Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. Mai 2016 - L 2 AL 54/10

bei uns veröffentlicht am24.05.2016

Tenor

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts D-Stadt vom 27. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung einer zwischenzeitlich in Eigenregie finanzierten Umschulung zur staatlich anerkannten Erzieherin.

2

Die am 03. Dezember 1969 geborene Klägerin schloss am 30. Juni 1986 die Polytechnische Oberschule in A-Stadt mit Realschulabschluss ab. In der Folgezeit absolvierte sie eine Berufsausbildung zum Facharbeiter für Schreibtechnik im VEB Elektromotorenwerk Eggesin. Nach dem Abschluss am 15. Juli 1988 arbeitete die Klägerin zunächst für ein weiteres Jahr in dem Ausbildungsbetrieb. Anschließend war die Klägerin im „VEB Kombinat Großhandel Waren des täglichen Bedarfes" bis zum 31. Dezember 1991 in ihrem Beruf als Schreibtechnikerin tätig.

3

Nach der Geburt ihres Sohnes und eines sich anschließenden Erziehungsurlaubes war die Klägerin für den Zeitraum Februar 1993 bis September 1994 arbeitslos. Während dieser Zeit war sie auf 120,00 DM - Basis als Gebäudereinigerin bei der „Hyper-Clean-GmbH A-Stadt als Gebäudereinigerin tätig. Vom 01. September 1994 bis 29. Mai 1995 nahm sie an einer Integrationsmaßnahme für Langzeitarbeitslose beim Berufsförderungswerk Ueckermünde teil. Vom 30. Mai 1995 bis 31. März 1997 war sie als Schreibkraft/Bürokraft im Immobilien-/ und Finanzmaklerbüro Frank Westphal in A-Stadt beschäftigt. Vom 01. April 1997 bis 31. Januar 1998 war sie erneut arbeitslos, wobei sie während dieser Zeit eine Tätigkeit als Verkäuferin auf 120,00 DM - Basis in 2 „Früh und Spät" Verkaufsstellen in Ferdinandshof und A-Stadt ausübte. Vom 01. Februar 1998 bis 1. November 2004 war sie als Sachbearbeiterin bzw. Bürokraft bei der „Interessensgemeinschaft Fjordpferd (IGF) e.V. in Leopoldshagen tätig. Während der sich anschließenden Arbeitslosigkeit war sie bis März 2006 als Sachbearbeiterin auf dem Haffwiesenhoff Leopoldshagen in Nebentätigkeit beschäftigt. Im März 2006 übte sie diese Tätigkeit in Vollzeit - 40 Std./Wo - aus. Ab Oktober 2008 bis einschließlich Februar 2010 wurde die Tätigkeit in Teilzeit - 25 Std./Wo - ausgeübt.

4

Die Klägerin meldete sich anschließend zum 01. März 2010 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld I ab dem 01. März 2010, welches die Beklagte bewilligte.

5

In einer bereits am 22. Dezember 2009 abgeschlossen Eingliederungsvereinbarung formulierten die Beklagte und die Klägerin als Ziel die Aufnahme einer Tätigkeit als Call Center Agentin nach vorgeschalteter Qualifizierung.

6

In der Folgezeit beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Förderung einer Umschulungsmaßnahme mit dem Ziel den Berufsabschluss der „staatlich anerkannten Erzieherin“ zu erwerben.

7

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. April 2010 ab. Die Umschulung zur Erzieherin sei nicht notwendig. Im Falle der Arbeitslosigkeit sei es das Ziel der Beklagten Arbeitnehmer mit den kostengünstigsten Mitteln unter Beachtung der Arbeitsmarktsituation in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Der Klägerin werde ein Bildungsgutschein für eine Weiterbildung zur Call Center Agentin angeboten. Hierdurch habe sie die Chance innerhalb von kurzer Zeit ein beitragspflichtiges Arbeitsverhältnis einzugehen.

8

Hiergegen legte die Klägerin am 04. Mai 2010 Widerspruch ein. Nach Eintritt ihrer Arbeitslosigkeit habe sie in diversen Medien - Internet, Presse - versucht Stellenangebote zu finden, die ihrem Berufsbild - Bürohilfe, Sachbearbeiterin, Schreibkraft, etc. - entsprechen. Dies sei ohne Erfolg geblieben. Sie schätze daher ihre Chancen in diesem Bereich eine neue Tätigkeit zu finden, als aussichtslos ein. Da sie aber gut mit Kindern umgehen könne und ihr von mehreren Arbeitgebern bestätigt worden sei, dass Erzieherinnen gesucht würden, sehe sie in der Umschulung eine reelle Chance eines Neueinstieges. Darüber hinaus habe sie von der Volkssolidarität eine Einstellungszusage erhalten, falls sie die beantragte Umschulungsmaßnahme erfolgreich abschließen sollte. Darüber hinaus sei ihr eine Arbeit im Call Center nicht möglich, da sie dort in Schichten tätig sein müsste, was in der Kombination mit der Arbeitsstelle ihres Ehemannes - auf dem Bau - dazu führe, dass die Betreuung ihrer siebenjährigen Tochter nicht sicherzustellen sei. Zudem halte sie sich für ungeeignet im Call Center zu arbeiten. Seit sie wisse, dass die Beklagte beabsichtige sie als Call Center Agentin zu vermitteln, leide sie unter Schlafstörungen. Sie habe schlicht Angst vor dieser Tätigkeit. Sie fühle sich von der Beklagten im Stich gelassen, da sie sich die Umschulungsmaßnahme zur Erzieherin bei der TFA D-Stadt in Eigenregie gesucht habe und sich auch im Übrigen selbst um ihr berufliches Schicksal gekümmert habe. Sie habe sich gerade deshalb zu der Umschulung entschlossen, weil sie nicht die letzten 27 Jahre ihres Berufslebens auf staatliche Hilfen angewiesen sein möchte. Darüber hinaus sehe sie in ihrem erlernten Beruf nach der langjährigen einseitigen Tätigkeit und der vermehrten Nutzung von Spracherkennungssoftware keine Chance mehr eine Anstellung zu finden. Letztlich habe sie keinen verwertbaren Berufsabschluss und sei daher förderfähig. Schließlich existiere der Beruf als „Facharbeiter für Schreibtechnik“ mittlerweile nicht mehr. Darüber hinaus wäre die dauerhafte Unterbringung das Ziel der beruflichen Wiedereingliederung. Dies sei durch die angebotene Weiterbildung zur Call Center Agentin nicht gewährleistet, da diese Beschäftigung zumeist in Teilzeit ausgeübt werde, weshalb die Gefahr bestünde, dass sie zusätzlich auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen wäre.

9

Dem Widerspruch fügte sie eine Ablichtung ihres Bewerbungsschreibens an die TFA- Bildungswerk D-Stadt GmbH für die Umschulungsmaßnahme, deren Antwortschreiben in Kopie sowie eine Ablichtung eines Schreibens der Volkssolidarität Kreisverband Uecker Randow e.V. bei. Aus dem Antwortschreiben der TFA-GmbH ergibt sich, dass nach Auswertung der Bewerbungsunterlagen und des Eignungstestes aus Sicht der TFA eine Aufnahme in die Umschulungsmaßnahme möglich sei. Aus dem mit „Einstellungszusage“ unterschriebenen Schreiben des Volkssolidarität e.V. ist zu entnehmen, dass der Verein bereit ist der Klägerin, vorbehaltlich der betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten und dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin, einen Arbeitsplatz anzubieten.

10

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. Mai 2010 als unbegründet zurück. Gemäß § 77 Abs. 1 SGB III sei Voraussetzung der Förderung der begehrten Umschulung, dass diese notwendig sei, wobei dies bedeute, dass die Erwartung bestehen müsse, dass die berufliche Wiedereingliederung der Klägerin nur durch die Weiterbildung realisiert werden könne. Zudem würde die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt, wenn ein Berufsabschluss fehle. Dies sei u.a. auch dann gegeben, wenn jemand über einen solchen verfüge, aber aufgrund einer mehr als vier Jahre dauernden Tätigkeit in einer an- bzw. ungelernten Tätigkeit eine seinem Abschluss entsprechende Tätigkeit voraussichtlich nicht mehr ausüben könne. Diese Voraussetzungen lägen bei der Klägerin aufgrund ihrer bisherigen Tätigkeiten nicht vor. Zudem könnten nur Ausbildungen gefördert werden, die gegenüber der Regelzeit einer solchen Ausbildung um ein Drittel verkürzt wären. Bei der angestrebten Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher handele es sich um eine schulische Ausbildung, die an und für sich nicht verkürzt angeboten werden könne. Lediglich für Gruppenumschulungen habe es eine Sondervereinbarung zwischen dem Land-MV und dem Bildungsträger TFA D-Stadt gegeben. Hieraus könne die Klägerin keinen Rechtsanspruch für die Einzelumschulung ableiten. Es bliebe dabei, dass die Ausbildung nur dann gefördert werden könne, wenn ein Arbeitgeber die Ausbildung unterstütze und für das dritte Lehrjahr die vollständigen Kosten der Klägerin übernehme. Dies sei nicht der Fall. Die Volkssolidarität habe der Klägerin ausschließlich für den Fall des erfolgreichen Abschlusses der Ausbildung und vorbehaltlich betrieblicher Umstände eine Arbeitsstelle in Aussicht gestellt. Im Übrigen bestünde auch kein Rechtsanspruch auf Förderung. Vielmehr stehe die Förderung im Ermessen der Beklagten. Maßgeblich für die Ermessensausübung sei eine Interessenabwägung zwischen den Interessen der Klägerin mit denjenigen der Beitragszahler zur Arbeitslosenversicherung unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte. Diese falle hier nicht zugunsten der Klägerin aus. Im Rahmen der Prüfung seien die in § 7 SGB III und § 71b SGB IV Grundsätze zu beachten, wonach auf die Fähigkeiten der Person, die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes, den Anhand der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten Handlungsbedarf und Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkte abzustellen sei. Diesen Kriterien genüge die von der Beklagten angebotene Weiterbildungsmaßnahme zur Call Center Agentin.

11

Hiergegen hat die Klägerin mit anwaltlichem Telefax vom 11. Juni 2010 Klage vor dem D. erhoben. Es sei bereits nicht erkennbar, dass die begehrte Umschulungsmaßnahme nicht erforderlich sei. Schließlich ergebe sich bereits aus ihrem Lebenslauf, dass derzeit eine reelle Chance auf dem Arbeitsmarkt nicht bestünde. Insbesondere habe sie in dem Finanzdienstleistungsbüro wenige buchhalterische Tätigkeiten auszuführen gehabt. Schließlich habe der dortige Unternehmer seine Kunden betrogen, was zu einem Ermittlungsverfahren geführt hätte, weshalb eine Referenz aus dieser Tätigkeit zweifelhaft sei. Zudem sei auch die Weiterbildung im Rechnungswesen aus dem Jahre 2006 nur eingeschränkt brauchbar, um eine Anstellung als Bürokauffrau zu finden. Es sei zudem fehlerhaft, wenn die Beklagte das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Einzelumschulung verneine, weil sich kein Arbeitgeber gefunden habe, der die Kosten der Klägerin im dritten Ausbildungsjahr übernimmt. Schließlich habe die TFA-GmbH eine Ausnahmegenehmigung die sonst dreijährige Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin in 2 Jahren durchzuführen. Zudem sei der Rechtsanwältin eine Umschülerin bekannt, die die Ausbildung bei der TFA durch die Beklagte gefördert absolviere. Daher müsse der Klägerin aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes ebenfalls eine solche Möglichkeit eröffnet werden. Die Umschulung könne zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr bei der TFA durchgeführt werden, da die dortige Maßnahme bereits begonnen hätte. Die Klägerin habe nunmehr ausschließlich die Möglichkeit die begehrte Umschulung beim Landkreis Uecker-Randow zu beginnen. Dortiger Ausbildungsbeginn sei der 06. September 2010, weshalb um eine schnelle Entscheidung gebeten werde.

12

Die Beklagte hat zunächst auf Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen, woraufhin die Klägerin nochmals darauf hingewiesen hat, dass sie die Fördervoraussetzungen erfülle. Insbesondere komme sie in in ihrem bisherigen Beruf nicht weiter. Sie habe schon Glück gehabt bisher als Schreibkraft beschäftigt zu sein. Aufgrund der aktuellen Krisensituation könnten sich nur noch wenige Unternehmen eine solche Arbeitskraft leisten. Hinsichtlich der begehrten Umschulung sei der Beklagten insoweit ein erheblicher Fehler unterlaufen, als dass die Beklagte nicht zur Kenntnis nehme, dass die Umschulung bei der TFA nur zwei Jahre andauere und nicht wie die Beklagte unterstelle drei Jahre.

13

Das Sozialgericht hat die Klägerin mit Verfügung vom 26. Juli 2010 darauf hingewiesen, dass sie wohl nunmehr eine Umschulung beim Landkreis Uecker-Randow anstrebe. Diese Umschulung dauere wohl entgegen der Umschulung bei der TFA drei Jahre. Zudem ginge das Gericht davon aus, dass - unabhängig vom Vorliegen der Fördervoraussetzungen - die Klägerin jedenfalls keinen Anspruch auf die begehrte Maßnahme habe. Schließlich sei der Beklagten insbesondere hinsichtlich des Maßnahmezieles ein Ermessensspielraum eingeräumt. Vorliegend sei nicht erkennbar, dass das Ermessen der Beklagten auf Null reduziert sei, da auch andere Weiterbildungsmaßnahmen für die Klägerin vorstellbar seien. Ein Anspruch auf die begehrte Umschulung bestünde daher nicht.

14

Hieraufhin hat die Klägerin unter teilweiser Wiederholung ihres Vortrages zum Vorliegen der Fördervoraussetzungen erklärt, dass auch die Umschulung beim Landkreis nur zwei Jahre dauere. Weitere Maßnahmen existierten derzeit nicht, weshalb der Hinweis des Gerichtes nicht nachvollziehbar sei. Zum Beleg hat sie ein Informationsblatt des Berufsförderungszentrum Ueckermünde e.V. zur Akte gereicht. Ergänzend hat sie vorgetragen, dass sie die in diesem Informationsblatt genannten Voraussetzungen zum Beginn der Umschulung erfülle. Zum Beleg hat sie später ein Schreiben des Berufsförderzentrum Ueckermünde e.V. beigereicht aus dem sich ergibt, dass sie zur Teilnahme an der Fortbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin vorgesehen sei, welche am 01. November 2010 beginne. Die Beklagte könne sich nicht darauf zurückziehen, dass die Klägerin über eine abgeschlossene Facharbeiterausbildung verfüge. Nach Auskunft der IHK käme eine Gleichstellung einer Bürogehilfin mit einer Bürofachkraft nur in Betracht, wenn Weiterbildungsmaßnahmen nachgewiesen würden. Die Klägerin habe eine solche Facharbeiteranerkennung nicht erhalten. Zudem erfülle die begehrte Umschulung die in § 85 SGB III genannten Kriterien. Es existiere ein hoher Bedarf an Erziehern, die Umschulungskosten in Höhe von 7.500,00 € seien angemessen, es sei zu erwarten das sie aufgrund ihrer hohen Motivation die Umschulung erfolgreich abschließe und zudem seien die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit erfüllt.

15

Die Beklagte hat hierzu erklärt, dass entgegen der klägerseits zitierten Auskunft der IHK, der Facharbeiter für Schreibtechnik eine auf dem Gebiet der ehemaligen DDR abweichende Berufsbezeichnung für die heutige Berufsbezeichnung Bürokaufmann für Bürokommunikation. Die frühere Bezeichnung Bürogehilfe sei nur bis 1991 gültig. Dies ergäbe sich aus den berufskundlichen Informationen der Beklagten. Vor dem Hintergrund, dass die Klägerin damit über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfüge, sei die begehrte Umschulung nicht erforderlich, zumal sich aus der Datenbank der Beklagten ergäbe, dass zum dort gespeicherten Bewerberprofil der Klägerin insgesamt 60 offene Stellen verfügbar wären. Eine Liste der offenen Stellen und das dort gespeicherte Bewerberprofil hat die Beklagte beigefügt.

16

Hieraufhin hat die Klägerin mitgeteilt, dass der Großteil der beklagtenseits dargelegten offenen Stellen nicht ihren Qualifikationen entspreche. Sie erfülle nicht die dort genannten Einstellungsvoraussetzungen - Finanzbuchhalter, Bilanzbuchhalter, strategischer Einkäufer, Vertriebsmitarbeiter, Lohngehaltsrechner, etc.. Sie habe keine kaufmännischen Kenntnisse. Zudem handele es sich bei den von der Beklagten benannten offenen Stellen in der Hauptsache um Arbeitsvermittlungen, die darauf aus seien einen Vermittlungsauftrag zu erhalten. Darüber hinaus sei ihr durch ihre Arbeitsvermittlerin bei der Beklagten zuletzt mitgeteilt worden, dass gerade im regionalen Bereich - 50 km - schon seit langem keine Arbeitsangebote in ihrem Ausbildungsberuf vorhanden seien. Zudem existierten im regionalen Bereich - ihren eigenen Recherchen zur Folge (Zum Beleg fügte sie einen Ausdruck aus dem Jobsuche Programm der Beklagten bei) - etwa 200 Bewerber auf solche Stellen. Zudem habe die Arbeitsvermittlerin darauf hingewiesen, dass im regionalen Bereich ausschließlich eine Beschäftigung im Call-Center möglich sei. Dies aber nur auf Anfrage und nach Bedarf. Darüber hinaus kämen für sie viele der von der Beklagten übersandten offenen Stellen, schon deshalb nicht in Betracht, da sie aufgrund ihrer familiären Situation auf eine Anstellung im regionalen Bereich - 50 km Umkreis - angewiesen sei. In diesem örtlichen Bereich sei durch die Beklagte nicht eine einzige ihrer Ausbildung entsprechende Stelle nachgewiesen worden. Im Ergebnis bleibe es dabei, dass die begehrte Umschulung ihr die Chance biete dauerhaft ihren Lebensunterhalt selbst sicherzustellen. Im Übrigen weise sie nochmals darauf hin, dass ihr eine Person bekannt sei, bei der die Umschulung zur staatlich anerkannten Erzieherin beklagtenseits gefördert worden sei, wobei diese Person als Rechtsanwaltsfachangestellte tätig gewesen sei. Die Klage werde daher auch auf den Gleichbehandlungsgrundsatz gestützt.

17

Schriftsätzlich hatte die Klägerin beantragt,

18

in Abänderung des Bescheides vom 14. April 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 2010 die Beklagte zu verurteilen, ihr die Förderung für die berufliche Umschulung zur „staatlich anerkannten Erzieherin“ zu bewilligen und die hieraus entstehenden Kosten zu tragen.

19

Die Beklagte hatte ebenfalls schriftsätzlich beantragt,

20

die Klage abzuweisen.

21

Das Sozialgericht hat, nach Anhörung der Beteiligten zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid - beiden Beteiligten am 28. Oktober 2010 zugegangen -, die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. Oktober 2010 abgewiesen. Die Klage sei bereits unbegründet, weil bei der Klägerin schon die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 77 SGB III nicht vorlägen. So sei die begehrte Umschulung nicht notwendig. Schließlich verfüge die Klägerin über einen Berufsabschluss. Angesichts des jungen Alters der Klägerin und der durch die Beklagte mitgeteilten offenen Stellen, sei nicht erkennbar weshalb bei der Klägerin eine Weiterbildung notwendig - iSv unverzichtbar - sei. Zudem bestünde selbst bei Anerkennung der Umschulung als notwendig jedenfalls kein Anspruch der Klägerin. Eine dahingehende Ermessensreduzierung auf Null läge offensichtlich nicht vor. Zudem sei nicht zu erkennen, dass die angebotene Eingliederung als Call Center Agentin für die Klägerin nicht in Betracht komme. Jedenfalls hinsichtlich der Arbeitszeiten, sei ein deutlicher Vorteil einer Tätigkeit als Erzieherin nicht erkennbar. Zudem sei es nicht fehlerhaft wenn die Beklagte darauf abstelle, dass eine Weiterbildung zur Call Center Agentin wesentlich kostengünstiger zu erreichen sei als die begehrte Umschulungsmaßnahme.

22

Hiergegen hat die Klägerin mit anwaltlichem Telefax vom 24. November 2010 unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrages Berufung eingelegt. Darüber hinaus hat sie mitgeteilt, dass sie zwischenzeitlich die Umschulung - Förderung durch „Meister-BAföG" - beim Landkreis Uecker-Randow begonnen habe. Allerdings sei die Förderung durch sie zurückzuzahlen, weshalb ihr erhebliche finanzielle Belastungen entstünden. Nach Abschluss ihrer Ausbildung werde sie daher mit erheblichen Schulden zurückgelassen.

23

Die Klägerin beantragt,

24

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts D-Stadt vom 27. Oktober 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 14. April 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die der Klägerin für die durchgeführte Maßnahme entstandenen Kosten der Ausbildungseinrichtung in Höhe von 7.500,- Euro zu übernehmen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Berufung zurückzuweisen.

27

Die Beklagte vertritt weiterhin die Ansicht, dass die begehrte Umschulung nicht notwendig ist. Schließlich bedinge die Voraussetzung der Notwendigkeit, dass gerade die konkrete Maßnahme notwendig sein müsse, um die Wiedereingliederung zu erreichen. Nach einer zum AFG ergangenen Entscheidung des BSG - B 11 B RaRr 5/86 - liege Notwendigkeit in diesem Sinne nur dann vor, wenn die Maßnahme die einzige Möglichkeit sei, die Wiedereingliederung zu erreichen. Das Sozialgericht habe das Fehlen dieser Voraussetzung rechtsfehlerfrei festgestellt. So verfüge die Klägerin über einen Berufsabschluss, was der begehrten Umschulung entgegenstünde, da die Klägerin zuletzt - bis Februar 2010 - entsprechend beschäftigt gewesen sei. Auch könne aufgrund des kurzen Zeitraumes zwischen Eintritt der Arbeitslosigkeit und dem Beginn der Umschulung im November 2010 nicht abgeleitet werden, dass Vermittlungsbemühungen erfolglos geblieben wären. Vielmehr hätte zu diesem Zeitpunkt noch die Erwartung bestanden die Klägerin entsprechend der mit ihr geschlossenen Eingliederungsvereinbarung vom 22. Dezember 2009 als Bürokraft zu vermitteln bzw. sie zur Call Center Agentin weiterzubilden. Zudem werde der Vortrag der Klägerin zur Arbeitsmarktsituation faktisch durch die bei der Beklagten tagesaktuellen Stellenangebote widerlegt. Es finde sich lediglich ein Stellenangebot für eine Erzieherin gesucht, wobei zusätzliche Sprachkenntnisse verlangt würden und die Arbeitszeiten 05.30 Uhr bis 22.00 Uhr in Randzeiten lägen. Demgegenüber würden allein durch einen Arbeitgeber 22 Call Center Agents gesucht.

28

Im weiteren Verfahrensverlauf hat die Klägerin konkrete Personen benannt denen eine Umschulung finanziert wurde und darauf hingewiesen, dass aus ihrer Sicht ein erheblicher Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gegeben sei, wenn ihr nunmehr die Förderung verweigert werde. Unter Vorlage ihres Abschlusszeugnisses - datiert auf den 16. Juni 2015 - hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie die Prüfung zum Erzieher erfolgreich abgeschlossen habe und ab 15. Juli 2015 - Arbeitsvertrag wurde ebenfalls vorgelegt - eine Anstellung als Erzieherin habe. Von Oktober 2014 bis zum Beginn dieser Tätigkeit war die Klägerin als Call Center Agentin tätig.

29

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte, die Gerichtsakte und die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

30

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

31

Der Senat brauchte im Weiteren nicht zu problematisieren, ob die Berufung mit dem gestellten Antrag überhaupt zulässig ist - diesbezügliche Zweifel ergeben sich daraus, dass die Klägerin ein sogenanntes Meisterbafög erhalten hat, weshalb möglicherweise auf Freistellung von der Rückzahlungsverpflichtung zu klagen gewesen wäre -, da die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Kostenerstattung hat.

32

Ein solcher Anspruch scheidet nicht bereits aus, weil die Beklagte vorliegend keinen Bildungsgutschein iSd. § 77 Abs. 4 des Sozialgesetzbuches 4. Buch in der zum 14. April 2010 gültigen Fassung (SGB III aF) erteilt hat. Zwar soll vor Beginn einer Weiterbildungsmaßnahme ein Bildungsgutschein erteilt werden und dieser dem T räger der Maßnahme vorgelegt werden, so dass zweifelhaft ist, ob ein Anspruch auf Kostenerstattung einer selbstfinanzierten Umschulungsmaßnahme unmittelbar auf § 77 Abs. 1 SGB III aF gestützt werden kann. Allerdings ist es ein allgemein anerkannter Grundsatz im Sozialrecht, dass im Falle der rechtswidrigen Leistungsablehnung die Kosten für die Selbstbeschaffung einer Leistung verlangt werden können (vgl. § 13 Abs. 3 SGB V und § 15 SGB IX als gesetzliche Grundlagen sowie BSG, Urteil vom 06. August 2014 - B 4 AS 37/13 R -, Rn. 11, juris zur Anwendung des allgemeinen Grundsatzes, wenn eine ausdrückliche Regelung nicht vorhanden ist). Anerkannt ist, dass die Leistung rechtswidrig abgelehnt worden sein muss, also ein Primäranspruch auf die begehrte Leistung bestanden haben muss.

33

Dies ist gerade nicht der Fall. Vorliegend kommt als Anspruchsgrundlage für einen solchen Primäranspruch ausschließlich § 77 Abs. 1 SGB III aF in Betracht.

34

Nach dieser Vorschrift können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn

35

1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist,

36

2. vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und

37

3. die Maßnahme und der Träge der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

38

Es kann dahinstehen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.

39

Bei der Vorschrift handelt es sich erkennbar um eine Ermessensleistung. Für selbstbeschaffte Ermessensleistungen ist im Rahmen des Anspruches auf Kostenerstattung zu verlangen, dass eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben ist. (vgl. Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 21. Januar 2015 - L 2 AL 37/12 -, juris) Dies ist sachgerecht, da anderenfalls der Leistungsberechtigte durch die Selbstbeschaffung das der Behörde gesetzlich eingeräumte Ermessen beschränken und die Behörde vor vollendete Tatsachen stellen könnte.

40

Die demnach zu fordernde Ermessensreduzierung auf Null liegt nicht vor, weshalb der Klägerin kein Primäranspruch zur Seite steht. Eine solche Ermessensreduzierung wäre dann gegeben, wenn es nach dem festgestellten Sachverhalt ausgeschlossen ist, dass Umstände vorliegen, die eine anderweitige Ausübung des Ermessens rechtsfehlerfrei zuließen. (BSG, Urteil vom 04. Februar 1988 - 11 RAr 26/87 -, SozR 1300 § 45 Nr 34, BSGE 63, 37-43)

41

Für vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die begehrte Umschulung zur staatlich anerkannten Erzieherin die einzig rechtlich mögliche Entscheidung gewesen wäre. Da der Behörde erkennbar ein (im zu beachtenden § 7 Satz 1 SGB III aF normiertes) Auswahlermessen unter verschiedenen geeigneten Weiterbildungsmaßnahmen zur Verfügung steht, ist jedenfalls nicht erkennbar, dass die Beklagte ihr Ermessen nur hätte dahingehend ausüben können der Klägerin die begehrte Umschulung zu finanzieren und jede andere Entscheidung rechtsfehlerhaft gewesen wäre. Vielmehr dürften die Erwägungen der Behörde, dass zunächst eine weitaus günstigere und auch kürzere Weiterbildungsmaßnahme zur Call Center Agentin vorrangig war, nicht von vornherein von der Hand zu weisen sein. Dies gilt auch unter Berücksichtigung für die klägerseitig behaupteten „Angstzustände“. Eine ärztliche Bescheinigung ist insoweit nicht vorgelegt worden. Hinzutritt, dass auch andere Weiterbildungsmaßnahmen vorstellbar waren. Eine dahingehende Beratung mit der Beklagten hat nicht stattgefunden. Vielmehr hat die Klägerin dadurch, dass sie derart auf die Umschulung zur Erzieherin fixiert war - erkennbar an dem Eigenengagement und den durchgeführten Praktika - durch das Erheben der Rechtsbehelfe und der Anstrengung des Klagverfahrens einen dahingehenden Dialog mit der Beklagten unmöglich gemacht, ob nicht noch andere - bisher noch gar nicht erörterten - Möglichkeiten bestünden.

42

Insoweit hat die Klägerin mit der Entscheidung die Umschulung auf eigene Kosten durchzuführen zwar eine in ihrer Situation sinnvolle Entscheidung getroffen, die letztlich auch zu ihrer Eingliederung in den Arbeitsmarkt geführt hat. Allerdings ist die Beklagte aus den dargelegten Gründen nicht verpflichtet jede zielführende Wunschausbildung zu finanzieren. Vielmehr ist ihr im Hinblick auf die Interessen der Versichertengemeinschaft ein erhebliches Mitspracherecht bei der Auswahl der zu fördernden Maßnahmen zuzugestehen, welches sie nach der Entscheidung der Klägerin die Umschulung in Eigenregie durchzuführen nicht mehr ausüben konnte.

43

Soweit die Klägerin sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz stützt, liegt eine Ungleichbehandlung erkennbar nicht vor. Art. 3 Abs. 1 GG würde es übertragen auf den vorliegenden Fall allenfalls gebieten, dass die Beklagte eine Umschulung der Klägerin zumindest in Betracht zieht und der Klägerin nicht aus willkürlichen Gründen eine solche vorenthält. Dies wäre ausschließlich dann der Fall, wenn sich die Behandlung der Klägerin durch die Beklagte als willkürlich darstellen würde. Eine willkürliche Entscheidung zeichnet sich indessen dadurch aus, dass sie aufgrund sachfremder Erwägungen getroffen wird. Dies war hier gerade nicht der Fall. Vielmehr hat sich die Beklagte mit dem Einzelfall auseinandergesetzt und ist dabei zu der nicht zu beanstandenden Entscheidung gelangt, dass eine Weiterbildung der Klägerin zur Call Center Agentin aus Sicht der Versichertengemeinschaft - aufgrund des wesentlich geringeren zeitlichen und finanziellen Aufwandes - vorzugswürdig ist. Diese Entscheidung entspricht den in § 7 SGB III aF festgeschriebenen Gesetzeszwecken und ist erkennbar nicht willkürlich.

44

Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass andere Personen im Gegensatz zu ihr gefördert wurden, begründet allein diese Tatsache keinen Anspruch der Klägerin ebenfalls gefördert werden. Sollten insoweit andere Personen zu Unrecht gefördert worden sein, bedeutet dies nicht, dass die Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG ebenfalls eine an sich nicht zustehende Leistung beanspruchen könnte. Gleiches gilt selbst dann wenn ein Fall existierte in welchem derselbe Sachverhalt zu Grunde - persönliche Voraussetzungen und die sonstigen Umstände sind identisch mit den bei der Klägerin vorliegenden - liegt. Schließlich kann ein Anspruch im Rahmen der Leistungsverwaltung schon deshalb nicht unbeschränkt bestehen, da der Beklagten keine unerschöpflichen Mittel zur Verfügung stehen.

45

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

46

Gründe die Revision zuzulassen sind nicht erkennbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. Mai 2016 - L 2 AL 54/10

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. Mai 2016 - L 2 AL 54/10

Referenzen - Gesetze

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. Mai 2016 - L 2 AL 54/10 zitiert 12 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung


Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 13 Kostenerstattung


(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht. (2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 15 Leistungsverantwortung bei Mehrheit von Rehabilitationsträgern


(1) Stellt der leistende Rehabilitationsträger fest, dass der Antrag neben den nach seinem Leistungsgesetz zu erbringenden Leistungen weitere Leistungen zur Teilhabe umfasst, für die er nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 sein kann, leitet

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 7 Auswahl von Leistungen der aktiven Arbeitsförderung


Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung hat die Agentur für Arbeit unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 71b Veranschlagung der Arbeitsmarktmittel der Bundesagentur für Arbeit


(1) Die für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung veranschlagten Mittel mit Ausnahme der Mittel für1.die Erstattung von Maßnahmekosten nach § 54 des Dritten Buches,2.die Berufsausbildungsbeihilfe nach § 57 Absatz 2 Satz 2 des Dritten Buche

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. Mai 2016 - L 2 AL 54/10 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 24. Mai 2016 - L 2 AL 54/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 06. Aug. 2014 - B 4 AS 37/13 R

bei uns veröffentlicht am 06.08.2014

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das La

Referenzen

Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung hat die Agentur für Arbeit unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei ist grundsätzlich auf

1.
die Fähigkeiten der zu fördernden Personen,
2.
die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und
3.
den anhand der Ergebnisse der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf
abzustellen.

(1) Die für Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung veranschlagten Mittel mit Ausnahme der Mittel für

1.
die Erstattung von Maßnahmekosten nach § 54 des Dritten Buches,
2.
die Berufsausbildungsbeihilfe nach § 57 Absatz 2 Satz 2 des Dritten Buches,
3.
die allgemeinen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 113 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches,
4.
den Zuschuss zur Ausbildungsvergütung für schwerbehinderte Menschen nach § 73 des Dritten Buches und den Eingliederungszuschuss nach § 90 Absatz 2 bis 4 des Dritten Buches und
5.
Leistungen der Trägerförderung nach § 440 Absatz 5 des Dritten Buches
6.
(weggefallen)
7.
(weggefallen)
sind im Haushalt der Bundesagentur für Arbeit in einen Eingliederungstitel einzustellen.

(2) Die in dem Eingliederungstitel veranschlagten Mittel sind den Agenturen für Arbeit zur Bewirtschaftung zuzuweisen, soweit nicht andere Dienststellen die Aufgaben wahrnehmen. Bei der Zuweisung der Mittel sind insbesondere die regionale Entwicklung der Beschäftigung, die Nachfrage nach Arbeitskräften, Art und Umfang der Arbeitslosigkeit sowie die jeweilige Ausgabenentwicklung im abgelaufenen Haushaltsjahr zu berücksichtigen. Agenturen für Arbeit, die im Vergleich zu anderen Agenturen für Arbeit schneller und wirtschaftlicher Arbeitslose eingliedern, sind bei der Mittelzuweisung nicht ungünstiger zu stellen.

(3) Die Agenturen für Arbeit stellen für jede Art dieser Ermessensleistungen der Arbeitsförderung Mittel unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Lage und Entwicklung des regionalen Arbeitsmarktes bereit. Dabei ist ein angemessener Anteil für die Förderung der Anbahnung und Aufnahme einer nach dem Dritten Buch versicherungspflichtigen Beschäftigung sicherzustellen (Vermittlungsbudget).

(4) Die zugewiesenen Mittel sind so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist.

(5) Die Ausgabemittel des Eingliederungstitels sind nur in das nächste Haushaltsjahr übertragbar. Die jeweiligen nicht verausgabten Mittel der Agenturen für Arbeit werden diesen im nächsten Haushaltsjahr zusätzlich zu den auf sie entfallenden Mitteln zugewiesen. Verpflichtungsermächtigungen für folgende Jahre sind im gleichen Verhältnis anzuheben.

(1) Die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2) Kosten nur erstatten, soweit es dieses oder das Neunte Buch vorsieht.

(2) Versicherte können anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen. Hierüber haben sie ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen. Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind. Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden. Eine Zustimmung kann erteilt werden, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist. Die Inanspruchnahme von Leistungserbringern nach § 95b Absatz 3 Satz 1 im Wege der Kostenerstattung ist ausgeschlossen. Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie kann dabei Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent in Abzug bringen. Im Falle der Kostenerstattung nach § 129 Absatz 1 Satz 6 sind die der Krankenkasse entgangenen Rabatte nach § 130a Absatz 8 sowie die Mehrkosten im Vergleich zur Abgabe eines Arzneimittels nach § 129 Absatz 1 Satz 3 und 5 zu berücksichtigen; die Abschläge sollen pauschaliert werden. Die Versicherten sind an ihre Wahl der Kostenerstattung mindestens ein Kalendervierteljahr gebunden.

(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach dem Neunten Buch werden nach § 18 des Neunten Buches erstattet. Die Kosten für selbstbeschaffte Leistungen, die durch einen Psychotherapeuten erbracht werden, sind erstattungsfähig, sofern dieser die Voraussetzungen des § 95c erfüllt.

(3a) Die Krankenkasse hat über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung. Wird ein im Bundesmantelvertrag für Zahnärzte vorgesehenes Gutachterverfahren gemäß § 87 Absatz 1c durchgeführt, hat die Krankenkasse ab Antragseingang innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden; der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich oder elektronisch mit; für die elektronische Mitteilung gilt § 37 Absatz 2b des Zehnten Buches entsprechend. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Die Krankenkasse berichtet dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen jährlich über die Anzahl der Fälle, in denen Fristen nicht eingehalten oder Kostenerstattungen vorgenommen wurden. Für Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gelten die §§ 14 bis 24 des Neunten Buches zur Koordinierung der Leistungen und zur Erstattung selbst beschaffter Leistungen.

(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. Die Satzung hat das Verfahren der Kostenerstattung zu regeln. Sie hat dabei ausreichende Abschläge vom Erstattungsbetrag für Verwaltungskosten in Höhe von höchstens 5 Prozent vorzusehen sowie vorgesehene Zuzahlungen in Abzug zu bringen. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.

(5) Abweichend von Absatz 4 können in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz Krankenhausleistungen nach § 39 nur nach vorheriger Zustimmung durch die Krankenkassen in Anspruch genommen werden. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn die gleiche oder eine für den Versicherten ebenso wirksame, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit rechtzeitig bei einem Vertragspartner der Krankenkasse im Inland erlangt werden kann.

(6) § 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 gilt in den Fällen der Absätze 4 und 5 entsprechend.

(1) Stellt der leistende Rehabilitationsträger fest, dass der Antrag neben den nach seinem Leistungsgesetz zu erbringenden Leistungen weitere Leistungen zur Teilhabe umfasst, für die er nicht Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 sein kann, leitet er den Antrag insoweit unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu. Dieser entscheidet über die weiteren Leistungen nach den für ihn geltenden Leistungsgesetzen in eigener Zuständigkeit und unterrichtet hierüber den Antragsteller.

(2) Hält der leistende Rehabilitationsträger für die umfassende Feststellung des Rehabilitationsbedarfs nach § 14 Absatz 2 die Feststellungen weiterer Rehabilitationsträger für erforderlich und liegt kein Fall nach Absatz 1 vor, fordert er von diesen Rehabilitationsträgern die für den Teilhabeplan nach § 19 erforderlichen Feststellungen unverzüglich an und berät diese nach § 19 trägerübergreifend. Die Feststellungen binden den leistenden Rehabilitationsträger bei seiner Entscheidung über den Antrag, wenn sie innerhalb von zwei Wochen nach Anforderung oder im Fall der Begutachtung innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen des Gutachtens beim leistenden Rehabilitationsträger eingegangen sind. Anderenfalls stellt der leistende Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen umfassend fest.

(3) Die Rehabilitationsträger bewilligen und erbringen die Leistungen nach den für sie jeweils geltenden Leistungsgesetzen im eigenen Namen, wenn im Teilhabeplan nach § 19 dokumentiert wurde, dass

1.
die erforderlichen Feststellungen nach allen in Betracht kommenden Leistungsgesetzen von den zuständigen Rehabilitationsträgern getroffen wurden,
2.
auf Grundlage des Teilhabeplans eine Leistungserbringung durch die nach den jeweiligen Leistungsgesetzen zuständigen Rehabilitationsträger sichergestellt ist und
3.
die Leistungsberechtigten einer nach Zuständigkeiten getrennten Leistungsbewilligung und Leistungserbringung nicht aus wichtigem Grund widersprechen.
Anderenfalls entscheidet der leistende Rehabilitationsträger über den Antrag in den Fällen nach Absatz 2 und erbringt die Leistungen im eigenen Namen.

(4) In den Fällen der Beteiligung von Rehabilitationsträgern nach den Absätzen 1 bis 3 ist abweichend von § 14 Absatz 2 innerhalb von sechs Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wird eine Teilhabeplankonferenz nach § 20 durchgeführt, ist innerhalb von zwei Monaten nach Antragseingang zu entscheiden. Die Antragsteller werden von dem leistenden Rehabilitationsträger über die Beteiligung von Rehabilitationsträgern sowie über die für die Entscheidung über den Antrag maßgeblichen Zuständigkeiten und Fristen unverzüglich unterrichtet.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2012 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Erstattung von im Zusammenhang mit einem Umzug entstandenen Kosten.

2

Die Klägerin bezieht seit Mai 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von dem Beklagten. Zunächst erbrachte er die tatsächlichen Kosten für die in W gelegene Wohnung der Klägerin. Ende Dezember 2009 mietete die Klägerin zum 1.4.2010 für die Dauer von fünf Jahren ein freistehendes Wohnhaus in A mit einer Wohnfläche von 100 qm. Der monatliche Mietzins betrug bis 30.9.2012 380,00 Euro zuzüglich einer monatlichen Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 123,00 Euro.

3

Einen ersten Antrag auf Erteilung der Zustimmung zum Umzug sowie auf Übernahme der durch den Umzug entstehenden Wohnungsbeschaffungs-, Umzugs-, Renovierungs- und Wiederbeschaffungskosten lehnte der Beklagte im Februar 2010 ab (Bescheid vom 1.2.2010, Widerspruchsbescheid vom 16.3.2010). Zur Begründung führte er aus, dass die Kosten für das angemietete Haus nicht angemessen seien. Im Übrigen scheitere die Übernahme bereits daran, dass eine vorherige Zusicherung nicht erfolgt sei. Einen auf die Erteilung der Zusicherung gerichteten Eilantrag der Klägerin lehnte das SG ab (Beschluss vom 8.3.2010). Am 18.3.2010 beantragte die Klägerin erneut die Zusicherung zur Übernahme der Kosten für den Umzug nach A Zur Begründung führte sie aus, dass das SG in seinem Beschluss einen Betrag von 252,50 Euro als angemessene Unterkunftskosten für eine Person anerkannt habe. Sie habe auf ihrem Grundstück einen Stellplatz für monatlich 130,00 Euro untervermietet und ihre Kaltmiete daher von 380,00 Euro auf 250,00 Euro gesenkt. Die Kosten seien nunmehr angemessen. Der Beklagte lehnte auch diesen Antrag mit der Begründung ab, dass die Vermietung eines Stellplatzes keine Senkung der Unterkunftskosten darstelle, die Einnahmen seien vielmehr als Einkommen zu werten (Bescheid vom 22.3.2010, Widerspruchsbescheid vom 3.5.2010).

4

Das SG hat die gegen die Entscheidungen des Beklagten erhobenen Klagen nach Verbindung der Verfahren abgewiesen (Urteil vom 14.1.2011). Auch die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben (Beschluss des LSG vom 29.10.2012). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, dass nach § 22 Abs 3 S 1 Halbs 1 SGB II eine Zusicherung nur erteilt werden könne, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen seien. Dies sei hier bei monatlichen Kosten in Höhe von 380,00 Euro kalt nicht der Fall. Auch wenn der A er Mietspiegel kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG darstelle, bilde er dennoch die Größenordnung der Mietpreise auf dem A er Wohnungsmarkt ab. Die Vermietung des Stellplatzes führe nicht zu einer Reduzierung der Unterkunftskosten, sondern verschaffe der Klägerin lediglich zusätzliche Einnahmen. Unterkunftskosten könnten nur durch eine Untervermietung von Wohnraum gesenkt werden.

5

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 22 SGB II. So seien die angemessenen Unterkunftskosten für das Haus in A vom LSG nicht zutreffend bestimmt worden. Der Mietspiegel, der vom LSG selbst nicht als schlüssiges Konzept angesehen werde, stelle keine rechtlich zulässige Grundlage hierfür da. Auch hätte das LSG die Höhe der tatsächlichen Unterkunftskosten unter Berücksichtigung der zu erwartenden 130,00 Euro aus der Untervermietung zugrunde legen müssen. Es habe den Begriff der Unterkunft zu Unrecht auf die eigentlichen Wohnräume verengt.

6

Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29. Oktober 2012 und das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 14. Januar 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 1. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. März 2010 und den Bescheid vom 22. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2010 aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin die ihr im Zusammenhang mit dem Umzug von W nach A entstandenen Kosten zu erstatten.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend. Die Aufwendungen für die neue Unterkunft seien unangemessen. Die Bewilligung von Umzugskosten setze keine Ermittlung der konkreten Höhe der angemessenen Kosten voraus.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Ob die Klägerin einen Anspruch auf Erstattung der ihr anlässlich ihres Umzugs von W nach A entstandenen Kosten hat, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen.

10

1. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Erstattung von Kosten, die der Klägerin durch den Umzug von W nach A entstanden sind. Die Abgabe einer Zusicherung zu ihrer Übernahme hat der Beklagte durch die Bescheide vom 1.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.3.2010 sowie vom 22.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.5.2010 abgelehnt. Da die Klägerin den Umzug zwischenzeitlich durchgeführt hat, ist ihr Begehren nicht mehr auf die Erteilung der Zusicherung, sondern die Übernahme der ihr durch den Umzug entstandenen Kosten gerichtet. Diesen Kostenerstattungsanspruch verfolgt sie zulässig im Rahmen einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG - s zum Kostenerstattungsanspruch ausführlich: BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 5 RdNr 11, 20 f und vom 10.9.2013 - B 4 AS 12/13 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 8 RdNr 16).

11

Zwar setzt die Leistungserbringung nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II (in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706, im Folgenden aF; seit 1.1.2011 § 22 Abs 6 SGB II) eine vorherige Zusicherung voraus. Liegt sie vor, können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Nach S 2 dieser Regelung (in der hier maßgeblichen Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, im Folgenden aF) soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Die Zusicherung stellt einen der Bewilligung vorgeschalteten Verwaltungsakt iS von §§ 31, 34 SGB X dar(BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - SGb 2011, 325 f, juris RdNr 13; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R, juris RdNr 24). Mit Abgabe der Zusicherung verpflichtet sich der Beklagte, einen Bescheid über die Übernahme der Wohnungsbeschaffungs- und/oder Umzugskosten / Mietkaution in einer bestimmten Höhe zu erteilen. Hat der Leistungsberechtigte den Umzug jedoch bereits durchgeführt und die in § 22 Abs 3 SGB II aF benannten Aufwendungen getätigt, hat er seinen Bedarf insoweit selbst gedeckt und eine vorherige Zusicherung durch den Leistungsträger hat sich überholt. Vergleichbar einem Sachleistungsanspruch, der bereits durch den Leistungsberechtigten befriedigt worden ist, kann sich der Anspruch aus § 22 Abs 3 SGB II auf die Zusicherung dann in einen Kostenerstattungsanspruch umwandeln. Die Erstattung von Kosten bei Selbstbeschaffung unaufschiebbarer Sozialleistungen (also in Eil- und Notfällen) sowie im Falle rechtswidriger Leistungsablehnung ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens im Sozialrecht (vgl bereits BSG vom 30.10.2001 - B 3 KR 27/01 R - BSGE 89, 50, 56 f = SozR 3-3300 § 12 Nr 1 S 8, juris RdNr 36; BSG vom 19.8.2010 - B 14 AS 36/09 R juris RdNr 21; Grube, Sozialrecht aktuell 2010, 11, 12). Liegen die Voraussetzungen hierfür vor, kann das Begehren auch im Anwendungsbereich des SGB II zulässig auf Erstattung der Aufwendungen in Geld gerichtet werden (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, juris RdNr 21).

12

Seine gleichwohl gegen die Zulässigkeit der Klage hier bestehenden Bedenken wegen des Fehlens eines sachdienlichen (bestimmten) Klageantrags iS von § 92 SGG und dem hierzu erforderlichen Tatsachenvortrag(vgl zur Bezifferung des Kostenerstattungsantrags: BSG Urteil vom 20.4.2010 - B 1/3 KR 22/08 R - BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, juris RdNr 27; BSG Urteil vom 30.6.2009 - B 1 KR 5/09 R - SozR 4-2500 § 31 Nr 15, juris RdNr 14) stellt der Senat hier zurück. Ein (nachträglicher) Kostenerstattungsanspruch muss zwar stets die Zahlung eines bestimmten Geldbetrags zum Inhalt haben. Es ist daher grundsätzlich ein bezifferter Zahlungsantrag zu stellen und in der Klageschrift darzulegen, wie sich dieser Betrag im Einzelnen zusammensetzt (vgl BSG Urteil vom 28.1.1999 - B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1 S 10, juris RdNr 27). Dies ist bislang nicht erfolgt, die Klägerin beantragt lediglich "die ihr im Zusammenhang mit dem Umzug von W nach A entstandenen Kosten zu erstatten". Auch die Tatsacheninstanzen haben keinerlei Feststellungen dazu getroffen, ob der Klägerin überhaupt Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrem Umzug entstanden sind und wenn, in welcher Art und Höhe. Da es jedoch ihnen obliegt, auf die Konkretisierung des Antrags und die Ergänzung des Tatsachenvortrags hinzuwirken (§ 106 Abs 1, § 112 Abs 2, § 153 Abs 1 SGG), kann dieser Verfahrensmangel nicht zu Lasten der Klägerin zur Unzulässigkeit der Klage führen. Er ist vielmehr im wiedereröffneten Verfahren vor dem LSG zu beheben (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 28.1.1999 - B 3 KR 4/98 R - BSGE 83, 254, 263 = SozR 3-2500 § 37 Nr 1 S 11, juris RdNr 28).

13

2. Sollte der Klageantrag im wiedereröffneten Berufungsverfahren konkretisiert werden und das LSG zu Erkenntnissen darüber gelangen, ob der Klägerin tatsächlich Aufwendungen durch den Umzug entstanden sind, ggf in welcher Art und in welcher Höhe, wird es im Hinblick auf den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch die nachfolgenden Maßgaben zu berücksichtigen haben:

14

a) Das Kostenerstattungsbegehren wegen der mit dem Umzug im Zusammenhang stehenden Aufwendungen kann hier nur dann zum Erfolg führen, wenn der Beklagte die Erteilung einer vorherigen Zusicherung und damit einer Zusage der Leistungsgewährung auf einen vor der Durchführung des Umzugs von der Klägerin gestellten Antrag rechtswidrig durch die Bescheide vom 1.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.3.2010 und vom 22.3.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.5.2010 abgelehnt hat. Dann kann dem Leistungsberechtigten - insoweit wird auch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II festzustellen sein - die Substitution durch Selbstbeschaffung wegen der Rechtswidrigkeit der Leistungsablehnung nicht entgegengehalten werden(vgl BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 5 RdNr 20; BSG vom 27.9.2011 - B 4 AS 202/10 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 13 juris RdNr 23; für die Sozialhilfe BSG Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 juris RdNr 11; BVerwG vom 30.4.1992 - 5 C 12/87, BVerwGE 90, 154 ff; s zur Substitution durch Darlehensgewährung BSG vom 20.12.2011 - B 4 AS 46/11 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 45). Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten war ein Antrag auf Zusicherung der Übernahme der in § 22 Abs 3 S 1 SGB II benannten Aufwendungen vor dem Abschluss des Mietvertrags für das Haus nicht erforderlich. Die mit dem Umzug verbundenen Aufwendungen können von dem Leistungsberechtigten im Regelfall erst vor dem unmittelbar bevorstehenden Umzug konkretisiert werden, sodass auch erst dann dem Beklagten eine Entscheidung nach § 22 Abs 3 SGB II im Hinblick auf die Übernahme dem Grunde und der Höhe nach möglich ist(vgl zur Konkretisierung der Unterkunftskosten bei einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 5/10 R - juris RdNr 17). Auch ist die Erteilung einer vorherigen Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II nicht Voraussetzung für die Übernahme der Aufwendungen iS des § 22 Abs 3 SGB II. Dies folgt aus dem Regelungsgefüge des § 22 Abs 1 bis 3 SGB II sowie dem Tatbestand des § 22 Abs 3 SGB II selbst. § 22 Abs 2 SGB II regelt nur die Zusicherung der Leistungserbringung iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II für die neue Unterkunft durch den Leistungsträger. Damit soll dem Leistungsberechtigen eine Planungssicherheit im Hinblick auf die Erbringung der Unterkunftsaufwendungen durch den Beklagten gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II verschafft und eine auf Dauer angelegte Notlage bei nur teilweiser Anerkennung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft als Bedarf vermieden werden(BSG vom 22.11.2011 - B 4 AS 219/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 57 RdNr 19). Die Entscheidung über Leistungen, die mit dem Umzug im Zusammenhang stehen, ist vom Leistungsträger jedoch unabhängig hiervon zu treffen. Sie können nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II auch im Falle der abstrakten Unangemessenheit der Kosten der neuen Unterkunft erbracht werden(s unter d). Umgekehrt ist der Leistungsträger nicht verpflichtet, iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB II die Wohnungsbeschaffungs- und/oder Umzugskosten sowie die Mietkaution zu übernehmen, wenn die neue Unterkunft abstrakt unangemessen teuer ist(s unter c, aa). Einer der Entscheidung nach § 22 Abs 3 SGB II vorgeschalteten Zusicherung iS des § 22 Abs 2 SGB II bedarf es daher nicht.

15

Nach den Feststellungen des LSG liegt es hier nahe, dass die Klägerin vor dem Umzug in das Haus in A Anträge auf Übernahme der mit dem Umzug im Zusammenhang stehenden Kosten beim Beklagten gestellt hat. Der Umzug ist zum 1.4.2010 erfolgt und beide ablehnenden Bescheide des Beklagten datieren früher. Ob die Ablehnung der Übernahme der durch den Umzug entstandenen Kosten jedoch auch rechtswidrig war, konnte der Senat nach den Feststellungen des LSG nicht beurteilen.

16

b) Eine Übernahme von Aufwendungen, die der Klägerin durch den Umzug entstanden sind, kommt nur in Betracht, wenn es sich bei den Aufwendungen um solche zur Wohnungsbeschaffung, des Umzugs oder um eine Mietkaution handelt.

17

Ob hier überhaupt Aufwendungen für eine Mietkaution angefallen sind, erschließt sich dem Senat auch aus dem Antrag der Klägerin nicht. Dies gilt ebenso für die "Wohnungsbeschaffungskosten". Sollten solche entstanden sein, wird das LSG zu beachten haben, dass der Begriff der "Wohnungsbeschaffungskosten" nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats weit auszulegen ist, begrenzt durch den Wortlaut (vgl nur BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, juris RdNr 13). Wohnungsbeschaffungskosten sind daher nur solche Aufwendungen, die mit dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind (BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16; BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - juris RdNr 15). Umzugskosten hat die Klägerin hingegen als Aufwendung im Antrag benannt, wenn sich auch nicht ergibt, ob und ggf in welcher Höhe insoweit tatsächlich Kosten entstanden sind. Übernahmefähige Umzugskosten sind auf die Kosten des Umzugs im engeren Sinn begrenzt. Als Umzugskosten kommen nach der Rechtsprechung des BSG insbesondere die Aufwendungen für Transport, Hilfskräfte, erforderliche Versicherungen, Benzinkosten und Verpackungsmaterial (vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R, juris RdNr 7) sowie Sperrmüllentsorgung in Betracht (BSG vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37 - juris RdNr 19).

18

c) Sollten Aufwendungen der zuvor benannten Art beziffert werden können, wäre der Beklagte jedoch nur dann zu ihrer Erstattung verpflichtet, wenn ein Regelfall des § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF gegeben ist. Nur in den zwei dort benannten typischen Fällen ist das Ermessen des Beklagten gebunden und auf Null reduziert.

19

Nach § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst (bb) oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (cc). Als Soll-Vorschrift ist diese Norm Ausdruck eines Regelermessens, dh der Leistungsträger hat die Zusicherung bei Vorliegen der Voraussetzungen zu erteilen (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 14). Ein Ermessen wird ihm dagegen erst eröffnet, wenn eine vom Regelfall abweichende atypische Fallkonstellation vorliegt. Voraussetzung möglicher gebundener Ansprüche ist insoweit allerdings stets, dass sich die neuen Unterkunftskosten in den Grenzen der abstrakten Angemessenheit halten (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 14; BSG Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, juris RdNr 15) (aa).

20

aa) § 22 Abs 3 S 2 SGB II ist eingebunden in das System des § 22 Abs 1 SGB II. Ohne die Sonderregelung in § 22 Abs 3 S 2 SGB II wären die Kosten eines Umzugs, der auf Veranlassung des Trägers durchgeführt wird oder sonst notwendig ist, bereits als Kosten der Unterkunft von § 22 Abs 1 S 1 SGB II umfasst. Daraus folgt, dass ein Umzug in eine kostenunangemessene Unterkunft weder vom kommunalen Träger veranlasst noch sonst notwendig kann sein. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II wären zudem, wenn tatsächlich keine kostenangemessene Unterkunft vorhanden ist, weiterhin die tatsächlichen Kosten für die bisherige Unterkunft zu übernehmen. Damit bestünde bereits keine konkrete Veranlassung oder Notwendigkeit zu einem Auszug aus der bisherigen Unterkunft (zum Erfordernis der Angemessenheit der neuen Unterkunftskosten vgl Piepenstock in juris-PK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 22 RdNr 178; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 164; von diesem Erfordernis geht auch Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II RdNr 123 aE aus). Auf Grundlage der Feststellungen des LSG vermag der Senat jedoch nicht auf die An- oder Unangemessenheit der Unterkunftsaufwendungen der Klägerin für das zum 1.4.2010 bezogene Haus in A zu erkennen.

21

Das LSG wird insoweit zunächst die tatsächlichen Aufwendungen der neuen Unterkunft zu ermitteln haben. Ausgangspunkt ist dabei die mietvertragliche Vereinbarung der Klägerin vom Dezember 2009. Hier wird das LSG insbesondere festzustellen haben, ob und welche Bestandteile dem Unterkunftsbedarf iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB II zuzuordnen sind. Abzustellen ist auf das, was zu Wohnzwecken angemietet wurde oder untrennbarer Gegenstand der Mietvereinbarung ist. Nicht umfasst sind damit etwa Räume zum Zwecke der Ausübung einer Erwerbstätigkeit (vgl BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 32/09 R, juris RdNr 35; BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 juris RdNr 15) oder weitere Räume oder Plätze, die gesondert angemietet werden und keinen Wohnzwecken dienen, beispielsweise zusätzlich angemietete Garagen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, juris RdNr 28). In die Berechnung der Kosten der Unterkunft ist die vereinbarte Kaltmiete zzgl der kalten Betriebskosten einzustellen.

22

Ferner sind die abstrakt angemessenen Unterkunftskosten im maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnungsstandard aufweist. Eine isoliert betrachtete unangemessene Wohnungsgröße ist dabei unschädlich, es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist, also die zu übernehmende Miete in dem räumlichen Bezirk, der den Vergleichsmaßstab bildet, die angemessene Mietobergrenze nicht überschreitet (vgl nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 72; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 19). Die Mietobergrenze ist auf Grundlage eines schlüssigen Konzeptes zu ermitteln (vgl nur BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, juris RdNr 17 ff). Sofern das LSG davon ausgeht, dass der Mietspiegel der Stadt A kein schlüssiges Konzept darstelle (zur Problematik der Eignung von Mietspiegeln zur Bestimmung der Referenzmiete vgl BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42; s auch S. Knickrehm, JM 2014, 337, 341 ff), hat es im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht zunächst den Beklagten aufzufordern, in Ausübung seiner prozessualen Mitwirkungspflicht aus § 103 S 1 Halbs 2 SGG dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und auf Verlangen des Gerichts eine ggf unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen, um eine Erarbeitung eines schlüssigen Konzeptes zu ermöglichen. Erst wenn sich nach weiteren Ermittlungen des Grundsicherungsträgers und ggf des Gerichts erweist, dass sich keine hinreichenden Feststellungen zu den angemessenen Unterkunftskosten mehr treffen lassen, somit ein Ausfall von lokalen Erkenntnismöglichkeiten vorliegt, ist grundsätzlich von den tatsächlichen Aufwendungen auszugehen, die ihrerseits durch die Tabellenwerte zu § 8 bzw § 12 WoGG - jeweils zzgl eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10 %(vgl BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 25 ff) - nach oben begrenzt sind. Die Frage, ob sich anhand vorgelegter Daten ein schlüssiges Konzept entwickeln lässt, kann ebenso wenig wie die Frage, ob ein Ausfall lokaler Erkenntnismöglichkeiten vorliegt, offen bleiben. Dies haben beide für die Grundsicherung zuständigen Senate des BSG wiederholt betont (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 72 juris RdNr 14 f; BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 juris RdNr 19; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 17).

23

Sollte das LSG entgegen seiner bisherigen Beurteilung zu dem Ergebnis gelangen, dass der von der Klägerin für die neue Unterkunft in A zu zahlende Mietzins die abstrakte Angemessenheitsgrenze nicht überschreitet, wird das Vorliegen einer der beiden zuvor erwähnten typischen Fallkonstellationen iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB II zu prüfen sein.

24

bb) Vom Regelfall der Veranlassung durch den kommunalen Träger ist auszugehen, wenn der Umzug zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft geboten ist. Es muss sowohl der Auszug aus der bisherigen Unterkunft als auch der Einzug in die konkrete neue Wohnung vom kommunalen Träger veranlasst sein (vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 15). Eine Veranlassung des Auszugs zur Verminderung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft ist etwa im Falle einer Kostensenkungsaufforderung anzunehmen. Dem Senat ist eine abschließende Beurteilung hierzu jedoch nicht möglich, denn aus den Feststellungen des LSG ergibt sich nicht hinreichend, ob die Klägerin einer Kostensenkungsaufforderung des Beklagten ausgesetzt war.

25

cc) Eine Notwendigkeit des Umzugs aus anderen Gründen kann bestehen, wenn der Auszug von anderer Seite als durch den kommunalen Träger veranlasst wurde, wie es etwa bei einer auf die Bundesagentur für Arbeit zurückgehenden Eingliederungsmaßnahme der Fall wäre (vgl hierzu BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 17). Eine Notwendigkeit des Auszuges ist ferner bei einer Kündigung oder Räumungsklage des Vermieters gegeben. Das LSG wird ggf hierzu weitere Feststellungen zu treffen haben.

26

Soweit § 22 Abs 3 S 2 SGB II ferner kumulativ vorsieht, dass ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann, ist dies auf die Zukunft gerichtet und spielt für einen abgelaufenen Zeitraum, wenn sich der Anspruch auf die Zusicherung in einen Kostenerstattungsanspruch gewandelt hat, keine Rolle mehr. Die Zusicherung ist dann insoweit überholt.

27

Liegt ein Regelfall iS des § 22 Abs 3 S 2 SGB II vor und bewegen sich die Aufwendungen für die neue Unterkunft unterhalb der Grenze der abstrakten Angemessenheit, hat die Klägerin einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe der "angemessenen" Kosten für Wohnungsbeschaffung, Umzug und/oder Mietkaution. Wie dargestellt, sind gebundene Ansprüche im Rahmen von § 22 Abs 3 S 2 SGB II aF der Höhe nach - systematisch im Zusammenhang mit § 22 Abs 1 S 1 SGB II - auf die Angemessenheit begrenzt. Im Hinblick auf die Umzugskosten gilt hier zu beachten, dass im Rahmen eines aus Steuermitteln finanzierten Fürsorgesystems der Leistungsberechtigte grundsätzlich gehalten ist, einen Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen. Wenn der Leistungsberechtigte den Umzug jedoch etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder wegen der Betreuung von Kleinstkindern nicht selbst vornehmen oder durchführen kann, so der 14. Senat des BSG, ist auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht zu ziehen (BSG vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37, juris RdNr 19).

28

d) Sollte das LSG in Anwendung der genannten Maßstäbe zu dem Ergebnis gelangen, dass die Aufwendungen der Klägerin für die neue Unterkunft abstrakt unangemessen sind oder zwar abstrakt angemessen, jedoch keiner der beiden Regelfälle des § 22 Abs 3 S 2 SGB II gegeben ist, wird es zu klären haben, ob die Ablehnung der Zusicherung durch den Beklagten in den angefochtenen Bescheiden unter pflichtgemäßer Ermessensausübung nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF erfolgt ist. Denn wenn kein Regelfall anzunehmen ist, liegt ein atypischer Fall nach § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF vor, welcher vom Beklagten eine Ermessensentscheidung verlangt. Das Gesetz eröffnet den Leistungsträgern durch § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF allgemein die Möglichkeit, Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten sowie eine Mietkaution auch dann zu übernehmen, wenn der Umzug nicht vom Leistungsträger veranlasst oder sonst erforderlich ist und/oder die Mietaufwendungen für die neue Unterkunft die abstrakte Angemessenheitsgrenze überschreiten. Der Anspruch der Klägerin ist in diesem Fall auf einen Anspruch auf ordnungsgemäße Ermessensentscheidung gerichtet. Das LSG unterliegt insoweit einem Fehlverständnis der Systematik von § 22 Abs 3 SGB II aF, wenn es annimmt, die Erteilung einer Zusicherung sei in jedem Fall - sowohl nach S 2 als auch nach S 1 - nur bei Umzug in eine kostenangemessene Unterkunft möglich. Der Anwendungsbereich von § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF geht darüber hinaus. Dem Leistungsträger wird durch § 22 Abs 3 S 1 SGB II aF sowohl bezüglich des "Ob" als auch des "Wie" der Leistungserbringung Ermessen eingeräumt.

29

Die streitgegenständlichen Bescheide lassen eine Ermessensausübung nicht erkennen, sie sind bereits aufgrund eines Ermessensnichtgebrauchs materiell rechtswidrig und müssten durch das LSG aufgehoben werden (§ 54 Abs 2 SGG; vgl BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 7/09 R - BSGE 106, 135 = SozR 4-4200 § 22 Nr 37), es sei denn, das LSG würde im Hinblick auf eine ablehnende Entscheidung zu einer Ermessensreduzierung des Beklagten auf Null gelangen. Dem erkennenden Senat mangelt es jedoch auch hier an ausreichenden Feststellungen des LSG, um die Sach- und Rechtslage abschließend beurteilen zu können.

30

Im Falle der Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide und der Verpflichtung des Beklagten, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (§ 131 Abs 2 S 2 iVm Abs 3 SGG), wird dieser bei einer neuen Entscheidung die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen haben. Als Ermessensgesichtspunkte sind hierbei grundsätzlich die Umstände einzubeziehen, die zum Auszug geführt haben, aber auch absehbare zukünftige Entwicklungen, wie zB Kostensenkungsbemühungen des Leistungsberechtigten iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II, die nach erfolgreicher Durchführung die Aufwendungen für die neue Unterkunft zumindest zeitweilig auf ein konkret angemessenes Maß reduzieren. Insoweit wird ggf die von der Klägerin behauptete Untervermietung eines Stellplatzes auf dem von ihr angemieteten Hausgrundstück (vgl hierzu BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, juris RdNr 28; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 34; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, juris RdNr 19)auf ihre kostensenkende Wirkung bei den Unterkunftskosten zu untersuchen sein.

31

Untervermietungen von Teilen der angemieteten Unterkunft sind als Kostensenkungsmaßnahmen bei der Bedarfsberechnung der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Zahlungen daraus stellen regelmäßig kein Einkommen iS von § 11 SGB II dar. Dies folgt aus Gesetzeswortlaut, Begründung des Gesetzentwurfs, Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung (für eine Berücksichtigung iRd Unterkunftskosten vgl LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 22.2.2008 - L 28 AS 1065/07 - juris; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, § 22 SGB II RdNr 18, Stand IV/14; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl 2014, § 35 RdNr 51; Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 24; ders in LPK-SGB XII, 9. Aufl 2014, § 35 RdNr 17; für eine Berücksichtigung als Einkommen vgl SG Potsdam Urteil vom 26.3.2014 - S 38 AS 1542/13 WA - juris; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 50; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 54, Stand X/12; Nguyen in juris-PK SGB XII, 2. Aufl 2014, § 35 RdNr 100).

32

Gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, im Folgenden aF) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706, im Folgenden aF) sind Aufwendungen für die Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Der Wortlaut des § 22 Abs 1 S 3 SGB II aF nennt mithin ausdrücklich das Vermieten als mögliche Maßnahme zur Senkung der Unterkunftsaufwendungen. Aufwendungen sind in diesem Zusammenhang die tatsächlichen iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB II aF. Hiervon wird auch in der Begründung zum Entwurf des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ausgegangen (vgl BT-Drucks 15/1516 S 57).

33

Dieses Ergebnis wird durch systematische Überlegungen gestützt. Würden Erträge aus Untervermietung als Einkommen iS von § 11 SGB II gewertet, hätte dies zur Folge, dass der Leistungsberechtigte seinem Vermieter gegenüber im vollen Umfang zur Zahlung der vereinbarten Miete verpflichtet bliebe, vom Leistungsträger jedoch nur die angemessenen Kosten der Unterkunft und zugleich einen um die Einnahmen aus der Untervermietung - ggf abzüglich der Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30 Euro(§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-VO) - verminderten Regelbedarf erhielte. Die Differenz zwischen tatsächlichen und angemessenen Unterkunftskosten hätte er damit vollständig und in jedem Fall selbst zu tragen. Dabei handelt es sich wirtschaftlich betrachtet bei dem Zufluss von Zahlungen aus einer Untervermietung für den Leistungsberechtigten letztlich nur um einen "Durchlaufposten", der an den Vermieter weitergeleitet wird, ergänzt um den Differenzbetrag zur Gesamtmiete, den der Träger erbringt (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, juris RdNr 25 f). Insoweit hat der erkennende Senat bereits im Falle eines Mietzuschusses darauf hingewiesen, dass unter der Geltung der Zuflusstheorie zwar grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert dem Begriff des Einkommens iS des § 11 SGB II unterfallen. Anders sei dies aber dann, wenn eine Einnahme im Ergebnis lediglich eine bestimmte Bedarfsposition mindern solle und insoweit wirtschaftlich nicht dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzurechnen sei (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, juris RdNr 25 f). Sind die tatsächlichen Unterkunftskosten dagegen angemessen, würde umgekehrt die Wertung der Einnahmen als Einkommen zu einer Besserstellung des Leistungsberechtigten führen. Er würde seitens des kommunalen Trägers weiterhin die vollständigen Unterkunftskosten erhalten, könnte im Rahmen der Einkommensanrechnung aber ggf die Versicherungspauschale, sofern nicht bereits aufgrund anderer Einkommen berücksichtigt, geltend machen, was im Ergebnis zu einer monatlich um 30 Euro höheren Leistung führen würde als bei einem unmittelbaren Abzug im Rahmen der Kosten der Unterkunft.

34

Auch die differenzierte Trägerzuständigkeit nach § 6 SGB II legt eine Berücksichtigung der Untervermietungserträge unmittelbar bei den Unterkunftskosten nahe. Eine Anrechnung als Einkommen würde ansonsten nach § 19 S 3 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706; seit 1.1.2011 § 19 Abs 3 SGB II) - nach Abzug der Versicherungspauschale - zunächst die Geldleistungen der BA und damit den Regelbedarf des Leistungsberechtigten mindern. Die kommunalen Träger - obwohl nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II Erbringer der Unterkunftsleistungen - profitierten nicht von der als Kostensenkungsmaßnahme ausdrücklich im Gesetz vorgesehenen Untervermietung. Dies würde selbst in dem Fall gelten, in dem der kommunale Träger die tatsächlichen, aber grundsicherungsrechtlich unangemessenen Aufwendungen wegen Unzumutbarkeit oder Unmöglichkeit eines Umzugs weiterhin übernehmen muss. Der die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft übersteigende Ertrag aus Untervermietung ist dann folglich jedoch als Einkommen nach § 11 SGB II beim Regelbedarf zu berücksichtigen. Denn dieser Teil des Ertrages dient nicht mehr der Senkung der Unterkunftskosten, sondern der Einkommenserzielung.

35

Zudem ist es Sinn und Zweck der Regelung des § 22 Abs 1 S 1 SGB II, Leistungen für den tatsächlichen Bedarf einer Unterkunft zu gewähren. Der tatsächliche Bedarf entsteht jedoch nur für selbst genutzten Wohnraum. Sofern Teile eines angemieteten Wohnraums von einem Leistungsberechtigten wegen Untervermietung nicht genutzt werden, besteht mithin auch kein Grund, hierfür Leistungen zu erbringen.

36

Die Sonderregelung in § 22 Abs 1 S 4 SGB II(in der hier maßgeblichen Fassung des FortentwicklungsG vom 20.7.2006, BGBl I 1706, im Folgenden aF; seit 1.1.2011 § 22 Abs 3 SGB II) steht der vorgenommenen Wertung nicht entgegen. Danach mindern Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben insoweit außer Betracht. Die Vorschrift wurde auf Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales in das Gesetz eingefügt und stellt eine Reaktion darauf dar, dass Betriebskostenrückzahlungen bis dato als Einkommen zu werten waren. Man war zu der Auffassung gelangt, dies führe zu nicht sachgerechten Ergebnissen (vgl BT-Drucks 16/1696 S 26 f). Die Rechtsprechung hat daraus für davor liegende Zeiträume abgeleitet, dass Betriebskostenrückzahlungen Einkommen iS von § 11 SGB II sein müssten(vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 37). Dies war angesichts des gesetzgeberischen Willens, wie er zur Einführung von § 22 Abs 1 S 4 SGB II deutlich wurde, zwingend. Mangels Wortlautstützen für eine Berücksichtigung der Betriebskostenrückzahlungen unmittelbar bei den Unterkunftskosten war für diese eine andere Auslegung auch nicht möglich. Bei Erträgen aus Untervermietung verhält es sich jedoch insoweit anders. Die Berücksichtigung unmittelbar bei den Unterkunftskosten findet wie aufgezeigt im Wortlaut ihren Niederschlag und wird ferner vom gesetzgeberischen Willen getragen.

37

4. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung hat die Agentur für Arbeit unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei ist grundsätzlich auf

1.
die Fähigkeiten der zu fördernden Personen,
2.
die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und
3.
den anhand der Ergebnisse der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf
abzustellen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Bei der Auswahl von Ermessensleistungen der aktiven Arbeitsförderung hat die Agentur für Arbeit unter Beachtung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die für den Einzelfall am besten geeignete Leistung oder Kombination von Leistungen zu wählen. Dabei ist grundsätzlich auf

1.
die Fähigkeiten der zu fördernden Personen,
2.
die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes und
3.
den anhand der Ergebnisse der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten arbeitsmarktpolitischen Handlungsbedarf
abzustellen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.