vorgehend
Amtsgericht Mühldorf am Inn, 3 XIV 57/16, 02.06.2016

Gericht

Landgericht Traunstein

Tenor

1. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 02.06.2016, Az. 3 XIV 57/16 angeordneten Verlängerung der Haft wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.

3. Dem Betroffenen wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe gewährt und Rechtsanwalt U. L., B. Straße ... H., zu den Bedingungen eines im Bezirk des Landgerichts Traunstein ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.

4. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Betroffene wurde bereits nach unerlaubter Einreise am 29.11.2015 nach Österreich zurückgewiesen. Erneut reiste er in der Folgezeit zu Fuß von Österreich aus kommend nach Deutschland ein. Bei einer polizeilichen Kontrolle am 03.12.2015 gegen 14.15 Uhr im Bereich der Gemeinde Anger konnte sich der Betroffene mit keinen aufenthaltslegitimierenden Dokumenten ausweisen. Der Betroffene wurde am 03.12.2015 wegen des Verdachts der unerlaubten Einreise polizeilich vernommen (Bl. 17/20). Hierbei gab er an, er habe keinen Pass. Diesen habe er ins Meer geworfen, damit ihn keiner nach Marokko zurückschieben könne.

Mit Beschluss vom 04.12.2015 ordnete das Amtsgericht Laufen gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens 03.06.2016 an, Az. XIV 41/15 (Bl. 37/40). Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betroffenen wies das Landgericht Traunstein mit Beschluss vom 22.01.2016, Az. 4 T 4349/15 (Bl. 42/50) zurück.

Am 27.01.2016 wurde der Betroffene vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: BAMF) mündlich angehört (Bl. 51/54). Mit Bescheid vom 05.02.2016 (Bl. 55/61) wurde der Asylantrag des Betroffenen abgelehnt und dem Betroffenen die Abschiebung angekündigt.

Am 25.05.2016 beantragte die beteiligte Behörde die Verlängerung der Anordnung der Freiheitsentziehung (Bl. 2/9). Zur Begründung führt sie aus, die benötigten Dokumente seien am 14.12.2015 an die marokkanische Botschaft in Berlin übersandt worden. Die hieran anschließende Überprüfung durch die marokkanischen Behörden dauere noch an, es seien regelmäßig Sachstandsanfragen erfolgt. Mit einem Ergebnis sei innerhalb der nächsten zwei Wochen zu rechnen.

Nach richterlicher Anhörung am 02.06.2016 (Bl. 68/69) ordnete das Amtsgericht Mühldorf am Inn mit Beschluss vom 02.06.2016 (Bl. 70/75) die Verlängerung der Sicherungshaft bis zum 15.06.2016 an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 02.06.2016 (Bl. 78/79) legte der Betroffene gegen den Beschluss Beschwerde ein, beantragte die Feststellung der Rechtswidrigkeit und stellte Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe. Er begründete das Rechtsmittel ergänzend mit anwaltlichen Schriftsätzen vom 06.06.2016 (Bl. 82/83) und 09.06.2016 (Bl. 88/89). Zur Begründung wird insbesondere ausgeführt, einer Haftverlängerung stehe entgegen, dass der Betroffene seine Abschiebung nicht aktiv verhindert habe.

Das Amtsgericht Mühldorf am Inn half der Beschwerde nicht ab (Bl. 80).

Die beteiligte Behörde nahm am 07.06.2016 ergänzend Stellung (Bl. 84/87).

Mit Beschluss vom 13.06.2016, Az. 1 XIV 65/16 (Bl. 90/95) verlängerte das Amtsgericht Mühldorf am Inn auf Antrag der beteiligten Behörde die Sicherungshaft erneut bis zum 30.06.2016.

II.

1. Gegen die Anordnung der Verlängerung der Haft zur Sicherung der Abschiebung ist gemäß § 106 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 58 Abs. 1 FamFG das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Diese wurde fristgerecht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) eingelegt.

2. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der mit Beschluss vom 02.06.2016 angeordneten Verlängerung der Sicherungshaft ist unbegründet.

a) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Antrag auf Verlängerung der Haft nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 bis 5 FamFG).

Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (BGH, Beschluss vom 10.10.2013 - V ZB 55/13 m.w.N.).

Daran gemessen lag der Verlängerung der Sicherungshaft ein zulässiger und ausreichend begründeter Haftantrag zugrunde.

Aus dem Verlängerungsantrag der beteiligten Behörde vom 25.05.2016 geht hervor, dass der Betroffene nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko nach Marokko abgeschoben werden soll.

Der Antrag enthält eine Begründung, warum die beabsichtigte Abschiebung innerhalb der zunächst angeordneten sechs Monate nicht möglich war, und warum diese in naher Zukunft möglich sein wird. Die benötigten Dokumente seien am 14.12.2015 an die marokkanische Botschaft in Berlin übersandt worden. Die hieran anschließende Überprüfung durch die marokkanischen Behörden dauere noch an, es seien regelmäßig Sachstandsanfragen erfolgt. Mit einem Ergebnis sei innerhalb der nächsten zwei Wochen zu rechnen.

b) Gemäß § 62 Abs. 3 S. 1 AufenthG kann die Sicherungshaft bis zu sechs Monate angeordnet werden. Sie kann in den Fällen, in denen der Ausländer seine Abschiebung verhindert, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Die Voraussetzungen dafür liegen vor. Der Betroffene hat seine Abschiebung verhindert.

Ein Verhindern setzt voraus, dass ein von dem Willen des Ausländers abhängiges pflichtwidriges Verhalten ursächlich dafür ist, dass die Abschiebung nicht erfolgen konnte, wenn also das für die Abschiebung bestehende Hindernis auf ein Tun, zu dessen Unterlassen er verpflichtet ist, oder auf ein Unterlassen zurückgeht, während er zu einem Tun verpflichtet ist (BGH, Beschluss vom 25.2.2010 - ZA 2/10 m.w.N.).

In den dem Betroffenen zuzurechnenden und von ihm hinnehmbaren Zeitraum fällt grundsätzlich auch das Prüfungsverfahren, das die Heimatbehörden bis zur positiven Bescheidung für sich in Anspruch nehmen (BGH, a.a.O.).

aa) Vorliegend hat der Betroffene im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung vom 03.12.2015 (Bl. 17/19) angegeben, seinen Pass ins Meer geworfen zu haben, um einer eventuellen Rückführung in sein Heimatland zu entgehen. In seiner Anhörung vor dem BAMF am 27.01.2016 hat er wiederholt ausgeführt, alle seine Papiere ins Meer geworfen zu haben. Dieses Verhalten stellt eine Vernichtung des Passes dar. In der Vernichtung des Passes liegt ein aktives Tun des Betroffenen, welches ein langwieriges Verfahren zur Beschaffung entsprechender Identitätspapiere ausgelöst hat. Diese sind Voraussetzung für eine Abschiebung, so dass das Verhalten des Betroffenen eine Verhinderung seiner Abschiebung darstellt (so auch Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 207. Aufl., § 62 AufenthG, Rn. 18; Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., § 62 AufenthG, Rn. 141).

bb) Der Betroffene ist zudem gem. § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylG als auch gem. § 48 AufenthG verpflichtet, an der Beschaffung eines Identitiätspapiers mitzuwirken. Verweigert er die Mitwirkung, verhindert er gleichzeitig seine Abschiebung, denn dann erhält er von seinem Heimatstaat keine Ersatzpapiere, so dass er in diesen nicht einreisen und auch nicht abgeschoben werden kann.

Gegen diese Mitwirkungspflicht hat der Betroffene, der hierüber ausweislich der Niederschrift der Anhörung vor dem BAMF vom 27.01.2016 belehrt wurde, verstoßen. Er hätte zur Beschleunigung des Verfahrens beitragen können, indem er nähere Angaben zu seiner Herkunft im Heimatland, seinen Verwandtschaftsverhältnissen, und zu den Behörden, die Unterlagen über ihn führen, tätigt. Ebenfalls hätte er sich bemühen können, Kopien seiner Geburtsurkunde oder seines Passes beizubringen. Dass er über entsprechende Dokumente verfügt, dürfte sich aus dem Besitz eines Passes schließen lassen.

Sämtliche vorbezeichnete Maßnahmen hätten zu einer Beschleunigung des Verfahrens geführt.

c) Die Haftanordnung ist nicht deswegen rechtswidrig, weil die beteiligte Behörde die Abschiebungsvoraussetzungen nicht mit der gebotenen Beschleunigung betrieben hätte.

Diese steht - auch über ihren Verbindungsbeamten in Marokko - in ständigem persönlichen Kontakt mit dem zuständigen marokkanischen Innenministerium und hat gegenüber diesem wiederholt auf die Dringlichkeit des Verfahrens sowohl schriftlich als auch mündlich hingewiesen.

Das Verfahren wird mithin seit dem 14.12.2015 fortwährend betrieben.

d) Weiterhin ist die Haftanordnung auch nicht deswegen rechtswidrig, weil absehbar ist, dass die Abschiebung innerhalb des nach dem Gesetz vorgesehenen zeitlichen Rahmens unmöglich ist.

Zwar darf die Haft zur Sicherung der Abschiebung gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung dann nicht aufrechterhalten werden, wenn sich im Beschwerdeverfahren - wie vorliegend - ergibt, dass eine Abschiebung innerhalb des angeordneten Haftzeitraumes nicht mehr durchgeführt werden kann (BGH, Beschluss vom 10.04.2014 - V ZB 110/13). Zu berücksichtigen ist insoweit aber eine schon angeordnete Haftverlängerung (BGH, a.a.O.). Diese ist vorliegend durch Beschluss des Amtsgerichs Mühldorf am Inn vom 13.06.2016 erfolgt. Die beteiligte Behörde hat diese Haftverlängerung unverzüglich beantragt, als absehbar war, dass eine Abschiebung in dem ursprünglich beantragten Zeitraum nicht möglich ist.

e) Letztlich ist die Haftverlängerung auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu bejahen, § 62 Abs. 1 AufenthG. Ein milderes Mittel als die Inhaftierung des Betroffenen zur Sicherung der Abschiebung ist nicht gegeben. Meldeauflagen, die Verwahrung des Passes oder die Verfügung, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten, sind entweder nicht möglich, da der Betroffene keine Ausweisdokumente hat, oder nicht geeignet, die Abschiebung sicherzustellen. Aufgrund seiner polizeilichen Angaben zur Vernichtung seines Passes und des Grundes hierfür (Verhinderung der Abschiebung) ist zu befürchten, dass sich der Betroffene einer Abschiebung entziehen wird.

Wie bereits ausgeführt, liegt es am Betroffenen selbst, die Dauer seiner Haft durch entsprechende Mitwirkungshandlungen maßgeblich zu verkürzen.

3. Die Kammer hat von einer weiteren Anhörung im Beschwerdeverfahren abgesehen, da hiervon keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind, § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.

5. Die Festsetzung des Beschwerdewertes ergeht gem. §§ 61 Abs. 1 S. 1, 36 Abs. 3 GNotKG.

6. Dem Betroffenen war antragsgemäß Verfahrenskostenhilfe zu gewähren und wegen der Schwierigkeiten der Rechtslage ein Rechtsanwalt beizuordnen, § 76 FamFG, § 114 ZPO.

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Tenor 1. Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vollzugs der mit Beschluss des Amtsgerichts Mühldorf am Inn vom 13.06.2016 angeordneten und bis 27.06.2016 vollzogenen Haft wird zurückgewiesen (Az.: 4 T 2112/16). 2.

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Tenor

1. In der Freiheitsentziehungssache (Sicherung der Abschiebung) gegen … wird die Freiheitsentziehung zum Zwecke der Abschiebung bis längstens 03.06.2016 angeordnet.

2. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Gründe

Gründe:

D. Betroffene ist … Staatsangehöriger und reiste von Österreich kommend im Amtsgerichtsbezirk Laufen erneut in das Bundesgebiet ein, wo er am 03.12.2015 gegen 14.15 Uhr in …….. einer polizeilichen Kontrolle unterzogen wurde. Dabei wurde festgestellt, dass der Betroffene weder Aufenthaltserlaubnis noch Reisepass hatte und bereits am 29.11.2015 nach Österreich zurückgeschoben wurde.

Es liegt ein zulässiger Haftantrag einer zuständigen Behörde vor. Hierzu wurde d. Betroffene richterlich angehört. Auf den Haftantrag und das Anhörungsprotokoll wird Bezug genommen.

Die Voraussetzungen für die Abschiebung und die Haft zu ihrer Sicherung sind gegeben (§§ 58, 62 AufenthG). D. Betroffene ist aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig (§ 50, § 62 Abs. 3 Nr. 1, 58 AufenthG).

D. Betroffenen ist nunmehr bekannt, dass seine Abschiebung betrieben wird und er hier kein Aufenthaltsrecht zu erwarten hat. Zudem bestehen im Bundesgebiet keine gefestigten sozialen Bindungen.

Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr (§ 62 Abs. 3 Nr. 5 AufenthG in Verbindung mit § 2 Abs. 14 AufenthG). Nach den Gesamtumständen besteht der begründete Verdacht, dass d. Betroffene sich der Abschiebung entziehen will:

Der Betroffene täuschte über seine Identität, insbesondere durch Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten sowie das Vorgeben einer falschen Identität (§ 2 Abs. 14 Nr. 2 AufenthG). Der Betroffene hat sich seiner Ausweisdokumente durch Wegwerfen in das Mittelmeer gezielt entledigt und sich zunächst als irakischer Staatsangehöriger ausgegeben, um seine Weiterreise/Einreise zu erzielen.

Der Betroffene hat zudem ausdrücklich erklärt, dass er sich der Abschiebung entziehen und untertauchen will (§ 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG).

Die zuständige Behörde hat ausreichend dargelegt, dass die Abschiebung innerhalb der angeordneten Frist durchgeführt werden kann.

Gründe, die einer Abschiebung entgegenstehen oder die Haftanordnung unverhältnismäßig erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Zur Sicherung der Abschiebung ist die Haftanordnung unerlässlich. Die Anordnung ist zulässig, auch wenn die Abschiebung vss. nicht innerhalb von drei Monaten erfolgen kann, weil der Betroffene durch das Wegwerfen der Ausweisdokumente selbst die Ursache dafür gesetzt hat, dass die Abschiebung nicht schneller erfolgen kann.

Das erforderliche Einvernehmen der Staatsanwaltschaft Traunstein (§ 72 Abs. 4 AufenthG) ist im vorliegenden Fall durch Staatsanwalt … erteilt worden.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 422 FamFG

Tenor

1. Die Beschwerde des Betroffenen vom 04.12.2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Betroffene.

3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Betroffene wurde bereits nach unerlaubter Einreise am 29.11.2015 nach Österreich zurückgewiesen (vgl. Einreiseverweigerung Bl. 20, Befragung Bl. 14/16). Erneut reiste er in der Folgezeit zu Fuß von Österreich aus kommend nach Deutschland ein. Bei einer polizeilichen Kontrolle am 03.12.2015 gegen 14.15 Uhr im Bereich der Gemeinde Anger konnte sich der Betroffene mit keinen aufenthaltslegitimierenden Dokumenten ausweisen (vgl. Vermerk Bl. 19). Der Betroffene wurde am 03.12.2015 wegen des Verdachts der unerlaubten Einreise polizeilich vernommen (Protokoll Bl. 11/13). Hierbei gab er an, dass er im Falle einer Abschiebung untertauchen würde. Am 04.12.2015 wurde ihm die Abschiebung schriftlich angedroht.

Mit Schreiben vom 04.12.2015 beantragte die beteiligte Behörde beim Amtsgericht Laufen die Anordnung der Haft zur Sicherung der Abschiebung bis 04.06.2016. Für den Betroffenen liege kein EURODAC-Treffer vor (Bl. 18). Der Betroffene sei nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko dorthin abzuschieben. Es liege der Haftgrund des § 62 Abs. 3 Nr. 5, § 2 Abs. 14 Nr. 3, 4, 5 AufenthG vor. Der Betroffene habe durch das Wegwerfen seines Reisepasses seine gesetzliche Mitwirkungspflicht zur Feststellung der Identität verletzt (§ 2 Abs. 14 Nr. 3 AufenthG). Er habe für seine Schleusung 600,00 € bezahlt (§ 2 Abs. 14 Nr. 4 AufenthG). Aufgrund seiner Aussage bestehe der Verdacht, dass der Betroffene untertaucht und sich der Zurückschiebung entziehen wolle (§ 2 Abs. 14 Nr. 5 AufenthG).

Am 04.12.2015 hörte der Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Laufen den Betroffenen an (Protokoll Bl. 21/22). Mit Beschluss vom 04.12.2015 (Bl. 23/25) ordnete das Amtsgericht Laufen gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung der Abschiebung bis längstens 03.06.2016 an. Das Amtsgericht nahm Fluchtgefahr an, da der Betroffene ausdrücklich erklärt habe, dass er die Absicht habe unterzutauchen. Der Betroffene legte zu Protokoll des Amtsgerichts Laufen am 04.12.2015 Beschwerde ein, der das Amtsgericht Laufen mit Beschluss vom 04.12.2015 nicht abhalf. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen legte mit Schriftsatz vom 13.12.2015, bei Gericht per Fax eingegangen am selben Tag, gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 Beschwerde ein, beantragte die Rechtswidrigkeit der Haft festzustellen und stellte Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (Bl. 35/36).

Der beauftragte Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein hörte den Betroffenen am 17.12.2015 persönlich an (Protokoll Bl. 31/33). Mit Schriftsätzen vom 11.01.2016 (Bl. 42/45) und 17.01.2016 (Bl. 56) begründete der Verfahrensbevollmächtigte des Betroffenen die Beschwerde und teilte mit, dass der Betroffene Asylantrag gestellt habe und zwar am 09.12.2015 per Post und am 11.01.2016 per Fax. Die beteiligte Behörde teilte mit Schreiben vom 12.01.2016 mit, dass nach Auskunft des BAMF vom 04.01.2016 dort kein Asylantrag eingegangen sei, mit E-mail vom 22.01.2016 teilte sie mit, dass der Asylantrag nach Auskunft des BAMF dort am 11.01.2016 einging.

Mit Beschluss vom 12.01.2016 wurde dem Betroffenen Verfahrenskostenhilfe gewährt und der Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet.

II.

1. Gegen die Anordnung der Haft zur Sicherung der Zurückschiebung durch Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 ist gemäß § 106 Abs. 2 AufenthG i. V. m. § 58 Abs. 1 FamFG das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Diese wurde fristgerecht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) eingelegt und ist zulässig.

2. Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Laufen vom 04.12.2015 ist unbegründet.

Der Betroffene ist aufgrund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig (§ 58 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 AufenthG). Seine Einreise war unerlaubt, da er den erforderlichen Pass nach § 3 AufenthG oder Aufenthaltstitel nach § 4 AufenthG nicht besaß (§ 14 Abs. 1 AufenthG). Die vollziehbare Ausreisepflicht besteht darüber hinaus gemäß § 58 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG.

a) Die Haftanordnung ist nicht wegen möglicher Unzuständigkeit des erkennenden Richters des Amtsgerichts Laufen aufzuheben. Soweit der Beschwerdeführer die Zuständigkeit des Richters am Amtsgericht nach der Geschäftsverteilung rügt, ist dies unerheblich, da selbst die Entscheidung eines unzuständigen Richters den Beschluss nicht rechtswidrig machen würde (§ 22d GVG).

b) Der Anordnung der Zurückschiebehaft lag ein zulässiger und ausreichend begründeter Haftantrag der beteiligten Ausländerbehörde vom 04.12.2015 zugrunde. Für Zurückschiebehaftanträge werden insbesondere Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Zurückschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Zurückschiebung und zu der notwendigen Haftdauer verlangt (vgl. § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 - 5 FamFG). Inhalt und Umfang der erforderlichen Darlegung bestimmen sich nach dem Zweck des Begründungserfordernisses. Es soll gewährleisten, dass das Gericht die Grundlagen erkennt, auf welche die Behörde ihren Antrag stützt, und dass das rechtliche Gehör des Betroffenen durch die Übermittlung des Haftantrags nach § 23 Abs. 2 FamFG gewahrt wird (BGH vom 22. Juli 2010, V ZB 28/10, NVwZ 2010, 1511). Die Darlegungen dürfen knapp gehalten sein, müssen aber die für die richterliche Prüfung wesentlichen Punkte des Falles ansprechen (BGH vom 15.09.2011, FGPrax 2011, 317).

(1) Aus dem Haftantrag der beteiligten Behörde vom 04.12.2015 geht hervor, dass der Betroffene nach dem Rücknahmeabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko nach Marokko abgeschoben werden soll.

(2) Der Antrag enthält eine Begründung, dass die beteiligte Behörde voraussichtlich sechs Monate für die beabsichtigte Abschiebung benötigt. Da der Betroffene nicht im Besitz eines Reisepasses ist, muss über das marokkanische Konsulat in Berlin ein Passersatzpapier beschafft werden, was nach Auskunft der marokkanischen Botschaft vier bis sechs Monate dauert. Anschließend muss noch der Flug nach Marokko organisiert werden. Es ist nicht zu beanstanden, dass die beteiligte Behörde die Prognose der Dauer der Haft auf der Grundlage der Auskunft der marokkanischen Botschaft getroffen hat. Nach Auffassung der Kammer stellt diese Auskunft eine hinreichende Tatsachengrundlage dar. Die Kammer kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine Verpflichtung erkennen, Vergleichsfälle für Abschiebungen nach Marokko zu benennen.

(3) Im Haftantrag ist ausgeführt, dass dem Betroffenen nach § 59 Abs. 1 AufenthG die Abschiebung angedroht wurde.

c) Der Haftantrag enthält das Einvernehmen der Staatsanwaltschaft Traunstein für die geplante Zurückschiebung. Im Übrigen ist dieses Einvernehmen nach der seit 24.10.2015 gültigen Fassung des § 72 Abs. 4 AufenthG nicht mehr erforderlich.

d) Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne von § 62 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 5, § 2 Abs. Abs. 14 Ziffer 4, 5 AufenthG.

Nach § 2 Abs. 14 Ziffer 4 AufenthG kann ein konkreter Anhaltspunkt für eine Fluchtgefahr sein, wenn der Ausländer zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96 AufenthG aufgewandt hat, die für ihn nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren. Der mittellose Betroffene hat - gemäß seinen Ausführungen in der mündlichen Anhörung vom 17.12.2015 - für die Überfahrt von der Türkei nach Griechenland nach seinen Angaben bei der richterlichen Anhörung 800,00 € an einen Schleuser gezahlt, was für ihn einen erheblichen Betrag darstellt, der im Falle einer Abschiebung nach Marokko vergeblich aufgewendet worden wäre.

Es besteht auch der Haftgrund der Fluchtgefahr im Sinne von § 62 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 5, § 2 Abs. 14 Ziffer 5 AufenthG. Danach kann ein konkreter Anhaltspunkt für eine erhebliche Fluchtgefahr sein, wenn der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will. Diese Voraussetzung liegt hier vor. Der Betroffene hatte bereits anlässlich der polizeilichen Vernehmung am 03.12.2015 auf die Frage, ob er sich einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme zur Verfügung halten würde, angegeben, dass er für den Fall, dass er nach Marokko abgeschoben würde, untertauchen würde. Bei der richterlichen Anhörung vor dem beauftragten Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein am 17.12.2015 hat er ebenfalls betont, dass er sich der Abschiebung nicht stellen würde. Die Kammer hat daher keine Zweifel, dass der Betroffene sich einer Zurückschiebung nicht stellen und untertauchen würde, um sich in ein anderes Land abzusetzen. Da die beteiligte Behörde die Abschiebung in sein Heimatland betreibt, ist unerheblich, ob der Betroffene der Überstellung in ein anderes (evtl. EU-Land) zustimmen würde.

Die Ausführungen in der Beschwerdebegründung zu den Haftgründen nach der Verordnung [EG] Nr. 604/2013 (Dublin-III-Verordnung) sind unerheblich, da die beteiligte Behörde keine Überstellung nach der Dublin - III - Verordnung, sondern eine Abschiebung in das Heimatland des Betroffenen betreibt. Für die Abschiebehaft ist keine „erhebliche“ Fluchtgefahr im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Dublin - III - Verordnung erforderlich, sondern eine „einfache“ Fluchtgefahr nach §§ 62 Abs. 3 Ziffer 5, 2 Abs. 14 AufenthG.

e) Die Haft war nicht wegen des gestellten Asylantrages aufzuheben. Wie sich aus der Mitteilung der beteiligten Behörde ergibt, ist der schriftliche Asylantrag (§ 14 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 2 AsylG) am 11.01.2016 beim BAMF eingegangen. Da gegen den Betroffenen gemäß § 62 Abs. 3 Ziffer 5 AufenthG Sicherungshaft verhängt wurde, steht die Asylantragstellung der Aufrechterhaltung der Haft nicht entgegen (§ 14 Abs. 3 Satz 1 Ziffer 4 AsylG). Es obliegt der zuständigen Behörde zu überwachen, dass seit Eingang des Asylantrages bis zur Entscheidung des BAMF nicht mehr als vier Wochen vergehen (§ 14 Abs. 3 Satz 34 AsylG).

f) Die Haftanordnung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen Art. 9 der Richtlinie 2013/33/EU (künftig: Aufnahmerichtlinie) aufzuheben. Die Richtlinie ist zunächst durch den nationalen Gesetzgeber umzusetzen. Auch wenn davon ausgegangen wird, dass eine Umsetzung in nationales Recht innerhalb der gesetzten Frist gemäß Art. 31 der Richtlinie nicht erfolgte und deren Art. 9 daher unmittelbare Anwendung findet, ist die Kammer der Auffassung, dass die unterbliebene schriftliche Mitteilung der Haftgründe und der Belehrung über die Rechtsmittel nicht zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung führen. Art. 9 der Aufnahmerichtlinie verlangt keine mündliche Anhörung des Betroffenen. Vielmehr könnte nach dieser Richtlinie die Haftanordnung durch eine Verwaltungs- oder Justizbehörde auch in einem schriftlichen Verfahren ergehen. Das nationale deutsche Recht geht über diese Verfahrensgarantien hinaus, da nach § 420 Abs. 1 Satz 1 FamFG eine persönliche Anhörung des Betroffenen erforderlich ist. Wie sich aus dem vorliegenden Protokoll des Amtsgerichts Laufen ergibt, wurde dem Betroffenen - entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - der fertige Beschluss mündlich vom anwesenden Dolmetscher übersetzt. Der Betroffene kannte aufgrund dessen die Gründe, die zu seiner Inhaftierung geführt haben. Da der Beschluss des Amtsgerichts eine Rechtsmittelbelehrung enthält (§ 39 FamFG), die auch übersetzt wurde, war dem Betroffenen die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels bekannt.

Der Beschluss des Amtsgerichts betreffend die Anordnung von Sicherungshaft ist auch nicht deshalb rechtswidrig, als der Betroffene nicht schriftlich über die Möglichkeit der unentgeltlichen Rechtsberatung und -vertretung belehrt wurde. Die Verletzung von Verteidigungsrechten des Betroffenen, insbesondere des Anspruchs auf rechtliches Gehör, hat nicht ohne weiteres die Rechtswidrigkeit einer angeordneten Abschiebungshaft zur Folge; ein solcher Verfahrensfehler führt nur dann zu einer Aufhebung der Haftanordnung, wenn das Verfahren ohne diesen Fehler zu einem anderen Ergebnis hätte führen können (vgl. BGH, 12.03.2015, V ZB 187/14). Dies ist vorliegend bereits deshalb nicht der Fall, da der Betroffene von der Möglichkeit der unentgeltlichen Rechtsberatung und -vertretung Gebrauch gemacht hat.

g) Der Haftgrund ist auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit (§ 62 Abs. 1 AufenthG) zu bejahen, da ein milderes Mittel als die Inhaftierung des Betroffenen zur Sicherung der Zurückschiebung nicht gegeben ist. Meldeauflagen, die Verwahrung des Passes oder die Verfügung, sich an einem bestimmten Ort aufzuhalten sind entweder nicht möglich, da der Betroffene keine Ausweisdokumente hat, oder nicht geeignet, um seine Zurückschiebung sicherzustellen. Der Betroffene hat nicht glaubhaft dargetan, dass er sich einer Zurückschiebung nicht entziehen will, § 62 Abs. 3 Satz 3 AufenthG.

h) Das Verfahren wird von der beteiligten Behörde mit der nötigen Beschleunigung betrieben. Der erforderliche Antrag für die Beschaffung von Passersatzpapieren liegt seit dem 14.12.2015 der marokkanischen Botschaft vor. Auf die weitere Dauer des Verfahrens bei den marokkanischen Behörden hat die beteiligte deutsche Ausländerbehörde keinen Einfluss.

i) Die Zurückschiebehaft wird in der zentralen Abschiebehafteinrichtung in Mühldorf am Inn vollzogen (§ 62a Abs. 1 AufenthG).

j) Die Abschiebung kann voraussichtlich aufgrund der Dauer der Beschaffung der Passersatzpapiere nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden. Eine über drei Monate hinausgehende Haftanordnung ist aber nur dann zulässig, wenn aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen die Abschiebung erst nach mehr als drei Monaten durchgeführt werden kann (§ 62 Abs. 3 Satz 4 AufenthG). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Betroffene hat die voraussichtlich über drei Monate hinausgehende Dauer bis zur Abschiebung und eine damit entsprechend lange Haft selbst zu vertreten. Er hat - wie sich aus seiner Aussage bei der polizeilichen Vernehmung und vor dem beauftragten Richter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Traunstein ergibt - bei seiner Flucht seinen Pass weggeworfen, wodurch ein langwieriges Verfahren zur Beschaffung des Passersatzpapieres erforderlich wird.

k) Die Haft ist nicht wegen Verstoßes der Benachrichtigung einer Vertrauensperson (§ 432 FamFG) aufzuheben. Der Betroffene hat beim Amtsgericht keine Vertrauensperson benannt. Die Bitte um ein Telefonat stellt keine Benennung einer Vertrauensperson dar. Im Übrigen geht die Kammer aufgrund ihrer Erfahrung davon aus, dass der Betroffene in der Abschiebehafteinrichtung die Möglichkeit hatte, ein Telefonat zu führen und selbst eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Eine Bestellung einer Vertrauensperson durch das Amtsgericht verbietet sich, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine durch das Gericht bestellte Person durch den Betroffenen als Person seines Vertrauens angesehen würde.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG

4. Die Festsetzung des Geschäftswerts der Beschwerde beruht auf §§ 61 Abs. 1 Satz 1, 36 Abs. 3 GNotKG.

(1) Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes) und der Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.

(2) Das Verfahren bei Freiheitsentziehungen richtet sich nach Buch 7 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Ist über die Fortdauer der Zurückweisungshaft oder der Abschiebungshaft zu entscheiden, so kann das Amtsgericht das Verfahren durch unanfechtbaren Beschluss an das Gericht abgeben, in dessen Bezirk die Zurückweisungshaft oder Abschiebungshaft jeweils vollzogen wird.

(1) Die Beschwerde findet gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Endentscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte in Angelegenheiten nach diesem Gesetz statt, sofern durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Beurteilung des Beschwerdegerichts unterliegen auch die nicht selbständig anfechtbaren Entscheidungen, die der Endentscheidung vorausgegangen sind.

(1) Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen.

(2) Die Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen folgende Entscheidungen richtet:

1.
Endentscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung oder
2.
Entscheidungen über Anträge auf Genehmigung eines Rechtsgeschäfts.

(3) Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

(1) Die Freiheitsentziehung darf das Gericht nur auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde anordnen.

(2) Der Antrag ist zu begründen. Die Begründung hat folgende Tatsachen zu enthalten:

1.
die Identität des Betroffenen,
2.
den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Betroffenen,
3.
die Erforderlichkeit der Freiheitsentziehung,
4.
die erforderliche Dauer der Freiheitsentziehung sowie
5.
in Verfahren der Abschiebungs-, Zurückschiebungs- und Zurückweisungshaft die Verlassenspflicht des Betroffenen sowie die Voraussetzungen und die Durchführbarkeit der Abschiebung, Zurückschiebung und Zurückweisung.
Die Behörde soll in Verfahren der Abschiebungshaft mit der Antragstellung die Akte des Betroffenen vorlegen.

(3) Tatsachen nach Absatz 2 Satz 2 können bis zum Ende der letzten Tatsacheninstanz ergänzt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 55/13
vom
10. Oktober 2013
in der Abschiebungshaftsache
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Oktober 2013 durch die
Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth, die Richterinnen
Dr. Brückner und Weinland und den Richter Dr. Kazele

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Kiel vom 18. April 2013 und der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 29. April 2013 ihn in seinen Rechten verletzt haben. Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Stadt Kiel auferlegt. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.

Gründe:

I.

1
Der Betroffene, ein vietnamesischer Staatsangehöriger, reiste 2003 in das Bundesgebiet ein und wurde im Jahr 2005 abgeschoben. Am 15. Februar 2013 wurde er erneut im Bundesgebiet angetroffen und festgenommen. Das Amtsgericht ordnete mit Beschluss vom 16. Februar 2013 Abschiebungshaft für drei Monate an. Auf die Beschwerde des Betroffenen hob das Beschwerdegericht die Anordnung der über den 18. April 2013 hinausgehenden Haft auf.
2
Mit Beschluss vom 18. April 2013 hat das Amtsgericht die Abschiebungshaft bis zum 30. April 2013 verlängert. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene nach seiner am 30. April 2013 erfolgten Abschiebung nach Vietnam die Feststellung erreichen, dass die Haftanordnung und ihre Aufrechterhaltung ihn in seinen Rechten verletzt haben.

II.

3
Das Beschwerdegericht sieht die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Haft als gegeben an. Der Betroffene sei aufgrund seiner unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig, und es bestehe der begründete Verdacht, dass er sich der Abschiebung entziehen wolle.

III.

4
Die Rechtsbeschwerde ist nach Erledigung der Hauptsache analog § 62 FamFG ohne Zulassung statthaft (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29. April 2010 - V ZB 218/09, InfAuslR 2010, 359 Rn. 9 mwN). Sie ist auch im Übrigen zulässig und hat in der Sache Erfolg.
5
1. Die Haft hätte schon deshalb nicht verlängert werden dürfen, weil es an einem zulässigen Haftverlängerungsantrag fehlte.
6
a) Das Vorliegen eines zulässigen Haftantrags ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zu der zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungsvoraussetzungen, zu der Erforderlichkeit der Haft, zu der Durchführbarkeit der Abschiebung und zu der notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des Haftantrags knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte Sicherungshaft nicht angeordnet werden (st. Rspr., Senat, Beschlüsse vom 10. Mai 2012 - V ZB 246/11, InfAuslR 2012, 328 ff. Rn. 10; vom 6. Dezember 2012 - V ZB 118/12, juris; vom 31. Januar 2013 - V ZB 20/12, FGPrax 2013, 130 f., jeweils mwN).
7
b) Zu den gemäß § 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 FamFG darzulegenden Abschiebungsvoraussetzungen gehört die nach § 59 AufenthG erforderliche Abschiebungsandrohung. Fehlt es an einer für die Vollstreckung der Abschiebung notwendigen Voraussetzung, darf auch eine kraft Gesetzes (§ 58 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) vollziehbare Ausreisepflicht nicht ohne weiteres durchgesetzt werden. Eine bestehende Fluchtgefahr berechtigt die Behörde zwar dazu, von einer Fristsetzung für die freiwillige Ausreise abzusehen (§ 59 Abs. 1 Satz 2 AufenthG), macht die Abschiebungsandrohung aber nicht entbehrlich. Der Haftantrag muss daher entweder Ausführungen zu einer Abschiebungsandrohung enthalten oder dazu, dass es einer solchen ausnahmsweise nicht bedurfte (z.B. nach § 59 Abs. 1 Satz 3 AufenthG oder nach § 34a Abs. 1 Satz 3 AsylVfG; eingehend zum Ganzen Senat, Beschluss vom 16. Mai 2013 - V ZB 44/12, InfAuslR 2013, 349 Rn. 9 ff. mwN).
8
c) Daran gemessen war der auf Verlängerung der Haft gerichtete Antrag unzureichend. Er nahm Bezug auf den Haftantrag vom 16. Februar 2013. In diesem hatte die Behörde nur ausgeführt, dass der Betroffene nach zwei vorausgegangenen Abschiebungen gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AufenthG unerlaubt eingereist sei; zu der Abschiebungsandrohung verhielt sich dieser Antrag nicht.
9
d) Ob das auf die Mitteilung des Abschiebungstermins bezogene Schreiben der beteiligten Behörde vom 16. April 2013 als Abschiebungsandrohung angesehen werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls ist es dem Betroffenen nicht so zur Kenntnis gebracht worden, dass er dazu ausreichend Stellung nehmen konnte. Zwar ist das Schreiben seinem Verfahrensbevollmächtigten vor dem Anhörungstermin zugegangen. Dieser war bei der Anhörung aber nicht anwesend, weil über den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe noch nicht entschieden war. Dass dem Betroffenen selbst der Inhalt des Schreibens mitgeteilt und (jedenfalls mündlich) vor der Anhörung übersetzt worden wäre, ist aus dem Anhörungsprotokoll nicht ersichtlich.
10
2. Eine Heilung des Mangels - die mit Wirkung für die Zukunft möglich gewesen wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 136/11, FGPrax 2011, 318 Rn. 8) - ist schon deshalb nicht erfolgt, weil das Beschwerdegericht von einer erneuten Anhörung des Betroffenen abgesehen hat.

IV.

11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 Abs. 5 EMRK analog. Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 128c Abs. 2 KostO i.V.m. § 30 Abs. 2 KostO. Stresemann Roth Brückner Weinland Kazele
Vorinstanzen:
AG Kiel, Entscheidung vom 18.04.2013 - 43 XIV 271 B -
LG Kiel, Entscheidung vom 29.04.2013 - 3 T 90/13 - g

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Der Ausländer ist persönlich verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Dies gilt auch, wenn er sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt.

(2) Er ist insbesondere verpflichtet,

1.
den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden die erforderlichen Angaben mündlich und nach Aufforderung auch schriftlich zu machen;
2.
das Bundesamt unverzüglich zu unterrichten, wenn ihm ein Aufenthaltstitel erteilt worden ist;
3.
den gesetzlichen und behördlichen Anordnungen, sich bei bestimmten Behörden oder Einrichtungen zu melden oder dort persönlich zu erscheinen, Folge zu leisten;
4.
seinen Pass oder Passersatz den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen;
5.
alle erforderlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, die in seinem Besitz sind, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen;
6.
im Falle des Nichtbesitzes eines gültigen Passes oder Passersatzes an der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken und auf Verlangen alle Datenträger, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen;
7.
die vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen zu dulden.

(3) Erforderliche Urkunden und sonstige Unterlagen nach Absatz 2 Nr. 5 sind insbesondere

1.
alle Urkunden und Unterlagen, die neben dem Pass oder Passersatz für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit von Bedeutung sein können,
2.
von anderen Staaten erteilte Visa, Aufenthaltstitel und sonstige Grenzübertrittspapiere,
3.
Flugscheine und sonstige Fahrausweise,
4.
Unterlagen über den Reiseweg vom Herkunftsland in das Bundesgebiet, die benutzten Beförderungsmittel und über den Aufenthalt in anderen Staaten nach der Ausreise aus dem Herkunftsland und vor der Einreise in das Bundesgebiet sowie
5.
alle sonstigen Urkunden und Unterlagen, auf die der Ausländer sich beruft oder die für die zu treffenden asyl- und ausländerrechtlichen Entscheidungen und Maßnahmen einschließlich der Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sind.

(4) Die mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden können den Ausländer und Sachen, die von ihm mitgeführt werden, durchsuchen, wenn der Ausländer seinen Verpflichtungen nach Absatz 2 Nr. 4 und 5 nicht nachkommt sowie nicht gemäß Absatz 2 Nummer 6 auf Verlangen die Datenträger vorlegt, aushändigt oder überlässt und Anhaltspunkte bestehen, dass er im Besitz solcher Unterlagen oder Datenträger ist. Der Ausländer darf nur von einer Person gleichen Geschlechts durchsucht werden.

(5) Durch die Rücknahme des Asylantrags werden die Mitwirkungspflichten des Ausländers nicht beendet.

(1) Ein Ausländer ist verpflichtet,

1.
seinen Pass, seinen Passersatz oder seinen Ausweisersatz und
2.
seinen Aufenthaltstitel oder eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung
auf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, soweit dies zur Durchführung oder Sicherung von Maßnahmen nach diesem Gesetz erforderlich ist. Ein deutscher Staatsangehöriger, der zugleich eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, ist verpflichtet, seinen ausländischen Pass oder Passersatz auf Verlangen den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden vorzulegen, auszuhändigen und vorübergehend zu überlassen, wenn
1.
ihm nach § 7 Absatz 1 des Passgesetzes der deutsche Pass versagt, nach § 8 des Passgesetzes der deutsche Pass entzogen worden ist oder gegen ihn eine Anordnung nach § 6 Absatz 7 des Personalausweisgesetzes ergangen ist, wenn Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer beabsichtigt, das Bundesgebiet zu verlassen oder
2.
die Voraussetzungen für eine Untersagung der Ausreise nach § 10 Absatz 1 des Passgesetzes vorliegen und die Vorlage, Aushändigung und vorübergehende Überlassung des ausländischen Passes oder Passersatzes zur Durchführung oder Sicherung des Ausreiseverbots erforderlich sind.

(2) Ein Ausländer, der einen Pass oder Passersatz weder besitzt noch in zumutbarer Weise erlangen kann, genügt der Ausweispflicht mit der Bescheinigung über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung, wenn sie mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehen und als Ausweisersatz bezeichnet ist.

(3) Besitzt der Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz, ist er verpflichtet, an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken sowie alle Urkunden, sonstigen Unterlagen und Datenträger, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden auf Verlangen vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen. Kommt der Ausländer seiner Verpflichtung nicht nach und bestehen tatsächliche Anhaltspunkte, dass er im Besitz solcher Unterlagen oder Datenträger ist, können er und die von ihm mitgeführten Sachen durchsucht werden. Der Ausländer hat die Maßnahme zu dulden.

(3a) Die Auswertung von Datenträgern ist nur zulässig, soweit dies für die Feststellung der Identität und Staatsangehörigkeit des Ausländers und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat nach Maßgabe von Absatz 3 erforderlich ist und der Zweck der Maßnahme nicht durch mildere Mittel erreicht werden kann. Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch die Auswertung von Datenträgern allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig. Der Ausländer hat die notwendigen Zugangsdaten für eine zulässige Auswertung von Datenträgern zur Verfügung zu stellen. Die Datenträger dürfen nur von einem Bediensteten ausgewertet werden, der die Befähigung zum Richteramt hat. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die durch die Auswertung von Datenträgern erlangt werden, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und Löschung ist aktenkundig zu machen.

(4) Wird nach § 5 Abs. 3 oder § 33 von der Erfüllung der Passpflicht (§ 3 Abs. 1) abgesehen, wird ein Ausweisersatz ausgestellt. Absatz 3 bleibt hiervon unberührt.

(1) Die Abschiebungshaft ist unzulässig, wenn der Zweck der Haft durch ein milderes Mittel erreicht werden kann. Die Inhaftnahme ist auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken. Minderjährige und Familien mit Minderjährigen dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen und nur so lange in Abschiebungshaft genommen werden, wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist.

(2) Ein Ausländer ist zur Vorbereitung der Ausweisung oder der Abschiebungsanordnung nach § 58a auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen, wenn über die Ausweisung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a nicht sofort entschieden werden kann und die Abschiebung ohne die Inhaftnahme wesentlich erschwert oder vereitelt würde (Vorbereitungshaft). Die Dauer der Vorbereitungshaft soll sechs Wochen nicht überschreiten. Im Falle der Ausweisung bedarf es für die Fortdauer der Haft bis zum Ablauf der angeordneten Haftdauer keiner erneuten richterlichen Anordnung.

(3) Ein Ausländer ist zur Sicherung der Abschiebung auf richterliche Anordnung in Haft zu nehmen (Sicherungshaft), wenn

1.
Fluchtgefahr besteht,
2.
der Ausländer auf Grund einer unerlaubten Einreise vollziehbar ausreisepflichtig ist oder
3.
eine Abschiebungsanordnung nach § 58a ergangen ist, diese aber nicht unmittelbar vollzogen werden kann.
Von der Anordnung der Sicherungshaft nach Satz 1 Nummer 2 kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich der Abschiebung nicht entziehen will. Die Sicherungshaft ist unzulässig, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann; bei einem Ausländer, bei dem ein Fall des § 54 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b oder Absatz 2 Nummer 1 oder 3 vorliegt und auf den nicht das Jugendstrafrecht angewendet wurde oder anzuwenden wäre, gilt abweichend ein Zeitraum von sechs Monaten. Abweichend von Satz 3 ist die Sicherungshaft bei einem Ausländer, von dem eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit ausgeht, auch dann zulässig, wenn die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate durchgeführt werden kann.

(3a) Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird widerleglich vermutet, wenn

1.
der Ausländer gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität täuscht oder in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise und in zeitlichem Zusammenhang mit der Abschiebung getäuscht hat und die Angabe nicht selbst berichtigt hat, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer unentschuldigt zur Durchführung einer Anhörung oder ärztlichen Untersuchung nach § 82 Absatz 4 Satz 1 nicht an dem von der Ausländerbehörde angegebenen Ort angetroffen wurde, sofern der Ausländer bei der Ankündigung des Termins auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle des Nichtantreffens hingewiesen wurde,
3.
die Ausreisefrist abgelaufen ist und der Ausländer seinen Aufenthaltsort trotz Hinweises auf die Anzeigepflicht gewechselt hat, ohne der zuständigen Behörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist,
4.
der Ausländer sich entgegen § 11 Absatz 1 Satz 2 im Bundesgebiet aufhält und er keine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8 besitzt,
5.
der Ausländer sich bereits in der Vergangenheit der Abschiebung entzogen hat oder
6.
der Ausländer ausdrücklich erklärt hat, dass er sich der Abschiebung entziehen will.

(3b) Konkrete Anhaltspunkte für Fluchtgefahr im Sinne von Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 können sein:

1.
der Ausländer hat gegenüber den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden über seine Identität in einer für ein Abschiebungshindernis erheblichen Weise getäuscht und hat die Angabe nicht selbst berichtigt, insbesondere durch Unterdrückung oder Vernichtung von Identitäts- oder Reisedokumenten oder das Vorgeben einer falschen Identität,
2.
der Ausländer hat zu seiner unerlaubten Einreise erhebliche Geldbeträge, insbesondere an einen Dritten für dessen Handlung nach § 96, aufgewandt, die nach den Umständen derart maßgeblich sind, dass daraus geschlossen werden kann, dass er die Abschiebung verhindern wird, damit die Aufwendungen nicht vergeblich waren,
3.
von dem Ausländer geht eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter oder bedeutende Rechtsgüter der inneren Sicherheit aus,
4.
der Ausländer ist wiederholt wegen vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu mindestens einer Freiheitsstrafe verurteilt worden,
5.
der Ausländer hat die Passbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 nicht erfüllt oder der Ausländer hat andere als die in Absatz 3a Nummer 2 genannten gesetzlichen Mitwirkungshandlungen zur Feststellung der Identität, insbesondere die ihm nach § 48 Absatz 3 Satz 1 obliegenden Mitwirkungshandlungen, verweigert oder unterlassen und wurde vorher auf die Möglichkeit seiner Inhaftnahme im Falle der Nichterfüllung der Passersatzbeschaffungspflicht nach § 60b Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, 2 und 6 oder der Verweigerung oder Unterlassung der Mitwirkungshandlung hingewiesen,
6.
der Ausländer hat nach Ablauf der Ausreisefrist wiederholt gegen eine Pflicht nach § 61 Absatz 1 Satz 1, Absatz 1a, 1c Satz 1 Nummer 3 oder Satz 2 verstoßen oder eine zur Sicherung und Durchsetzung der Ausreisepflicht verhängte Auflage nach § 61 Absatz 1e nicht erfüllt,
7.
der Ausländer, der erlaubt eingereist und vollziehbar ausreisepflichtig geworden ist, ist dem behördlichen Zugriff entzogen, weil er keinen Aufenthaltsort hat, an dem er sich überwiegend aufhält.

(4) Die Sicherungshaft kann bis zu sechs Monaten angeordnet werden. Sie kann in Fällen, in denen die Abschiebung aus von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden kann, um höchstens zwölf Monate verlängert werden. Eine Verlängerung um höchstens zwölf Monate ist auch möglich, soweit die Haft auf der Grundlage des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 3 angeordnet worden ist und sich die Übermittlung der für die Abschiebung erforderlichen Unterlagen oder Dokumente durch den zur Aufnahme verpflichteten oder bereiten Drittstaat verzögert. Die Gesamtdauer der Sicherungshaft darf 18 Monate nicht überschreiten. Eine Vorbereitungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen.

(4a) Ist die Abschiebung gescheitert, bleibt die Anordnung bis zum Ablauf der Anordnungsfrist unberührt, sofern die Voraussetzungen für die Haftanordnung unverändert fortbestehen.

(5) Die für den Haftantrag zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn

1.
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Absatz 3 Satz 1 besteht,
2.
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
3.
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Sicherungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Sicherungshaft vorzuführen.

(6) Ein Ausländer kann auf richterliche Anordnung zum Zwecke der Abschiebung für die Dauer von längstens 14 Tagen zur Durchführung einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, bei den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich zu erscheinen, oder eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung seiner Reisefähigkeit durchführen zu lassen, in Haft genommen werden, wenn er

1.
einer solchen erstmaligen Anordnung oder
2.
einer Anordnung nach § 82 Absatz 4 Satz 1, zu einem Termin bei der zuständigen Behörde persönlich zu erscheinen,
unentschuldigt ferngeblieben ist und der Ausländer zuvor auf die Möglichkeit einer Inhaftnahme hingewiesen wurde (Mitwirkungshaft). Eine Verlängerung der Mitwirkungshaft ist nicht möglich. Eine Mitwirkungshaft ist auf die Gesamtdauer der Sicherungshaft anzurechnen. § 62a Absatz 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Hält das Gericht, dessen Beschluss angefochten wird, die Beschwerde für begründet, hat es ihr abzuhelfen; anderenfalls ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Das Gericht ist zur Abhilfe nicht befugt, wenn die Beschwerde sich gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache richtet.

(2) Das Beschwerdegericht hat zu prüfen, ob die Beschwerde an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

(3) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich im Übrigen nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Das Beschwerdegericht kann von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.

(4) Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde durch Beschluss einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen; § 526 der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe entsprechend, dass eine Übertragung auf einen Richter auf Probe ausgeschlossen ist. Zudem kann das Beschwerdegericht die persönliche Anhörung des Kindes durch Beschluss einem seiner Mitglieder als beauftragtem Richter übertragen, wenn es dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Kind offensichtlich nicht in der Lage ist, seine Neigungen und seinen Willen kundzutun. Gleiches gilt für die Verschaffung eines persönlichen Eindrucks von dem Kind.

(5) Absatz 3 Satz 2 und Absatz 4 Satz 1 finden keine Anwendung, wenn die Beschwerde ein Hauptsacheverfahren betrifft, in dem eine der folgenden Entscheidungen in Betracht kommt:

1.
die teilweise oder vollständige Entziehung der Personensorge nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
2.
der Ausschluss des Umgangsrechts nach § 1684 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder
3.
eine Verbleibensanordnung nach § 1632 Absatz 4 oder § 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Das Gericht soll die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegen, der es eingelegt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Geschäftswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden bei einer Rechtsbeschwerde innerhalb der Frist für die Begründung Anträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Wert ist durch den Geschäftswert des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Gegenstandswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Auf die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe finden die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe entsprechende Anwendung, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist.

(2) Ein Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.