Landessozialgericht NRW Beschluss, 09. Sept. 2015 - L 16 KR 716/14 B
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.10.2014 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2I.
3Streitig ist die Höhe, der im Rahmen der Beiordnung des Beschwerdeführers im Rahmen der Prozesskostenhilfe aus der Landeskasse zu erstattenden Gebühren und Auslagen.
4Der Beschwerdeführer war dem Kläger mit Beschluss des Sozialgerichts vom 30.11.2010 im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden. Mit Kostenliquidation vom 01.08.2011 machte der Beschwerdeführer Gebühren und Auslagen i.H.v. 559,30 EUR unter Berücksichtigung einer Verfahrensgebühr nach VV RVG Nr. 3102 i.H.v. 250,00 EUR sowie eine Terminsgebühr nach VV RVG Nr. 3106 von 200,00 EUR geltend. Er erklärte, Vorschüsse und sonstige Zahlungen (§ 9 RVG) seien nicht vereinnahmt worden.
5Auf Nachfrage des Sozialgerichts (veranlasst durch ein Schreiben der gesetzlichen Vertreterin des Klägers vom 05.05.2011, in dem auf die Zahlung von 60 EUR hingewiesen worden war) erklärte der Beschwerdeführer, ihm sei ein Betrag von 60,00 EUR vom Kläger nicht für die Fertigung der Klage, sondern für die Stellung des Prozesskostenhilfeantrags gezahlt worden. Daher sei diese Zahlung nicht anzurechnen.
6Mit Beschluss vom 27.09.2011 setzte der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 499,30 EUR fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, die von dem Kläger gezahlten Kosten i.H.v. 60 EUR seien anzurechnen. Die Stellung des Prozesskostenhilfeantrages begründe keinen gesonderten Gebührenanspruch. Diese Tätigkeit sei mit der Verfahrensgebühr abgegolten.
7Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Erinnerung vom 14.10.2011 legte der Beschwerdeführer eine Vergütungsvereinbarung vom 14.10.2010 vor. In deren § 2 verpflichtet sich der Auftraggeber für die Erledigung dieser auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerichteten Tätigkeit zur Zahlung einer einmaligen pauschalen Gebühr von 60,00 EUR (inklusive Mehrwertsteuer).
8Weiter ist ausgeführt in § 3 der Vergütungsvereinbarung:
9"Der Auftraggeber ist darüber informiert, dass diese Bearbeitungsgebühr unabhängig davon erhoben wird, ob die beantragte Prozesskostenhilfe in der Folge bewilligt oder abgelehnt wird. Er ist weiter darüber informiert, dass eine Verrechnung dieser Gebühr mit anderen Gebühren, die gegebenenfalls im Verlauf der Mandatsbearbeitung zulasten des Auftraggebers anfallen, nicht stattfindet."
10Der Beschwerdeführer vertrat die Auffassung, diese Vergütungsvereinbarung berühre den Gebührenanspruch der Verfahrensgebühr nicht.
11Mit Beschluss vom 14.10.2014 hat das Sozialgericht die Kostenfestsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bestätigt und die Erinnerung zurückgewiesen. Ein Betrag von 60,00 EUR sei auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Die Zahlung sei als Vorschuss zu qualifizieren, der naturgemäß auf den zulässigen Honoraranspruch gemäß dem RVG, konkret auf die Verfahrensgebühr, anzurechnen sei. Eine Gebühr für das Stellen eines Prozesskostenhilfeantrags sehe das RVG nicht vor. Die Zulässigkeit einer gesonderten Honorarvereinbarung über eine zusätzliche Vergütung würde dem Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe entgegen laufen. Sie hätte darüber hinaus die Wirkung eines (unzulässigen) Vertrages zulasten Dritter, hier zulasten der Landeskasse.
12Zur Begründung seiner dagegen gerichteten Beschwerde vom 03.11.2014, mit der der Beschwerdeführer die Festsetzung der zu erstattenden Gebühren und Auslagen auf 559,30 EUR begehrt, wird ausgeführt: Bei dem Betrag von 60,00 EUR, den der Kläger an den Beschwerdeführer gezahlt habe, handele es sich nicht um einen Vorschussbetrag. Vielmehr sei die Zahlung aufgrund einer zwischen Auftraggeber und Rechtsanwälten vorab abgeschlossen Vergütungsvereinbarung erfolgt. Diese Vergütungsvereinbarung beziehe sich ausschließlich auf die Abgeltung der Tätigkeit, die mit der vollständigen Zusammenstellung der zur Beantragung der Prozesskostenhilfe erforderlichen Formular- und sonstigen Nachweisunterlagen verbunden gewesen sei. Diese Tätigkeit sei nicht selten mit einem ganz erheblichen Sach- und Personalaufwand verbunden. Viele Rechtssuchende sein bereits mit dem Ausfüllen des Vordrucks zur Beantragung der Prozesskostenhilfe überfordert. Lediglich diese Tätigkeit, die nicht zuletzt den Gerichten bei der Bearbeitung der Prozesskostenhilfegesuche die Arbeit extrem erleichtere, werde mit dem Betrag von 60,00 EUR abgegolten. Die Zulässigkeit einer solchen Gebührenvereinbarung könne nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Der Zugang des Bürgers zum Recht werde durch diese Gebühr in keiner Weise eingeschränkt, im Gegenteil: Das RVG sehe für die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Prozesskostenhilfeverfahren einen eigenen Gebührentatbestand vor (VV RVG Nr. 3335). Würde diese Gebühr zur Voraussetzung der Bearbeitung der Angelegenheit eines prozesskostenberechtigten potenziellen Mandanten gemacht, würde sich der Zugang dieses Mandanten aufgrund deren Höhe zum Recht dramatisch verkürzen. Der Umstand, dass diese auf die sodann möglicherweise bewilligte Prozesskostenhilfe angerechnet würde, helfe dem Rechtsuchenden in diesem Moment nicht weiter. Er könne die vom Rechtsanwalt völlig zu Recht geforderte Gebühr schlicht nicht bezahlen. Der Staatskasse entstehe kein Nachteil; sie werde durch die streitige Vergütungsvereinbarung nicht belastet.
13Der Beschwerdegegner hält die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung für unbegründet.
14II.
15Die vom Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel der Beschwerde ist insbesondere nicht durch § 178 SGG oder § 197 Abs. 2 SGG ausgeschlossen (vgl. nunmehr § 1 Abs. 3 RVG in der seit dem 01.08.2013 geltenden Fassung des 2. KostRMoG vom 23.07.2013 - BGBl. I S. 2586 -; vgl. etwa auch etwa LSG NRW, Beschlüsse vom 17.11.2010 - L 19 B 334/09 AS; vom 11.12.2009 - L 19 B 281/09 AS; vom 13.7.2009 - L 7 B 2/09 SB; vom 13.11.2008 - L 20 B 59/08 SO; a.A. zum bis dahin geltenden Recht etwa LSG NRW, Beschluss vom 02.05. 2011 - L 10 P 112/10 B -, alle juris).
16Antragsteller und Beschwerdeführer ist in Verfahren, die die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung bei gewährter Prozesskostenhilfe betreffen, der beigeordnete Rechtsanwalt selbst. Beschwerdegegner ist in diesen Verfahren die Landeskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor. Die durch die Prozesskostenhilfe begünstigte Partei ist am Verfahren nicht beteiligt (vgl. etwa LSG NRW, Beschluss vom 10.02.2011 - L 9 AS 1290/10 B, juris Rn. 6 m.w.N.).
17Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (§§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 4 RVG).
18Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Dem Beschwerdegegner steht gegenüber der Staatskasse kein Anspruch auf Festsetzung einer höheren Vergütung zu; das Sozialgericht hat den vom Beschwerdeführer mit seiner Kostenliquidation geltend gemachten Betrag zu Recht um den vom Kläger bereits gezahlten Betrag von 60.00 EUR gemindert. Dem Beschwerdeführer steht gegenüber der Staatskasse keine höhere Vergütung als die vom Sozialgericht festgesetzten 499,30 EUR Euro zu.
19Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine abweichende rechtliche Beurteilung und Festsetzung einer höheren Vergütung.
20Die Argumentation des Beschwerdeführers, der nach § 55 Abs. 5 S. 2 RVG im Rahmen seiner Antragstellung sich zu den bis zum Tag der Antragstellung erhaltenen Zahlungen hätte erklären müssen, verkennt, dass nach § 58 Abs. 2 RVG grundsätzlich Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, auf die Vergütung anzurechnen sind. Im Übrigen sind nach § 16 Nr. 2 RVG das Verfahren über die Prozesskostenhilfe und das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist, dieselbe Angelegenheit. Vereinbarungen zwischen dem Anwalt und dem Beteiligten, die darauf hinauslaufen, die Anrechnungspflicht von Zahlungen an den Anwalt zulasten der Staatskasse auszuschließen, sind sittenwidrig und darum für den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unbeachtlich (Kießling in Mayer/Kroiß, RVG, 6. Auflage 2013 Rn. 22). Im Übrigen dürfte die getroffene Vergütungsvereinbarung nach § 3a Abs. 3 S. 1 RVG nichtig sein. Denn die vereinbarte Gebühr für ein Tätigwerden im Prozesskostenhilfeverfahren (und zwar ohne Rücksicht auf den Umstand, ob nachfolgend Prozesskostenhilfe bewilligt werden würde) war im Ergebnis darauf gerichtet, dem Beschwerdeführer durch das vorgesehene Verrechnungsverbot für die von der Beiordnung erfasste Tätigkeit eine höhere als die gesetzliche Vergütung zu sichern. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass eine dem Bevollmächtigten gegebenenfalls zustehende Gebühren nach VV RVG Nr. 3335 für den Fall der Bewilligung der Prozesskostenhilfe für ein nachfolgendes Hauptsacheverfahren ebenso anzurechnen gewesen wäre wie ein vom Mandanten gezahlter Vorschuss. Wegen der Möglichkeit, einen entsprechenden Vorschuss zu verlangen, fehlt es auch an einer wirtschaftlichen Schutzbedürftigkeit des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer war im Rahmen seiner anwaltlichen Tätigkeit frei, für den Fall der Verweigerung einer Vorschusszahlung das ihm angetragene Mandat nicht zu übernehmen.
21Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).
22Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).
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Der Rechtsanwalt kann von seinem Auftraggeber für die entstandenen und die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen einen angemessenen Vorschuss fordern.
Gegen die Entscheidungen des ersuchten oder beauftragten Richters oder des Urkundsbeamten kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet. Die §§ 173 bis 175 gelten entsprechend.
(1) Auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. § 104 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Zivilprozeßordnung findet entsprechende Anwendung.
(2) Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet.
(1) Die Vergütung (Gebühren und Auslagen) für anwaltliche Tätigkeiten der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bemisst sich nach diesem Gesetz. Dies gilt auch für eine Tätigkeit als besonderer Vertreter nach den §§ 57 und 58 der Zivilprozessordnung, nach § 118e der Bundesrechtsanwaltsordnung, nach § 103b der Patentanwaltsordnung oder nach § 111c des Steuerberatungsgesetzes. Andere Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer, Partnerschaftsgesellschaften und sonstige Gesellschaften stehen einem Rechtsanwalt im Sinne dieses Gesetzes gleich.
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für eine Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt (§ 46 Absatz 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung). Es gilt ferner nicht für eine Tätigkeit als Vormund, Betreuer, Pfleger, Verfahrenspfleger, Verfahrensbeistand, Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter, Sachwalter, Mitglied des Gläubigerausschusses, Restrukturierungsbeauftragter, Sanierungsmoderator, Mitglied des Gläubigerbeirats, Nachlassverwalter, Zwangsverwalter, Treuhänder oder Schiedsrichter oder für eine ähnliche Tätigkeit. § 1877 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 4 Absatz 2 des Vormünder- und Betreuervergütungsgesetzes bleiben unberührt.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.
(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.
(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung und der Vorschuss hierauf werden auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszugs festgesetzt. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts, das den Verteidiger bestellt hat.
(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten des Gerichts des Rechtszugs, solange das Verfahren nicht durch rechtskräftige Entscheidung oder in sonstiger Weise beendet ist.
(3) Im Fall der Beiordnung einer Kontaktperson (§ 34a des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz) erfolgt die Festsetzung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Landgerichts, in dessen Bezirk die Justizvollzugsanstalt liegt.
(4) Im Fall der Beratungshilfe wird die Vergütung von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des in § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes bestimmten Gerichts festgesetzt.
(5) § 104 Absatz 2 Satz 1 und 2 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob und welche Zahlungen der Rechtsanwalt bis zum Tag der Antragstellung erhalten hat. Bei Zahlungen auf eine anzurechnende Gebühr sind diese Zahlungen, der Satz oder der Betrag der Gebühr und bei Wertgebühren auch der zugrunde gelegte Wert anzugeben. Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach der Antragstellung erhalten hat, hat er unverzüglich anzuzeigen.
(6) Der Urkundsbeamte kann vor einer Festsetzung der weiteren Vergütung (§ 50) den Rechtsanwalt auffordern, innerhalb einer Frist von einem Monat bei der Geschäftsstelle des Gerichts, dem der Urkundsbeamte angehört, Anträge auf Festsetzung der Vergütungen, für die ihm noch Ansprüche gegen die Staatskasse zustehen, einzureichen oder sich zu den empfangenen Zahlungen (Absatz 5 Satz 2) zu erklären. Kommt der Rechtsanwalt der Aufforderung nicht nach, erlöschen seine Ansprüche gegen die Staatskasse.
(7) Die Absätze 1 und 5 gelten im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde entsprechend. An die Stelle des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle tritt die Verwaltungsbehörde.
(1) Zahlungen, die der Rechtsanwalt nach § 9 des Beratungshilfegesetzes erhalten hat, werden auf die aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung angerechnet.
(2) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, zunächst auf die Vergütungen anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse nicht oder nur unter den Voraussetzungen des § 50 besteht. Ist eine Gebühr, für die kein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, auf eine Gebühr anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht, so vermindert sich der Anspruch gegen die Staatskasse nur insoweit, als der Rechtsanwalt durch eine Zahlung auf die anzurechnende Gebühr und den Anspruch auf die ohne Anrechnung ermittelte andere Gebühr insgesamt mehr als den sich aus § 15a Absatz 1 ergebenden Gesamtbetrag erhalten würde.
(3) In Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmen, sind Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der gerichtlichen Bestellung oder Beiordnung für seine Tätigkeit in einer gebührenrechtlichen Angelegenheit erhalten hat, auf die von der Staatskasse für diese Angelegenheit zu zahlenden Gebühren anzurechnen. Hat der Rechtsanwalt Zahlungen empfangen, nachdem er Gebühren aus der Staatskasse erhalten hat, ist er zur Rückzahlung an die Staatskasse verpflichtet. Die Anrechnung oder Rückzahlung erfolgt nur, soweit der Rechtsanwalt durch die Zahlungen insgesamt mehr als den doppelten Betrag der ihm ohne Berücksichtigung des § 51 aus der Staatskasse zustehenden Gebühren erhalten würde. Sind die dem Rechtsanwalt nach Satz 3 verbleibenden Gebühren höher als die im Vergütungsverzeichnis vorgesehenen Höchstgebühren eines Wahlanwalts, ist auch der die Höchstgebühren übersteigende Betrag anzurechnen oder zurückzuzahlen.
Dieselbe Angelegenheit sind
- 1.
das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie über einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte Dritter und jedes Verwaltungsverfahren auf Abänderung oder Aufhebung in den genannten Fällen; - 2.
das Verfahren über die Prozesskostenhilfe und das Verfahren, für das die Prozesskostenhilfe beantragt worden ist; - 3.
mehrere Verfahren über die Prozesskostenhilfe in demselben Rechtszug; - 3a.
das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts und das Verfahren, für das der Gerichtsstand bestimmt werden soll; dies gilt auch dann, wenn das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor Klageerhebung oder Antragstellung endet, ohne dass das zuständige Gericht bestimmt worden ist; - 4.
eine Scheidungssache oder ein Verfahren über die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft und die Folgesachen; - 5.
das Verfahren über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, über den Erlass einer einstweiligen Verfügung oder einstweiligen Anordnung, über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, über die Aufhebung der Vollziehung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts und jedes Verfahren über deren Abänderung, Aufhebung oder Widerruf; - 6.
das Verfahren nach § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich vom 6. Juni 1959 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 319-12, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 23 des Gesetzes vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) geändert worden ist, und das Verfahren nach § 3 Absatz 2 des genannten Gesetzes; - 7.
das Verfahren über die Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme und das Verfahren über einen Antrag auf Aufhebung oder Änderung einer Entscheidung über die Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung); - 8.
das schiedsrichterliche Verfahren und das gerichtliche Verfahren bei der Bestellung eines Schiedsrichters oder Ersatzschiedsrichters, über die Ablehnung eines Schiedsrichters oder über die Beendigung des Schiedsrichteramts, zur Unterstützung bei der Beweisaufnahme oder bei der Vornahme sonstiger richterlicher Handlungen; - 9.
das Verfahren vor dem Schiedsgericht und die gerichtlichen Verfahren über die Bestimmung einer Frist (§ 102 Absatz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes), die Ablehnung eines Schiedsrichters (§ 103 Absatz 3 des Arbeitsgerichtsgesetzes) oder die Vornahme einer Beweisaufnahme oder einer Vereidigung (§ 106 Absatz 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes);- 10.
im Kostenfestsetzungsverfahren und im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen Kostenfestsetzungsbescheid (§ 108 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) einerseits und im Kostenansatzverfahren sowie im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Ansatz der Gebühren und Auslagen (§ 108 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten) andererseits jeweils mehrere Verfahren über - a)
die Erinnerung, - b)
den Antrag auf gerichtliche Entscheidung, - c)
die Beschwerde in demselben Beschwerderechtszug;
- 11.
das Rechtsmittelverfahren und das Verfahren über die Zulassung des Rechtsmittels; dies gilt nicht für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung eines Rechtsmittels; - 12.
das Verfahren über die Privatklage und die Widerklage und zwar auch im Fall des § 388 Absatz 2 der Strafprozessordnung und - 13.
das erstinstanzliche Prozessverfahren und der erste Rechtszug des Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz.
(1) Eine Vereinbarung über die Vergütung bedarf der Textform. Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein. Sie hat einen Hinweis darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei, ein Verfahrensbeteiligter oder die Staatskasse im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für eine Gebührenvereinbarung nach § 34.
(2) In der Vereinbarung kann es dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer überlassen werden, die Vergütung nach billigem Ermessen festzusetzen. Ist die Festsetzung der Vergütung dem Ermessen eines Vertragsteils überlassen, so gilt die gesetzliche Vergütung als vereinbart.
(3) Ist eine vereinbarte, eine nach Absatz 2 Satz 1 von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer festgesetzte oder eine nach § 4a für den Erfolgsfall vereinbarte Vergütung unter Berücksichtigung aller Umstände unangemessen hoch, kann sie im Rechtsstreit auf den angemessenen Betrag bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung herabgesetzt werden. Vor der Herabsetzung hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen; dies gilt nicht, wenn der Vorstand der Rechtsanwaltskammer die Vergütung nach Absatz 2 Satz 1 festgesetzt hat. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.
(4) Eine Vereinbarung, nach der ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt für die von der Beiordnung erfasste Tätigkeit eine höhere als die gesetzliche Vergütung erhalten soll, ist nichtig. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die ungerechtfertigte Bereicherung bleiben unberührt.
(1) Über Erinnerungen des Rechtsanwalts und der Staatskasse gegen die Festsetzung nach § 55 entscheidet das Gericht des Rechtszugs, bei dem die Festsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Im Fall des § 55 Absatz 3 entscheidet die Strafkammer des Landgerichts. Im Fall der Beratungshilfe entscheidet das nach § 4 Absatz 1 des Beratungshilfegesetzes zuständige Gericht.
(2) Im Verfahren über die Erinnerung gilt § 33 Absatz 4 Satz 1, Absatz 7 und 8 und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Erinnerung § 33 Absatz 3 bis 8 entsprechend. Das Verfahren über die Erinnerung und über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest.
(2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Antragsberechtigt sind der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und in den Fällen des § 45 die Staatskasse.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung eingelegt wird.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht, in Zivilsachen der in § 119 Absatz 1 Nummer 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Art jedoch das Oberlandesgericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. Absatz 4 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend.
(6) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 3, Absatz 4 Satz 1 und 4 und Absatz 5 gelten entsprechend.
(7) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(8) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(9) Das Verfahren über den Antrag ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet; dies gilt auch im Verfahren über die Beschwerde.