Landessozialgericht NRW Urteil, 02. Sept. 2015 - L 17 U 313/14

ECLI:ECLI:DE:LSGNRW:2015:0902.L17U313.14.00
02.09.2015

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 29.04.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht NRW Urteil, 02. Sept. 2015 - L 17 U 313/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht NRW Urteil, 02. Sept. 2015 - L 17 U 313/14

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht NRW Urteil, 02. Sept. 2015 - L 17 U 313/14 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 2 Versicherung kraft Gesetzes


(1) Kraft Gesetzes sind versichert 1. Beschäftigte,2. Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnliche

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 8 Arbeitsunfall


(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem G

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 6 Freiwillige Versicherung


(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern 1. Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfisch

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 3 Versicherung kraft Satzung


(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf1.Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,2.Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht NRW Urteil, 02. Sept. 2015 - L 17 U 313/14 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Landessozialgericht NRW Urteil, 02. Sept. 2015 - L 17 U 313/14 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 04. Dez. 2014 - B 2 U 18/13 R

bei uns veröffentlicht am 04.12.2014

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. November 2013 wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht NRW Urteil, 27. Aug. 2014 - L 17 U 434/13

bei uns veröffentlicht am 27.08.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.06.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelass

Bundessozialgericht Urteil, 18. Juni 2013 - B 2 U 10/12 R

bei uns veröffentlicht am 18.06.2013

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 15. Mai 2012 - B 2 U 8/11 R

bei uns veröffentlicht am 15.05.2012

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 09. Nov. 2010 - B 2 U 14/10 R

bei uns veröffentlicht am 09.11.2010

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. April 2010 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dort

Referenzen

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. November 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Hinterbliebenenleistungen nach dem Tod ihres Ehemanns (Versicherter).

2

Der im Jahre 1943 geborene Versicherte war als Verwaltungsangestellter und Amtsbetreuer auch für eine Vielzahl von Koma-Patienten verantwortlich. Am 7.9.2006 wurde er auf dem Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause von einem herannahenden Motorrad erfasst und schlug mit dem Kopf ohne Helm auf der Bordsteinkante auf. Hierbei zog er sich ua ein schweres Schädelhirntrauma zu und verlor das Bewusstsein. Als Folge des Schädelhirntraumas bestand ein apallisches Syndrom (Wachkoma); willkürliche Reaktionen waren nicht mehr möglich. Der Versicherte war vollständig auf pflegerische Hilfe angewiesen. Die Extremitäten waren tetraplegisch. Wegen einer Dysphagie war der Versicherte seither mit einem Tracheostoma versorgt und wurde künstlich über eine Magensonde ernährt. Er war stuhl- und harninkontinent. Der Versicherte wurde Ende 2006 zur zustandserhaltenden Pflege in ein Wachkomazentrum verlegt und dort stationär pflegerisch, physiotherapeutisch, ergotherapeutisch und logopädisch behandelt; am fortbestehenden Wachkoma änderte sich nichts.

3

Die Klägerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 19.3.2007 für alle Angelegenheiten des Versicherten zur Betreuerin bestellt. Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 18.3.2008 das Ereignis vom 7.9.2006 als Arbeitsunfall an. Sie gewährte dem Versicherten eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH. In der Folgezeit setzte die Beklagte die Verletztenrente wegen des Zusammentreffens mit der Heimunterbringung auf die Hälfte herab (Bescheid vom 1.12.2009 und Widerspruchsbescheid vom 23.9.2010).

4

Das Unfallkrankenhaus B stellte in einem Bericht vom 29.3.2010 ua fest, dass eine positive Veränderung des Gesundheitszustands des Versicherten nicht mehr zu erwarten sei. In der Folgezeit reifte bei der Klägerin der Entschluss, bei dem Versicherten die Versorgung über die Magensonde einzustellen. Die Klägerin und ihre erwachsenen Söhne erstellten am 9.7.2010 einen von ihnen unterschriebenen Vermerk, in dem sie festhielten, dass der Versicherte, bei dem keine Patientenverfügung in schriftlicher Form vorlag, "zu Zeiten vor seinem Unfall wiederholt und ganz klar geäußert hat, niemals nur durch lebensverlängernde Maßnahmen weiterleben zu wollen". Die Klägerin und ihre Söhne hätten deshalb am 4.7.2010 einvernehmlich entschieden "sein Leiden nach fast vier Jahren zu beenden und ihn sterben zu lassen".

5

Die Klägerin durchtrennte nach Absprache mit der Heimleitung am 12.7.2010 die der Ernährung des Versicherten dienende Magensonde. Der Versicherte verstarb am 20.7.2010 an Unterernährung, ohne nach dem Unfall das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Als Todesursache wurde Marasmus infolge Beendigung der Nahrungszufuhr festgestellt. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 26.8.2010 die von der Klägerin beantragte Hinterbliebenenrente und die Gewährung von Sterbegeld ab. Ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang zwischen den anerkannten Unfallfolgen und dem Tod des Versicherten lasse sich nicht feststellen. Der Widerspruch blieb erfolglos (Bescheid vom 23.2.2011).

6

Die Klägerin hat Klage zum SG Berlin erhoben und geltend gemacht, es sei ausgeschlossen gewesen, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten wieder bessern würde. Unter dem Eindruck des zur Straflosigkeit eines Behandlungsabbruchs ergangenen Urteils des BGH vom 25.6.2010 (2 StR 454/09) habe sie sich zusammen mit ihren Söhnen entschlossen, den Versicherten sterben zu lassen.

7

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin mangels hinreichenden Tatverdachts eines Tötungsdelikts mit Verfügung vom 26.11.2012 gemäß § 170 Abs 2 StPO eingestellt.

8

Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und diese verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenrente und Sterbegeld zu zahlen (Urteil vom 16.1.2012). Das LSG hat durch Urteil vom 7.11.2013 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe als Witwe des Versicherten einen Anspruch auf Sterbegeld gemäß § 64 Abs 1 SGB VII und auf Witwenrente aus § 65 SGB VII iVm § 63 Abs 1 SGB VII, weil der Tod des Versicherten infolge des Versicherungsfalls eingetreten sei und kein Anspruchsausschluss nach § 101 Abs 1 SGB VII vorliege. Es liege ein Arbeitsunfall gemäß § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII vor, weil der Versicherte "im Wesentlichen" wegen der Folgen des Unfalls vom 7.9.2006 verstorben sei. In dem aufgrund des Unfallereignisses eingetretenen Gesundheitserstschaden, der zunächst zu einem Wachkoma geführt habe, liege eine wesentliche Ursache für den am 20.7.2010 eingetretenen Tod des Versicherten. Der Versicherte habe so schwere Verletzungen davongetragen, dass der Todeseintritt durch die intensivmedizinische Sofortbehandlung und die unmittelbar anschließende, ununterbrochene Intensivpflege letztlich nur aufgeschoben habe werden können. Der Versicherte sei unfallbedingt nicht mehr selbständig lebensfähig gewesen, sondern todgeweiht. Nach Ablauf von fast vier Jahren sei nach Meinung der behandelnden Ärzte eine funktionelle Erholung letztlich ausgeschlossen gewesen. Dementsprechend sei der Tod schließlich allein schon nach dem Unterlassen weiterer künstlicher Ernährung eingetreten. Dieses Unterlassen könne dem Unfall das Gepräge der alles überragenden Ursache für das Versterben des Versicherten nicht nehmen; es ebene dem nach dem Unfall natürlichen Sterbeprozess letztlich nur wieder den Weg. Hiernach könne dahinstehen, ob darin, dass die Klägerin die Magensonde durchtrennt habe, eine (weitere) wesentliche Ursache zu sehen sei, denn die Durchtrennung der Magensonde ändere nichts daran, dass wesentliche Todesursache die beim Unfall zugezogenen Verletzungen gewesen seien.

9

Der Anspruch sei auch nicht nach § 101 Abs 1 SGB VII ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift haben Personen, welche den Tod von Versicherten vorsätzlich herbeigeführt haben, keinen Anspruch auf Leistungen. Die Vorschrift regele einen Sonderfall der Verwirkung, nach der ein von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten nicht durch eine Entschädigung aus der Sozialversicherung "belohnt" werden solle. Der Ausschluss setze mithin nicht nur strafrechtliche Vorwerfbarkeit voraus, sondern greife seinem Sinn und Zweck nach selbst dann nicht, wenn eine Tötung auf Verlangen iS von § 216 StGB vorliege. Strafrechtlich nicht sanktionierte Sterbehilfe für einen Schwerstverletzten durch Behandlungsabbruch mit seinem tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen, die den Tod als mittelbare Unfallfolge herbeiführe, schließe daher Ansprüche nicht aus. Bei der von der Klägerin am Versicherten vorgenommenen Sterbehilfe sei kein von der Rechtsordnung missbilligtes Verhalten zu erkennen, welches nach dem Sinn und Zweck des § 101 SGB VII Hinterbliebenenansprüche ausschließen könne. Es liege kein strafbewehrtes Tötungsdelikt vor. Die Staatsanwaltschaft Berlin habe das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen eines Tötungsdelikts mangels hinreichenden Tatverdachts im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 25.6.2010 - 2 StR 454/09 - nachvollziehbar eingestellt. Hiernach sei Sterbehilfe durch Unterlassen, Begrenzen oder Beenden einer begonnenen medizinischen Behandlung (Behandlungsabbruch) gerechtfertigt, wenn dies dem tatsächlichen oder mutmaßlichen Patientenwillen entspreche (vgl §§ 1901a ff BGB)und dazu diene, einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen. Ebenso wie die Staatsanwaltschaft Berlin habe der Senat keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Behandlungsabbruch dem mutmaßlichen Willen des Versicherten entsprochen habe. Nach der von der Klägerin und den gemeinsamen drei erwachsenen Söhnen unterschriebenen Erklärung habe der Versicherte keine bloß lebensverlängernden Maßnahmen über sich ergehen lassen wollen. Dass er sich zu Lebzeiten gegenüber seinen Angehörigen in diesem Sinne geäußert habe, erscheine angesichts seiner beruflichen Tätigkeit als Betreuer für Koma-Patienten ohne weiteres nachvollziehbar. Die Klägerin habe sich zu einem derart behaupteten Patientenwillen auch nicht selbst in Widerspruch gesetzt, indem sie noch kurz vor dem Tod des Versicherten der Durchführung einer Blasen- und einer Zahnoperation zugestimmt, auf der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der zwischenzeitlich nicht mehr durchlässigen Magensonde bestanden und ferner auf die weitere Durchführung von Ergotherapie und Logopädie Wert gelegt habe. Hierzu habe die Klägerin plausibel ausgeführt, dass sie, als diese Behandlungsmaßnahmen notwendig geworden seien, schnell auf den Behandlungsbedarf habe reagieren müssen und nicht unter dem Eindruck dieses Behandlungsbedarfs über eine etwaige Sterbehilfe habe entscheiden wollen. Dass der Entschluss zur Sterbehilfe letztlich erst durch das Urteil des BGH vom 25.6.2010 befördert worden sei, sei nachvollziehbar. Auch die zweite Voraussetzung einer straffreien Sterbehilfe, dass der Behandlungsabbruch dazu diente, einem ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess seinen Lauf zu lassen, liege vor.

10

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie rügt insbesondere eine Verletzung des § 101 SGB VII. Anders als in § 101 Abs 2 SGB VII bedürfe es nach dem Wortlaut des § 101 Abs 1 SGB VII keiner Verurteilung wegen eines Verbrechens oder vorsätzlichen Vergehens. § 101 Abs 1 SGB VII setze für den Leistungsausschluss lediglich vorsätzliches Handeln voraus. Das LSG setze sich mit seiner Rechtsprechung insoweit in Widerspruch zu der Rechtsprechung des BSG zu § 105 SGB VI(Hinweis auf BSG vom 17.4.2012 - B 13 R 347/10 B). Die vom LSG hinzugezogene Kommentarliteratur sei in ihrer Argumentation zirkulär, weil sie sich für ihre Rechtsansicht weitgehend auf das erstinstanzliche Urteil des SG Berlin beziehe. Es werde zudem "Aufklärungsrüge" erhoben. Das LSG hätte den "Patientenwillen" des Versicherten im Sinne der Patientenverfügung gemäß § 1901a BGB aufklären und hierzu die Klägerin und deren Söhne persönlich anhören müssen. Des Weiteren hätte sich das LSG gedrängt fühlen müssen, zu den Voraussetzungen des § 1904 Abs 2 und Abs 4 BGB Ermittlungen durchzuführen. Es sei unklar geblieben, ob zwischen den behandelnden Ärzten und der Klägerin Einvernehmen über den Patientenwillen bestanden habe. Wenn ein Einvernehmen bestanden hätte, dann hätte es eines Durchtrennens der Magensonde durch die Klägerin persönlich überhaupt nicht bedurft. Schließlich sei auch der Tod des Versicherten nicht infolge des Arbeitsunfalls eingetreten. Soweit das LSG davon ausgehe, dass der Versicherte infolge des unfallbedingten Wachkomas todgeweiht gewesen sei, widerspreche dies der herrschenden medizinischen Lehrmeinung, weil der Wachkomapatient gerade kein sterbender und damit todgeweihter Patient sei.

11

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. November 2013 und des Sozialgerichts Berlin vom 16. Januar 2012 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

12

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

13

Sie beruft sich auf die angefochtenen Entscheidungen. Ergänzend trägt sie vor, sie habe sich bei dem zuständigen Betreuungsgericht um eine Zustimmung zum Behandlungsabbruch bemüht. Dort habe man ihr mitgeteilt, einer Zustimmung des Gerichts bedürfe es nicht. Sie sei sich mit der Heimleitung und den behandelnden Ärzten einig gewesen, dass eine Unterbrechung der Magensonde dem Patientenwillen entspreche.

Entscheidungsgründe

14

Die statthafte und zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass der Klägerin Ansprüche auf Leistungen bei Tod gemäß § 63 Abs 1 SGB VII zustehen. Der Tod des Versicherten am 20.7.2010 ist infolge eines Arbeitsunfalls iS des § 8 Abs 1 SGB VII eingetreten(vgl unter 1.). Leistungen an die Klägerin aus diesem Versicherungsfall sind auch nicht gemäß § 101 Abs 1 SGB VII ausgeschlossen(iE unter 2.).

15

Wie der Senat bereits entschieden hat (vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 412; vom 12.1.2010 - B 2 U 5/08 R - SozR 4-2700 § 9 Nr 17 RdNr 26 ff), umfasst der von der Klägerin bestimmte Streitgegenstand das Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung einer Witwenrente und von Sterbegeld unter jedem rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkt. Diesen Anspruch hat die Beklagte mit den Ablehnungsentscheidungen in ihren Bescheiden verneint. Nach § 63 Abs 1 SGB VII ist Voraussetzung eines jeden Hinterbliebenenrechts(§§ 64 bis 71 SGB VII), dass in der Person des Versicherten ein Versicherungsfall eingetreten war und er infolgedessen verstorben ist. Die Frage, ob ein Versicherungsfall vorgelegen hat und welcher es genau war, ist kein selbstständiger Gegenstand des Verwaltungsverfahrens, über den durch Verwaltungsakt entschieden werden dürfte, sondern nur eine Tatbestandsvoraussetzung des streitgegenständlichen Anspruchs. Wird dieser Anspruch durch negativ feststellenden Verwaltungsakt verneint, ist die Äußerung des Trägers, ein Versicherungsfall habe nicht vorgelegen, nur ein unselbstständiges Begründungselement des Verwaltungsakts. Der Hinterbliebene kann sich daher darauf beschränken vorzutragen, beim Versicherten habe ein Versicherungsfall vorgelegen, der dessen Tod herbeigeführt habe. Der Träger muss dann allein darüber entscheiden, ob das vom Hinterbliebenen verfolgte Recht auf Hinterbliebenenleistungen besteht oder nicht besteht.

16

1. Der Tod des Versicherten am 20.7.2010 ist infolge eines Arbeitsunfalls gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII eingetreten. Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass der Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherter" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R und B 2 U 7/13 R -; vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10 mwN; vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 26 f; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20; vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 12; vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 10 und B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 14).

17

Der Tod des Versicherten ist rechtlich wesentlich aufgrund des Arbeitsunfalls/Wegeunfalls vom 7.9.2006 eingetreten. An diesem Tag wurde der Ehemann der Klägerin auf dem versicherten Weg von seiner Arbeitsstelle nach Hause (§ 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII) von einem herannahenden Motorrad erfasst (äußeres Ereignis) und schlug mit dem Kopf auf der Bordsteinkante unbehelmt auf, wodurch er sich erhebliche Verletzungen zuzog und seitdem im Koma lag.

18

Der am 20.7.2010 eingetretene Tod des Versicherten hat seine rechtlich wesentliche Ursache in dieser durch den Sturz auf die Bordsteinkante bedingten Einwirkung auf den Körper des Versicherten und den dadurch verursachten Gesundheitsschäden "infolge" der Verrichtung der versicherten Tätigkeit (Heimweg von der Arbeitsstelle).

19

Bei der objektiven Verursachung kommt es darauf an, dass die versicherte Verrichtung für das Unfallereignis und dadurch für den Gesundheitserstschaden oder hier den Tod eine (Wirk-) Ursache war (BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R; vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 31 ff; hierzu auch Ricke, WzS 2013, 241). (Wirk-) Ursachen sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolgs gilt, der nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache in diesem Sinne war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen (ggf unter Einholung von Sachverständigengutachten) beantwortet werden (grundlegend BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 55 ff; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 31 ff). Steht die versicherte Tätigkeit als eine der (Wirk-) Ursachen fest, muss sich auf der zweiten Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller weiteren auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestands fallenden Gefahr darstellen. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37).

20

Hier trat zu dem Unfallereignis als weitere (Wirk-) Ursache des Todes der Behandlungsabbruch durch die Durchtrennung der Magensonde hinzu, der auf dem rechtlich geschützten Willen des Versicherten beruhte, keinen lebensverlängernden Maßnahmen ausgesetzt zu sein. Die Klägerin war durch Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 19.3.2007 zur Betreuerin des Versicherten bestellt worden. Dementsprechend war die Klägerin gemäß § 1901a Abs 1 Satz 2 BGB als Betreuerin verpflichtet, dem Willen des Betreuten in der medizinischen Behandlungssituation Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Das LSG hat hierzu für den Senat bindend (§ 163 SGG) festgestellt, dass der Behandlungsabbruch bzw die Durchtrennung der Magensonde dem mutmaßlichen Willen des Versicherten entsprach. Nach § 1901a Abs 2 Satz 1 BGB hat der Betreuer den mutmaßlichen Willen des Patienten zu ermitteln, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine Patientenverfügung vorlag. Das LSG hat seinerseits im Einzelnen Feststellungen dazu getroffen, dass und warum die Klägerin und ihre erwachsenen Söhne den mutmaßlichen Willen des Versicherten zutreffend wiedergegeben haben. Soweit die Beklagte hiergegen Verfahrensrügen erhebt, greifen diese nicht durch. Die Beklagte macht insbesondere geltend, die Klägerin und ihre Söhne hätten vom LSG als Zeugen gehört werden bzw das LSG habe sich selbst einen persönlichen Eindruck von der Klägerin verschaffen müssen. Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge setzt die Bezeichnung der Tatsachen voraus, die den behaupteten Mangel ergeben (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG) und aus denen die Möglichkeit folgt, dass das Gericht ohne die geltend gemachte Verfahrensverletzung anders entschieden hätte. Das Revisionsgericht muss in die Lage versetzt werden, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - UV-Recht Aktuell 2012, 42, Juris RdNr 20 ff; BSG vom 23.8.2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr 16 RdNr 31). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht. Sie hätte insoweit aufzeigen müssen, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen. Dabei ist darzulegen, inwiefern nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen Sachverhalt aus seiner rechtlichen Sicht erkennbar offengeblieben sind und damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden hat und die so zu ermittelnden Tatsachen nach der Rechtsauffassung des LSG entscheidungserheblich sind. Außerdem ist anzugeben, wann und in welcher Form die zu ermittelnden Tatsachen in der Berufungsinstanz vorgebracht wurden (BSG vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1, Juris RdNr 69 f).

21

(Wirk-) Ursachen für den Tod des Versicherten waren mithin der Unfall vom 7.9.2006 und die dabei erlittenen schwersten Verletzungen sowie das Durchtrennen der Magensonde aufgrund des rechtlich geschützten Willens des Verstorbenen, im Wachkoma keinen weiteren Behandlungsmaßnahmen ausgesetzt zu sein, den die Klägerin gemäß § 1901a Abs 1 Satz 2 BGB gehalten war, umzusetzen. Die reine Rechtsfrage nach der "Wesentlichkeit" der versicherten Verrichtung für den Erfolg ist hier - wie in jedem anderen Falle - danach zu entscheiden, ob sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37). Der Senat geht hier davon aus, dass die rechtlich wesentliche Ursache für den Tod des Versicherten in dem Zurücklegen des nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versicherten Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit zu erblicken ist. Der dabei erlittene Unfall hat bei ihm so schwere Verletzungen ausgelöst, dass sein - vom LSG bindend festgestellter - bereits zuvor bestehender Wunsch, keinen lebensverlängernden Maßnahmen ausgesetzt zu sein, durch den Versicherungsfall maßgebend zum Tragen kam. Vom Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII (noch) mitumfasst ist ein Unfallversicherungsschutz für ein Verhalten des Versicherten, das durch Verletzungen bedingt ist, die - wie hier unproblematisch - im versicherten Schutzbereich der unfallbringenden Tätigkeit erlitten bzw zugefügt wurden. Die versicherte Tätigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII iVm § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII umfasst nach dem im 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 29.7.2009 (BGBI I 2286) insbesondere in § 1901a BGB zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers auch die durch die Autonomie und Menschenwürde(Art 1 GG) des einzelnen Versicherten getragene Entscheidung, keine lebensverlängernden Maßnahmen erdulden zu müssen, wenn aufgrund eines Arbeitsunfalls so schwere Verletzungen vorliegen wie im vorliegenden Fall. Rechtlich wesentliche und daher vom Schutzzweck des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII noch umfasste (Wirk-) Ursache für den Tod des Versicherten waren mithin seine Verletzungen aus dem Arbeitsunfall vom 7.9.2006.

22

Dem steht die frühere Rechtsprechung des Senats, wonach die Verweigerung einer Bluttransfusion durch ein Mitglied der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas als rechtlich wesentliche Ursache den Unfallversicherungsschutz ausschließt (BSG vom 9.12.2003 - B 2 U 8/03 R - SozR 4-2200 § 589 Nr 1), nicht entgegen. Die Verweigerung der Bluttransfusion war dort gerade nicht durch den Arbeitsunfall, sondern einzig durch die individuelle Glaubensausrichtung des Verletzten bedingt. Demgegenüber realisiert sich der in der mutmaßlichen Patientenverfügung niedergelegte Wille des Versicherten hier nur und gerade deshalb, weil der Versicherte einen Arbeitsunfall (mit schweren Folgen) erlitten hat. Infolgedessen kommt es auch nicht darauf an, ob die Verletzungen aus dem Wegeunfall ohnehin tödlich verlaufen wären, was hier für das LSG offensichtlich von entscheidender Bedeutung war. Soweit das LSG die Wesentlichkeit der unfallbedingten Verletzungen für den Tod des Versicherten daraus ableiten will, dass die Behandlungsmaßnahmen den Tod lediglich aufgeschoben hätten, werden hier allerdings rechtlich problematische Erwägungen zur überholenden Kausalität angestellt. Maßgebend ist nicht, ob die Verletzungen aus dem Arbeitsunfall ohnehin tödlich verlaufen wären, sondern, dass durch einen Versicherungsfall so schwere Verletzungen eingetreten sind, dass gerade dadurch der (verfassungs-)rechtlich geschützte autonome Wunsch des Versicherten, sterben zu wollen, zum Tragen gekommen ist.

23

2. Die beantragten Hinterbliebenenleistungen der Klägerin gemäß §§ 63 ff SGB VII sind auch nicht gemäß § 101 Abs 1 SGB VII ausgeschlossen. Diese Vorschrift bestimmt: "Personen, die den Tod von Versicherten vorsätzlich herbeigeführt haben, haben keinen Anspruch auf Leistungen". Die Klägerin hat den Tod des Versicherten zwar vorsätzlich herbeigeführt (hierzu unter a). Allerdings ist die Norm des § 101 Abs 1 SGB VII einschränkend im Wege der teleologischen Reduktion dahingehend auszulegen, dass jedenfalls bei einer strafrechtlich gerechtfertigten Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch iS der neueren Rechtsprechung des BGH(Urteil vom 25.6.2010 - 2 StR 454/09 - BGHSt 55, 191 = NJW 2010, 2963) ein Leistungsausschluss nicht in Betracht kommt. Dahinstehen kann insoweit, ob § 101 Abs 1 SGB VII generell dann nicht in Betracht kommt, wenn die zum Tode führende vorsätzliche Handlung straffrei ist(hierzu unter b). Schließlich hat das LSG auch zutreffend festgestellt und subsumiert, dass die vom BGH (aaO) im Einzelnen aufgestellten Kriterien für einen straffreien Behandlungsabbruch bei der Klägerin gegeben waren (vgl unter c).

24

a) Die Klägerin hat den Tod des Versicherten vorsätzlich herbeigeführt. Ein vorsätzliches Handeln liegt vor, wenn der Handelnde den Erfolg bewusst und gewollt herbeigeführt hat (vgl Fischer, StGB, 61. Aufl 2014, § 15 RdNr 2 ff). Der Vorwurf der Rechtsordnung lautet bei vorsätzlichem Handeln: "Du hast gewusst und gewollt, was du tatest" (iE Sternberg-Lieben/Schuster in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl 2014, § 15 RdNr 8 ff). Nach dieser auch im Rahmen des § 101 Abs 1 SGB VII anwendbaren(vgl H. Becker in LPK-SGB VII, 4. Aufl 2014, § 101 RdNr 1b; Köhler in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 101 RdNr 5; XI/10) strafrechtlichen Definition hat die Klägerin vorsätzlich gehandelt. Sie hat die Magensonde bewusst und gewollt entfernt, um den Tod des Versicherten herbeizuführen.

25

b) § 101 Abs 1 SGB VII ist hingegen so auszulegen, dass er auch bei einem vorsätzlichen Herbeiführen des Todes im Falle einer gerechtfertigten Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch keine Anwendung findet. Die Leistungsausschlussnorm fordert für das Herbeiführen des Todes lediglich das vorsätzliche Handeln des Hinterbliebenen bzw der "Person", die Rechtsansprüche aus dem Tod ableiten möchte. Anders als § 101 Abs 2 SGB VII setzt § 101 Abs 1 SGB VII gerade nicht voraus, dass ein rechtskräftiges strafrechtliches Urteil hinsichtlich der Handlung vorliegt. § 101 Abs 1 SGB VII dürfte von daher einen engeren Begriff des Vorsatzes umfassen, der gerade nicht die strafrechtlichen Prüfungsschritte der Rechtswidrigkeit und Schuld umfasst. Demgegenüber wird vom LSG und einem Teil der Literatur in § 101 Abs 1 SGB VII entgegen dem Wortlaut der Norm das Erfordernis hineingelesen, dass auch die todbringende, vorsätzliche Handlung rechtswidrig und schuldhaft gewesen sein muss(vgl explizit Reyels in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl 2014, § 101 RdNr 21 ff; Lüdtke, SGb 2013, 309). Habe der Täter nicht rechtswidrig gehandelt (zB in Notwehr), so komme nach Sinn und Zweck der Vorschrift des § 101 Abs 1 SGB VII ein Leistungsausschluss nicht in Betracht. Das Gleiche gelte bei nicht schuldhaftem Handeln (Köhler in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 101 RdNr 5; XI/10). Darüber hinaus wird vereinzelt die Position vertreten, selbst bei strafbarem Verhalten, wie einer Tötung auf Verlangen gemäß § 216 StGB, sei der Geltungsbereich des § 101 Abs 1 SGB VII einzuschränken(Reyels in jurisPK-SGB VII, 2. Aufl 2014, § 101 RdNr 25).

26

Der Senat hat Bedenken gegen eine so weitgehende Auslegung des § 101 Abs 1 SGB VII, ist doch zu unterstellen, dass der Gesetzgeber des § 101 SGB VII sich im Klaren über die strafrechtlichen Begriffe war, als er zum 1.1.1997 mit dem UVEG § 101 SGB VII in der Nachfolge des § 553 RVO schuf. Jedenfalls erhellen auch die Gesetzesmaterialien (vgl BT-Drucks 13/2204, S 99) und der dort enthaltene Hinweis auf eine Fortführung der geltenden Rechtslage zu § 553 RVO nicht, dass mit dem bloßen Verwenden des Erfordernisses des Vorsatzes zugleich ein Abweichen von der strafrechtsdogmatischen Begrifflichkeit gemeint gewesen sein könnte, nach der hier ausnahmsweise mit Vorsatz ein rechtswidriges und schuldhaftes Handeln gemeint wäre. Auch soweit in der Literatur § 101 SGB VII als Verwirkungsvorschrift bezeichnet wird(Köhler in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 101 RdNr 1; XI/10), findet sich hierfür keinerlei Beleg. Betrachtet man § 101 SGB VII hingegen als Ausfluss des allgemeinen zivilrechtlichen Grundsatzes des venire contra factum proprium, nach dem wer einen Schaden durch eigenes vorsätzliches Tun herbeigeführt hat, nicht aus diesem Schaden Ansprüche ableiten dürfe(so Merten in Eichenhofer/Wenner, SGB VII, 2010, § 101 RdNr 3), so wäre unter einem solchen versicherungsrechtlichen Blickwinkel ein Leistungsausschluss bei bloß vorsätzlichem Herbeiführen des Erfolgs durchaus zu rechtfertigen (vgl auch Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht, 2004, S 48).

27

Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, weil auch dann, wenn man das hier zweifelsohne vorliegende vorsätzliche Handeln der Klägerin ausreichen lassen würde, um den Tatbestand des § 101 Abs 1 SGB VII auszulösen, die Vorschrift einschränkend auszulegen ist. Dies gilt jedenfalls für Fälle der gerechtfertigten Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch iS der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 25.6.2010 - 2 StR 454/09 - BGHSt 55, 191 = NJW 2010, 2963), denn für diesen Regelungsbereich ist § 101 Abs 1 SGB VII einschränkend anzuwenden. Der Senat hat zuletzt die Grenzen einer teleologischen Reduktion von sozialrechtlichen Normen aufgezeigt (vgl BSG vom 19.12.2013 - B 2 U 17/12 R - SozR 4-2700 § 73 Nr 1 RdNr 20 ff). Die teleologische Reduktion gehört zu den anerkannten, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegungsgrundsätzen (BVerfG Beschluss vom 15.10.2004 - 2 BvR 1316/04 - NJW 2005, 352, 353; BVerfG Beschluss vom 7.4.1997 - 1 BvL 11/96 - NJW 1997, 2230, 2231; BVerfG Beschluss vom 14.3.2011 - 1 BvL 13/07 - NZS 2011, 812). Sie ist dadurch gekennzeichnet, dass sie die auszulegende Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle für unanwendbar hält, weil deren Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG Beschluss vom 7.4.1997 - 1 BvL 11/96 - NJW 1997, 2230, 2231; BSG vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10). Bei einem nach wortlautgetreuer Auslegung drohenden Grundrechtsverstoß kann eine zulässige und mit der Verfassung zu vereinbarende Auslegung der Norm entgegen deren Wortlaut sogar geboten sein.

28
        

So liegen die Verhältnisse hier. Der Senat sieht sich durch die Neuregelungen des sog Patientenverfügungsgesetzes (3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz, aaO) , das sich auf eine breite, überparteiliche Parlamentsmehrheit stützten konnte (vgl die den Gesetzentwurf vom 6.3.2008 tragenden Abgeordneten, BT-Drucks 16/8442) und die strafgerichtliche Rechtsprechung des BGH zum Behandlungsabbruch (aaO) veranlasst, jedenfalls die vorsätzliche Herbeiführung des Todes eines Versicherten, die strafrechtlich die Kriterien einer gerechtfertigten Sterbehilfe erfüllt, aus dem Anwendungsbereich des § 101 Abs 1 SGB VII auszuschließen. Der BGH hat in seinem Urteil vom 25.6.2010 eingehend die Motive des Gesetzgebers des 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes referiert (aaO, RdNr 23 f ):

        

"a) Der Gesetzgeber hat den betreuungsrechtlichen Rahmen einer am Patientenwillen orientierten Behandlungsbegrenzung durch Gesetz vom 29. Juli 2009 - so genanntes Patientenverfügungsgesetz - (BGBl I 2286) festgelegt. Das am 1. September 2009 in Kraft getretene Gesetz hatte vor allem auch zum Ziel, Rechts- und Verhaltenssicherheit zu schaffen (vgl. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 16/13314 S. 3 f. und 7 f.). Maßstäbe für die gesetzliche Neuordnung waren zum einen das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht der Person, welches das Recht zur Ablehnung medizinischer Behandlungen und gegebenenfalls auch lebensverlängernder Maßnahmen ohne Rücksicht auf ihre Erforderlichkeit einschließt, zum anderen der ebenfalls von der Verfassung gebotene Schutz des menschlichen Lebens, der unter anderem in den strafrechtlichen Normen der §§ 212, 216 StGB seinen Ausdruck findet.

        

In Abwägung dieser Grundsätze hat der Gesetzgeber des Dritten Betreuungsrechtsänderungsgesetzes nach umfassenden Beratungen und Anhörungen unter Einbeziehung einer Vielzahl von Erkenntnissen und Meinungen unterschiedlichster Art entschieden, dass der tatsächliche oder mutmaßliche, etwa in konkreten Behandlungswünschen zum Ausdruck gekommene Wille eines aktuell einwilligungsunfähigen Patienten unabhängig von Art und Stadium seiner Erkrankung verbindlich sein und den Betreuer sowie den behandelnden Arzt binden soll (§ 1901a Abs. 3 BGB; vgl. dazu die Begründung des Gesetzentwurfs BT-Drucks. 16/8442 S. 11 f.; Diederichsen in Palandt BGB 69. Aufl. § 1901a Rn. 16 ff. u. 29). Eine betreuungsgerichtliche Genehmigungsbedürftigkeit für Entscheidungen über die Vornahme, das Unterlassen oder den Abbruch medizinischer Maßnahmen ist auf Fälle von Meinungsdivergenzen zwischen Arzt und Betreuer oder Bevollmächtigtem über den Willen des nicht selbst äußerungsfähigen Patienten oder über die medizinische Indikation von Maßnahmen beschränkt (§ 1904 Abs. 2 und 4 BGB). Die Regelungen der §§ 1901a ff. BGB enthalten zudem betreuungsrechtliche Verfahrensregeln zur Ermittlung des wirklichen oder mutmaßlichen Willens des Betreuten (vgl. dazu Diederichsen aaO Rn. 4 ff. u. 21 ff.; Diehn/Rebhan NJW 2010, 326; Höfling NJW 2009, 2849, 2850 f.)."

29

Hieraus hat der BGH die Schlussfolgerung gezogen, dass diese Änderungen auch für das Strafrecht "Wirkung" zeigen müssten (aaO, RdNr 25) und ist bei ansonsten unveränderter Rechtslage im StGB zu einer Straffreiheit des Behandlungsabbruchs unter bestimmten Voraussetzungen gelangt. Dieses Urteil ist im Schrifttum weitgehend auf Zustimmung gestoßen (vgl nur Eidam, GA 2011, 232; Gaede, NJW 2010, 2925, Hirsch, JR 2011, 37; Lipp, FamRZ 2010, 1555; Rissing-van Saan, ZIS 2011, 544; Schumann, JR 2011, 142; Wolfslast/Weinrich, StV 2011, 286). Der Senat hält es daher auch mit Blick auf die dem Strafrecht immanente Legitimation staatlichen Strafens einerseits und das der Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit und sozialer Sicherheit dienende Leistungsrecht des Sozialgesetzbuchs andererseits für geboten, die vom Gesetzgeber gewollten, weitgehenden Änderungen in § 1901a BGB und die diesen gesetzgeberischen Willen im Strafrecht umsetzende Rechtsprechung des BGH auch im Sozialrecht zur Geltung zu bringen. Liegen mithin die vom BGH in seinem Urteil vom 25.6.2010 genannten Kriterien vor, so kann ein straffreier Behandlungsabbruch, der den Willen des Patienten zum Ausdruck brachte, auch im Sozialrecht nicht mehr zu leistungsrechtlich negativen Konsequenzen für Personen führen, die diesen von der Rechtsordnung gebilligten Willen des Versicherten durch ihr vorsätzliches Handeln verwirklicht haben.

30

Auch schließt der "objektive Zweck" des § 101 Abs 1 SGB VII eine solche teleologische Reduktion des Geltungsbereichs der Norm nicht aus(hierzu Lüdtke, SGb 2013, 309, 310). § 101 SGB VII entsprach - wie bereits ausgeführt - weitgehend § 553 RVO, der seinerseits durch das Unfallversicherungsneuregelungsgesetz(UVNG vom 30.4.1963, BGBl I 241) an die Stelle des zuvor geltenden § 556 RVO getreten ist, der seit Inkrafttreten der Reichversicherungsordnung 1911 weitgehend unverändert bestimmte, dass dem "Verletzten und seinen Hinterbliebenen ein Anspruch nicht zu (steht), wenn sie den Unfall vorsätzlich herbeigeführt haben". Der Norm liegt damit der vom Senat grundsätzlich für weiterhin beachtlich gehaltene objektive Zweck zugrunde, das vorsätzliche Herbeiführen des Versicherungsfalls als leistungsausschließend zu berücksichtigen. Allerdings darf sich Rechtsprechung auch nicht den sich fortentwickelnden Lebensverhältnissen verschließen. Das Gesetz ist insofern nicht toter Buchstabe, sondern lebendig sich entwickelnder Geist, der mit den Lebensverhältnissen fortschreiten und ihnen sinnvoll angepasst weitergelten will, solange dies nicht die Form sprengt, in die er gegossen ist (Lüdtke, aaO unter Verweis auf BGH vom 29.1.1957 - 1 StR 333/56 - BGHSt 10, 157, 159). Das erst durch den medizinischen Fortschritt ermöglichte Überleben von schwerstverletzten Gehirngeschädigten durch die moderne Apparatemedizin mit seinen Implikationen für die Menschenwürde des behandelten Verunfallten war für den Gesetzgeber des Jahres 1911 ebenso wenig vorhersehbar wie für den Gesetzgeber des Jahres 1963 und auch partiell des Jahres 1996 (instruktiv zu den Problemen am Lebensende durch die Entwicklung der Apparatemedizin: Borasio, Über das Sterben, 2. Aufl 2012, insb S 107 ff und S 157 ff). Insofern geht der Senat - ebenso wie der BGH (aaO) - davon aus, dass dem 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetz (aaO) der objektive Wille des Gesetzgebers zu entnehmen ist, die Patientenautonomie am Lebensende mit Ausstrahlungswirkung in alle Rechtsbereiche zu schützen. Eine strikt auf diesen Geltungsbereich des gerechtfertigten Behandlungsabbruchs beschränkte Reduktion des Geltungsbereichs des § 101 SGB VII entspricht mithin dem objektiven Willen des Gesetzgebers des 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes (aaO).

31

Schließlich kann gegen dieses Ergebnis auch nicht - wie von der Beklagten - die rentenrechtliche Parallelvorschrift des § 105 SGB VI und die hierzu ergangene Rechtsprechung des BSG ins Feld geführt werden. Soweit sich die Beklagte auf den Beschluss des 13. Senats des BSG vom 17.4.2012 (B 13 R 347/10 B - SozR 4-2600 § 105 Nr 1 = SGb 2013, 307 mit Anm Lüdtke) bezieht, lag der zugrunde liegende Sachverhalt dort mehrere Jahre vor dem Inkrafttreten des 3. Betreuungsrechtsänderungsgesetzes aus dem Jahre 2009. Im Übrigen handelte es sich bei der dort vom 13. Senat entschiedenen Beschwerde um eine strafbare Tötung auf Verlangen iS des § 216 StGB (mit Strafurteil gegen die Rentenantragstellerin), die auch nach der Rechtsauffassung des Senats zu einer Anwendung des Leistungsausschlusses des § 101 SGB VII führen würde. Auch die früher zu § 1277 RVO - der Vorgängervorschrift des § 105 SGB VI - ergangene rentenrechtliche Rechtsprechung verhält sich ausschließlich zu Fallkonstellationen, in denen ein rechtswidriges und schuldhaftes Handeln mit strafgerichtlicher Verurteilung des Hinterbliebenen vorlag(BSG vom 26.11.1981 - 5b/5 RJ 138/80 - SozR 2200 § 1277 Nr 3, vom 1.6.1982 - 1 RA 45/81 - SozR 2200 § 1277 Nr 5). Liegt hingegen eine gerechtfertigte Sterbehilfe durch Behandlungsabbruch vor (sogleich noch unter c), so ist der Anwendungsbereich des § 101 Abs 1 SGB VII dahingehend einzuschränken, dass auch eine vorsätzliche Herbeiführung des Todes des Versicherten nicht zu einem Leistungsausschluss führt.

32

c) Das LSG hat auch zutreffend entschieden, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen eines straffreien Behandlungsabbruchs iS der neuen Rechtsprechung des BGH (aaO) vorlagen. Es hat insofern die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Berlin über die Einstellung des Strafverfahrens gegen die Klägerin nach § 170 Abs 2 StPO aufgrund eigener Feststellungen nochmals strafrechtlich nachvollzogen. Anders als in § 101 Abs 2 SGB VII besteht im Rahmen des § 101 Abs 1 SGB VII keine Bindungswirkung an die Entscheidungen der Strafgerichte. Das LSG hat hierbei die beiden Voraussetzungen für einen straffreien Behandlungsabbruch für den Senat gemäß § 163 SGG bindend festgestellt. Bei der Krankheit des Versicherten handelte es sich um einen ohne Behandlung zum Tode führenden Krankheitsprozess und der Patientenwille des Versicherten iS des § 1901a Abs 1 und Abs 2 BGB war auf einen Behandlungsabbruch im Sinne des nicht mehr Weiter-Ernährens gerichtet. Soweit die Beklagte rügt, der Sterbeprozess bei dem Versicherten sei nicht in der vom BGH geforderten Intensität festgestellt, weil der Wachkomapatient grundsätzlich kein sterbender Patient sei, so unterlässt sie es, im Einzelnen darzulegen, welcher medizinische Erfahrungssatz dieser von ihr behaupteten Aussage zugrunde liegt. Die Beklagte hat nicht konkret aufgezeigt, aufgrund welcher Erfahrungssätze das LSG davon ausgehen hätte müssen, dass aus der herrschenden medizinischen Lehrmeinung der einzig mögliche Schluss gezogen werden könne, dass der Versicherte kein sterbender Patient gewesen sei (vgl hierzu BSG vom 15.9.2011 - B 2 U 22/10 R - Juris RdNr 25 f). Insofern ist die für den Einzelfall des verstorbenen Versicherten getroffene tatsächliche Feststellung des LSG, dass dieser "todgeweiht" gewesen ist, nicht mit hinreichenden Verfahrensrügen angegriffen.

33

Soweit die Beklagte gegen die Feststellung des Willens des Versicherten durch eine unterlassene persönliche Einvernahme der Klägerin durch das LSG Verfahrensrügen erhoben hat, greifen diese, wie bereits oben unter 1. ausgeführt, nicht durch. Allerdings weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auch unter Berücksichtigung neuerer Entscheidungen des BGH (insbesondere vom 17.9.2014 - XII ZB 202/13) für die Feststellung des behandlungsbezogenen Patientenwillens strenge Beweismaßstäbe gelten, insbesondere, wenn eine sog Patientenverfügung nicht vorliegt. Dabei mag in zukünftigen Fallkonstellationen auch eine Rolle spielen, dass mittlerweile das Erfordernis und die Möglichkeit einer Patientenverfügung in der Bevölkerung weitgehend bekannt sein dürften und das Internet zahlreiche Formulare leicht zugängig zur Verfügung hält. Da sich der hier ausschlaggebende Unfall jedoch 2006 ereignete, bleiben diese Gesichtspunkte vorliegend unberücksichtigt.

34

Soweit die Beklagte schließlich eine Zurückverweisung an das LSG anregt, um Feststellungen nachzuholen, ob eine Genehmigung des Betreuungsgerichts gemäß § 1904 BGB eingeholt wurde, so ist bereits zweifelhaft, welche rechtlichen Schlüsse aus einer solchen fehlenden Genehmigung überhaupt zu ziehen wären. Der Senat hat hier jedoch von einer weiteren Prüfung abgesehen, weil aus der Entscheidung der Berliner Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens nach § 170 Abs 2 StPO vom 26.11.2012, die vom LSG in Bezug genommen worden ist, hervorgeht, dass die Klägerin beim zuständigen Amtsgericht um eine solche Genehmigung nach § 1904 BGB nachgesucht hat, von dort aber von einem namentlich genannten Richter die Auskunft erhalten hat, einer solchen Genehmigung bedürfe es in ihrem Falle nicht.

35

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. April 2010 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 2. Dezember 2008 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Der 1976 geborene Kläger war als Verwaltungsangestellter im Außendienst bei der Stadt L. beschäftigt, um den ruhenden Verkehr zu überwachen, und wohnte in der sog H.-Siedlung in L.-A.

3

Am Nachmittag des 31.3.2006 erhielt der Kläger, der seinen Dienst um 12.00 Uhr angetreten hatte, an seinem Einsatzort in L.-Süd die telefonische Nachricht, dass er auf dienstliche Anweisung zusammen mit seinem Kollegen L. zunächst den Theaterparkplatz in L.-Mitte überwachen und anschließend in der H.-Siedlung in L.-A. parkende Lastkraftwagen kontrollieren sollte. Der Kläger fuhr mit seinem privaten Pkw zum T.-Parkplatz in L.-Mitte, stellte sein Fahrzeug ab und nahm die Überwachungstätigkeit auf. Er vereinbarte mit seinem Kollegen, dass er seine Pause, die 30 Minuten betrug, dafür nutzen wolle, zu der in der Innenstadt gelegenen Werkstatt zu fahren, in der sich sein Motorrad zur Wartung befand. Der Kläger wollte dort nachfragen, ob die Wartung abgeschlossen sei.

4

Nachdem er und sein Kollege die Überwachungstätigkeit auf dem T.-Parkplatz gegen 16.30 Uhr beendet hatten, fuhren sie im Pkw des Kollegen zur Werkstatt. Die Wartung des Motorrads war abgeschlossen. Der Kläger vereinbarte mit seinem Kollegen, dass er mit dem Motorrad zu der in der H.-Siedlung gelegenen Wohnung des Klägers fahren sollte, damit der Kläger sein Motorrad dort abstellen konnte und um von dort aus die Ermittlungen aufzunehmen. Der Kollege sollte mit seinem Pkw dorthin kommen.

5

Gegen 16.40 Uhr trat der Kläger mit dem Motorrad die Fahrt von der Werkstatt in Richtung L.-A. an. Er befuhr die A. Straße in Richtung L.-A., als er gegen 16.48 Uhr mit einem in diese Straße einbiegenden Fahrzeug kollidierte. Dabei zog er sich eine Beckenring- und Oberschenkelfraktur zu.

6

Die Stadt L. meldete den Unfall dem Rechtsvorgänger der Beklagten, dem Gemeindeunfallversicherungsverband Westfalen-Lippe. Mit Bescheid vom 26.6.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2007 wurde die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe sein Motorrad in der Arbeitspause von der Werkstatt zu seiner Wohnung bringen wollen. Diese private Tätigkeit sei unversichert. Dass der sich anschließende Weg zum nächsten Einsatzort nicht mehr so weit gewesen sei, begründe keinen Versicherungsschutz.

7

Das SG hat die Klage, die auf die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichtet war, mit Urteil vom 2.12.2008 abgewiesen.

8

Das LSG Nordrhein-Westfalen hat das Urteil des SG geändert und entsprechend dem im Berufungsverfahren geänderten Antrag des Klägers unter Aufhebung der angefochtenen Ablehnungsentscheidung festgestellt, dass der Unfall vom 31.3.2006 ein Arbeitsunfall ist. Die zum Unfall führende Fahrt habe nicht trennbar sowohl unversicherten privaten als auch versicherten Zwecken gedient. Als sog gemischte Tätigkeit habe die Fahrt unter Versicherungsschutz gestanden, weil sie auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck - das Nach-Hause-Bringen des Motorrads - entfallen wäre. Wäre das Motorrad nicht in der Werkstatt gewesen, wäre der Kläger nach der Pause mit dem Kollegen in dessen Privat-Pkw zum nächsten Einsatzort gefahren. Der Kläger sei arbeitsrechtlich nicht gehalten gewesen, seine Dienstfahrten in einer bestimmten Weise - zB zusammen mit dem Kollegen oder mit einem Pkw - zurückzulegen. Er hätte vom Einsatzort in L.-Stadtmitte bei Wahl der kürzesten Wegstrecke über die A. Straße zu seinem neuen Einsatzort gelangen müssen.

9

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und die Verletzung von § 8 SGB VII gerügt. Die unfallbringende Fahrt habe nicht im erforderlichen sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Überwachungstätigkeit gestanden. Der Kläger habe die versicherte Tätigkeit vorerst beendet gehabt und sich durch das rein privatwirtschaftliche Aufsuchen der Werkstatt in seiner Pause von der betrieblichen Tätigkeit gelöst. Der Weg ab der Werkstatt sei maßgeblich von den eigenwirtschaftlichen Interessen des Klägers - Verbringung des Motorrads zur Wohnung - geprägt, denn für die Wahl des Zeitpunkts und des Verkehrsmittels seien andere Gründe maßgebend gewesen als die Absicht, den nächsten Ort der Tätigkeit zu erreichen. Aus Sicht eines unbeteiligten Dritten sei das Aufsuchen der Werkstatt, die Auslösung des Motorrads und dessen Verbringung an den Wohnort eine einheitliche, eigenwirtschaftliche Handlung. Die reine Streckenidentität mit dem Weg zwischen den Einsatzgebieten genüge nicht zur Begründung von Versicherungsschutz, der auch nicht nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII oder § 8 Abs 2 Nr 5 SGB VII in Betracht komme.

10

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13.4.2010 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG Dortmund vom 2.12.2008 zurückzuweisen.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Er sei nur mit dem Motorrad nach L.-A. gefahren, weil es sich wegen des in der Nähe seiner Wohnung gelegenen Einsatzortes angeboten habe und nicht, weil er das Motorrad "zu sich nach Hause bringen wollte". Mit Antritt der Fahrt ab der Werkstatt habe er nach außen erkennbar seinen Dienst wieder angetreten.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG begründet, denn das LSG hat zu Unrecht das klageabweisende Urteil des SG geändert und unter Aufhebung des Bescheides vom 26.6.2007 idF des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2007 einen Arbeitsunfall festgestellt.

14

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG den Antrag einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1, § 55 Abs 1 Nr 1 SGG gestellt. Das LSG hat sachlich über diesen Klageantrag entschieden und so den Übergang des Klägers von einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf eine Anfechtungs- und Feststellungsklage im Berufungsverfahren bindend zugelassen (§ 153 Abs 1 SGG iVm § 99 Abs 4 SGG; vgl BSGE 48, 159, 162; BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 89/98 B; Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl 2008 § 99 RdNr 15). Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erweist sich als zulässig. Denn die grundsätzliche prozessrechtliche Nachrangigkeit der Feststellungsklage steht der Zulässigkeit der mit der Anfechtungsklage verbundenen Feststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des Senats in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen (vgl BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9; BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 46/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4 f; Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8). Begehrt der Versicherte allein die von dem Unfallversicherungsträger abgelehnte Feststellung des Vorliegens eines Versicherungsfalls, kann er durch die Verbindung einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage ggf unmittelbar eine gerichtliche, von der Verwaltung nicht mehr beeinflussbare Feststellung erlangen.

15

Entgegen der Entscheidung des LSG war der Unfall des Klägers vom 31.3.2006 kein Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII.

16

Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl ua BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, 198 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 RdNr 10 mwN; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 10 mwN).

17

Der Kläger war zwar zur Zeit des Unfallereignisses Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII und hat am 31.3.2006 einen Unfall mit der Folge eines Gesundheitsschadens erlitten.

18

Dieser Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, da die vom Kläger im Zeitpunkt des Unfallereignisses ausgeübte Verrichtung - die Motorradfahrt von der Werkstatt zur eigenen Wohnung in der H.-Siedlung - nicht im inneren bzw sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden hat. Es handelt sich weder um eine versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII (dazu sogleich unter 1.) noch um das Zurücklegen eines mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach oder von dem Ort der Tätigkeit nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII (dazu unter 2.) noch um ein mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängendes Verwahren, Befördern, Instandhalten oder Erneuern eines Arbeitsgeräts nach § 8 Abs 2 Nr 5 SGB VII (dazu unter 3.).

19

1. Mit der Motorradfahrt zum Unfallzeitpunkt erfüllte der Kläger keine arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflicht, die ihm als Verwaltungsangestellten zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs oblag, insbesondere legte er keinen Betriebsweg zurück, der Teil der versicherten Tätigkeit iS von § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII wäre.

20

Ein Betriebsweg unterscheidet sich von anderen Wegen dadurch, dass er im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und nicht - wie Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit iS von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII - der versicherten Tätigkeit lediglich vorausgeht oder sich ihr anschließt(vgl hierzu BSG Urteil vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R - Juris RdNr 16). Entscheidend für die Beurteilung, ob ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ist die objektivierte Handlungstendenz des Versicherten, ob also der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl BSG vom 10.10.2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 19 RdNr 14). Als objektive Umstände, die Rückschlüsse auf die Handlungstendenz zulassen, ist beim Zurücklegen von Wegen insbesondere von Bedeutung, ob und inwieweit Ausgangspunkt, Ziel, Streckenführung und ggf das gewählte Verkehrsmittel durch betriebliche Vorgaben geprägt werden.

21

Die Motorradfahrt als konkrete Verrichtung des Klägers zum Zeitpunkt des Unfallereignisses, die nach den Feststellungen des LSG zugleich betrieblichen und privaten Zwecken dienen sollte, beruhte angesichts der objektiven Umstände nicht auf der vom LSG bindend festgestellten betrieblichen Handlungstendenz.

22

Der Kläger verrichtete keine "gemischte Tätigkeit", da diese zumindest zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraussetzt, von denen (wenigstens) eine im sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit steht, während die Motorradfahrt des Klägers eine einzige Verrichtung war. Denn eine "Verrichtung" ist nur ein konkretes, also auch räumlich und zeitlich bestimmtes Verhalten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist. Die Motorradfahrt ist aus Sicht eines objektiven Betrachters eine einzige einheitliche Verrichtung, selbst wenn sie unterschiedlichen Zwecken dient. Die Motorradfahrt ist die konkrete Verrichtung, durch die der Kläger von der Werkstatt aus sein Motorrad zur Wohnung fahren und selbst zum nächsten Einsatzort gelangen wollte. Deswegen kann die konkrete Verrichtung des Klägers zum Unfallzeitpunkt entgegen der Formulierung im LSG-Urteil nicht abstrakt als "Fahrt" bezeichnet werden ohne Angabe des Fortbewegungsmittels. Eine "Fahrt" ohne Verkehrsmittel ist nicht möglich, sodass schon die Definition der zum Unfallzeitpunkt vorgenommenen konkreten Verrichtung des Klägers die Angabe eines Transportmittels voraussetzt.

23

Die Motorradfahrt zur klägerischen Wohnung war eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw mit gemischter Motivationslage (vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 16), denn sie erfolgte sowohl mit privatwirtschaftlicher als auch mit betrieblicher Handlungstendenz. Eine betriebliche, den sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründende Handlungstendenz des Beschäftigten liegt vor, wenn er den Willen hat, durch die Verrichtung eine seiner Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen oder die Erfüllung von Vor- und Nachbereitungshandlungen, die das Gesetz versichert, zu ermöglichen, zu fördern oder zu sichern. Nach den Feststellungen des LSG hatte der Kläger zwei Ziele. Er wollte zwecks Wiederaufnahme seiner Beschäftigung weisungsgemäß seinen nächsten Einsatzort erreichen, also den Weg auch als "Betriebsweg" zurücklegen (betriebliche Handlungstendenz) und er wollte sein Motorrad an seiner Wohnung abstellen (privatwirtschaftliche Handlungstendenz). Bei der "Handlungstendenz" handelt es sich um eine sog innere Tatsache. Daher sind diese von der Beklagten nicht gerügten Feststellungen des LSG für den Senat bindend.

24

Eine solche Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht dann im inneren bzw sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre (vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - aaO), wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt. Die Ausführungen des LSG darüber, was vermutlich geschehen wäre, wenn der Kläger zur Unfallzeit nicht mit seinem Motorrad von der Werkstatt zu seiner Wohnung gefahren wäre, enthalten keine maßgeblichen Tatsachenfeststellungen. Denn sie befassen sich mit hypothetischen Geschehensabläufen außerhalb der konkreten Verrichtung "Motorradfahrt", die als nicht erfolgte Ereignisse keine (feststellbaren) Tatsachen sind.

25

Nach den objektiven Umständen lässt die tatsächlich erfolgte Motorradfahrt des Klägers von der Werkstatt zur Wohnung einen sachlichen Zusammenhang mit der verrichteten Tätigkeit, hier zB sich zum nächsten Einsatzgebiet zu begeben, nicht deutlich werden. Der betriebliche Zweck, sich (von einem) zum nächsten Einsatzgebiet zu begeben, vermag nach den objektiven Umständen nicht zu erklären, dass die Fahrt an der Werkstatt beginnt, dass als Ziel im nächsten Einsatzgebiet gerade die Wohnung des Klägers gewählt worden ist und die Fahrt auf dem Motorrad erfolgt anstatt einer Fahrt mit dem eigenen Pkw oder einer Fahrt als Beifahrer im Pkw des Kollegen. Vorliegend wurden Ausgangsort, Ziel und das genutzte Verkehrsmittel nicht durch betriebliche Erfordernisse bestimmt, sondern finden ihren Grund in der privaten Motivation des Klägers, sein Motorrad von der Werkstatt zur eigenen Wohnung zu fahren.

26

In rechtlicher Wertung sprach nichts dafür, dass die berufliche Handlungstendenz, die private Motivation weggedacht, zu der unfallbringenden Motorradfahrt des Klägers geführt hätte. Ohne die private Motivation, das Motorrad von der Werkstatt zur Wohnung zu fahren, wäre insbesondere nicht das Motorrad als Verkehrsmittel gewählt worden und die konkrete, zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Verrichtung - nämlich die Motorradfahrt auf der A. Straße in Richtung der Wohnung - wäre nicht erfolgt. Das Führen eines Motorrads ist objektiv eine andere Verrichtung als eine Fahrt mit dem eigenen Pkw oder als Beifahrer im Pkw des Kollegen.

27

Dass der Kläger aus arbeitsrechtlicher Sicht sein privates Motorrad für dienstliche Fahrten nutzen durfte, vermag keinen inneren bzw sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit mit solchen Motorradfahrten des Klägers zu begründen, die nach dem oben dargelegten Maßstab für die Ermittlung der objektivierten Handlungstendenz bei gemischter Motivationslage gerade nicht auf einer objektivierten betrieblichen Handlungstendenz beruhen.

28

Eine den inneren bzw sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründende objektivierte betriebliche Handlungstendenz des Klägers kann nicht daraus gefolgert werden, dass sich der Unfall an einer Stelle ereignet hat, die der Kläger mutmaßlich passiert hätte, wenn er eine Fahrt von einem zum anderen Einsatzgebiet zurückgelegt hätte.

29

Zutreffend hat die Revisionsklägerin darauf hingewiesen, dass reine Streckenidentität einer mit privater Handlungstendenz erfolgten Motorradfahrt mit einer möglichen, tatsächlich aber nicht erfolgten betrieblich veranlassten (Pkw-)Fahrt, die mutmaßlich (oder möglicherweise) an Stelle der Motorradfahrt getreten wäre, keinen inneren bzw sachlichen Zusammenhang der durchgeführten Motorradfahrt als konkrete Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit begründen kann (vgl auch BSG vom 10.10.2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 19 RdNr 15).

30

2. Die Motorradfahrt des Klägers als Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses war auch keine versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII.

31

Danach sind versicherte Tätigkeiten das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 und 6 SGB VII zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Begründet wird dieser Versicherungsschutz damit, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit, also mit einer auf die versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (vgl BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 13; BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29 RdNr 21). Sie erfolgen entweder mit der Handlungstendenz, sich aus dem privaten Bereich in den betrieblichen Bereich (Weg zu dem Ort der Tätigkeit) oder sich aus dem betrieblichen Bereich zurück in den privaten Bereich zu begeben (Weg von dem Ort der Tätigkeit). Der Kläger hat mit der Motorradfahrt keinen unmittelbaren Weg von oder zu dem Ort der Tätigkeit zurückgelegt. Wie bereits dargelegt, fehlte der Verrichtung bei gemischter Motivationslage eine objektivierte betriebliche Handlungstendenz. Außerdem war Ausgangsort der konkreten Motorradfahrt kein Ort der Tätigkeit als Angestellter der Verkehrsüberwachung, sondern die aus privaten Gründen aufgesuchte Werkstatt, und deren Endpunkt die private Wohnung.

32

3. Das Motorrad war ferner kein Arbeitsgerät iS von § 8 Abs 2 Nr 5 SGB VII, denn es war nicht dazu bestimmt, hauptsächlich der Tätigkeit im Unternehmen zu dienen(vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 28 mit Verweis auf BSG vom 23.2.1966 - 2 RU 45/65 - BSGE 24, 243, 246).

33

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die gerichtliche Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Am 5.5.2006 brachte sie während ihrer Freistellungsphase aufgrund vereinbarter Altersteilzeit ihrem Arbeitgeber ein von ihm auszufüllendes Formular für eine sog Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt, um sie sodann beim Rentenversicherungsträger vorzulegen, damit dieser ihr nahtlos zum Eintritt in den Ruhestand Rente wegen Alters in richtiger Höhe zahlen sollte. Dabei stolperte sie auf einer Treppe im Betriebsbereich, stürzte auf ihr linkes Handgelenk und erlitt dadurch einen Speichenbruch des linken Unterarms.

3

Die Beklagte lehnte es ab, deswegen einen Arbeitsunfall festzustellen (Bescheid vom 17.8.2006; Widerspruchsbescheid vom 17.1.2007). Von einer versicherten Tätigkeit sei nicht auszugehen, da die Abgabe der Bescheinigung im eigenwirtschaftlichen Interesse der Klägerin gelegen habe.

4

Die Klagen und die Berufung sind erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des SG Landshut vom 29.3.2010 und Urteil des Bayerischen LSG vom 8.2.2011). Das LSG hat ausgeführt: Ein sachlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit als Beschäftigte und der Überbringung des Formulars liege nicht vor. Das private Interesse der Klägerin im Rahmen ihrer Sozialversicherungsangelegenheit stehe hierbei im Vordergrund. Soweit auch Belange des Arbeitgebers berührt seien, beträfen diese weder seine unmittelbaren Pflichten aus dem Arbeitsvertrag noch seine allgemeine Fürsorgepflicht. Dass die Gewährung von Altersrente zugleich Voraussetzung für die Gewährung einer Betriebsrente sei und dass der Arbeitgeber bei fehlerhafter oder verspäteter Ausstellung der Bescheinigung sich möglicherweise schadensersatzpflichtig mache, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Zwar habe das BSG einen Arbeitnehmer auf dem Weg zum Personalbüro als versichert angesehen, wenn er dort eine Arbeitsbescheinigung abholen wollte, die er für die weitere Aufenthaltserlaubnis benötige (Urteil vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78). Während der Arbeitgeber die Ausstellung der Arbeitsbescheinigung aufgrund seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis schulde, diene die Vorausbescheinigung jedoch wesentlich dem eigenwirtschaftlichen Interesse der Realisierung von Sozialleistungsansprüchen.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 8 Abs 1 SGB VII. Das Überbringen des Formulars für eine Vorausbescheinigung des Arbeitgebers stehe im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Die ordnungsgemäße Ausfüllung einer Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI stelle neben der Erfüllung seiner Fürsorgepflicht aus dem Arbeitsverhältnis eine eigene gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers dar und habe daher nicht ausschließlich in ihrem privaten Interesse gelegen. Eine unrichtige oder verspätete Ausstellung der Bescheinigung hätte nicht nur dazu geführt, dass die Klägerin nicht nahtlos die rentenversicherungsrechtliche Altersrente erhalten hätte. Der Bezug der Altersrente sei auch Voraussetzung für den Bezug der betrieblichen Altersrente gewesen. Die Ausstellung der Bescheinigung habe also im Hinblick auf ihre möglicherweise entstehenden Schadensersatzansprüche im wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers gelegen. Sie habe ohne weiteres der Auffassung sein können, mit der Überbringung des Formulars und der beabsichtigten gemeinsamen Ausfüllung desselben mit dem zuständigen Mitarbeiter des Arbeitgebers, eine sich aus ihrem Arbeitsverhältnis ergebende Nebenpflicht zu erfüllen. Schließlich müsse die Entscheidung des BSG (Urteil vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78) - anders als das LSG meint - aufgrund der in beiden Fällen vergleichbaren Motivation der Arbeitnehmer zur Zurechnung der Abgabe des Formulars zur versicherten Tätigkeit führen. In beiden Fällen bestehe eine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis.

6

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Februar 2011 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Landshut vom 29. März 2010 aufzuheben und unter Aufhebung der die Feststellung eines Versicherungsfalls ablehnenden Entscheidung in dem Bescheid der Beklagten vom 17. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Januar 2007 festzustellen, dass das Ereignis vom 5. Mai 2006 ein Arbeitsunfall der Klägerin ist.

7

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält das angefochtene Urteil des LSG für zutreffend. Die Entscheidung des BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - sei nicht einschlägig. Die Klägerin habe die Vorausbescheinigung zur Berechnung ihrer Altersrente und nicht für ihre Arbeitstätigkeit benötigt. Mangels Aufforderung zum Tätigwerden sei auch die Motivationslage in beiden Fällen unterschiedlich gewesen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat die zulässige Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen, da das SG ihre zulässigen Klagen zutreffend als unbegründet abgewiesen hat.

10

Gemäß § 54 Abs 1 iVm § 55 Abs 1 Nr 1, § 56 SGG ist die Kombination einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage zulässig.

11

Die Anfechtungsklage richtet sich zulässig gegen die Ablehnung des von der Klägerin bei der Beklagten verfolgten Anspruchs auf Feststellung des geltend gemachten Arbeitsunfalls.

12

Die Feststellungsklage ist statthaft auf die gerichtliche Feststellung eines konkreten Rechtsverhältnisses iS des § 55 Abs 1 Nr 1 SGG, nämlich des geltend gemachten Versicherungsfalls, gerichtet. Der Eintritt eines Versicherungsfalls iS des § 7 Abs 1 SGB VII bedeutet die Begründung eines konkreten, nach Inhalt und Umfang durch den Versicherungsfall bestimmten Leistungsrechtsverhältnisses zwischen dem Versicherten und einem bestimmten Unfallversicherungsträger, aus dem konkrete Rechte auf Versicherungsleistungen entstehen können, aber nicht müssen.

13

Die Klägerin hat auch ein berechtigtes Interesse an der baldigen gerichtlichen Feststellung, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, also das Leistungsrechtsverhältnis besteht. Insbesondere fehlt es hieran nicht deshalb, weil sie nach ständiger Rechtsprechung des BSG zulässig auch eine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung des Arbeitsunfalls, also auf Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes, erheben könnte. Der prozessuale Nachrang der Feststellungsklage im Verhältnis zu den (Gestaltungs- und) Leistungsklagen (Verpflichtungsklagen, allgemeine Leistungsklagen) besteht nur, wenn das jeweilige Rechtsschutzbegehren umfassend und effektiv durch eine dieser spezieller ausgestalteten Klagen verfolgt werden kann. Die Feststellungsklage ist aber gerade bei der Entscheidung über das Vorliegen eines Versicherungsfalls jedenfalls gleich rechtsschutzintensiv, da die gerichtliche Feststellung des Versicherungsfalls mit Eintritt ihrer Unanfechtbarkeit für die Beteiligten auch materiell rechtskräftig wird (§§ 141 Abs 1, 179, 180 SGG). Allerdings kann die Verpflichtungsklage dem maßgeblichen (§ 123 SGG) Begehren des Verletzten im Einzelfall eher entsprechen. Daher erkennt das BSG ein Wahlrecht des Verletzten zwischen einer zulässigen Feststellungs- und einer zulässigen Verpflichtungsklage an (zuletzt BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1, RdNr 12 mwN; BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9 mwN - UV-Recht Aktuell 2010, 897 und BSG vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8 mwN).

14

Die Klagen sind, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nicht begründet.

15

Die Anfechtungsklage ist unbegründet, weil die Ablehnung der Feststellung eines Arbeitsunfalls durch die Beklagte rechtmäßig und die Klägerin dadurch nicht in einem ihr zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (§ 54 Abs 2 S 1 SGG). Sie hat nämlich gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung, da kein Arbeitsunfall vorliegt. Deswegen ist der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig und auch die Feststellungsklage unbegründet, weil das umstrittene Rechtsverhältnis nicht besteht.

16

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung eines Arbeitsunfalls vom 5.5.2006.

17

Der Versicherte kann vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung eines Versicherungsfalls, hier eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII, beanspruchen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

18

Nach § 8 Abs 1 S 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit, S 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 S 2).

19

Ein Arbeitsunfall setzt danach voraus: Eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis muss den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Diese Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese Einwirkung muss schließlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität; vgl ua BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 16; BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 9/10 R - BSGE 107, 197 = SozR 4-2700 § 2 Nr 17, RdNr 10; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 10 mwN).

20

Die Klägerin hat keine versicherte Tätigkeit verrichtet, war also keine Versicherte und hat deshalb keinen Arbeitsunfall erlitten, als sie ihrem Arbeitgeber das Formular für eine Vorausbescheinigung von Arbeitsentgelt für den Rentenversicherungsträger brachte und dabei auf einer Treppe im Betriebsbereich stürzte. Versicherter ist jemand nur, wenn, solange und soweit er den Tatbestand einer (in der freiwilligen Versicherung nach § 6 Abs 1 SGB VII nur kraft Antrags iS des Abs 2 aaO) versicherten Tätigkeit durch eigene Verrichtungen erfüllt.

21

Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist. Diese auch als "Handlungstendenz" bezeichnete subjektive Ausrichtung des objektiven konkreten Handelns des Verletzten ist eine innere Tatsache.

22

Wenn das beobachtbare objektive Verhalten allein noch keine abschließende Subsumtion unter den jeweiligen Tatbestand der versicherten Tätigkeit erlaubt, diese aber auch nicht ausschließt, kann die finale Ausrichtung des Handelns auf die Erfüllung des jeweiligen Tatbestandes, soweit die Intention objektiviert ist (sog objektivierte Handlungstendenz), die Subsumtion tragen. Die bloße Absicht einer Tatbestandserfüllung (erst recht nicht eine niedrigere Vorsatzstufe) reicht hingegen nicht.

23

Zwar liegt die objektive Grundvoraussetzung der Verrichtung einer versicherten Tätigkeit, das von außen beobachtbare Handeln an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit, mit dem Begehen der Treppe vor. Dieses sehr unspezifische Verhalten lässt aber aus sich heraus keinen Schluss auf die Erfüllung eines bestimmten Tatbestandes einer versicherten Tätigkeit zu. Jedoch steht es in natürlicher Handlungseinheit mit der Überbringung des Formulars, dessen Ausfüllung als Vorausbescheinigung die Klägerin von ihrem Arbeitgeber beanspruchte. Daher kommt, wie die Vorinstanzen zutreffend angesprochen haben, als einziger Tatbestand einer versicherten Tätigkeit der der Beschäftigtenversicherung, also die Tätigkeit als "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII in Betracht.

24

Die Klägerin hat die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind "Beschäftigte" versichert.

25

Das Gesetz stellt für die Versicherteneigenschaft nicht abstrakt auf einen rechtlichen "Status" als "Beschäftigter" ab. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Rechte auf Versicherungsleistungen nach den §§ 26 ff SGB VII bei Arbeitsunfällen iS des § 8 Abs 1 S 1 SGB VII nur wegen solcher Unfälle vorgesehen, die infolge "einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" entstanden sind. Die Tatbestände der versicherten Tätigkeiten sind jeweils gesondert materiell gesetzlich bestimmt und begründen eigenständige "Sparten" der gesetzlichen Unfallversicherung mit eigenen Schutzbereichen. Nur wenn, solange und soweit jemand den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit durch eine eigene Verrichtung erfüllt, ist er gegen Unfälle (§ 8 Abs 1 S 2 SGB VII) versichert, die rechtlich wesentlich durch diese Verrichtung verursacht werden.

26

Deswegen reicht die Fiktion einer Beschäftigung für Personen nach § 7 Abs 1a SGB IV, die wegen Altersteilzeit von der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt sind, zur Begründung der Versicherteneigenschaft nicht aus. § 7 Abs 1 und 1a SGB IV lassen die unfallversicherungsrechtliche Bedeutung des Rechtsbegriffs "Beschäftigte" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII unberührt, soweit sie davon abweichen(§ 1 Abs 3 SGB IV). Erforderlich ist auch bei solchen Freigestellten stets die tatsächliche Verrichtung einer Beschäftigung.

27

1. Eine nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versicherte Tätigkeit als "Beschäftigter" setzt tatbestandlich voraus, dass der Verletzte eine eigene Tätigkeit(vgl auch § 121 Abs 1 SGB VII) in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl § 7 Abs 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII).

28

Das ist nur der Fall, wenn

-       

seine Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen,

-       

er eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht,

-       

er eigene unternehmensbezogene Rechte aus der Beschäftigung ausübt.

29

a) Für die Verrichtung einer Tätigkeit als Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII kommt es nach dem Wortlaut dieser Vorschrift im Zusammenhang des SGB VII objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile nur für das Unternehmen des anderen bringen soll. Denn nur unter diesen Voraussetzungen ist nicht der die Tätigkeit Verrichtende selbst Unternehmer im unfallversicherungsrechtlichen Sinne (§ 136 Abs 3 Nr 1 SGB VII), sondern der andere, der durch sie unmittelbar begünstigt wird. Der "Beschäftigte" verrichtet seine Beschäftigung also nur, wenn er Handlungen in Unterordnung zur selbständigen Tätigkeit eines anderen und zu deren unmittelbaren Förderung vornimmt.

30

b) Auch die Entstehungsgeschichte des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII führt zu diesem Ergebnis.

31

Nach den Gesetzesmaterialien zum Gesetz zur Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz ) vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) erfasst § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII die Beschäftigten iS des § 7 Abs 1 SGB IV(vgl BT-Drucks 13/2204, S 74 zu § 2 Abs 1 SGB VII). Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (S 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (S 2).

32

§ 7 Abs 1 SGB IV ist mit Wirkung vom 1.7.1977 durch Gesetz vom 23.12.1976 (BGBl I 3845, 3846) eingeführt worden. Eine entsprechende Vorschrift gab es bis dahin nicht. Der Begriff der Beschäftigung war jedoch Gegenstand einer umfangreichen Rechtsprechung zu allen Bereichen des Sozialversicherungsrechts, die mit der Begriffsbestimmung zu § 7 SGB IV im Wesentlichen übereinstimmt. Nach § 7 Abs 1 SGB IV liegt eine Beschäftigung zwar immer dann vor, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht; sie kann allerdings auch ohne ein Arbeitsverhältnis gegeben sein (vgl BT-Drucks 7/4122, S 31). Hierin ist eine Konkretisierung und behutsame Weiterentwicklung der in der Rechtsprechung bereits vorher herausgearbeiteten Rechtsgrundsätze zu sehen (vgl Knospe in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand August 2009, K § 7 RdNr 9 unter Hinweis auf BSGE 37, 10, 13; 41, 24, 25; 41, 41, 53; vgl zur Entwicklung des § 7 SGB IV in der Folgezeit: Seewald in Kasseler Kommentar, § 7 SGB IV RdNr 1, Stand April 2012 sowie Rittweger in BeckOK SGB IV, § 7 RdNr 1, Stand 1.3.2012). Auch Dienstleistungsverhältnisse anderer Art werden erfasst, soweit das Handeln des Dienstverpflichteten sich in das Unternehmen des Dienstberechtigten einfügt und dessen unmittelbarer Förderung dient.

33

Ein Verletzter hat nach den allgemeinen Anhaltspunkten des § 7 Abs 1 SGB VII dann eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII ausgeübt, wenn er sich in ein fremdes Unternehmen (eine fremde Arbeitsorganisation) eingliedert und seine konkrete Handlung sich dem Weisungsrecht eines Unternehmers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer und Art der Verrichtung, unterordnet(vgl hierzu etwa BSG vom 29.1.1981 - 12 RK 63/79 - BSGE 51, 164, 167 = SozR 2400 § 2 Nr 16 mwN sowie BSG vom 17.3.1992 - 2 RU 22/91 - SozR 3-2200 § 539 Nr 16 S 57). Naturgemäß ist dieses Weisungsrecht besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt; es genügt für die Unterordnung unter die Tätigkeit des anderen die "funktionsgerecht dienende Teilhabe am Arbeitsprozess" (vgl hierzu schon BSG vom 14.12.1999 - B 2 U 38/98 R - BSGE 85, 214, 216 = SozR 3-2200 § 539 Nr 48 S 202 mwN).

34

c) Ferner sind die unfallversicherungsrechtlichen Bedeutungen der Begriffe des "Beschäftigten" und der Verrichtung einer Beschäftigung iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII eigenständig nach dem Zweck dieses Versicherungstatbestandes im Gefüge des SGB VII zu bestimmen.

35

Die Schutzzwecke der Beschäftigtenversicherung und ihre Stellung im Rechtssystem begrenzen den Anwendungsbereich des Versicherungstatbestandes des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII gleichfalls auf die oben umschriebenen Voraussetzungen.

36

Zweck der Beschäftigtenversicherung ist vor allem anderen der umfassende Unfallversicherungsschutz aller Beschäftigten vor und bei Gesundheitsschäden (oder Tod) infolge der Verrichtung der Beschäftigung, unabhängig davon, ob ein anderer den Unfall überhaupt mitverursacht und ggf dabei rechtswidrig und schuldhaft gehandelt hat.

37

Die Versicherung zielt primär auf die Verhütung von Gesundheitsschäden und Tod infolge der Gefahren ab, denen die Beschäftigten gerade durch die Verrichtung der Beschäftigung in Eingliederung in den fremdbestimmten Unternehmensbereich ausgesetzt sind (Prävention nach §§ 14 ff SGB VII). Ferner wird ihnen, falls die Prävention versagt, bei Gesundheitsschäden eine umfassende medizinische Rehabilitation sowie berufliche und soziale Teilhabe gesichert. Zudem werden sie gegen die wirtschaftlichen Folgen einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit geschützt. Bei unfallbedingtem Tod sollen auch ihre Familienangehörigen gegen den Unterhaltsverlust abgesichert werden.

38

Daneben soll die Beschäftigtenversicherung auch den sog Betriebsfrieden nach Unfällen infolge der Verrichtung der Beschäftigung schützen, wenn umstritten sein könnte, ob der Unternehmer (oder ein ihm gesetzlich gleichgestellter Dritter) den Gesundheitsschaden oder den Tod mitverursacht und ggf dabei rechtswidrig und fahrlässig oder sogar grob fahrlässig gehandelt hat und dem Verletzten deswegen nach Zivilrecht/Arbeitsrecht haftet. Da die Versicherung dem Verletzten die Schadensfolgen weitgehend ausgleicht, besteht insoweit kein Bedarf für einen Rechtsstreit zwischen dem Verletzten und dem Unternehmer (oder ihm gleichgestellten Dritten), wenn dieser nicht vorsätzlich gehandelt hat. Deshalb entzieht das SGB VII dem Verletzten insoweit seine ggf nach Zivilrecht entstandenen Schadensersatzansprüche (einschließlich der Schmerzensgeldansprüche) gegen den Unternehmer (§§ 104 bis 109 SGB VII).

39

Schließlich bezweckt sie auch eine gerechte Lastenverteilung unter den beitragszahlenden Unternehmern, die durch ihre Umlagebeiträge zu ihrer Berufsgenossenschaft den Versicherungsschutz in der Beschäftigtenversicherung bezahlen. Ein Unternehmer, der den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig mitverursacht hat, haftet dem Unfallversicherungsträger (also mittelbar auch den anderen Unternehmern) auf Ersatz der Ausgaben für Versicherungsleistungen an den Verletzten (§§ 110 bis 113 SGB VII).

40

Die Beschäftigtenversicherung hat also in diesem Sinne und in diesen Grenzen eine möglicherweise gegebene zivilrechtliche Haftung der Unternehmer (oder gleichgestellter Dritter) gegenüber den Beschäftigten aus Gefährdungshaftung, Delikt oder aus der Verletzung von arbeitsrechtlichen Schutz- oder Fürsorgepflichten ersetzt (vgl BSG vom 19.12.2000 - B 2 U 37/99 R - BSGE 87, 224 = SozR 3-2200 § 548 Nr 41; Gitter/Nunius in Schulin, HS-UV, § 5 RdNr 28, 51, 119; zu §§ 539 Abs 1 Nr 1, 636 ff RVO: BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88 - SozR 2200 § 548 Nr 96; ferner auch BSG vom 26.6.2007 - B 2 U 17/06 R - BSGE 98, 285 = SozR 4-2700 § 105 Nr 2, RdNr 16 ff).

41

Sie bildet jeher den Kern des Systems der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl schon § 95 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6.7.1884, RGBl 69; §§ 898 f RVO vom 19.7.1911, RGBl 509; die Vorläufervorschrift in § 636 Abs 1 RVO). Sie versichert im genannten Sinn die Beschäftigten unter weitgehendem Ausschluss ihrer zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche nur gegen solche Gesundheits- und Lebensgefahren, die sich spezifisch daraus ergeben, dass sie Tätigkeiten für einen anderen unter Eingliederung in dessen Tätigkeit und nur zu dessen unmittelbarem Vorteil verrichten.

42

2. Auch die Entwicklung der Rechtsprechung des BSG zu § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII und dessen Vorgängervorschriften führt zu dem Ergebnis, dass nur unter den drei oben genannten Voraussetzungen eine Beschäftigung verrichtet wird.

43

a) Nach der Rechtsprechung des BSG wird eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet, wenn der Verletzte zumindest dazu ansetzt, eine ihn gegenüber dem Unternehmer treffende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis tatsächlich zu erfüllen.

44

aa) Dies ist dann der Fall, wenn die Verrichtung eine Hauptpflicht des Beschäftigten erfüllt, weil sie die vertragsgemäß geschuldete Arbeits- oder Dienstleistung ist (vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, Juris RdNr 18; BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 19; BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - Juris RdNr 26 - SozR 4-2700 § 8 Nr 11).

45

bb) Der Tatbestand der versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII wird auch erfüllt, wenn die Verrichtung eine Nebenpflicht des Beschäftigten gegenüber dem Unternehmer aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllen soll.

46

Als Nebenpflichten kommen vor allem die Mitwirkungspflichten des Beschäftigten als Gläubiger von Leistungspflichten des Unternehmers (§§ 293 ff BGB) und die Pflichten zur Rücksichtnahme auf dessen Rechte, Rechtsgüter und Interessen in Betracht. Diese seit dem 1.1.2002 in § 241 Abs 2 BGB ausdrücklich normierte Pflicht wurde zuvor aus § 242 BGB hergeleitet(BAG vom 22.1.2009 - 8 AZR 161/08 - Juris RdNr 27, NZA 2009, 608; vgl auch Müller-Glöge in Münchener Kommentar zum BGB, § 611, RdNr 985 f). Arbeitsrechtlich muss jeder Vertragspartner seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis so erfüllen, seine Rechte so ausüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Vertragspartners so wahren, wie dies unter Berücksichtigung der wechselseitigen Belange verlangt werden kann (vgl BAG vom 16.2.2012 - 6 AZR 553/10 - Juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in BAGE vorgesehen; BAG vom 13.8.2009 - 6 AZR 330/08 - Juris RdNr 31 - BAGE 131, 325; BAG vom 19.5.2010 - 5 AZR 162/09 - Juris RdNr 26 - BAGE 134, 296; Müller-Glöge in Münchener Kommentar zum BGB, § 611, RdNr 984, 1074). Gleiches gilt für Beschäftigte und Unternehmer, die nicht durch ein Arbeitsverhältnis, sondern durch ein anderes Beschäftigungsverhältnis miteinander verbunden sind. Auch für den Beschäftigten zählt dazu die sog Treuepflicht, sich im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige absolute Rechtsgüter des Unternehmers nicht verletzt werden (vgl dazu BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16).

47

Das BSG hat bisher zumeist nicht zwischen Haupt- oder Nebenpflichten des Beschäftigten unterschieden. Die Erfüllung des Tatbestandes des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII (bzw nach früherem Sprachgebrauch: der innere Zusammenhang zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit) wurde als gegeben erachtet, wenn die Verrichtung Teil der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung des Beschäftigten war, bzw dann, wenn der Beschäftigte zur Erfüllung einer sich aus seinem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtung handelte(vgl BSG vom 30.6.2009 - B 2 U 22/08 R - Juris RdNr 14 - UV-Recht Aktuell 2009, 1040; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 31/07 R - Juris RdNr 11 - UV-Recht Aktuell 2009, 485; so auch noch einleitend, später aber differenzierend BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 30.1.2007 - B 2 U 8/06 R - Juris RdNr 12 - UV-Recht Aktuell 2007, 860; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 14; BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 47/03 R - Juris RdNr 26 - SozR 4-2700 § 8 Nr 11).

48

Es hat aber seit dem genannten Urteil vom 18.3.2008, insbesondere in seinen Entscheidungen vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - (SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 19) und vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - (Juris RdNr 18 - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen - SGb 2012, 148 ), ausdrücklich die Erfüllung beider Pflichtenarten aus dem Beschäftigungsverhältnis als Verrichtung einer versicherten Beschäftigung anerkannt (vgl auch BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 21). Es hat schon im Urteil vom 18.3.2008 (B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16 ff) entschieden, dass auch die Erfüllung allein einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis den Tatbestand der versicherten Tätigkeit iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII zu erfüllen vermag. Den Arbeitnehmer treffe die aus § 241 Abs 2 BGB folgende Nebenpflicht, sich bei der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses so zu verhalten, dass Leben, Körper, Eigentum und sonstige absolute Rechtsgüter des Arbeitgebers nicht verletzt werden. Das Aufstellen eines Warndreiecks sei eine Nebenpflicht eines Beschäftigten, der in Verrichtung der Beschäftigung mit dem Pkw des Unternehmers an einem Verkehrsunfall beteiligt sei. Dadurch würden die Unfallstelle gesichert, der nachfolgende Verkehr gewarnt und damit Folgeschäden vermieden, die sich zu Lasten des Unternehmers auswirken könnten (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 16 ff). Es hat dazu festgestellt, dass der Verletzte durch sein Handeln objektiv seine Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt hatte. Daher kam es nicht darauf an, ob er dabei das Rechtsbewusstsein hatte, auch einer Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis nachzukommen, oder ob er in erster Linie sich und andere schützen und seiner allgemeinen Verkehrssicherungspflicht genügen wollte. Das Bewusstsein, dem Unternehmer rechtlich zu der Handlung verpflichtet zu sein, ist weder notwendige subjektive Voraussetzung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung noch einer Verrichtung einer Beschäftigung. Es reicht, wenn die Intention auch darauf gerichtet war, etwas zu tun, das objektiv dem Unternehmer geschuldet war.

49

cc) Eigene Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Unternehmer erfüllt der Verletzte auch, wenn er Mitwirkungshandlungen vornimmt, die ihm zu dem Zweck obliegen (vgl §§ 241 Abs 2, 293 ff BGB), dass der Unternehmer seine ihm aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem Beschäftigten treffenden Haupt- oder Nebenpflichten erfüllen kann.

50

Das ist der Fall bei Handlungen des Verletzten zwecks Empfangnahme des Lohnes (BSG vom 1.12.1960 - 5 RKn 69/59 - BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO unter Bezugnahme auf RVA EuM Bd 20, 31; 26, 165; 33, 270) oder zur Geltendmachung von (vermeintlichen) Fehlern bei der Lohnabrechnung (BSG vom 1.12.1960 - 5 RKn 69/59 - BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO) oder zum Abtransport von Deputatholz als Teil der Vergütung (BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 21/98 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 34). In diesen Fällen ist der Beschäftigte zivilrechtlich gehalten, dem Unternehmer zu ermöglichen, seine Hauptpflicht (§ 611 Abs 1 BGB) zu erfüllen, die Vergütung zur rechten Zeit, am rechten Ort, in rechter Weise und in richtiger Höhe zu leisten (vgl BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 21/98 R - SozR 3-2200 § 548 Nr 34 ua unter Hinweis auf BSGE 13, 178 = SozR Nr 31 zu § 543 RVO aF; BSGE 41, 207 = SozR 2200 § 548 Nr 16; BSGE 43, 119, 121 = SozR 2200 § 548 Nr 28).

51

Gleiches gilt für eine ggf bestehende Obliegenheit des Beschäftigten, dem Unternehmer die Erfüllung seiner Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu ermöglichen. Solche Nebenpflichten des Beschäftigten können sich aus § 241 Abs 2 BGB, der nicht nur in Arbeitsverhältnissen gilt, ergeben. Voraussetzung ist, dass eine solche Haupt- oder Nebenpflicht des Unternehmers bereits entstanden ist und er sie nur erfüllen kann, wenn der Beschäftigte in bestimmter und ihm zumutbarer Weise mitwirkt. Denn der Beschäftigte und der Unternehmer müssen bei ihrem Zusammenwirken jeweils auf das Wohl und die berechtigten Interessen des anderen Rücksicht nehmen (vgl BAG vom 16.11.2010 - 9 AZR 573/09 - BAGE 136, 156 mwN; vgl zu den Einzelheiten Preis in Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 12. Aufl 2012, § 611 BGB RdNr 610 ff).

52

In diesem Sinn hat das BSG die Verrichtung einer Beschäftigung in einer Mitwirkungshandlung gesehen, als ein Beschäftigter den Weg zum Ort seiner bisherigen Tätigkeit zurücklegte, um sich dort seine Arbeitspapiere aushändigen zu lassen. Der Beschäftigte hatte den Unternehmer in gebotener Rücksichtnahme auf die Belange seines bisherigen Arbeitgebers durch die (beabsichtigte) Empfangnahme der Arbeitspapiere von der diesem obliegenden (nachgehenden) Nebenpflicht entlastet, ihm seine Arbeitspapiere - nach erfolglosem ersten Abholversuch - auf seine Rechnung und Gefahr zu übersenden (BSG vom 30.8.1963 - 2 RU 68/60 - BSGE 20, 23, 25 = SozR Nr 43 zu § 543 RVO aF). Die Verrichtung einer Beschäftigung lag auch bei einer Mitwirkungshandlung des Verletzten vor, der vom Arbeitgeber eine Arbeitsbescheinigung abholte, die er auf Verlangen der Ausländerbehörde für seine weitere Aufenthaltserlaubnis und damit für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses benötigte. Er hat vom Arbeitgeber eine Handlung begehrt, die dieser ihm aus dem Arbeitsverhältnis schuldete; das Abholen der Bescheinigung war vertragsgemäße arbeitsrechtliche Nebenpflicht des Beschäftigten (BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - Juris RdNr 11 - SozR 2200 § 548 Nr 78).

53

b) Keine Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII durch Erfüllung einer Nebenpflicht liegt hingegen dann vor, wenn der Verletzte zur Mitwirkungshandlung bei der Pflichtenerfüllung des Unternehmers aus dem Beschäftigungsverhältnis nicht verpflichtet war. Dasselbe gilt, wenn die Pflicht des Unternehmers nur entstanden ist, weil der Beschäftigte nach freiem Ermessen ein Recht gegen ihn ausgeübt hatte, das nicht auf die Förderung des Unternehmens gerichtet ist und auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, die den Unternehmer hoheitlich für den Staat zugunsten von Verwaltungsverfahren in Dienst nimmt. In beiden Fällen erfüllt nämlich der Beschäftigte keine Haupt- oder Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern begibt er sich freiwillig in den unternehmerischen Gefahrenbereich, um daraus unmittelbar nur eigene Vorteile zu erlangen (sog eigenwirtschaftliche Verrichtung).

54

War er zur Mitwirkung nicht verpflichtet, unterlag er dem unternehmerischen Gefahrenbereich nicht kraft des Beschäftigungsverhältnisses, sondern kraft freien Entschlusses, wie zB bei einer Gefälligkeit. Entstand die Pflicht des Unternehmers nicht aus dem Beschäftigungsverhältnis, sondern durch die freiwillige Ausübung eines anderweitig begründeten Rechts des Beschäftigten, ist seine Mitwirkungshandlung an der Durchsetzung seines eigenen Rechts nicht "der Beschäftigung geschuldet", sondern allein der Verfolgung eigener Interessen, also gleichfalls ein freiwilliger Eintritt in den unternehmerischen Gefahrenbereich. Das wird durch die Beschäftigtenversicherung nicht versichert. Denn sie soll nur gegen solche Gefahren begründet werden, denen der Beschäftigte wegen der Ausübung seiner Beschäftigung im fremden Gefahrenbereich, nicht aber aus eigenem Entschluss in Verfolgung nur eigener Belange ausgesetzt ist. Haupt- und Nebenpflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis sind also nur solche, die das Zusammenwirken des Unternehmers mit dem Beschäftigten zur Förderung der Unternehmenszwecke betreffen. In beiden Fallgruppen fehlt es an der aus der Beschäftigung entstehenden Nebenpflicht des Beschäftigten, in der zweiten außerdem an der Förderung der Unternehmenszwecke.

55

In der arbeitsrechtlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass den Arbeitgeber treffende öffentlich-rechtliche Pflichten (zumeist aus dem Steuer- und Sozialversicherungsrecht), die an das Arbeitsverhältnis tatbestandlich anknüpfen und durch die der Arbeitgeber hoheitlich für den Staat in Dienst genommen wird, zugleich zivilrechtliche (arbeitsrechtliche) Nebenpflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber dem Arbeitnehmer sind. Sie werden arbeitsrechtlich als Konkretisierungen der privatrechtlichen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers verstanden (vgl die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen; BAG vom 29.3.2001 - 6 AZR 653/99 - NZA 2003, 105; BAG vom 11.6.2003 - 5 AZB 1/03 - BAGE 106, 269 ; BAG vom 15.1.1992 - 5 AZR 15/91 - BAGE 69, 204, 210 ; BAG vom 13.5.1970 - 5 AZR 385/69 - BAGE 22, 332 ; BAG vom 30.1.1969 - 5 AZR 229/68 - BB 1969, 407 ; BAG vom 2.6.1960 - 2 AZR 168/59 - BB 1960, 983 ; Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Aufl 2011, § 106, RdNr 56 mwN; Ring in Handkommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2010, § 611 BGB, RdNr 658; vgl zum Begriff der Fürsorgepflicht auch Boemke in Handkommentar zum Arbeitsrecht, 2. Aufl 2010, § 611 BGB, RdNr 378 mwN, danach stellt die Fürsorgepflicht selbst keine eigenständige Pflicht, sondern ein Bündel einzelner Nebenpflichten dar und soll nach im Vordringen befindlicher Auffassung sogar ganz fallen gelassen werden).

56

Hierauf ist nicht näher einzugehen, da es für die Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII nicht entscheidend auf die arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers oder deren öffentlich-rechtliche "Konkretisierungen" ankommt. Entscheidend ist, ob der Beschäftigte zur Mitwirkung an der Erfüllungshandlung des Arbeitgebers aus dem Beschäftigungsverhältnis verpflichtet war. Falls überhaupt eine Mitwirkungspflicht bestand, ist er nicht "aus dem Beschäftigungsverhältnis" zur Mitwirkung verpflichtet, wenn der Arbeitgeber seine Handlung nur deshalb vornehmen muss, weil der Beschäftigte ein Recht ohne Bindungen aus dem Beschäftigungsverhältnis im ausschließlich eigenen Interesse ausgeübt hat, das ihm durch öffentliches Recht verliehen wurde.

57

c) Ferner verrichtet der Verletzte eine Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII, wenn er in der vertretbaren, aber objektiv irrigen Annahme handelt, dazu aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses verpflichtet zu sein. Die Annahme dieser Pflicht ist vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht. Die durchgeführte Verrichtung muss objektiviert darauf ausgerichtet sein, die angenommene Pflicht zu erfüllen.

58

Die Einbeziehung dieser Fallgruppe der vermeintlichen Pflichterfüllung durch den Beschäftigten rechtfertigt sich aus dem genannten ersten Schutzzweck der Beschäftigtenversicherung. Jeder, der etwas in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen zu dessen unmittelbarem Vorteil tut, muss, außer bei völliger Weisungsabhängigkeit, seine Pflichten kennen. Er kann durch die Beschäftigung aber auch in Umstände geraten, in denen er sofort entscheiden muss, ob ihn eine Haupt- oder Nebenpflicht zur Vornahme bestimmter Handlungen trifft. Dies ist ggf Teil seiner Pflichten aus seiner Beschäftigung.

59

In diesem Sinne hat das BSG die Verrichtung einer Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII bejaht, als ein Versicherter aus gutem Grund der Auffassung sein konnte, sich "betriebsdienlich" zu verhalten(BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14 unter Verweis auf BSGE 20, 215, 218 = SozR Nr 67 zu § 542 RVO aF; BSG SozR Nr 30 zu § 548 RVO; BSGE 52, 57, 59 = SozR 2200 § 555 Nr 5). Daher liegt bei einem "nur" eigenwirtschaftlichen Zwecken dienenden Verhalten, also bei einer Handlung mit der Absicht (dolus directus ersten Grades), nur andere Zwecke zu verfolgen als die Erfüllung des Versicherungstatbestandes der Beschäftigung, auch dann keine Verrichtung einer Beschäftigung vor, wenn das Handeln zugleich dem Unternehmen objektiv nützlich ist (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14 unter Bezugnahme auf BSG vom 25.10.1989 - 2 RU 26/88 - SozR 2200 § 548 Nr 96; BSG vom 20.1.1987 - 2 RU 15/86 - SozR 2200 § 539 Nr 119). Entscheidend ist nur, ob der Verletzte von seinem Standpunkt aufgrund objektiver Anhaltspunkte der Auffassung sein durfte, seine Verrichtung sei von ihm geschuldet, um den Interessen des Unternehmens zu dienen. Dafür reichen aber subjektive Vorstellungen ohne bestätigende objektive Anhaltspunkte nicht aus.

60

d) Den Tatbestand einer versicherten Beschäftigung iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt ein Verletzter schließlich auch dann, wenn er handelt, um eigene unternehmensbezogene Rechte wahrzunehmen. Dabei handelt es sich um die Wahrnehmung von Rechten, die die Regelung innerbetrieblicher Belange zum Gegenstand haben und/oder den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung fördern. Hierzu zählen ua:

die Teilnahme an Betriebsversammlungen (vgl hierzu etwa Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 40; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 179, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 103, Stand Mai 2010),

die Tätigkeit als Betriebsratsmitglied bei der Ausübung der im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehenen Aufgaben (vgl etwa BSG vom 20.5.1976 - 8 RU 76/75 - BSGE 42, 36, 37 = SozR 2200 § 539 Nr 19 RdNr 18 und BSG vom 20.2.2001 - B 2 U 7/00 R - SozR 3-2200 § 539 Nr 54; vgl ferner Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 38; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 180, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 102, Stand Mai 2010),

und die Tätigkeiten zur Vorbereitung und Durchführung der zur Bildung der Räte erforderlichen Wahlen (Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, K § 8 RdNr 65, Stand Mai 2011; Ricke in Kasseler Kommentar, § 8 SGB VII RdNr 59, Stand Dezember 2011; Schmitt, 3. Aufl 2008, § 8 SGB VII RdNr 40; Schwerdtfeger in Lauterbach, § 8 SGB VII RdNr 180, Stand August 2009; Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 103, Stand Mai 2010; vgl hierzu insgesamt zuletzt auch Krasney, SGb 2012, 130).

61

3. Die Klägerin hat vor ihrem Treppensturz keine versicherte Beschäftigung im Sinne der abschließend aufgeführten Voraussetzungen des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII verrichtet.

62

Nach § 194 Abs 1 S 1 SGB VI(in der bis zum 31.12.2007 geltenden und damit hier maßgeblichen Fassung, die die Vorschrift durch das Gesetz zur Sicherung der nachhaltigen Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.7.2004 - BGBl I 1791 - erhalten hatte ) haben die Arbeitgeber auf Verlangen des Beschäftigten, der für die Zeit nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses eine Altersrente beantragt hat, die Pflicht, das voraussichtliche Arbeitsentgelt bis zu drei Monate im Voraus zu bescheinigen (vgl Finke in Hauck/Noftz, SGB VI, K § 194 RdNr 1, Stand Juli 1996).

63

Die Klägerin beabsichtigte, von ihrem Arbeitgeber eine sog Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI zu verlangen. Dazu wollte sie ihm das einschlägige Formular vorlegen und hatte sich deshalb auf das Betriebsgelände begeben. Sie hatte also mit der Verrichtung, deren unfallversicherungsrechtliche Bedeutung hier umstritten ist, begonnen.

64

Die Abgabe des Formulars für eine Vorausbescheinigung erfüllt aber weder eine vertragliche Haupt- oder Nebenleistungspflicht der Klägerin aus ihrem Beschäftigungsverhältnis (s sogleich unter a>). Ferner durfte die Klägerin nicht annehmen, sie treffe eine solche Pflicht (dazu unter b>). Schließlich hat sie auch keine unternehmensbezogenen Rechte wahrgenommen (dazu unter c>).

65

a) Die Abgabe des Formulars für die Ausstellung der Vorausbescheinigung iS des § 194 SGB VI ist augenfällig keine sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebende Hauptpflicht der Klägerin.

66

Sie hat damit auch keine gegenüber dem Unternehmer treffende Nebenpflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis erfüllt, sondern, wie die Vorinstanzen richtig gesehen haben, nur eigene Vorteile angestrebt. Mit ihrem Vortrag, sie habe auch abstrakt denkbare mittelbare Schadensersatzansprüche aus verzögerter Betriebsrentenzahlung vom Arbeitgeber abwehren wollen, hat sie keine solche eigene Nebenpflicht dargetan. Sie hat nicht zur Abwendung von Gefahren, die absolut geschützte Rechtsgüter des Unternehmers betrafen, gehandelt, sondern Gefahren bedacht, die allenfalls mittelbar seinen Vermögensinteressen drohten. Nach den Feststellungen des LSG gab es aber keine allgemeine oder spezielle Vermögensfürsorgepflicht der Klägerin für ihren Arbeitgeber. Hierfür sind auch keine Anhaltspunkte ersichtlich.

67

Die beabsichtigte Vorlage des Formulars erfüllte auch keine sie treffende Mitwirkungspflicht, dem Unternehmer dabei Hilfe zu leisten, eine ihm aus dem Beschäftigungsverhältnis ihr gegenüber obliegende Haupt- oder Nebenleistungspflicht zu erfüllen.

68

Die begehrte Ausstellung der Vorausbescheinigung durch den Arbeitgeber ist für die Erfüllung seiner Hauptleistungspflicht gegenüber der Klägerin - nämlich seiner Pflicht zur Vergütung iS des § 611 Abs 1 BGB - offensichtlich ohne rechtlichen Belang. Eine Mitwirkungspflicht der Klägerin zur Ermöglichung der Hauptleistung des Arbeitgebers bestand somit nicht.

69

Sie hatte zudem keine Mitwirkungspflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis gegenüber ihrem Arbeitgeber, von diesem die Ausstellung einer Vorausbescheinigung zu verlangen und ihm dies dann durch Vorlage des Formulars zu ermöglichen. Aufgrund ihrer Beschäftigung war sie nicht verpflichtet, vom Unternehmer die Vorausbescheinigung zu verlangen, die ausschließlich der Durchsetzung ihres allein gegen den Rentenversicherungsträger gerichteten Rechts auf nahtlose richtige Zahlung der dort beantragten Altersrente diente.

70

Dass der Unternehmer allein aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses, ohne § 194 SGB VI, nicht verpflichtet war, eine Vorausbescheinigung zu erteilen, liegt auf der Hand. Daher bestand allein auf dieser Grundlage keine Mitwirkungspflicht der Klägerin. Notwendige Voraussetzungen der Entstehung dieser Pflicht waren das Bestehen einer gesetzlichen Vorschrift, die dem Beschäftigten das Recht gegen den Arbeitgeber gewährt, nach freiem Willen die Ausstellung der Bescheinigung zu verlangen, und die Ausübung dieses Rechts. Dieses dient allein dem privaten Interesse der Klägerin an richtiger Rentenzahlung durch den Rentenversicherungsträger. Dasselbe gilt daher auch für ihre Mitwirkung an der Ausstellung der Vorausbescheinigung durch den Arbeitgeber, dessen Unternehmen dadurch nicht berührt wird.

71

Entgegen der Ansicht der Klägerin unterscheidet sich ihr Fall grundlegend von dem der Erteilung einer Arbeitsbescheinigung zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis, die auch die Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses ermöglichte. Der Arbeitnehmer hat, wie oben schon gesagt, vom Arbeitgeber eine Handlung begehrt, die dieser ihm unmittelbar aus dem Arbeitsverhältnis schuldete; das Abholen der Bescheinigung war vertragsgemäße arbeitsrechtliche Nebenpflicht des Beschäftigten (vgl BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 76/84 - SozR 2200 § 548 Nr 78).

72

b) Die Klägerin hat ferner keine objektiv nicht geschuldete Handlung vorgenommen in der vertretbaren, aber irrigen Annahme, damit eine vermeintliche Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen. Die Annahme dieser Pflicht ist nur vertretbar, wenn der Beschäftigte nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zur Zeit der Verrichtung (ex ante) aufgrund objektiver Anhaltspunkte und nach Treu und Glauben annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht (BSG vom 18.3.2008 - B 2 U 12/07 R - SozR 4-2700 § 135 Nr 2 RdNr 14; BSG vom 29.1.1986 - 9b RU 18/85 - BSGE 59, 291 = SozR 2200 § 539 Nr 115 und BSG vom 27.6.1991 - 2 RU 17/90 - Juris RdNr 15; vgl auch Wagner in jurisPK-SGB VII, § 8 RdNr 34 f, Stand Mai 2010).

73

Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin der Auffassung sein durfte, eine vermeintliche eigene Pflicht aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen, sind jedoch nicht ersichtlich. Die von ihr angenommene Vermögensbetreuungspflicht für das Vermögen des Arbeitgebers besteht nicht.

74

c) Schließlich hat die Klägerin durch die beabsichtigte Formularabgabe auch kein eigenes unternehmensbezogenes Recht wahrgenommen. Denn es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Handlung die Regelung innerbetrieblicher Belange zum Gegenstand hatte oder sie den Zusammenhalt in der Belegschaft und mit der Unternehmensführung förderte. Vielmehr ging es nur um das eigenwirtschaftliche Interesse an der sofort richtigen Altersrente.

75

4. Das Berufungsgericht hat schließlich auch zu Recht darauf hingewiesen, dass eine versicherte Tätigkeit im Sinne einer sog gemischten Tätigkeit nicht vorliegt. Es liegt mit dem Gehen auf der Treppe vor der Abgabe des Formulars für eine Vorausbescheinigung nämlich nur eine einzige Verrichtung vor. Gemischte Tätigkeiten setzen (zumindest) zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraus, von denen (wenigstens) eine den Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt.

76

Das LSG hat schließlich auch richtig erkannt, dass diese einzige Verrichtung auch nicht auf einer gemischten Motivationslage beruhte. Denn es hat schon nicht festgestellt, dass die Klägerin mit dem Weg zur Vorlage des Formulars zusätzlich noch eine andere Intention hatte als diejenige, die Vorausbescheinigung des Arbeitgebers und dadurch sofort die angestrebte Rentenhöhe zu erhalten.

77

5. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 13. April 2010 aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 2. Dezember 2008 zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

2

Der 1976 geborene Kläger war als Verwaltungsangestellter im Außendienst bei der Stadt L. beschäftigt, um den ruhenden Verkehr zu überwachen, und wohnte in der sog H.-Siedlung in L.-A.

3

Am Nachmittag des 31.3.2006 erhielt der Kläger, der seinen Dienst um 12.00 Uhr angetreten hatte, an seinem Einsatzort in L.-Süd die telefonische Nachricht, dass er auf dienstliche Anweisung zusammen mit seinem Kollegen L. zunächst den Theaterparkplatz in L.-Mitte überwachen und anschließend in der H.-Siedlung in L.-A. parkende Lastkraftwagen kontrollieren sollte. Der Kläger fuhr mit seinem privaten Pkw zum T.-Parkplatz in L.-Mitte, stellte sein Fahrzeug ab und nahm die Überwachungstätigkeit auf. Er vereinbarte mit seinem Kollegen, dass er seine Pause, die 30 Minuten betrug, dafür nutzen wolle, zu der in der Innenstadt gelegenen Werkstatt zu fahren, in der sich sein Motorrad zur Wartung befand. Der Kläger wollte dort nachfragen, ob die Wartung abgeschlossen sei.

4

Nachdem er und sein Kollege die Überwachungstätigkeit auf dem T.-Parkplatz gegen 16.30 Uhr beendet hatten, fuhren sie im Pkw des Kollegen zur Werkstatt. Die Wartung des Motorrads war abgeschlossen. Der Kläger vereinbarte mit seinem Kollegen, dass er mit dem Motorrad zu der in der H.-Siedlung gelegenen Wohnung des Klägers fahren sollte, damit der Kläger sein Motorrad dort abstellen konnte und um von dort aus die Ermittlungen aufzunehmen. Der Kollege sollte mit seinem Pkw dorthin kommen.

5

Gegen 16.40 Uhr trat der Kläger mit dem Motorrad die Fahrt von der Werkstatt in Richtung L.-A. an. Er befuhr die A. Straße in Richtung L.-A., als er gegen 16.48 Uhr mit einem in diese Straße einbiegenden Fahrzeug kollidierte. Dabei zog er sich eine Beckenring- und Oberschenkelfraktur zu.

6

Die Stadt L. meldete den Unfall dem Rechtsvorgänger der Beklagten, dem Gemeindeunfallversicherungsverband Westfalen-Lippe. Mit Bescheid vom 26.6.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2007 wurde die Anerkennung des Unfalls als Arbeitsunfall mit der Begründung abgelehnt, der Kläger habe sein Motorrad in der Arbeitspause von der Werkstatt zu seiner Wohnung bringen wollen. Diese private Tätigkeit sei unversichert. Dass der sich anschließende Weg zum nächsten Einsatzort nicht mehr so weit gewesen sei, begründe keinen Versicherungsschutz.

7

Das SG hat die Klage, die auf die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung eines Arbeitsunfalls gerichtet war, mit Urteil vom 2.12.2008 abgewiesen.

8

Das LSG Nordrhein-Westfalen hat das Urteil des SG geändert und entsprechend dem im Berufungsverfahren geänderten Antrag des Klägers unter Aufhebung der angefochtenen Ablehnungsentscheidung festgestellt, dass der Unfall vom 31.3.2006 ein Arbeitsunfall ist. Die zum Unfall führende Fahrt habe nicht trennbar sowohl unversicherten privaten als auch versicherten Zwecken gedient. Als sog gemischte Tätigkeit habe die Fahrt unter Versicherungsschutz gestanden, weil sie auch dann vorgenommen worden wäre, wenn der private Zweck - das Nach-Hause-Bringen des Motorrads - entfallen wäre. Wäre das Motorrad nicht in der Werkstatt gewesen, wäre der Kläger nach der Pause mit dem Kollegen in dessen Privat-Pkw zum nächsten Einsatzort gefahren. Der Kläger sei arbeitsrechtlich nicht gehalten gewesen, seine Dienstfahrten in einer bestimmten Weise - zB zusammen mit dem Kollegen oder mit einem Pkw - zurückzulegen. Er hätte vom Einsatzort in L.-Stadtmitte bei Wahl der kürzesten Wegstrecke über die A. Straße zu seinem neuen Einsatzort gelangen müssen.

9

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und die Verletzung von § 8 SGB VII gerügt. Die unfallbringende Fahrt habe nicht im erforderlichen sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Überwachungstätigkeit gestanden. Der Kläger habe die versicherte Tätigkeit vorerst beendet gehabt und sich durch das rein privatwirtschaftliche Aufsuchen der Werkstatt in seiner Pause von der betrieblichen Tätigkeit gelöst. Der Weg ab der Werkstatt sei maßgeblich von den eigenwirtschaftlichen Interessen des Klägers - Verbringung des Motorrads zur Wohnung - geprägt, denn für die Wahl des Zeitpunkts und des Verkehrsmittels seien andere Gründe maßgebend gewesen als die Absicht, den nächsten Ort der Tätigkeit zu erreichen. Aus Sicht eines unbeteiligten Dritten sei das Aufsuchen der Werkstatt, die Auslösung des Motorrads und dessen Verbringung an den Wohnort eine einheitliche, eigenwirtschaftliche Handlung. Die reine Streckenidentität mit dem Weg zwischen den Einsatzgebieten genüge nicht zur Begründung von Versicherungsschutz, der auch nicht nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII oder § 8 Abs 2 Nr 5 SGB VII in Betracht komme.

10

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 13.4.2010 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG Dortmund vom 2.12.2008 zurückzuweisen.

11

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend. Er sei nur mit dem Motorrad nach L.-A. gefahren, weil es sich wegen des in der Nähe seiner Wohnung gelegenen Einsatzortes angeboten habe und nicht, weil er das Motorrad "zu sich nach Hause bringen wollte". Mit Antritt der Fahrt ab der Werkstatt habe er nach außen erkennbar seinen Dienst wieder angetreten.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des LSG-Urteils und Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG begründet, denn das LSG hat zu Unrecht das klageabweisende Urteil des SG geändert und unter Aufhebung des Bescheides vom 26.6.2007 idF des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2007 einen Arbeitsunfall festgestellt.

14

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG den Antrag einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1, § 55 Abs 1 Nr 1 SGG gestellt. Das LSG hat sachlich über diesen Klageantrag entschieden und so den Übergang des Klägers von einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf eine Anfechtungs- und Feststellungsklage im Berufungsverfahren bindend zugelassen (§ 153 Abs 1 SGG iVm § 99 Abs 4 SGG; vgl BSGE 48, 159, 162; BSG vom 4.5.1999 - B 2 U 89/98 B; Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl 2008 § 99 RdNr 15). Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage erweist sich als zulässig. Denn die grundsätzliche prozessrechtliche Nachrangigkeit der Feststellungsklage steht der Zulässigkeit der mit der Anfechtungsklage verbundenen Feststellungsklage nach ständiger Rechtsprechung des Senats in Fällen der vorliegenden Art nicht entgegen (vgl BSG vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - Juris RdNr 9; BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 46/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4 f; Urteil vom 30.10.2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 8). Begehrt der Versicherte allein die von dem Unfallversicherungsträger abgelehnte Feststellung des Vorliegens eines Versicherungsfalls, kann er durch die Verbindung einer Anfechtungs- mit einer Feststellungsklage ggf unmittelbar eine gerichtliche, von der Verwaltung nicht mehr beeinflussbare Feststellung erlangen.

15

Entgegen der Entscheidung des LSG war der Unfall des Klägers vom 31.3.2006 kein Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII.

16

Nach § 8 Abs 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl ua BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, 198 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 RdNr 10 mwN; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 10 mwN).

17

Der Kläger war zwar zur Zeit des Unfallereignisses Beschäftigter iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII und hat am 31.3.2006 einen Unfall mit der Folge eines Gesundheitsschadens erlitten.

18

Dieser Unfall ist jedoch kein Arbeitsunfall, da die vom Kläger im Zeitpunkt des Unfallereignisses ausgeübte Verrichtung - die Motorradfahrt von der Werkstatt zur eigenen Wohnung in der H.-Siedlung - nicht im inneren bzw sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gestanden hat. Es handelt sich weder um eine versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII (dazu sogleich unter 1.) noch um das Zurücklegen eines mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Wegs nach oder von dem Ort der Tätigkeit nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII (dazu unter 2.) noch um ein mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängendes Verwahren, Befördern, Instandhalten oder Erneuern eines Arbeitsgeräts nach § 8 Abs 2 Nr 5 SGB VII (dazu unter 3.).

19

1. Mit der Motorradfahrt zum Unfallzeitpunkt erfüllte der Kläger keine arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflicht, die ihm als Verwaltungsangestellten zur Kontrolle des ruhenden Verkehrs oblag, insbesondere legte er keinen Betriebsweg zurück, der Teil der versicherten Tätigkeit iS von § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII wäre.

20

Ein Betriebsweg unterscheidet sich von anderen Wegen dadurch, dass er im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und nicht - wie Wege nach und von dem Ort der Tätigkeit iS von § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII - der versicherten Tätigkeit lediglich vorausgeht oder sich ihr anschließt(vgl hierzu BSG Urteil vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R - Juris RdNr 16). Entscheidend für die Beurteilung, ob ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse zurückgelegt wird und deswegen im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, ist die objektivierte Handlungstendenz des Versicherten, ob also der Versicherte eine dem Beschäftigungsunternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl BSG vom 10.10.2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 19 RdNr 14). Als objektive Umstände, die Rückschlüsse auf die Handlungstendenz zulassen, ist beim Zurücklegen von Wegen insbesondere von Bedeutung, ob und inwieweit Ausgangspunkt, Ziel, Streckenführung und ggf das gewählte Verkehrsmittel durch betriebliche Vorgaben geprägt werden.

21

Die Motorradfahrt als konkrete Verrichtung des Klägers zum Zeitpunkt des Unfallereignisses, die nach den Feststellungen des LSG zugleich betrieblichen und privaten Zwecken dienen sollte, beruhte angesichts der objektiven Umstände nicht auf der vom LSG bindend festgestellten betrieblichen Handlungstendenz.

22

Der Kläger verrichtete keine "gemischte Tätigkeit", da diese zumindest zwei gleichzeitig ausgeübte untrennbare Verrichtungen voraussetzt, von denen (wenigstens) eine im sachlichen Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit steht, während die Motorradfahrt des Klägers eine einzige Verrichtung war. Denn eine "Verrichtung" ist nur ein konkretes, also auch räumlich und zeitlich bestimmtes Verhalten, das seiner Art nach von Dritten beobachtbar ist. Die Motorradfahrt ist aus Sicht eines objektiven Betrachters eine einzige einheitliche Verrichtung, selbst wenn sie unterschiedlichen Zwecken dient. Die Motorradfahrt ist die konkrete Verrichtung, durch die der Kläger von der Werkstatt aus sein Motorrad zur Wohnung fahren und selbst zum nächsten Einsatzort gelangen wollte. Deswegen kann die konkrete Verrichtung des Klägers zum Unfallzeitpunkt entgegen der Formulierung im LSG-Urteil nicht abstrakt als "Fahrt" bezeichnet werden ohne Angabe des Fortbewegungsmittels. Eine "Fahrt" ohne Verkehrsmittel ist nicht möglich, sodass schon die Definition der zum Unfallzeitpunkt vorgenommenen konkreten Verrichtung des Klägers die Angabe eines Transportmittels voraussetzt.

23

Die Motorradfahrt zur klägerischen Wohnung war eine Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz bzw mit gemischter Motivationslage (vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 16), denn sie erfolgte sowohl mit privatwirtschaftlicher als auch mit betrieblicher Handlungstendenz. Eine betriebliche, den sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründende Handlungstendenz des Beschäftigten liegt vor, wenn er den Willen hat, durch die Verrichtung eine seiner Pflichten aus dem Beschäftigungsverhältnis zu erfüllen oder die Erfüllung von Vor- und Nachbereitungshandlungen, die das Gesetz versichert, zu ermöglichen, zu fördern oder zu sichern. Nach den Feststellungen des LSG hatte der Kläger zwei Ziele. Er wollte zwecks Wiederaufnahme seiner Beschäftigung weisungsgemäß seinen nächsten Einsatzort erreichen, also den Weg auch als "Betriebsweg" zurücklegen (betriebliche Handlungstendenz) und er wollte sein Motorrad an seiner Wohnung abstellen (privatwirtschaftliche Handlungstendenz). Bei der "Handlungstendenz" handelt es sich um eine sog innere Tatsache. Daher sind diese von der Beklagten nicht gerügten Feststellungen des LSG für den Senat bindend.

24

Eine solche Verrichtung mit gespaltener Handlungstendenz steht dann im inneren bzw sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, wenn die konkrete Verrichtung hypothetisch auch dann vorgenommen worden wäre, wenn die private Motivation des Handelns entfallen wäre (vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - aaO), wenn also die Verrichtung nach den objektiven Umständen in ihrer konkreten, tatsächlichen Ausgestaltung ihren Grund in der betrieblichen Handlungstendenz findet. Insoweit ist nicht auf Vermutungen über hypothetische Geschehensabläufe außerhalb der konkreten Verrichtung und der objektivierten Handlungstendenzen, sondern nur auf die konkrete Verrichtung selbst abzustellen. Es ist zu fragen, ob die Verrichtung, so wie sie durchgeführt wurde, objektiv die versicherungsbezogene Handlungstendenz erkennen lässt. Die Ausführungen des LSG darüber, was vermutlich geschehen wäre, wenn der Kläger zur Unfallzeit nicht mit seinem Motorrad von der Werkstatt zu seiner Wohnung gefahren wäre, enthalten keine maßgeblichen Tatsachenfeststellungen. Denn sie befassen sich mit hypothetischen Geschehensabläufen außerhalb der konkreten Verrichtung "Motorradfahrt", die als nicht erfolgte Ereignisse keine (feststellbaren) Tatsachen sind.

25

Nach den objektiven Umständen lässt die tatsächlich erfolgte Motorradfahrt des Klägers von der Werkstatt zur Wohnung einen sachlichen Zusammenhang mit der verrichteten Tätigkeit, hier zB sich zum nächsten Einsatzgebiet zu begeben, nicht deutlich werden. Der betriebliche Zweck, sich (von einem) zum nächsten Einsatzgebiet zu begeben, vermag nach den objektiven Umständen nicht zu erklären, dass die Fahrt an der Werkstatt beginnt, dass als Ziel im nächsten Einsatzgebiet gerade die Wohnung des Klägers gewählt worden ist und die Fahrt auf dem Motorrad erfolgt anstatt einer Fahrt mit dem eigenen Pkw oder einer Fahrt als Beifahrer im Pkw des Kollegen. Vorliegend wurden Ausgangsort, Ziel und das genutzte Verkehrsmittel nicht durch betriebliche Erfordernisse bestimmt, sondern finden ihren Grund in der privaten Motivation des Klägers, sein Motorrad von der Werkstatt zur eigenen Wohnung zu fahren.

26

In rechtlicher Wertung sprach nichts dafür, dass die berufliche Handlungstendenz, die private Motivation weggedacht, zu der unfallbringenden Motorradfahrt des Klägers geführt hätte. Ohne die private Motivation, das Motorrad von der Werkstatt zur Wohnung zu fahren, wäre insbesondere nicht das Motorrad als Verkehrsmittel gewählt worden und die konkrete, zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Verrichtung - nämlich die Motorradfahrt auf der A. Straße in Richtung der Wohnung - wäre nicht erfolgt. Das Führen eines Motorrads ist objektiv eine andere Verrichtung als eine Fahrt mit dem eigenen Pkw oder als Beifahrer im Pkw des Kollegen.

27

Dass der Kläger aus arbeitsrechtlicher Sicht sein privates Motorrad für dienstliche Fahrten nutzen durfte, vermag keinen inneren bzw sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit mit solchen Motorradfahrten des Klägers zu begründen, die nach dem oben dargelegten Maßstab für die Ermittlung der objektivierten Handlungstendenz bei gemischter Motivationslage gerade nicht auf einer objektivierten betrieblichen Handlungstendenz beruhen.

28

Eine den inneren bzw sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit begründende objektivierte betriebliche Handlungstendenz des Klägers kann nicht daraus gefolgert werden, dass sich der Unfall an einer Stelle ereignet hat, die der Kläger mutmaßlich passiert hätte, wenn er eine Fahrt von einem zum anderen Einsatzgebiet zurückgelegt hätte.

29

Zutreffend hat die Revisionsklägerin darauf hingewiesen, dass reine Streckenidentität einer mit privater Handlungstendenz erfolgten Motorradfahrt mit einer möglichen, tatsächlich aber nicht erfolgten betrieblich veranlassten (Pkw-)Fahrt, die mutmaßlich (oder möglicherweise) an Stelle der Motorradfahrt getreten wäre, keinen inneren bzw sachlichen Zusammenhang der durchgeführten Motorradfahrt als konkrete Verrichtung mit der versicherten Tätigkeit begründen kann (vgl auch BSG vom 10.10.2006 - B 2 U 20/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 19 RdNr 15).

30

2. Die Motorradfahrt des Klägers als Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses war auch keine versicherte Tätigkeit iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII.

31

Danach sind versicherte Tätigkeiten das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 und 6 SGB VII zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Begründet wird dieser Versicherungsschutz damit, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit, also mit einer auf die versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (vgl BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 13; BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr 29 RdNr 21). Sie erfolgen entweder mit der Handlungstendenz, sich aus dem privaten Bereich in den betrieblichen Bereich (Weg zu dem Ort der Tätigkeit) oder sich aus dem betrieblichen Bereich zurück in den privaten Bereich zu begeben (Weg von dem Ort der Tätigkeit). Der Kläger hat mit der Motorradfahrt keinen unmittelbaren Weg von oder zu dem Ort der Tätigkeit zurückgelegt. Wie bereits dargelegt, fehlte der Verrichtung bei gemischter Motivationslage eine objektivierte betriebliche Handlungstendenz. Außerdem war Ausgangsort der konkreten Motorradfahrt kein Ort der Tätigkeit als Angestellter der Verkehrsüberwachung, sondern die aus privaten Gründen aufgesuchte Werkstatt, und deren Endpunkt die private Wohnung.

32

3. Das Motorrad war ferner kein Arbeitsgerät iS von § 8 Abs 2 Nr 5 SGB VII, denn es war nicht dazu bestimmt, hauptsächlich der Tätigkeit im Unternehmen zu dienen(vgl BSG vom 12.5.2009 - B 2 U 12/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 33 RdNr 28 mit Verweis auf BSG vom 23.2.1966 - 2 RU 45/65 - BSGE 24, 243, 246).

33

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.06.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Überfalls am 2.3.2009 als Arbeitsunfall streitig.

2

Die Klägerin, die an einer Schule beschäftigt ist, lernte den Täter (im Folgenden: T.) 1993 kennen, während dieser in Untersuchungshaft saß. Nachdem T. eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßt und am 19.9.2008 aus der Haft entlassen worden war, nahm er wieder Kontakt zu ihr auf. Die von T. angestrebte feste Beziehung kam nicht zustande. Die Klägerin beendete die Beziehung am 16.2.2009 endgültig. T. reiste am 1.3.2009 zum Wohnort der Klägerin, um nochmals mit ihr zu sprechen. Er wartete am Morgen des 2.3.2009 ab 8 Uhr vor dem Haus darauf, dass sie herauskam. Die Klägerin verließ das Haus um ca 8.50 Uhr und ging zu der nur von außen zugänglichen Garage, um zu ihrer Arbeitsstelle zu fahren. Nachdem sie die Garage betreten und ihre Tasche auf den Beifahrersitz ihres Autos gestellt hatte, zog sie das Garagentor weiter auf. In diesem Moment betrat T. die Garage, fesselte die Klägerin und brachte sie zunächst in die angrenzende Waschküche, dann in den Heizungskeller. Schließlich vergewaltigte er sie in der Garage in ihrem Kraftfahrzeug.

3

Der beklagte Unfallversicherungsträger lehnte mit Bescheid vom 27.5.2009 die Feststellung des Ereignisses vom 2.3.2009 als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Den Widerspruch der Klägerin wies er mit Widerspruchsbescheid vom 4.3.2010 zurück. Der Überfall auf dem Weg zur Arbeit stehe nicht unter Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung, weil die Motive für den Überfall allein im privaten Bereich der Klägerin gelegen hätten. Auch sei nicht erkennbar, dass T. sich bei seiner Tat besondere Gegebenheiten des Weges der Klägerin zu ihrer Tätigkeit zu Nutze gemacht habe.

4

Das SG hat mit Urteil vom 19.5.2011 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 2.3.2009 um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Es könne offenbleiben, ob der Versicherungsschutz der Klägerin in der gesetzlichen Versicherung deshalb entfalle, weil es sich um einen auf persönlichen Gründen beruhenden vorsätzlichen Angriff gehandelt habe. Denn besondere, dem versicherten Weg zuzuordnende Verhältnisse in den nach außen abgeschirmten Räumen der Garage, der Waschküche und des Heizungskellers hätten den Angriff erst ermöglicht oder wesentlich begünstigt.

5

Das LSG hat auf die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 16.1.2012 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, zwar bestehe bei tätlichen Angriffen Versicherungsschutz, wenn der Täter aus betriebsbezogenen Motiven handele oder dem Versicherungsschutz unterfallende Situationen ausnutze. Ein Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit entfalle jedoch dann, wenn die Motive - wie hier - aus der persönlichen Beziehung zwischen Opfer und Täter herrührten. Auf die objektiven Umstände und die Beschaffenheit des Weges komme es dann nicht an. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass die dem versicherten Bereich zuzuordnenden Verhältnisse die Tat wenigstens begünstigt hätten.

6

Die Klägerin rügt mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 SGB VII iVm §§ 2, 3 und 6 SGB VII. Zwar habe sich bei dem Überfall kein typisches, über § 8 Abs 2 SGB VII abgesichertes Wegerisiko verwirklicht. Es entspreche jedoch dem Zweck der gesetzlichen Unfallversicherung, Arbeitnehmer zu schützen, die auf dem Weg zu ihrer Arbeit Opfer eines Überfalles werden, zu dem sie keinen persönlichen Beitrag, zum Beispiel durch Provokation oder einen Streit, geleistet hätten. Da die Zufälligkeit des Geschehens eine typische Eigenschaft eines Unfalles darstelle, könne das Risiko, auf dem Weg zur Arbeit Opfer eines durch persönliche Beziehungen motivierten Überfalles zu werden, nicht anders behandelt werden als das Risiko, einen fremdverschuldeten Verkehrsunfall zu erleiden. Auch hätten die dem versicherten Bereich zuzuordnenden Verhältnisse den Angriff erst ermöglicht bzw begünstigt. T. habe die Tat ungestört und ohne die Gefahr vor Entdeckung wegen der ihm bekannten, zum geschützten Arbeitsweg gehörenden, nicht einsehbaren Räume begehen können und den versicherten Weg vom Verlassen des Hauses bis zum Auto als einzige Möglichkeit für die Tatbegehung gewählt.

7

Die Klägerin beantragt,

        

das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 2012 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 19. Mai 2011 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

        

die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 16. Januar 2012 zurückzuweisen.

9

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Zwar habe sich die Klägerin unmittelbar vor dem Überfall auf dem gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII versicherten Weg zur Arbeit befunden. Es habe sich jedoch keine der versicherten Tätigkeit innewohnende Gefahr und auch kein typisches Wegerisiko, sondern eine unversicherte allgemeine Gefahr verwirklicht, so dass kein Arbeitsunfall vorliege. T. habe nämlich die Klägerin ausschließlich aus einer aus ihrer vorherigen Beziehung und deren Ende herrührenden Motivation angegriffen. Das Zurücklegen des Arbeitsweges habe die Tat nicht wesentlich verursacht oder auch nur wesentlich gefördert, weil T. nicht die besonderen räumlichen Gegebenheiten des Weges, sondern die des Privathauses der Klägerin für die Tatbegehung ausgenutzt habe.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.5.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.3.2010 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat durch den Überfall am 2.3.2009 keinen Arbeitsunfall erlitten.

11

1. Die Klägerin hat ihre Klage zulässig auf die Anfechtung des Verwaltungsaktes der Beklagten sowie die Feststellung des Eintritts eines Versicherungsfalles beschränkt. Der Zulässigkeit der mit der Anfechtungsklage verbundenen Feststellungsklage gemäß § 54 Abs 1 SGG und § 55 Abs 1 Nr 1 SGG steht in Fällen der vorliegenden Art, in denen allein die vom Versicherungsträger abgelehnte Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsunfalles als Versicherungsfall begehrt wird, die grundsätzliche prozessrechtliche Nachrangigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen(vgl zB BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 46/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 3 RdNr 4 und vom 27.4.2010 - B 2 U 23/09 R - UV-Recht Aktuell 2010, 897, 899).

12

2. Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Zu den versicherten Tätigkeiten zählt gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Unfälle sind nach § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verletzte durch eine Verrichtung vor dem fraglichen Unfallereignis den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt hat und deshalb "Versicherte" ist. Die Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis und dadurch einen Gesundheitserstschaden oder den Tod der Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität und haftungsbegründende Kausalität; vgl BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - BSGE 111, 52 = SozR 4-2700 § 2 Nr 21, RdNr 10; vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 25 und vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - UV-Recht Aktuell 2013, 251, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen).

13

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Klägerin war vor dem als Arbeitsunfall allein in Betracht kommenden Überfall am Morgen des 2.3.2009 auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte in einer Schule kraft Gesetzes zwar nicht als Beschäftigte iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert, wohl aber in der Wegeunfallversicherung gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII(dazu a). Die von der Klägerin auf diesem Weg durch den Überfall erlittenen Einwirkungen iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII begründeten jedoch keinen Arbeitsunfall, weil sie nicht iS von § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII "infolge" des Zurücklegens des versicherten Weges auftraten und damit nach dem Schutzzweck der Norm nicht der versicherten Tätigkeit zuzurechnen waren(dazu b).

14

a. Die Klägerin war während ihrer Tätigkeit in einer Schule als Beschäftigte iS von § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII versichert. Der Überfall und die Vergewaltigung durch T. ereigneten sich außerhalb dieser Tätigkeit und standen mit dieser auch nicht in Zusammenhang. Die Klägerin verrichtete jedoch unmittelbar vor dem Angriff des T. eine versicherte Tätigkeit nach § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII und war deshalb Versicherte, denn sie befand sich auf dem unmittelbaren Weg von ihrer Wohnung zum Ort der versicherten Beschäftigung nach § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII. Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hatte sie unmittelbar vor dem Überfall in der Absicht, die Arbeitsstätte zu erreichen, am Morgen des 2.3.2009 die Außentür ihres Hauses durchschritten und ihre nur von außen zugängliche Garage betreten. Zwar ist eine direkt vom Haus aus zugängliche Garage dem unversicherten häuslichen Bereich zuzurechnen, so dass der Wegeunfallversicherungsschutz erst mit dem Durchschreiten oder Durchfahren des Garagentors beginnt (vgl BSG vom 31.5.1988 - 2/9b RU 6/87 - BSGE 63, 212, 213 f = SozR 2200 § 550 Nr 80 mwN). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn die Garage - wie hier - nur von außen zugänglich ist. Wird eine solche Garage aufgesucht, um mit dem dort abgestellten Fahrzeug zur Arbeitsstätte zu gelangen, so beginnt der Versicherungsschutz der Wegeunfallversicherung bereits nach dem Durchschreiten der Außentür des Hauses und besteht in der Garage fort (vgl BSG vom 27.10.1976 - 2 RU 247/74 - BSGE 42, 293, 295 = SozR 2200 § 550 Nr 22 und vom 28.6.1988 - 2 RU 14/88 - USK 88112, jeweils mwN).

15

b. Wie der Senat in seinem Urteil vom 13.11.2012 (B 2 U 19/11 R - aaO mwN) ausgeführt hat, besteht die Einstandspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung für versicherte Wege iS des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII nur dann, wenn sich durch eine Handlung des Geschädigten, die den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt, ein Risiko verwirklicht hat, gegen dessen Eintritt nicht die Unfallversicherung "allgemein", sondern der jeweils durch die Handlung erfüllte Versicherungstatbestand schützen soll. Die Zurechnung des Schadens eines Versicherten zum Versicherungsträger erfordert zweistufig die Erfüllung 1. tatsächlicher und 2. darauf aufbauender rechtlicher Voraussetzungen. Die Verrichtung der versicherten Tätigkeit muss die Einwirkung (und in gleicher Weise muss die Einwirkung den Gesundheitserstschaden oder den Tod) sowohl objektiv (1. Stufe - hierzu aa) als auch rechtlich wesentlich (2. Stufe - hierzu bb) verursacht haben (vgl BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - aaO RdNr 30 ff). Vorliegend hat zwar das Zurücklegen des Weges zur Arbeitsstätte objektiv die Einwirkungen durch den Überfall des T. verursacht, dieser Weg war jedoch nicht rechtlich wesentlich hierfür iS von § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII(dazu cc).

16

aa. Auf der 1. Stufe muss die versicherte Verrichtung iS der "conditio-Formel" eine erforderliche Bedingung des Erfolges (stets neben anderen Bedingungen) sein. Sie muss Wirkursache des Erfolges gewesen sein, muss ihn tatsächlich mitbewirkt haben und darf nicht nur als (bloß im Einzelfall nicht wegdenkbare) zufällige Randbedingung anzusehen sein. Ob die versicherte Verrichtung eine Wirkursache für die festgestellte Einwirkung war, ist eine rein tatsächliche Frage (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - aaO Juris RdNr 35 f).

17

bb. Auf der 2. Stufe ist festzustellen, ob sich die durch die versicherte Tätigkeit objektiv verursachte Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der ersten Stufe festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr darstellt und deshalb die versicherte Tätigkeit "wesentlich" war, ob also sich durch das versicherte Handeln ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll. Die Einstandspflicht des Unfallversicherungsträgers wird nur begründet, wenn die durch die versicherte Verrichtung objektiv mitverursachte Einwirkung auf den Versicherten eine Gefahr mitverwirklicht hat, gegen die die begründete Versicherung schützen soll.

18

Andere unversicherte Mitursachen können die rechtliche Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass sie die versicherte Wirkursache verdrängen, so dass der Schaden "im Wesentlichen" rechtlich nicht mehr dem Schutzbereich des jeweiligen Versicherungstatbestandes unterfällt. Die versicherten und die auf der ersten Zurechnungsstufe festgestellten unversicherten Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile sind in einer rechtlichen Gesamtbeurteilung anhand des zuvor festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten (vgl BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - aaO RdNr 36 und vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - aaO Juris RdNr 43).

19

cc. Nach diesen Maßstäben war das versicherte Zurücklegen des Weges zur Arbeitsstätte auch während des Aufenthalts in der Garage eine Ursache für die Einwirkung durch den Überfall des T. Objektiv mitursächlich hierfür war aber auch die persönliche Beziehung zwischen der Klägerin und T. Den vom LSG bindend festgestellten Umständen ist zu entnehmen, dass T. die Klägerin allein deshalb aufsuchte, weil diese die frühere engere Beziehung zu ihm gegen seinen Willen beendet hatte, und es infolgedessen zu dem Überfall kam. Die sich damit auf der zweiten Stufe stellende Frage, ob sich durch den Überfall rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen eine in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fallende Gefahr realisiert hat, ist zu verneinen. Zwar schützt die Wegeunfallversicherung nach ständiger Rechtsprechung auch vor Überfällen, denn die Auslegung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII ergibt, dass nach seinem Wortlaut und nach der historischen Entwicklung der Wegeunfallversicherung diese Gefahr vom Versicherungsschutz in der Wegeunfallversicherung grundsätzlich erfasst wird (vgl zB BSG vom 10.12.1957 - 2 RU 270/55 - BSGE 6, 164, 167 mwN; vom 29.5.1962 - 2 RU 170/59 - BSGE 17, 75, 77 = SozR Nr 37 zu § 543 RVO; vom 15.12.1977 - 8 RU 58/77 - ErsK 1978, 111; vom 30.6.1998 - B 2 U 27/97 R - USK 98150; vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 30 RdNr 27; so auch Krasney WzS 2012, 131, 132; aA wohl Mutschler SGb 2012, 684, 688; vgl auch das Urteil des Senats vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R mwN). Die weitere unversicherte Mitursache der persönlichen Beziehung zwischen der Klägerin und T. hat hier das Geschehen aber derart geprägt, dass auch unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten des Weges die versicherte Tätigkeit als Ursache zurücktritt und wesentliche Ursache allein die nicht vom Schutzzweck der Wegeunfallversicherung erfassten privaten Kontakte zwischen der Klägerin und T. waren.

20

Die gesetzliche Unfallversicherung schützt während des Zurücklegens des Weges nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit vorrangig gegen Gefahren, die sich während der gezielten Fortbewegung im Verkehr aus eigenem, gegebenenfalls auch verbotswidrigem Verhalten, dem Verkehrshandeln anderer Verkehrsteilnehmer oder Einflüssen auf das versicherte Zurücklegen des Weges ergeben, die aus dem benutzten Verkehrsraum oder Verkehrsmittel auf die Fortbewegung wirken (vgl BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - aaO RdNr 45 ff). In den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung des § 8 Abs 2 Nr 1 SGB VII fallen aber auch grundsätzlich Überfälle auf den Versicherten auf dem Weg zur Arbeit, soweit sie rechtlich wesentlich durch das Zurücklegen des Weges bedingt sind. Die Gefahr, aufgrund eigener privater Beziehungen, Kontakte oder sonstiger aus dem persönlichen Bereich stammender Umstände Opfer eines Überfalls (unabhängig vom Ort der Tat und dessen besonderen Verhältnissen) zu werden, wird dagegen nicht vom Schutzbereich der Wegeunfallversicherung erfasst. Denn eine solche Gefahr besteht nicht nur auf öffentlich zugänglichen Wegen, sondern auch im häuslichen Bereich und stellt keine beim Zurücklegen eines Weges spezifische Gefahr dar.

21

Bei der folglich im vorliegenden Verfahren erforderlichen Abwägung, welche Ursache rechtlich wesentlich für die Einwirkungen durch den Überfall auf die Klägerin war, tritt das versicherte Zurücklegen des Weges zur Schule als Mitursache hinter den nicht versicherten Angriff des T. aufgrund der persönlichen Beziehungen zwischen ihm und der Klägerin so weit zurück, dass der Weg nicht "wesentliche" Ursache und damit Ursache im rechtlichen Sinne für die durch den Überfall bewirkten Einwirkungen ist. Nach den vom LSG bindend festgestellten Umständen war die persönliche Beziehung zwischen Klägerin und T. sowohl für den Ort als auch für den Zeitpunkt und für die Art und Weise des Überfalls prägend. Wie auch die Klägerin selbst ausführt, waren T. aufgrund der in der Vergangenheit bestehenden Kontakte zur Klägerin die örtlichen Gegebenheiten und, soweit er hierüber Kenntnisse besaß, Zeitpunkt und die Art und Weise des Antritts des Weges zur Arbeitsstätte bekannt. Auch Grund und Art des Angriffs waren durch die Art der Kontakte zur Klägerin bestimmt.

22

Zwar wird dann, wenn die Verhältnisse des zurückzulegenden Weges von und zu der Arbeitsstätte einen grundsätzlich nicht unter den Versicherungsschutz fallenden Überfall erst begünstigen oder ermöglichen, angenommen, dass der Weg dann als rechtlich wesentliche Ursache den Versicherungsschutz in der Wegeversicherung begründen kann (vgl zB BSG vom 19.12.2000 - B 2 U 37/99 R - BSGE 87, 224, 226 = SozR 3-2202 § 548 Nr 41 mwN). Vorliegend waren jedoch die das Zurücklegen des versicherten Weges kennzeichnenden Umstände für den Überfall weit weniger bestimmend als die Gründe aus der persönlichen Beziehung der Klägerin zum T.

23

Anderes ergibt sich nicht aus den bindenden Feststellungen des LSG. Die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten der Tat, ua die lediglich halb geöffnete Garage mit den dahinter befindlichen Räumen ohne weiteren Zugang, waren keine Verhältnisse, die abweichend von der üblichen Beschaffenheit von Wegen ein erhöhtes Gefahrenpotential begründen konnten. Dass die Klägerin sich aus Furcht vor T. nur auf den Wegen nach und von ihrer Beschäftigung allein ohne Begleitung bewegte, ist den Feststellungen des LSG im Übrigen nicht zu entnehmen. Darüber hinaus wäre dies kein objektiv die Beschaffenheit des Weges betreffender Umstand, sondern würde auf der nicht in den Schutzbereich der Wegeunfallversicherung fallenden, allein dem persönlichen Bereich der Klägerin zuzuordnenden Gefährdungslage beruhen.

24

Soweit die Klägerin geltend macht, der Ausschluss des Unfallversicherungsschutzes für Überfälle aufgrund persönlicher Beziehungen im Unterschied zu fremdverschuldeten Verkehrsunfällen benachteilige sie ohne rechtfertigenden Grund, und damit einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG rügen will, verkennt sie, dass die Ungleichbehandlung durch den oben dargestellten Schutzzweck der Wegeunfallversicherung gerechtfertigt ist, die ausschließlich von den Arbeitgebern finanziert wird und schon deshalb Überfälle auf den Versicherten aus privaten Gründen nicht umfassen kann. Daher kann offenbleiben, ob es sich bei überfallenen und an einem Verkehrsunfall beteiligten Versicherten überhaupt um iS des Art 3 Abs 1 GG vergleichbare Personengruppen handelt.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.