracht werden, wenn die Versicherten zustimmen. Die Zustimmung gilt als Antrag auf Leistungen zur Teilhabe.
(5) Rentenauskünfte werden auch von Amts wegen erteilt.
(6) Die Träger der Rentenversicherung sollen die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. In Richtlinien der Deutschen Rentenversicherung Bund kann bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen.
Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen erlöschen mit dem Tod des Berechtigten. Ansprüche auf Geldleistungen erlöschen nur, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten weder festgestellt sind noch ein Verwaltungsverfahren über sie anhängig ist.
Die Leistungsträger, ihre Verbände und die sonstigen in diesem Gesetzbuch genannten öffentlich-rechtlichen Vereinigungen sind verpflichtet, im Rahmen ihrer Zuständigkeit die Bevölkerung über die Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch aufzuklären.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.
(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.
(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.
Hat ein Vorverfahren stattgefunden, so ist Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat.
Soweit fällige Ansprüche auf Geldleistungen nicht nach den §§ 56 und 57 einem Sonderrechtsnachfolger zustehen, werden sie nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs vererbt. Der Fiskus als gesetzlicher Erbe kann die Ansprüche nicht geltend machen.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.
(2) Eine Hinterbliebenenrente wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Sie wird bereits vom Todestag an geleistet, wenn an den Versicherten eine Rente im Sterbemonat nicht zu leisten ist. Eine Hinterbliebenenrente wird nicht für mehr als zwölf Kalendermonate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, geleistet.
Versicherte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie
- 1.
die Regelaltersgrenze erreicht und - 2.
die allgemeine Wartezeit erfüllt
(1) Das Verfahren beginnt mit dem Antrag, wenn nicht etwas anderes bestimmt ist. Eines Antrags bedarf es nicht, wenn eine Rente wegen der Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse in niedrigerer als der bisherigen Höhe zu leisten ist.
(2) Anträge von Witwen oder Witwern auf Zahlung eines Vorschusses auf der Grundlage der für den Sterbemonat an den verstorbenen Ehegatten geleisteten Rente gelten als Anträge auf Leistung einer Witwenrente oder Witwerrente.
(3) Haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder eine Erziehungsrente bezogen, ist anschließend eine Regelaltersrente zu leisten, wenn sie nicht etwas anderes bestimmen. Haben Witwen oder Witwer bis zum Erreichen der Altersgrenze für eine große Witwenrente oder große Witwerrente eine kleine Witwenrente oder kleine Witwerrente bezogen, ist anschließend eine große Witwenrente oder große Witwerrente zu leisten.
(4) Leistungen zur Teilhabe können auch von Amts wegen erbracht werden, wenn die Versicherten zustimmen. Die Zustimmung gilt als Antrag auf Leistungen zur Teilhabe.
(5) Rentenauskünfte werden auch von Amts wegen erteilt.
(6) Die Träger der Rentenversicherung sollen die Berechtigten in geeigneten Fällen darauf hinweisen, dass sie eine Leistung erhalten können, wenn sie diese beantragen. In Richtlinien der Deutschen Rentenversicherung Bund kann bestimmt werden, unter welchen Voraussetzungen solche Hinweise erfolgen sollen.
Leistungen in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie in der sozialen Pflegeversicherung werden auf Antrag erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes ergibt. Leistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung werden von Amts wegen erbracht, soweit sich aus den Vorschriften für die gesetzliche Unfallversicherung nichts Abweichendes ergibt.
(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.
(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.
(1) Sind Renten befristet, enden sie mit Ablauf der Frist. Dies schließt eine vorherige Änderung oder ein Ende der Rente aus anderen Gründen nicht aus. Renten dürfen nur auf das Ende eines Kalendermonats befristet werden.
(2) Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und große Witwenrenten oder große Witwerrenten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit werden auf Zeit geleistet. Die Befristung erfolgt für längstens drei Jahre nach Rentenbeginn. Sie kann verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn. Verlängerungen erfolgen für längstens drei Jahre nach dem Ablauf der vorherigen Frist. Renten, auf die ein Anspruch unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage besteht, werden unbefristet geleistet, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann; hiervon ist nach einer Gesamtdauer der Befristung von neun Jahren auszugehen. Wird unmittelbar im Anschluss an eine auf Zeit geleistete Rente diese Rente unbefristet geleistet, verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn.
(2a) Werden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht, ohne dass zum Zeitpunkt der Bewilligung feststeht, wann die Leistung enden wird, kann bestimmt werden, dass Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder große Witwenrenten oder große Witwerrenten wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit mit Ablauf des Kalendermonats enden, in dem die Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben beendet wird.
(3) Große Witwenrenten oder große Witwerrenten wegen Kindererziehung und Erziehungsrenten werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem die Kindererziehung voraussichtlich endet. Die Befristung kann verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn.
(4) Waisenrenten werden auf das Ende des Kalendermonats befristet, in dem voraussichtlich der Anspruch auf die Waisenrente entfällt. Die Befristung kann verlängert werden; dabei verbleibt es bei dem ursprünglichen Rentenbeginn.
(5) Renten werden bis zum Ende des Kalendermonats geleistet, in dem die Berechtigten gestorben sind.
(6) Renten an Verschollene werden längstens bis zum Ende des Monats geleistet, in dem sie nach Feststellung des Rentenversicherungsträgers als verstorben gelten; § 49 gilt entsprechend. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Feststellung des Rentenversicherungsträgers haben keine aufschiebende Wirkung. Kehren Verschollene zurück, lebt der Anspruch auf die Rente wieder auf; die für den Zeitraum des Wiederauflebens geleisteten Renten wegen Todes an Hinterbliebene sind auf die Nachzahlung anzurechnen.
Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.
(1) Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen.
(2) Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf die Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist.
(3) Die Auskunftsstellen sind verpflichtet, untereinander und mit den anderen Leistungsträgern mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, eine möglichst umfassende Auskunftserteilung durch eine Stelle sicherzustellen.
(4) Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sollen über Möglichkeiten zum Aufbau einer staatlich geförderten zusätzlichen Altersvorsorge produkt- und anbieterneutral Auskünfte erteilen.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.
(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.
(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.