Landessozialgericht Baden-Württemberg Beschluss, 13. März 2012 - L 10 LW 4296/10

13.03.2012

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.07.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt die Gewährung von Altersrente für Landwirte nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte (ALG).
Der verheiratete und kinderlose Kläger bewirtschaftet seit mindestens 1990 ein landwirtschaftliches Unternehmen, das die Mindestgröße übersteigt. Allein im Zuständigkeitsbereich der Beklagten handelt es sich um 59,54 ha Forst sowie 840,97 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Nach Angaben des Klägers umfasst sein Unternehmen insgesamt 1.300 ha Forst sowie 1500 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Seit dem 01.01.2008 erhält er von der Deutschen Rentenversicherung Bund Regelaltersrente in Höhe von monatlich 895,34 EUR (Stand 01.01.2008) zuzüglich eines Zuschusses zur Krankenversicherung.
Seinen bei der Beklagten im Dezember 2008 gestellten Antrag auf Gewährung von Altersrente, mit dem er zugleich die Abgabe seines Unternehmens ablehnte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 04.09.2008 und Widerspruchsbescheid vom 28.04.2009 ab. Zwar habe der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit für die begehrte Rente erfüllt, die Rentengewährung scheitere jedoch an der fehlenden Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens.
Das hiergegen am 14.05.2009 mit verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Einwänden angerufene Sozialgericht Stuttgart hat die Klage mit Urteil vom 20.07.2010 abgewiesen. Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liege nicht vor, ein europarechtlicher Verstoß sei nicht erkennbar.
Gegen das ihm am 13.08.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.09.2010 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein Vorbringen erster Instanz und meint, das in der bisherigen Rechtsprechung angeführte Argument, landwirtschaftliche Unternehmen zu einem wirtschaftlich sinnvollen Zeitpunkt an Jüngere zu übergeben, sei nur politischer Wille, jedoch kein sachlicher Differenzierungsgrund für eine Ungleichbehandlung und angesichts der durchschnittlichen Größe landwirtschaftlicher Unternehmen in Deutschland von 60 ha im Hinblick auf die Größe des von ihm bewirtschafteten Unternehmens auch nicht mehr aktuell. Er sieht eine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen landwirtschaftlichen Unternehmern und sonstigen Normadressaten, insbesondere im Hinblick auf die Größe des von ihm bewirtschafteten Unternehmens. Eine Verpachtung sei aus tatsächlichen Gründen unmöglich und würde steuerrechtlich im Erbschaftfall zu einer höheren Besteuerung der Erben führen. Auch ein Verkauf sei nicht möglich. Er fordert eine Gleichbehandlung mit anderen Wirtschaftsunternehmern. Außerdem rügt er einen Verstoß gegen das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, das er aus den Artikeln 44 bis 51 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ableitet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.07.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.09.2008 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 28.04.2009 zu verurteilen, ihm ab Vollendung des 65. Lebensjahres Altersrente nach dem ALG zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
10 
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist und unter anderem auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 25.02.2010, B 10 LW 1/09 R.
11 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
12 
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
13 
Rechtsgrundlage des prozessualen Begehrens des Klägers ist § 11 Abs. 1 ALG. Danach haben Landwirte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie die Regelaltersgrenze erreicht haben, sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist.
14 
Zutreffend gehen die Beteiligten und das Sozialgericht davon aus, dass der Kläger im Zeitpunkt seines Rentenantrages die Wartezeit von 15 Jahren bereits erfüllt hatte und im Dezember 2007 auch die Altersgrenze für die Altersrente erreichte. Zwar wird nach § 11 Abs. 3 ALG in der ab dem 01.01.2008 geltenden Fassung die Regelaltersgrenze erst mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht, doch ordnet § 87a ALG in Abweichung hierzu an, dass Geburtsjahrgänge vor 1947 - und damit auch der 1942 geborene Kläger - die Regelaltersgrenze des § 11 ALG bereits mit 65 Jahren erreichen.
15 
Indessen erfüllt der Kläger - unstreitig - die dritte Voraussetzung für die begehrte Regelaltersrente nicht, weil er noch immer ein landwirtschaftliches Unternehmen oberhalb der Mindestgröße bewirtschaftet, also sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht abgegeben hat.
16 
Nach § 21 Abs. 1 ALG ist ein Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben, wenn das Eigentum an den landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Ausnahme stillgelegter Flächen an einen Dritten übergegangen ist. Nach Abs. 2 Satz 1 gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft als abgegeben, wenn (Nr. 1) die landwirtschaftlich genutzten Flächen verpachtet sind, diese mit einem Nießbrauch zugunsten Dritter belastet sind (Nr. 2) oder (Nr. 3) in ähnlicher Weise die landwirtschaftliche Nutzung auf eigenes Risiko auf längere Dauer unmöglich gemacht ist. Die nachfolgenden Absätze des § 21 ALG enthalten weitere Fallgestaltungen, die einer Abgabe nach Abs. 1 gleich gestellt werden.
17 
Auf Grund der Angaben des Klägers über die weitere Bewirtschaftung seines Unternehmens mit einer behaupteten Fläche von ca. 1.300 ha Forst und 1.500 ha Landwirtschaft und dem Umstand, dass allein im Zuständigkeitsbereich der Beklagten rund 60 ha Forst und 841 ha Landwirtschaft vom Kläger bewirtschaftet werden (so die Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid), steht fest, dass eine solche Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens bislang nicht erfolgt ist. Der Kläger behauptet auch nicht, das Unternehmen abgegeben zu haben.
18 
Er meint vielmehr und in erster Linie, die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe verstoße gegen das Grundgesetz (GG). Dies trifft indessen nicht zu.
19 
Die so genannte Hofabgabepflicht nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte (GAL) und dem seit 01.01.1995 geltenden ALG ist durch die Rechtsprechung des BSG bisher stets als wirksam und mit höherrangigem Recht vereinbar angesehen worden (zuletzt BSG, Urteil vom 25.02.2010, B 10 LW 1/09 R in SozR 4-5868 § 13 Nr. 5 m.w.N.). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in einer Reihe von Entscheidungen als verfassungsrechtlich einwandfrei beurteilt (Beschluss vom 15.04.1969, 1 BvL 18/68 in SozR Nr. 77 zu Art. 3 GG; Beschluss vom 30.05.1980, 1 BvR 313/80 in SozR 5850 § 2 Nr. 6; Beschluss vom 18.12.1981, 1 BvR 943/81 in SozR 5850 § 2 Nr. 8; Beschluss vom 20.9.1999, 1 BvR 1750/95 in SozR 3-5850 § 4 Nr. 1; Beschluss vom 01.03.2004, 1 BvR 2099/03 in SozR 4-5868 § 1 Nr. 3). Danach ist die gesetzliche Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens mit dem Sozialstaatsprinzip, dem allgemeinen Gleichheitssatz, dem Grundrecht der Berufsfreiheit sowie der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes vereinbar. Die vom Kläger erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände sind nicht geeignet, die bisherige verfassungsrechtliche Beurteilung der Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in Frage zu stellen.
20 
Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG ist nach dieser Rechtsprechung schon deswegen nicht berührt, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder seinen Hof abgeben will (BSG, a.a.O. m.w.N.). Eine Einschränkung seiner Berufsfreiheit behauptet der Kläger auch nicht.
21 
Art. 14 Abs. 1 GG kann im Hinblick auf den Eigentumsschutz von Rentenanwartschaften durch das Erfordernis der Hofabgabe schon deswegen nicht verletzt sein, weil die vom Kläger ausgeübte Tätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer und damit auch der Erwerb der Rentenanwartschaften in der landwirtschaftlichen Alterssicherung durchgängig mit der Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente jeglicher Art gegolten hat (BSG, a.a.O., auch ausführlich zur gesetzlichen Entwicklung). Die von ihm erworbenen Rentenanwartschaften waren deshalb von vornherein mit diesem Abgabeerfordernis belastet. Gleiches gilt in Bezug auf die Veräußerung des Unternehmens als primärer Abgabetatbestand. Auch insoweit wird der Landwirt nicht gezwungen, sein Eigentum zu veräußern, dies bleibt seinem freien Willen überlassen; dies gilt ebenso für die Möglichkeit, durch Verpachtung den Abgabetatbestand zu erfüllen. Dem entsprechend geht der Vortrag des Klägers, wegen der für die Abgabe notwendigen Veräußerung oder Verpachtung, die mit schwerwiegenden Nachteilen verknüpft sei, werde er enteignet, am Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG vorbei.
22 
Im Vordergrund der Argumentation des Klägers steht der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber verstößt gegen das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obgleich zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, Beschluss vom 20.09.1999, a.a.O.). Eine nach diesen Maßstäben verfassungsrechtlich unzulässige Ungleichbehandlung zu Lasten des nach dem ALG Versicherten ist nicht gegeben.
23 
Der Gesetzgeber verfolgte mit der angegriffenen Regelung das Ziel, selbständige Landwirte ab einem bestimmten Lebensalter zur Abgabe ihrer Höfe zugunsten Jüngerer zu bewegen (BVerfG, a.a.O.). Diese Zielsetzung ist nach der Konzeption des Gesetzes mit einer angemessenen Altersversorgung der durch die Abgabe des Hofes in besonderer Weise schutzbedürftig gewordenen Landwirte untrennbar verbunden (BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981, a.a.O.). Die ihr zu Grunde liegende Erwägung fügt sich somit in das Gesamtkonzept des Gesetzgebers ein, die Alterssicherung der selbständigen Landwirte in einer den besonderen Bedürfnissen dieses Berufsstandes entsprechenden Weise rechtlich zu gestalten (BVerfG, Beschluss vom 20.09.1999, a.a.O.). Sie ist agrar- und strukturpolitisch nachvollziehbar begründet und rechtfertigt die besondere rentenrechtliche Behandlung, die selbständige Landwirte erfahren, wenn sie sich zu einer Abgabe des Hofes nach Erreichen Altersgrenze nicht entschließen können (BVerfG, a.a.O.).
24 
Soweit der Kläger insoweit einwendet, diese agrarpolitische Zielsetzung sei nur politischer Wille und könne keinen sachlichen Differenzierungsgrund darstellen, verkennt er, dass dem Gesetzgeber, der gerade politische Entscheidungen trifft, ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht. Sozialpolitische Erwägungen des Gesetzgebers sind deshalb hinzunehmen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung unvereinbar sind (BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981, a.a.O.), wofür keinerlei Anhalt besteht (vgl. die erwähnten Entscheidungen des BSG und des BVerfG). Aus demselben Grund kann der Kläger auch nicht mit seiner - allerdings ohnehin nicht nachvollziehbaren - Behauptung durchdringen, diese Erwägung sei „längst nicht mehr aktuell“. Auch insoweit steht dem Gesetzgeber der erwähnte Beurteilungsspielraum zu. Aus welchen Gründen in diesem Zusammenhang die vom Kläger behauptete durchschnittliche Betriebsgröße eines landwirtschaftlichen Unternehmens von 60 ha von Bedeutung sein soll, erschließt sich dem Senat nicht.
25 
Soweit der Kläger einwendet, in keinem anderen Altersversorgungssystem würden Anspruchssteller gezwungen, ihr erarbeitetes Besitztum zu verkaufen, übersieht er die besondere Zielrichtung des GAL und nachfolgend des ALG. Dies gilt auch in Bezug auf Unternehmer als Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung, die - wie der Kläger vorträgt - auch ohne Aufgabe der Tätigkeit die Rente erhalten. Insoweit hat das BVerfG (Beschluss vom 15.04.1969, a.a.O.) in der unterschiedlichen Behandlung gerade keinen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gesehen und u.a. darauf hingewiesen, dass die Landwirtschaftliche Alterssicherung - was noch immer gilt - maßgeblich aus Zuschüssen des Bundes finanziert wird, also einen stark fürsorgerischen Charakter hat, was es rechtfertigt, die Ansprüche an strengere Voraussetzungen, also die Abgabe des Unternehmens zu binden.
26 
Soweit der Kläger - eine Differenzierung erfordernde - Unterschiede in der Gruppe der Landwirte behauptet, insbesondere in Bezug auf die behauptete Durchschnittsgröße landwirtschaftlicher Betriebe im Vergleich zur Größe seines Unternehmens oder in Bezug auf die behaupteten Nachteile einer Verpachtung, ist auch insoweit auf das weite sozialpolitische Ermessen des Gesetzgebers zu verweisen, sodass keine Pflicht bestand, für die Behandlung atypischer Fälle Sonderregelungen, etwa - wie vom Kläger verlangt - in Form einer Härteklausel vorzusehen (BVerfG, Beschluss vom 20.09.1999, a.a.O.). Damit gehen die Behauptungen des Klägers, insbesondere zur Unmöglichkeit einer Abgabe, aus Rechtsgründen ins Leere. Im Übrigen ist die Heranziehung von Durchschnittswerten insoweit nach Auffassung des Senats ohnehin unzulässig, weil Durchschnittswerte gerade nicht die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegeln. Was die behaupteten Nachteile einer Verpachtung anbelangt, kann der Senat in den Ausführungen des Klägers keine hinreichende tatsächliche Substanz erkennen, schon deshalb nicht, weil der Kläger weder den Umstand der ihm in Form der Pacht zustehenden Gegenleistung in Erwägung zieht noch die Möglichkeit, durch die entsprechende vertragliche Gestaltung des Pachtvertrages die behauptete Entwertung der forstwirtschaftlichen Flächen durch Einschlag zu verhindern; schließlich dürfte hinsichtlich der behaupteten Aberntung von Holz für die einzelnen Flächen mit ihrem unterschiedlichen Bewuchs, insbesondere was die Erntereife anbelangt, zu unterscheiden sein. Aus welchen Gründen eine - im Falle der Verpachtung vom Kläger behauptete - höhere steuerliche Belastung der Erben ihn selbst in Rechten verletzen soll, ist für den Senat nicht erkennbar. Soweit der Kläger behauptet, anders bei Betrieben mit der statistischen Durchschnittsgröße von 60 ha sei ein Verkauf eines Betriebes mit der Größe des von ihm bewirtschafteten Unternehmens nicht möglich, übersieht er, dass er nicht gezwungen ist, das gesamte Unternehmen an einen einzigen Übernehmer zu veräußern; insoweit kommen Verkäufe an mehrere Käufer oder auch eine Mischung aus Verkauf und Verpachtung bzw. anderer Formen der Abgabe in Betracht. Soweit der Kläger eine Differenzierung im Vergleich zu anderen Normadressaten anmahnt, ist seinem Vorbringen schon die Vergleichsgruppe nicht zu entnehmen. Soweit er hiermit Versicherte der gesetzlichen Rentenversicherung meinen sollte, wird auf die Ausführungen oben verwiesen.
27 
Im Ergebnis vermag der Senat somit den verfassungsrechtlichen Einwänden des Klägers nicht zu folgen.
28 
Für den Senat nicht nachvollziehbar ist die Behauptung des Klägers, mit der Abgabepflicht würde gegen ein europarechtliches Altersdiskriminierungsverbot verstoßen. Insoweit hat der Kläger lediglich vorgetragen, die Art. 44 bis 51 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 - zwischenzeitlich abgelöst durch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 - ließen es nicht zu, Rentenansprüche an eine Abgabe des Unternehmens zu knüpfen. Aus welcher Regelung sich Derartiges konkret ergeben soll, hat der Kläger, worauf schon das Sozialgericht hingewiesen hat, nicht dargelegt. Diese Vorschriften koordinieren die verschiedenen nationalen Systeme der sozialen Sicherheit in Europa. Im Falle des Klägers besteht jedoch kein derartiger internationaler Bezug.
29 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
30 
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte - ALG | § 11 Regelaltersrente


(1) Landwirte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn 1. sie die Regelaltersgrenze erreicht haben und2. sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben. (2) Mitarbeitende Familienangehörige haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie 1. die Reg

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Bundessozialgericht Urteil, 25. Feb. 2010 - B 10 LW 1/09 R

bei uns veröffentlicht am 25.02.2010

Tatbestand 1 Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung trotz Fehlens einer sog Hofabgabe.

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Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung trotz Fehlens einer sog Hofabgabe.

2

Der 1964 geborene Kläger ist seit dem 1.3.1992 Gesellschafter und Geschäftsführer der W. GmbH. Außer ihm sind drei weitere Personen an der Gesellschaft beteiligt. Der Kläger ist bei einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich teilweise erwerbsgemindert.

3

Seinen Rentenantrag vom 1.3.2006 lehnte die beklagte Landwirtschaftliche Alterskasse (LAK) mit Bescheid vom 13.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.4.2007 unter Hinweis darauf ab, dass der Kläger nicht aus der GmbH ausgeschieden sei (§ 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 iVm § 21 Abs 8 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte) . Schon unter dem 26.6.2006 hatte die Beklagte den Kläger auf diese fehlende Anspruchsvoraussetzung hingewiesen.

4

Das Sozialgericht Speyer (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.6.2008). Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 5.2.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Der Anspruch setze voraus, dass das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben sei. Werde ein Unternehmen der Landwirtschaft von mehreren Personen gemeinsam, von einer Personenhandelsgesellschaft oder einer juristischen Person betrieben, gelte das Unternehmen gemäß § 21 Abs 8 Satz 1 ALG nur dann als abgegeben, wenn der Unternehmer ausgeschieden sei. Dies erfordere nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass sich der Unternehmer gesellschaftsrechtlich vollständig von der Gesellschaft gelöst habe (Urteil des BSG vom 30.8.2007 - B 10 LW 4/06 R -) . Im Falle der Beteiligung an einer GmbH müsse der Betroffene seine Gesellschaftsanteile abgegeben haben. Das sei hier nicht der Fall.

5

§ 21 Abs 8 ALG sei verfassungskonform und stehe insbesondere in Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG. Die Personengruppe, welcher der Kläger angehöre, nämlich die GmbH-Gesellschafter eines landwirtschaftlichen Unternehmens, werde im Verhältnis zu keiner anderen Personengruppe gleichheitswidrig benachteiligt, insbesondere nicht im Verhältnis zu Personen, die eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus der allgemeinen Rentenversicherung erhielten, bei denen das Erfordernis der Abgabe des Unternehmens indes nicht bestehe. Die Notwendigkeit der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung einer Rente aus der landwirtschaftlichen Altersversorgung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht zu beanstanden. Verstöße gegen Art 14 und Art 12 GG seien ebenfalls nicht ersichtlich.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Verfassungsrecht. Die in dem angefochtenen Urteil angewendete Vorschrift des § 21 Abs 8 ALG verstoße gegen Art 3, 12 und 14 GG. Ein Ausscheiden aus der GmbH, die über keine eigenen landwirtschaftlichen Flächen verfüge, sei ihm auch nicht möglich, da er für deren Schulden Bürgschaften geleistet habe. Das angefochtene Urteil beruhe zudem auf unvollständigen und damit fehlerhaften Feststellungen, da der Inhalt der Bundestags-Protokolle zum Gesetzgebungsverfahren des ALG nicht festgestellt worden sei.

7

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2009, das Urteil des SG Speyer vom 26. Juni 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die Revision des Klägers für unbegründet.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

11

Zutreffend hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Wie die beklagte LAK zu Recht entschieden hat, hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

12

Der aufgrund des Rentenantrages vom 1.3.2006 zu beurteilende Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des ALG vom 29.7.1994 (BGBl I 1890 idF der bis zur Revisionsentscheidung ergangenen Änderungsgesetze, zuletzt durch das Gesetz vom 21.12.2008 ) . Nach dessen § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 haben Landwirte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert nach § 43 SGB VI sind, sie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 3 Jahre Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt haben, sie vor Eintritt der Erwerbsminderung die Wartezeit von 5 Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist.

13

Ob der Kläger die Voraussetzungen der Nr 1, 2 und 3 des § 13 Abs 1 Satz 1 ALG erfüllt, kann das Revisionsgericht aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Entsprechender Feststellungen bedarf es indes hier nicht, denn der Anspruch des Klägers scheitert jedenfalls an der Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ALG, weil er das Unternehmen der Landwirtschaft nicht - wie erforderlich - abgegeben hat (1). Die gemäß § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ALG iVm § 21 ALG gesetzlich verankerte Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft für landwirtschaftliche Unternehmer gilt ausnahmslos auch für den Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung; entgegen dem Klageziel und dem Vorbringen des Klägers ergibt sich weder durch Auslegung noch durch richterliche Rechtsfortbildung die Möglichkeit, von ihr im vorliegenden Fall abzusehen (2). Sie verstößt nicht gegen das Grundgesetz (3).

14

1) Die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens erfordert nach § 21 Abs 1 ALG grundsätzlich die Übertragung des Eigentums an den genutzten Flächen. Dem stehen nach § 21 Abs 2 und Abs 4 ALG Tatbestände gleich, die eine langjährige Unmöglichkeit, Flächen landwirtschaftlich zu nutzen, umschreiben. Weitere der Abgabe gleichgestellte Tatbestände enthalten § 21 Abs 5 bis 7 ALG. Eine (tatsächliche) Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens erfordert danach einen prinzipiell endgültigen Verlust der Unternehmereigenschaft (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 LW 3/07 R - SozR 4-5868 § 1 Nr 7 RdNr 23 mwN) . Nach § 21 Abs 8 Satz 1 ALG gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft, das ua von mehreren gemeinsam, von einer Personenhandelsgesellschaft oder einer juristischen Person betrieben wird, nur dann als abgegeben, wenn der (Mit-)Unternehmer aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, also sich gesellschaftsrechtlich vollständig von der Gesellschaft gelöst hat(s BSG Urteil vom 30.8.2007 - B 10 LW 4/06 R - SozR 4-5868 § 30 Nr 1 RdNr 25 zu dem dem § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 wortlautgleichen, für die Regelaltersrente geltenden § 11 Abs 1 Nr 3 ALG iVm § 21 Abs 8 Satz 1 ALG) .

15

Sofern der landwirtschaftliche Unternehmer an einer GmbH (juristische Person nach § 13 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) beteiligt ist, ist danach erforderlich aber auch ausreichend, dass er sich von seinen Anteilen an der GmbH dauerhaft trennt. Er muss sich seiner Anteile am Stammkapital (s §§ 5, 3 GmbHG) vollständig entäußern. Die Funktion eines Geschäftsführers der GmbH müsste der Unternehmer nicht zugleich aufgeben. Bei Zahlung eines Arbeitsentgelts für die Tätigkeit als (Nur-)Geschäftsführer wäre er als abhängig Beschäftigter gemäß § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Andererseits führte die alleinige Aufgabe der Tätigkeit als Geschäftsführer zwar zu einem Entfallen der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte (s § 1 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Satz 3 ALG, wonach die Mitgliedschaft in einer juristischen Person und die hauptberufliche Tätigkeit im Unternehmen kumulativ vorliegen müssen) , indes wäre damit das Unternehmen der Landwirtschaft nicht iS des § 21 Abs 8 Satz 1 ALG abgegeben.

16

Nach diesen rechtlichen Vorgaben hat der Kläger sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht abgegeben, denn er ist nach wie vor Gesellschafter der W. GmbH. Dies hat das LSG festgestellt. Diese Feststellung ist für das Revisionsgericht bindend, denn sie ist von der Revision nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden (§ 163 SGG). Der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand des Klägers, er könne sich wegen der von ihm übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen nicht von seinem Anteil an der GmbH trennen, führt nicht weiter. Denn Schwierigkeiten bei der Unternehmensabgabe können die vom Gesetz vorbehaltlos verlangte Abgabe weder erfüllen noch ersetzen.

17

2) Durch Gesetzesauslegung oder durch richterliche Rechtsfortbildung kann von dem gesetzlichen Erfordernis der sog Hofabgabe auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers nicht abgesehen werden.

18

Der Wortlaut des § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ALG, wonach Landwirte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben, wenn sie das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben haben - und die weiteren Voraussetzungen der Nr 1 bis 3 dieser Vorschrift erfüllen -, ist vom Wortsinn her eindeutig bestimmt. Ebenso klar ist der Wortlaut des § 21 Abs 8 Satz 1 ALG, der das Ausscheiden des landwirtschaftlichen Unternehmers aus der das Unternehmen betreibenden juristischen Person verlangt. Beiden Vorschriften lässt sich durch juristische Auslegungsmethoden kein vom Wortlaut abweichender Sinn geben. Der eindeutige Wortsinn einer gesetzlichen Vorschrift ist die Grenze jeder Auslegung (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 143 mwN; s BVerfGE 54, 277, 299 f; 59, 330, 334; 93, 37, 81) . Eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut einer gesetzlichen Bestimmung ist nicht möglich.

19

Auch durch Methoden richterlicher Rechtsfortbildung kann weder von der Voraussetzung der sog Hofabgabe noch von der Voraussetzung des Ausscheidens des Landwirts aus der das Unternehmen tragenden juristischen Person abgesehen werden. Der vom Kläger mehr schlagwortartig und ohne nähere Begründung gebrauchte Begriff einer "planwidrigen Lücke" deutet in die Richtung einer Analogie oder einer teleologischen Reduktion des Gesetzes. Beide Formen der Korrektur eines Gesetzes im Rahmen der Rechtsanwendung verlangen das Vorliegen einer aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie den Absichten des Gesetzgebers erkennbaren planwidrigen Lücke des Gesetzes. Die analoge Anwendung einer anderen gesetzlichen Bestimmung zur Lückenfüllung setzt das Vorliegen einer sog offenen Lücke im Sinne einer Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Die Reduktion des Gesetzes im Sinne einer Nichtbeachtung einer ausdrücklichen Regelung verlangt das Bestehen einer sog verdeckten Lücke, bezogen auf eine über den Plan des Gesetzgebers hinausreichende Regelung (zur Ausfüllung von Gesetzeslücken s insgesamt Larenz/Canaris, aaO, 191 ff, 194 insbesondere 198, 202, 210; zur Analogie s BVerfGE 82, 6, 11 ff; 82, 286, 304 f; zur dort noch als Form der Gesetzesauslegung angesehenen teleologischen Reduktion s BVerfGE 35, 263, 279; 88, 145, 166, 167) . Zu einer derartigen Korrektur der §§ 13, 21 ALG im Hinblick auf die Abgabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens, das über keine eigenen Flächen verfügt, durch einen an einer juristischen Person beteiligten Landwirt, der teilweise erwerbsgemindert ist, besteht indes keine Möglichkeit, weil die Vorschriften des ALG keine planwidrige Lücke aufweisen. Es handelt sich vielmehr um eine abschließende Regelung.

20

a) Die Pflicht zur Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft wurde bereits mit der Schaffung des gesetzlichen Systems der Altershilfe für Landwirte durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) vom 27.7.1957 (BGBl I 1063) als Anspruchsvoraussetzung für alle darin vorgesehenen Renten eingeführt. Während § 2 Abs 1 Buchst c GAL in der Ursprungsfassung von 1957 noch die "Übergabe an den Hoferben" oder eine "sonstige Entäußerung" verlangte, wurde erstmals in der Fassung des Gesetzes vom 3.7.1961 (BGBl I 845) der Begriff der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens eingeführt. Nach § 2 Abs 3 GAL 1961 ist Abgabe die Übergabe des landwirtschaftlichen Unternehmens oder ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft.

21

In der Fassung der Bekanntmachung vom 23.5.1963 (BGBl I 353) sah das GAL nach Vollendung des 65. Lebensjahres das Altersgeld (§ 2 Abs 1) und für erwerbsunfähige landwirtschaftliche Unternehmer das sog vorzeitige Altersgeld (§ 2 Abs 2) vor. Beide Rentenarten hatten nach § 2 Abs 1 Buchst c sowie Abs 2 Buchst c GAL zur Voraussetzung, dass der landwirtschaftliche Unternehmer das Unternehmen abgegeben hat. Die Absätze 3 bis 8 des § 2 GAL 1963 enthielten detaillierte Bestimmungen zu Begriff und Voraussetzungen der Abgabe des Unternehmens. Die Vorschriften umfassten alle denkbaren Möglichkeiten und beschränkten sich nicht auf die häufigsten Abgabeformen der Übergabe und sonstigen Entäußerung (vgl Noell/Rüller, Die Altershilfe der Landwirte, 6. Aufl 1965, S 69) . Dazu gehört auch die Beendigung eines Vertrages über gepachtete Flächen (vgl zB BSG SozR 5850 § 2 Nr 13) . Die Abgabepflicht sollte auch für das neu in das GAL eingefügte vorzeitige Altersgeld (s dazu BT-Drucks IV/1092, S 1 u 2) das Ziel erreichen, für den Abgebenden in Zukunft eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen auszuschließen, um eine sinnvolle Weiterbewirtschaftung durch den Übernehmer zu gewährleisten und die frühzeitige Übergabe landwirtschaftlicher Unternehmen an jüngere Inhaber zu fördern (s schon BT-Drucks IV/1092, S 2; vgl BSG SozR Nr 6 zu § 2 GAL aF, Aa 9 f; BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 2 S 9; zuletzt BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 LW 3/07 R - SozR 4-5868 § 1 Nr 7, RdNr 23; BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981 - 1 BvR 943/81 - SozR 5850 § 2 Nr 8, Kammerbeschluss vom 20.9.1999 - 1 BvR 1750/95 - SozR 3-5850 § 4 Nr 1) .

22

Mit der Änderung des GAL durch das Gesetz über die Kaufmannseigenschaft von Land- und Forstwirten und den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters vom 13.5.1976 (BGBl I 1197) wurden in § 1 Abs 3 Satz 2 GAL Bestimmungen über die Unternehmereigenschaft bei Betreiben eines landwirtschaftlichen Unternehmens von mehreren Personen gemeinsam, durch eine Personenhandelsgesellschaft oder eine juristische Person eingefügt. In § 2 Abs 3 GAL wurde ein Satz eingefügt, wonach, sofern ein landwirtschaftliches Unternehmen iS des § 1 Abs 3 Satz 2 GAL betrieben wird, ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft nur eintritt, wenn der Unternehmer aus dem Unternehmen ausscheidet.

23

b) Mit der zum 1.1.1995 erfolgten Umgestaltung der Altershilfe der Landwirte nach dem GAL in die Alterssicherung der Landwirte nach dem ALG durch das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 29.7.1994 (BGBl I 1890) hat der Gesetzgeber an der Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft festgehalten. Die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung betont insoweit ausdrücklich, dass die Hofabgabe Voraussetzung für eine laufende Geldleistung bleibe (BR-Drucks 508/93, S 65) und "nach wie vor als Voraussetzung einer Rentenleistung beibehalten wird" (BR-Drucks 508/93, S 73 zu § 21) .

24

Das ALG hat das nach § 2 Abs 2 GAL bei Bestehen von Erwerbsunfähigkeit iS des § 1247 Abs 2 Reichsversicherungsordnung vorgesehene vorzeitige Altersgeld durch die in der gesetzlichen Rentenversicherung seit jeher existierende Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ersetzt(§ 13 ALG) . Für die zeitgleiche Einführung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit sah der Gesetzgeber des ALG - wie bisher - keinen Raum (s Wirth, Reform des landwirtschaftlichen Alterssicherungsrechts, RV 1994, 201, 203; insbesondere Giese, Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Alterssicherung der Landwirte vor der grundlegenden Neuregelung, SdL 1998, 442, 447, der dafür systematische Gründe benennt) .

25

Das ALG hat zudem die Vorschriften über die Pflicht zur Abgabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens, das von mehreren Personen gemeinsam betrieben wird, aus § 2 Abs 3 GAL iVm § 1 Abs 3 Satz 2 GAL in § 21 Abs 8 ALG übernommen. Die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des § 21 Abs 8 ALG erläutert insofern, dass Abs 8 in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht die Abgabevoraussetzungen bei Mitunternehmern regelt(BR-Drucks 508/93, S 74 zu § 21) .

26

c) Mit Wirkung zum 1.1.2001 sind durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbG) vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) in § 13 ALG - zeitgleich mit der Rechtsänderung in der gesetzlichen Rentenversicherung - anstelle der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit die Renten wegen teilweiser und wegen voller Erwerbsminderung eingeführt worden. Hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzung einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung verweist § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ALG auf § 43 SGB VI, sodass die dortigen, allein auf die zeitliche Arbeitsbelastbarkeit eines Versicherten bezogenen Kriterien auch in der Alterssicherung der Landwirte gelten.

27

Die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens wurde auch für diese Rentenarten wie auch für die Regelaltersrente nach § 11 ALG und die vorzeitige Altersrente nach § 12 ALG unter Fortschreibung des § 21 Abs 8 ALG beibehalten. Die Begründung des Entwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/Die Grünen zum RRErwerbG erwähnt in Bezug auf die Neufassung bzw Änderung des § 13 ALG die beibehaltene Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens zwar nicht ausdrücklich(s BT-Drucks 14/4230, S 32 zu Art 10 zu Nr 4 - § 13 -) . Jedoch wird die Änderung des § 21 ALG, mit der insbesondere die Begriffe "Erwerbsunfähigkeit" und "erwerbsunfähig" durch die Worte "Erwerbsminderung" und "erwerbsgemindert" ersetzt worden sind, dahin begründet, dass es sich um Folgeänderungen des § 13 handele(BT-Drucks 14/4230, S 32 zu Art 10 zu Nr 8 - § 21 -) . Daraus wird hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber nach dem ALG idF des RRErwerbG auch Renten wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung an landwirtschaftliche Unternehmer nur leisten will, wenn das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist. Zuletzt wurde der aus einem Satz bestehende § 21 Abs 8 ALG durch das Gesetz vom 19.12.2007 (BGBl I 3024) um einen - allerdings nur Gesellschaften bürgerlichen Rechts betreffenden (s Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung Kassel, Alterssicherung der Landwirte - Kommentar, Stand Januar 2009, § 21 ALG 4.4) - Satz 2 ergänzt.

28

Die Einführung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in das ALG stellt eine Erweiterung der Leistungen in der Alterssicherung der Landwirte dar, die teilweise leistungsgeminderte Versicherte in Anspruch nehmen können, aber nicht müssen. Dem Gesetzgeber des ALG hätte es in diesem Zusammenhang sicher freigestanden, aus ähnlichen Erwägungen, wie sie für die Nichteinführung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit zum 1.1.1995 maßgeblich gewesen sind (s Giese, Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Alterssicherung der Landwirte vor der grundlegenden Neuregelung, SdL 1998, 442, 447), von der Einführung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für Landwirte ganz abzusehen. Insbesondere hätte man dafür anführen können, dass nach wie vor selbst die Rente wegen voller Erwerbsminderung wie auch die Altersrenten nur auf eine teilweise Absicherung der Landwirte abzielten, sodass für eine demgegenüber halbierte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Rentenartfaktor nach § 23 Abs 6 ALG als Teil der Rentenformel des § 23 Abs 1 ALG 0,5 statt 1,0) kein Bedarf zu erkennen sei. Letztlich ist damit die Einführung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung trotz des an die Hofabgabe gebundenen Anspruchs verglichen mit dem Rechtszustand bis zum 31.12.2000 eine Begünstigung und keine Belastung der Gemeinschaft der versicherten Landwirte. Anders als im Fall des Klägers, bei dem die Inanspruchnahme der Teilrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit möglicherweise kein adäquater Ersatz für das trotz reduziertem Arbeitseinsatz erzielbare Einkommen als landwirtschaftlicher Unternehmer darstellt, kann diese Rente für einen sog Nebenerwerbslandwirt bei gleichzeitigem Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung und möglicherweise eines zusätzlichen Arbeitsentgelts aus Teilzeittätigkeit durchaus erwägenswert sein.

29

d) Die Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen der Altershilfe und der Alterssicherung der Landwirte belegt, dass trotz der Reform der Rentenarten bis hin zu den Renten wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung nach § 13 ALG idF des RRErwerbG das Erfordernis der Hofabgabe für Einzellandwirte und Landwirte in Personenmehrheiten, Personenhandelsgesellschaften und juristischen Personen als wesentliches Strukturelement stets aufrechterhalten worden ist. Einer Nichtanwendung im Rahmen des § 13 ALG durch richterliche Rechtsfortbildung ist die Hofabgabepflicht daher nicht zugänglich. Dies gilt sowohl für landwirtschaftliche Unternehmen, die über keine eigenen Flächen verfügen, als auch für Landwirte, die (nur) teilweise erwerbsgemindert sind.

30

3) Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass die Voraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft in der Alterssicherung der Landwirte ausnahmslos auch für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gilt.

31

Die sog Hofabgabepflicht nach dem GAL und dem ALG ist durch die Rechtsprechung des BSG bisher stets als wirksam und mit höherrangigem Recht vereinbar angesehen worden (BSG SozR 5850 § 2 Nr 1; zuletzt BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 LW 3/07 R - SozR 4-5868 § 1 Nr 7) und ausdrücklich als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden beurteilt worden (BSGE 22, 92, 94 f = SozR Nr 5 zu § 2 GAL aF Aa 7; BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 3, S 21) . Auch soweit § 21 Abs 8 ALG betroffen war, hat das BSG keine durchgreifenden Bedenken gehabt(s BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 3; BSG SozR 4-5868 § 30 Nr 1) .

32

Das BVerfG hat die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in einer Reihe von Entscheidungen als verfassungsrechtlich einwandfrei beurteilt. Der Beschluss des BVerfG vom 30.5.1980 (- 1 BvR 313/80 - SozR 5850 § 2 Nr 6) betraf die erforderliche Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für ein Altersgeld, ebenso die Entscheidung des BVerfG vom 18.12.1981 (- 1 BvR 943/81 - SozR 5850 § 2 Nr 8) . Die Entscheidung des BVerfG vom 20.9.1999 (- 1 BvR 1750/95 - SozR 3-5850 § 4 Nr 1) hatte die Abgabepflicht als Voraussetzung für das Entfallen der Beitragspflicht nach Vollendung des 65. Lebensjahres zum Gegenstand. Schließlich behandelte die Entscheidung des BVerfG vom 1.3.2004 (- 1 BvR 2099/03 - SozR 4-5868 § 1 Nr 3) die Einbeziehung der Ehegatten privater Forstwirte in die Versicherungs- und Beitragspflicht nach dem ALG.

33

Die vom Kläger erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände sind nicht geeignet, die bisherige verfassungsrechtliche Beurteilung der Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in Frage zu stellen. Das BVerfG (aaO) hat mehrfach entschieden, dass die gesetzliche Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens mit dem Sozialstaatsprinzip, dem allgemeinen Gleichheitssatz, dem Grundrecht der Berufsfreiheit sowie der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes vereinbar sind.

34

Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG ist nach dieser Rechtsprechung schon deswegen nicht berührt, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder seinen Hof abgeben will (s dazu insbesondere BSGE 22, 92, 94 f = SozR, aaO; BVerfG SozR 5850 § 2 Nr 6 und 8 S 16). Gleichermaßen ist deswegen auch Art 14 Abs 1 GG (Schutz des Eigentums) schon in seinem Schutzbereich nicht betroffen (BSGE 22, 92, 96 = SozR, aaO), soweit sich der Kläger als Mitglied einer GmbH und damit in seinem Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigt sieht.

35

Art 14 Abs 1 GG kann zudem im Hinblick auf den Eigentumsschutz von Rentenanwartschaften durch das Erfordernis der sog Hofabgabe hier schon deswegen nicht verletzt sein, weil die seit 1992 ausgeübte Tätigkeit des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer und damit auch der Erwerb der Rentenanwartschaften in der landwirtschaftlichen Alterssicherung in einem Zeitraum liegt, in dem durchgängig die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente jeglicher Art gegolten hat. Die von ihm erworbenen Rentenanwartschaften waren deshalb von vornherein mit diesem Abgabeerfordernis belastet.

36

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist durch die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens ebenfalls nicht verletzt. Zwar trifft der Hinweis des Klägers zu, dass anders als nach dem ALG in der gesetzlichen Rentenversicherung die Abgabe eines Unternehmens für den Anspruch auf eine Rente und insbesondere für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht vorausgesetzt wird. Diese Ungleichbehandlung der Rentenanspruchsteller ist jedoch wegen der vorliegenden strukturellen Unterschiede zwischen den Sicherungssystemen nach dem ALG und nach dem SGB VI gerechtfertigt. Schon früh hat das BVerfG hinsichtlich der unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für Witwenrenten entschieden, dass die strukturellen Unterschiede der gesetzlichen Rentenversicherung als Versicherung der unselbstständig Beschäftigten einerseits und die Alterssicherung der Landwirte als Versicherung der landwirtschaftlichen Unternehmer andererseits die unterschiedliche Ausgestaltung der Systeme rechtfertigen (vgl BVerfGE 25, 314 = SozR Nr 77 zu Art 3 GG) . Dies gilt auch für die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Rente wegen Erwerbsminderung.

37

Selbst wenn man die Gruppe der nach dem ALG versicherten landwirtschaftlichen Unternehmer mit der Gruppe der in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Selbstständigen (s § 2 SGB VI) vergleicht, lässt sich die Hofabgabepflicht wegen der damit verfolgten strukturpolitischen Ziele hinreichend begründen. Eine Notwendigkeit entsprechender, auf die Zusammensetzung der Gesamtheit der Versicherten zielender Maßnahmen hat der Gesetzgeber im SGB VI für die von § 2 SGB VI erfassten vielfältigen Bereiche selbstständiger Tätigkeit nicht gesehen; für die große Gruppe der selbstständigen Landwirte hat er sie indes im Hinblick auf die strukturellen Gegebenheiten der Landwirtschaft aus nachvollziehbaren Erwägungen angenommen.

38

Ein Vergleich der Gruppe der Landwirte, die für eine das Unternehmen tragende GmbH Bürgschaftsverpflichtungen eingegangen sind, mit Landwirten ohne entsprechende Bürgschaften, aber mit eigenen Darlehensschulden lässt keine ungerechtfertigte Gleichbehandlung des zur ersten Gruppe gehörenden Klägers durch das alle landwirtschaftlichen Unternehmer treffende Rentenerfordernis der Unternehmensabgabe erkennen. Es mag in diesem Zusammenhang zwar zutreffen, dass Banken vor der Vergabe von Krediten an eine GmbH angesichts der auf das Stammkapital beschränkten Haftung der Gesellschaft persönliche Bürgschaften der Gesellschafter verlangen (und erhalten). Es ist indes hier auch zu berücksichtigen, dass es der unternehmerischen Freiheit des Einzelnen unterliegt zu entscheiden, in welcher Rechtsform ein Unternehmen der Landwirtschaft geführt werden soll. Überdies ist nicht ersichtlich, warum die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten bei der Unternehmensabgabe für einen Bürgen größer sein sollen als für einen Einzellandwirt, der für alle Darlehensverbindlichkeiten unmittelbar persönlich haftet. Jedenfalls muss der Gesetzgeber auf derartige Gegebenheiten, die auf freien unternehmerischen Entscheidungen beruhen, nicht mit Ausnahmen vom Hofabgabeerfordernis reagieren.

39

Entsprechendes gilt, soweit der Kläger sinngemäß eine sachwidrige Gleichbehandlung von Landwirten mit voller und teilweiser Erwerbsminderung rügt. Schon im Hinblick auf die strukturpolitische Funktion der Hofabgabe war der Gesetzgeber nicht gehalten, von diesem Erfordernis bei teilweise erwerbsgeminderten Landwirten abzusehen. Zum einen bleibt diesen auch im Falle einer Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens grundsätzlich die Möglichkeit, ihrem Beruf entsprechend ihrem eingeschränkten Leistungsvermögen in abhängiger Beschäftigung, zB als Verwalter oder Geschäftsführer, oder in selbstständiger Tätigkeit, zB als Berater, nachzugehen. Zum anderen steht es ihnen frei, ihr landwirtschaftliches Unternehmen weiter zu betreiben und auf die ohnehin recht geringe Rente zu verzichten.

40

Schließlich lässt auch der vom Kläger betonte Umstand, dass die W. GmbH Weinbau ausschließlich auf gepachteten Flächen betreibt, hinsichtlich der Hofabgabepflicht eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung mit auf Eigentumsflächen betriebenen landwirtschaftlichen Unternehmen nicht erkennen. Seit jeher wird Landwirtschaft sowohl auf Eigentumsflächen als auch auf Pachtflächen betrieben, und zwar in den unterschiedlichsten Formen (ausschließlich Eigentum oder Pacht aber auch Mischformen mit unterschiedlichem Umfang). Da nicht ersichtlich ist, dass gerade die Abgabe von Pachtflächen regelmäßig andere oder gar größere Schwierigkeiten mit sich brächte als die Abgabe von Eigentumsflächen, ist schon im Ansatz nicht zu erkennen, dass hinsichtlich der Unternehmensabgabe Differenzierungen geboten gewesen sein könnten. Ein landwirtschaftlicher Unternehmer, der ausschließlich auf Pachtflächen wirtschaftet, kann von vornherein nicht damit rechnen, dass er im Alter oder im Falle der Erwerbsminderung durch den Verkauf oder die Verpachtung von Flächen ein gewisses Einkommen erzielen kann. Folglich obliegt es ihm, in anderer Weise Vorsorge zu treffen, um eine als Teilsicherung konzipierte Rente aus der Alterssicherung der Landwirte zu ergänzen. Es würde dem Versicherungsprinzip widersprechen, wenn er aus der Alterssicherung der Landwirte bei gleichen Beiträgen leichter eine Erwerbsminderungsrente erhalten könnte als ein Landwirt, der eigene Flächen bewirtschaftet.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Landwirte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn

1.
sie die Regelaltersgrenze erreicht haben und
2.
sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

(2) Mitarbeitende Familienangehörige haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie

1.
die Regelaltersgrenze erreicht haben und
2.
die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

(3) Die Regelaltersgrenze wird mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht.

Versicherte, die vor 1964 geboren sind, erreichen die Regelaltersgrenze abweichend von § 11 Abs. 3 mit Vollendung des nachstehenden Lebensalters in Jahren und Monaten:

Geburtsjahrgängemaßgebende Regelaltersgrenze
JahreMonate
vor 1947650
1947651
1948652
1949653
1950654
1951655
1952656
1953657
1954658
1955659
19566510
19576511
1958660
1959662
1960664
1961666
1962668
19636610.

(1) Landwirte haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn

1.
sie die Regelaltersgrenze erreicht haben und
2.
sie die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

(2) Mitarbeitende Familienangehörige haben Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie

1.
die Regelaltersgrenze erreicht haben und
2.
die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben.

(3) Die Regelaltersgrenze wird mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht.

Tatbestand

1

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung trotz Fehlens einer sog Hofabgabe.

2

Der 1964 geborene Kläger ist seit dem 1.3.1992 Gesellschafter und Geschäftsführer der W. GmbH. Außer ihm sind drei weitere Personen an der Gesellschaft beteiligt. Der Kläger ist bei einem Leistungsvermögen von drei bis unter sechs Stunden täglich teilweise erwerbsgemindert.

3

Seinen Rentenantrag vom 1.3.2006 lehnte die beklagte Landwirtschaftliche Alterskasse (LAK) mit Bescheid vom 13.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.4.2007 unter Hinweis darauf ab, dass der Kläger nicht aus der GmbH ausgeschieden sei (§ 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 iVm § 21 Abs 8 Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte) . Schon unter dem 26.6.2006 hatte die Beklagte den Kläger auf diese fehlende Anspruchsvoraussetzung hingewiesen.

4

Das Sozialgericht Speyer (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.6.2008). Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 5.2.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Der Anspruch setze voraus, dass das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben sei. Werde ein Unternehmen der Landwirtschaft von mehreren Personen gemeinsam, von einer Personenhandelsgesellschaft oder einer juristischen Person betrieben, gelte das Unternehmen gemäß § 21 Abs 8 Satz 1 ALG nur dann als abgegeben, wenn der Unternehmer ausgeschieden sei. Dies erfordere nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), dass sich der Unternehmer gesellschaftsrechtlich vollständig von der Gesellschaft gelöst habe (Urteil des BSG vom 30.8.2007 - B 10 LW 4/06 R -) . Im Falle der Beteiligung an einer GmbH müsse der Betroffene seine Gesellschaftsanteile abgegeben haben. Das sei hier nicht der Fall.

5

§ 21 Abs 8 ALG sei verfassungskonform und stehe insbesondere in Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG. Die Personengruppe, welcher der Kläger angehöre, nämlich die GmbH-Gesellschafter eines landwirtschaftlichen Unternehmens, werde im Verhältnis zu keiner anderen Personengruppe gleichheitswidrig benachteiligt, insbesondere nicht im Verhältnis zu Personen, die eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus der allgemeinen Rentenversicherung erhielten, bei denen das Erfordernis der Abgabe des Unternehmens indes nicht bestehe. Die Notwendigkeit der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung einer Rente aus der landwirtschaftlichen Altersversorgung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht zu beanstanden. Verstöße gegen Art 14 und Art 12 GG seien ebenfalls nicht ersichtlich.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Verfassungsrecht. Die in dem angefochtenen Urteil angewendete Vorschrift des § 21 Abs 8 ALG verstoße gegen Art 3, 12 und 14 GG. Ein Ausscheiden aus der GmbH, die über keine eigenen landwirtschaftlichen Flächen verfüge, sei ihm auch nicht möglich, da er für deren Schulden Bürgschaften geleistet habe. Das angefochtene Urteil beruhe zudem auf unvollständigen und damit fehlerhaften Feststellungen, da der Inhalt der Bundestags-Protokolle zum Gesetzgebungsverfahren des ALG nicht festgestellt worden sei.

7

Der Kläger beantragt,

das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 5. Februar 2009, das Urteil des SG Speyer vom 26. Juni 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Sie hält die Revision des Klägers für unbegründet.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

11

Zutreffend hat das LSG die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG zurückgewiesen. Wie die beklagte LAK zu Recht entschieden hat, hat der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung.

12

Der aufgrund des Rentenantrages vom 1.3.2006 zu beurteilende Anspruch des Klägers richtet sich nach den Vorschriften des ALG vom 29.7.1994 (BGBl I 1890 idF der bis zur Revisionsentscheidung ergangenen Änderungsgesetze, zuletzt durch das Gesetz vom 21.12.2008 ) . Nach dessen § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 4 haben Landwirte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert nach § 43 SGB VI sind, sie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens 3 Jahre Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt haben, sie vor Eintritt der Erwerbsminderung die Wartezeit von 5 Jahren erfüllt haben und das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist.

13

Ob der Kläger die Voraussetzungen der Nr 1, 2 und 3 des § 13 Abs 1 Satz 1 ALG erfüllt, kann das Revisionsgericht aufgrund fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Entsprechender Feststellungen bedarf es indes hier nicht, denn der Anspruch des Klägers scheitert jedenfalls an der Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ALG, weil er das Unternehmen der Landwirtschaft nicht - wie erforderlich - abgegeben hat (1). Die gemäß § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ALG iVm § 21 ALG gesetzlich verankerte Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft für landwirtschaftliche Unternehmer gilt ausnahmslos auch für den Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung; entgegen dem Klageziel und dem Vorbringen des Klägers ergibt sich weder durch Auslegung noch durch richterliche Rechtsfortbildung die Möglichkeit, von ihr im vorliegenden Fall abzusehen (2). Sie verstößt nicht gegen das Grundgesetz (3).

14

1) Die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens erfordert nach § 21 Abs 1 ALG grundsätzlich die Übertragung des Eigentums an den genutzten Flächen. Dem stehen nach § 21 Abs 2 und Abs 4 ALG Tatbestände gleich, die eine langjährige Unmöglichkeit, Flächen landwirtschaftlich zu nutzen, umschreiben. Weitere der Abgabe gleichgestellte Tatbestände enthalten § 21 Abs 5 bis 7 ALG. Eine (tatsächliche) Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens erfordert danach einen prinzipiell endgültigen Verlust der Unternehmereigenschaft (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 LW 3/07 R - SozR 4-5868 § 1 Nr 7 RdNr 23 mwN) . Nach § 21 Abs 8 Satz 1 ALG gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft, das ua von mehreren gemeinsam, von einer Personenhandelsgesellschaft oder einer juristischen Person betrieben wird, nur dann als abgegeben, wenn der (Mit-)Unternehmer aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, also sich gesellschaftsrechtlich vollständig von der Gesellschaft gelöst hat(s BSG Urteil vom 30.8.2007 - B 10 LW 4/06 R - SozR 4-5868 § 30 Nr 1 RdNr 25 zu dem dem § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 wortlautgleichen, für die Regelaltersrente geltenden § 11 Abs 1 Nr 3 ALG iVm § 21 Abs 8 Satz 1 ALG) .

15

Sofern der landwirtschaftliche Unternehmer an einer GmbH (juristische Person nach § 13 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) beteiligt ist, ist danach erforderlich aber auch ausreichend, dass er sich von seinen Anteilen an der GmbH dauerhaft trennt. Er muss sich seiner Anteile am Stammkapital (s §§ 5, 3 GmbHG) vollständig entäußern. Die Funktion eines Geschäftsführers der GmbH müsste der Unternehmer nicht zugleich aufgeben. Bei Zahlung eines Arbeitsentgelts für die Tätigkeit als (Nur-)Geschäftsführer wäre er als abhängig Beschäftigter gemäß § 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Andererseits führte die alleinige Aufgabe der Tätigkeit als Geschäftsführer zwar zu einem Entfallen der Versicherungspflicht in der Alterssicherung der Landwirte (s § 1 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Satz 3 ALG, wonach die Mitgliedschaft in einer juristischen Person und die hauptberufliche Tätigkeit im Unternehmen kumulativ vorliegen müssen) , indes wäre damit das Unternehmen der Landwirtschaft nicht iS des § 21 Abs 8 Satz 1 ALG abgegeben.

16

Nach diesen rechtlichen Vorgaben hat der Kläger sein landwirtschaftliches Unternehmen nicht abgegeben, denn er ist nach wie vor Gesellschafter der W. GmbH. Dies hat das LSG festgestellt. Diese Feststellung ist für das Revisionsgericht bindend, denn sie ist von der Revision nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen worden (§ 163 SGG). Der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand des Klägers, er könne sich wegen der von ihm übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen nicht von seinem Anteil an der GmbH trennen, führt nicht weiter. Denn Schwierigkeiten bei der Unternehmensabgabe können die vom Gesetz vorbehaltlos verlangte Abgabe weder erfüllen noch ersetzen.

17

2) Durch Gesetzesauslegung oder durch richterliche Rechtsfortbildung kann von dem gesetzlichen Erfordernis der sog Hofabgabe auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Klägers nicht abgesehen werden.

18

Der Wortlaut des § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 4 ALG, wonach Landwirte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben, wenn sie das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben haben - und die weiteren Voraussetzungen der Nr 1 bis 3 dieser Vorschrift erfüllen -, ist vom Wortsinn her eindeutig bestimmt. Ebenso klar ist der Wortlaut des § 21 Abs 8 Satz 1 ALG, der das Ausscheiden des landwirtschaftlichen Unternehmers aus der das Unternehmen betreibenden juristischen Person verlangt. Beiden Vorschriften lässt sich durch juristische Auslegungsmethoden kein vom Wortlaut abweichender Sinn geben. Der eindeutige Wortsinn einer gesetzlichen Vorschrift ist die Grenze jeder Auslegung (Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl 1995, 143 mwN; s BVerfGE 54, 277, 299 f; 59, 330, 334; 93, 37, 81) . Eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut einer gesetzlichen Bestimmung ist nicht möglich.

19

Auch durch Methoden richterlicher Rechtsfortbildung kann weder von der Voraussetzung der sog Hofabgabe noch von der Voraussetzung des Ausscheidens des Landwirts aus der das Unternehmen tragenden juristischen Person abgesehen werden. Der vom Kläger mehr schlagwortartig und ohne nähere Begründung gebrauchte Begriff einer "planwidrigen Lücke" deutet in die Richtung einer Analogie oder einer teleologischen Reduktion des Gesetzes. Beide Formen der Korrektur eines Gesetzes im Rahmen der Rechtsanwendung verlangen das Vorliegen einer aus dem Sinn und Zweck des Gesetzes sowie den Absichten des Gesetzgebers erkennbaren planwidrigen Lücke des Gesetzes. Die analoge Anwendung einer anderen gesetzlichen Bestimmung zur Lückenfüllung setzt das Vorliegen einer sog offenen Lücke im Sinne einer Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Die Reduktion des Gesetzes im Sinne einer Nichtbeachtung einer ausdrücklichen Regelung verlangt das Bestehen einer sog verdeckten Lücke, bezogen auf eine über den Plan des Gesetzgebers hinausreichende Regelung (zur Ausfüllung von Gesetzeslücken s insgesamt Larenz/Canaris, aaO, 191 ff, 194 insbesondere 198, 202, 210; zur Analogie s BVerfGE 82, 6, 11 ff; 82, 286, 304 f; zur dort noch als Form der Gesetzesauslegung angesehenen teleologischen Reduktion s BVerfGE 35, 263, 279; 88, 145, 166, 167) . Zu einer derartigen Korrektur der §§ 13, 21 ALG im Hinblick auf die Abgabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens, das über keine eigenen Flächen verfügt, durch einen an einer juristischen Person beteiligten Landwirt, der teilweise erwerbsgemindert ist, besteht indes keine Möglichkeit, weil die Vorschriften des ALG keine planwidrige Lücke aufweisen. Es handelt sich vielmehr um eine abschließende Regelung.

20

a) Die Pflicht zur Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft wurde bereits mit der Schaffung des gesetzlichen Systems der Altershilfe für Landwirte durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) vom 27.7.1957 (BGBl I 1063) als Anspruchsvoraussetzung für alle darin vorgesehenen Renten eingeführt. Während § 2 Abs 1 Buchst c GAL in der Ursprungsfassung von 1957 noch die "Übergabe an den Hoferben" oder eine "sonstige Entäußerung" verlangte, wurde erstmals in der Fassung des Gesetzes vom 3.7.1961 (BGBl I 845) der Begriff der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens eingeführt. Nach § 2 Abs 3 GAL 1961 ist Abgabe die Übergabe des landwirtschaftlichen Unternehmens oder ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft.

21

In der Fassung der Bekanntmachung vom 23.5.1963 (BGBl I 353) sah das GAL nach Vollendung des 65. Lebensjahres das Altersgeld (§ 2 Abs 1) und für erwerbsunfähige landwirtschaftliche Unternehmer das sog vorzeitige Altersgeld (§ 2 Abs 2) vor. Beide Rentenarten hatten nach § 2 Abs 1 Buchst c sowie Abs 2 Buchst c GAL zur Voraussetzung, dass der landwirtschaftliche Unternehmer das Unternehmen abgegeben hat. Die Absätze 3 bis 8 des § 2 GAL 1963 enthielten detaillierte Bestimmungen zu Begriff und Voraussetzungen der Abgabe des Unternehmens. Die Vorschriften umfassten alle denkbaren Möglichkeiten und beschränkten sich nicht auf die häufigsten Abgabeformen der Übergabe und sonstigen Entäußerung (vgl Noell/Rüller, Die Altershilfe der Landwirte, 6. Aufl 1965, S 69) . Dazu gehört auch die Beendigung eines Vertrages über gepachtete Flächen (vgl zB BSG SozR 5850 § 2 Nr 13) . Die Abgabepflicht sollte auch für das neu in das GAL eingefügte vorzeitige Altersgeld (s dazu BT-Drucks IV/1092, S 1 u 2) das Ziel erreichen, für den Abgebenden in Zukunft eine landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen auszuschließen, um eine sinnvolle Weiterbewirtschaftung durch den Übernehmer zu gewährleisten und die frühzeitige Übergabe landwirtschaftlicher Unternehmen an jüngere Inhaber zu fördern (s schon BT-Drucks IV/1092, S 2; vgl BSG SozR Nr 6 zu § 2 GAL aF, Aa 9 f; BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 1 S 4; BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 2 S 9; zuletzt BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 LW 3/07 R - SozR 4-5868 § 1 Nr 7, RdNr 23; BVerfG, Beschluss vom 18.12.1981 - 1 BvR 943/81 - SozR 5850 § 2 Nr 8, Kammerbeschluss vom 20.9.1999 - 1 BvR 1750/95 - SozR 3-5850 § 4 Nr 1) .

22

Mit der Änderung des GAL durch das Gesetz über die Kaufmannseigenschaft von Land- und Forstwirten und den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters vom 13.5.1976 (BGBl I 1197) wurden in § 1 Abs 3 Satz 2 GAL Bestimmungen über die Unternehmereigenschaft bei Betreiben eines landwirtschaftlichen Unternehmens von mehreren Personen gemeinsam, durch eine Personenhandelsgesellschaft oder eine juristische Person eingefügt. In § 2 Abs 3 GAL wurde ein Satz eingefügt, wonach, sofern ein landwirtschaftliches Unternehmen iS des § 1 Abs 3 Satz 2 GAL betrieben wird, ein sonstiger Verlust der Unternehmereigenschaft nur eintritt, wenn der Unternehmer aus dem Unternehmen ausscheidet.

23

b) Mit der zum 1.1.1995 erfolgten Umgestaltung der Altershilfe der Landwirte nach dem GAL in die Alterssicherung der Landwirte nach dem ALG durch das Gesetz zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 29.7.1994 (BGBl I 1890) hat der Gesetzgeber an der Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft festgehalten. Die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung betont insoweit ausdrücklich, dass die Hofabgabe Voraussetzung für eine laufende Geldleistung bleibe (BR-Drucks 508/93, S 65) und "nach wie vor als Voraussetzung einer Rentenleistung beibehalten wird" (BR-Drucks 508/93, S 73 zu § 21) .

24

Das ALG hat das nach § 2 Abs 2 GAL bei Bestehen von Erwerbsunfähigkeit iS des § 1247 Abs 2 Reichsversicherungsordnung vorgesehene vorzeitige Altersgeld durch die in der gesetzlichen Rentenversicherung seit jeher existierende Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ersetzt(§ 13 ALG) . Für die zeitgleiche Einführung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit sah der Gesetzgeber des ALG - wie bisher - keinen Raum (s Wirth, Reform des landwirtschaftlichen Alterssicherungsrechts, RV 1994, 201, 203; insbesondere Giese, Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Alterssicherung der Landwirte vor der grundlegenden Neuregelung, SdL 1998, 442, 447, der dafür systematische Gründe benennt) .

25

Das ALG hat zudem die Vorschriften über die Pflicht zur Abgabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens, das von mehreren Personen gemeinsam betrieben wird, aus § 2 Abs 3 GAL iVm § 1 Abs 3 Satz 2 GAL in § 21 Abs 8 ALG übernommen. Die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des § 21 Abs 8 ALG erläutert insofern, dass Abs 8 in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht die Abgabevoraussetzungen bei Mitunternehmern regelt(BR-Drucks 508/93, S 74 zu § 21) .

26

c) Mit Wirkung zum 1.1.2001 sind durch das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (RRErwerbG) vom 20.12.2000 (BGBl I 1827) in § 13 ALG - zeitgleich mit der Rechtsänderung in der gesetzlichen Rentenversicherung - anstelle der Rente wegen Erwerbsunfähigkeit die Renten wegen teilweiser und wegen voller Erwerbsminderung eingeführt worden. Hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzung einer teilweisen oder vollen Erwerbsminderung verweist § 13 Abs 1 Satz 1 Nr 1 ALG auf § 43 SGB VI, sodass die dortigen, allein auf die zeitliche Arbeitsbelastbarkeit eines Versicherten bezogenen Kriterien auch in der Alterssicherung der Landwirte gelten.

27

Die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens wurde auch für diese Rentenarten wie auch für die Regelaltersrente nach § 11 ALG und die vorzeitige Altersrente nach § 12 ALG unter Fortschreibung des § 21 Abs 8 ALG beibehalten. Die Begründung des Entwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/Die Grünen zum RRErwerbG erwähnt in Bezug auf die Neufassung bzw Änderung des § 13 ALG die beibehaltene Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens zwar nicht ausdrücklich(s BT-Drucks 14/4230, S 32 zu Art 10 zu Nr 4 - § 13 -) . Jedoch wird die Änderung des § 21 ALG, mit der insbesondere die Begriffe "Erwerbsunfähigkeit" und "erwerbsunfähig" durch die Worte "Erwerbsminderung" und "erwerbsgemindert" ersetzt worden sind, dahin begründet, dass es sich um Folgeänderungen des § 13 handele(BT-Drucks 14/4230, S 32 zu Art 10 zu Nr 8 - § 21 -) . Daraus wird hinreichend deutlich, dass der Gesetzgeber nach dem ALG idF des RRErwerbG auch Renten wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung an landwirtschaftliche Unternehmer nur leisten will, wenn das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben ist. Zuletzt wurde der aus einem Satz bestehende § 21 Abs 8 ALG durch das Gesetz vom 19.12.2007 (BGBl I 3024) um einen - allerdings nur Gesellschaften bürgerlichen Rechts betreffenden (s Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung Kassel, Alterssicherung der Landwirte - Kommentar, Stand Januar 2009, § 21 ALG 4.4) - Satz 2 ergänzt.

28

Die Einführung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in das ALG stellt eine Erweiterung der Leistungen in der Alterssicherung der Landwirte dar, die teilweise leistungsgeminderte Versicherte in Anspruch nehmen können, aber nicht müssen. Dem Gesetzgeber des ALG hätte es in diesem Zusammenhang sicher freigestanden, aus ähnlichen Erwägungen, wie sie für die Nichteinführung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit zum 1.1.1995 maßgeblich gewesen sind (s Giese, Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in der Alterssicherung der Landwirte vor der grundlegenden Neuregelung, SdL 1998, 442, 447), von der Einführung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für Landwirte ganz abzusehen. Insbesondere hätte man dafür anführen können, dass nach wie vor selbst die Rente wegen voller Erwerbsminderung wie auch die Altersrenten nur auf eine teilweise Absicherung der Landwirte abzielten, sodass für eine demgegenüber halbierte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (Rentenartfaktor nach § 23 Abs 6 ALG als Teil der Rentenformel des § 23 Abs 1 ALG 0,5 statt 1,0) kein Bedarf zu erkennen sei. Letztlich ist damit die Einführung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung trotz des an die Hofabgabe gebundenen Anspruchs verglichen mit dem Rechtszustand bis zum 31.12.2000 eine Begünstigung und keine Belastung der Gemeinschaft der versicherten Landwirte. Anders als im Fall des Klägers, bei dem die Inanspruchnahme der Teilrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit möglicherweise kein adäquater Ersatz für das trotz reduziertem Arbeitseinsatz erzielbare Einkommen als landwirtschaftlicher Unternehmer darstellt, kann diese Rente für einen sog Nebenerwerbslandwirt bei gleichzeitigem Bezug einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung und möglicherweise eines zusätzlichen Arbeitsentgelts aus Teilzeittätigkeit durchaus erwägenswert sein.

29

d) Die Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen der Altershilfe und der Alterssicherung der Landwirte belegt, dass trotz der Reform der Rentenarten bis hin zu den Renten wegen voller und teilweiser Erwerbsminderung nach § 13 ALG idF des RRErwerbG das Erfordernis der Hofabgabe für Einzellandwirte und Landwirte in Personenmehrheiten, Personenhandelsgesellschaften und juristischen Personen als wesentliches Strukturelement stets aufrechterhalten worden ist. Einer Nichtanwendung im Rahmen des § 13 ALG durch richterliche Rechtsfortbildung ist die Hofabgabepflicht daher nicht zugänglich. Dies gilt sowohl für landwirtschaftliche Unternehmen, die über keine eigenen Flächen verfügen, als auch für Landwirte, die (nur) teilweise erwerbsgemindert sind.

30

3) Es ist mit dem Grundgesetz vereinbar, dass die Voraussetzung der Abgabe des Unternehmens der Landwirtschaft in der Alterssicherung der Landwirte ausnahmslos auch für die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gilt.

31

Die sog Hofabgabepflicht nach dem GAL und dem ALG ist durch die Rechtsprechung des BSG bisher stets als wirksam und mit höherrangigem Recht vereinbar angesehen worden (BSG SozR 5850 § 2 Nr 1; zuletzt BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 10 LW 3/07 R - SozR 4-5868 § 1 Nr 7) und ausdrücklich als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden beurteilt worden (BSGE 22, 92, 94 f = SozR Nr 5 zu § 2 GAL aF Aa 7; BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 3, S 21) . Auch soweit § 21 Abs 8 ALG betroffen war, hat das BSG keine durchgreifenden Bedenken gehabt(s BSG SozR 3-5868 § 21 Nr 3; BSG SozR 4-5868 § 30 Nr 1) .

32

Das BVerfG hat die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in einer Reihe von Entscheidungen als verfassungsrechtlich einwandfrei beurteilt. Der Beschluss des BVerfG vom 30.5.1980 (- 1 BvR 313/80 - SozR 5850 § 2 Nr 6) betraf die erforderliche Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für ein Altersgeld, ebenso die Entscheidung des BVerfG vom 18.12.1981 (- 1 BvR 943/81 - SozR 5850 § 2 Nr 8) . Die Entscheidung des BVerfG vom 20.9.1999 (- 1 BvR 1750/95 - SozR 3-5850 § 4 Nr 1) hatte die Abgabepflicht als Voraussetzung für das Entfallen der Beitragspflicht nach Vollendung des 65. Lebensjahres zum Gegenstand. Schließlich behandelte die Entscheidung des BVerfG vom 1.3.2004 (- 1 BvR 2099/03 - SozR 4-5868 § 1 Nr 3) die Einbeziehung der Ehegatten privater Forstwirte in die Versicherungs- und Beitragspflicht nach dem ALG.

33

Die vom Kläger erhobenen verfassungsrechtlichen Einwände sind nicht geeignet, die bisherige verfassungsrechtliche Beurteilung der Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens in Frage zu stellen. Das BVerfG (aaO) hat mehrfach entschieden, dass die gesetzliche Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens mit dem Sozialstaatsprinzip, dem allgemeinen Gleichheitssatz, dem Grundrecht der Berufsfreiheit sowie der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes vereinbar sind.

34

Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art 12 Abs 1 GG ist nach dieser Rechtsprechung schon deswegen nicht berührt, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder seinen Hof abgeben will (s dazu insbesondere BSGE 22, 92, 94 f = SozR, aaO; BVerfG SozR 5850 § 2 Nr 6 und 8 S 16). Gleichermaßen ist deswegen auch Art 14 Abs 1 GG (Schutz des Eigentums) schon in seinem Schutzbereich nicht betroffen (BSGE 22, 92, 96 = SozR, aaO), soweit sich der Kläger als Mitglied einer GmbH und damit in seinem Recht an einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb beeinträchtigt sieht.

35

Art 14 Abs 1 GG kann zudem im Hinblick auf den Eigentumsschutz von Rentenanwartschaften durch das Erfordernis der sog Hofabgabe hier schon deswegen nicht verletzt sein, weil die seit 1992 ausgeübte Tätigkeit des Klägers als landwirtschaftlicher Unternehmer und damit auch der Erwerb der Rentenanwartschaften in der landwirtschaftlichen Alterssicherung in einem Zeitraum liegt, in dem durchgängig die Pflicht zur Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens als Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente jeglicher Art gegolten hat. Die von ihm erworbenen Rentenanwartschaften waren deshalb von vornherein mit diesem Abgabeerfordernis belastet.

36

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG ist durch die Anspruchsvoraussetzung der Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens ebenfalls nicht verletzt. Zwar trifft der Hinweis des Klägers zu, dass anders als nach dem ALG in der gesetzlichen Rentenversicherung die Abgabe eines Unternehmens für den Anspruch auf eine Rente und insbesondere für eine Rente wegen Erwerbsminderung nicht vorausgesetzt wird. Diese Ungleichbehandlung der Rentenanspruchsteller ist jedoch wegen der vorliegenden strukturellen Unterschiede zwischen den Sicherungssystemen nach dem ALG und nach dem SGB VI gerechtfertigt. Schon früh hat das BVerfG hinsichtlich der unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für Witwenrenten entschieden, dass die strukturellen Unterschiede der gesetzlichen Rentenversicherung als Versicherung der unselbstständig Beschäftigten einerseits und die Alterssicherung der Landwirte als Versicherung der landwirtschaftlichen Unternehmer andererseits die unterschiedliche Ausgestaltung der Systeme rechtfertigen (vgl BVerfGE 25, 314 = SozR Nr 77 zu Art 3 GG) . Dies gilt auch für die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Rente wegen Erwerbsminderung.

37

Selbst wenn man die Gruppe der nach dem ALG versicherten landwirtschaftlichen Unternehmer mit der Gruppe der in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherten Selbstständigen (s § 2 SGB VI) vergleicht, lässt sich die Hofabgabepflicht wegen der damit verfolgten strukturpolitischen Ziele hinreichend begründen. Eine Notwendigkeit entsprechender, auf die Zusammensetzung der Gesamtheit der Versicherten zielender Maßnahmen hat der Gesetzgeber im SGB VI für die von § 2 SGB VI erfassten vielfältigen Bereiche selbstständiger Tätigkeit nicht gesehen; für die große Gruppe der selbstständigen Landwirte hat er sie indes im Hinblick auf die strukturellen Gegebenheiten der Landwirtschaft aus nachvollziehbaren Erwägungen angenommen.

38

Ein Vergleich der Gruppe der Landwirte, die für eine das Unternehmen tragende GmbH Bürgschaftsverpflichtungen eingegangen sind, mit Landwirten ohne entsprechende Bürgschaften, aber mit eigenen Darlehensschulden lässt keine ungerechtfertigte Gleichbehandlung des zur ersten Gruppe gehörenden Klägers durch das alle landwirtschaftlichen Unternehmer treffende Rentenerfordernis der Unternehmensabgabe erkennen. Es mag in diesem Zusammenhang zwar zutreffen, dass Banken vor der Vergabe von Krediten an eine GmbH angesichts der auf das Stammkapital beschränkten Haftung der Gesellschaft persönliche Bürgschaften der Gesellschafter verlangen (und erhalten). Es ist indes hier auch zu berücksichtigen, dass es der unternehmerischen Freiheit des Einzelnen unterliegt zu entscheiden, in welcher Rechtsform ein Unternehmen der Landwirtschaft geführt werden soll. Überdies ist nicht ersichtlich, warum die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten bei der Unternehmensabgabe für einen Bürgen größer sein sollen als für einen Einzellandwirt, der für alle Darlehensverbindlichkeiten unmittelbar persönlich haftet. Jedenfalls muss der Gesetzgeber auf derartige Gegebenheiten, die auf freien unternehmerischen Entscheidungen beruhen, nicht mit Ausnahmen vom Hofabgabeerfordernis reagieren.

39

Entsprechendes gilt, soweit der Kläger sinngemäß eine sachwidrige Gleichbehandlung von Landwirten mit voller und teilweiser Erwerbsminderung rügt. Schon im Hinblick auf die strukturpolitische Funktion der Hofabgabe war der Gesetzgeber nicht gehalten, von diesem Erfordernis bei teilweise erwerbsgeminderten Landwirten abzusehen. Zum einen bleibt diesen auch im Falle einer Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens grundsätzlich die Möglichkeit, ihrem Beruf entsprechend ihrem eingeschränkten Leistungsvermögen in abhängiger Beschäftigung, zB als Verwalter oder Geschäftsführer, oder in selbstständiger Tätigkeit, zB als Berater, nachzugehen. Zum anderen steht es ihnen frei, ihr landwirtschaftliches Unternehmen weiter zu betreiben und auf die ohnehin recht geringe Rente zu verzichten.

40

Schließlich lässt auch der vom Kläger betonte Umstand, dass die W. GmbH Weinbau ausschließlich auf gepachteten Flächen betreibt, hinsichtlich der Hofabgabepflicht eine ungerechtfertigte Gleichbehandlung mit auf Eigentumsflächen betriebenen landwirtschaftlichen Unternehmen nicht erkennen. Seit jeher wird Landwirtschaft sowohl auf Eigentumsflächen als auch auf Pachtflächen betrieben, und zwar in den unterschiedlichsten Formen (ausschließlich Eigentum oder Pacht aber auch Mischformen mit unterschiedlichem Umfang). Da nicht ersichtlich ist, dass gerade die Abgabe von Pachtflächen regelmäßig andere oder gar größere Schwierigkeiten mit sich brächte als die Abgabe von Eigentumsflächen, ist schon im Ansatz nicht zu erkennen, dass hinsichtlich der Unternehmensabgabe Differenzierungen geboten gewesen sein könnten. Ein landwirtschaftlicher Unternehmer, der ausschließlich auf Pachtflächen wirtschaftet, kann von vornherein nicht damit rechnen, dass er im Alter oder im Falle der Erwerbsminderung durch den Verkauf oder die Verpachtung von Flächen ein gewisses Einkommen erzielen kann. Folglich obliegt es ihm, in anderer Weise Vorsorge zu treffen, um eine als Teilsicherung konzipierte Rente aus der Alterssicherung der Landwirte zu ergänzen. Es würde dem Versicherungsprinzip widersprechen, wenn er aus der Alterssicherung der Landwirte bei gleichen Beiträgen leichter eine Erwerbsminderungsrente erhalten könnte als ein Landwirt, der eigene Flächen bewirtschaftet.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.