Landgericht Wuppertal Urteil, 18. Dez. 2014 - 9 S 174/14

Gericht
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Remscheid vom 30.06.2014
(Az. 43 C 309/13) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 28.10.2012 in Remscheid geltend. Die unfallbeteiligten Fahrzeuge der Parteien begegneten sich auf der Bstraße wobei aufgrund von beidseitig geparkten PKW nur eine Fahrbahnbreite von insgesamt ca. 4,80 m verblieb.
4Mit dem angefochtenen Urteil gab das Amtsgericht der Klage bei einer Haftungsquote von 75:25 % zugunsten der Klägerin statt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass die Klägerin ihr Fahrzeug angehalten habe, während der Beklagte zu 1) an ihr vorbeigefahren und dabei mit ihrem Fahrzeug kollidiert sei. Es verbleibe jedoch bei der Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges, die sich durch das Einfahren in eine enge Straße realisiert habe. Den Nachweis eines unabwendbaren Ereignisses habe die Klägerin nicht geführt, da nicht mehr festgestellt werden könne, welches der beiden Fahrzeuge sich zu weit mittig befunden habe. Ferner würden die fiktiv geltend gemachten Verbringungskosten iHv 125,- € keinen ersatzfähigen Schaden darstellen, da die Verbringung in eine andere Fachwerksatt nicht zwangsläufig anfalle. Anhaltspunkte, dass der Klägerin solche Kosten entstehen würden, seien nicht vorgetragen worden.
5Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der auf Grundlage einer 100 %- Haftung der Beklagten die Zahlung von weiteren 765,71 € geltend gemacht wird. Es stehe eindeutig fest, dass die Klägerin mit ihrem Fahrzeug gestanden habe, als der Beklagte zu 1) dagegen gefahren sei. Die Straße sei breit genug für beide Fahrzeuge gewesen. Der Beklagte zu 1) habe sein Alleinverschulden auch sofort zugegeben. Die Verbringungskosten seien als typischerweise anfallende Kosten bei der Abrechnung auf Gutachterbasis zu erstatten.
6Der Beklagte zu 1) ist vor dem erstinstanzlichen Urteil verstorben.
7Von einer weiteren Sachverhaltsdarstellung wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
8II.
9Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
10Dass der Beklagte zu 1) im Laufe des erstinstanzlichen Rechtsstreits verstorben ist, stand einer Fortsetzung des Verfahrens nach § 246 Abs. 1 ZPO nicht entgegen.
11Zu Recht ist das Amtsgericht von einer Mithaftung der Beklagten in Höhe von 25 % ausgegangen.
12Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Beklagte zu 1) gegen das stehende Fahrzeug der Klägerin gefahren ist. In der Sache zu Recht hat das Amtsgericht aber auch festgestellt, dass es sich bei dem Unfall für die Klägerin nicht um ein unabwendbares Ereignis iSd § 17 Abs. 3 StVG gehandelt hat. Hierunter versteht man einen Verkehrsunfall, der auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Der Fahrer, der mit Erfolg die Unabwendbarkeit des Unfalls geltend machen will, muss sich wie ein „Idealfahrer” verhalten haben (BGH, NJW 1992, 1684). Dazu wäre vorliegend jedenfalls die Feststellung erforderlich, dass sich das klägerische Fahrzeug so weit rechts befand, dass auch ein ungeübter Fahrer die Engstelle problemlos hätte passieren können. Diese Feststellung konnte das Amtsgericht aber gerade nicht treffen, da die genaue Position der Fahrzeuge bei der Kollision unbekannt ist und die Zeugin L die Skizze Bl. 26 als zutreffend bezeichnet hat, auf welcher beide Fahrzeuge zur Mitte hin orientiert eingezeichnet sind. Dies wird in der Sache mit der Berufung auch nicht angegriffen, so dass ein unabwendbares Ereignis nicht festgestellt werden konnte.
13Zu Recht ist das Amtsgericht auch davon ausgegangen, dass die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges nicht zurücktritt. Denn auch hierfür wäre die Feststellung erforderlich, dass das Verschulden des Beklagten zu 1) so schwer wiegt, dass es die Betriebsgefahr zurücktreten lässt, insbesondere weil die Durchfahrt für ihn problemlos möglich gewesen wäre. Diese Feststellung war aber gerade nicht möglich.
14Dass der Beklagte zu 1) seine Alleinhaftung am Unfallort zugegeben hat, stellt lediglich eine (unzutreffende) rechtliche Einschätzung dar, verändert die Rechtslage jedoch nicht.
15Zu Recht hat das Amtsgericht schließlich auch einen Anspruch auf fiktive Abrechnung von Verbringungskosten verneint, da nicht erkennbar sei, dass diese vorliegend anfallen würden. Zwar ist bei einer Abrechnung auf Gutachtenbasis nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Urteil vom 19.01.2010, 1 U 140/09, Beck-RS 2010, 15808) eine Ersatzfähigkeit solcher Aufwendungen gegeben, wenn ein anerkannter Kfz-Sachverständiger in seinem Gutachten ausführt, dass in der Region die streitigen Verbringungskosten bei einer Überführung des Fahrzeuges zu einer gesonderten Lackierwerkstatt typischerweise erhoben werden. An solchen Ausführungen zu typischerweise anfallenden Verbringungskosten fehlt es aber vorliegend; aus dem vorgelegten Gutachten (Bl. 39a ff) ergibt sich dies gerade nicht. Auch fehlen Ausführungen der Klägerin hierzu oder zu im konkreten Fall erforderlichen Verbringungskosten.
16III.
17Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
18Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
19Streitwert für die Berufungsinstanz: 765,71 €

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(1) Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozessfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters, der Anordnung einer Nachlassverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge (§§ 239, 241, 242) eine Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten statt, so tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein; das Prozessgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten, in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge auch auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen.
(2) Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens richten sich nach den Vorschriften der §§ 239, 241 bis 243; in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge ist die Ladung mit dem Schriftsatz, in dem sie beantragt ist, auch dem Bevollmächtigten zuzustellen.
(1) Wird ein Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht und sind die beteiligten Fahrzeughalter einem Dritten kraft Gesetzes zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Wenn der Schaden einem der beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist, gilt Absatz 1 auch für die Haftung der Fahrzeughalter untereinander.
(3) Die Verpflichtung zum Ersatz nach den Absätzen 1 und 2 ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch ein unabwendbares Ereignis verursacht wird, das weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Kraftfahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Vorrichtungen beruht. Als unabwendbar gilt ein Ereignis nur dann, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Kraftfahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Der Ausschluss gilt auch für die Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer eines Kraftfahrzeugs, der nicht Halter ist.
(4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 sind entsprechend anzuwenden, wenn der Schaden durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht wird.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.