Landessozialgericht NRW Beschluss, 05. März 2014 - L 17 SF 652/14 G

ECLI:ECLI:DE:LSGNRW:2014:0305.L17SF652.14G.00
bei uns veröffentlicht am05.03.2014

Tenor

Die Gegenvorstellung des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats vom 27.12.2013 - L 17 U 594/13 B - wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

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Landessozialgericht NRW Beschluss, 05. März 2014 - L 17 SF 652/14 G zitiert 11 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 114 Voraussetzungen


(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 73a


(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17


(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht w

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 178a


(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und2. das Gericht den Anspruch dieses

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(1) Auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten ist das Verfahren fortzuführen, wenn

1.
ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und
2.
das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
Gegen eine der Endentscheidung vorausgehende Entscheidung findet die Rüge nicht statt.

(2) Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben; der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Nach Ablauf eines Jahres seit Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung kann die Rüge nicht mehr erhoben werden. Formlos mitgeteilte Entscheidungen gelten mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben. Die Rüge ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Gericht zu erheben, dessen Entscheidung angegriffen wird. Die Rüge muss die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten Voraussetzungen darlegen.

(3) Den übrigen Beteiligten ist, soweit erforderlich, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(4) Ist die Rüge nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form oder Frist erhoben, so ist sie als unzulässig zu verwerfen. Ist die Rüge unbegründet, weist das Gericht sie zurück. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Der Beschluss soll kurz begründet werden.

(5) Ist die Rüge begründet, so hilft ihr das Gericht ab, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist. Das Verfahren wird in die Lage zurückversetzt, in der es sich vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung befand. In schriftlichen Verfahren tritt an die Stelle des Schlusses der mündlichen Verhandlung der Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Für den Ausspruch des Gerichts ist § 343 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

(6) § 175 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozeßkostenhilfe mit Ausnahme des § 127 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend. Macht der Beteiligte, dem Prozeßkostenhilfe bewilligt ist, von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, nicht Gebrauch, wird auf Antrag des Beteiligten der beizuordnende Rechtsanwalt vom Gericht ausgewählt. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer, vereidigter Buchprüfer oder Rentenberater beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Prozeßkostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn der Beteiligte durch einen Bevollmächtigten im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 bis 9 vertreten ist.

(3) § 109 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(4) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(5) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(6) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 4 und 5 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(7) § 155 Absatz 4 gilt entsprechend.

(8) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 4 und 5 kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.

(9) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 4 bis 8 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 32/10
Verkündet am:
4. November 2010
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das Richterspruchprivileg des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB (Amtspflichtverletzung
"bei dem Urteil in einer Rechtssache") erfasst auch alle prozessleitenden
Maßnahmen, die objektiv darauf gerichtet sind, die Rechtssache durch
Urteil zu entscheiden, also die Grundlagen für die Sachentscheidung zu gewinnen.

b) Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB ist
der verfassungsrechtliche Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit zu
berücksichtigen. Daraus folgt, dass das richterliche Verhalten bei der Prozessführung
im Amtshaftungsprozess nur auf seine Vertretbarkeit hin zu überprüfen
ist. Bei der Würdigung, ob dem Richter pflichtwidrige Verzögerungen
anzulasten sind (§ 839 Abs. 2 Satz 2 BGB), ist zu beachten, dass sich
bei zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig
um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen, verdichtet.
Der Zeitfaktor ist aber auch bei langer Verfahrensdauer nicht der allein
entscheidende Maßstab.
BGH, Urteil vom 4. November 2010 - III ZR 32/10 - OLG Hamm
LG Detmold
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. November 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Januar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt vom beklagten Land aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung Schadensersatz wegen überlanger Verfahrensdauer eines Zivilprozesses.
2
Der Kläger betrieb vormals ein Transportunternehmen. In den Jahren 1981/1982 war er als Subunternehmer der Firma B. -M. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fa. B. -M. ) bei dem Neubau zweier Landesstraßen tätig. Bei Abrechnung der Leistungen entstand Streit unter anderem darüber, ob dem Kläger in erster Linie Beförderungsleistungen (Abtransport der angefallenen Erd- und Gesteinsmassen) mit der Folge eines Vergütungsanspruchs nach dem insoweit bindenden Tarif für den Güternahverkehr (GNT) oder aber Erdarbeiten mit der Folge einer Abrechnung nach den vertraglichen Bestimmungen und damit im Wesentlichen nach Massen in Auftrag gegeben worden waren. Die Firma B. -M. bezahlte die nach Maßgabe des GNT erstellten klägerischen Rechnungen nur teilweise.
3
In dem darauf vom Kläger eingeleiteten Rechtsstreit, in dem die Fa. B. - M. hilfsweise die Aufrechnung mit bestrittenen Gegenforderungen geltend machte, hat das Landgericht Detmold mit Urteil vom 18. April 1985 die Klageforderung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt; der Kläger dürfe nach dem GNT abrechnen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht Hamm unter dem 19. Juni 1986 zurückgewiesen. Durch Beschluss vom 24. Juni 1987 hat der Bundesgerichtshof die Revision der Firma B. -M. nicht angenommen.
4
Im anschließenden Betragsverfahren hat das Landgericht Detmold nach umfangreicher Beweisaufnahme mit Schlussurteil vom 24. Mai 1996 der Klage teilweise stattgegeben. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Hamm, in dem zunächst eine weitere umfangreiche Beweisaufnahme stattfand, wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 1. Februar 2002 auf Antrag der Firma B. -M. vom 23. November 2001 über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger erhielt am 11. November 2002 aus einer von der Fa. B. -M. zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Schlussurteil des Landgerichts Detmold vormals gestellten Prozessbürgschaft 680.000 DM (347.678,47 €). Das Berufungsverfahren endete mit einem am 1. März 2004 zwischen dem Kläger und dem Insolvenzverwalter abgeschlossenen Vergleich. Wegen Masseunzulänglichkeit hat der Kläger allerdings keine Aussicht, die hieraus resultierenden weitergehenden Ansprüche gegen die Firma B. -M. durchzusetzen.
5
Seinen diesbezüglichen Ausfallschaden macht der Kläger nunmehr gegenüber dem beklagten Land geltend. Die im Vorprozess tätigen Gerichte hätten pflichtwidrig das Verfahren nicht ausreichend gefördert. Bei ordnungsgemäßer Sachbehandlung hätte der Vorprozess spätestens bis Ende 1990 mit einem rechtskräftigen Urteil, das bezüglich einer Zahlungsverpflichtung der Fa. B. - M. nicht hinter dem Vergleich vom 1. März 2004 zurückgeblieben wäre, beendet sein müssen. Die Zahlungsunfähigkeit der Fa. B. -M. sei erst viele Jahre später eingetreten.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das beklagte Land verurteilt, an den Kläger 530.841,67 € nebst Zinsen, abzüglich am 11. November 2002 erstatteter 347.678,47 €, zu zahlen. Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung zustehe. Der Vorprozess sei phasenweise durch die am Landgericht Detmold sowie am Oberlandesgericht Hamm mit der Sache befassten Richter nicht mit der gebotenen Beschleunigung bearbeitet und hierdurch dem Kläger schuldhaft und kausal ein Vermögensschaden zugefügt worden. Zwar sei das Verhalten der Gerichte im sogenannten Grundverfahren nicht zu beanstanden. Jedoch sei es im Betragsverfahren sowohl in erster als auch in zweiter Instanz zu pflichtwidrigen Verstößen gegen die gerichtliche Prozessförderungspflicht gekommen. Die hierauf zurückzuführende Verzögerung belaufe sich auf insgesamt 34 Monate. Ohne diese hätte im Vorprozess jedenfalls bis Mitte 2000 ein vollstreckungsfähiges Berufungsurteil ergehen können, wobei dem Kläger, wäre der Vorprozess streitig entschieden worden, ein Vergütungsanspruch von 530.841,67 € nebst Zinsen (abzüglich 347.678,47 €) hätte zugesprochen werden müssen. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Firma B. -M. von ihrer Hausbank auch noch die notwendigen Kreditmittel erhalten, um einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung nachzukommen oder - im Falle der beabsichtigten Revisionseinlegung - durch Stellung einer Bankbürgschaft die Vollstreckung abzuwenden.

II.


9
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
10
1. Als Anstellungskörperschaft haftet das beklagte Land für etwaiges dienstliches Fehlverhalten der mit der Bearbeitung und Entscheidung des Vor- prozesses befassten Berufsrichter des Landgerichts Detmold sowie des Oberlandesgerichts Hamm nach § 839 BGB, Art. 34 Satz 1 GG. Im Rahmen eines anhängigen Rechtsstreits üben die hieran beteiligten Richter in Wahrnehmung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amts hoheitliche Tätigkeit aus. Die Haftung des beklagten Landes erfasst dabei auch den hier streitgegenständlichen Fall einer verzögerlichen Sachbearbeitung durch die Gerichte (vgl. nur BGH, Beschluss vom 5. Februar 1998 - IX ZB 113/97, NJW 1998, 2288, 2289; Senat, Urteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 17 ff).
11
a) Aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ist in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG für zivilrechtliche Streitigkeiten die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes abzuleiten (vgl. nur BVerfGE 54, 277, 291; 85, 337, 345). Dazu gehört auch, dass streitige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden (vgl. nur BVerfGE 88, 118, 124; BVerfG NJW 1997, 2811, 2812; NJW 1999, 2582, 2583; NJW 2000, 797). Hierbei verdichtet sich mit zunehmender Verfahrensdauer die Verpflichtung des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen (vgl. nur BVerfG NJW 2001, 214, 215; NJW 2004, 3320; NJW 2005, 739; NJW 2008, 503, 504). Die Gerichte müssen daher - und zwar als drittbezogene Amtspflicht gegenüber den Parteien - anhängige Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung bearbeiten und bei Entscheidungsreife möglichst zeitnah abschließen. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Anspruch auf Justizgewährung beinhaltet insoweit das Recht auf eine Entscheidung innerhalb angemessener Frist; gleiches folgt im Übrigen auch aus Art. 6 Abs. 1 EMRK (vgl. Senat aaO).
12
b) Soweit nach § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB ein Richter, der bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflichten verletzt, für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich ist, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht, gilt diese Privilegierung nach § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht im Falle einer pflichtwidrigen Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts. Satz 2 spricht hierbei nur die Selbstverständlichkeit aus, dass pflichtwidrige Untätigkeit des Richters keine fehlerhafte Tätigkeit bei einem Urteil ist (vgl. nur Staudinger/Wurm, BGB, Neubearb. 2007, § 839 Rn. 334). Nicht unter Satz 2 fallen deshalb Maßnahmen des Gerichts, die rechtzeitig getroffen wurden, aber im Ergebnis zu einer Verlängerung des Verfahrens geführt haben. Aber auch soweit das richterliche Verhalten nicht von § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB erfasst wird, kann bei der Beurteilung der Frage, ob eine haftungsbegründende Verzögerung vorliegt, der verfassungsrechtlich garantierte Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) nicht unberücksichtigt bleiben.
13
aa) Durch die Formulierung in § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB ("bei dem Urteil", nicht "durch das Urteil") werden nicht nur Mängel erfasst, die in dem Urteil selbst liegen oder die unmittelbar bei seinem Erlass begangen werden. Vielmehr sind privilegiert auch alle Maßnahmen, die objektiv darauf gerichtet sind, die Rechtssache durch Urteil zu entscheiden, also die Grundlagen für die Sachentscheidung zu gewinnen (vgl. nur Senat, Urteile vom 28. Oktober 1965 - III ZR 166/63, DRiZ 1966, 28 f; 11. März 1968 - III ZR 72/65, BGHZ 50, 14, 16 f; und 6. Oktober 1983 - III ZR 61/82, LM § 839 (G) BGB Nr. 16; Staudinger/ Wurm aaO Rn. 329 m.w.N.). Zum Urteil gehört die richtige Feststellung des Tatbestands, insbesondere die Trennung des unstreitigen Sachverhalts von streitigen Behauptungen sowie die Prüfung der Erheblichkeit des jeweiligen Vortrags und eines etwaigen Beweisantritts. Das alles bestimmt nicht nur den Inhalt des Urteils, sondern auch den Ablauf und die Dauer des Verfahrens. Dabei können dem Richter Pflichtverletzungen auch vor der eigentlichen Sachentscheidung unterlaufen, zum Beispiel bei der unzulänglichen Vorbereitung der Verhandlung, der mangelnden Aufklärung des Sachverhalts oder dem Absehen von einer Beweisaufnahme. Insoweit stellen zwar die Ablehnung einer weiteren Sachaufklärung bzw. einer Beweisaufnahme wie auch der Erlass eines Beweisbeschlusses oder sonstige leitende Maßnahmen keine Urteile im prozessualen Sinn dar. Sie stehen aber in einem so engen Zusammenhang mit dem Urteil, dass sie von diesem haftungsmäßig nicht getrennt werden können (vgl. Senat, Urteil vom 19. November 1956 - III ZR 119/55, LM § 839 (G) BGB Nr. 5). Führt deshalb zum Beispiel die Anordnung einer Beweisaufnahme oder die Erteilung von Hinweisen und Auflagen zu einer Verlängerung des gerichtlichen Verfahrens , ist dies - vorbehaltlich der Grenze der Rechtsbeugung (§ 839 Abs. 2 Satz 1 BGB) - ohne Belang, auch wenn nach Auffassung des zur Entscheidung des Amtshaftungsprozesses berufenen Gerichts die Beweisaufnahme oder der Hinweis bzw. die Auflage überflüssig gewesen sind und ein der Klage stattgebendes sowie einen Vollstreckungsschaden vermeidendes Urteil deshalb früher hätte ergehen können. Gleiches gilt für sonstige prozessleitende Maßnahmen, die darauf abzielen, die Grundlagen für die Entscheidung zu gewinnen.
14
Aber bb) auch im Übrigen - außerhalb des Anwendungsbereichs von § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB - erlangt der verfassungsrechtliche Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit seine Bedeutung. Der gegenteiligen Meinung des Klägers , der in seiner Revisionserwiderung die Auffassung vertritt, aus der Verpflichtung zur Entscheidung in angemessener Zeit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 6 Abs. 1 EMRK) folge, dass das Gericht die Prozessführung nach dem Zeitfaktor auszurichten, das heißt bei verschiedenen Möglichkeiten der Verfahrensgestaltung zugunsten der das Verfahren schneller abschließenden Alternative zu entscheiden habe, wobei Art. 97 Abs. 1 GG insoweit ohne Bedeutung sei, folgt der Senat nicht. Die zügige Erledigung eines Rechtsstreits ist kein Selbstzweck. Vielmehr verlangt gerade das Rechtsstaatsprinzip die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitge- genstands durch das dazu berufene Gericht (BVerfGE 54, 277, 291; 85, 337, 345; BVerfG NJW 1997, 2811, 2812; NJW 1999, 2582, 2583). Insoweit ist die sachgerechte Führung eines Prozesses - abgesehen von zwingenden gesetzlichen Vorgaben - in das Ermessen der verantwortlichen Richter gestellt (vgl. BVerfGE 55, 349, 369 zur Terminierung der mündlichen Verhandlung; siehe auch BVerfG EuGRZ 1982, 75). Hierbei kann die Verfahrensführung - im Ergebnis nicht anders als es der Senat in ständiger Rechtsprechung in anderem Zusammenhang bereits für bestimmte staatsanwaltschaftliche Handlungen, bei denen ein Beurteilungsspielraum des Entscheidungsträgers besteht (vgl. Urteil vom 21. April 1988 - III ZR 255/86, NJW 1989, 96, 97; Beschluss vom 27. September 1990 - III ZR 314/89, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Staatsanwalt 3; Urteile vom 16. Oktober 1997 - III ZR 23/96, NJW 1998, 751, 752; und 18. Mai 2000 - III ZR 180/99, VersR 2001, 586, 587), aber auch für bestimmte richterliche Maßnahmen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. Urteile vom 29. April 1993 - III ZR 3/92, BGHZ 122, 268, 271; und 21. Juli 2005 - III ZR 21/05, BeckRS 2005, 09404; Beschluss vom 21. Dezember 2005 - III ZA 5/05, juris Rn. 12) entschieden hat - im Amtshaftungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft werden. Letztere darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Zivilrechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist (Senat, Urteil vom 21. April 1988, aaO; Beschluss vom 27. September 1990 aaO). Bei der insoweit anzustellenden Bewertung darf der Zeitfaktor - zumal sich bei zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen, verdichtet (vgl. nur BVerfG NJW 2001, 214, 215; NJW 2004, 3320; NJW 2005, 739; NJW 2008, 503, 504) - selbstverständlich nicht ausgeblendet werden; er ist aber nicht der allein entscheidende Maßstab.
15
c) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein richterliches Verhalten unvertretbar und insoweit amtspflichtwidrig war, trägt grundsätzlich der Kläger. Soweit dieser in seiner Revisionserwiderung demgegenüber die Auffassung vertritt, das beklagte Land sei darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die zuständigen Amtsträger im Zusammenhang mit dem Vorprozess alle Maßnahmen zur beschleunigten Erledigung ergriffen hätten, kann dem nicht gefolgt werden.
16
Der Kläger stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, dass allein schon die von ihm vorgetragene und als solches unstreitige Dauer des Vorprozesses erhelle, dass von einem Verstoß gegen das Gebot, eine Entscheidung in angemessener Zeit zu treffen, auszugehen sei. Deshalb hätte es dem beklagten Land im Rahmen einer sekundären Darlegungslast obgelegen, den Verstoß auszuräumen und im Einzelnen vorzutragen, warum das Procedere der zuständigen Richter gerechtfertigt und deshalb kein schnelleres Urteil zu erreichen gewesen sei. Hierzu hätte - unter Darlegung unter anderem der Geschäftslage der beteiligten Gerichte, ihres damaligen Terminierungsstands, ihrer personellen und sachlichen Ausstattung und etwaiger Erschwernisse bei den für die Entscheidungsfindung notwendigen Abläufen - substantiiert jede richterliche Maßnahme unter Beschleunigungsgesichtspunkten legitimiert und letztlich auch dargelegt werden müssen, dass das beklagte Land die notwendigen Organisationsstrukturen eingerichtet hat um sicherzustellen, dass beschleunigungsbedürftige Verfahren auch besonders gefördert werden und die mit dem Vorprozess befassten Spruchkörper in die Lage versetzt wurden, dem Anspruch auf Justizgewährung nachzukommen.
17
dieser Bei Argumentation übersieht der Kläger aber bereits im Ausgangspunkt , dass zur Begründung der Amtshaftung eines Richters nach § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB, Art. 34 Satz 1 GG nicht bereits die pauschale Feststellung genügt, der Vorprozess habe insgesamt zu lange gedauert. Entscheidend ist vielmehr, ob durch konkrete pflichtwidrige Verhaltensweisen der im Vorprozess tätigen Richter, für deren Vorliegen grundsätzlich der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist, oder bei deren Überlastung durch Organisationsverschulden des Landes (zur Darlegungs- und Beweislast in diesem Fall siehe Senat, Urteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 22) eine den streitgegenständlichen Vermögensschaden verursachende Verzögerung aufgetreten ist.
18
d) Die Überprüfung der Verfahrensführung im Vorprozess obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Dessen Würdigung kann vom Revisionsgericht daraufhin überprüft werden, ob der rechtliche Rahmen verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind. Insoweit erweist sich die angefochtene Entscheidung, wie die Revision zu Recht beanstandet, teilweise als rechtsfehlerhaft:
19
aa) Das Berufungsgericht geht von einer pflichtwidrigen Verzögerung des erstinstanzlichen Betragsverfahrens im Zeitraum zwischen dem 16. November 1989 und dem 12. März 1990 aus. Insoweit sei - zumal in Ansehung der inzwischen beträchtlichen Verfahrensdauer - nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen nicht bereits am 16. November 1989, sondern erst am 12. März 1990 der Beweisbeschluss über die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens verkündet worden sei, was zu einer Verkürzung des Verfahrens um immerhin fast vier Monate geführt hätte.
20
Diese Bewertung hält den Rügen der Revision nicht stand. Das Landgericht hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 1989 Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 16. November 1989 bestimmt. An diesem Tag hat das Gericht einen Beschluss verkündet. Darin hat die Kammer auf verschiedene tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte hingewiesen (Nr. 1) und im Übrigen die Beweisfrage, zu der das Gericht beabsichtigte , ein Gutachten einzuholen, näher ausformuliert (Nr. 2). Den Parteien wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 7. Dezember 1989 gegeben, wobei die weitere Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen sollte (Nr. 3). Die Parteien haben daraufhin mit Schriftsätzen vom 4. und 7. Dezember 1989 zu dem Beschluss sowie anschließend unter dem 23. und 31. Januar 1990 zu dem jeweiligen Schriftsatz der Gegenseite Stellung genommen. Am 12. März 1990 hat das Landgericht dann einen Beweisbeschluss über die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gefasst.
21
Die Entscheidung eines Gerichts, vor Erlass eines Beweisbeschlusses den Parteien zunächst noch Hinweise zu geben und erst anschließend die Beweisaufnahme anzuordnen, unterfällt der Privilegierung des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB. Ob die konkrete Vorgehensweise angesichts des Umstands, dass - worauf die Revisionserwiderung abstellt - bereits im Termin am 31. Oktober 1989 die Sach- und Rechtslage sowie der sinnvolle Gang des weiteren Verfahrens erörtert und grundsätzlich Einvernehmen über die Einholung eines Gutachtens erzielt worden ist, geboten oder sinnvoll war, ist genauso wenig entscheidungserheblich , wie der Umstand, dass die Anhörung der Parteien letztlich nur zu einer geringfügigen Ergänzung der bereits im Beschluss vom 16. November 1989 angesprochenen Beweisfrage geführt hat. Von einer pflichtwidrigen Verzögerung um fast vier Monate kann deshalb nicht gesprochen werden.
22
bb) Soweit das Berufungsgericht im Hinblick auf die erheblichen Zeitverluste , die im Zusammenhang mit der letztlich erfolglosen Beauftragung des Sachverständigen Prof. Ba. aufgetreten sind, den Umgang des Landgerichts mit dem Sachverständigen als unangemessen nachsichtig gerügt und eine pflichtwidrige Verfahrensverzögerung von mindestens 14 Monaten festgestellt hat, sind die diesbezüglichen Ausführungen, die auch vom beklagten Land nicht angegriffen werden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das - nicht unter § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB fallende - Verhalten des Landgerichts war nicht mehr vertretbar.
23
cc) Rechtsfehlerhaft ist allerdings, wie die Revision zutreffend rügt, die Auffassung des Berufungsgerichts, das Landgericht habe pflichtwidrig nicht sogleich nach Eingang des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Br. am 26. April 1995 Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung anberaumt; hierdurch sei - auch unter Berücksichtigung des notwendigen Zeitaufwands für eine sachgerechte Terminierung dieser umfänglichen Sache - im Hinblick auf die erst am 6. September 1995 erfolgte Terminsbestimmung eine Verzögerung von vier Monaten eingetreten.
24
Das Landgericht hat, nachdem am 26. April 1995 das Gutachten des Sachverständigen Prof. Br. (nebst Zusatzgutachten des Sachverständigen Prof. T. ) eingegangen war, noch unter dem gleichen Tag den Parteien Abschriften zur Stellungnahme mit der Auflage (§ 411 Abs. 4 ZPO) übermittelt, bis zum 31. Mai 1995 ihre Einwendungen sowie die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen mitzuteilen. Die Parteien haben sich mit Schriftsätzen vom 30. und 31. Mai sowie 22. Juni 1995 geäußert. Am 6. September 1995 ist dann Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden.

25
Die Regelung des § 411 Abs. 4 ZPO, wonach die Parteien dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das schriftliche Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen mitzuteilen haben, wofür ihnen das Gericht eine Frist setzen kann, hat den Zweck, das Gericht möglichst frühzeitig darüber zu informieren, ob und wann ein neuer Termin zu bestimmen ist, ob der Sachverständige zu diesem Termin zu laden und zur Vorbereitung seiner Anhörung über die Einwände der Parteien zum Gutachten zu informieren ist oder ob zur Vorbereitung eines noch zurückgestellten Termins zunächst ein schriftliches Ergänzungsgutachten anzufordern ist (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 411 Rn. 5e). Entscheidet sich ein Gericht dafür, den Parteien zunächst rechtliches Gehör zu geben, um dann auf der Grundlage der eingehenden Stellungnahmen über die weitere Verfahrensweise (Terminierung mit oder ohne Ladung des Sachverständigen, Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens) befinden zu können, unterfällt dies dem § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB. Von einer pflichtwidrigen Verzögerung von vier Monaten kann deshalb nicht gesprochen werden, zumal nach Eingang der Schriftsätze der Parteien die sachgerechte weitere Bearbeitung des Verfahrens gewisse Zeit in Anspruch nehmen durfte.
26
dd) Die Annahme des Berufungsgerichts, im Zuge des zweitinstanzlichen Verfahrens sei es im Zusammenhang mit verschiedenen Terminierungen des Oberlandesgerichts zu weiteren pflichtwidrigen Verzögerungen von mindestens zwölf Monaten gekommen, hält nur teilweise einer rechtlichen Überprüfung stand.
27
(1) Zu Recht hat allerdings das Berufungsgericht beanstandet, dass nach Eingang der Berufungsbegründungen der Parteienerst unter dem 12. Juni 1997 ein (sogenannter Vorschalt-) Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berichterstatter als Einzelrichter bestimmt worden ist. Gegen das Schlussurteil des Landgerichts vom 24. Mai 1996 haben beide Parteien des Vorprozesses Berufung eingelegt. Die Beklagte hat ihr Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 1. Oktober 1996, der Kläger seines mit Schriftsatz vom 15. Oktober 1996 begründet. Das Oberlandesgericht hat anschließend nicht von der Möglichkeit des § 520 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. Gebrauch gemacht, ein schriftliches Vorverfahren anzuordnen. Dann hätte nach § 520 Abs.1 Satz 1 ZPO a.F. an sich aber Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt werden müssen. Zwar war es auch in diesem Falle dem Oberlandesgericht nicht verwehrt, zunächst die Akte zu bearbeiten und anschließend auf dieser Grundlage zu befinden, ob zugleich mit der Terminsladung durch prozessleitende Verfügungen das Verfahren weiter gefördert werden kann. Jedoch war insoweit bei der Ermessensausübung, gerade weil es sich um einen bereits seit längerem anhängigen Rechtsstreit handelte, dem Recht der Parteien auf eine Entscheidung in angemessener Frist durch zügige Bearbeitung Rechnung zu tragen, damit anschließend möglichst zeitnah noch terminiert werden kann. Der diesbezügliche Zeitrahmen kann im Amtshaftungsprozess - ohne die Beschränkung in § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB - auf seine Vertretbarkeit überprüft werden. Vor diesem Hintergrund erweist sich - auch bei Berücksichtigung des Umfangs und der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Vorprozesses, die eine entsprechende Vorbereitungszeit und damit einen gewissen Terminierungsvorlauf bedingten, sowie des Umstands , dass das Oberlandesgericht nicht nur diesen Rechtsstreit zu entscheiden hatte - die Auffassung des Berufungsgerichts, der Zeitraum von fast acht Monaten zwischen dem Eingang der Berufungsbegründungen und der Terminsverfügung sei - zumal bei einem bereits so viele Jahre anhängigen und in erster Instanz teilweise auch pflichtwidrig verzögerten Prozess - zu lang, als rechtsfehlerfrei.

28
Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand des beklagten Landes , es sei weder vom Kläger vorgetragen noch vom Berufungsgericht festgestellt , dass ein früherer Terminstag zur Verfügung gestanden habe, das heißt im Falle einer zeitlich früheren Terminsverfügung die Verhandlung auch tatsächlich früher hätte stattfinden können, geht bereits deshalb fehl, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass sich die Belastungssituation des Oberlandesgerichts im Vorprozess binnen kürzester Zeit so verändert hat, dass sich hieraus relevante Unterschiede im Hinblick auf den Zeitrahmen zwischen einer Terminierung und dem Terminstag hätten ergeben können.
29
(2) Das Berufungsgericht hat des Weiteren beanstandet, dass sich nach Aktenlage nicht erschließe, warum unter dem 23. März 2000 Senatstermin erst auf den 9. November 2000 bestimmt worden sei. Die Entscheidung eines Gerichts , wann nach Eintritt der Terminsreife die mündliche Verhandlung stattfindet , kann im Amtshaftungsprozess auf ihre Vertretbarkeit überprüft werden. Jedoch ist bei der pauschalen Bewertung des Berufungsgerichts nicht erkennbar, dass alle für die diesbezügliche Beurteilung wesentlichen Umstände Berücksichtigung gefunden haben, zumal sich der Urteilsbegründung nicht entnehmen lässt, von welcher zeitlichen Verzögerung das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausgeht. Im Vorprozess hat das Oberlandesgericht, nachdem die Parteien zu den Ergänzungsgutachten der Sachverständigen Prof. Br. und Prof. T. mit Schriftsätzen vom 17. Dezember 1999 sowie 12. und 17. Januar 2000 Stellung genommen hatten, mit Verfügung vom 10. Februar 2000 Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung unter Ladung der beiden Sachverständigen zur Erläuterung ihrer Gutachten auf den 14. August 2000 bestimmt. Nachdem der Beklagtenvertreter unter Hinweis auf seine urlaubsbedingte Abwesenheit und auf § 227 ZPO die Verlegung des Termins be- antragt hatte, hat der Senatsvorsitzende am 24. Februar 2000 den Termin aufgehoben. Zugleich hat er die Parteien darauf hingewiesen, dass und warum eine Vorverlegung des Termins nicht möglich sei und die Sache erst auf einen Terminstag nach dem 1. Oktober 2000 gelegt werden könne. Unter dem 25. Februar 2000 hat der zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeladene Sachverständige T. mitgeteilt, dass er und sein Kollege Br. wegen urlaubsbedingter Abwesenheit am 14. August 2000 nicht anwesend sein könnten und im Hinblick auf den Urlaub und Hochschulexkursionen ein Termin vor der 38. Kalenderwoche nicht möglich sei. Das Berufungsgericht hat sich hiermit nicht näher auseinandergesetzt, was nachzuholen sein wird.
30
Nach (3) Auffassung des Berufungsgerichts liegt eine zusätzliche Pflichtwidrigkeit darin, dass im weiteren Verfahrensablauf erst am 15. Mai 2001 statt zeitnah nach Eingang des klägerischen Schriftsatzes vom 5. März 2001 Termin anberaumt worden sei. Auch insoweit ist allerdings nicht ersichtlich, dass alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände Berücksichtigung gefunden haben. Im Vorprozess hat das Oberlandesgericht im Termin am 9. November 2000 die Sachverständigen Prof. Br. und Prof. T. ergänzend angehört und dann mit Beschluss vom gleichen Tag dem Kläger Auflagen erteilt. Diesen ist der Kläger - nach Fristverlängerung - mit Schriftsätzen vom 28. Februar und 5. März 2001 nachgekommen. Unter dem 17. Mai 2001 ist dann durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§ 524 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme unter Ladung mehrerer Zeugen bestimmt worden. Hierbei hat sich, worauf das Landgericht in seinem Urteil zutreffend hingewiesen hat, zwischen dem Beschluss vom 9. November 2000 und der Terminsverfügung die Senatsbesetzung (zweimaliger Berichterstatterwechsel) geändert. Hiermit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt.

31
(4) Zuletzt beanstandet das Berufungsgericht, dass sich den Akten keine Sachgründe entnehmen ließen, warum im Anschluss an die am 5. September 2001 durchgeführte Beweisaufnahme vor dem Berichterstatter und die anschließende Rückübertragung des Rechtsstreits auf den Senat dessen Vorsitzender Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung erst unter dem 25. Oktober 2001 bestimmt habe. Bezüglich dieser pauschalen Bewertung gilt Gleiches wie zu (2) und (3) ausgeführt. Abgesehen davon, dass zunächst vom Oberlandesgericht geprüft werden musste, welche Konsequenzen für den weiteren Verfahrensablauf aus der umfangreichen Beweisaufnahme folgten, ergibt sich aus den Akten, dass das Oberlandesgericht unter dem 10. August 2001 dem Sachverständigen T. einen Zusatzauftrag erteilt hatte. Dieser hat mit Schreiben vom 12. September 2001 - dieses enthält keinen Eingangsstempel; die in der Akte davor und dahinter abgehefteten Vorgänge sprechen allerdings dafür, dass es nicht vor dem 25. September 2001 zu den Akten gelangt ist - ein umfangreiches Ergänzungsgutachten vorgelegt. Im Rahmen der Terminsverfügung vom 25. Oktober 2001 sind dann im Übrigen nicht nur die Sachverständigen Prof. Br. und Prof. T. , sondern auch - unter Formulierung einer neuen Beweisfrage - ein weiterer Sachverständiger geladen worden. Hiermit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt.
32
ee) Die mit der Revisionserwiderung vom Kläger erhobene Gegenrüge, die zweimalige Zuweisung der Sache an den Berichterstatter als Einzelrichter im Zusammenhang mit der Anberaumung des ersten Verhandlungstermins am 11. August 1997 sowie dem späteren Beweisaufnahmetermin am 5. September 2001 sei als pflichtwidrige Verzögerung des Verfahrens zu bewerten, ist unbegründet.
33
Die Zivilprozessordnung - damals § 524 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F., jetzt § 527 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. - erlaubt im Berufungsverfahren die Zuweisung der Sache an den Einzelrichter zur Vorbereitung der Entscheidung. Im Falle der Zuweisung ist der Einzelrichter unter anderem befugt, vorbereitende Maßnahmen (§ 273 ZPO) zu treffen. Er hat im Termin mit den Parteien die Sach- und Rechtslage zu erörtern, insoweit auch das richterliche Fragerecht (§ 139 ZPO) auszuüben und die Parteien auf von ihnen übersehene Gesichtspunkte hinzuweisen , ferner gegebenenfalls Auflagen zu erteilen. Daneben steht auch die allgemeine Aufgabe, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht zu sein. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. (jetzt § 527 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F.) ist auch die Erhebung einzelner Beweise erlaubt (siehe im Einzelnen zu den Aufgaben und Befugnissen des Einzelrichters nach § 524 ZPO a.F.: Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 524, Rn. 8 f; Wieczorek/Rössler, ZPO, 2. Aufl., § 524 Rn. C, C I). Bei der Entscheidung über die Zuweisung an den Einzelrichter handelt es sich um eine in das Ermessen des Vorsitzenden bzw. des Gerichts fallende, nicht anfechtbare Entscheidung (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, aaO Rn. 3, 6; Wieczorek /Rössler, aaO Rn. B; zur entsprechenden Rechtslage nach § 527 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F.: MünchKommZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl., § 527 Rn. 3, 19; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 527 Rn. 3; Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, 3. Aufl., § 527 Rn. 5, 7). Diese unterfällt dem Anwendungsbereich des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht die Zuweisung an den Einzelrichter nicht beanstandet.
34
2. Da die Annahme des Berufungsgerichts, es sei zu einer insgesamt 34-monatigen Verzögerung des Vorprozesses gekommen, teilweise rechtsfehlerhaft ist, fehlt die Grundlage für die darauf aufbauenden Feststellungen zur verzögerungsbedingten Vereitelung der Durchsetzung der klägerischen An- sprüche. Hierzu bedarf es - unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats zu 1 - neuer Feststellungen des Berufungsgerichts. Diese erübrigen sich - entgegen der Auffassung der Revision - nicht deshalb, weil der Klage aus anderen Gründen der Erfolg versagt werden müsste.
35
a) Eine Haftung des beklagten Landes scheidet insbesondere nicht deshalb aus, weil das Landgericht eine Pflichtverletzung der mit dem Vorprozess befassten Berufsrichter verneint hat und es damit bei Anwendung der sogenannten Kollegialgerichts-Richtlinie jedenfalls an einem Verschulden fehlt.
36
Die Kollegialgerichts-Richtlinie beruht auf der Erwägung, dass von einem Beamten, der allein und im Drang der Geschäfte handeln muss, keine bessere Rechtseinsicht erwartet werden kann, als von einem Gremium mit mehreren Rechtskundigen, das in voller Ruhe und reiflicher Überlegung entscheidet, nachdem vorher der Prozessstoff in ganzer Fülle vor ihm ausgebreitet worden ist (vgl. nur Staudinger/Wurm, aaO Rn. 211; RGRK/Kreft, BGB, 12. Aufl., § 839 Rn. 296). Insoweit trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 106, 406, 410; 141, 328, 334; 156, 34, 51; 164, 32, 40 f) und des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. April 1955 - III ZR 161/53, BGHZ 17, 153, 158; vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84, BGHZ 97, 97, 107; vom 20. Februar 1992 - III ZR 188/90, BGHZ 117, 240, 250; und 14. März 2002 - III ZR 302/00, BGHZ 150, 172, 184) einen Beamten in der Regel kein Verschulden , wenn ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat.
37
Ob und in welchem Umfang dieser Grundsatz auch für die richterliche Tätigkeit gilt (so Senat, Urteil vom 29. Mai 1958 - III ZR 38/57, BGHZ 27, 338, 346; Beschluss vom 19. Dezember 1991 - III ZR 9/91, NJW-RR 1992, 919 f; jeweils amtsrichterliche Tätigkeiten betreffend), kann genauso dahinstehen wie die Frage, ob die Auffassung des Berufungsgerichts, die Bewertung des Landgerichts sei bereits deshalb ohne Bedeutung, weil sie auf einer unzureichenden Beurteilungsgrundlage beruhe und insoweit nicht sorgfältig erfolgt sei (zu dieser Einschränkung der Richtlinie vgl. nur Senat, Urteile vom 19. Januar 1989 - III ZR 243/87, NJW 1989, 1924, 1926; vom 2. April 1998 - III ZR 111/97, NVwZ 1998, 878; und 18. November 2004 - III ZR 347/03, VersR 2005, 1582, 1583), rechtsfehlerfrei ist. Denn Voraussetzung für die Anwendung der Kollegialgerichts -Richtlinie ist, dass der Beamte eine zweifelhafte und nicht einfach zu lösende Rechtsfrage zu beantworten hat (vgl. etwa RGZ 156, 34, 51; Senat, Urteile vom 28. April 1955, aaO; vom 14. Juni 1962 - III ZR 57/61, NJW 1962, 2100; vom 28. Februar 1963 - III ZR 192/61, VersR 1963, 628, 630; vom 10. Oktober 1963 - III ZR 155/62, VersR 1964, 63, 64; und 14. Dezember 1978 - III ZR 77/76, BGHZ 73, 161, 164). Derartige ernsthafte Zweifelsfragen können sich zwar auch bei der Anwendung und Auslegung verfahrensrechtlicher Vorschriften stellen, nicht aber, wenn - wie hier - zeitliche Verzögerungen im Zusammenhang mit einer richterlichen Untätigkeit bzw. verspäteten richterlichen Tätigkeit in Rede stehen.
38
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB verneint. Zwar steht dem Geschädigten ein Amtshaftungsanspruch im Falle einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung nur zu, wenn er nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Er braucht sich jedoch nicht auf weitläufige, unsichere oder im Ergebnis zweifelhafte Wege des Vorgehens gegen Dritte verweisen zu lassen. Die Ausnutzung anderweitiger Ersatzmöglichkeit muss ihm in diesem Sinne zumutbar sein (vgl. nur Senat, Urteil vom 5. November 1992 - III ZR 91/91, BGHZ 120, 124, 126; Beschluss vom 26. März 1997 - III ZR 295/96, NJW 1997, 2109; Urteil vom 17. Juni 2004 - III ZR 335/03, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 2 Zumutbarkeit 3). Zu Unrecht beanstandet insoweit die Revision, dass dem Kläger Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB gegen den Sachverständigen Ba. zustünden. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Kläger nach der für ihn überschaubaren Sachlage schwerlich einen Schädigungsvorsatz des Sachverständigen hätte darlegen und im zu erwartenden Bestreitensfall auch hätte beweisen können. Bei dieser Sachlage sei ihm ein Prozess wegen erkennbar fehlender Erfolgsaussicht nicht zumutbar, zumal sich die in die Verantwortung des Sachverständigen fallende Verzögerung ohnehin nicht mit der Gesamtverzögerung des Vorprozesses decke, was im Rahmen der anzustellenden Kausalitätsbetrachtung weitere Probleme und Nachweisschwierigkeiten nach sich gezogen hätte. Soweit die Revision hierzu - unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 24. September 1991 - VI ZR 293/90, NJW 1991, 3282 - darauf verweist, dass es für die Annahme eines Schädigungsvorsatzes ausreiche, dass der Sachverständige leichtfertig gehandelt und die Schädigung der Prozessbeteiligten billigend in Kauf genommen habe, hat dies das Berufungsgericht, wie die im Urteil zitierte Rechtsprechung zeigt, bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht übersehen.

III.


39
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 16.12.2005 - 8 O 36/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 08.01.2010 - I-11 U 27/06 -

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Tenor

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Landgerichts Ulm vom 26.03.2012 (4 O 265/11) wird zurückgewiesen.

2. Das beklagte Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil des Senats und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 2.500,00 EUR

Gründe

 
I.
Der Kläger verlangt die Feststellung einer Ersatzpflicht des beklagten Landes wegen der verzögerten Zustellung seines Scheidungsantrages.
1. Der Kläger hat am 19.06.2008 beim Amtsgericht - Familiengericht - Göppingen einen Scheidungsantrag gestellt (6 F 585/08), der erst aufgrund einer Verfügung vom 25.01.2009 seiner damaligen Ehefrau am 03.02.2009 zugestellt wurde.
Die Einzelheiten der Abläufe des damaligen Verfahrens ergeben sich aus der nachfolgenden tabellarischen Übersicht (Fam. = Akte des vom Senat beigezogenen Familienverfahrens):
Datum
Beschreibung
Fundstelle
19.06.2008
Eingang des Scheidungsantrages des Klägers mit Verrechnungsscheck
über die Gerichtsgebühren, Vollmacht und Anlagen.
Fam. Blatt 1
23.06.2008
Verfügung der Richterin, es möge binnen zwei Wochen mitgeteilt
werden, für welche Zeiträume Auskünfte des Versorgungsträgers
eingeholt werden sollen.
Fam. Blatt 17
25.06.2008
Scheidungsantrag der Ehefrau.
Mitteilung über die Gutschrift des Vorschusses seitens der LOK.
Fam. Blatt 19
26.06.2008
Verfügung der Richterin über Doppel an Gegner und Frist zur
Stellungnahme binnen zwei Wochen.
Fam. Blatt 19
01.07.2008
Schriftsatz des Klägers zum Stichtag bezüglich der Ehezeit.
Fam. Blatt 26
11.07.2008
Vorlage einer Wertberechnung für den Versorgungsausgleich durch
den Kläger.
Fam. Blatt 29
02.09.2008
Mitteilung des Klägers an das Gericht über Terminverhinderungszeiten.
Fam. Blatt 42
18.11.2009
Bitte des Klägers um Mitteilung, was der Einholung von Auskünften des
Rentenversicherungsträgers entgegensteht.
Fam. Blatt 43
10.12.2008
Telefonische Auskunft der Geschäftsstelle, dass die Scheidungsanträge
noch nicht zugestellt sind.
K 5, Blatt 60
12.01.2009
Schriftsatz des Klägers, in dem dieser ausführt, nach einer telefonischen
Auskunft der Geschäftsstelle sei der Antrag auf Scheidung noch nicht
einmal zugestellt worden. Es werde deshalb dringend um Mitteilung des
Zustellungsdatums gebeten. Es wird dringend um Mitteilung gebeten,
was einer Erledigung der Angelegenheit entgegensteht.
Fam. Blatt 44
25.01.2009
Verfügung der Zustellung des Scheidungsantrags und Einholung von
Auskünften zum Versorgungsausgleich.
Hinweis des Gerichts an die Parteien, dass aufgrund der hohen
Verfahrenszahl, mit welcher das befasste Referat seit Jahren umzugehen
hat, die Bearbeitungszeiten einzelner Verfahren stark gelitten haben.
Die zuständige Richterin hat das Referat im Dezember 2007 übernommen.
Vor dem Hintergrund, dass die Frage der auszugleichenden
Versorgungsanwartschaften im vorliegenden Verfahren noch nicht
endgültig geklärt ist, die richterliche Prüfung dieser Fragestellung jedoch
etwas Zeit in Anspruch nimmt, wurde das Verfahren zunächst dilatorisch
behandelt. Es wurde in diesem Zusammenhang von Seiten des Gerichts
versäumt, die Zustellung des Scheidungsantrags anzuordnen.
Dies wurde nun nachgeholt.
Das Gericht bedauert dieses Versäumnis und bittet die Parteien um
Verständnis.
Fam. Blatt 46
 
Fam. Blatt 53
03.02.2009
Empfangsbekenntnis über die Zustellung des Scheidungsantrags.
Fam. Blatt 48
12.03.2009
Eingang der Auskunft zum Versorgungsausgleich.
Fam. Blatt 59
09.04.2009
Bewilligung von PKH für die Ehefrau und Terminsbestimmung.
Fam. Blatt 75, 77
08.04.2009
Schriftsatz des Klägers, mit dieser anregt, den Versorgungsausgleich
auf den Stichtag 30.06.2008 durchzuführen.
Fam. Blatt 80
21.04.2009
Schriftsatz der Ehefrau, dass sie dem nicht zustimmt.
Fam. Blatt 92
15.05.2009
Termin zur mündlichen Verhandlung und Scheidungsurteil.
Fam. Blatt 93
Mit Schreiben vom 08.07.2010 hat das Landesamt für Besoldung und Versorgung dem Kläger mitgeteilt, dass bei einem früheren Ehezeitende zum 30.06.2008 lediglich 212,40 EUR (nicht 223,49 EUR), also 11,09 EUR weniger an Versorgungsbezügen auf seine Ehefrau übertragen worden wären (K 3, Blatt 20).
Zwischen den Parteien besteht Streit, ob die verzögerte Zustellung als Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht anzusehen ist, eine Haftung aufgrund des sogenannten Spruchrichterprivilegs gemäß § 839 Abs. 2 BGB ausgeschlossen ist, die Subsidiaritätsklausel des §§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB eingreift und wie der Feststellungsantrag umzusetzen ist.
2. Das Landgericht hat dem Feststellungsantrag (Verpflichtung bei der Berechnung der Pension, einen früheren Scheidungsantrag zu Grunde zu legen) stattgegeben. Das beklagte Land hafte als Anstellungskörperschaft für die mit dem Scheidungsverfahren befasste Richterin beim Amtsgericht - Familiengericht - Göppingen. Die Verweigerung der Zustellung der Klage habe den Justizgewährungsanspruch des Klägers berührt, zumal die Amtspflicht bestehe, vorliegende Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten und nach Abschluss der Prüfung unverzüglich zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Feststellungen und des Sachverhalts wird auf das Urteil des Landgerichts Ulm vom 26.03.2012 (Az. 4 O 265/11) Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
3. Die Berufung des beklagten Landes rügt eine fehlerhafte Rechtsanwendung und will weiter eine Abweisung der Klage erreichen.
10 
Das Landgericht Ulm habe in dem angefochtenen Urteil nicht klar genug herausgearbeitet, woraus sich die angebliche Amtspflichtverletzung ergebe. Von einer Verweigerung der Zustellung könne insoweit nicht ausgegangen werden, denn die sachbearbeitende Richterin habe sich zu keinem Zeitpunkt geweigert, die Zustellung des Scheidungsantrages anzuordnen; hier sei lediglich die Anordnung der Zustellung zunächst versehentlich unterlassen worden. Dies beruhe auf der Tatsache, dass die relevanten Zeiten für einen Versorgungsausgleich nicht vorgelegen hatten.
11 
Selbst wenn man die Möglichkeit einer Verletzung des Beschleunigungsgebotes annähme, habe das Landgericht insoweit einen falschen Beurteilungsmaßstab angelegt, denn eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes könne nur angenommen werden, wenn das Handeln des Richters unter Berücksichtigung des Grundsatzes richterlicher Unabhängigkeit nicht mehr vertretbar erscheine, wofür die pauschale Feststellung eines zu lange dauernden Vorprozesses nicht genüge. Erforderlich sei vielmehr, dass die Entscheidung nicht mehr innerhalb einer angemessenen Frist erfolgte.
12 
Entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts sei auf den vorliegenden Sachverhalt das Spruchrichterprivileg gemäß § 839 Abs. 2 S. 2 BGB anzuwenden. Die Vorschrift stelle nicht auf Verletzungen durch das Urteil, sondern bei dem Urteil ab, woraus sich ergebe, dass nicht nur Fehler in der Sachentscheidung selbst erfasst werden, sondern auch Maßnahmen, die darauf gerichtet sind, die Grundlagen für eine Entscheidung zu gewinnen. Insoweit seien urteilsvertretende Entscheidungen auch solche dem Urteil vorausgehenden Maßnahmen und Verfügungen, die sich nur im Zusammenhang mit dem Urteil nachteilig für den Betroffenen auswirken können. Der einzelne Verfahrensfehler sei privilegiert, wenn er nicht als solcher, sondern gemeinsam mit dem Urteil zu einem Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen führe. Da die Zustellung des Scheidungsantrages eine zwingende Voraussetzung für den Erlass des Urteils darstelle, stelle dieser eine Maßnahme im Sinne der oben genannten Rechtsprechung dar, weshalb auch die unterlassene Zustellung vom Spruchrichterprivileg erfasst sei. Eine Straftat liege offensichtlich nicht vor.
13 
Auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs von § 839 Abs. 2 BGB sei der Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit zu beachten, woraus sich ergebe, dass für die Haftung ein besonders grober Verstoß oder eine unvertretbare Entscheidung erforderlich sei. Das Verhalten der bearbeitenden Richterin im Zusammenhang mit der versehentlich unterlassenen Anordnung der Zustellung sei aber weder als grober Verstoß noch als unvertretbare Entscheidung anzusehen.
14 
Aus der Sicht des beklagten Landes sei nicht nachvollziehbar, wie das Landgericht zu der Erkenntnis gelangt sei, dass der Scheidungsantrag unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgebotes am 30.06.2009 zugestellt worden wäre. Insoweit hätte es einer Beweiserhebung bedurft, es fehle die notwendige Darlegung im angefochtenen Urteil.
15 
Den Kläger treffe ein Mitverschulden, da er nach den Auskünften seines Versorgungsträgers im November 2008 Erkundigungen nach dem Sachstand im Hinblick auf die Zustellung des Scheidungsantrages habe einholen müssen. Dem Kläger stehe gemäß § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB eine anderweitige Ersatzmöglichkeit gegen seinen Prozessbevollmächtigten zu.
16 
Die Ausführungen des Landgerichts zum Schaden seien nicht nachvollziehbar. Es werde nicht mit der erforderlichen Klarheit und Deutlichkeit dargelegt, wie eine Leistung des beklagten Landes an den Kläger erfolgen solle.
17 
Das beklagte Land beantragt (Schriftsatz vom 02.07.2012, Blatt 111):
18 
Das Urteil des Landgerichts Ulm vom 26.03.2012 (Az. 4U 265/11) wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
19 
Der Beklagte beantragt (Schriftsatz vom 09.08.2012, Blatt 127):
20 
Die Berufung wird zurückgewiesen.
21 
4. Die Berufungserwiderung des Klägers verteidigt das landgerichtliche Urteil.
22 
Das Landgericht sei mit zutreffenden Erwägungen von einer Amtspflichtverletzung ausgegangen. Es sei gegen das Beschleunigungsgebot verstoßen worden, weil die Zustellung nicht unverzüglich erfolgt sei. Insoweit sei auch keine weitere Prüfung erforderlich gewesen. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Zustellung eines Scheidungsantrages um eine vom Gesetzgeber zwingend vorgeschriebene und von Amts wegen durchzuführende Maßnahme handele, die keine langwierige Prüfungen voraussetze und nichts zum richterlichen Erkenntnisverfahren beitrage, sei das Liegenlassen des Antrages für einen solch langen Zeitraum nicht mehr vertretbar gewesen, die Unterlassung der Zustellung deshalb als Amtspflichtverletzung anzusehen.
23 
Insoweit sei es nicht darauf angekommen, offene Versorgungsanwartschaften zu prüfen, diese Frage sei losgelöst von einer zügigen Zustellung zu beachten.
24 
Es komme nicht darauf an, ob ein besonders grober Verstoß vorliege, der Bundesgerichtshof stelle nunmehr nur noch auf die Vertretbarkeit der richterlichen Rechtsansicht oder Handlung ab. Es sei nicht erkennbar, woraus sich eine Vertretbarkeit dahin ergebe, einen Scheidungsantrag ohne besonderen Grund über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten zu ignorieren. Das Landgericht sei richtig von einer Fahrlässigkeit auszugehen, weil insoweit auf einen pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten abzustellen sei.
25 
Unabhängig vom Streit über die Anwendbarkeit des Spruchrichterprivileges liege jedenfalls ein grob fahrlässiges Verhalten der sachbearbeitenden Richterin vor. Schon anlässlich des Schreibens vom 02.09.2008 hätte das Familiengericht erkennen müssen, dass der Scheidungsantrag noch nicht zugestellt war. Gleiches gelte für die schriftliche Nachfrage vom 18.11.2008. Die Tatsache der fehlenden Zustellung begründe insoweit die Verletzung der Sorgfalt in besonders schwerem Maße, weil schon einfachste, nahe liegende Überlegungen nicht angestellt wurden. Zudem habe der Kläger ausweislich des vorgelegten Mailverkehrs mit Nachdruck auf mögliche Nachteile beim Versorgungsausgleich hingewiesen.
26 
Unabhängig davon habe das Landgericht zutreffend festgestellt, dass § 839 Abs. 2 BGB nicht anwendbar sei. Das Haftungsprivileg beziehe sich lediglich auf spruchrichterliche Tätigkeit, Pflichtverletzungen des Richters im Rahmen der Verweigerung oder Verzögerung der Amtsausübung unterlägen der Amtshaftung. Gegenstand der richterlichen Tätigkeit im Rahmen der Zustellung sei keine Entscheidungsfindung gewesen, hier handle es sich um eine Selbstverständlichkeit, zu der keine Alternative bestehe. Die Zustellung könne insoweit auch nicht als prozessleitende Maßnahme angesehen werden, da es an dem notwendigen engen Zusammenhang mit dem Urteil fehle, erforderlich sei insoweit, dass haftungsmäßig eine Trennung nicht erfolgen könne. Dies sei gerade nicht der Fall.
27 
Es bestehe auch keine anderweitige Ersatzmöglichkeit, zumal der Kläger ausreichend und wiederholt heftig nachgefragt habe.
28 
Hinsichtlich des dem Kläger entstandenen Schadens habe das Landgericht richtig festgestellt, dass der Kläger so zu stellen sei, als ob der Scheidungsantrag rechtzeitig gestellt worden sei, was dazu führen müsse, dass die Differenz der übergegangenen Versorgungsansprüche dem Kläger gutzubringen sei.
29 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst der dazu vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
II.
30 
Die Berufung ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg.
31 
1. Das Unterlassen einer Verfügung der unverzüglichen Zustellung des Scheidungsantrages stellt eine Amtspflichtverletzung dar.
32 
a. In einem Rechtsstaat trifft jede Behörde schon die allgemeine Amtspflicht, Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten und diese ungesäumt zu bescheiden (vergleiche nur BGHZ 170, 260 [266 Rn. 17] m.w.N.). Für gerichtliche Verfahren wird insoweit auch der Anspruch auf Justizgewährung und Entscheidung innerhalb einer angemessenen Frist genannt (BGH a.a.O.).
33 
Angesichts der Tatsache, dass die Zustellung eines Scheidungsantrages mit unmittelbaren Rechtsfolgen für den jeweiligen Antragsteller verbunden ist (für den vorliegenden Sachverhalt ergibt sich dies aus § 1587 Abs. 2 BGB in der damals geltenden Fassung, wonach für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bezüglich des Endes der Ehezeit auf die Rechtshängigkeit, also die Zustellung des Scheidungsantrages abzustellen ist [§ 261 ZPO], vergleiche auch § 1384 BGB), tangiert die unverzügliche Zustellung nach dem Vorliegen der dafür maßgeblichen Voraussetzungen unmittelbar den Justizgewährungsanspruch des jeweiligen Antragstellers und ist auch deshalb unverzüglich zu veranlassen. Die entsprechende Verpflichtung ergibt sich im Übrigen unmittelbar aus dem Gesetz, denn gemäß § 271 Abs. 1 ZPO ist die Klageschrift – dazu gehört auch ein Scheidungsantrag (§§ 608, 606 Abs. 1 ZPO a.F.) – unverzüglich zuzustellen. Die Zustellung ist Amtspflicht und darf nur ausnahmsweise verweigert werden (Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 271 Rn. 2; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 253 Rn. 21a und § 71 Rn. 4, 6). Vor der Zustellung hat der Richter deshalb nur zu prüfen, ob die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Der Gegenstand dieser Prüfung ist durch den Zweck der Zustellung eng begrenzt (vergleiche nur Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 271 Rn. 16). Eine Zustellung kann ausnahmsweise (zunächst) unterbleiben, wenn die Klage nicht in deutscher Sprache verfasst ist, wenn die Unterschrift fehlt, wenn eine zweifelsohne nicht postulationsfähige Person unterzeichnet hat, wenn die Klageerhebung ersichtlich nicht ernst gemeint ist, wenn der Beklagte nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt und sich ihr mit großer Wahrscheinlichkeit auch nicht unterwerfen wird, wenn die Klage mangels ausreichender Bezeichnung oder Anschrift nicht zugestellt werden könnte, wenn der nach § 12 GKG erforderliche Vorschuss nicht bezahlt wurde oder solange die erforderlichen Abschriften fehlen (Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 271 Rn. 2 m.w.N.; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. 2008, § 271 Rn. 16 – 29). In der Literatur wird instruktiv und richtig ausgeführt, dass wegen der Wirkungen der Rechtshängigkeit und des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) das Unterlassen der Zustellung entsprechende Hinweise des Gerichts erfordert (Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl. 2012, § 253 Rn. 21a).
34 
b. Danach ist die hier zunächst nicht erfolgte Zustellung als Amtspflichtverletzung anzusehen. Die Antragsschrift des Klägers hat unstreitig alle Voraussetzungen für eine Zustellung erfüllt. Dies ergibt sich schon allein daraus, dass nach der Feststellung der versäumten Zustellung diese ohne weitere Hinweise, Auflagen oder Verfügungen erfolgte (Fam. Blatt 46). Die ursprünglich erfolgte Anfrage, für welche Zeiträume die Auskunft der Versorgungsträger eingeholt werden soll, stand der Zustellung nicht entgegen, denn es handelte sich gemäß §§ 621 Abs. 1 Nr. 6, 623 ZPO a.F. nur um eine Folgesache, über die zwar gleichzeitig und zusammen mit dem Scheidungsantrag zu verhandeln war, die aber kein Hindernis für eine Zustellung des Scheidungsantrages darstellte.
35 
c. Da schon die bloß unterlassene Veranlassung der Zustellung als Amtspflichtverletzung anzusehen ist, kommt es nicht darauf an, ob diese verweigert wurde, zumal der Begriff der Verweigerung ein bewusstes Verhalten impliziert, das ausweislich der Verfügung der Richterin vom 29.01.2009 nicht vorlag (Fam. Blatt 53). Soweit das beklagte Land im Rahmen der Berufung ausführt, eine Verletzung des Beschleunigungsgebots könne nur angenommen werden, wenn das Handeln des Richters unter Berücksichtigung des Grundsatzes der richterlichen Unabhängigkeit nicht mehr vertretbar erscheine, kommt es angesichts der obigen Ausführungen und der klaren Regelung in § 271 Abs. 1 ZPO darauf nicht an.
36 
Bei zwingenden gesetzlichen Vorgaben - wie hier der Regelung des § 271 Abs. 1 ZPO - gibt es kein Ermessen und keinen Beurteilungsspielraum des Entscheidungsträgers. Eine Überprüfung seines Handelns/Unterlassens auf etwaige Vertretbarkeit hin findet daher nicht statt (vgl. BGH NJW 2011, 1072, 1073, 1074).
37 
2. Das Landgericht hat mit zutreffenden Erwägungen eine Drittgerichtetheit der Amtspflicht bejaht. Dies wird von der Berufung auch nicht weiter in Frage gestellt.
38 
Die Drittgerichtetheit einer entsprechenden Pflichtverletzung ist zu bejahen. Die Frage, ob im Einzelfall der Geschädigte zu dem Kreis der Dritten im Sinne von § 839 BGB gehört, beantwortet sich danach, ob die Amtspflicht, wenn auch nicht notwendig allein, so doch auch den Zweck hat, das Interesse gerade dieses Geschädigten zu wahren. Nur wenn sich aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der Natur des Amtsgeschäfts ergibt, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis gehört, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert sein soll, besteht ihm gegenüber bei schuldhafter Pflichtverletzung eine Schadensersatzpflicht. Hingegen ist anderen Personen gegenüber, selbst wenn die Amtspflichtverletzung sich für sie mehr oder weniger nachteilig ausgewirkt hat, eine Ersatzpflicht nicht begründet. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen. Dabei muss eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen Belangen immer als Dritter anzusehen sein. Vielmehr ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt werden soll. Es kommt danach auf den Schutzzweck der Amtspflicht an (ständige Rechtsprechung: BGHZ 162, 49 [55]; BGHZ 140, 380 [382]; BGHZ 134, 268 [276]; BGHZ 109, 163 [167 -168]). Dabei genügt es, dass die Amtspflicht neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch den Zweck verfolgt, die Interessen Einzelner wahrzunehmen (BGHZ 162, 49 [55]; BGHZ 140, 380 [382]; BGHZ 137, 11 [15]).
39 
Nachdem mit der Zustellung des Scheidungsantrages Rechtswirkungen verbunden sind, die sich unmittelbar auf Ansprüche der Parteien auswirken (s.o.), ist die Drittgerichtetheit der unterlassenen Zustellung als Pflichtverletzung zu bejahen. Es handelt sich insoweit nicht nur um Amtspflichten gegenüber der Allgemeinheit und einer unbestimmten Zahl von Personen, sondern die Verpflichtung zur unverzüglichen Zustellung dient unmittelbar den Interessen der prozessbeteiligten Parteien und dient auch dem Schutz von materiellen Rechten (vergleiche nur Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl. 2012, § 262 Rn. 1 und § 271 Rn. 1). Dem Zivilrichter obliegen die Amtspflichten insoweit gegenüber den am Rechtsstreit Beteiligten, die in ihrer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung beeinträchtigt werden können (Staudinger/Wurm, BGB [2007], § 839 Rn. 656). Dem entspricht, dass der Bundesgerichtshof in allgemeiner Hinsicht verlangt, dass die Gerichte als drittbezogene Amtspflicht gegenüber den Parteien anhängige Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung bearbeiten und bei Entscheidungsreife möglichst zeitnah abschließen müssen (BGH, NJW 2011, 1072 [1073 Rn. 11]).
40 
3. Die Zustellung ist jedenfalls aufgrund eines fahrlässigen Verhaltens unterblieben, dies ergibt sich auch aus dem Beschluss vom 25.01.2009 (Fam. Blatt 53). Zudem gilt insoweit ein objektivierter Verschuldensmaßstab. Soweit hier von der Berufung darauf abgestellt wird, dass die Maßnahme nicht mehr vertretbar sein musste, wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter 5. verwiesen. Im Übrigen genügt für die Verzögerung bei der Ausübung des Amtes leichte Fahrlässigkeit (Staudinger, a.a.O. Rn. 334).
41 
4. Das beklagte Land kann sich nicht auf eine fehlende Verantwortlichkeit aus dem Spruchrichterprivileg berufen, denn die unterlassene Zustellung wird hiervon nicht erfasst.
42 
§ 839 Abs. 2 Satz 1 BGB statuiert für die Verletzung von Amtspflichten „bei dem Urteil in einer Rechtssache“ ein Freiwerden von der Verantwortlichkeit, es sei denn, die Pflichtverletzung besteht in einer Straftat. Mit dem Spruchrichterprivileg soll insoweit aber keine Sonderstellung des Richters um seiner Tätigkeit willen eingeräumt werden, sondern der entscheidende Rechtfertigungsgrund für § 839 Abs. 2 BGB geht dahin, dass die Rechtskraftwirkung durch Erhebung einer Amtshaftungsklage umgangen würde (BGHZ 50, 14 [19 f.]; Staudinger/Wurm, BGB [2007], § 839 Rn. 314; Tremml/Karger/Luber, Der Amtshaftungsprozess, 3. Aufl. 2009, Rn. 200). Die Vorschrift dient primär der Rechtssicherheit und der Erhaltung des durch ein Urteil geschaffenen Rechtsfriedens (BGHZ 57, 33 [45]; Staudinger, a.a.O.). Während die Rechtsprechung des Reichsgerichts nur solche Entscheidungen als „Urteil“ im Sinne des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB angesehen hat, die aufgrund mündlicher Verhandlung den Rechtsstreit für die Instanz ganz oder teilweise beendeten (RGZ 170, 333 [338]; RGZ 156, 44; RGZ 116, 90), stellt die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr auf die formale Bezeichnung als „Urteil“ ab, sondern definiert als Urteile auch alle diejenigen in Beschlussform ergehenden Entscheidungen, die „urteilsvertretende Erkenntnisse“ enthalten (BGHZ 64, 347; BGHZ 57, 33 [45]; BGHZ 36, 379 [384]; BGHZ 13, 144; BGHZ 10, 55 [60]; Staudinger, a.a.O. Rn. 324). Das sind instanzbeendende und rechtskraftfähige Entscheidungen und gleichzusetzende Entscheidungen (Staudinger, a.a.O. Rn. 324). Keine urteilsvertretenden Erkenntnisse sind die lediglich prozessleitenden Verfügungen und in Beschlussform ergehende Entscheidungen, die der instanzbeendenden Entscheidung vorausgehen (Staudinger, a.a.O. Rn. 327).
43 
Die Verfügung über die Zustellung des Scheidungsantrages ist nach diesen Maßstäben keine Entscheidung, die als urteilsvertretendes Erkenntnis angesehen werden kann. Es handelt sich insbesondere nicht um eine prozessleitende Maßnahme, die darauf abzielt, erst noch die Grundlage einer Entscheidung zu gewinnen. Die Zustellung des Scheidungsantrages ist zwar eine zwingende Voraussetzung für den späteren Erlass eines Urteils, weil erst hierdurch ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien begründet wird. Es würde aber das Richterprivileg weit über Gebühr ausdehnen, wenn darunter auch jegliche vorbereitenden Entscheidungen subsumiert würden, weil dann im Ergebnis doch die vom Gesetz gerade nicht gewollte Sonderstellung für die gesamte richterliche Tätigkeit begründet würde (dazu Staudinger, a.a.O. Rn. 313). Die Zustellung ist damit zwar eine Grundlage und Voraussetzung für die Sachentscheidung, enthält aber keine weitergehenden inhaltlichen richterlichen Handlungen, die darauf abzielen, die Grundlagen für eine Sachentscheidung zu gewinnen. Es handelt sich damit um einen ansonsten inhaltsleeren, bloß förmlichen Akt, der auch im Hinblick auf die Regelung in § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht durch das Spruchrichterprivileg geschützt wird.
44 
Dies ergibt sich auch aus der von den Parteien zitierten neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs, die darauf abstellt, dass auch alle diejenigen Maßnahmen privilegiert sind, die objektiv darauf gerichtet sind, die Rechtssache durch Urteil zu entscheiden, also die Grundlagen für die Sachentscheidung zu gewinnen, wobei im Zusammenhang mit der Frage einer schuldhaft amtspflichtwidrigen Verfahrensverzögerung die richtige Feststellung des Tatbestands, insbesondere die Trennung des unstreitigen Sachverhalts von streitigen Behauptungen, sowie die Prüfung der Erheblichkeit des jeweiligen Vortrags und eines etwaigen Beweisantritts angeführt werden (BGH NJW 2011, 1072 [1073, Rn. 13]). Es ist zwar davon auszugehen, dass Hinweise nach § 139 ZPO, die Vorbereitung der Verhandlung, Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts, ein Beweisbeschluss oder das Absehen beziehungsweise die Ablehnung einer Beweisaufnahme noch keine Urteile im prozessualen Sinn darstellen, diese aber in einem so engen Zusammenhang mit dem Urteil stehen, dass sie von diesem haftungsmäßig nicht getrennt werden können (BGH a.a.O. Rn. 13). Diese Sichtweise trifft aber nicht auf die bloße Anordnung der Zustellung eines Scheidungsantrages zu, weil ansonsten jede richterliche Handlung privilegiert wäre. Das Landgericht hat in diesem Zusammenhang richtig darauf hingewiesen, dass keine Alternativen in einer Sachentscheidung bestanden.
45 
Im Übrigen liegt eine pflichtwidrige Verzögerung der Amtsausübung im Sinne des § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB vor, die als Selbstverständlichkeit festhält, dass die pflichtwidrige Untätigkeit des Richters gerade keine fehlerhafte Tätigkeit bei einem Urteil darstellt (BGH NJW 2011, 1072 [1073 Rn. 12]). Insoweit gilt der allgemeine amtshaftungsrechtliche Maßstab einfacher Fahrlässigkeit (Staudinger, a.a.O., Rn. 334).
46 
5. Soweit sich die Berufung hier mit der über § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB hinausgehenden Geltung des Richterprivilegs auseinandersetzt, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung.
47 
Die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung führt insoweit aus, dass der verfassungsrechtliche Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB seine Bedeutung behält. Insoweit wird für die Bejahung einer Haftung verlangt, dass richterliche Maßnahmen nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit geprüft werden. Die Vertretbarkeit darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung der Belange der Zivilrechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist (BGH NJW 2011, 1072 [1074 Rn. 14; BGH NJW 20007, 224 [226 Rn. 19]; BGH NJOZ 2005, 3987 f.; BGH NJW 1989, 96). Für die Frage der Rechtsanwendung und Rechtsauslegung führt der Bundesgerichtshof insoweit auch aus, dass der Schuldvorwurf deshalb einen besonders groben Verstoß erfordert, was inhaltlich auf eine Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit hinauslaufe (BGH NJW 2003, 3052 [3053] = BGHZ 155, 306 [309 f.]; zur Abgrenzung vergleiche BGH NJW 2007, 224 [226 Rn. 19]).
48 
Das Unterlassen der Verfügung einer Zustellung des Scheidungsantrages ist nicht mehr nachvollziehbar und vertretbar gewesen. Denn die Zustellung des Scheidungsantrags ist unabhängig von der in diesem Fall gegebenenfalls erforderlichen Klärung der Zeiten für die Durchführung des Versorgungsausgleichs gewesen, die dem weiteren Verfahren vorbehalten werden konnte und musste. Es war jedenfalls zu berücksichtigen, dass durch die Zustellung das Ehezeitende festgelegt wird. Zudem ergibt sich aus der Akte keinerlei Anhaltspunkt, welche weiteren Prüfungen hier erforderlich waren, zumal der Versorgungsträger nach der verfügten Auskunftseinholung ohne weitere Informationen die maßgeblichen Zeiträume berechnen konnte (Fam. Blatt 46). Nach alledem war das Verhalten vor dem Hintergrund der unter 4. angeführten rechtlichen Vorgaben für die Veranlassung einer Zustellung nicht mehr verständlich.
49 
Zudem kommt es auf eine Vertretbarkeit nur an, soweit dem Richter Entscheidungsspielräume oder ein Ermessen eingeräumt wird. Das ist bei der Zustellung aus den oben unter 1. a. dargestellten Gründen gerade nicht der Fall.
50 
6. Soweit das beklagte Land im Berufungsverfahren vorträgt, der Kläger müsse seinen damaligen Prozessbevollmächtigten in Anspruch nehmen, der zeitnah zur Klärung der Zustellung verpflichtet gewesen wäre, es bestehe also eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB, bleibt die Berufung ebenfalls ohne Erfolg.
51 
Unabhängig von der Tatsache, dass der Begriff des anderweitigen Ersatzes in der neueren Rechtsprechung restriktiv definiert wird (Staudinger, a.a.O. Rn. 261), ist schon nicht erkennbar, woraus sich für den Kläger oder seinen damaligen Prozessbevollmächtigten Anhaltspunkte ergeben sollten, dass der Scheidungsantrag entgegen der üblichen Gepflogenheiten eines Familienverfahrens nicht sofort nach Eingang und Zahlung des Vorschusses zugestellt wurde. Aus der Anfrage zu den maßgeblichen Zeiträumen musste sich dies nicht ergeben. Unmittelbar nach der Feststellung der fehlenden Zustellung wurde dann auch massiv und deutlich nachgefragt.
52 
Das Landgericht hat außerdem mit zutreffenden Erwägungen ausgeführt, dass die Begründung einer Überprüfungspflicht beim Prozessbevollmächtigten des Klägers bezüglich der erfolgten Zustellung in unangemessener Weise das Risiko auf die Partei abwälzen würde und dass sich aus der Akte des Familienverfahrens ergibt, dass auch der weitere Verfahrensganggezeigt hat, dass trotz erfolgter Nachfragen zunächst keine Zustellung veranlasst wurde.
53 
7. Soweit das beklagte Land ein Mitverschulden aus der Untätigkeit des Klägers herleiten will, ist ein solches zu verneinen. Aus dem vorgelegten Mailverkehr (Blatt 60 ff.) ergibt sich, dass der Kläger im November von der fehlenden Auskunftseinholung und am 10.12.2008 von der fehlenden Zustellung erfahren hat. Darauf hat sein Prozessbevollmächtigter mit Schriftsatz vom 12.01.2009 noch rechtzeitig reagiert, weshalb dem Kläger, der bis dahin nichts von der fehlenden Zustellung wusste, kein Vorwurf gemacht werden kann.
54 
8. Die Rüge der Berufung, der fingierte Zustellungszeitpunkt sei nicht hinreichend nachvollziehbar festgestellt worden, insoweit hätte es einer Beweisaufnahme bedurft, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Das Vorbringen betrifft im Ergebnis die Feststellung des Schadens. Bei der Frage nach dem Umfang des verursachten und zu ersetzenden Schadens ist die tatsächliche Lage infolge der Amtspflichtverletzung mit derjenigen Situation zu vergleichen, die bestünde, wenn die unerlaubte Handlung nicht vorläge, sondern der Beamte amtspflichtgemäß gehandelt hätte, hier also die Zustellung verfügt hätte.
55 
Aus den beigezogenen Akten des Familiengerichts ergibt sich, dass der Ehescheidungsantrag am 19.06.2008 beim Familiengericht Göppingen eingegangen war, dies unter Beifügung eines Verrechnungsschecks über die Gebühren, der am 24.06.2008 gutgeschrieben war, was dem Amtsgericht am 26.06.2008 mitgeteilt wurde. Wenn die Verfügung einer Zustellung des Scheidungsantrages wie gesetzlich vorgeschrieben unverzüglich erfolgt wäre – die erste Sachbearbeitung durch die Richterin ist am 23.06.2008 dokumentiert (Fam. Blatt 17) – hätte die Zustellung innerhalb der üblichen Bearbeitungszeiten innerhalb einer Woche erfolgen könne, zumal die Verfügung vom 23.06.2008 am nächsten Tag von der Geschäftsstelle erledigt war. Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, dass an diesem Tag nicht auch eine Zustellungsverfügung erledigt worden wäre.
56 
Soweit die Berufung rügt, die Ausführungen zum Schaden seien nicht nachvollziehbar, werden diese Ausführungen vom Senat nicht geteilt. Aufgrund der unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Klägers zu dem bei rechtzeitiger Zustellung geringeren Abzug von Versorgungsansprüchen, die im Übrigen im Hinblick auf die Ausführungen im unstreitigen Teil des Tatbestands des landgerichtlichen Urteils feststehen (§ 314 ZPO), hat das Landgericht zutreffend festgestellt, dass der Kläger bei der Berechnung und Auszahlung seiner Pension entsprechend besser zu stellen ist. Da es sich im Übrigen um ein Feststellungsurteil handelt, waren und sind insoweit keine Feststellungen zu dem erst mit Beginn der Pensionszahlungen eintretenden Schaden erforderlich. Wenn sich das beklagte Land bei der Festsetzung der Pensionsansprüche nicht in der Lage sieht, wegen § 57 BeamtenVG eine Anpassung der Pension schon allein aufgrund des Feststellungsurteils vorzunehmen, obliegt es dem Kläger, seinen Schaden dann zu beziffern und gegebenenfalls einzuklagen.
III.
57 
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 326/02
Verkündet am:
3. Juli 2003
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 839 G; FGG § 70 h

a) Eine einstweilige Anordnung, betreffend eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme
, ist kein "Urteil in einer Rechtssache" im Sinne des § 839
Abs. 2 Satz 1 BGB.

b) Bei richterlichen Amtspflichtverletzungen außerhalb des Anwendungsbereichs
des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Verfassungsgrundsatz der
richterlichen Unabhängigkeit zu beachten. Soweit in solchen Fällen im
Amtshaftungsprozeß darüber zu befinden ist, ob ein Richter bei der
Rechtsanwendung und Gesetzesauslegung schuldhaft amtspflichtwidrig
gehandelt hat, kann dem Richter in diesem Bereich ein Schuldvorwurf nur
bei besonders groben Verstößen gemacht werden; inhaltlich läuft das auf
eine Haftung für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit hinaus.

c) Einstweilige Anordnungen im Unterbringungsverfahren sind im Amtshaftungsprozeß
nicht uneingeschränkt auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern
nur daraufhin zu überprüfen, ob sie vertretbar sind.
BGH, Urteil vom 3. Juli 2003 - III ZR 326/02 - OLG Jena
LG Erfurt
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. Juli 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 3. September 2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Auf Antrag des Sozialpsychiatrischen Dienstes am Gesundheitsamt des I. -Kreises ordnete das Amtsgericht Gotha durch mit sofortiger Wirksamkeit versehenen Beschluß vom 2. April 2000 die einstweilige Unterbringung der Klägerin in einer geschlossenen Krankenabteilung des Landesfachkrankenhauses M. bis zu einer Dauer von sechs Wochen an. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wurde dieser Beschluß am 19. April 2000 durch das Landgericht Erfurt mit der Begründung aufgehoben, daß eine jene Unterbringungsmaßnahme rechtfertigende Gefahrenlage nicht feststellbar sei.
Die Klägerin hält den Beschluß des Amtsgerichts vom 2. April 2000 für rechtswidrig und nimmt den beklagten Freistaat wegen Amtspflichtverletzung auf Ersatz des ihr durch den zeitweisen Freiheitsentzug entstandenen materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch.
Die Vorinstanzen haben die Amtshaftungsklage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Forderung weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet.
1. Beide Vorinstanzen lassen den Amtshaftungsanspruch bereits daran scheitern, daß der Beschluß des Amtsgerichts ein "Urteil in einer Rechtssache" im Sinne des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB gewesen sei und somit dem Spruchrichterprivileg (Richterspruchprivileg) unterfalle. Darin vermag der Senat ihnen nicht beizutreten.

a) Das Verfahren der hier in Rede stehenden vorläufigen Unterbringungsmaßnahme richtete sich nach § 7 des Thüringer Gesetzes zur Hilfe und Unterbringung psychisch Kranker (ThürPsychKG) vom 2. Februar 1994 (GVBl. S. 81) in Verbindung mit den Bestimmungen des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG; § 7 Abs. 1 Satz 2 ThürPsychKG).

b) Es trifft zu, daß auch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit urteilsvertretende Beschlüsse möglich sind, die einem "Urteil in einer Rechtssache" gleichgestellt werden müssen und dementsprechend in den Anwendungsbereich des "Richterprivilegs" fallen (s. dazu insbesondere Senatsurteil BGHZ 36, 379, 384 f). Die Gleichstellung hängt insbesondere davon ab, ob das der betreffenden Entscheidung zugrundeliegende gerichtliche Verfahren ein "Erkenntnisverfahren" ist, das sich nach bestimmten prozessualen Regeln richtet und dessen Ziel im wesentlichen die Anwendung materieller Rechtsnormen auf einen konkreten Fall ist. Dazu gehören insbesondere die Wahrung des rechtlichen Gehörs, die Ausschöpfung der in Betracht kommenden Beweismittel und die Begründung des Spruchs (Senatsurteil BGHZ 36, 379, 382/383). Für die Beurteilung, ob ein urteilsvertretender Beschluß vorliegt, sind stets der materielle Gehalt des Streitgegenstands und die materielle Bedeutung der Entscheidung maßgeblich. Eine urteilsvertretende Entscheidung ist anzunehmen, wenn nach Sinn und Zweck der Regelung eine jederzeitige erneute Befassung des Gerichts (von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten) mit der formell rechtskräftig entschiedenen Sache ausgeschlossen ist, die Entscheidung vielmehr eine Sperrwirkung in dem Sinne entfaltet, daß eine erneute Befassung nur unter entsprechenden Voraussetzungen in Betracht kommt wie bei einer rechtskräftig durch Urteil abgeschlossenen Sache (d.h. wenn die Voraussetzungen einer Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen), oder wenn eine wesentliche Veränderung des Sachverhalts eintritt, die nach besonderer gesetzlicher Vorschrift eine erneute Entscheidung rechtfertigt (Staudinger/Wurm, BGB 13. Bearb. [2002] § 839 Rn. 332).

c) Im vorliegenden Fall geht es um eine vorläufige Unterbringungsmaßnahme , die durch einstweilige Anordnung auf Grundlage der §§ 70h, 69f Abs. 1
FGG getroffen worden war. Dieses Verfahren ist auf solche Fallgestaltungen zugeschnitten, bei denen dringende Gründe für die Annahme bestehen, daß die Voraussetzungen für eine endgültige Unterbringungsmaßnahme gegeben sind und bei denen mit dem Aufschub der Maßnahme Gefahr verbunden ist, d.h. für den Betroffenen selbst oder im Falle der öffentlich-rechtlichen Unterbringung für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung eine Gefahr besteht, deren Abwendung keinen Aufschub duldet (Kayser in Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, Kommentar zum FGG, 15. Aufl. 2003 § 70h Rn. 4, 5 m.w.N.). Eine derartige Verfahrensgestaltung hat - anders als etwa das frühere Entmündigungsverfahren nach § 645 ZPO a.F. (dazu Senatsurteil BGHZ 46, 106) - notwendig einen summarischen Charakter, was sich auch darin widerspiegelt , daß bei Gefahr im Verzug die einstweilige Anordnung bereits vor der persönlichen Anhörung des Betroffenen erlassen werden kann (§ 69f Abs. 1 Satz 4 FGG). Deswegen kann nicht angenommen werden, daß das hier in Rede stehende Verfahren einem "Erkenntnisverfahren" im vorbezeichneten Sinne gleichsteht und daß die darauf beruhende Entscheidung die für ein Urteil zu fordernde Richtigkeitsgewähr bietet. Eher bestehen - trotz der vom Berufungsgericht zutreffend aufgezeigten Unterschiede im Verfahren - Ähnlichkeiten mit der einstweiligen Unterbringung im Strafprozeß nach § 126a StPO, die in ihrem Anwendungsbereich dem ThürPsychKG vorgeht (§ 7 Abs. 4) und bei der anerkannt ist, daß der Unterbringungsbefehl kein "Urteil" im Sinne des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB ist (Staudinger/Wurm Rn. 334 m.w.N.). Keiner Klärung bedürfen die Fragen, ob Beschlüsse der freiwilligen Gerichtsbarkeit von vornherein nur insoweit dem Richterprivileg unterfallen können, als sie "Streitsachen" betreffen (in diesem Sinne: Palandt/Thomas, BGB 62. Aufl. 2003 § 839 Rn. 69), und ob gegebenenfalls die Hauptsacheentscheidung im Unterbringungsverfahren
eine solche in einer "Streitsache" ist (verneinend Schmidt in Kei- del/Kuntze/Winkler aaO § 12 Rn. 233 m.w.N.).
2. Gleichwohl ist die Amtshaftungsklage im Ergebnis mit Recht abgewiesen worden.

a) Bei richterlichen Amtspflichtverletzungen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB ist nämlich der Verfassungsgrundsatz der richterlichen Unabhängigkeit zu beachten. Soweit in solchen Fällen im Amtshaftungsprozeß darüber zu befinden ist, ob ein Richter bei der Rechtsanwendung und Gesetzesauslegung schuldhaft amtspflichtwidrig gehandelt hat, kann dem Richter in diesem Bereich ein Schuldvorwurf nur bei besonders groben Verstößen gemacht werden (Senatsbeschluß vom 19. Dezember 1991 - III ZR 9/91 = BGHR BGB § 839 Abs. 2 Richter 1 m.w.N.); inhaltlich läuft das auf eine Haftung für Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit hinaus (OLG Frankfurt NJW 2001, 3270; Staudinger/Wurm Rn. 316).

b) Darüber hinaus hat der Senat keine durchgreifenden Bedenken, auch bei der hier in Rede stehende einstweilige Anordnung im Unterbringungsverfahren dieselben Grundsätze anzuwenden, die für den Richter gelten, der über die Anordnung oder Fortdauer von Untersuchungshaft zu entscheiden hat: Danach sind derartige Entscheidungen im Amtshaftungsprozeß nicht uneingeschränkt auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie - bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Rechtspflege - vertretbar sind (vgl. Senatsurteil BGHZ 122, 268, 270/271; Se-
natsurteil vom 18. Mai 2000 - III ZR 180/99 = VersR 2001, 586, 587; Staudinger /Wurm Rn. 630 i.V.m. 632).

c) Insoweit weist die Revisionserwiderung zutreffend auf folgende Ge- sichtspunkte hin: Die Voraussetzungen des § 70h Abs. 1 i.V.m. § 69f Abs. 1 FGG lagen im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsrichters vor. Der Richter durfte davon ausgehen, daß die Angaben des Sozialpsychiatrischen Dienstes zutrafen, wonach die Klägerin psychisch krank sei und mit einem Luftgewehr mehrfach in einen Hof geschossen habe, wo Kinder spielten. Somit durfte er dringende Gründe dafür annehmen, daß die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 ThürPsychKG gegeben seien und mit einem Aufschub Gefahr verbunden wäre (§ 69f Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGG). Ein vom Vortag, dem 1. April 2000, datierendes ärztliches Zeugnis über den Zustand der Klägerin lag ebenfalls vor. Ein besonderes fachpsychiatrisches Gutachten war nicht zwingend erforderlich (§ 7 Abs. 2 Satz 2 ThürPsychKG).

d) Die Revisionserwiderung zieht nach alledem mit gutem Grund in Zweifel, ob überhaupt die Tatbestandsvoraussetzungen einer einfachen Amtspflichtverletzung vorgelegen haben. Erst recht sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß den entscheidenden Richter der Vorwurf einer groben Pflichtverletzung im vorbezeichneten Sinne getroffen hat und daß die Grenzen des erweiterten Beurteilungsspielraums nicht eingehalten worden sind, deren Überschreitung eine amtshaftungsrechtliche Verantwortlichkeit überhaupt erst hätte begründen können. Abweichendes läßt sich insbesondere auch nicht aus der den Beschluß des Amtsgerichts aufhebenden Beschwerde-
entscheidung des Landgerichts entnehmen, die auf den zwischenzeitlich durchgeführten Ermittlungen und somit auf einer geänderten Beurteilungsgrundlage beruhte.
Rinne Wurm Schlick Kapsa Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 32/10
Verkündet am:
4. November 2010
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Das Richterspruchprivileg des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB (Amtspflichtverletzung
"bei dem Urteil in einer Rechtssache") erfasst auch alle prozessleitenden
Maßnahmen, die objektiv darauf gerichtet sind, die Rechtssache durch
Urteil zu entscheiden, also die Grundlagen für die Sachentscheidung zu gewinnen.

b) Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB ist
der verfassungsrechtliche Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit zu
berücksichtigen. Daraus folgt, dass das richterliche Verhalten bei der Prozessführung
im Amtshaftungsprozess nur auf seine Vertretbarkeit hin zu überprüfen
ist. Bei der Würdigung, ob dem Richter pflichtwidrige Verzögerungen
anzulasten sind (§ 839 Abs. 2 Satz 2 BGB), ist zu beachten, dass sich
bei zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig
um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen, verdichtet.
Der Zeitfaktor ist aber auch bei langer Verfahrensdauer nicht der allein
entscheidende Maßstab.
BGH, Urteil vom 4. November 2010 - III ZR 32/10 - OLG Hamm
LG Detmold
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. November 2010 durch den Vizepräsidenten Schlick sowie die Richter
Dr. Herrmann, Wöstmann, Seiters und Tombrink

für Recht erkannt:
Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 8. Januar 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger verlangt vom beklagten Land aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung Schadensersatz wegen überlanger Verfahrensdauer eines Zivilprozesses.
2
Der Kläger betrieb vormals ein Transportunternehmen. In den Jahren 1981/1982 war er als Subunternehmer der Firma B. -M. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fa. B. -M. ) bei dem Neubau zweier Landesstraßen tätig. Bei Abrechnung der Leistungen entstand Streit unter anderem darüber, ob dem Kläger in erster Linie Beförderungsleistungen (Abtransport der angefallenen Erd- und Gesteinsmassen) mit der Folge eines Vergütungsanspruchs nach dem insoweit bindenden Tarif für den Güternahverkehr (GNT) oder aber Erdarbeiten mit der Folge einer Abrechnung nach den vertraglichen Bestimmungen und damit im Wesentlichen nach Massen in Auftrag gegeben worden waren. Die Firma B. -M. bezahlte die nach Maßgabe des GNT erstellten klägerischen Rechnungen nur teilweise.
3
In dem darauf vom Kläger eingeleiteten Rechtsstreit, in dem die Fa. B. - M. hilfsweise die Aufrechnung mit bestrittenen Gegenforderungen geltend machte, hat das Landgericht Detmold mit Urteil vom 18. April 1985 die Klageforderung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt; der Kläger dürfe nach dem GNT abrechnen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht Hamm unter dem 19. Juni 1986 zurückgewiesen. Durch Beschluss vom 24. Juni 1987 hat der Bundesgerichtshof die Revision der Firma B. -M. nicht angenommen.
4
Im anschließenden Betragsverfahren hat das Landgericht Detmold nach umfangreicher Beweisaufnahme mit Schlussurteil vom 24. Mai 1996 der Klage teilweise stattgegeben. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens vor dem Oberlandesgericht Hamm, in dem zunächst eine weitere umfangreiche Beweisaufnahme stattfand, wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Detmold vom 1. Februar 2002 auf Antrag der Firma B. -M. vom 23. November 2001 über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger erhielt am 11. November 2002 aus einer von der Fa. B. -M. zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Schlussurteil des Landgerichts Detmold vormals gestellten Prozessbürgschaft 680.000 DM (347.678,47 €). Das Berufungsverfahren endete mit einem am 1. März 2004 zwischen dem Kläger und dem Insolvenzverwalter abgeschlossenen Vergleich. Wegen Masseunzulänglichkeit hat der Kläger allerdings keine Aussicht, die hieraus resultierenden weitergehenden Ansprüche gegen die Firma B. -M. durchzusetzen.
5
Seinen diesbezüglichen Ausfallschaden macht der Kläger nunmehr gegenüber dem beklagten Land geltend. Die im Vorprozess tätigen Gerichte hätten pflichtwidrig das Verfahren nicht ausreichend gefördert. Bei ordnungsgemäßer Sachbehandlung hätte der Vorprozess spätestens bis Ende 1990 mit einem rechtskräftigen Urteil, das bezüglich einer Zahlungsverpflichtung der Fa. B. - M. nicht hinter dem Vergleich vom 1. März 2004 zurückgeblieben wäre, beendet sein müssen. Die Zahlungsunfähigkeit der Fa. B. -M. sei erst viele Jahre später eingetreten.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das beklagte Land verurteilt, an den Kläger 530.841,67 € nebst Zinsen, abzüglich am 11. November 2002 erstatteter 347.678,47 €, zu zahlen. Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung zustehe. Der Vorprozess sei phasenweise durch die am Landgericht Detmold sowie am Oberlandesgericht Hamm mit der Sache befassten Richter nicht mit der gebotenen Beschleunigung bearbeitet und hierdurch dem Kläger schuldhaft und kausal ein Vermögensschaden zugefügt worden. Zwar sei das Verhalten der Gerichte im sogenannten Grundverfahren nicht zu beanstanden. Jedoch sei es im Betragsverfahren sowohl in erster als auch in zweiter Instanz zu pflichtwidrigen Verstößen gegen die gerichtliche Prozessförderungspflicht gekommen. Die hierauf zurückzuführende Verzögerung belaufe sich auf insgesamt 34 Monate. Ohne diese hätte im Vorprozess jedenfalls bis Mitte 2000 ein vollstreckungsfähiges Berufungsurteil ergehen können, wobei dem Kläger, wäre der Vorprozess streitig entschieden worden, ein Vergütungsanspruch von 530.841,67 € nebst Zinsen (abzüglich 347.678,47 €) hätte zugesprochen werden müssen. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Firma B. -M. von ihrer Hausbank auch noch die notwendigen Kreditmittel erhalten, um einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung nachzukommen oder - im Falle der beabsichtigten Revisionseinlegung - durch Stellung einer Bankbürgschaft die Vollstreckung abzuwenden.

II.


9
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.
10
1. Als Anstellungskörperschaft haftet das beklagte Land für etwaiges dienstliches Fehlverhalten der mit der Bearbeitung und Entscheidung des Vor- prozesses befassten Berufsrichter des Landgerichts Detmold sowie des Oberlandesgerichts Hamm nach § 839 BGB, Art. 34 Satz 1 GG. Im Rahmen eines anhängigen Rechtsstreits üben die hieran beteiligten Richter in Wahrnehmung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amts hoheitliche Tätigkeit aus. Die Haftung des beklagten Landes erfasst dabei auch den hier streitgegenständlichen Fall einer verzögerlichen Sachbearbeitung durch die Gerichte (vgl. nur BGH, Beschluss vom 5. Februar 1998 - IX ZB 113/97, NJW 1998, 2288, 2289; Senat, Urteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 17 ff).
11
a) Aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ist in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG für zivilrechtliche Streitigkeiten die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes abzuleiten (vgl. nur BVerfGE 54, 277, 291; 85, 337, 345). Dazu gehört auch, dass streitige Rechtsverhältnisse in angemessener Zeit geklärt werden (vgl. nur BVerfGE 88, 118, 124; BVerfG NJW 1997, 2811, 2812; NJW 1999, 2582, 2583; NJW 2000, 797). Hierbei verdichtet sich mit zunehmender Verfahrensdauer die Verpflichtung des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen (vgl. nur BVerfG NJW 2001, 214, 215; NJW 2004, 3320; NJW 2005, 739; NJW 2008, 503, 504). Die Gerichte müssen daher - und zwar als drittbezogene Amtspflicht gegenüber den Parteien - anhängige Verfahren mit der gebotenen Beschleunigung bearbeiten und bei Entscheidungsreife möglichst zeitnah abschließen. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Anspruch auf Justizgewährung beinhaltet insoweit das Recht auf eine Entscheidung innerhalb angemessener Frist; gleiches folgt im Übrigen auch aus Art. 6 Abs. 1 EMRK (vgl. Senat aaO).
12
b) Soweit nach § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB ein Richter, der bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflichten verletzt, für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich ist, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht, gilt diese Privilegierung nach § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht im Falle einer pflichtwidrigen Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts. Satz 2 spricht hierbei nur die Selbstverständlichkeit aus, dass pflichtwidrige Untätigkeit des Richters keine fehlerhafte Tätigkeit bei einem Urteil ist (vgl. nur Staudinger/Wurm, BGB, Neubearb. 2007, § 839 Rn. 334). Nicht unter Satz 2 fallen deshalb Maßnahmen des Gerichts, die rechtzeitig getroffen wurden, aber im Ergebnis zu einer Verlängerung des Verfahrens geführt haben. Aber auch soweit das richterliche Verhalten nicht von § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB erfasst wird, kann bei der Beurteilung der Frage, ob eine haftungsbegründende Verzögerung vorliegt, der verfassungsrechtlich garantierte Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 GG) nicht unberücksichtigt bleiben.
13
aa) Durch die Formulierung in § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB ("bei dem Urteil", nicht "durch das Urteil") werden nicht nur Mängel erfasst, die in dem Urteil selbst liegen oder die unmittelbar bei seinem Erlass begangen werden. Vielmehr sind privilegiert auch alle Maßnahmen, die objektiv darauf gerichtet sind, die Rechtssache durch Urteil zu entscheiden, also die Grundlagen für die Sachentscheidung zu gewinnen (vgl. nur Senat, Urteile vom 28. Oktober 1965 - III ZR 166/63, DRiZ 1966, 28 f; 11. März 1968 - III ZR 72/65, BGHZ 50, 14, 16 f; und 6. Oktober 1983 - III ZR 61/82, LM § 839 (G) BGB Nr. 16; Staudinger/ Wurm aaO Rn. 329 m.w.N.). Zum Urteil gehört die richtige Feststellung des Tatbestands, insbesondere die Trennung des unstreitigen Sachverhalts von streitigen Behauptungen sowie die Prüfung der Erheblichkeit des jeweiligen Vortrags und eines etwaigen Beweisantritts. Das alles bestimmt nicht nur den Inhalt des Urteils, sondern auch den Ablauf und die Dauer des Verfahrens. Dabei können dem Richter Pflichtverletzungen auch vor der eigentlichen Sachentscheidung unterlaufen, zum Beispiel bei der unzulänglichen Vorbereitung der Verhandlung, der mangelnden Aufklärung des Sachverhalts oder dem Absehen von einer Beweisaufnahme. Insoweit stellen zwar die Ablehnung einer weiteren Sachaufklärung bzw. einer Beweisaufnahme wie auch der Erlass eines Beweisbeschlusses oder sonstige leitende Maßnahmen keine Urteile im prozessualen Sinn dar. Sie stehen aber in einem so engen Zusammenhang mit dem Urteil, dass sie von diesem haftungsmäßig nicht getrennt werden können (vgl. Senat, Urteil vom 19. November 1956 - III ZR 119/55, LM § 839 (G) BGB Nr. 5). Führt deshalb zum Beispiel die Anordnung einer Beweisaufnahme oder die Erteilung von Hinweisen und Auflagen zu einer Verlängerung des gerichtlichen Verfahrens , ist dies - vorbehaltlich der Grenze der Rechtsbeugung (§ 839 Abs. 2 Satz 1 BGB) - ohne Belang, auch wenn nach Auffassung des zur Entscheidung des Amtshaftungsprozesses berufenen Gerichts die Beweisaufnahme oder der Hinweis bzw. die Auflage überflüssig gewesen sind und ein der Klage stattgebendes sowie einen Vollstreckungsschaden vermeidendes Urteil deshalb früher hätte ergehen können. Gleiches gilt für sonstige prozessleitende Maßnahmen, die darauf abzielen, die Grundlagen für die Entscheidung zu gewinnen.
14
Aber bb) auch im Übrigen - außerhalb des Anwendungsbereichs von § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB - erlangt der verfassungsrechtliche Grundsatz richterlicher Unabhängigkeit seine Bedeutung. Der gegenteiligen Meinung des Klägers , der in seiner Revisionserwiderung die Auffassung vertritt, aus der Verpflichtung zur Entscheidung in angemessener Zeit (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; Art. 6 Abs. 1 EMRK) folge, dass das Gericht die Prozessführung nach dem Zeitfaktor auszurichten, das heißt bei verschiedenen Möglichkeiten der Verfahrensgestaltung zugunsten der das Verfahren schneller abschließenden Alternative zu entscheiden habe, wobei Art. 97 Abs. 1 GG insoweit ohne Bedeutung sei, folgt der Senat nicht. Die zügige Erledigung eines Rechtsstreits ist kein Selbstzweck. Vielmehr verlangt gerade das Rechtsstaatsprinzip die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitge- genstands durch das dazu berufene Gericht (BVerfGE 54, 277, 291; 85, 337, 345; BVerfG NJW 1997, 2811, 2812; NJW 1999, 2582, 2583). Insoweit ist die sachgerechte Führung eines Prozesses - abgesehen von zwingenden gesetzlichen Vorgaben - in das Ermessen der verantwortlichen Richter gestellt (vgl. BVerfGE 55, 349, 369 zur Terminierung der mündlichen Verhandlung; siehe auch BVerfG EuGRZ 1982, 75). Hierbei kann die Verfahrensführung - im Ergebnis nicht anders als es der Senat in ständiger Rechtsprechung in anderem Zusammenhang bereits für bestimmte staatsanwaltschaftliche Handlungen, bei denen ein Beurteilungsspielraum des Entscheidungsträgers besteht (vgl. Urteil vom 21. April 1988 - III ZR 255/86, NJW 1989, 96, 97; Beschluss vom 27. September 1990 - III ZR 314/89, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1 Staatsanwalt 3; Urteile vom 16. Oktober 1997 - III ZR 23/96, NJW 1998, 751, 752; und 18. Mai 2000 - III ZR 180/99, VersR 2001, 586, 587), aber auch für bestimmte richterliche Maßnahmen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB (vgl. Urteile vom 29. April 1993 - III ZR 3/92, BGHZ 122, 268, 271; und 21. Juli 2005 - III ZR 21/05, BeckRS 2005, 09404; Beschluss vom 21. Dezember 2005 - III ZA 5/05, juris Rn. 12) entschieden hat - im Amtshaftungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft werden. Letztere darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Zivilrechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist (Senat, Urteil vom 21. April 1988, aaO; Beschluss vom 27. September 1990 aaO). Bei der insoweit anzustellenden Bewertung darf der Zeitfaktor - zumal sich bei zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen, verdichtet (vgl. nur BVerfG NJW 2001, 214, 215; NJW 2004, 3320; NJW 2005, 739; NJW 2008, 503, 504) - selbstverständlich nicht ausgeblendet werden; er ist aber nicht der allein entscheidende Maßstab.
15
c) Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein richterliches Verhalten unvertretbar und insoweit amtspflichtwidrig war, trägt grundsätzlich der Kläger. Soweit dieser in seiner Revisionserwiderung demgegenüber die Auffassung vertritt, das beklagte Land sei darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die zuständigen Amtsträger im Zusammenhang mit dem Vorprozess alle Maßnahmen zur beschleunigten Erledigung ergriffen hätten, kann dem nicht gefolgt werden.
16
Der Kläger stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, dass allein schon die von ihm vorgetragene und als solches unstreitige Dauer des Vorprozesses erhelle, dass von einem Verstoß gegen das Gebot, eine Entscheidung in angemessener Zeit zu treffen, auszugehen sei. Deshalb hätte es dem beklagten Land im Rahmen einer sekundären Darlegungslast obgelegen, den Verstoß auszuräumen und im Einzelnen vorzutragen, warum das Procedere der zuständigen Richter gerechtfertigt und deshalb kein schnelleres Urteil zu erreichen gewesen sei. Hierzu hätte - unter Darlegung unter anderem der Geschäftslage der beteiligten Gerichte, ihres damaligen Terminierungsstands, ihrer personellen und sachlichen Ausstattung und etwaiger Erschwernisse bei den für die Entscheidungsfindung notwendigen Abläufen - substantiiert jede richterliche Maßnahme unter Beschleunigungsgesichtspunkten legitimiert und letztlich auch dargelegt werden müssen, dass das beklagte Land die notwendigen Organisationsstrukturen eingerichtet hat um sicherzustellen, dass beschleunigungsbedürftige Verfahren auch besonders gefördert werden und die mit dem Vorprozess befassten Spruchkörper in die Lage versetzt wurden, dem Anspruch auf Justizgewährung nachzukommen.
17
dieser Bei Argumentation übersieht der Kläger aber bereits im Ausgangspunkt , dass zur Begründung der Amtshaftung eines Richters nach § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB, Art. 34 Satz 1 GG nicht bereits die pauschale Feststellung genügt, der Vorprozess habe insgesamt zu lange gedauert. Entscheidend ist vielmehr, ob durch konkrete pflichtwidrige Verhaltensweisen der im Vorprozess tätigen Richter, für deren Vorliegen grundsätzlich der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist, oder bei deren Überlastung durch Organisationsverschulden des Landes (zur Darlegungs- und Beweislast in diesem Fall siehe Senat, Urteil vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 22) eine den streitgegenständlichen Vermögensschaden verursachende Verzögerung aufgetreten ist.
18
d) Die Überprüfung der Verfahrensführung im Vorprozess obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Dessen Würdigung kann vom Revisionsgericht daraufhin überprüft werden, ob der rechtliche Rahmen verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind. Insoweit erweist sich die angefochtene Entscheidung, wie die Revision zu Recht beanstandet, teilweise als rechtsfehlerhaft:
19
aa) Das Berufungsgericht geht von einer pflichtwidrigen Verzögerung des erstinstanzlichen Betragsverfahrens im Zeitraum zwischen dem 16. November 1989 und dem 12. März 1990 aus. Insoweit sei - zumal in Ansehung der inzwischen beträchtlichen Verfahrensdauer - nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen nicht bereits am 16. November 1989, sondern erst am 12. März 1990 der Beweisbeschluss über die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens verkündet worden sei, was zu einer Verkürzung des Verfahrens um immerhin fast vier Monate geführt hätte.
20
Diese Bewertung hält den Rügen der Revision nicht stand. Das Landgericht hat im Anschluss an die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 1989 Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 16. November 1989 bestimmt. An diesem Tag hat das Gericht einen Beschluss verkündet. Darin hat die Kammer auf verschiedene tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte hingewiesen (Nr. 1) und im Übrigen die Beweisfrage, zu der das Gericht beabsichtigte , ein Gutachten einzuholen, näher ausformuliert (Nr. 2). Den Parteien wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 7. Dezember 1989 gegeben, wobei die weitere Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen sollte (Nr. 3). Die Parteien haben daraufhin mit Schriftsätzen vom 4. und 7. Dezember 1989 zu dem Beschluss sowie anschließend unter dem 23. und 31. Januar 1990 zu dem jeweiligen Schriftsatz der Gegenseite Stellung genommen. Am 12. März 1990 hat das Landgericht dann einen Beweisbeschluss über die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gefasst.
21
Die Entscheidung eines Gerichts, vor Erlass eines Beweisbeschlusses den Parteien zunächst noch Hinweise zu geben und erst anschließend die Beweisaufnahme anzuordnen, unterfällt der Privilegierung des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB. Ob die konkrete Vorgehensweise angesichts des Umstands, dass - worauf die Revisionserwiderung abstellt - bereits im Termin am 31. Oktober 1989 die Sach- und Rechtslage sowie der sinnvolle Gang des weiteren Verfahrens erörtert und grundsätzlich Einvernehmen über die Einholung eines Gutachtens erzielt worden ist, geboten oder sinnvoll war, ist genauso wenig entscheidungserheblich , wie der Umstand, dass die Anhörung der Parteien letztlich nur zu einer geringfügigen Ergänzung der bereits im Beschluss vom 16. November 1989 angesprochenen Beweisfrage geführt hat. Von einer pflichtwidrigen Verzögerung um fast vier Monate kann deshalb nicht gesprochen werden.
22
bb) Soweit das Berufungsgericht im Hinblick auf die erheblichen Zeitverluste , die im Zusammenhang mit der letztlich erfolglosen Beauftragung des Sachverständigen Prof. Ba. aufgetreten sind, den Umgang des Landgerichts mit dem Sachverständigen als unangemessen nachsichtig gerügt und eine pflichtwidrige Verfahrensverzögerung von mindestens 14 Monaten festgestellt hat, sind die diesbezüglichen Ausführungen, die auch vom beklagten Land nicht angegriffen werden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das - nicht unter § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB fallende - Verhalten des Landgerichts war nicht mehr vertretbar.
23
cc) Rechtsfehlerhaft ist allerdings, wie die Revision zutreffend rügt, die Auffassung des Berufungsgerichts, das Landgericht habe pflichtwidrig nicht sogleich nach Eingang des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Br. am 26. April 1995 Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung anberaumt; hierdurch sei - auch unter Berücksichtigung des notwendigen Zeitaufwands für eine sachgerechte Terminierung dieser umfänglichen Sache - im Hinblick auf die erst am 6. September 1995 erfolgte Terminsbestimmung eine Verzögerung von vier Monaten eingetreten.
24
Das Landgericht hat, nachdem am 26. April 1995 das Gutachten des Sachverständigen Prof. Br. (nebst Zusatzgutachten des Sachverständigen Prof. T. ) eingegangen war, noch unter dem gleichen Tag den Parteien Abschriften zur Stellungnahme mit der Auflage (§ 411 Abs. 4 ZPO) übermittelt, bis zum 31. Mai 1995 ihre Einwendungen sowie die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen mitzuteilen. Die Parteien haben sich mit Schriftsätzen vom 30. und 31. Mai sowie 22. Juni 1995 geäußert. Am 6. September 1995 ist dann Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden.

25
Die Regelung des § 411 Abs. 4 ZPO, wonach die Parteien dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das schriftliche Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen mitzuteilen haben, wofür ihnen das Gericht eine Frist setzen kann, hat den Zweck, das Gericht möglichst frühzeitig darüber zu informieren, ob und wann ein neuer Termin zu bestimmen ist, ob der Sachverständige zu diesem Termin zu laden und zur Vorbereitung seiner Anhörung über die Einwände der Parteien zum Gutachten zu informieren ist oder ob zur Vorbereitung eines noch zurückgestellten Termins zunächst ein schriftliches Ergänzungsgutachten anzufordern ist (vgl. nur Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 411 Rn. 5e). Entscheidet sich ein Gericht dafür, den Parteien zunächst rechtliches Gehör zu geben, um dann auf der Grundlage der eingehenden Stellungnahmen über die weitere Verfahrensweise (Terminierung mit oder ohne Ladung des Sachverständigen, Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens) befinden zu können, unterfällt dies dem § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB. Von einer pflichtwidrigen Verzögerung von vier Monaten kann deshalb nicht gesprochen werden, zumal nach Eingang der Schriftsätze der Parteien die sachgerechte weitere Bearbeitung des Verfahrens gewisse Zeit in Anspruch nehmen durfte.
26
dd) Die Annahme des Berufungsgerichts, im Zuge des zweitinstanzlichen Verfahrens sei es im Zusammenhang mit verschiedenen Terminierungen des Oberlandesgerichts zu weiteren pflichtwidrigen Verzögerungen von mindestens zwölf Monaten gekommen, hält nur teilweise einer rechtlichen Überprüfung stand.
27
(1) Zu Recht hat allerdings das Berufungsgericht beanstandet, dass nach Eingang der Berufungsbegründungen der Parteienerst unter dem 12. Juni 1997 ein (sogenannter Vorschalt-) Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Berichterstatter als Einzelrichter bestimmt worden ist. Gegen das Schlussurteil des Landgerichts vom 24. Mai 1996 haben beide Parteien des Vorprozesses Berufung eingelegt. Die Beklagte hat ihr Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 1. Oktober 1996, der Kläger seines mit Schriftsatz vom 15. Oktober 1996 begründet. Das Oberlandesgericht hat anschließend nicht von der Möglichkeit des § 520 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. Gebrauch gemacht, ein schriftliches Vorverfahren anzuordnen. Dann hätte nach § 520 Abs.1 Satz 1 ZPO a.F. an sich aber Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt werden müssen. Zwar war es auch in diesem Falle dem Oberlandesgericht nicht verwehrt, zunächst die Akte zu bearbeiten und anschließend auf dieser Grundlage zu befinden, ob zugleich mit der Terminsladung durch prozessleitende Verfügungen das Verfahren weiter gefördert werden kann. Jedoch war insoweit bei der Ermessensausübung, gerade weil es sich um einen bereits seit längerem anhängigen Rechtsstreit handelte, dem Recht der Parteien auf eine Entscheidung in angemessener Frist durch zügige Bearbeitung Rechnung zu tragen, damit anschließend möglichst zeitnah noch terminiert werden kann. Der diesbezügliche Zeitrahmen kann im Amtshaftungsprozess - ohne die Beschränkung in § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB - auf seine Vertretbarkeit überprüft werden. Vor diesem Hintergrund erweist sich - auch bei Berücksichtigung des Umfangs und der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des Vorprozesses, die eine entsprechende Vorbereitungszeit und damit einen gewissen Terminierungsvorlauf bedingten, sowie des Umstands , dass das Oberlandesgericht nicht nur diesen Rechtsstreit zu entscheiden hatte - die Auffassung des Berufungsgerichts, der Zeitraum von fast acht Monaten zwischen dem Eingang der Berufungsbegründungen und der Terminsverfügung sei - zumal bei einem bereits so viele Jahre anhängigen und in erster Instanz teilweise auch pflichtwidrig verzögerten Prozess - zu lang, als rechtsfehlerfrei.

28
Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand des beklagten Landes , es sei weder vom Kläger vorgetragen noch vom Berufungsgericht festgestellt , dass ein früherer Terminstag zur Verfügung gestanden habe, das heißt im Falle einer zeitlich früheren Terminsverfügung die Verhandlung auch tatsächlich früher hätte stattfinden können, geht bereits deshalb fehl, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass sich die Belastungssituation des Oberlandesgerichts im Vorprozess binnen kürzester Zeit so verändert hat, dass sich hieraus relevante Unterschiede im Hinblick auf den Zeitrahmen zwischen einer Terminierung und dem Terminstag hätten ergeben können.
29
(2) Das Berufungsgericht hat des Weiteren beanstandet, dass sich nach Aktenlage nicht erschließe, warum unter dem 23. März 2000 Senatstermin erst auf den 9. November 2000 bestimmt worden sei. Die Entscheidung eines Gerichts , wann nach Eintritt der Terminsreife die mündliche Verhandlung stattfindet , kann im Amtshaftungsprozess auf ihre Vertretbarkeit überprüft werden. Jedoch ist bei der pauschalen Bewertung des Berufungsgerichts nicht erkennbar, dass alle für die diesbezügliche Beurteilung wesentlichen Umstände Berücksichtigung gefunden haben, zumal sich der Urteilsbegründung nicht entnehmen lässt, von welcher zeitlichen Verzögerung das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausgeht. Im Vorprozess hat das Oberlandesgericht, nachdem die Parteien zu den Ergänzungsgutachten der Sachverständigen Prof. Br. und Prof. T. mit Schriftsätzen vom 17. Dezember 1999 sowie 12. und 17. Januar 2000 Stellung genommen hatten, mit Verfügung vom 10. Februar 2000 Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung unter Ladung der beiden Sachverständigen zur Erläuterung ihrer Gutachten auf den 14. August 2000 bestimmt. Nachdem der Beklagtenvertreter unter Hinweis auf seine urlaubsbedingte Abwesenheit und auf § 227 ZPO die Verlegung des Termins be- antragt hatte, hat der Senatsvorsitzende am 24. Februar 2000 den Termin aufgehoben. Zugleich hat er die Parteien darauf hingewiesen, dass und warum eine Vorverlegung des Termins nicht möglich sei und die Sache erst auf einen Terminstag nach dem 1. Oktober 2000 gelegt werden könne. Unter dem 25. Februar 2000 hat der zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeladene Sachverständige T. mitgeteilt, dass er und sein Kollege Br. wegen urlaubsbedingter Abwesenheit am 14. August 2000 nicht anwesend sein könnten und im Hinblick auf den Urlaub und Hochschulexkursionen ein Termin vor der 38. Kalenderwoche nicht möglich sei. Das Berufungsgericht hat sich hiermit nicht näher auseinandergesetzt, was nachzuholen sein wird.
30
Nach (3) Auffassung des Berufungsgerichts liegt eine zusätzliche Pflichtwidrigkeit darin, dass im weiteren Verfahrensablauf erst am 15. Mai 2001 statt zeitnah nach Eingang des klägerischen Schriftsatzes vom 5. März 2001 Termin anberaumt worden sei. Auch insoweit ist allerdings nicht ersichtlich, dass alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände Berücksichtigung gefunden haben. Im Vorprozess hat das Oberlandesgericht im Termin am 9. November 2000 die Sachverständigen Prof. Br. und Prof. T. ergänzend angehört und dann mit Beschluss vom gleichen Tag dem Kläger Auflagen erteilt. Diesen ist der Kläger - nach Fristverlängerung - mit Schriftsätzen vom 28. Februar und 5. März 2001 nachgekommen. Unter dem 17. Mai 2001 ist dann durch den Berichterstatter als Einzelrichter (§ 524 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme unter Ladung mehrerer Zeugen bestimmt worden. Hierbei hat sich, worauf das Landgericht in seinem Urteil zutreffend hingewiesen hat, zwischen dem Beschluss vom 9. November 2000 und der Terminsverfügung die Senatsbesetzung (zweimaliger Berichterstatterwechsel) geändert. Hiermit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt.

31
(4) Zuletzt beanstandet das Berufungsgericht, dass sich den Akten keine Sachgründe entnehmen ließen, warum im Anschluss an die am 5. September 2001 durchgeführte Beweisaufnahme vor dem Berichterstatter und die anschließende Rückübertragung des Rechtsstreits auf den Senat dessen Vorsitzender Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung erst unter dem 25. Oktober 2001 bestimmt habe. Bezüglich dieser pauschalen Bewertung gilt Gleiches wie zu (2) und (3) ausgeführt. Abgesehen davon, dass zunächst vom Oberlandesgericht geprüft werden musste, welche Konsequenzen für den weiteren Verfahrensablauf aus der umfangreichen Beweisaufnahme folgten, ergibt sich aus den Akten, dass das Oberlandesgericht unter dem 10. August 2001 dem Sachverständigen T. einen Zusatzauftrag erteilt hatte. Dieser hat mit Schreiben vom 12. September 2001 - dieses enthält keinen Eingangsstempel; die in der Akte davor und dahinter abgehefteten Vorgänge sprechen allerdings dafür, dass es nicht vor dem 25. September 2001 zu den Akten gelangt ist - ein umfangreiches Ergänzungsgutachten vorgelegt. Im Rahmen der Terminsverfügung vom 25. Oktober 2001 sind dann im Übrigen nicht nur die Sachverständigen Prof. Br. und Prof. T. , sondern auch - unter Formulierung einer neuen Beweisfrage - ein weiterer Sachverständiger geladen worden. Hiermit hat sich das Berufungsgericht nicht auseinandergesetzt.
32
ee) Die mit der Revisionserwiderung vom Kläger erhobene Gegenrüge, die zweimalige Zuweisung der Sache an den Berichterstatter als Einzelrichter im Zusammenhang mit der Anberaumung des ersten Verhandlungstermins am 11. August 1997 sowie dem späteren Beweisaufnahmetermin am 5. September 2001 sei als pflichtwidrige Verzögerung des Verfahrens zu bewerten, ist unbegründet.
33
Die Zivilprozessordnung - damals § 524 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F., jetzt § 527 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. - erlaubt im Berufungsverfahren die Zuweisung der Sache an den Einzelrichter zur Vorbereitung der Entscheidung. Im Falle der Zuweisung ist der Einzelrichter unter anderem befugt, vorbereitende Maßnahmen (§ 273 ZPO) zu treffen. Er hat im Termin mit den Parteien die Sach- und Rechtslage zu erörtern, insoweit auch das richterliche Fragerecht (§ 139 ZPO) auszuüben und die Parteien auf von ihnen übersehene Gesichtspunkte hinzuweisen , ferner gegebenenfalls Auflagen zu erteilen. Daneben steht auch die allgemeine Aufgabe, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht zu sein. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. (jetzt § 527 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F.) ist auch die Erhebung einzelner Beweise erlaubt (siehe im Einzelnen zu den Aufgaben und Befugnissen des Einzelrichters nach § 524 ZPO a.F.: Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 21. Aufl., § 524, Rn. 8 f; Wieczorek/Rössler, ZPO, 2. Aufl., § 524 Rn. C, C I). Bei der Entscheidung über die Zuweisung an den Einzelrichter handelt es sich um eine in das Ermessen des Vorsitzenden bzw. des Gerichts fallende, nicht anfechtbare Entscheidung (vgl. Stein/Jonas/Grunsky, aaO Rn. 3, 6; Wieczorek /Rössler, aaO Rn. B; zur entsprechenden Rechtslage nach § 527 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F.: MünchKommZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl., § 527 Rn. 3, 19; Musielak/Ball, ZPO, 7. Aufl., § 527 Rn. 3; Wieczorek/Schütze/Gerken, ZPO, 3. Aufl., § 527 Rn. 5, 7). Diese unterfällt dem Anwendungsbereich des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht die Zuweisung an den Einzelrichter nicht beanstandet.
34
2. Da die Annahme des Berufungsgerichts, es sei zu einer insgesamt 34-monatigen Verzögerung des Vorprozesses gekommen, teilweise rechtsfehlerhaft ist, fehlt die Grundlage für die darauf aufbauenden Feststellungen zur verzögerungsbedingten Vereitelung der Durchsetzung der klägerischen An- sprüche. Hierzu bedarf es - unter Berücksichtigung der Ausführungen des Senats zu 1 - neuer Feststellungen des Berufungsgerichts. Diese erübrigen sich - entgegen der Auffassung der Revision - nicht deshalb, weil der Klage aus anderen Gründen der Erfolg versagt werden müsste.
35
a) Eine Haftung des beklagten Landes scheidet insbesondere nicht deshalb aus, weil das Landgericht eine Pflichtverletzung der mit dem Vorprozess befassten Berufsrichter verneint hat und es damit bei Anwendung der sogenannten Kollegialgerichts-Richtlinie jedenfalls an einem Verschulden fehlt.
36
Die Kollegialgerichts-Richtlinie beruht auf der Erwägung, dass von einem Beamten, der allein und im Drang der Geschäfte handeln muss, keine bessere Rechtseinsicht erwartet werden kann, als von einem Gremium mit mehreren Rechtskundigen, das in voller Ruhe und reiflicher Überlegung entscheidet, nachdem vorher der Prozessstoff in ganzer Fülle vor ihm ausgebreitet worden ist (vgl. nur Staudinger/Wurm, aaO Rn. 211; RGRK/Kreft, BGB, 12. Aufl., § 839 Rn. 296). Insoweit trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 106, 406, 410; 141, 328, 334; 156, 34, 51; 164, 32, 40 f) und des Bundesgerichtshofs (vgl. nur Senat, Urteil vom 28. April 1955 - III ZR 161/53, BGHZ 17, 153, 158; vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84, BGHZ 97, 97, 107; vom 20. Februar 1992 - III ZR 188/90, BGHZ 117, 240, 250; und 14. März 2002 - III ZR 302/00, BGHZ 150, 172, 184) einen Beamten in der Regel kein Verschulden , wenn ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat.
37
Ob und in welchem Umfang dieser Grundsatz auch für die richterliche Tätigkeit gilt (so Senat, Urteil vom 29. Mai 1958 - III ZR 38/57, BGHZ 27, 338, 346; Beschluss vom 19. Dezember 1991 - III ZR 9/91, NJW-RR 1992, 919 f; jeweils amtsrichterliche Tätigkeiten betreffend), kann genauso dahinstehen wie die Frage, ob die Auffassung des Berufungsgerichts, die Bewertung des Landgerichts sei bereits deshalb ohne Bedeutung, weil sie auf einer unzureichenden Beurteilungsgrundlage beruhe und insoweit nicht sorgfältig erfolgt sei (zu dieser Einschränkung der Richtlinie vgl. nur Senat, Urteile vom 19. Januar 1989 - III ZR 243/87, NJW 1989, 1924, 1926; vom 2. April 1998 - III ZR 111/97, NVwZ 1998, 878; und 18. November 2004 - III ZR 347/03, VersR 2005, 1582, 1583), rechtsfehlerfrei ist. Denn Voraussetzung für die Anwendung der Kollegialgerichts -Richtlinie ist, dass der Beamte eine zweifelhafte und nicht einfach zu lösende Rechtsfrage zu beantworten hat (vgl. etwa RGZ 156, 34, 51; Senat, Urteile vom 28. April 1955, aaO; vom 14. Juni 1962 - III ZR 57/61, NJW 1962, 2100; vom 28. Februar 1963 - III ZR 192/61, VersR 1963, 628, 630; vom 10. Oktober 1963 - III ZR 155/62, VersR 1964, 63, 64; und 14. Dezember 1978 - III ZR 77/76, BGHZ 73, 161, 164). Derartige ernsthafte Zweifelsfragen können sich zwar auch bei der Anwendung und Auslegung verfahrensrechtlicher Vorschriften stellen, nicht aber, wenn - wie hier - zeitliche Verzögerungen im Zusammenhang mit einer richterlichen Untätigkeit bzw. verspäteten richterlichen Tätigkeit in Rede stehen.
38
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB verneint. Zwar steht dem Geschädigten ein Amtshaftungsanspruch im Falle einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung nur zu, wenn er nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Er braucht sich jedoch nicht auf weitläufige, unsichere oder im Ergebnis zweifelhafte Wege des Vorgehens gegen Dritte verweisen zu lassen. Die Ausnutzung anderweitiger Ersatzmöglichkeit muss ihm in diesem Sinne zumutbar sein (vgl. nur Senat, Urteil vom 5. November 1992 - III ZR 91/91, BGHZ 120, 124, 126; Beschluss vom 26. März 1997 - III ZR 295/96, NJW 1997, 2109; Urteil vom 17. Juni 2004 - III ZR 335/03, BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 2 Zumutbarkeit 3). Zu Unrecht beanstandet insoweit die Revision, dass dem Kläger Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB gegen den Sachverständigen Ba. zustünden. Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Kläger nach der für ihn überschaubaren Sachlage schwerlich einen Schädigungsvorsatz des Sachverständigen hätte darlegen und im zu erwartenden Bestreitensfall auch hätte beweisen können. Bei dieser Sachlage sei ihm ein Prozess wegen erkennbar fehlender Erfolgsaussicht nicht zumutbar, zumal sich die in die Verantwortung des Sachverständigen fallende Verzögerung ohnehin nicht mit der Gesamtverzögerung des Vorprozesses decke, was im Rahmen der anzustellenden Kausalitätsbetrachtung weitere Probleme und Nachweisschwierigkeiten nach sich gezogen hätte. Soweit die Revision hierzu - unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 24. September 1991 - VI ZR 293/90, NJW 1991, 3282 - darauf verweist, dass es für die Annahme eines Schädigungsvorsatzes ausreiche, dass der Sachverständige leichtfertig gehandelt und die Schädigung der Prozessbeteiligten billigend in Kauf genommen habe, hat dies das Berufungsgericht, wie die im Urteil zitierte Rechtsprechung zeigt, bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht übersehen.

III.


39
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Schlick Herrmann Wöstmann
Seiters Tombrink
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 16.12.2005 - 8 O 36/05 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 08.01.2010 - I-11 U 27/06 -

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.