Landessozialgericht NRW Beschluss, 10. Feb. 2014 - L 2 AS 2153/13 B
Gericht
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 8. Oktober 2013 wird zurückgewiesen. Eine Kostenerstattung für das Beschwerdeverfahren hat nicht zu erfolgen.
1
Gründe:
2Die gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren gerichtete Beschwerde ist unbeachtlich des Streitwertes zulässig. Die ab dem 25. Oktober 2013 geltende Neufassung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), nach der eine Beschwerde auch im Prozesskostenhilfeverfahren nur noch dann zulässig ist, wenn im Hauptsacheverfahren der Berufungsstreitwert erreicht wird, findet hier keine Anwendung, weil der angefochtene Beschluss der Klägerin noch vor dem Inkrafttreten der Neufassung zugestellt worden ist. Abzustellen ist insoweit auf den Zeitpunkt der Verkündung bzw. Zustellung der angefochtenen Entscheidung (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, 10. Auflage, § 172 Rn. 1a m.w.N., LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Juni 2008, L 25 B 743/08 AS ER juris RdNr. 2 m.w.N., a. A. LSG NRW Beschluss vom 23. Januar 2014, L 19 AS 2126/13 B), weil es eine Verletzung eines gesetzlich begründeten Vertrauenstatbestandes bedeutete, wenn ein Rechtsmittel (auf das in der der angefochtenen Entscheidung beigefügten Rechtsmittelbelehrung zutreffend hingewiesen wird), das bereits vor Inkrafttreten der Rechtsänderung zulässigerweise hätte eingelegt werden können, aber unter Ausschöpfung der Rechtsmittelfrist erst nach Inkrafttreten der Rechtsänderung eingelegt wird, wegen der Rechtsänderung als unzulässig angesehen würde (vgl. zum Vertrauensschutz auch BSG, Urteil vom 05.05.2010, B 11 AL 17/09 R, juris RdNr. 14 f.).
3Die zulässige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) zu Recht abgelehnt.
4Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach § 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 S. 1 Zivilprozessordnung (ZPO), dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, der Antragsteller die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint und die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich ist (§ 121 Abs. 2 ZPO).
5Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 73a Rn. 7a). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte, ist der Antrag auf Gewährung von PKH abzulehnen (vgl. BSG Beschluss vom 17.02.1998 - B 13 RJ 83/97 R, juris Rn. 26 sowie Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 24.04.2012 - 1 BvR 2869/11, juris Rn. 13 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Das aus Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz abgeleitete Gebot der weitgehenden Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung von Rechtsschutz durch Gewährung von PKH ist dann nicht verletzt, denn Unbemittelte müssen nur solchen Bemittelten weitgehend gleichgestellt werden, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägen und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigen.
6Es fehlt der Klage an hinreichenden Erfolgsaussichten im oben genannten Sinne. Die nicht in Schriftform erfolgte Entscheidung des Beklagten vom 20. September 2012, dem Kläger für die ersten drei Monate seines Arbeitsverhältnisses, d. h. für den Zeitraum vom 21. August bis zum 20. November 2012, eine Fahrtkostenbeihilfe von insgesamt 561,60 EUR unter Zugrundelegung von 66 Arbeitstagen und einem täglichen Arbeitsweg von 54 km (Hin- und Rückfahrt) zu gewähren, in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2013 ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II) i.V.m. § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch 3. Buch (SGB III) können Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung gewährt werden. Dazu wird in § 44 Abs. 1 SGB III bestimmt, dass Arbeitslose aus dem Vermittlungsbudget des Leistungsträgers bei Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden können, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist.
7Es kann hier dahingestellt bleiben, ob die Gewährung von Fahrtkostenhilfe für die Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung mit einem Bruttolohn von über 1600 EUR monatlich überhaupt zur beruflichen Eingliederung notwendig war. Gewichtige Zweifel daran bestehen schon deshalb, weil der Arbeitsort vom Wohnort nur im heute nicht unüblichen Tagespendelbereich entfernt liegt und das Einkommen ersichtlich ausreicht, um die notwendigen Fahrtkosten abzudecken. Zudem können diese Fahrtkosten steuermindernd als Werbungskosten geltend gemacht und der monatliche Lohnsteuerabzug kann durch Eintragung entsprechender Freibeträge mit der Folge höherer laufender Einnahmen vermindert werden. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte das ihm auch hinsichtlich der Dauer einer Förderung obliegende Ermessen nicht oder rechtsfehlerhaft ausgeübt haben könnte. Das geltende Recht enthält im Gegensatz zu früheren Regelungen keinen detaillierten Leistungskatalog mehr, so dass der Behörde ein sehr weites Ermessen darüber, ob und wie eine Förderung erfolgt, zusteht. Rechtlich nicht zu beanstanden ist, wenn durch ermessenslenkende Weisungen eine Konkretisierung der im Einzelfall zu treffenden Ermessensentscheidung erfolgt. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, dass die Förderung des Klägers nur für drei Monate erfolgte. Eine Regelung über eine Fahrtkostenbeihilfe, die für die ersten sechs Monate der Beschäftigung übernommen werden konnte, war zuletzt in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung des § 54 SGB III enthalten. Auf dieses nicht mehr geltende Recht kann sich der Kläger jedoch nicht berufen.
8Kosten des Beschwerdeverfahrens sind gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO nicht erstattungsfähig.
9Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.
(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.
(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.
(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.
(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.
(1) Ausbildungsuchende, von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende und Arbeitslose können aus dem Vermittlungsbudget der Agentur für Arbeit bei der Anbahnung oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gefördert werden, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Sie sollen insbesondere bei der Erreichung der in der Eingliederungsvereinbarung festgelegten Eingliederungsziele unterstützt werden. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten, soweit der Arbeitgeber gleichartige Leistungen nicht oder voraussichtlich nicht erbringen wird.
(2) Nach Absatz 1 kann auch die Anbahnung oder die Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung mit einer Arbeitszeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder in der Schweiz gefördert werden.
(3) Die Agentur für Arbeit entscheidet über den Umfang der zu erbringenden Leistungen; sie kann Pauschalen festlegen. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind ausgeschlossen. Die Förderung aus dem Vermittlungsbudget darf die anderen Leistungen nach diesem Buch nicht aufstocken, ersetzen oder umgehen.
(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend für die in § 39a genannten Personen.
Bei einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme werden dem Träger als Maßnahmekosten erstattet:
- 1.
die angemessenen Aufwendungen für das zur Durchführung der Maßnahme eingesetzte erforderliche Ausbildungs- und Betreuungspersonal, einschließlich dessen regelmäßiger fachlicher Weiterbildung, sowie für das erforderliche Leitungs- und Verwaltungspersonal, - 2.
die angemessenen Sachkosten, einschließlich der Kosten für Lernmittel und Arbeitskleidung, und die angemessenen Verwaltungskosten sowie - 3.
erfolgsbezogene Pauschalen bei Vermittlung von Teilnehmenden in eine betriebliche Berufsausbildung im Sinne des § 57 Absatz 1.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.
(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.
(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.
(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.
(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Entscheidungen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ergehen ohne mündliche Verhandlung. Zuständig ist das Gericht des ersten Rechtszuges; ist das Verfahren in einem höheren Rechtszug anhängig, so ist das Gericht dieses Rechtszuges zuständig. Soweit die Gründe der Entscheidung Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei enthalten, dürfen sie dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden.
(2) Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe kann nur nach Maßgabe des Absatzes 3 angefochten werden. Im Übrigen findet die sofortige Beschwerde statt; dies gilt nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Die Notfrist beträgt einen Monat.
(3) Gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Partei gemäß § 115 Absatz 1 bis 3 nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten oder gemäß § 116 Satz 3 Beträge zu zahlen hat. Die Notfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Nach Ablauf von drei Monaten seit der Verkündung der Entscheidung ist die Beschwerde unstatthaft. Wird die Entscheidung nicht verkündet, so tritt an die Stelle der Verkündung der Zeitpunkt, in dem die unterschriebene Entscheidung der Geschäftsstelle übermittelt wird. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt.
(4) Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.