Landgericht Rostock Urteil, 11. Apr. 2008 - 1 S 54/07

bei uns veröffentlicht am11.04.2008

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. März 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Rostock - 49 C 401/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin betreibt in R. einen für jedermann zugänglichen Parkplatz. Nach ihren dort ausgehängten "Allgemeinen Bedingungen für die Benutzung des Parkplatzes - Parkplatzordnung-" (vgl. Anlage K 1, Bl. 6ff d.A.) kommt mit dem Abstellen eines Pkw auf dem Parkplatz ein Nutzungsvertrag über einen Abstellplatz zustande. Die Nutzung erfolge nur gegen Entgelt. Das Nutzungsentgelt bestimmte sich für jeden belegten Abstellplatz nach der aushängenden Nutzungsentgelt-Liste an den Parkscheinautomaten. Der Nutzer habe demnach ein erhöhtes Parkentgelt in Höhe von 10,- ε pro Kalendertag zu zahlen, wenn kein Parkschein gelöst werde. Mit der Ermittlung der Fahrzeughalter beauftrage die Klägerin regelmäßig ihre Vertragsanwälte. Die dadurch entstehenden Kosten in Höhe von 20,- € erhebe sie zusätzlich zu dem erhöhten Parkentgelt. Am 09.03., 10.03., 19.03., 25.03., 26.03. und 01.04.2006 wurde ein Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen H …, dessen Halter in dieser Zeit der Beklagte war, auf dem Parkplatz der Klägerin abgestellt, ohne das Parkentgelt zu entrichten. Die Klägerin beziffert ihr erhöhtes Parkentgelt einschließlich entstandener Kosten auf 80,- €.

2

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte selbst habe sein Fahrzeug dort abgestellt.

3

Sie hat beantragt,

4

den Beklagten zu verurteilen, an sie 80,- € zzgl. 5 Prozentpunkte Zinse über dem Basiszinssatz seit 05.07.2006 zu zahlen sowie

5

den Beklagten zu verurteilen, sie von einer Kostenforderung ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 19,50 € freizustellen.

6

Der Beklagte hat beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Er behauptet, er verleihe sein Fahrzeug regelmäßig an andere Personen, insbesondere an Familienangehörige. Wer tatsächlich das Fahrzeug an den relevanten Tagen auf dem Parkplatz der Klägerin abgestellt habe, wisse er nicht.

9

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Klägerin weder einen vertraglichen noch einen deliktischen Anspruch auf Zahlung eines erhöhten Parkentgelts oder auf Schadensersatz habe. Ein Vertrag sei zwischen Klägerin und dem Beklagten nicht zustande gekommen.

10

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und gleichermaßen begründete Berufung der Klägerin.

Entscheidungsgründe

II.

11

Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten erhöhten Parkentgelts in Höhe von 80,- € gegen den Beklagten.

12

1. Ein vertraglicher Anspruch der Klägerin auf Zahlung des erhöhten Parkentgelts einschließlich der Nebenkosten gegen den Beklagten ist nicht anzunehmen, da ein diesbezüglich erforderlicher Miet- oder Verwahrvertrag nur mit dem jeweiligen Fahrer des abgestellten Fahrzeuges oder einem sonstigen Nutzer zustande kommt, nicht aber automatisch mit dem Halter des Fahrzeuges.

13

Die Begründung einer vertraglichen Verpflichtung des Fahrzeughalters durch ein entsprechendes schlüssiges oder sozialtypisches Verhalten ist im Streitfall bereits deshalb abzulehnen, weil ein diesbezügliches Verhalten des Beklagten streitig und nicht nachweisbar ist. Eine allgemeine zivilrechtliche Halterhaftung für Parkplatzgebühren ist dem deutschen Recht fremd.

14

Die Klägerin war sodann im Ergebnis nicht in der Lage, den Beweis zu führen, dass ein diesbezüglicher Vertrag zwischen ihr und dem Beklagten zustande gekommen ist.

15

Eine Beweislastumkehr oder die Anwendung der Grundsätze der sekundären Darlegungs- und Beweislast finden zugunsten der Klägerin keine Anwendung. Eine entsprechende Umkehr der Darlegungslast könnte sich allenfalls darauf beziehen, der Beklagte persönlich das Fahrzeug an den jeweiligen Tagen auf dem Parkplatz der Klägerin abgestellt hat, nicht aber zwingend welche Familienangehörigen dies möglicherweise in eigener Person vorgenommen haben.

16

2. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen vertraglichen sekundären Schadensersatzanspruch, da der Beklagte ihr gegenüber materiell-rechtlich zu keiner weiteren Auskunft über die Nutzung des Fahrzeuges zu den streitigen Tagen verpflichtet war. Entsprechendes gilt für eine Verpflichtung zur Offenbarung der Person des entsprechenden Fahrers. Es gibt im Ergebnis keine allgemeine Rechtspflicht für einen Halter, gegenüber einem Dritten Auskunft über den Namen eines Fahrers zu verschaffen. Die Tatsache, dass jemand Informationen besitzt, die für einen anderen bedeutsam sind, begründen grundsätzlich keine Auskunftspflicht.

17

3. Auch eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet aus, da die Norm ein Handeln des Beklagten persönlich voraussetzt. Weder ein eigenes Handeln noch ein Verschulden kann dem Beklagten nachgewiesen werden. Der Beklagte hat auch nicht gegen eine Verkehrssicherungspflicht verstoßen, in dem er das Fahrzeug an einen Dritten als Fahrer übergeben hat.

18

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 25a StVG scheidet ebenfalls aus, da § 25a StVG den Ersatz von Verwaltungskosten vorsieht, wenn der Fahrer unbekannt bleibt. Diese aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht stammende Vorschrift ist für zivilrechtliche Ansprüche nicht anwendbar.

19

Die Klägerin kann den Beklagten daher weder in seiner Eigenschaft als Nutzer oder Fahrer des Fahrzeuges noch als Fahrzeughalter in Anspruch nehmen. Insbesondere einer Halterhaftung für private Parkgebühren scheidet nach derzeitiger Rechtslage aus.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

21

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

22

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Kann in einem Bußgeldverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes der Führer des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden oder würde seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern, so werden dem Halter des Kraftfahrzeugs oder seinem Beauftragten die Kosten des Verfahrens auferlegt; er hat dann auch seine Auslagen zu tragen. Entsprechendes gilt für den Halter eines Kraftfahrzeuganhängers, wenn mit diesem Kraftfahrzeuganhänger, ohne dass dieser an ein Kraftfahrzeug angehängt ist, ein Halt- oder Parkverstoß begangen wurde und derjenige, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden kann oder seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern würde. Von einer Entscheidung nach Satz 1 oder 2 wird abgesehen, wenn es unbillig wäre, den Halter oder seinen Beauftragten mit den Kosten zu belasten.

(2) Die Kostenentscheidung ergeht mit der Entscheidung, die das Verfahren abschließt; vor der Entscheidung ist derjenige zu hören, dem die Kosten auferlegt werden sollen.

(3) Gegen die Kostenentscheidung der Verwaltungsbehörde und der Staatsanwaltschaft kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung gerichtliche Entscheidung beantragt werden. § 62 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten gilt entsprechend; für die Kostenentscheidung der Staatsanwaltschaft gelten auch § 50 Abs. 2 und § 52 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten entsprechend. Die Kostenentscheidung des Gerichts ist nicht anfechtbar.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.