Landessozialgericht NRW Beschluss, 14. Dez. 2018 - L 15 KR 539/18 B
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 17.01.2018 wird zurückgewiesen. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2Die nach Maßgabe von § 4 Abs. 3 JVEG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde, über die der Senat mangels besonderer Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art oder grundsätzlicher Bedeutung durch den Vorsitzenden als Einzelrichter entscheidet (§ 4 Abs. 7 JVEG), ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Vergütung des Sachverständigen für die Erstellung des Gutachtens vom 19.02.2017 zu Recht auf 3.666,38 Euro festgesetzt. Jedenfalls ist der Sachverständige durch diese Festsetzung nicht beschwert.
3Nach den hier maßgeblichen Regelungen der §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 JVEG richtet sich die Vergütung des Sachverständigen nach der einschlägigen Honorargruppe und der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Zeit. Wieviel Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen. Erforderlich ist derjenige Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt, um sich nach sorgfältigem Studium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehender Überlegung seine gutachtlichen Darlegungen zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Dabei sind der Umfang des unterbreiteten Sachstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Beweisfragen unter Berücksichtigung seiner Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet und der Bedeutung der Sache angemessen zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung des zuständigen Senats, statt vieler Beschluss vom 20.02.2015 - L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 28 m.w.N.).
4Soweit der Beschwerdeführer Einwendungen gegen diesen Maßstab mit der Begründung geltend macht, der Gutachtenauftrag habe sich nicht auf eine durchschnittliche Liquidation gegenüber der Krankenkasse bezogen, sondern auf die differenzialdiagnostisch äußerst schwierige Frage, inwieweit eine psychiatrische Erkrankung stationär oder ambulant betreut werden könne, verkennt er, dass dieser Gesichtspunkt bei der Frage zu berücksichtigen ist, welche Honorargruppe, das heißt welcher Stundensatz, anzusetzen ist, und auch für die Bestimmung des objektiv erforderlichen Zeitaufwandes eine Rolle spielt. Demgegenüber muss ein Aufwand, den ein Sachverständiger subjektiv für erforderlich hielt, den aber ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität nicht benötigt hätte, schon aus Gründen der Gleichbehandlung unberücksichtigt bleiben.
5Nach diesen Grundsätzen ist die Festsetzung der Vergütung des Beschwerdeführers durch das Sozialgericht nicht zu beanstanden. Sie ist jedenfalls nicht zu Gunsten des Sachverständigen heraufzusetzen.
61. Der Senat hat bereits Zweifel daran, ob das Sozialgericht zu Recht zu Gunsten des Beschwerdeführers die höchste Honorargruppe M 3 angesetzt hat.
7Die Zuordnung zu einer Honorargruppe bestimmt sich nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG, in der die einzelnen in § 9 Abs. 1 Satz 1 JVEG aufgeführten Honorargruppen näher definiert sind. Die Abgrenzung zwischen der Honorargruppe M 2 und der Honorargruppe M 3 nimmt der Senat vor anhand des jeweils der Honorargruppe zugeordneten Wortlautes, der bei der Honorargruppe M 2 auf einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad und bei der Honorargruppe M 3 auf einen hohen Schwierigkeitsgrad abstellt. Darüber hinaus soll die Honorargruppe M 2 beschreibenden Begutachtungen ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge vorbehalten sein. Beispielhaft werden Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität genannt, die neben der beschreibenden Ist-Zustands-Begutachtung die sozialmedizinische Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt insgesamt und/oder für bestimmte Erwerbstätigkeiten unter Berücksichtigung der daraus erwachsenden Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit erfordern. Der Zuordnung zur Honorargruppe M 3 soll nach dem Wortlaut die Begutachtung spezieller Kausalitätszusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder der Beurteilung der Prognose und/oder der Beurteilung strittiger Kausalfragen vorbehalten sein. Beispielhaft werden Gutachten zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten genannt (Beschluss des Senats vom 20.02.2015 - L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 30).
8Nach diesen Grundsätzen spricht viel dafür, dass für das Gutachten des Beschwerdeführers lediglich die Honorargruppe M 2 anzusetzen war. Zwar waren nach der Beweisanordnung verschiedene Behandlungsmethoden (ambulante Psychotherapie oder intensivere Therapieformen) miteinander zu vergleichen und auf ihre Eignung zur Linderung der Gesundheitsstörungen des Klägers prognostisch zu überprüfen. Allerdings lässt das aktenkundige Sachverständigengutachten keinerlei Erörterung des aktuellen Stands der wissenschaftlichen Diskussion bzw. Auswertung der medizinisch-wissenschaftlichen Studien zur Beantwortung der gerichtlichen Fragen erkennen (siehe zum Ganzen insoweit Bayrisches Landessozialgericht, Beschl. vom 16.08.2016 - L 15 RF 17/16 -, juris Rn. 30 ff.). Darüber hinaus hatte der Sachverständige keine schwierigen Kausalität- oder Zusammenhangsfragen zu klären, sondern im Wesentlichen den Ist-Zustand des Klägers zu begutachten (vgl. insoweit auch den Beschluss des Senats vom 20.02.2015 - L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 31).
92. In jedem Fall waren als erforderlicher Zeitaufwand für die Erstellung des Gutachtens nicht mehr als insgesamt 30 Stunden anzusetzen, von denen das Sozialgericht zu Gunsten des Klägers ausgegangen ist.
10Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sowie des zuvor für Vergütungsansprüchen von Sachverständigen zuständigen 4. Senats des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen gliedert sich die Erstellung eines Gutachtens zur Gewährleistung eines objektiven Maßstabs hinsichtlich des erforderlichen Zeitaufwandes in vier vergütungspflichtige Arbeitsschritte (vgl. z.B. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 25.02.2005 - L 4 B 7/04 -, juris Rn. 22 ff. m.w.N.):
111. Zeitaufwand für Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten,
122. Zeitaufwand für Untersuchung und Anamnese,
133. Zeitaufwand für Abfassung der Beurteilung,
144. Zeitaufwand für Diktate und Durchsicht.
15Ausgehend von dieser eine gleichmäßige Rechtsanwendung gewährleistenden und im Hinblick auf die Anforderungen an ein sozialmedizinisches Sachverständigengutachten (vgl. hierzu z.B. Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschl. v. 22.04.2008 - L 1 B 89/08 SK -, juris Rn. 4; Giesbert, in jurisPK-SGG, § 128 Rn. 55) sachgerechten Strukturierung lässt sich unter Zugrundelegung des Vortrags des Beschwerdeführers ein Zeitaufwand von mehr als 30 Stunden nicht begründen.
16a) Die Beurteilung des erforderlichen Zeitaufwands hat ursprünglich schon deshalb Schwierigkeiten bereitet, weil sich der Beschwerdeführer in seiner Liquidation von 20.02.2017 nicht an diese richterrechtlich entwickelte Strukturierung gehalten hat. Seine Aufstellung ist zudem nicht widerspruchsfrei, weil er einerseits unter X. (Konzipierung des Gutachtens) und XI. (Diktate, schriftliche Umsetzung und Korrektur des Gutachtens) Arbeitsschritte als Teil der insgesamt 11 Hauptgliederungspunkte umfassenden "Leistungen" nennt, für die sich ein Zeitaufwand von insgesamt 42 Stunden ergebe, andererseits zusätzlich zu diesen 42 Stunden (noch einmal) 8 Stunden für die Konzipierung des Gutachtens und (noch einmal) 6 Stunden für Diktate inklusive Korrektur und Zweitkorrektur des Gutachtens ansetzt. Darüber hinaus wird der Zeitaufwand für die Ausarbeitung des Gutachtens, also des Formulierens, nach den vorstehend genannten Grundsätzen als solcher nicht gesondert vergütet, sondern bei den Arbeitsschritten Aktenstudium, Untersuchung und Abfassung der Beurteilung jeweils mitvergütet (vgl. z.B. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 25.02.2005 - L 4 B 7/04 -, juris Rn. 27). Der Arbeitsschritt "Abfassung der Beurteilung" umfasst demgegenüber nach der Konzeption des Senats die Beantwortung der vom Gericht gestellten Fragen und die nähere Begründung, also den Teil des Gutachtens, den das Gericht bei seiner Entscheidung verwerten kann, um ohne medizinischen Sachverstand seine Entscheidung begründen zu können. Dazu gehört die diktatreife Vorbereitung der Beurteilung ohne Wiedergabe der Anamnese, der Untersuchungsergebnisse oder Befunde einschließlich der Begründung der vom Sachverständigen getroffenen Schlussfolgerung, wie zum Beispiel die Auseinandersetzung mit entgegenstehenden Vorgutachten, anders lautenden Befunden sowie die Auseinandersetzung mit kontroversen Meinungen. In diesem Arbeitsschritt wird die eigentliche Gedankenarbeit im Zusammenhang mit der Auswertung der erhobenen Befunde, deren Würdigung im Hinblick auf die Beweisfrage sowie die diktatreife Vorbereitung abgegolten, wobei es maßgeblich auf den Umfang und die Schwierigkeit der gedanklichen Arbeit des Sachverständigen im Einzelfall ankommt (siehe hierzu z.B den Beschluss des Senats vom 20.02.2015 - L 15 KR 376/14 B -, juris Rn. 29 m.w.N.). Vor diesem Hintergrund erschloss sich aus der Liquidation des Beschwerdeführers vom 20.02.2017 nicht hinreichend, was der Beschwerdeführer mit "Konzipierung des Gutachtens" gemeint hat.
17Im anwaltlichen Schreiben vom 06.09.2017 hat der Beschwerdeführer dann jedoch entsprechend der Aufforderung des Sozialgerichts eine Zuordnung zu den einzelnen Arbeitsschritten unternommen. Er hat klargestellt, dass auf Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten (1. Arbeitsschritt) 4 Stunden entfallen, 38 Stunden für die Untersuchungen und Anamnese anzusetzen sind (2. Arbeitsschritt), die Abfassung der Beurteilung (3. Arbeitsschritt) 8 Stunden in Anspruch genommen hat und der Zeitaufwand für das Diktat, Durchsicht und Korrektur (4. Arbeitsschritt) mit 6 Stunden anzusetzen ist. Aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Beschwerdeverfahren geht nicht hervor, dass und warum diese Zuordnung unzutreffend sein soll. In der Beschwerdebegründung verweist der Beschwerdeführer zwar mehrfach auf seine Liquidation vom 20.02.2017 und scheint damit wieder auf seine dort von ihm selbst entwickelte Gliederung und die von ihm selbst verwendeten Begrifflichkeiten zurückgreifen zu wollen. Dies ist jedoch nach den vorstehenden Ausführungen den Interessen des Beschwerdeführers kaum dienlich. Vor allem geht der Beschwerdeführer auf sein eigenes Schreiben vom 06.09.2017 in der Beschwerdebegründung mit keinem Wort ein. Der Senat vermag daher nicht zu erkennen, warum die Zuordnung zu den einzelnen Arbeitsschritten anders vorzunehmen sein soll, als sie der Beschwerdeführer selbst in seinem Schreiben vom 06.09.2017 vorgenommen hat.
18Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung behauptet, der Hinweis des Sozialgerichtes, dass er nach seinen eigenen Angaben für die Untersuchungen der im Einzelnen genannten Personen 38 Stunden benötigt habe, sei definitiv falsch, vielmehr sei die Stundenzahl aus der Liquidation nicht erkennbar. Mit dem anwaltlichen Schreiben vom 06.09.2017 ist diese Behauptung schlechthin unvereinbar. Der Senat kann sich deshalb des Eindrucks nicht verschließen, dass sich der Beschwerdeführer vor Abfassung der Beschwerdebegründung nicht mehr hinreichend mit seinem eigenen Vorbringen vor dem Sozialgericht befasst hat. Dementsprechend ist der Einwand des Beschwerdeführers, das Sozialgericht sei von der falschen geltend gemachten Gesamtanzahl von 38 Stunden für den Arbeitsschritt "Untersuchung und Anamnese" ausgegangen, haltlos.
19b) Ausgehend von den Klarstellungen im anwaltlichen Schreiben vom 06.09.2017 ist jedenfalls kein höherer Zeitaufwand als die vom Sozialgericht berücksichtigten 30 Stunden als objektiv erforderlich anzusetzen.
20aa) Was die Arbeitsschritte "Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten", "Abfassung der Beurteilung" und "Diktate und Durchsicht" betrifft, entspricht der Ansatz des Sozialgerichts (4 Stunden + 8 Stunden + 6 Stunden = 18 Stunden) jeweils dem Vortrag des Beschwerdeführers im Schreiben vom 06.09.2017 ebenso wie der ständigen Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (vgl. z.B. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 25.02.2005 - L 4 B 7/04 -, juris Rn. 22 ff. m.w.N.; Beschl. des Senats vom 06.05.2013 - L 15 SB 40/13 B -, juris Rn. 7). Der Senat nimmt deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen des Sozialgerichts in dem angefochtenen Beschluss Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Nachvollziehbare Einwendungen enthält die Beschwerdebegründung insoweit nicht. Bemerkenswerterweise vergisst der Beschwerdeführer unter 2. f) in seiner Beschwerdebegründung die von ihm selbst im Schreiben vom 06.09.2017 für Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten angesetzten 4 Stunden.
21bb) Für den Arbeitsschritt "Anamnese und Untersuchungen" können keinesfalls mehr als die vom Sozialgericht insoweit angesetzten 12 Stunden berücksichtigt werden. Diese erscheinen sogar zu hoch gegriffen.
22(1) Die Untersuchung und Exploration des Klägers selbst hat nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Liquidation vom 20.02.2017 an 2 Tagen stattgefunden, nämlich am 09.12.2016 und am 28.12.2016. Hierbei wurden auch testpsychologische Untersuchungen vorgenommen. Den Zeitaufwand hierfür hat der Beschwerdeführer allerdings selbst weder vor dem Sozialgericht noch im Beschwerdeverfahren konkretisiert. Er hat vielmehr in seiner Beschwerdebegründung betont, dass er für die Überprüfung aller Personen, das heißt des Klägers, seiner Lebensgefährtin, der Tochter der Lebensgefährtin, des Nachbarn des Klägers, des Vaters des Klägers und der Mutter des Klägers, mehr als 2 Tage und insgesamt 42 Stunden aufgewendet habe. Abgesehen davon, dass die Ausführungen zur aufgewandten Stundenzahl, wie bereits ausgeführt, mit den Angaben im anwaltlichen Schreiben vom 06.09.2017 nicht vereinbar sind und der Beschwerdeführer offensichtlich die von ihm selbst im Schreiben vom 06.09.2017 für Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten angesetzten 4 Stunden vergessen hat, lässt sich hieraus nicht erkennen, welchen Zeitaufwand der Beschwerdeführer allein für die Untersuchung des Klägers aufgewendet haben will. Schon deshalb kann der Senat den entsprechenden Zeitaufwand lediglich anhand der Darstellung der Anamnese und Untersuchungsergebnisse im schriftlichen Gutachten und des Zeitaufwands, der üblicherweise in psychiatrischen und psychologischen Gutachten für Anamnese und Untersuchung angegeben wird, schätzen. Danach erscheinen die vom Sozialgericht insoweit berücksichtigten 10 Stunden als angemessen. Der Senat hält insoweit die Argumentation des Sozialgerichts für zutreffend und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf sie Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
23(2) Für die Untersuchung und Exploration sowie für die in der Liquidation vom 20.02.2017 insoweit ebenfalls geltend gemachte testpsychologische Untersuchung der Lebensgefährtin des Klägers, der Tochter der Lebensgefährtin des Klägers, des Nachbarn des Klägers, des Vaters des Klägers und der Mutter des Klägers ist demgegenüber kein Zeitaufwand als vergütungsrelevant zu berücksichtigen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kommt es insoweit nicht darauf an, ob die entsprechenden Untersuchungen für eine wissenschaftliche und fachlich sorgfältige Beantwortung der Beweisfragen notwendig waren. Entscheidend ist, dass der Sachverständige durch die Befragung und ausführliche Untersuchung der genannten 5 Personen, die nicht an dem sozialgerichtlichen Verfahren beteiligt waren, eindeutig über seinen Gutachtenauftrag, wie er sich aus der Beweisanordnung vom 10.11.2016 ergab, hinausgegangen ist. Der Beschwerdeführer war nach der Beweisanordnung ausdrücklich nur dazu beauftragt, ein ärztlich begründetes Sachverständigengutachten aufgrund ambulanter Untersuchung "des Klägers" zu erstatten. Zu einer Untersuchung anderer Personen war er dementsprechend nach dem eindeutigen Wortlaut der Beweisanordnung weder beauftragt noch ermächtigt. Wenn er der Meinung war, zur sachgerechten Beantwortung der Beweisfragen weitere Personen befragen oder sie sogar testpsychologischen Untersuchungen unterziehen zu müssen, hätte er das Sozialgericht hierüber vor Durchführung der Untersuchungen informieren und die Genehmigung des Sozialgerichts einholen müssen. Dies hat er jedoch nicht getan. Er hat lediglich mit Schreiben vom 14.12.2016 das Sozialgericht darüber informiert, dass ein Hausbesuch vereinbart worden sei und unmittelbare Bezugspersonen zum Erhalt so genannten psychologischer Fremdbilder einbezogen würden. Um Erweiterung seines Gutachtenauftrags hat er in dem Schreiben jedoch nicht nachgesucht und zudem auch nicht vor Durchführung der Untersuchungen die Genehmigung des Sozialgerichts abgewartet. Es kann deshalb auch dahinstehen, ob das Sozialgericht den Beschwerdeführer überhaupt zur Untersuchung und Befragung solcher Personen, die an dem Verfahren gar nicht beteiligt waren, hätte beauftragen dürfen.
24Dass der Beschwerdeführer mithin eigenmächtig die Grenzen seines Auftrags überschritten hat, geht zu seinen Lasten. Einen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse sieht das Gesetz für einen Aufwand, der durch Überschreiten des erteilten Auftrags entstanden ist, nicht vor. Wie sich aus § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 1. Halbsatz JVEG ergibt, gilt das JVEG nur für die Vergütung von Sachverständigen, wenn und soweit sie vom Gericht mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt worden sind. Eine weitergehende Vergütung ist ausgeschlossen (§ 1 Abs. 1 Satz 2 JVEG). Der Gutachtenauftrag bestimmt deshalb als vorgegebener Rahmen den erforderlichen Zeitaufwand im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG (vgl. hierzu auch OLG München, Beschl. v. 02.12.1994 -11 WF 1015/94 -, juris Leitsatz 1; LG Braunschweig, Beschl. v. 28.05.2016 - 12 T 606/14 -, juris Rn. 21).
25Vor diesem Hintergrund wird der Beschwerdeführer durch die Entscheidung des Sozialgerichts, das weitere 2 Stunden für die Befragung der Lebensgefährtin des Klägers als vergütungsrelevant berücksichtigt hat, sogar begünstigt.
263. Das Sozialgericht hat auch zu Recht entschieden, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Fahrtkosten (24,60 Euro) ungeachtet der Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG nicht zu erstatten sind. Die Fahrtkosten sind dem Beschwerdeführer wegen der Durchführung (mindestens) eines Hausbesuchs entstanden. Die Durchführung von Hausbesuchen ging jedoch, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, über den Gutachtenauftrag hinaus. Der Beschwerdeführer war beauftragt, das Gutachten aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers zu erstellen. Mit "ambulanter Untersuchung" sind in sozialgerichtlichen Beweisanordnungen stets Untersuchungen in den Praxisräumen des Sachverständigen gemeint. Soll die Untersuchung im Rahmen eines Hausbesuchs erfolgen, wird dies in der Beweisanordnung im sozialgerichtlichen Verfahren stets ausdrücklich angeordnet. Dies muss dem Beschwerdeführer, der vereidigter gerichtspsychologischer Sachverständiger ist und in der Rechtsform einer GmbH eine "Gesellschaft für gerichtspsychologische Diagnostik" betreibt, bekannt sein. Aus seiner Sicht für die sachgerechte Beantwortung der gestellten Beweisfragen erforderliche Hausbesuche hätte sich der Beschwerdeführer jeweils vorher durch das Gericht genehmigen lassen müssen. Dass er dies nicht getan hat, geht zu seinen Lasten. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend.
274. Was die übrigen geltend gemachten Kosten betrifft, hat das Sozialgericht dem Begehren des Beschwerdeführers entsprochen. Dies gilt insbesondere auch für die geltend gemachte Schreibgebühr von 25,30 Euro. Deshalb erschließt sich der Sinn der Ausführungen in der Beschwerdebegründung insoweit (2. g)) nicht.
285. Soweit der Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers nach den vorstehenden Ausführungen möglicherweise niedriger festzusetzen gewesen wäre, ist hierüber aufgrund des Verbots der reformatio in peius im Beschwerdeverfahren nicht zu entscheiden. Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz im Rechtsmittelverfahren gilt auch für Beschwerden im JVEG, denn das JVEG enthält keine abweichende Regelung insoweit (so auch Bayerisches Landessozialgericht, Beschl. v. 08.03.2016 - L 15 SF 209/15 -, juris Rn. 50; a.A. OLG Stuttgart, Beschl. v. 08.06.2018 - 8 W 342/17 -, juris Rn. 1 m.w.N.). Es verbleibt daher bei der durch das Sozialgericht vorgenommenen Festsetzung einer Vergütung von 3.666,38 Euro. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
296. Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG. Soweit der Beschwerdeführer meint, dass ihm die Kosten des Festsetzungsverfahrens zu erstatten seien, hat er eine entsprechende Rechtsgrundlage nicht benannt und sich auch nicht mit der bereits vom Sozialgericht zitierten Vorschrift des § 4 Abs. 8 JVEG auseinandergesetzt.
30Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG, § 177 SGG).
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(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist
- 1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist; - 2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; - 3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; - 4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.
(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.
(1) Das Honorar des Sachverständigen bemisst sich nach der Anlage 1. Die Zuordnung der Leistung zu einem Sachgebiet bestimmt sich nach der Entscheidung über die Heranziehung des Sachverständigen.
(2) Ist die Leistung auf einem Sachgebiet zu erbringen, das nicht in der Anlage 1 aufgeführt ist, so ist sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze nach billigem Ermessen mit einem Stundensatz zu vergüten, der den höchsten Stundensatz nach der Anlage 1 jedoch nicht übersteigen darf. Ist die Leistung auf mehreren Sachgebieten zu erbringen oder betrifft ein medizinisches oder psychologisches Gutachten mehrere Gegenstände und sind diesen Sachgebieten oder Gegenständen verschiedene Stundensätze zugeordnet, so bemisst sich das Honorar für die gesamte erforderliche Zeit einheitlich nach dem höchsten dieser Stundensätze. Würde die Bemessung des Honorars nach Satz 2 mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen, so ist der Stundensatz nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(3) Für die Festsetzung des Stundensatzes nach Absatz 2 gilt § 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung auch dann zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt. Die Beschwerde ist nur zulässig, solange der Anspruch auf Vergütung noch nicht geltend gemacht worden ist.
(4) Das Honorar des Sachverständigen für die Prüfung, ob ein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, beträgt 120 Euro je Stunde. Ist der Sachverständige zugleich der vorläufige Insolvenzverwalter oder der vorläufige Sachwalter, so beträgt sein Honorar 95 Euro je Stunde.
(5) Das Honorar des Dolmetschers beträgt für jede Stunde 85 Euro. Der Dolmetscher erhält im Fall der Aufhebung eines Termins, zu dem er geladen war, eine Ausfallentschädigung, wenn
- 1.
die Aufhebung nicht durch einen in seiner Person liegenden Grund veranlasst war, - 2.
ihm die Aufhebung erst am Terminstag oder an einem der beiden vorhergehenden Tage mitgeteilt worden ist und - 3.
er versichert, in welcher Höhe er durch die Terminsaufhebung einen Einkommensverlust erlitten hat.
(6) Erbringt der Sachverständige oder der Dolmetscher seine Leistung zwischen 23 und 6 Uhr oder an Sonn- oder Feiertagen, so erhöht sich das Honorar um 20 Prozent, wenn die heranziehende Stelle feststellt, dass es notwendig ist, die Leistung zu dieser Zeit zu erbringen. § 8 Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß.
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.06.2014 geändert. Die Vergütung der Beschwerdeführerin für das Gutachten vom 03.04.2014 wird auf 2.475,80 Euro festgesetzt. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2I.
3In dem Rechtsstreit, der die Versorgung mit Inkontinenzartikeln als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zum Gegenstand hatte, hat die Beschwerdeführerin aufgrund der Beweisanordnung des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 07.08.2013 das Sachverständigengutachten vom 03.04.2014 erstattet. Mit Schreiben vom 04.04.2014 stellte sie unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 100,00 Euro nach der Honorargruppe M 3 folgende Vergütung in Rechnung:
4Aktenstudium 4 Stunden 400,00 Euro Fahrtzeit 1,3 Stunden 130,00 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunde 150,00 Euro Erstellen des Gutachtens 28 Stunden 2800,00 Euro Diktat und Korrektur 5, 7 Stunden 570,00 " Schreibgebühr 57.731 Anschläge 51,30 Euro Porto 6,90 Euro MWSt 787,17 "Euro Gesamtsumme 4.930,17 Euro
5Mit Schreiben vom 15.04.2014 hat der Kostenbeamte den Rechnungsbetrag mit 1.539,75 Euro festgestellt und dabei den Stundensatz nach der Honorargruppe M 2 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) sowie die folgende Berechnung der Zeitanteile zugrunde gelegt:
6Aktenstudium 4 Stunden Fahrtzeit 1,3 Stunden Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunden Erstellen des Gutachtens 3 Stunden Diktat und Korrektur 5,8 Stunden Summe: 15,6 Stunden 1.200,00 Euro Schreibgebühr 57.731 Anschläge 52,20 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Porto 6,90 Euro MWSt 245,85 Euro Gesamtsumme 1.539,75 Euro
7Hiergegen hat die Beschwerdegegnerin Erinnerung eingelegt und richterliche Festsetzung beantragt, mit der sie sich gegen die Reduzierung des Stundensatzes für die Abfassung des Gutachtens und die Beurteilung der Beweisfragen sowie gegen die Zuordnung der Honorargruppe M 2 wendet.
8Mit Beschluss vom 02.06.2014 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen die Vergütung für das Gutachten auf 1.539,75 Euro festgesetzt. Zur Begründung wird ausgeführt, der Zeitaufwand für die Erstellung des Gutachtens sei gerechtfertigt. Die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 sei nicht gerechtfertigt, weil es sich um kein Zusammenhangsgutachten handele. Gegen den am 04.06.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 16.06.2011 eingegangene Beschwerde, zu deren Begründung macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe umfangreiche Recherchen zu den in Betracht kommenden Inkontinenzprodukten sowie zu der erforderlichen Anzahl von Windeln pro Tag durchführen müssen. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 02.07.2014).
9Der Beschwerdegegner hat einen Zeitanteil von 14 Stunden für den Arbeitsschritt der Beurteilung der Beweisfragen und die Zuordnung zur Honorargruppe M2 für gerechtfertigt erachtet. Er hat ebenso wie die Beschwerdeführerin auf den Beschluss des zuständigen Beschwerdesenats vom 26.08.2011 (L 15 KR 423/11 B) Bezug genommen.
10II.
11Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Der Senat entscheidet gemäß § 4 Abs. Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) durch den Berichterstatter als Einzelrichter.
12Nach den hier maßgeblichen Regelungen der §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) richtet sich die Vergütung des Sachverständigen nach der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Zeit. Wieviel Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen. Erforderlich ist derjenige Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt, um sich nach sorgfältigem Studium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehender Überlegung seine gutachtlichen Darlegungen zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Dabei ist der Umfang des unterbreiteten Sachstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Beweisfragen unter Berücksichtigung seiner Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet und der Bedeutung der Sache angemessen zu berücksichtigen (Ständige Rechtsprechung des zuständigen Senats, zuletzt Beschlüsse vom 06.05.2013 - L 15 SB 40/13 B und vom 28.10.2014 - L 15 P 44/14 B).
13Der Zeitaufwand für die Abfassung des Gutachtens und die Beurteilung der Beweisfragen ist mit 14 Stunden in Ansatz zu bringen. Dieser Zeitaufwand ist nicht schematisch nach der Seitenzahl des Gutachtens festzusetzen. Maßgeblich ist vielmehr der Umfang und die Schwierigkeit der gedanklichen Arbeit des Sachverständigen im Einzelfall (Beschlüsse des Senats vom 9. 10. 1e99 - L 4 B 9/99 -, vom 30.11.2007 - L 4 B 18/07 und vom 24.09.2008 - L 4 B 9/08). Denn dieser Arbeitsschritt umfasst die Beantwortung der vom Gericht gestellten Fragen und der näheren Begründung, also den Teil des Gutachtens, den das Gericht bei seiner Entscheidung verwerten kann, um ohne medizinischen Sachverstand seiner Entscheidung begründen zu können. Dazu gehört die diktatreife Vorbereitung der Beurteilung ohne Wiedergabe der Anamnese, der Untersuchungsergebnisse oder Befunde, einschließlich der Begründung der vom Sachverständigen getroffenen Schlussfolgerung, wie zum Beispiel die Auseinandersetzung mit entgegenstehenden Vorgutachten, anders lautenden Befunden sowie die Auseinandersetzung mit kontroversen Meinungen. In diesem Arbeitsschritt wird die eigentliche Gedankenarbeit im Zusammenhang mit der Auswertung der erhobenen Befunde, deren Würdigung im Hinblick auf die Beweisfrage sowie die diktatreife Vorbereitung abgegolten. Einen gewissen Anhaltspunkt für die Einschätzung des Zeitaufwandes für diesen Arbeitsschritt ergibt sich der Umfang des Abschnitts, in dem sich der Beschwerdegegner mit der Auswertung der vorgefundenen Befunde und Diagnosen befasst sowie die nachfolgende Herleitung der Beantwortung der Beweisfragen. Vorliegend kommt der von der Beschwerdeführerin angegebene Zeitaufwand für Recherchen, nämlich für Internetrecherchen, für die Besuche bei einem Sanitärfachgeschäft und einer Apotheke sowie ein Hausbesuch hinzu. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Zeitaufwand für Recherchen zum Kenntnisstand in dem von der Sachverständigen vertretenen Fachgebiet nicht gesondert berücksichtigungsfähig ist. Denn es ist davon auszugehen, dass ein durchschnittlich befähigter Sachverständiger diesen Kenntnisstand ständig vorhält. Ferner ist zu berücksichtigen, dass ein Zeitaufwand von 1,5 Stunden für die körperliche Untersuchung der Klägerin in dem vorangehenden Arbeitsschritt berücksichtigt wird. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte erscheint es gerechtfertigt, den Zeitaufwand, den ein durchschnittlich befähigter Sachverständigen für diesen Arbeitsschritt aufwenden muss, mit 14 Stunden einzuschätzen. Ein größerer Zeitaufwand wird auch aus den Ausführungen auf den Seiten 15 - 30 des Gutachtens nicht erkennbar. Danach hat die Beschwerdegegnerin die aus den Datenblättern der Inkontinenzprodukte und aufgrund Inaugenscheinnahme ersichtlichen Eigenschaften der Produkte und die besonderen Gegebenheiten aufgrund des körperlichen und geistigen Gesundheitszustandes der Klägerin beurteilt und auf dieser Basis die Beweisfragen des Gerichts beantwortet.
14Der Honorarsatz ist nach der Honorargruppe M 2 auf 75,- Euro festzusetzen. Die Zuordnung zu einer Honorargruppe bestimmt sich nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG, in der die einzelnen in § 9 Absatz 1 S. 1 JVEG aufgeführten Honorargruppen näher definiert sind. Die dort normierten Voraussetzungen für die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 liegen nicht vor. Die Abgrenzung zwischen der hier zugrundezulegenden Honorargruppe M 2 und der Honorargruppe M 3 nimmt der Senat vor an hand des jeweils der Honorargruppe zugeordneten Wortlautes, der bei der Honorargruppe M 2 auf einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad und bei der Honorargruppe M 3 auf einen hohen Schwierigkeitsgrad abstellt. Darüber hinaus soll die Honorargruppe M 2 beschreibenden Begutachtungen ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge vorbehalten sein. Beispielhaft werden Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität genannt, die neben der beschreibenden Ist-Zustands-Begutachtung die sozialmedizin ische Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt insgesamt und/oder für bestimmte Erwerbstätigkeiten unter Berücksichtigung der daraus erwachsenden Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit erfordern. Die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 soll nach dem Wortlaut die Begutachtung spezieller Kausalitätszusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder der Beurteilung der Prognose und/oder der Beurteilung strittiger Kausalfragen vorbehalten sein. Beispielhaft. werden Gutachten zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten genannt.
15Einen Schwierigkeitsgrad, der die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 rechtfertigen würde, hat das Gutachten der Beschwerdegegnerin nicht zu bewältigen. Vielmehr hatte sie eine Zustandsbegutachtung durchzuführen, bei der die körperliche Verfassung und die geistigen und körperlichen Behinderungen der Klägerin zu beurteilen und die in Betracht kommenden Inkontinenzprodukte auf ihre Eignung einzuschätzen waren. Ein besonders hoher Schwierigkeitsgrad der gutachterlich zu klärenden Fragen lässt sich danach nicht feststellen. Daher ist die Vergütung folgendermaßen festzusetzen:
16Aktenstudium 4 Stunden Fahrtzeit 1,3 Stunden Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunden Erstellen des Gutachtens 14 Stunden Diktat und Korrektur. 5,7 Stunden Summe: 26,5 Stunden x 75 Euro 1987,50 Euro Schreibgebühr 57.731 Anschläge 51,30 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Porto 6,90 Euro Summe: 2080,50 Euro MWSt 395,30 Euro Gesamtsumme 2475,80 Euro
17Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG, § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG).
(1) Das Honorar des Sachverständigen bemisst sich nach der Anlage 1. Die Zuordnung der Leistung zu einem Sachgebiet bestimmt sich nach der Entscheidung über die Heranziehung des Sachverständigen.
(2) Ist die Leistung auf einem Sachgebiet zu erbringen, das nicht in der Anlage 1 aufgeführt ist, so ist sie unter Berücksichtigung der allgemein für Leistungen dieser Art außergerichtlich und außerbehördlich vereinbarten Stundensätze nach billigem Ermessen mit einem Stundensatz zu vergüten, der den höchsten Stundensatz nach der Anlage 1 jedoch nicht übersteigen darf. Ist die Leistung auf mehreren Sachgebieten zu erbringen oder betrifft ein medizinisches oder psychologisches Gutachten mehrere Gegenstände und sind diesen Sachgebieten oder Gegenständen verschiedene Stundensätze zugeordnet, so bemisst sich das Honorar für die gesamte erforderliche Zeit einheitlich nach dem höchsten dieser Stundensätze. Würde die Bemessung des Honorars nach Satz 2 mit Rücksicht auf den Schwerpunkt der Leistung zu einem unbilligen Ergebnis führen, so ist der Stundensatz nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(3) Für die Festsetzung des Stundensatzes nach Absatz 2 gilt § 4 entsprechend mit der Maßgabe, dass die Beschwerde gegen die Festsetzung auch dann zulässig ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro nicht übersteigt. Die Beschwerde ist nur zulässig, solange der Anspruch auf Vergütung noch nicht geltend gemacht worden ist.
(4) Das Honorar des Sachverständigen für die Prüfung, ob ein Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorliegt und welche Aussichten für eine Fortführung des Unternehmens des Schuldners bestehen, beträgt 120 Euro je Stunde. Ist der Sachverständige zugleich der vorläufige Insolvenzverwalter oder der vorläufige Sachwalter, so beträgt sein Honorar 95 Euro je Stunde.
(5) Das Honorar des Dolmetschers beträgt für jede Stunde 85 Euro. Der Dolmetscher erhält im Fall der Aufhebung eines Termins, zu dem er geladen war, eine Ausfallentschädigung, wenn
- 1.
die Aufhebung nicht durch einen in seiner Person liegenden Grund veranlasst war, - 2.
ihm die Aufhebung erst am Terminstag oder an einem der beiden vorhergehenden Tage mitgeteilt worden ist und - 3.
er versichert, in welcher Höhe er durch die Terminsaufhebung einen Einkommensverlust erlitten hat.
(6) Erbringt der Sachverständige oder der Dolmetscher seine Leistung zwischen 23 und 6 Uhr oder an Sonn- oder Feiertagen, so erhöht sich das Honorar um 20 Prozent, wenn die heranziehende Stelle feststellt, dass es notwendig ist, die Leistung zu dieser Zeit zu erbringen. § 8 Absatz 2 Satz 2 gilt sinngemäß.
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.06.2014 geändert. Die Vergütung der Beschwerdeführerin für das Gutachten vom 03.04.2014 wird auf 2.475,80 Euro festgesetzt. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2I.
3In dem Rechtsstreit, der die Versorgung mit Inkontinenzartikeln als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zum Gegenstand hatte, hat die Beschwerdeführerin aufgrund der Beweisanordnung des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 07.08.2013 das Sachverständigengutachten vom 03.04.2014 erstattet. Mit Schreiben vom 04.04.2014 stellte sie unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 100,00 Euro nach der Honorargruppe M 3 folgende Vergütung in Rechnung:
4Aktenstudium 4 Stunden 400,00 Euro Fahrtzeit 1,3 Stunden 130,00 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunde 150,00 Euro Erstellen des Gutachtens 28 Stunden 2800,00 Euro Diktat und Korrektur 5, 7 Stunden 570,00 " Schreibgebühr 57.731 Anschläge 51,30 Euro Porto 6,90 Euro MWSt 787,17 "Euro Gesamtsumme 4.930,17 Euro
5Mit Schreiben vom 15.04.2014 hat der Kostenbeamte den Rechnungsbetrag mit 1.539,75 Euro festgestellt und dabei den Stundensatz nach der Honorargruppe M 2 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) sowie die folgende Berechnung der Zeitanteile zugrunde gelegt:
6Aktenstudium 4 Stunden Fahrtzeit 1,3 Stunden Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunden Erstellen des Gutachtens 3 Stunden Diktat und Korrektur 5,8 Stunden Summe: 15,6 Stunden 1.200,00 Euro Schreibgebühr 57.731 Anschläge 52,20 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Porto 6,90 Euro MWSt 245,85 Euro Gesamtsumme 1.539,75 Euro
7Hiergegen hat die Beschwerdegegnerin Erinnerung eingelegt und richterliche Festsetzung beantragt, mit der sie sich gegen die Reduzierung des Stundensatzes für die Abfassung des Gutachtens und die Beurteilung der Beweisfragen sowie gegen die Zuordnung der Honorargruppe M 2 wendet.
8Mit Beschluss vom 02.06.2014 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen die Vergütung für das Gutachten auf 1.539,75 Euro festgesetzt. Zur Begründung wird ausgeführt, der Zeitaufwand für die Erstellung des Gutachtens sei gerechtfertigt. Die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 sei nicht gerechtfertigt, weil es sich um kein Zusammenhangsgutachten handele. Gegen den am 04.06.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 16.06.2011 eingegangene Beschwerde, zu deren Begründung macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe umfangreiche Recherchen zu den in Betracht kommenden Inkontinenzprodukten sowie zu der erforderlichen Anzahl von Windeln pro Tag durchführen müssen. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 02.07.2014).
9Der Beschwerdegegner hat einen Zeitanteil von 14 Stunden für den Arbeitsschritt der Beurteilung der Beweisfragen und die Zuordnung zur Honorargruppe M2 für gerechtfertigt erachtet. Er hat ebenso wie die Beschwerdeführerin auf den Beschluss des zuständigen Beschwerdesenats vom 26.08.2011 (L 15 KR 423/11 B) Bezug genommen.
10II.
11Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Der Senat entscheidet gemäß § 4 Abs. Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) durch den Berichterstatter als Einzelrichter.
12Nach den hier maßgeblichen Regelungen der §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) richtet sich die Vergütung des Sachverständigen nach der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Zeit. Wieviel Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen. Erforderlich ist derjenige Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt, um sich nach sorgfältigem Studium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehender Überlegung seine gutachtlichen Darlegungen zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Dabei ist der Umfang des unterbreiteten Sachstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Beweisfragen unter Berücksichtigung seiner Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet und der Bedeutung der Sache angemessen zu berücksichtigen (Ständige Rechtsprechung des zuständigen Senats, zuletzt Beschlüsse vom 06.05.2013 - L 15 SB 40/13 B und vom 28.10.2014 - L 15 P 44/14 B).
13Der Zeitaufwand für die Abfassung des Gutachtens und die Beurteilung der Beweisfragen ist mit 14 Stunden in Ansatz zu bringen. Dieser Zeitaufwand ist nicht schematisch nach der Seitenzahl des Gutachtens festzusetzen. Maßgeblich ist vielmehr der Umfang und die Schwierigkeit der gedanklichen Arbeit des Sachverständigen im Einzelfall (Beschlüsse des Senats vom 9. 10. 1e99 - L 4 B 9/99 -, vom 30.11.2007 - L 4 B 18/07 und vom 24.09.2008 - L 4 B 9/08). Denn dieser Arbeitsschritt umfasst die Beantwortung der vom Gericht gestellten Fragen und der näheren Begründung, also den Teil des Gutachtens, den das Gericht bei seiner Entscheidung verwerten kann, um ohne medizinischen Sachverstand seiner Entscheidung begründen zu können. Dazu gehört die diktatreife Vorbereitung der Beurteilung ohne Wiedergabe der Anamnese, der Untersuchungsergebnisse oder Befunde, einschließlich der Begründung der vom Sachverständigen getroffenen Schlussfolgerung, wie zum Beispiel die Auseinandersetzung mit entgegenstehenden Vorgutachten, anders lautenden Befunden sowie die Auseinandersetzung mit kontroversen Meinungen. In diesem Arbeitsschritt wird die eigentliche Gedankenarbeit im Zusammenhang mit der Auswertung der erhobenen Befunde, deren Würdigung im Hinblick auf die Beweisfrage sowie die diktatreife Vorbereitung abgegolten. Einen gewissen Anhaltspunkt für die Einschätzung des Zeitaufwandes für diesen Arbeitsschritt ergibt sich der Umfang des Abschnitts, in dem sich der Beschwerdegegner mit der Auswertung der vorgefundenen Befunde und Diagnosen befasst sowie die nachfolgende Herleitung der Beantwortung der Beweisfragen. Vorliegend kommt der von der Beschwerdeführerin angegebene Zeitaufwand für Recherchen, nämlich für Internetrecherchen, für die Besuche bei einem Sanitärfachgeschäft und einer Apotheke sowie ein Hausbesuch hinzu. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Zeitaufwand für Recherchen zum Kenntnisstand in dem von der Sachverständigen vertretenen Fachgebiet nicht gesondert berücksichtigungsfähig ist. Denn es ist davon auszugehen, dass ein durchschnittlich befähigter Sachverständiger diesen Kenntnisstand ständig vorhält. Ferner ist zu berücksichtigen, dass ein Zeitaufwand von 1,5 Stunden für die körperliche Untersuchung der Klägerin in dem vorangehenden Arbeitsschritt berücksichtigt wird. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte erscheint es gerechtfertigt, den Zeitaufwand, den ein durchschnittlich befähigter Sachverständigen für diesen Arbeitsschritt aufwenden muss, mit 14 Stunden einzuschätzen. Ein größerer Zeitaufwand wird auch aus den Ausführungen auf den Seiten 15 - 30 des Gutachtens nicht erkennbar. Danach hat die Beschwerdegegnerin die aus den Datenblättern der Inkontinenzprodukte und aufgrund Inaugenscheinnahme ersichtlichen Eigenschaften der Produkte und die besonderen Gegebenheiten aufgrund des körperlichen und geistigen Gesundheitszustandes der Klägerin beurteilt und auf dieser Basis die Beweisfragen des Gerichts beantwortet.
14Der Honorarsatz ist nach der Honorargruppe M 2 auf 75,- Euro festzusetzen. Die Zuordnung zu einer Honorargruppe bestimmt sich nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG, in der die einzelnen in § 9 Absatz 1 S. 1 JVEG aufgeführten Honorargruppen näher definiert sind. Die dort normierten Voraussetzungen für die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 liegen nicht vor. Die Abgrenzung zwischen der hier zugrundezulegenden Honorargruppe M 2 und der Honorargruppe M 3 nimmt der Senat vor an hand des jeweils der Honorargruppe zugeordneten Wortlautes, der bei der Honorargruppe M 2 auf einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad und bei der Honorargruppe M 3 auf einen hohen Schwierigkeitsgrad abstellt. Darüber hinaus soll die Honorargruppe M 2 beschreibenden Begutachtungen ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge vorbehalten sein. Beispielhaft werden Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität genannt, die neben der beschreibenden Ist-Zustands-Begutachtung die sozialmedizin ische Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt insgesamt und/oder für bestimmte Erwerbstätigkeiten unter Berücksichtigung der daraus erwachsenden Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit erfordern. Die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 soll nach dem Wortlaut die Begutachtung spezieller Kausalitätszusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder der Beurteilung der Prognose und/oder der Beurteilung strittiger Kausalfragen vorbehalten sein. Beispielhaft. werden Gutachten zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten genannt.
15Einen Schwierigkeitsgrad, der die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 rechtfertigen würde, hat das Gutachten der Beschwerdegegnerin nicht zu bewältigen. Vielmehr hatte sie eine Zustandsbegutachtung durchzuführen, bei der die körperliche Verfassung und die geistigen und körperlichen Behinderungen der Klägerin zu beurteilen und die in Betracht kommenden Inkontinenzprodukte auf ihre Eignung einzuschätzen waren. Ein besonders hoher Schwierigkeitsgrad der gutachterlich zu klärenden Fragen lässt sich danach nicht feststellen. Daher ist die Vergütung folgendermaßen festzusetzen:
16Aktenstudium 4 Stunden Fahrtzeit 1,3 Stunden Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunden Erstellen des Gutachtens 14 Stunden Diktat und Korrektur. 5,7 Stunden Summe: 26,5 Stunden x 75 Euro 1987,50 Euro Schreibgebühr 57.731 Anschläge 51,30 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Porto 6,90 Euro Summe: 2080,50 Euro MWSt 395,30 Euro Gesamtsumme 2475,80 Euro
17Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG, § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG).
Tenor
Die Vergütung für das Gutachten vom
Tatbestand
„Bei der Begutachtung von Schmerzen muss der höhere Aufwand im Vergleich zur normalen Begutachtung berücksichtigt werden. Eindeutig belegt ist dies durch eine Aussage des Thüringer Landessozialgerichts gemäß
Zur Entschädigung von sog. Schmerzgutachten, wie dies bei der Klägerin der Fall war, haben sich bisher nach meinen Informationen nur die Landessozialgerichte Baden-Württemberg und Thüringen obergerichtlich geäußert und Entscheidungen getroffen. In beiden Fällen wurden Gutachten aus dem Gebiet der … der Honorargruppe M 3 zugeordnet (siehe Beschluss des Thüringer Landessozialgerichts,
„Die fachübergreifende Feststellung des Anteils der erklärbaren Schmerzen erfordert eingehende Kenntnisse der Erfassung und Bewertung chronischer Schmerzen eine Auseinandersetzung mit der herrschenden Lehre, Leitlinien (Liegen diese Voraussetzungen vor, ist auch für ein Zustandsgutachten in einem Verfahren der gesetzlichen Rentenversicherung die Honorierung mit der Gruppe M 3 zu bejahen.).“
Gründe
„Der Senat versteht daher die Vorgaben in § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG zur Ermittlung der Honorargruppe von medizinischen Gutachten, die der Gesetzgeber nicht explizit einer Honorargruppe zugeordnet hat, dahingehend, dass im Rahmen des gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG eröffneten Ermessens eine Vergleichbarkeit anhand der Anforderungen an die Vornahme der sachverständigen Bewertung, also die Schwierigkeit des zu vergütenden Gutachtens mit den vom Gesetzgeber vorgegebenen Honorargruppen M 1 bis M 3 anhand der dort genannten Anwendungsgruppen herzustellen ist. Damit wird der Senat den unausgesprochenen, gleichwohl aber aus den gesetzlichen Formulierungen klar erkennbaren Vorstellungen des Gesetzgebers gerecht, der die Honorargruppen, wie sich aus Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG eindeutig ergibt, ausschließlich am Schwierigkeitsgrad der Gutachten ausgerichtet hat (Honorargruppe M 1: „Einfache gutachtliche Beurteilungen...“ - Honorargruppe M 2: „Beschreibende ... Begutachtung nach standardisiertem Schema ...“ - Honorargruppe M 3: „Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad ...“).
An der Richtigkeit dieser Auslegung - Orientierung ausschließlich an der Schwierigkeit - hat der Senat auch angesichts der Gesetzesbegründung zur Anlage 1 des JVEG keine Zweifel. Zwar hat der Gesetzgeber dort ausgeführt, dass hinsichtlich der Honorargruppen M 1 bis M 3 eine Staffelung der Leistungen vorgeschlagen werde, „die an den verschiedenen Gegenständen medizinischer Gutachten, aber auch an deren Umfang orientiert und damit insgesamt aufwandsbezogen ausgestaltet ist“ (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, a. a. O., S. 186). Eine entscheidende Orientierung der Honorargruppe an Umfang und Aufwand hat der Gesetzgeber aber weder im JVEG realisiert noch wäre dies sachgerecht. Denn mit dem Umfang eines Gutachtens und dem bei der Gutachtenserstellung anfallenden Aufwand steigt grundsätzlich nicht auch schon dessen Schwierigkeit. Vielmehr - und das zeigt die Praxis immer wieder - kann ein Gutachten zwar zeitaufwändig in der Erstellung und lang in seinen Ausführungen sein, gleichzeitig aber nur von reduzierter Schwierigkeit. Der Senat hat hier beispielhaft Verfahren in kriegsopferrechtlichen oder schwerbehindertenrechtlichen Streitigkeiten vor Augen, bei denen in der Vergangenheit über teilweise Jahrzehnte hinweg schon zahlreiche Verschlimmerungsanträge verbeschieden worden sind und bei dem sich der Aufwand des Gutachtens allein durch den Umfang der Akten ergibt, ohne dass die vorzunehmende Beurteilung von einer irgendwie gearteten Schwierigkeit geprägt wäre, da letztlich nur immer wieder Beurteilungen des Ist-Zustands durchzuführen sind, wie sie in ähnlicher Weise schon mehrfach erfolgt sind. Im Übrigen wäre es verfehlt, dem hohen (Zeit-)Aufwand eines Gutachtens mit einer höheren Honorargruppe Rechnung zu tragen, da dann ein erhöhter Zeitaufwand doppelt Berücksichtigung fände - nämlich nicht nur über den abzurechnenden Zeitaufwand, sondern auch über eine höher dotierte Honorargruppe. Dafür fehlt die gesetzliche Legitimation.
3.1.2.1.1. Kriterien des Senats für die Zuordnung eines krankenversicherungsrechtlichen Gutachtens
Als maßgebliche Kriterien für die Ermittlung der Schwierigkeit eines krankenversicherungsrechtlichen Gutachtens, wie es hier vorliegt, sieht der Senat folgende Gesichtspunkte (ähnlich vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 19.04.2007, Az.: L 6 SF 11/07):
Kriterium a):
Beurteilung einer Erkrankung einschließlich einer Prognosebeurteilung, sofern es nicht auf der Hand liegt, dass die Erkrankung ganz leicht zu beurteilen und die Prognose ganz einfach ist.
Kriterium b):
Erforderlichkeit der Erörterung alternativer Behandlung(smethod)en einer Erkrankung, sofern es nicht auf der Hand liegt, dass die Frage ganz leicht zu beantworten ist.
Kriterium c):
Erforderlichkeit der Erörterung des aktuellen Stands der wissenschaftlichen Diskussion bzw. Auswertung der medizinisch-wissenschaftlichen Studien zur Beantwortung der gerichtlichen Fragen.
Jedenfalls dann, wenn die aufgezeigten Kriterien kumulativ erfüllt sind, ist von der Honorargruppe M 3 auszugehen.
Der Senat begründet dies wie folgt:
Wie oben erläutert ist maßgeblicher Orientierungspunkt für die Zuordnung zu einer Honorargruppe die Schwierigkeit eines Gutachtens. Welche Kriterien der Gesetzgeber als entscheidend für die Beurteilung der Schwierigkeit eines Gutachtens ansieht, ist den jeweils einleitenden Worten in den Honorargruppen M 1 bis M 3 zu entnehmen, wobei sich für den Bereich krankenversicherungsrechtlicher Gutachten die Diskussion auf die Honorargruppen M 2 und M 3 beschränken kann; denn es dürfte unstrittig sein, dass Gutachten in krankenversicherungsrechtlichen Streitigkeiten vom Schwierigkeitsgrad her jedenfalls nicht als leichter als Gutachten in Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch IX einzuordnen sind, die der Gesetzgeber der Honorargruppe M 2 zugewiesen hat.
Nach den gesetzlichen Formulierungen sind beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtungen nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose der Honorargruppe M 2 zuzuordnen. Als Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad und damit der Honorargruppe M 3 zugehörig betrachtet der Gesetzgeber hingegen Begutachtungen, bei denen spezielle Kausalzusammenhänge zu erörtern sind und/oder sich differenzialdiagnostische Probleme stellen und/oder eine Beurteilung der Prognose zu erfolgen hat und/oder eine Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen zu erfolgen hat. Damit hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass er Bewertungen des aktuellen Zustands grundsätzlich nur so lange als im Sinn des Honorargruppensystems mittelschwer betrachtet, als damit nur eine eher einfache Verlaufsprognose verbunden ist. Wirft die Prognose hingegen mehr als nur einfache Fragen auf, kann dies als Argument für die Honorargruppe M 3 betrachtet werden.
Wann eine Verlaufsprognose leicht zu treffen ist, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Der Gesetzeber scheint aber davon auszugehen, dass allein die Aussage zur zukünftigen Entwicklung des Gesundheitszustands eines zu Begutachtenden regelmäßig noch nicht zwingend von erhöhter Schwierigkeit sein dürfte. Denn anderenfalls wäre es nicht zu begründen, dass Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit auch der Honorargruppe M 2 zugeordnet sind. Denn bei solchen Gutachten ist regelmäßig die Frage danach zu beantworten, ob die Möglichkeit einer Besserung der Erwerbsfähigkeit selbst bei Durchführung möglicher Heilmaßnahmen fernliegend ist.
Die Erörterung alternativer Behandlung(smethod)en ist letztlich nichts anderes als eine Prognosebeurteilung, verbunden jedoch mit dem zusätzlichen Erfordernis, dass sich der Sachverständige einen umfassenden Überblick über die zur Verfügung stehenden Behandlungsalternativen zu verschaffen hat.
Bei der Erörterung der alternativen Behandlungsmethoden wird es regelmäßig unverzichtbar sein, dass sich der Sachverständige mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft auseinandersetzt und die Studienlage auswertet. Lediglich dann, wenn es sich um ganz einfach zu beurteilende Erkrankungen handelt, wird es bei der Erörterung der alternativen Behandlungsmethoden verzichtbar sein, sich mit der Studienlage auseinanderzusetzen. Derartige Fälle führen aber im Regelfall nicht zu einem gerichtlichen Gutachtensauftrag. Gutachten werden im Übrigen auch dann nicht erforderlich sein, wenn bereits der Gemeinsame Bundesausschuss im Rahmen seiner Kompetenz gemäß § 92 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch eine (positive oder negative) Entscheidung getroffen hat. Es verbleiben daher für gerichtliche Gutachten ohnehin nur noch die Fälle, bei denen sich der Sachverständige einen Überblick über die wissenschaftliche Diskussion und Studienlage verschaffen muss. Dass bei Vorliegen des oben aufgezeigten Kriteriums b) nicht auch das Kriterium c) erfüllt wäre, wird also in der gerichtlichen Gutachtenspraxis so gut wie auszuschließen sein. Es werden daher im Regelfall gesonderte Prüfungen zum Kriterium c) verzichtbar sein.
Die dargelegten Kriterien stehen mit dem Leitgedanken der Rechtsprechung des Kostensenats in Einklang, wonach aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität und Handhabbarkeit die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter nicht überspannt werden dürfen (vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse
„Nach h. M. werden Zustandsgutachten bei Erwerbsminderungsrenten im Regelfall in der Honorargruppe M 2 vergütet.“
„Für Rentengutachten hat damit also grundsätzlich eine Vergütung nach der Honorargruppe M 2 zu erfolgen. Dass diese in der Aufzählung der Beispielsfälle in der Anlage 1 zum JVEG nicht ausdrücklich aufgeführt werden, ist für die Praxis kein wirkliches Problem. So hat dies auch bereits das Thüringer LSG gesehen und die Zuordnung zur Honorargruppe M 2 ohne große Begründung in einem Rentenverfahren angenommen (so Thüringer LSG, Beschl. v. 04.04.2005 - L 6 SF 83/05 Rn. 22; vgl. auch Thüringer LSG, Beschl. v. 21.12.2006 - L 6 B 22/06 SF Rn. 30 m. w. N.). Ebenso hält das SG Stade die Zuordnung von Rentengutachten zum Regelbeispiel „Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität“ - völlig zu Recht - für eindeutig (SG Stade, Beschl. v. 22.07.2008 - S 34 SF 35/08 Rn. 8 a.E.).
Im Übrigen kann allein die Tatsache, dass sich ein Sachverständiger ggf. mit einem Vorgutachten hat auseinandersetzen müssen, noch nicht die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 rechtfertigen (so zutreffend das LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 05.04.2005 - L 12 SB 795/05 KO-A Rn. 9; vgl. dazu jurisPR-SozR 3/2006 Anm. 6, Keller).
Die Zuordnung von medizinischen Gutachten in sozialgerichtlichen Verfahren zu einer der drei Honorargruppen dürfte auch ansonsten bis auf wenige Einzelfälle ohne Schwierigkeiten möglich sein, selbst wenn in der Anlage 1 zum JVEG einzelne Verfahren nicht explizit aufgeführt sind (ebenso Keller, Die Vergütung ärztlicher Sachverständigengutachten im sozialgerichtlichen Verfahren nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz, MedSach 2005, 154, 156 - auch zu den nachfolgenden Beispielen). So sind Gutachten zur Feststellung des GdB und des Vorliegens der Voraussetzungen von Nachteilsausgleichen/Merkzeichen nach dem SGB IX sowie (nur) zur Höhe der MdE oder des GdS bei bereits anerkannten Schädigungsfolgen nach dem SGB VII bzw. BVG ebenso wie Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung nach dem SGB VI oder der Erwerbsfähigkeit nach dem SGB II und auch Gutachten zur Frage der Gewährung von Leistungen der medizinischen Rehabilitation sowie Gutachten zur Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI in die Honorargruppe M 2 einzustufen (wie hier auch Straßfeld, Auswirkungen des Kostenmodernisierungsgesetzes auf das sozialgerichtliche Verfahren, SGb 2005, 154, 156).
Das gesetzgeberische Ziel, das Kostenrecht einfacher zu gestalten (Gesetzesbegründung siehe BT-Drs. 15/1971 bzw. BR-Drs. 830/03), ist meines Erachtens durch die Neuregelung der Sachverständigenvergütung nach festen Stundensätzen für definierte Honorargruppen erreicht worden und sollte nicht unnütz in Zweifel gezogen werden.“
Sofern der Antragsteller davon ausgeht, dass von ihm als „Schmerzgutachten“ bezeichnete Gutachten nach der Honorargruppe M 3 zu honorieren wären, ist eine derart pauschale Annahme nicht ansatzweise nachvollziehbar. Der im vorliegenden Fall gestellte Gutachtensauftrag unterscheidet sich in nichts von dem regelmäßig gestellten Auftrag bei einer Rente wegen Erwerbsminderung; es kann nicht von einer mehr als durchschnittlich schwierigen Fragestellung ausgegangen werden.
Wenn sich der Antragsteller auf zwei LSG-Entscheidungen stützt, bei denen „Schmerzgutachten“ in Rentensachen nach der Honorargruppe M 3 vergütet worden sind, handelt es sich dabei um reine Einzelfallentscheidungen in ganz speziell gelagerten Konstellationen, aus denen sich ein allgemeiner Grundsatz in dem Sinn, dass „Schmerzgutachten“ nach der Honorargruppe M 3 zu vergüten wären, nicht ableiten lässt.
Die Argumentation des Antragstellers, bei der Begutachtung von Schmerzen müsse der „höhere Aufwand im Vergleich zu normalen Gutachten“ berücksichtigt werden, ist nicht geeignet, eine höhere Honorargruppe als M 2 zu begründen (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 02.06.2014, Az.: L 6 SF 1726/13 E). Der Begründungsansatz des Antragstellers unterliegt schon dem Fehler, dass sich der Schwierigkeitsgrad eines Gutachtens nicht aus dem Umfang des Gutachtens und dem für dessen Erstellung erforderlichen Zeitaufwand ergibt, sondern aus der Fragestellung, also den Beweisfragen. Sofern Hartmann (vgl. ders., Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 9 JVEG, Rdnr. 6) davon ausgeht, dass „der erforderliche Zeitaufwand“ entscheidend für die Beurteilung des Schwierigkeitsgrads eines Gutachtens sei, ist diese Ansicht nicht haltbar. Ganz abgesehen davon, dass eine derartige Begründung mit der gesetzlichen Systematik nicht vereinbar wäre, würde dies dazu führen, dass diejenigen Gutachter doppelt begünstigt würden, die besonders ausführliche Gutachten verfassen. Denn diese würden nicht nur davon profitieren, dass regelmäßig aus dem Umfang der sachverständigen Ausführungen auch auf die objektiv erforderliche Zeit für die Erstellung des Gutachtens geschlossen wird, sondern zudem davon, dass durch umfangreichere Ausführungen auch der Schwierigkeitsgrad und damit die Höhe des Stundensatzes erhöht würde. Eine derartige Vorgehensweise wäre auch unter dem Blickwinkel des verfassungsrechtlich geschützten Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz nicht vertretbar.
Daraus, dass der Antragsteller nach eigenen Angaben bei dem zu vergütenden Gutachten die Erkrankung der Klägerin „interdisziplinär festgestellt und bewertet“ hat, lässt sich keine höhere Honorargruppe als M 2 ableiten. Es ist im sozialgerichtlichen Gutachten, gerade auf dem Gebiet des Rentenrechts oder des Schwerbehindertenrechts, typischerweise Aufgabe eines Sachverständigen, Erkrankungen zu beurteilen, die über den Bereich, wie er durch die Facharztbezeichnung des Gutachters beschrieben ist, hinausgehen. Fälle, in denen ein Sachverständiger ausschließlich Erkrankungen zu beurteilen hat, die von seiner Facharztbezeichnung abgedeckt sind, sind sehr selten. Würde eine daher regelmäßig erforderliche „interdisziplinäre“ Betrachtungsweise bereits zur Honorargruppe M 3 führen, wäre es nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber beispielsweise Gutachten nach dem SGB IX explizit der Honorargruppe M 2 zugeordnet hat.
Dass ein Sachverständiger „eingehende Kenntnisse der Erfassung und Bewertung“ einer zu beurteilenden krankheitsbedingten Funktionseinschränkung haben muss, ist Grundvoraussetzung für die Arbeit als Gutachter, nicht Beleg für einen erhöhten Schwierigkeitsgrad des Gutachtens. Auch die Kenntnis von Leitlinien ist eine Selbstverständlichkeit. Die Anfertigung von Gutachten und die Beurteilung im sozialgerichtlichen Verfahren hat immer - unabhängig von der Honorargruppe - nach dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zu erfolgen (ständige Rspr., vgl. z. B. Bundessozialgericht - BSG -
Mit einer besonders hervorgehobenen beruflichen Position (z. B. der eines Klinikdirektors), einer überdurchschnittlichen wissenschaftlichen Qualifikation (z. B. in Form eines Professorentitels) oder anderen Zusatzqualifikationen eines Sachverständigen (z. B. Zertifizierungen als Sachverständiger) kann eine höhere Honorargruppe nie begründet werden (vgl. Beschlüsse des Senats
Zusammenfassend kann der Senat daher keine Gesichtspunkte erkennen, die Anlass gäben, daran zu denken, von der für Gutachten zur Frage der Erwerbsminderung im Sinn des SGB VI typischerweise heranzuziehenden Honorargruppe M 2 abzuweichen.
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.06.2014 geändert. Die Vergütung der Beschwerdeführerin für das Gutachten vom 03.04.2014 wird auf 2.475,80 Euro festgesetzt. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2I.
3In dem Rechtsstreit, der die Versorgung mit Inkontinenzartikeln als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zum Gegenstand hatte, hat die Beschwerdeführerin aufgrund der Beweisanordnung des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 07.08.2013 das Sachverständigengutachten vom 03.04.2014 erstattet. Mit Schreiben vom 04.04.2014 stellte sie unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 100,00 Euro nach der Honorargruppe M 3 folgende Vergütung in Rechnung:
4Aktenstudium 4 Stunden 400,00 Euro Fahrtzeit 1,3 Stunden 130,00 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunde 150,00 Euro Erstellen des Gutachtens 28 Stunden 2800,00 Euro Diktat und Korrektur 5, 7 Stunden 570,00 " Schreibgebühr 57.731 Anschläge 51,30 Euro Porto 6,90 Euro MWSt 787,17 "Euro Gesamtsumme 4.930,17 Euro
5Mit Schreiben vom 15.04.2014 hat der Kostenbeamte den Rechnungsbetrag mit 1.539,75 Euro festgestellt und dabei den Stundensatz nach der Honorargruppe M 2 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) sowie die folgende Berechnung der Zeitanteile zugrunde gelegt:
6Aktenstudium 4 Stunden Fahrtzeit 1,3 Stunden Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunden Erstellen des Gutachtens 3 Stunden Diktat und Korrektur 5,8 Stunden Summe: 15,6 Stunden 1.200,00 Euro Schreibgebühr 57.731 Anschläge 52,20 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Porto 6,90 Euro MWSt 245,85 Euro Gesamtsumme 1.539,75 Euro
7Hiergegen hat die Beschwerdegegnerin Erinnerung eingelegt und richterliche Festsetzung beantragt, mit der sie sich gegen die Reduzierung des Stundensatzes für die Abfassung des Gutachtens und die Beurteilung der Beweisfragen sowie gegen die Zuordnung der Honorargruppe M 2 wendet.
8Mit Beschluss vom 02.06.2014 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen die Vergütung für das Gutachten auf 1.539,75 Euro festgesetzt. Zur Begründung wird ausgeführt, der Zeitaufwand für die Erstellung des Gutachtens sei gerechtfertigt. Die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 sei nicht gerechtfertigt, weil es sich um kein Zusammenhangsgutachten handele. Gegen den am 04.06.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 16.06.2011 eingegangene Beschwerde, zu deren Begründung macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe umfangreiche Recherchen zu den in Betracht kommenden Inkontinenzprodukten sowie zu der erforderlichen Anzahl von Windeln pro Tag durchführen müssen. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 02.07.2014).
9Der Beschwerdegegner hat einen Zeitanteil von 14 Stunden für den Arbeitsschritt der Beurteilung der Beweisfragen und die Zuordnung zur Honorargruppe M2 für gerechtfertigt erachtet. Er hat ebenso wie die Beschwerdeführerin auf den Beschluss des zuständigen Beschwerdesenats vom 26.08.2011 (L 15 KR 423/11 B) Bezug genommen.
10II.
11Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Der Senat entscheidet gemäß § 4 Abs. Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) durch den Berichterstatter als Einzelrichter.
12Nach den hier maßgeblichen Regelungen der §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) richtet sich die Vergütung des Sachverständigen nach der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Zeit. Wieviel Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen. Erforderlich ist derjenige Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt, um sich nach sorgfältigem Studium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehender Überlegung seine gutachtlichen Darlegungen zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Dabei ist der Umfang des unterbreiteten Sachstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Beweisfragen unter Berücksichtigung seiner Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet und der Bedeutung der Sache angemessen zu berücksichtigen (Ständige Rechtsprechung des zuständigen Senats, zuletzt Beschlüsse vom 06.05.2013 - L 15 SB 40/13 B und vom 28.10.2014 - L 15 P 44/14 B).
13Der Zeitaufwand für die Abfassung des Gutachtens und die Beurteilung der Beweisfragen ist mit 14 Stunden in Ansatz zu bringen. Dieser Zeitaufwand ist nicht schematisch nach der Seitenzahl des Gutachtens festzusetzen. Maßgeblich ist vielmehr der Umfang und die Schwierigkeit der gedanklichen Arbeit des Sachverständigen im Einzelfall (Beschlüsse des Senats vom 9. 10. 1e99 - L 4 B 9/99 -, vom 30.11.2007 - L 4 B 18/07 und vom 24.09.2008 - L 4 B 9/08). Denn dieser Arbeitsschritt umfasst die Beantwortung der vom Gericht gestellten Fragen und der näheren Begründung, also den Teil des Gutachtens, den das Gericht bei seiner Entscheidung verwerten kann, um ohne medizinischen Sachverstand seiner Entscheidung begründen zu können. Dazu gehört die diktatreife Vorbereitung der Beurteilung ohne Wiedergabe der Anamnese, der Untersuchungsergebnisse oder Befunde, einschließlich der Begründung der vom Sachverständigen getroffenen Schlussfolgerung, wie zum Beispiel die Auseinandersetzung mit entgegenstehenden Vorgutachten, anders lautenden Befunden sowie die Auseinandersetzung mit kontroversen Meinungen. In diesem Arbeitsschritt wird die eigentliche Gedankenarbeit im Zusammenhang mit der Auswertung der erhobenen Befunde, deren Würdigung im Hinblick auf die Beweisfrage sowie die diktatreife Vorbereitung abgegolten. Einen gewissen Anhaltspunkt für die Einschätzung des Zeitaufwandes für diesen Arbeitsschritt ergibt sich der Umfang des Abschnitts, in dem sich der Beschwerdegegner mit der Auswertung der vorgefundenen Befunde und Diagnosen befasst sowie die nachfolgende Herleitung der Beantwortung der Beweisfragen. Vorliegend kommt der von der Beschwerdeführerin angegebene Zeitaufwand für Recherchen, nämlich für Internetrecherchen, für die Besuche bei einem Sanitärfachgeschäft und einer Apotheke sowie ein Hausbesuch hinzu. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Zeitaufwand für Recherchen zum Kenntnisstand in dem von der Sachverständigen vertretenen Fachgebiet nicht gesondert berücksichtigungsfähig ist. Denn es ist davon auszugehen, dass ein durchschnittlich befähigter Sachverständiger diesen Kenntnisstand ständig vorhält. Ferner ist zu berücksichtigen, dass ein Zeitaufwand von 1,5 Stunden für die körperliche Untersuchung der Klägerin in dem vorangehenden Arbeitsschritt berücksichtigt wird. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte erscheint es gerechtfertigt, den Zeitaufwand, den ein durchschnittlich befähigter Sachverständigen für diesen Arbeitsschritt aufwenden muss, mit 14 Stunden einzuschätzen. Ein größerer Zeitaufwand wird auch aus den Ausführungen auf den Seiten 15 - 30 des Gutachtens nicht erkennbar. Danach hat die Beschwerdegegnerin die aus den Datenblättern der Inkontinenzprodukte und aufgrund Inaugenscheinnahme ersichtlichen Eigenschaften der Produkte und die besonderen Gegebenheiten aufgrund des körperlichen und geistigen Gesundheitszustandes der Klägerin beurteilt und auf dieser Basis die Beweisfragen des Gerichts beantwortet.
14Der Honorarsatz ist nach der Honorargruppe M 2 auf 75,- Euro festzusetzen. Die Zuordnung zu einer Honorargruppe bestimmt sich nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG, in der die einzelnen in § 9 Absatz 1 S. 1 JVEG aufgeführten Honorargruppen näher definiert sind. Die dort normierten Voraussetzungen für die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 liegen nicht vor. Die Abgrenzung zwischen der hier zugrundezulegenden Honorargruppe M 2 und der Honorargruppe M 3 nimmt der Senat vor an hand des jeweils der Honorargruppe zugeordneten Wortlautes, der bei der Honorargruppe M 2 auf einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad und bei der Honorargruppe M 3 auf einen hohen Schwierigkeitsgrad abstellt. Darüber hinaus soll die Honorargruppe M 2 beschreibenden Begutachtungen ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge vorbehalten sein. Beispielhaft werden Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität genannt, die neben der beschreibenden Ist-Zustands-Begutachtung die sozialmedizin ische Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt insgesamt und/oder für bestimmte Erwerbstätigkeiten unter Berücksichtigung der daraus erwachsenden Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit erfordern. Die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 soll nach dem Wortlaut die Begutachtung spezieller Kausalitätszusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder der Beurteilung der Prognose und/oder der Beurteilung strittiger Kausalfragen vorbehalten sein. Beispielhaft. werden Gutachten zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten genannt.
15Einen Schwierigkeitsgrad, der die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 rechtfertigen würde, hat das Gutachten der Beschwerdegegnerin nicht zu bewältigen. Vielmehr hatte sie eine Zustandsbegutachtung durchzuführen, bei der die körperliche Verfassung und die geistigen und körperlichen Behinderungen der Klägerin zu beurteilen und die in Betracht kommenden Inkontinenzprodukte auf ihre Eignung einzuschätzen waren. Ein besonders hoher Schwierigkeitsgrad der gutachterlich zu klärenden Fragen lässt sich danach nicht feststellen. Daher ist die Vergütung folgendermaßen festzusetzen:
16Aktenstudium 4 Stunden Fahrtzeit 1,3 Stunden Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunden Erstellen des Gutachtens 14 Stunden Diktat und Korrektur. 5,7 Stunden Summe: 26,5 Stunden x 75 Euro 1987,50 Euro Schreibgebühr 57.731 Anschläge 51,30 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Porto 6,90 Euro Summe: 2080,50 Euro MWSt 395,30 Euro Gesamtsumme 2475,80 Euro
17Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG, § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG).
Tenor
Der Beschwerdeführer ist mit insgesamt 788,10 EUR zu vergüten.
Gründe
- 1
Der Beschwerdeführer beanstandet die Festsetzung seiner Vergütung für die Tätigkeit als medizinischer Sachverständiger. Der Beschwerdeführer wurde in den Verfahren A., F., A., D., Y. und de B. mit der Erstellung neurologisch-psychiatrischer Gutachten beauftragt. Seine Kostenrechnung vom 18. März 2007 über 1.023,00 EUR sowie 100,00 EUR für die detaillierte Rechnungslegung akzeptierte die Kostenbeamtin des Sozialgerichts nicht, weil die Gutachten unverwertbar seien (Schreiben vom 7. Mai 2007). Der Beschwerdeführer beantragte daraufhin richterliche Festsetzung, die durch Beschluss vom 9. Januar 2008 erfolgte und die Vergütung auf insgesamt 183,10 EUR festsetzte. Hiergegen erhob der Beschwerdeführer am 12. März 2008 Beschwerde, die er nicht weiter begründete.
- 2
Auf den Inhalt der beigezogenen Streitakten sowie auf die Akte S 11 AR 35/07 SK - L 1 B 89/08 SK und den Inhalt der gewechselten Schriftsätze wird verwiesen.
- 3
Die Beschwerde ist nach § 4 Abs. 3 bis 5 JVEG zulässig. Sie ist teilweise begründet.
- 4
Unstreitig stehen dem Beschwerdeführer für die Streitverfahren A. und F. 31,10 EUR und 52,00 EUR als Vergütung zu. Im Übrigen ist entscheidend, ob die Gutachten unverwertbar sind und ob der Sachverständige die Unverwertbarkeit schuldhaft verursacht hat (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht v. 6. Oktober 2006 - 15 WF 244/06; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 8 JVEG Rz. 8 m.z.N.). Unverwertbarkeit liegt vor, wenn das Gutachten für die Beantwortung der Beweisfragen in keiner Weise eine Grundlage bilden kann oder wenn die Schlussfolgerungen des Sachverständigen auch von einem bemühten Auftraggeber nicht zu verstehen sind. Die Unverständlichkeit kann sich aus Stil und Sprache der Darstellung, aber auch aus dem Fehlen wesentlicher Gutachtenteile ergeben. Was zu den wesentlichen Gutachtenteilen gehört, hängt vom Einzelfall und von der Aufgabenstellung ab. Wesentliche Gutachtenteile können bei sozialmedizinischen Fragestellungen u. a. sein: Die Auseinandersetzung mit der Aktenlage, die Anamnese, die Biographie, die Beschwerdeschilderungen, die Darstellung der Befunderhebung auf klinischem oder labortechnischem Gebiet, die Diagnose, die Prognose, ggf. Therapieempfehlungen, die Erörterung von Kausalzusammenhängen, die Auseinandersetzung mit wissenschaftlicher Literatur und Vorgutachten, die Beantwortung sozialmedizinischer Fragen. Je nach Aufgabenstellung können Teile dieser Aufzählung entfallen oder sind umfangreicher als andere zu bearbeiten. Keinesfalls führen sprachliche Unklarheiten, methodische Unsicherheiten oder ausräumbare Mängel zur Unverwertbarkeit, sonst wäre § 411 Abs. 3 ZPO überflüssig.
- 5
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die vom Beschwerdeführer erstatteten Gutachten wie folgt zu beurteilen, wobei hiermit ausdrücklich keine Bewertung der inhaltlichen Qualität erfolgt:
- 6
1. Streitverfahren A.:
- 7
Der Beschwerdeführer sollte in diesem Verfahren Stellung dazu nehmen, ob sich die bereits anerkannten Behinderungen der Klägerin seit Februar 2005 verschlechtert hätten. In seinen Ausführungen ist zunächst die Aktenlage wiedergegeben. Es folgen eine eigene und eine biografische Anamnese sowie ein körperlicher, ein neurologischer und ein seelischer Untersuchungsbefund, wobei eine Dolmetscherin übersetzt hat. Die Diagnose lautete: „Depression im Klimakterium und beginnendes Postklimakterium.“ Zum GdB ist angegeben, dass dieser zwischen 40 und 50 v. H. liege.
- 8
Mit diesen Ausführungen auf 15 Seiten liegen alle wesentlichen Teile eines Gutachtens vor. Zwar ist der GdB-Vorschlag ungenau. Es ist aber ersichtlich, dass der Beschwerdeführer ihn nicht höher als bisher einschätzte. Insofern hätte das Problem der wesentlichen Verschlimmerung seit Februar 2005 durch eine richterliche Nachfrage geklärt werden können. Die Kriterien der Unverwertbarkeit sind nicht erfüllt.
- 9
2. Streitverfahren de B.:
- 10
In diesem Verfahren ging es darum, die Behinderungen des Klägers festzustellen. Nach einer kurzen Schilderung der Aktenlage befasst sich der Teil „Gutachten“ mit Schilderungen der vom Kläger angegebenen Beschwerden. Es schließt sich eine biografische Anamnese an; darauf folgen eine Allgemeinuntersuchung und eine neurologische Untersuchung mit Befundangaben. Der psychische Befund endet mit der Diagnose eines „vital-depressiven Syndroms (am ehesten F 32.9) mit Panikerkrankung“. Zum GdB wollte sich der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung äußern. Er machte insofern seine Beurteilung davon abhängig, dass ihm die Richterin nicht aktenkundige Auskünfte über eine konsequente Behandlung geben würde.
- 11
Auch diese Darlegungen sind nicht völlig unverwertbar, sondern schildern die körperliche und psychische Verfassung des Klägers. Außerdem wird aufgezeigt, wie mithilfe des Gerichts in der mündlichen Verhandlung der GdB bestimmt werden könnte.
- 12
3. Streitverfahren D.:
- 13
Hier sollte die Verschlimmerung der bereits anerkannten Behinderungen seit Februar 2005 festgestellt werden. Hierzu liegen ein Hauptgutachten vom 17. Januar und eine ergänzende Stellungnahme vom 31. Januar 2007 vor. Das Hauptgutachten enthält die Wiedergabe des Akteninhalts, danach schließen sich eigene Erhebungen und Beschwerdeschilderungen des Klägers an. Hier findet sich die Angabe des Klägers, der GdB sei bisher auf 30 festgesetzt. Auf die biografische Anamnese folgen eine Allgemeinuntersuchung sowie eine neurologische Untersuchung mit den erhobenen Befunden. Es schließt sich der seelische Befund an. Als Diagnose ist eine „larvierte Depression (in etwa identisch mit ICD 32.0) mit morgendlichen Antriebsstörungen“ geschildert. Der Kläger lehne eine Behandlung ab.
- 14
Auch wenn man in diesem Verfahren die Stellungnahmen vom 17. und 31. Januar 2007 zusammen betrachtet, bleiben doch die Beweisfragen unbeantwortet. Es finden sich auf insgesamt acht Seiten keine Feststellungen dazu, ob eine Verschlimmerung vorliegt und wieso. Insbesondere ist nicht ausgeführt, welcher Unterschied in den Befunden von Februar 2005 und denen vom Januar 2007 besteht und wie der jetzige GdB einzuschätzen ist. Das Gericht hat deshalb die ergänzende Stellungnahme vom 31. Januar 2007 (1,5 Textseiten) eingeholt. Aber auch sie führte nicht zu einer Beantwortung der Beweisfragen. Deshalb hat der Beschwerdeführer die Unverwertbarkeit zu vertreten. Es war ihm Gelegenheit gegeben, die Unklarheiten in der Stellungnahme vom 17. Januar nachträglich auszuräumen. Diese Leistung hat er nicht erbracht.
- 15
4. Streitverfahren Y.:
- 16
Hier ging es um die Feststellung der Behinderungen seit Juni 2004. Der Beschwerdeführer gibt in seinen Darlegungen von 6,5 Seiten an, dass er die Akten gelesen habe. Die Zusammenfassung des Akteninhalts ist jedoch nicht wiedergegeben. Die Stellungnahme beginnt mit der Schilderung der Beschwerden der Klägerin. Es folgen eine eigen- und eine biografische Anamnese. Danach schließen sich die Allgemeinbefunde und die Befunde einer neurologischen Untersuchung an. Der seelische Befund endet mit einer Diagnose. Sie lautet: „reaktive behandelbare Depression“. Obwohl nicht danach gefragt, wird hier von einer Verschlechterung der Befunde gegenüber Juli 2004 berichtet, diese sei aber nicht messbar. Der GdB bleibe deswegen bei 30. Die Frage nach der erheblichen Beeinträchtigung im Straßenverkehr ist nicht beantwortet. Wenn auch in diesem Verfahren eine Beweisfrage nicht beantwortet worden ist, sind doch Befunde geschildert, die auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung auch zu einem Ergebnis über die Gehfähigkeit der Klägerin hätten führen können. Das Gutachten ist nicht völlig unverwertbar.
- 17
Nach alledem ist der Beschwerdeführer auch für die Gutachten A., de B. und Y. zu entschädigen. Die Höhe der verlangten Entschädigung ist im Wesentlichen nicht zu beanstanden. Nur für das Gutachten A. ist ein Abzug von 10,00 EUR für die verauslagte Taxifahrt der Klägerin zu machen. Fahrkosten einer Klägerin muss diese direkt beim Gericht geltend machen. Das JVEG sieht die beantragte Auslagenerstattung auch unter dem Gesichtspunkt der besonderen Aufwendungen im Sinne des § 12 ZVEG nicht vor. Das gilt auch für die Kosten der detaillierten Rechnung. Auch insofern enthält das JVEG keine Entschädigungs- oder Ersatzvorschriften.
- 18
Somit ist der Beschwerdeführer wie folgt zu vergüten: F. (31,10 EUR), A. (52,00 EUR), A. (255,00 EUR), de B. (250,00 EUR), Y. (200,00 EUR) - insgesamt also 788,10 EUR.
- 19
Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten (§ 4 Abs. 8).
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.06.2014 geändert. Die Vergütung der Beschwerdeführerin für das Gutachten vom 03.04.2014 wird auf 2.475,80 Euro festgesetzt. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
1
Gründe:
2I.
3In dem Rechtsstreit, der die Versorgung mit Inkontinenzartikeln als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zum Gegenstand hatte, hat die Beschwerdeführerin aufgrund der Beweisanordnung des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 07.08.2013 das Sachverständigengutachten vom 03.04.2014 erstattet. Mit Schreiben vom 04.04.2014 stellte sie unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von 100,00 Euro nach der Honorargruppe M 3 folgende Vergütung in Rechnung:
4Aktenstudium 4 Stunden 400,00 Euro Fahrtzeit 1,3 Stunden 130,00 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunde 150,00 Euro Erstellen des Gutachtens 28 Stunden 2800,00 Euro Diktat und Korrektur 5, 7 Stunden 570,00 " Schreibgebühr 57.731 Anschläge 51,30 Euro Porto 6,90 Euro MWSt 787,17 "Euro Gesamtsumme 4.930,17 Euro
5Mit Schreiben vom 15.04.2014 hat der Kostenbeamte den Rechnungsbetrag mit 1.539,75 Euro festgestellt und dabei den Stundensatz nach der Honorargruppe M 2 der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) sowie die folgende Berechnung der Zeitanteile zugrunde gelegt:
6Aktenstudium 4 Stunden Fahrtzeit 1,3 Stunden Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunden Erstellen des Gutachtens 3 Stunden Diktat und Korrektur 5,8 Stunden Summe: 15,6 Stunden 1.200,00 Euro Schreibgebühr 57.731 Anschläge 52,20 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Porto 6,90 Euro MWSt 245,85 Euro Gesamtsumme 1.539,75 Euro
7Hiergegen hat die Beschwerdegegnerin Erinnerung eingelegt und richterliche Festsetzung beantragt, mit der sie sich gegen die Reduzierung des Stundensatzes für die Abfassung des Gutachtens und die Beurteilung der Beweisfragen sowie gegen die Zuordnung der Honorargruppe M 2 wendet.
8Mit Beschluss vom 02.06.2014 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen die Vergütung für das Gutachten auf 1.539,75 Euro festgesetzt. Zur Begründung wird ausgeführt, der Zeitaufwand für die Erstellung des Gutachtens sei gerechtfertigt. Die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 sei nicht gerechtfertigt, weil es sich um kein Zusammenhangsgutachten handele. Gegen den am 04.06.2014 zugestellten Beschluss richtet sich die am 16.06.2011 eingegangene Beschwerde, zu deren Begründung macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe umfangreiche Recherchen zu den in Betracht kommenden Inkontinenzprodukten sowie zu der erforderlichen Anzahl von Windeln pro Tag durchführen müssen. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 02.07.2014).
9Der Beschwerdegegner hat einen Zeitanteil von 14 Stunden für den Arbeitsschritt der Beurteilung der Beweisfragen und die Zuordnung zur Honorargruppe M2 für gerechtfertigt erachtet. Er hat ebenso wie die Beschwerdeführerin auf den Beschluss des zuständigen Beschwerdesenats vom 26.08.2011 (L 15 KR 423/11 B) Bezug genommen.
10II.
11Die Beschwerde ist zulässig und teilweise begründet. Der Senat entscheidet gemäß § 4 Abs. Abs. 7 Satz 1 2. Halbsatz Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) durch den Berichterstatter als Einzelrichter.
12Nach den hier maßgeblichen Regelungen der §§ 9 Abs. 1 Satz 1, 8 Abs. 1 Satz 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) richtet sich die Vergütung des Sachverständigen nach der für die Gutachtenerstellung erforderlichen Zeit. Wieviel Zeit erforderlich ist, hängt nicht von der individuellen Arbeitsweise des Sachverständigen ab, sondern ist nach einem objektiven Maßstab zu bestimmen. Erforderlich ist derjenige Zeitaufwand, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt, um sich nach sorgfältigem Studium ein Bild von den zu beantwortenden Fragen machen zu können und nach eingehender Überlegung seine gutachtlichen Darlegungen zu den ihm gestellten Fragen schriftlich niederzulegen. Dabei ist der Umfang des unterbreiteten Sachstoffs, der Grad der Schwierigkeit der zu beantwortenden Beweisfragen unter Berücksichtigung seiner Sachkunde auf dem betreffenden Gebiet und der Bedeutung der Sache angemessen zu berücksichtigen (Ständige Rechtsprechung des zuständigen Senats, zuletzt Beschlüsse vom 06.05.2013 - L 15 SB 40/13 B und vom 28.10.2014 - L 15 P 44/14 B).
13Der Zeitaufwand für die Abfassung des Gutachtens und die Beurteilung der Beweisfragen ist mit 14 Stunden in Ansatz zu bringen. Dieser Zeitaufwand ist nicht schematisch nach der Seitenzahl des Gutachtens festzusetzen. Maßgeblich ist vielmehr der Umfang und die Schwierigkeit der gedanklichen Arbeit des Sachverständigen im Einzelfall (Beschlüsse des Senats vom 9. 10. 1e99 - L 4 B 9/99 -, vom 30.11.2007 - L 4 B 18/07 und vom 24.09.2008 - L 4 B 9/08). Denn dieser Arbeitsschritt umfasst die Beantwortung der vom Gericht gestellten Fragen und der näheren Begründung, also den Teil des Gutachtens, den das Gericht bei seiner Entscheidung verwerten kann, um ohne medizinischen Sachverstand seiner Entscheidung begründen zu können. Dazu gehört die diktatreife Vorbereitung der Beurteilung ohne Wiedergabe der Anamnese, der Untersuchungsergebnisse oder Befunde, einschließlich der Begründung der vom Sachverständigen getroffenen Schlussfolgerung, wie zum Beispiel die Auseinandersetzung mit entgegenstehenden Vorgutachten, anders lautenden Befunden sowie die Auseinandersetzung mit kontroversen Meinungen. In diesem Arbeitsschritt wird die eigentliche Gedankenarbeit im Zusammenhang mit der Auswertung der erhobenen Befunde, deren Würdigung im Hinblick auf die Beweisfrage sowie die diktatreife Vorbereitung abgegolten. Einen gewissen Anhaltspunkt für die Einschätzung des Zeitaufwandes für diesen Arbeitsschritt ergibt sich der Umfang des Abschnitts, in dem sich der Beschwerdegegner mit der Auswertung der vorgefundenen Befunde und Diagnosen befasst sowie die nachfolgende Herleitung der Beantwortung der Beweisfragen. Vorliegend kommt der von der Beschwerdeführerin angegebene Zeitaufwand für Recherchen, nämlich für Internetrecherchen, für die Besuche bei einem Sanitärfachgeschäft und einer Apotheke sowie ein Hausbesuch hinzu. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Zeitaufwand für Recherchen zum Kenntnisstand in dem von der Sachverständigen vertretenen Fachgebiet nicht gesondert berücksichtigungsfähig ist. Denn es ist davon auszugehen, dass ein durchschnittlich befähigter Sachverständiger diesen Kenntnisstand ständig vorhält. Ferner ist zu berücksichtigen, dass ein Zeitaufwand von 1,5 Stunden für die körperliche Untersuchung der Klägerin in dem vorangehenden Arbeitsschritt berücksichtigt wird. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte erscheint es gerechtfertigt, den Zeitaufwand, den ein durchschnittlich befähigter Sachverständigen für diesen Arbeitsschritt aufwenden muss, mit 14 Stunden einzuschätzen. Ein größerer Zeitaufwand wird auch aus den Ausführungen auf den Seiten 15 - 30 des Gutachtens nicht erkennbar. Danach hat die Beschwerdegegnerin die aus den Datenblättern der Inkontinenzprodukte und aufgrund Inaugenscheinnahme ersichtlichen Eigenschaften der Produkte und die besonderen Gegebenheiten aufgrund des körperlichen und geistigen Gesundheitszustandes der Klägerin beurteilt und auf dieser Basis die Beweisfragen des Gerichts beantwortet.
14Der Honorarsatz ist nach der Honorargruppe M 2 auf 75,- Euro festzusetzen. Die Zuordnung zu einer Honorargruppe bestimmt sich nach der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 JVEG, in der die einzelnen in § 9 Absatz 1 S. 1 JVEG aufgeführten Honorargruppen näher definiert sind. Die dort normierten Voraussetzungen für die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 liegen nicht vor. Die Abgrenzung zwischen der hier zugrundezulegenden Honorargruppe M 2 und der Honorargruppe M 3 nimmt der Senat vor an hand des jeweils der Honorargruppe zugeordneten Wortlautes, der bei der Honorargruppe M 2 auf einen durchschnittlichen Schwierigkeitsgrad und bei der Honorargruppe M 3 auf einen hohen Schwierigkeitsgrad abstellt. Darüber hinaus soll die Honorargruppe M 2 beschreibenden Begutachtungen ohne Erörterung spezieller Kausalzusammenhänge vorbehalten sein. Beispielhaft werden Gutachten zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität genannt, die neben der beschreibenden Ist-Zustands-Begutachtung die sozialmedizin ische Beurteilung der Leistungsfähigkeit und Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem Arbeitsmarkt insgesamt und/oder für bestimmte Erwerbstätigkeiten unter Berücksichtigung der daraus erwachsenden Anforderungen an die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit erfordern. Die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 soll nach dem Wortlaut die Begutachtung spezieller Kausalitätszusammenhänge und/oder differenzialdiagnostischer Probleme und/oder der Beurteilung der Prognose und/oder der Beurteilung strittiger Kausalfragen vorbehalten sein. Beispielhaft. werden Gutachten zu Berufskrankheiten und zur Minderung der Erwerbsfähigkeit bei besonderen Schwierigkeiten genannt.
15Einen Schwierigkeitsgrad, der die Zuordnung zur Honorargruppe M 3 rechtfertigen würde, hat das Gutachten der Beschwerdegegnerin nicht zu bewältigen. Vielmehr hatte sie eine Zustandsbegutachtung durchzuführen, bei der die körperliche Verfassung und die geistigen und körperlichen Behinderungen der Klägerin zu beurteilen und die in Betracht kommenden Inkontinenzprodukte auf ihre Eignung einzuschätzen waren. Ein besonders hoher Schwierigkeitsgrad der gutachterlich zu klärenden Fragen lässt sich danach nicht feststellen. Daher ist die Vergütung folgendermaßen festzusetzen:
16Aktenstudium 4 Stunden Fahrtzeit 1,3 Stunden Begutachtung (Hausbesuch) 1,5 Stunden Erstellen des Gutachtens 14 Stunden Diktat und Korrektur. 5,7 Stunden Summe: 26,5 Stunden x 75 Euro 1987,50 Euro Schreibgebühr 57.731 Anschläge 51,30 Euro Reisekosten 116 km x 0,30 Euro 34,80 Euro Porto 6,90 Euro Summe: 2080,50 Euro MWSt 395,30 Euro Gesamtsumme 2475,80 Euro
17Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG, § 4 Abs. 4 S. 2 JVEG).
(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und über einstweilige Anordnungen (§ 86b) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben.
(1) Dieses Gesetz regelt
- 1.
die Vergütung der Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetscher, Übersetzerinnen und Übersetzer, die von dem Gericht, der Staatsanwaltschaft, der Finanzbehörde in den Fällen, in denen diese das Ermittlungsverfahren selbstständig durchführt, der Verwaltungsbehörde im Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten oder dem Gerichtsvollzieher herangezogen werden; - 2.
die Entschädigung der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter bei den ordentlichen Gerichten und den Gerichten für Arbeitssachen sowie bei den Gerichten der Verwaltungs-, der Finanz- und der Sozialgerichtsbarkeit mit Ausnahme der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in Handelssachen, in berufsgerichtlichen Verfahren oder bei Dienstgerichten sowie - 3.
die Entschädigung der Zeuginnen, Zeugen und Dritten (§ 23), die von den in Nummer 1 genannten Stellen herangezogen werden.
(2) Dieses Gesetz gilt auch, wenn Behörden oder sonstige öffentliche Stellen von den in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 genannten Stellen zu Sachverständigenleistungen herangezogen werden. Für Angehörige einer Behörde oder einer sonstigen öffentlichen Stelle, die weder Ehrenbeamte noch ehrenamtlich tätig sind, gilt dieses Gesetz nicht, wenn sie ein Gutachten in Erfüllung ihrer Dienstaufgaben erstatten, vertreten oder erläutern.
(3) Einer Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder durch die Finanzbehörde in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 steht eine Heranziehung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde im Auftrag oder mit vorheriger Billigung der Staatsanwaltschaft oder der Finanzbehörde gleich. Satz 1 gilt im Verfahren der Verwaltungsbehörde nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten entsprechend.
(4) Die Vertrauenspersonen in den Ausschüssen zur Wahl der Schöffen und die Vertrauensleute in den Ausschüssen zur Wahl der ehrenamtlichen Richter bei den Gerichten der Verwaltungs- und der Finanzgerichtsbarkeit werden wie ehrenamtliche Richter entschädigt.
(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die gerichtliche Festsetzung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.
(1) Sachverständige, Dolmetscher und Übersetzer erhalten als Vergütung
- 1.
ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11), - 2.
Fahrtkostenersatz (§ 5), - 3.
Entschädigung für Aufwand (§ 6) sowie - 4.
Ersatz für sonstige und für besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12).
(2) Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt. Die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn sie zu mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war; anderenfalls beträgt das Honorar die Hälfte des sich für eine volle Stunde ergebenden Betrags.
(3) Soweit vergütungspflichtige Leistungen oder Aufwendungen auf die gleichzeitige Erledigung mehrerer Angelegenheiten entfallen, ist die Vergütung nach der Anzahl der Angelegenheiten aufzuteilen.
(4) Den Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, kann unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse, insbesondere ihres regelmäßigen Erwerbseinkommens, nach billigem Ermessen eine höhere als die in Absatz 1 bestimmte Vergütung gewährt werden.
(1) Bei Benutzung von öffentlichen, regelmäßig verkehrenden Beförderungsmitteln werden die tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der entsprechenden Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse der Bahn einschließlich der Auslagen für Platzreservierung und Beförderung des notwendigen Gepäcks ersetzt.
(2) Bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs werden
- 1.
dem Zeugen oder dem Dritten (§ 23) zur Abgeltung der Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,35 Euro, - 2.
den in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Anspruchsberechtigten zur Abgeltung der Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie zur Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,42 Euro
(3) Höhere als die in Absatz 1 oder Absatz 2 bezeichneten Fahrtkosten werden ersetzt, soweit dadurch Mehrbeträge an Vergütung oder Entschädigung erspart werden oder höhere Fahrtkosten wegen besonderer Umstände notwendig sind.
(4) Für Reisen während der Terminsdauer werden die Fahrtkosten nur insoweit ersetzt, als dadurch Mehrbeträge an Vergütung oder Entschädigung erspart werden, die beim Verbleiben an der Terminsstelle gewährt werden müssten.
(5) Wird die Reise zum Ort des Termins von einem anderen als dem in der Ladung oder Terminsmitteilung bezeichneten oder der zuständigen Stelle unverzüglich angezeigten Ort angetreten oder wird zu einem anderen als zu diesem Ort zurückgefahren, werden Mehrkosten nach billigem Ermessen nur dann ersetzt, wenn der Berechtigte zu diesen Fahrten durch besondere Umstände genötigt war.
Tenor
I.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
II.
Auf die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners hin wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg
III.
Der Beschwerdeführerin steht wegen des Gerichtstermins am
Gründe
I.
Streitig ist die Höhe der Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -Entschädigungsgesetz (JVEG) wegen eines Gerichtstermins, zu dem die Beschwerdeführerin als Zeugin geladen war, bei dem sie aber nicht erschienen ist.
In dem beim Sozialgericht (SG) Regensburg unter dem Aktenzeichen S 16 AL 239/13 geführten Klageverfahren wurde die Antragstellerin und jetzige Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin), die als selbstständige Schneiderin eine Änderungsschneiderei betreibt, als Zeugin für eine mündliche Verhandlung am 18.12.2013 in Regensburg geladen. Wegen einer Autopanne bei der Anfahrt erschien die Beschwerdeführerin bei diesem Termin aber nicht.
Am
Die Kostenbeamtin des SG lehnte mit Schreiben vom
Mit Eingang am
Die Kostenbeamtin des SG setzte mit Schreiben vom
Gegen diese Entschädigung hat sich die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom
Mit Beschluss vom 10.12.2014
Dagegen hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom
Der Senat hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom
Mit Telefax vom
Mit Schreiben vom
Mit bei Gericht am
Der Senat hat die Akten des SG sowohl in der Kostensache als auch zum Klageverfahren beigezogen.
II.
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin ist gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig, aber unbegründet (s. unten Ziff. 1.).
Die Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners ist zulässig und begründet (s. unten Ziff. 2.).
1. Zur Beschwerde der Beschwerdeführerin
Die Beschwerde ist unbegründet, da der von der Beschwerdeführerin begehrte höhere Entschädigungsanspruch nicht besteht.
1.1. Zulässigkeit der Beschwerde
Die Beschwerde ist wegen Erreichens des Beschwerdewerts gemäß § 4 Abs. 3 JVEG zulässig.
Eine Beschwerde gegen die erstinstanzliche Festsetzung der Entschädigung ist nur dann zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,- € übersteigt oder wenn sie das Sozialgericht aufgrund grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat. Der Wert des Beschwerdegegenstands ist die Differenz zwischen dem von mit der Beschwerde angestrebten Betrag, wie er sich aus dem ursprünglichen Antrag ergibt, und der erfolgten Festsetzung des Gerichts (vgl. Beschlüsse des Senats
Bei einer wie hier auf 75,- € erstinstanzlich festgesetzten Entschädigung muss der angestrebte Betrag daher über 275,- € liegen, um den für die Zulässigkeit der Beschwerde erforderlichen Beschwerdewert zu erreichen. Dies ist vorliegend der Fall.
Unter Zugrundelegung und vollständiger Übernahme der von der Beschwerdeführerin noch während der Antragsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG geltend gemachten Entschädigungstatbestände, die die Grundlage für den von ihr angestrebten Entschädigungsbetrag darstellen, ergibt sich eine beantragte Entschädigung von 412,56 € (Pannenhilfe: 147,56 €; Fahrtkosten für die Abholung durch die Freundin: 40,- €; Verdienstausfall für 6 Stunden zu je 15,- €: 90,- €; Kosten für Kinderbetreuung für 6 Stunden zu je 15,- €: 90,- €; Fahrtkosten (für 120 km) in Höhe von 30,- €; Zehrkosten in Höhe von 15,- €). Der Beschwerdewert ist damit erreicht.
1.2. Anzuwendende Fassung des JVEG
Zur Anwendung kommen im vorliegenden Fall nach Erlass des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23.07.2013 (BGBl I S. 2586, 2681 ff.) gemäß der Übergangsvorschrift des § 24 JVEG die Regelungen des JVEG in der ab dem 01.08.2013 geltenden Fassung. Denn die Beschwerdeführerin als Berechtigte ist nach dem gemäß Art. 55 2. KostRMoG am 01.08.2013 erfolgten Inkrafttreten des 2. KostRMoG herangezogen worden.
1.3. Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren
Im Rahmen der Beschwerdeentscheidung sind vom Beschwerdegericht alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie mit der Beschwerde aufgegriffen worden sind oder nicht (ständige Rspr. des Senats, vgl. z. B.
1.4. Ob des Entschädigungsanspruchs
Die Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf Entschädigung wegen des Gerichtstermins vom
1.4.1. Grundvoraussetzung einer Entschädigung: Erscheinen beim gerichtlich angeordneten Termin
Es ist sowohl in der Rechtsprechung als auch in der maßgeblichen Kommentarliteratur herrschende Meinung, dass eine Entschädigung nur dann erfolgen kann, wenn der geladene Zeuge bzw. Beteiligte, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, zu dem vom Gericht angesetzten Termin auch erschienen ist (vgl. z. B. Beschlüsse des Senats
1.4.2. Kein Anlass für eine weite Auslegung dahingehend, dass eine Entschädigung auch ohne Erscheinen bei Gericht möglich wäre.Die Notwendigkeit dafür, eine Entschädigung unter bestimmten Voraussetzungen bereits dann zuzulassen, wenn zwar die Ladung des Zeugen bzw. die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Beteiligten erfolgt ist, der Zeuge bzw. Beteiligte dann aber nicht in dem vom Gericht angesetzten Termin erschienen ist, sieht der Senat nicht, jedenfalls dann nicht, wenn der Grund für das Nichterscheinen nicht in der Sphäre des Gerichts liegt.
Der Senat stützt sich dabei auf folgende Überlegungen:
* Mit den Regelungen zur Entschädigung nach dem JVEG wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Gerichte auf der Suche nach der Wahrheit oft auf die Wahrnehmungen von Zeugen angewiesen sind. Die Mitwirkung der Zeugen im gerichtlichen Verfahren stellt sich auch als staatsbürgerliche Pflicht dar, deren Erfüllung nicht notwendig einer Entschädigung bedarf (vgl. Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 10.10.1978, Az.: 2 BvL 3/78, Hartmann, a. a. O., Grundz. JVEG, Rdnr. 6). Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass die Mitwirkung von Zeugen nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung nur mit für diesen als zumutbar betrachteten Nachteilen verbunden sein soll, was zur Einführung von Entschädigungsregelungen geführt hat. Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass in nicht gemäß § 183 SGG gerichtskostenfreien Verfahren genauso wie in Verfahren anderer Gerichtsbarkeiten, bei denen keine Gerichtskostenfreiheit wie in § 183 SGG besteht, die Kosten für eine Entschädigung von Zeugen grundsätzlich von den Verfahrensbeteiligten zu übernehmen sind. Insofern ist für alle Betroffenen ein Weg zu finden, mit dem den Interessen aller Beteiligten möglichst weitgehend Rechnung getragen wird. Grundlage einer Entschädigung bleibt dabei immer, dass der Zeuge einen Beitrag zum Verfahren geliefert hat. Daran fehlt es, wenn ein Zeuge zu dem vom Gericht angesetzten Termin nicht erschienen ist. In einem solchen Fall wäre es unbillig, die dabei entstandenen Kosten der unterliegenden Partei aufzubürden. Nichts anderes kann in einem gerichtskostenfreien sozialgerichtlichen Verfahren gelten, in dem die Kosten von der Staatskasse übernommen werden.
* Vorgenannter Gedanke, der einen Verfahrensbeitrag als unverzichtbare Voraussetzung für eine Entschädigung sieht, findet auch in § 8 a JVEG seine Bestätigung, wenn dort der Wegfall oder die Beschränkung des Vergütungsanspruchs eines Sachverständigen, Dolmetschers oder Übersetzers von der Verwertbarkeit der zu vergütenden Leistung abhängig gemacht wird.
* Entsprechendes lässt sich auch aus der Rechtsprechung zum Ausschluss von Ansprüchen nach dem JVEG außerhalb des § 8 a JVEG entnehmen. Zwar enthält das JVEG mit Ausnahme der Ausschlussfrist des § 2 Abs. 1 JVEG und der auf die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetschern und Übersetzern zugeschnittenen Regelung des § 8 a JVEG keine ausdrückliche Regelung zum Ausschluss von Ansprüchen. Gleichwohl besteht in Literatur und Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass ein nach dem Wortlaut des Gesetzes gegebener Entschädigungs- oder Vergütungsanspruch dann ausgeschlossen ist, wenn der Berechtigte schuldhaft den Erfolg der grundsätzlich eine Entschädigung oder Vergütung auslösenden Maßnahme vereitelt hat (vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, a. a. O., § 1, Rdnr. 34.; BGH, Beschluss vom 15.12.1975, Az.: X ZR 52/73; LSG Niedersachsen, Beschluss vom 15.11.1999, Az.: L 4 B 168/99 SF; Beschlüsse des Senats
* Die Regelungen des JVEG sind von dem Bestreben des Gesetzgebers nach einer Vereinfachung der Rechtsanwendung des Kostenrechts geprägt (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - KostRMoG] - Bundestags-Drucksache 15/1971, z. B. S. 1, 2, 142, 143, 180). Dem entspricht die Rechtsprechung des Kostensenats, wonach die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten und Kostenrichter im Sinn der Praktikabilität und Verwaltungsökonomie (Leitgedanke der Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Grundsatzbeschlüsse
* Die Regelungen des JVEG enthalten eine im Wesentlichen abschließende Regelung der Entschädigung oder Vergütung der darin genannten Berechtigten. Insofern ist dem JVEG zumindest auch der Charakter vorrangiger Sondervorschriften zuzusprechen (vgl. Hartmann, a. a. O., Grundz. JVEG, Rdnr. 1). Schon dieser Ausnahmecharakter steht regelmäßig einer weiten Auslegung (vgl. z. B. BVerfG, Beschlüsse vom 21.06.1977, Az.: 2 BvR 308/77, und vom 07.10.1980
* Auch ein Vergleich mit dem Rechtsbereich der Rechtsanwaltsvergütung zeigt, dass für eine Entschädigung bzw. Vergütung das Erscheinen des Berechtigten im Gerichtstermin grundsätzlich unverzichtbar ist. So entsteht die Terminsgebühr eines Rechtsanwalts für die Vertretung in einem gerichtlichen Termin nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) (Vorbemerkung 3 Abs. 3 der Verwaltungsvorschriften zum RVG) nach ständiger Rechtsprechung erst durch die Teilnahme am Termin. Nicht ohne Grund wird daher die Terminsgebühr auch als „Anwesenheitsgebühr“ (vgl. Verwaltungsgericht - VG - Köln,
* Dieses Ergebnis - Ausschluss einer Entschädigung infolge des Nichterscheinens im gerichtlich angesetzten Termin - ist auch unter verfassungsrechtlichem Blickwinkel nicht zu beanstanden.
Zum einen ist die Teilnahme des Zeugen an einem gerichtlich angeordneten Termin Teil der Erfüllung staatsbürgerlicher Pflichten (vgl. Hartmann, a. a. O., Grundz. JVEG, Rdnr. 3, und § 19 JVEG, Rdnr. 2); bei einem Verfahrensbeteiligten wären zudem dessen ureigene Interessen besonders betroffen. Von Verfassung wegen wäre der Gesetzgeber daher überhaupt nicht verpflichtet, einem Zeugen (bzw. Beteiligten, wie dies mit § 191 SGG ohnehin nur für gemäß § 183 SGG kostenfreie sozialgerichtliche Verfahren vorgesehen ist) eine Entschädigung für sein Erscheinen bei Gericht zu gewähren. Das BVerfG hat dies im Beschluss vom 10.10.1978, Az.: 2 BvL 3/78
„Die Zeugenpflicht ist nach deutscher Rechtstradition eine allgemeine Staatsbürgerpflicht, für deren Erfüllung ein Entgelt nicht verlangt werden kann (vgl. dazu etwa die Begründung zum Gesetz betreffend die Änderung der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige vom 10. Juli 1914 - RGBl. S. 214 - Drucksache Nr. 38 (1913) zu den Verhandlungen des Bundesrates des Deutschen Reiches sowie die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften - BTDrucks. II 2545, S. 212 f.).“
Zum anderen ist es auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Grundgesetz nicht geboten, einem geladenen Zeugen bzw. einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet war, der aber - aus welchem Grund auch immer - beim Gerichtstermin nicht erschienen ist, eine Entschädigung nach den gleichen Vorgaben und in gleicher Weise zu gewähren wie einem solchen, der beim Gerichtstermin erschienen ist. Denn im Gegensatz zu dem nicht erschienenen Zeugen oder Beteiligten hat der erschienene Zeuge oder Beteiligte einen Beitrag zum gerichtlichen Verfahren leisten können, wie er Grund für die Ladung des Zeugen oder die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Beteiligten gewesen ist. Auch insofern verweist der Senat auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im vorgenannten Beschluss, die wie folgt lauten:
„Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthält der Gleichheitssatz für den Gesetzgeber die allgemeine Weisung, bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist erst verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden läßt. Der Gesetzgeber hat hiernach weitgehende Gestaltungsfreiheit. Das gilt in noch höherem Maße bei einer rechtsgewährenden Regelung. Der Gesetzgeber besitzt im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit größere Gestaltungsfreiheit als innerhalb der Eingriffsverwaltung (BVerfGE 11, 50 (60); 17, 210 (216); 22, 100 (103); 23, 258 (264); 36, 230 (235)) und ist in diesem Bereich in weitem Umfang zum Erlaß typisierender und generalisierender Regelungen berechtigt (BVerfGE 26, 16 (31)). Das gilt im Grundsatz auch dann, wenn der Gesetzgeber wie hier für Nachteile, die dem Bürger als Folge der Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten entstehen, einen Ausgleich gewährt, zu dem er verfassungsmäßig nicht verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 29, 51 (56)). Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz käme mithin nur in Betracht, wenn sich aus dem Gegenstand der Regelung für die Art der Differenzierung kein sachlich vertretbarer Grund anführen ließe oder wenn der Gesetzgeber die besonderen Wertentscheidungen der Verfassung außer acht gelassen hätte (vgl. BVerfGE 12, 354 (367); 17, 122 (131); 17, 210 (216 f.); 36, 230 (235)).“
Der Senat geht mit der h.M. daher davon aus, dass das Erscheinen im gerichtlichen Termin unverzichtbare Grundvoraussetzung für eine Entschädigung ist. Nur dann, wenn es aus einem in der Sphäre des Gerichts liegenden Grund nicht zu dem Erscheinen im gerichtlich angeordneten Termin gekommen ist, wird aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben eine Entschädigung gleichwohl zuzusprechen sein (vgl. Hartmann, a. a. O. § 1, Rdnrn. 11, 44; zum RVG: OLG München, Beschluss vom 13.11.2007, Az.: 1 Ws 986/07).
1.4.3. Prüfung im konkreten Fall
Die Beschwerdeführerin ist im vorliegenden Fall nicht zum angesetzten Gerichtstermin am
Eine Entschädigung steht ihr daher wegen des Gerichtstermins am
Wegen des in Beschwerdeverfahren grundsätzlich geltenden Verbots der reformatio in peius (vgl. Leitherer, a. a. O., vor § 172, Rdnr. 4) ist die Beschwerde der Beschwerdeführerin als unbegründet zurückzuweisen, ohne dass die vom SG in zu großer Höhe gewährte Entschädigung herabgesetzt werden könnte.
Lediglich der Vollständigkeit halber und ohne dass dies von Entscheidungsrelevanz wäre, weist der Senat gleichwohl auf Folgendes hin:
- Die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Quittungen wären, wenn es auf die geltend gemachten Kosten ankommen würde, näher zu hinterfragen. Beispielsweise scheint, wie sich aus der Unterschrift ergibt, die Empfängerin der behaupteten 90,- € für Kinderbetreuungskosten identisch zu sein mit der Empfängerin der Kosten für die Abholung der Beschwerdeführerin vom Ort der Panne. Es würden damit Kinderbetreuungskosten und Abholkosten parallel geltend gemacht, obwohl offenbar ein und dieselbe Person diese beiden Leistungen erbracht hat; der Eindruck einer Doppelabrechnung läge hier nicht fern. Widersprüchlich sind die Angaben der Beschwerdeführerin auch insofern, als sie mit dem beim SG am 21.01.2014 eingegangenen Antrag auf Entschädigung Kosten wegen der Abholung durch ihre Freundin in Höhe von 40,- € vorgetragen, dann aber eine Quittung über 50,- € vorgelegt hat.
- Die von der Beschwerdeführerin im Entschädigungsantrag vom
Zusammenfassend kann sich der Senat daher nicht des Eindrucks erwehren, dass die Beschwerdeführerin durchaus sehr bemüht gewesen ist, die Entschädigung wegen des Gerichtstermins in ihrem Sinn zu „optimieren“.
2. Zur Anschlussbeschwerde des Beschwerdegegners
Die Anschlussbeschwerde ist begründet, da der Beschwerdeführerin wegen des Gerichtstermins am
2.1. Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde
Die (unselbstständige) Anschlussbeschwerde ist rechtsweg- und rechtsgebietübergreifend entsprechend § 567 Zivilprozessordnung statthaft (vgl. Leitherer, a. a. O., vor § 172, Rdnr. 4a; Hartmann, a. a. O., § 4 JVEG, Rdnr. 21; Meyer/Höver/Bach, JVEG, a. a. O., § 4, Rdnr. 14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 03.05.2013, Az.: L 15 U 629/12 B; OLG Hamm, Beschluss vom 02.11.2012, Az.: I-25 W 200/11, 25 W 200/11). Weder muss eine Beschwerdefrist eingehalten werden noch ist eine Beschwer erforderlich noch muss eine Beschwerdesumme erreicht sein (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 567, Rdnr. 59). Da die Anschlussbeschwerde vom Schicksal der Hauptbeschwerde abhängig ist und die Wirkung verliert, wenn diese zurückgenommen wird, muss zum Zeitpunkt der Entscheidung die zulässige Beschwerde aber noch anhängig sein.
Die Voraussetzungen einer inhaltlichen Entscheidung in Sachen der Anschlussbeschwerde sind vorliegend erfüllt. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin trotz wiederholter Hinweise des Senats auf das Risiko einer Festsetzung der Entschädigung auf 0,- € im Rahmen einer Anschlussbeschwerde ihre zulässige Beschwerde fortgeführt und damit auch die Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde aufrechterhalten.
2.2. Begründetheit der Anschlussbeschwerde
Die Anschlussbeschwerde ist begründet, da der Beschwerdeführerin keine Entschädigung wegen des Gerichtstermins am
Der Kostensenat des LSG trifft diese Entscheidung nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG).
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Tenor
1. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts Hechingen vom 06.02.2017 (1 O 152/15) wird dahingehend abgeändert, dass die gemäß § 4 JVEG an den Sachverständigen und Beschwerdeführer... für seine mit Rechnungen Nr. 201 6652, 201 6653 und 201 6654 vom 19.12.2016 abgerechnete Tätigkeit zu zahlende Vergütung auf insgesamt 3.810,02 EUR festgesetzt wird. Darüber hinausgehende Auszahlungen auf diese Rechnungen sind zurückzuerstatten.
2. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
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(1) Für Beschlüsse gelten § 128 Abs. 1 Satz 1, die §§ 134 und 138, nach mündlicher Verhandlung auch die §§ 129, 132, 135 und 136 entsprechend.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und über einstweilige Anordnungen (§ 86b) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
(3) Ausfertigungen der Beschlüsse sind von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben.
(1) Die Festsetzung der Vergütung, der Entschädigung oder des Vorschusses erfolgt durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält. Eine Festsetzung der Vergütung ist in der Regel insbesondere dann als angemessen anzusehen, wenn ein Wegfall oder eine Beschränkung des Vergütungsanspruchs nach § 8a Absatz 1 oder 2 Satz 1 in Betracht kommt. Zuständig ist
- 1.
das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen worden ist, bei dem er als ehrenamtlicher Richter mitgewirkt hat oder bei dem der Ausschuss im Sinne des § 1 Abs. 4 gebildet ist; - 2.
das Gericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, wenn die Heranziehung durch die Staatsanwaltschaft oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; - 3.
das Landgericht, bei dem die Staatsanwaltschaft besteht, die für das Ermittlungsverfahren zuständig wäre, wenn die Heranziehung in den Fällen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch die Finanzbehörde oder in deren Auftrag oder mit deren vorheriger Billigung durch die Polizei oder eine andere Strafverfolgungsbehörde erfolgt ist, nach Erhebung der öffentlichen Klage jedoch das für die Durchführung des Verfahrens zuständige Gericht; - 4.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Gerichtsvollzieher seinen Amtssitz hat, wenn die Heranziehung durch den Gerichtsvollzieher erfolgt ist, abweichend davon im Verfahren der Zwangsvollstreckung das Vollstreckungsgericht.
(2) Ist die Heranziehung durch die Verwaltungsbehörde im Bußgeldverfahren erfolgt, werden die zu gewährende Vergütung oder Entschädigung und der Vorschuss durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, wenn der Berechtigte gerichtliche Entscheidung gegen die Festsetzung durch die Verwaltungsbehörde beantragt. Für das Verfahren gilt § 62 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 1 können der Berechtige und die Staatskasse Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(4) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(5) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 4 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(6) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(7) Das Gericht entscheidet über den Antrag durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(9) Die Beschlüsse nach den Absätzen 1, 2, 4 und 5 wirken nicht zu Lasten des Kostenschuldners.
Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.