Landgericht Arnsberg Urteil, 16. Jan. 2019 - 3 S 110/18

ECLI:ECLI:DE:LGAR:2019:0116.3S110.18.00
bei uns veröffentlicht am16.01.2019

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Arnsberg vom 01.08.2018 (12 C 75/18) wird nach einem Gegenstandswert von 214,50 € auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120%  des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Straßenverkehrsgesetz - StVG | § 25a Kostentragungspflicht des Halters


(1) Kann in einem Bußgeldverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes der Führer des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden oder würde seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwan

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Tenor 1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. März 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Rostock - 49 C 401/06 - wird zurückgewiesen. 2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. 3. Das Urteil ist vorläufig volls

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(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Teil-Anerkenntnisurteil und URTEIL
VI ZR 6/15 Verkündet am:
15. Dezember 2015
Böhringer-Mangold
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die für die Anwendung eines Anscheinsbeweises gegen einen Rückwärtsfahrenden
erforderliche Typizität des Geschehensablaufs liegt regelmäßig nicht
vor, wenn beim rückwärtigen Ausparken von zwei Fahrzeugen aus Parkbuchten
eines Parkplatzes zwar feststeht, dass vor der Kollision ein Fahrzeugführer
rückwärts gefahren ist, aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Fahrzeug
im Kollisionszeitpunkt bereits stand, als der andere - rückwärtsfahrende -
Unfallbeteiligte mit seinem Fahrzeug in das Fahrzeug hineingefahren ist.
BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 - VI ZR 6/15 - LG Frankfurt (Oder)
AG Strausberg
ECLI:DE:BGH:2015:151215UVIZR6.15.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2015 durch den Vorsitzenden Richter Galke, den Richter Stöhr, die Richterin von Pentz, den Richter Offenloch und die Richterin Dr. Oehler
für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 8. Dezember 2014 aufgehoben. Die Beklagten werden unter teilweiser Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Strausberg vom 3. Juli 2014 als Gesamtschuldner verurteilt, 152,12 € an den Kläger zu zahlen. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall am 6. Juni 2013 auf dem Parkplatz eines Baumarktes geltend.
2
Der Kläger parkte mit seinem PKW rückwärts aus einer Parkbucht aus. Es kam zu einem Zusammenstoß in der zwischen zwei Parkbuchtreihen befindlichen Gasse mit dem bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten PKW des Beklagten zu 1, der ebenfalls rückwärts aus einer gegenüberliegenden Parkbucht herausfuhr. Vorgerichtlich regulierte die Beklagte zu 2 die von ihr anerkannten Schadenspositionen des Klägers im Umfang von 50 %. Der Kläger beansprucht eine Erstattung von 100 % der von ihm angemeldeten Schäden. Insoweit macht er auch einen höheren als den erstatteten Wiederbeschaffungsaufwand seines Fahrzeugs sowie nicht erstattete Kosten einer ergänzenden Stellungnahme des von ihm beauftragten Sachverständigen geltend.
3
Der Kläger hat behauptet, sein Fahrzeug habe nach dem Ausparken bereits in Fahrtrichtung gestanden, als der Beklagte zu 1 mit seinem Fahrzeug in das stehende Fahrzeug hineingefahren sei. Die Beklagten haben behauptet, beide Fahrzeuge hätten sich im Zeitpunkt des Zusammenstoßes in Bewegung befunden.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger über den von der Beklagten zu 2 regulierten Teilbetrag hinaus weder aus § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1, 2 StVG noch aus § 823 Abs. 1 BGB, § 115 VVG ein weiterer Schadensersatzanspruch zu. Das Amtsgericht sei zu Recht von einer Haftungsquote der am Unfall beteiligten Fahrzeuge von jeweils 50 % ausgegangen. Gemäß der in der obergerichtlichen Rechtsprechung überwiegend vertretenen Auffassung streite der aus § 9 Abs. 5 StVO hergeleitete Anscheinsbeweis grundsätzlich auch dann für ein Verschulden des Zurücksetzenden, wenn dieser zum Kollisionszeitpunkt bereits zum Stehen gekommen sei, gleichwohl aber - wie hier - ein enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang mit dem Zurücksetzen vorliege. Danach komme es nicht darauf an, ob das Fahrzeug des Klägers im rechten Winkel zu seiner Parkbucht gestanden habe und das Beklagtenfahrzeug auf sein stehendes Fahrzeug aufgefahren sei.
6
Nicht zu beanstanden sei die vom Amtsgericht gemäß § 287 ZPO vorgenommene Schätzung des Wiederbeschaffungswerts des klägerischen Fahrzeugs abzüglich des Restwerts auf 730 €. Zu Recht habe das Amtsgericht die Kosten des Ergänzungsgutachtens des vom Kläger beauftragten Sachverständigen nicht als erstattungsfähig angesehen. Die alleinige Begutachtung des klägerischen Fahrzeugs sei wenig aussagekräftig gewesen und es komme auf die Frage, ob das klägerische Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt gestanden habe, nicht an.

II.

7
Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts streitet nach den bisherigen Feststellungen ein Anscheinsbeweis nicht für ein (Mit-)Verschulden des Klägers. Nicht frei von Rechtsfehlern sind auch die Ausführungen zur Schätzung des Wiederbeschaffungsaufwands des klägerischen Fahrzeugs.
8
1. Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Die Entscheidungsformel des Berufungsurteils enthält keinen Zusatz, der die dort ausgesprochene Zulassung der Revision einschränkt. Eine Beschränkung der Revisionszulassung ergibt sich auch nicht aus der vom Berufungsgericht genannten Begründung der Zu- lassung, eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung zur Haftungsverteilung bei Unfällen zwischen rückwärts ausparkenden PKW zu ermöglichen. Eine Beschränkung der Revisionszulassung ist nur im Hinblick auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Streitgegenstands zulässig, nicht aber auf einzelne Rechtsfragen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2015 - IV ZR 526/14, WM 2015, 2292 Rn. 13; Beschluss vom 10. Februar 2011 - VII ZR 71/10, NJW 2011, 1228 Rn. 11 mwN). Hier ergibt sich eine Beschränkung auf den Haftungsgrund nicht eindeutig aus der Benennung des Zulassungsgrundes, zumal die angesprochene Rechtsfrage nach der Begründung des Berufungsurteils auch für den Ersatz der im Revisionsrechtszug von den Beklagten anerkannten Kosten des Ergänzungsgutachtens erheblich sein konnte.
9
2. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach sowohl der Kläger als auch die Beklagten grundsätzlich für die Folgen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens gemäß § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 VVG einzustehen haben, weil die Unfallschäden beim Betrieb von Kraftfahrzeugen entstanden sind, der Unfall nicht auf höhere Gewalt zurückzuführen ist und für keinen der beteiligten Fahrer ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG darstellte.
10
3. Im Rahmen der hiernach gemäß § 17 Abs. 1, 2 StVG gebotenen Abwägung der beiderseitigen Mitverursachungs- und Verschuldensanteile hat das Berufungsgericht jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Klägers spricht, obwohl nicht auszuschließen ist, dass das Fahrzeug des Klägers im Zeitpunkt der Kollision bereits stand.
11
a) Die Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) sind auf dem - hier vorliegenden - öffentlich zugänglichen Parkplatz grundsätzlich anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 4. März 2004 - 4 StR 377/03, BGSt 49, 128; König in Hent- schel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Aufl., § 1 StVO Rn. 15). Teilweise wird hieraus gefolgert, § 9 Abs. 5 StVO, wonach sich der Fahrzeugführer beim Rückwärtsfahren so verhalten muss, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist, und er sich erforderlichenfalls einweisen lassen muss, sei auch auf Parkplätzen unmittelbar anwendbar (vgl. LG Bad Kreuznach, ZfS 2007, 559; LG Bochum, Beschluss vom 21. Januar 2009 - 10 S 107/08, juris Rn. 5; LG Kleve, Urteil vom 11. November 2009 - 5 S 88/09, juris Rn. 13; AG Herne, Urteil vom 17. Februar 2010 - 20 C 389/09, juris Rn. 15). Die wohl überwiegende Auffassung stellt indes darauf ab, dass die Vorschrift primär dem Schutz des fließenden und deshalb typischerweise schnelleren Verkehrs dient und mithin bei einem Parkplatzunfall nicht unmittelbar anwendbar ist (vgl. OLG Koblenz, DAR 2000, 84; OLG Stuttgart, NJW 2004, 2255, 2256; OLG Jena , NZV 2005, 432; OLG Dresden, NZV 2007, 152; OLG Saarbrücken, NJWRR 2015, 223 Rn. 29 ff.; LG Saarbrücken, NJW-RR 2013, 541 f.; DAR 2013, 520, 521; NJW-RR 2014, 1310; König, aaO, § 8 StVO Rn. 31a mwN). Auf Parkplätzen ohne eindeutigen Straßencharakter sei anstelle des § 9 Abs. 5 StVO das Gebot der allgemeinen Rücksichtnahme (§ 1 Abs. 2 StVO) zu beachten. Danach muss sich ein Verkehrsteilnehmer so verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als unvermeidbar behindert oder belästigt wird. Nach dieser Auffassung soll die Vorschrift des § 9 Abs. 5 StVO bei Unfällen auf Parkplätzen allerdings mittelbar anwendbar oder deren Wertung im Rahmen der Pflichtenkonkretisierung nach § 1 Abs. 2 StVO zu berücksichtigen sein. Da auf Parkplätzen stets mit ausparkenden und rückwärtsfahrenden Fahrzeugen zu rechnen sei, müssten Kraftfahrer hier so vorsichtig fahren, dass sie jederzeit anhalten könnten (vgl. OLG Köln, VersR 1995, 719; KGR Berlin 2000, 401, 404 und VRS 104, 24, 26; OLG Koblenz, VersR 2001, 349, 350; OLG Hamm, VRS 99, 70, 71; LG Saarbrücken, NJW-RR 2012, 476, 477 und NJWRR 2013, 541, 542; Freymann, DAR 2013, 73, 77; König, aaO, § 8 StVO Rn.
31a und § 9 StVO Rn. 51). Das gelte in besonderem Maße für den rückwärtsfahrenden Verkehrsteilnehmer. Bei ihm sei die besondere Gefährlichkeit des Rückwärtsfahrens mit einzubeziehen, die wegen des eingeschränkten Sichtfeldes des Rückwärtsfahrenden für den rückwärtigen Verkehr bestehe. Entsprechend der Wertung des § 9 Abs. 5 StVO müsse er sich deshalb so verhalten, dass er sein Fahrzeug notfalls sofort anhalten könne (vgl. LG Saarbrücken, NJW-RR 2012, 476, 477 mwN). Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an. Sie wird den Unterschieden zwischen dem fließenden Verkehr einerseits und der besonderen Situation auf einem Parkplatz andererseits besser gerecht.
12
b) Nach der Rechtsprechung zu § 9 Abs. 5 StVO spricht der Anscheinsbeweis gegen den Rückwärtsfahrenden, wenn es in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Rückwärtsfahren zu einem Zusammenstoß kommt (vgl. etwa OLGR Celle 2007, 585; OLG Dresden, Schaden-Praxis 2010, 174; OLG München, Urteil vom 27. Mai 2010 - 10 U 4431/09, juris Rn. 17 f.; LG Saarbrücken, DAR 2013, 520, 521; Burmann in Burmann/Heß/ Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 9 StVO Rn. 69; König, aaO, § 9 StVO Rn. 55). Dieser Grundsatz wird teilweise - wie auch im angefochtenen Urteil - auf Unfälle auf Parkplätzen übertragen. Dies soll auch dann gelten, wenn der Rückwärtsfahrende zum Unfallzeitpunkt bereits steht. Der Anscheinsbeweis soll erst entfallen, wenn der Rückwärtsfahrende zum Unfallzeitpunkt längere Zeit zum Stehen gekommen war (vgl. KG, ZfS 2011, 255; OLG Hamm, NZV 2013, 123, 124; LG Arnsberg, Urteil vom 27. September 2005 - 5 S 58/05, juris Rn. 14; LG Bad Kreuznach, ZfS 2007, 559; LG Bochum, Beschluss vom 21. Januar 2009 - 10 S 107/08, juris Rn. 6; LG Kleve, Urteil vom 11. November 2009 - 5 S 88/09, juris Rn. 13; Burmann, aaO, Rn. 69; König, aaO, § 9 StVO Rn. 55; a.M. LG Saarbrücken, DAR 2013, 520, 521 f.; Freymann, DAR 2013, 73, 77 ff.). Dafür spreche, dass die mit der Rückwärtsfahrt typischerweise ver- bundenen Gefahren, die den Fahrzeugführer gemäß § 9 Abs. 5 StVO dazu verpflichteten , eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen, nicht sogleich mit dem Stillstand des Fahrzeugs endeten und anderenfalls die Haftung von der Frage abhinge, ob es dem Rückwärtsfahrenden (zufällig) noch gelinge, sein Fahrzeug vor dem Zusammenstoß zum Stillstand zu bringen. Es bestehe auch dann noch ein spezifischer Bezug zum Rückwärtsfahren, wenn das Fahrzeug erst kurzzeitig stehe. Wird das Fahrzeug vorwärts aus der Parkbucht gefahren, bestehe eine deutlich bessere und frühzeitigere Sichtmöglichkeit als dies beim Rückwärtsfahren der Fall sei (vgl. OLG Hamm, aaO; LG Kleve, aaO; Nugel, jurisPR-VerkR 1/2010, Anm. 3).
13
c) Die hieraus abgeleitete Anwendung des Anscheinsbeweises zu Lasten des Klägers steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats.
14
aa) Danach setzt die Anwendung des Anscheinsbeweises auch bei Verkehrsunfällen Geschehensabläufe voraus, bei denen sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat; es muss sich um Tatbestände handeln, für die nach der Lebenserfahrung eine schuldhafte Verursachung typisch ist (vgl. Senatsurteile vom 30. November 2010 - VI ZR 15/10, VersR 2011, 234 Rn. 7; vom 13. Dezember 2011 - VI ZR 177/10, BGHZ 192, 84 Rn. 7 mwN). Demnach kann bei einem Unfall auf einem Parkplatz im Zusammenhang mit dem Rückwärtsfahren grundsätzlich der erste Anschein für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden sprechen. Es reicht allerdings allein das "Kerngeschehen" - hier: Rückwärtsfahren - als solches dann als Grundlage eines Anscheinsbeweises nicht aus, wenn weitere Umstände des Unfallereignisses bekannt sind, die als Besonderheiten gegen die bei derartigen Fallgestaltungen gegebene Typizität sprechen. Denn es muss das gesamte feststehende Unfallgeschehen nach der Lebenserfahrung typisch dafür sein, dass derjenige Verkehrsteilnehmer, zu dessen Lasten im Rahmen des Unfallereignisses der Anscheinsbeweis Anwendung finden soll, schuldhaft gehandelt hat. Ob der Sachverhalt in diesem Sinne im Einzelfall wirklich typisch ist, kann nur aufgrund einer umfassenden Betrachtung aller tatsächlichen Elemente des Gesamtgeschehens beurteilt werden, die sich aus dem unstreitigen Parteivortrag und den getroffenen Feststellungen ergeben (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1985 - VI ZR 176/84, VersR 1986, 343, 344; vom 19. März 1996 - VI ZR 380/94, VersR 1996, 772; vom 13. Dezember 2011 - VI ZR 177/10, aaO). Zudem ist bei der Anwendung des Anscheinsbeweises grundsätzlich Zurückhaltung geboten, weil er es erlaubt, bei typischen Geschehensabläufen aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten zu schließen, ohne dass im konkreten Fall die Ursache bzw. das Verschulden festgestellt ist (vgl. Senatsurteil vom 13. Dezember 2011 - VI ZR 177/10, aaO Rn. 11; Lepa, NZV 1992, 129, 130; Hk-ZPO/ Saenger, 6. Aufl., § 286 Rn. 39; Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., vor § 284 Rn. 30c).
15
bb) Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen ist die Anwendung des Anscheinsbeweises gegen den Rückwärtsfahrenden auf einem Parkplatz nicht zu beanstanden, wenn feststeht, dass die Kollision beim Rückwärtsfahren des Verkehrsteilnehmers stattgefunden hat. Die geforderte Typizität liegt aber regelmäßig nicht vor, wenn zwar feststeht, dass - wie hier - vor der Kollision ein Fahrzeugführer rückwärts gefahren ist, aber nicht ausgeschlossen werden kann, dass sein Fahrzeug im Kollisionszeitpunkt bereits stand, als der andere Unfallbeteiligte (hier: Beklagter zu 1) mit seinem Fahrzeug in das stehende Fahrzeug hineingefahren ist. Denn es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach sich der Schluss aufdrängt, dass auch der Fahrzeugführer, der sein Fahrzeug vor der Kollision auf dem Parkplatz zum Stillstand gebracht hat, die ihn treffenden Sorgfaltspflichten verletzt hat. Anders als im fließenden Verkehr mit seinen typischerweise schnellen Verkehrsabläufen, bei denen der Verkehrsteilnehmer grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass sein Verkehrsfluss nicht durch ein rückwärtsfahrendes Fahrzeug gestört wird, gilt in der Situation auf dem Parkplatz ein solcher Vertrauensgrundsatz nicht (vgl. OLG Hamm, NZV 2013, 123; König, aaO, § 8 StVO Rn. 31a mwN). Hier muss der Verkehrsteilnehmer jederzeit damit rechnen, dass rückwärtsfahrende oder ein- und ausparkende Fahrzeuge seinen Verkehrsfluss stören. Er muss daher, um der Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme nach § 1 Abs. 1 StVO genügen zu können, von vornherein mit geringer Geschwindigkeit und bremsbereit fahren , um jederzeit anhalten zu können (vgl. oben unter 3a). Hat ein Fahrer diese Verpflichtung erfüllt und gelingt es ihm, beim Rückwärtsfahren vor einer Kollision zum Stehen zu kommen, hat er grundsätzlich seiner Verpflichtung zum jederzeitigen Anhalten genügt, so dass für den Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden kein Raum bleibt.
16
4. Nach den vorstehenden Ausführungen ist die Sache bereits wegen der fehlerhaften Anwendung des Anscheinsbeweises an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für das weitere Verfahren weist der Senat insoweit darauf hin, dass auch dann, wenn der Beweis des ersten Anscheins nicht für ein Verschulden des Klägers spricht, die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs und weitere Umstände, aus denen auf ein Verschulden des ursprünglich rückwärtsfahrenden Klägers geschlossen werden kann, im Rahmen der Abwägung berücksichtigt werden können.
17
5. Zudem sind aber auch die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Schätzung des Wiederbeschaffungsaufwands des klägerischen Fahrzeugs nicht frei von Rechtsfehlern.
18
Nach § 287 Abs. 1 Satz 2 ZPO steht allerdings der Umfang einer Beweisaufnahme im Ermessen des Gerichts; es ist insoweit an Beweisanträge nicht gebunden. Das Revisionsgericht hat nur zu prüfen, ob das Gericht die Grenzen des Ermessens beachtet hat. Auch bei freier Überzeugungsbildung nach § 287 ZPO bedarf es aber, wenn auf Sachverständige verzichtet wird, der Ausweisung der entsprechenden Sachkunde des Gerichts. Das gilt auch, wenn das Gericht von den Feststellungen eines Sachverständigen abweichen will (vgl. Senatsurteil vom 15. März 1988 - VI ZR 81/87, VersR 1988, 837, 838 mwN).
19
Hier verweist die Revisionsbegründung darauf, dass der vom Kläger beauftragte Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 6. August 2013 detailliert begründet hat, warum er einen höheren Wiederbeschaffungswert als die Beklagte und das Berufungsgericht angenommen hat. Er hat dabei auch darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten vorgelegte Internet-Recherche, auf welche das Berufungsgericht seine Schätzung gründet, keine tragfähige Grundlage für eine Schätzung nach § 287 ZPO sei. Unter diesen Umständen durfte das Berufungsgericht nicht ohne Darlegung einer eigenen Sachkunde von der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens absehen. Galke Stöhr von Pentz Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
AG Strausberg, Entscheidung vom 03.07.2014 - 24 C 29/14 -
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 08.12.2014 - 16 S 145/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 177/10 Verkündet am:
13. Dezember 2011
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Bei Auffahrunfällen auf der Autobahn ist ein Anscheinsbeweis regelmäßig nicht
anwendbar, wenn zwar feststeht, dass vor dem Unfall ein Spurwechsel des vorausfahrenden
Fahrzeugs stattgefunden hat, der Sachverhalt aber im Übrigen
nicht aufklärbar ist.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - VI ZR 177/10 - OLG Nürnberg
LG Ansbach
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren mit
Schriftsatzfrist bis zum 14. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter
Galke, die Richter Zoll und Wellner, die Richterin Diederichsen und den Richter
Stöhr

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 18. Juni 2010 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Ansbach vom 30. Oktober 2009 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten um den Ersatz des dem Kläger entstandenen Schadens aus einem Auffahrunfall auf der linken Spur einer Autobahn. Der Kläger ist Eigentümer eines PKW Daimler-Benz, der zum Unfallzeitpunkt von der Drittwiderbeklagten zu 2 gefahren wurde und bei der Drittwiderbeklagten zu 3 haftpflichtversichert ist. Der Beklagte zu 1 war zum Unfallzeitpunkt Halter und Fahrer eines PKW Porsche 911 Carrera Cabrio, der bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversichert ist.
2
Am 25. Mai 2007 fuhr der PKW Porsche auf der BAB 6 auf der linken Spur auf den PKW Daimler-Benz auf, der einen LKW überholen wollte. Der Kläger und die Drittwiderbeklagten haben vorgetragen, dass sich der PKW Porsche mit überhöhter Geschwindigkeit genähert habe und der mit einer Geschwindigkeit von 100 bis 110 km/h fahrende PKW Daimler-Benz sich bereits 100 bis 150 m vor Erreichen des LKWs vollständig auf der linken Spur eingeordnet habe. Die Kollision habe stattgefunden, als sich der PKW Daimler-Benz auf gleicher Höhe mit dem LKW befunden habe. Nach der Darstellung der Beklagten hat der PKW Daimler-Benz, als der LKW noch mindestens 500 m von diesem entfernt gewesen sei, kurz bevor der PKW Porsche den PKW DaimlerBenz habe passieren können, völlig unerwartet und ohne den Fahrtrichtungsanzeiger zu setzen auf die linke Spur gezogen.
3
Das Landgericht ist von einem Haftungsanteil der beiden Unfallbeteiligten von jeweils 50 % ausgegangen und hat den jeweils geltend gemachten Schaden insoweit in einer in den Rechtsmittelverfahren nicht mehr angegriffenen Schadenshöhe für erstattbar gehalten. Auf die nur vom Kläger eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht dem Kläger Schadensersatz zu 100 % zugesprochen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragen die Beklagten, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hat gemäß den Feststellungen des Landgerichts den Unfallverlauf als nicht im Einzelnen aufklärbar angesehen. Das Gericht habe sich weder davon überzeugen können, dass der Unfall durch einen der beiden Fahrer verschuldet noch für eine der beiden Seiten ein unabwendbares Ereignis gewesen sei. Aus den Angaben des Sachverständigen ergebe sich nur, dass der Porsche nahezu geradlinig mit paralleler Längsachse auf das Heck des Daimler-Benz aufgeprallt und der Ausschervorgang mindestens beim Kollisionsphasenbeginn vollständig abgeschlossen gewesen sei. Die Kollisionsgeschwindigkeitsdifferenz habe zwischen 20 bis 30 km/h gelegen. Mangels objektiver Spuren ließen sich weder die Ausgangsgeschwindigkeiten der Fahrzeuge rekonstruieren noch die zeitliche Abfolge zwischen Ausscheren und Auffahren.
5
Bei dem hier vorliegenden unmittelbar vor dem Aufprall abgeschlossenen Spurwechsel liege eine Typizität der Auffahrsituation vor, die die Anwendung des Anscheinsbeweises zu Lasten des Auffahrenden - auch hinsichtlich des Vorliegens eines unabwendbaren Ereignisses für den Vorausfahrenden - rechtfertige.

II.

6
Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sind die Grundsätze des Anscheinsbeweises im Streitfall nicht zu Lasten der Beklagten anwendbar.
7
1. Die Anwendung des Anscheinsbeweises setzt auch bei Verkehrsunfällen Geschehensabläufe voraus, bei denen sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung der Schluss aufdrängt, dass ein Verkehrsteilnehmer seine Pflicht zur Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verletzt hat; es muss sich um Tatbestände handeln, für die nach der Lebenserfahrung eine schuldhafte Verursachung typisch ist (vgl. Senatsurteile vom 24. März 1959 - VI ZR 82/58, VersR 1959, 518, 519; vom 19. November 1985 - VI ZR 176/84, VersR 1986, 343, 344; vom 19. März 1996 - VI ZR 380/94, VersR 1996, 772; vom 16. Januar 2007 - VI ZR 248/05, VersR 2007, 557 Rn. 5; vom 30. November 2010 - VI ZR 15/10, VersR 2011, 234 Rn. 7). Demnach kann bei Unfällen durch Auffahren, auch wenn sie sich auf Autobahnen ereignen, grundsätzlich der erste Anschein für ein Verschulden des Auffahrenden sprechen (vgl. Senatsurteil vom 30. November 2010 - VI ZR 15/10, aaO mwN). Es reicht allerdings allein das "Kerngeschehen" - hier: Auffahrunfall - als solches dann als Grundlage eines Anscheinsbeweises nicht aus, wenn weitere Umstände des Unfallereignisses bekannt sind, die als Besonderheiten gegen die bei derartigen Fallgestaltungen gegebene Typizität sprechen. Denn es muss das gesamte feststehende Unfallgeschehen nach der Lebenserfahrung typisch dafür sein, dass derjenige Verkehrsteilnehmer , zu dessen Lasten im Rahmen des Unfallereignisses der Anscheinsbeweis Anwendung finden soll, schuldhaft gehandelt hat. Ob der Sachverhalt in diesem Sinne im Einzelfall wirklich typisch ist, kann nur aufgrund einer umfassenden Betrachtung aller tatsächlichen Elemente des Gesamtgeschehens beurteilt werden, die sich aus dem unstreitigen Parteivortrag und den ge- troffenen Feststellungen ergeben (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1985 - VI ZR 176/84, aaO; vom 19. März 1996 - VI ZR 380/94, aaO).
8
2. Infolgedessen ist es bei Auffahrunfällen wie dem vorliegenden (Auffahren auf der linken Spur einer Autobahn in einem gewissen zeitlichen Zusammenhang mit einem Fahrspurwechsel des Vorausfahrenden) umstritten, ob es sich um eine typische Auffahrsituation mit der Folge eines Anscheinsbeweises zu Lasten des Auffahrenden handelt oder nicht.
9
a) Das Berufungsgericht und ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung vertreten die Auffassung, dass nur die seitens des Auffahrenden bewiesene ernsthafte Möglichkeit, dass das vorausfahrende Fahrzeug in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Auffahrunfall in die Fahrbahn des Auffahrenden gewechselt sei, den grundsätzlich gegebenen Anscheinsbeweis erschüttern könne (vgl. etwa OLG Köln, r+s 2005, 127; OLG Saarbrücken, OLGR Saarbrücken 2005, 813, 814 und 2009, 636, 638; OLG Zweibrücken, SP 2009, 175 f.; KG, NJW-RR 2011, 28). Zeige das Unfallgeschehen das typische Gepräge eines Auffahrunfalls, so könne sich der Unfallgegner nicht mit der bloßen Behauptung der lediglich theoretischen Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs entlasten mit der Folge, dass es Sache des Vorausfahrenden sei, den theoretisch in Betracht kommenden Unfallverlauf im Sinne einer beweisrechtlichen "Vorleistung" auszuschließen (vgl. OLG Saarbrücken, OLGR Saarbrücken 2005, 813, 814; KG, NZV 2009, 458, 459). Vielmehr müssten sich aus den unstreitigen oder bewiesenen Umständen zumindest konkrete Anhaltspunkte und Indizien für den unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zwischen dem behaupteten Fahrspurwechsel und dem Auffahrunfall ergeben, um den gegen den Auffahrenden sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern (vgl. OLG Köln, aaO). Auch nach der im Schrifttum überwiegend vertretenen Auffassung greift der Anscheinsbeweis bei Auffahrunfällen nur dann nicht zu Lasten des Auffahrenden ein, wenn aufgrund erwiesener Tatsachen feststeht oder unstreitig ist, dass der Fahrstreifenwechsel des Vorausfahrenden erst wenige Augenblicke vor dem Auffahrunfall erfolgt ist (vgl. Burmann in Burmann /Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 21. Aufl., § 4 StVO Rn. 24; Buschbell/Buschbell, Münchener Anwaltshandbuch Straßenverkehrsrecht, 3. Aufl., § 23 Rn. 284; König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl., § 4 StVO Rn. 35 f.; Geigel/Zieres, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl., Kap. 27 Rn. 149).
10
b) Ein anderer Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung verneint bei Auffahrunfällen auf der Autobahn bereits einen Anscheinsbeweis für das Verschulden des Auffahrenden und nimmt - in der Regel - eine hälftige Schadensteilung an, wenn vor dem Auffahren ein Fahrspurwechsel stattgefunden hat, aber streitig und nicht aufklärbar ist, ob die Fahrspur unmittelbar vor dem Anstoß gewechselt worden ist und sich dies unfallursächlich ausgewirkt hat. Dies wird im Wesentlichen damit begründet, dass der Zusammenstoß mit einem vorausfahrenden Fahrzeug nur dann das typische Gepräge eines Auffahrunfalls trage, der nach der Lebenserfahrung den Schluss auf zu schnelles Fahren , mangelnde Aufmerksamkeit und/oder einen unzureichenden Sicherheitsabstand des Hintermannes zulasse, wenn feststehe, dass beide Fahrzeuge so lange in einer Spur hintereinander hergefahren sind, dass sich beide Fahrzeugführer auf die vorangegangenen Fahrbewegungen hätten einstellen können und es dem Auffahrenden möglich gewesen sei, einen ausreichenden Sicherheitsabstand aufzubauen bzw. einzuhalten (vgl. etwa OLG Schleswig, NZV 1993, 152, 153; OLG Naumburg, NJW-RR 2003, 809, 810; OLG Hamm, OLGR Hamm 2004, 82, 83; KG, DAR 2005, 157; KG, NZV 2006, 374, 375; KG, NZV 2008, 198, 199; OLG München, Urteil vom 4. September 2009 - 10 U 3291/09, juris, Rn. 21; OLG Düsseldorf, VersR 2010, 1236, 1237; OLG Stuttgart, Urteil vom 14. April 2010 - 3 U 3/10, juris Rn. 14; AG Hamburg, Urteil vom 30. Oktober 2006 - 644 C 249/06, juris Rn. 30 ff.).
11
3. a) Bei der Anwendung des Anscheinsbeweises ist nach Auffassung des erkennenden Senats grundsätzlich Zurückhaltung geboten, weil er es erlaubt , bei typischen Geschehensabläufen aufgrund allgemeiner Erfahrungssätze auf einen ursächlichen Zusammenhang oder ein schuldhaftes Verhalten zu schließen, ohne dass im konkreten Fall die Ursache bzw. das Verschulden festgestellt ist (vgl. Lepa, NZV 1992, 129, 130; Saenger/Saenger, ZPO, 4. Aufl., § 286 Rn. 39; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., vor § 284 Rn. 29). Deswegen kann er nach den oben unter 1. dargelegten Grundsätzen nur Anwendung finden, wenn das gesamte feststehende Unfallgeschehen nach der Lebenserfahrung typisch dafür ist, dass derjenige Verkehrsteilnehmer, zu dessen Lasten der Anscheinsbeweis angewendet wird, schuldhaft gehandelt hat (vgl. Senatsurteile vom 19. November 1985 - VI ZR 176/84, aaO; vom 19. März 1996 - VI ZR 380/94, aaO). Eine solche Typizität liegt bei dem hier zu beurteilenden Geschehensablauf regelmäßig nicht vor, wenn zwar feststeht, dass vor dem Auffahrunfall ein Spurwechsel des vorausfahrenden Fahrzeugs stattgefunden hat, der Sachverhalt aber im Übrigen nicht aufklärbar ist und - wie hier - nach den Feststellungen des Sachverständigen sowohl die Möglichkeit besteht, dass der Führer des vorausfahrenden Fahrzeugs unter Verstoß gegen § 7 Abs. 5 StVO den Fahrstreifenwechsel durchgeführt hat, als auch die Möglichkeit, dass der Auffahrunfall auf eine verspätete Reaktion des auffahrenden Fahrers zurückzuführen ist. Beide Varianten kommen wegen der bekannten Fahrweise auf den Autobahnen als mögliche Geschehensabläufe in Betracht, zumal es nach der Lebenserfahrung nicht fernliegend ist, dass es auf Autobahnen zu gefährlichen Spurwechseln kommt, bei denen die Geschwindigkeit des folgenden Fahrzeugs unterschätzt wird. Infolgedessen kann regelmäßig keine der beiden Varianten alleine als der typische Geschehensablauf angesehen werden, der zur Anwendung des Anscheinsbeweises zu Lasten eines der Beteiligten führt.
12
b) Im Streitfall liegen auch keine besonderen Umstände vor, die die Anwendung des Anscheinsbeweises zu Lasten des Auffahrenden rechtfertigten. Der Sachverständige hat die verschiedenen Möglichkeiten berücksichtigt und ist insbesondere auch bei Zugrundelegung dessen, dass der Porsche nahezu geradlinig mit paralleler Längsachse auf das vorausfahrende Fahrzeug aufprallte, bei Zugrundelegung der Kollisionsgeschwindigkeitsdifferenz von mindestens 20 km/h bis maximal 30 km/h beim Kollisionsphasenbeginn sowie der unterschiedlichen Darlegungen der Parteien zum Geschehensablauf zu dem Ergebnis gekommen, dass sich der Sachverhalt nicht weiter aufklären lässt und beide Möglichkeiten des Geschehensablaufs in Betracht kommen. Unter diesen Umständen hat das Landgericht anders als das Berufungsgericht zu Recht einen Anscheinsbeweis sowohl zu Lasten des Klägers als auch der Beklagten verneint. In solchen Fällen ist nicht von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass der Auffahrende den Unfall infolge zu hoher Geschwindigkeit, Unaufmerksamkeit und/oder unzureichendem Sicherheitsabstand verschuldet hat. Ebenso nahe liegt der Schluss, dass der auf die linke Spur gewechselte Fahrzeugführer gegen die hohen Sorgfaltsanforderungen des § 7 Abs. 5 StVO verstoßen hat und sich der auffahrende Fahrzeugführer nicht mehr auf die vorangegangene Fahrbewegung hat einstellen und den Sicherheitsabstand einhalten können.
13
4. Nach allem hat das Landgericht zu Recht sowohl einen Anscheinsbeweis zu Lasten des Klägers als auch zu Lasten der Beklagten verneint. Auf der Grundlage der Nichterweislichkeit des genauen Unfallhergangs ist aus revisionsrechtlicher Sicht auch nicht zu beanstanden, dass das Landgericht eine hälftige Schadensteilung vorgenommen hat. Das Berufungsurteil ist mithin aufzu- heben und die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen, weil die Sache endentscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
14
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Galke Zoll Wellner Diederichsen Stöhr
Vorinstanzen:
LG Ansbach, Entscheidung vom 30.10.2009 - 3 O 10/08 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 18.06.2010 - 5 U 2335/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 154/15
Verkündet am:
6. Oktober 2016
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Afterlife
EU-Grundrechtecharta Art. 7, Art. 17 Abs. 2; GG Art. 6 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 A; UrhG
§§ 94, 97 Abs. 2 Satz 1

a) Bei der Bestimmung der Reichweite der dem Inhaber eines Internetanschlusses
im Falle einer über seinen Anschluss begangenen Urheberrechtsverletzung obliegenden
sekundären Darlegungslast zur Nutzung des Anschlusses durch andere
Personen sind auf Seiten des Urheberrechtsinhabers die Eigentumsgrundrechte
gemäß Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und Art. 14 Abs. 1 GG zu berücksichtigen.
Handelt es sich bei den Personen, die den Anschluss mitgenutzt
haben, um den Ehegatten oder Familienangehörige, so wirkt zugunsten des Anschlussinhabers
der grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EUGrundrechtecharta

b) Dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses ist es regelmäßig nicht zumutbar
, die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen,
um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können.
Ebenfalls unzumutbar ist es regelmäßig, dem Anschlussinhaber die Untersuchung
des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing
-Software abzuverlangen.
BGH, Urteil vom 6. Oktober 2016 - I ZR 154/15 - LG Braunschweig
AG Braunschweig
ECLI:DE:BGH:2016:061016UIZR154.15.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke und den Richter Feddersen

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig vom 1. Juli 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht geltend, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsund Verwertungsrechte für den Film "Resident Evil: Afterlife 3D" zu sein. Die von der Klägerin beauftragte i. GmbH ermittelte, dass dieser Film insgesamt vierzehnmal im Zeitraum vom 26. bis 28. September 2010 über die Tauschbörse "b. " im Internet anderen Nutzern zur Verfügung gestellt wurde. Die hierbei dokumentierten IP-Adressen wurden dem Internetanschluss des Beklagten zugeordnet. Der Beklagte hat auf die Abmahnung der Klägerin eine Unterlassungserklärung abgegeben.
2
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe die Rechtsverletzungen begangen. Sie hat geltend gemacht, der Beklagte sei zur Erstattung von Ab- mahnkosten auf der Grundlage eines Streitwerts von 10.000 € in Höhe von 506 € sowie zur Zahlung von Schadensersatz nach der Lizenzanalogie in Höhe von 600 € verpflichtet.
3
Der Beklagte hat seine Täterschaft in Abrede gestellt und darauf verwiesen , seine Ehefrau nutze den Internetanschluss selbständig mit. Er hat ferner geltend gemacht, der von ihm eingesetzte Router habe eine massive Sicherheitslücke aufgewiesen, so dass sich Dritte unbefugt Zugang zu seinem WLAN-Anschluss hätten verschaffen können.
4
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen (Amtsgericht Braunschweig, CR 2014, 758). Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Landgericht Braunschweig, GRUR-RR 2015, 522). Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageforderungen weiter.

Entscheidungsgründe:

5
I. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
6
Der Beklagte hafte nicht als Täter für die behauptete Rechtsverletzung. Der Klägerin sei der ihr nach allgemeinen Grundsätzen obliegende Nachweis der Täterschaft des Beklagten nicht gelungen. Die tatsächliche Vermutung für die Täterschaft des Anschlussinhabers greife nur ein, wenn es sich bei dem Anschlussinhaber um den einzigen Nutzer des Anschlusses handele. Dem Beklagten obliege zwar hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen der tatsächlichen Vermutung vorliegen, eine sekundäre Darlegungslast, so dass er vortragen müsse, ob er den Anschluss allein nutze oder welche Familienange- hörige, Bekannte oder Dritte ebenfalls zur Nutzung des Anschlusses in der Lage waren. Dieser Darlegungslast sei der Beklagte nachgekommen, indem er seine Ehefrau als Mitnutzerin benannt und konkret zum eingesetzten Router und der bei diesem bestehenden Sicherheitslücke vorgetragen habe. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast sei der Beklagte nicht verpflichtet, den Täter der Rechtsverletzung zu ermitteln und namentlich zu benennen. Ferner müsse er weder den Computer untersuchen noch konkreten Vortrag zu seinen Abwesenheitszeiten und denjenigen der Mitbenutzer halten.
7
Der Beweis der Täterschaft des Beklagten sei der Klägerin nicht gelungen. Zwar habe die Ehefrau als Zeugin bekundet, selbst keine FilesharingSoftware benutzt zu haben und den streitgegenständlichen Film nicht heruntergeladen und anderen Nutzern zum Download zur Verfügung gestellt zu haben. Die Kammer sei jedoch von der Wahrheit dieser Angaben nicht überzeugt. Es bestehe kein Anlass, den Angaben der Ehefrau mehr Glauben zu schenken als den Angaben des Beklagten. Der Beklagte hafte ferner auch nicht als Teilnehmer oder Störer.
8
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg.
9
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs § 97 Abs. 2 Satz 1 UrhG heranzuziehen ist. Danach ist, wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich sowie vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
10
Die Klägerin hat ihre Klage auf eine Verletzung ihrer ausschließlichen Verwertungsrechte gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 UrhG und damit auf ein nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht gestützt. Nach dieser Bestimmung hat der Filmhersteller das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung, Funksendung oder öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen. Das Anbieten von Filmwerken mittels eines Filesharing-Programms in sogenannten "Peer-to-Peer"-Netzwerken im Internet verletzt das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung des Filmherstellers (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2012 - I ZB 77/11, ZUM-RD 2012, 587 Rn. 32 f.; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 1/15, GRUR 2016, 1275 Rn. 22 = WRP 2016, 1525 - Tannöd; Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 5. Aufl., § 94 Rn. 40).
11
2. Die Feststellung des Berufungsgerichts, die Klägerin sei als Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte gemäß § 94 Abs. 1 und Abs. 2 UrhG aktivlegitimiert, nimmt die Revision als für sie günstig hin, so dass hiervon für das Revisionsverfahren auszugehen ist.
12
3. Das Berufungsgericht hat keine tatsächlichen Feststellungen darüber getroffen, ob der Film "Resident Evil: Afterlife 3D" - wie von der Klägerin behauptet - insgesamt vierzehnmal zu den von der Klägerin vorgetragenen Zeitpunkten über den Internetanschluss des Beklagten im Internet öffentlich zugänglich gemacht worden ist. Für das Revisionsverfahren ist von diesem Vortrag der Klägerin auszugehen.
13
4. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte hafte nicht als Täter für die behaupteten Urheberrechtsverletzungen.
14
a) Die Klägerin trägt nach den allgemeinen Grundsätzen als Anspruchstellerin die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz erfüllt sind. Sie hat darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der Beklagte für die von ihr behauptete Urheberrechtsverletzung als Täter verantwortlich ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12, GRUR 2013, 511 Rn. 32 = WRP 2013, 799 - Morpheus; Urteil vom 8. Januar 2014 - I ZR 169/12, BGHZ 200, 76 Rn. 14 - BearShare; Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 75/14, GRUR 2016, 191 Rn. 37 = WRP 2016, 73 - Tauschbörse III; Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 48/15, GRUR 2016, 1280 Rn. 32 = WRP 2017, 79 - Everytime we touch). Allerdings spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers, wenn zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung keine anderen Personen diesen Internetanschluss benutzen konnten (BGHZ 200, 76 Rn. 15 - BearShare; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 - Tauschbörse III).
15
Eine die tatsächliche Vermutung ausschließende Nutzungsmöglichkeit Dritter ist anzunehmen, wenn der Internetanschluss zum Verletzungszeitpunkt nicht hinreichend gesichert war oder bewusst anderen Personen zur Nutzung überlassen wurde. In solchen Fällen trifft den Inhaber des Internetanschlusses jedoch eine sekundäre Darlegungslast. Diese führt weder zu einer Umkehr der Beweislast noch zu einer über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast (§ 138 Abs. 1 und 2 ZPO) hinausgehenden Verpflichtung des Anschlussinhabers , dem Anspruchsteller alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen. Der Anschlussinhaber genügt seiner sekundären Darlegungslast vielmehr dadurch, dass er dazu vorträgt, ob andere Personen und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Betracht kommen. In diesem Umfang ist der Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt lebenden Dritten auf den Internetanschluss genügt hierbei nicht. Entspricht der Beklagte seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache der Klägerin als Anspruchstellerin, die für eine Haftung des Beklagten als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen (BGHZ 200, 76 Rn. 15 ff. - BearShare, mwN; BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 37 und 42 - Tauschbörse III; GRUR 2016, 1280 Rn. 33 - Everytime we touch). Mit diesen Grundsätzen steht das Berufungsurteil im Einklang.
16
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts , der Beklagte habe der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast genügt.
17
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, für die Erfüllung der sekundären Darlegungslast sei substantiierter Vortrag zu den Mitbenutzungsmöglichkeiten Dritter ausreichend; es sei nicht Sache des Beklagten, die gegen ein Eingreifen der tatsächlichen Vermutung für die Haftung des Anschlussinhabers sprechenden Umstände zu beweisen. Der Beklagte habe seine sekundäre Darlegungslast erfüllt, indem er seine Ehefrau als Mitnutzerin benannt und konkret zum eingesetzten Router und der bei diesem bestehenden Sicherheitslücke vorgetragen habe. Im Rahmen der sekundären Darlegungslast sei der Beklagte nicht verpflichtet, den Täter der Rechtsverletzung zu ermitteln und namentlich zu benennen, den Computer zu untersuchen oder konkreten Vortrag zu den Abwesenheitszeiten des Anschlussinhabers und der Mitbenutzer zu halten.
18
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Annahme der täterschaftlichen Haftung des Anschlussinhabers erst in Betracht kommt, wenn der Anschlussinhaber der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast hinsichtlich der Nutzung des Anschlusses durch Dritte nicht genügt. Hingegen besteht keine generelle Vermutung , dass der Anschlussinhaber Täter einer Urheberrechtsverletzung ist, die von seinem Anschluss aus begangen worden ist und die er widerlegen oder erschüttern müsste, nur weil er Inhaber des Anschlusses ist. Dies kommt nur in Betracht, wenn für die Täterschaft des Anschlussinhabers der Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis) spricht. Für die Anwendung der Regeln über den Anscheinsbeweis ist im Falle der Urheberrechtsverletzung durch die Nut- zung eines Internetanschlusses aber nicht ohne weiteres aufgrund der Inhaberschaft am Anschluss Raum.
19
(1) Der Beweis des ersten Anscheins greift bei typischen Geschehensabläufen ein, also in Fällen, in denen ein bestimmter Tatbestand nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist (st. Rspr; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. Januar 1974 - VI ZR 53/71, VersR 1974, 750; Urteil vom 1. Oktober 2013 - VI ZR 409/12, MDR 2014, 155 Rn. 14; Versäumnisurteil vom 10. April 2014 - VII ZR 254/13, NJW-RR 2014, 1115 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Im Wege des Anscheinsbeweises kann gegebenenfalls von einem bestimmten eingetretenen Erfolg auf die Ursache geschlossen werden (BGH, Urteil vom 22. Mai 1979 - VI ZR 97/78, VersR 1979, 822, 823; Urteil vom 5. November 1996 - VI ZR 343/95, VersR 1997, 205, 206; Urteil vom 19. Januar 2010 - VI ZR 33/09, NJW 2010, 1072 Rn. 8). Dieser Schluss setzt einen typischen Geschehensablauf voraus. Typizität bedeutet in diesem Zusammenhang allerdings nur, dass der Kausalverlauf so häufig vorkommen muss, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben , sehr groß ist (BGH, VersR 1997, 205, 206; BGH, NJW 2010, 1072 Rn. 8; NJW-RR 2014, 1115 Rn. 9). Der Anscheinsbeweis ist entkräftet (erschüttert), wenn der Gegner die ernsthafte Möglichkeit eines anderweitigen Geschehensablaufs beweist (BGH, Urteil vom 13. Februar 2007 - VI ZR 58/06, NJW-RR 2007, 1077 Rn. 10; Urteil vom 7. Februar 2013 - III ZR 200/11, NJW 2013, 1092 Rn. 28).
20
(2) Für die Annahme, der Inhaber eines Internetanschlusses sei ohne das Hinzutreten weiterer Umstände regelmäßig der Täter einer mittels dieses Anschlusses begangenen Urheberrechtsverletzung, fehlt es an einer hinreichenden Typizität des Geschehensablaufs. Angesichts der naheliegenden Möglichkeit , dass der Anschlussinhaber Dritten Zugriff auf seinen Anschluss einräumt , besteht für die Annahme der Täterschaft des Anschlussinhabers keine hinreichend große Wahrscheinlichkeit. Da es sich bei der Nutzung des Anschlusses um Interna des Anschlussinhabers handelt, von denen der Urheberrechtsberechtigte im Regelfall keine Kenntnis hat, obliegt dem Anschlussinhaber insoweit allerdings eine sekundäre Darlegungslast (s. Rn. 15).
21
cc) Die Revision wendet sich im Ergebnis ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der Beklagte habe der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast genügt, weil er seine Ehefrau als Mitnutzerin des Anschlusses benannt habe und eine Untersuchung der genutzten Computer auf das Vorhandensein von Filesharing-Software nicht erforderlich sei.
22
(1) Die Bestimmung der Reichweite der dem Anschlussinhaber obliegenden sekundären Darlegungslast hat mit Blick darauf zu erfolgen, dass erst die Kenntnis von den Umständen der Anschlussnutzung durch den Anschlussinhaber dem Verletzten, dessen urheberrechtliche Position unter dem grundrechtlichen Schutz des Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 GG steht (vgl. EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 47 = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel; Wendt in Sachs, Grundgesetz, 7. Aufl., Art. 14 Rn. 20a, 24 mwN), eine Rechtsverfolgung ermöglicht. Nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums sind die Mitgliedsstaaten verpflichtet, wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Rechtsbehelfe zur Durchsetzung der unionsrechtlich vorgesehenen Positionen des geistigen Eigentums vorzusehen.
23
Auf Seiten des Anschlussinhabers schützen allerdings die Grundrechte gemäß Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG das ungestörte eheliche und familiäre Zusammenleben vor staatlichen Beeinträchtigungen. Diese Grundrechte verpflichten den Staat, Eingriffe in die Familie zu unterlassen, und berechtigt die Familienmitglieder, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortlichkeit und Rücksicht frei zu gestalten (vgl. BVerfGE 66, 84, 94; 80, 81, 92; 81, 1, 6; Jarass, Charta der Grundrechte der EU, 3. Aufl., Art. 7 Rn. 19 f.; v. Coelln in Sachs aaO Art. 6 Rn. 22). Werden dem Anschlussinhaber zur Abwendung seiner täterschaftlichen Haftung im Rahmen der sekundären Darlegungslast Auskünfte abverlangt, die das Verhalten seines Ehegatten oder seiner Kinder betreffen und diese dem Risiko einer zivil- oder strafrechtlichen Inanspruchnahme aussetzen, ist der Schutzbereich dieser Grundrechte berührt.
24
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union obliegt es, wenn mehrere unionsrechtlich geschützte Grundrechte einander widerstreiten , den Behörden oder Gerichten der Mitgliedstaaten, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen diesen Rechten sicherzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 29. Januar 2008 - C-275/06, Slg. 2008, I-271 = GRUR 2008, 241 Rn. 68 - Promusicae ; EuGH, GRUR 2014, 468 Rn. 46 - UPC Telekabel; EuGH, Urteil vom 15. September 2016 - C-484/14, GRUR 2016, 1146 Rn. 83 = WRP 2016, 1486 - Sony Music/McFadden). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Konflikt zwischen grundrechtlich geschützten Positionen verschiedener Grundrechtsträger nach dem Grundsatz praktischer Konkordanz zu lösen, der fordert, dass nicht eine der widerstreitenden Rechtspositionen bevorzugt und maximal behauptet wird, sondern alle einen möglichst schonenden Ausgleich erfahren (vgl. BVerfGE 28, 243, 260 f.; 41, 29, 50; 52, 223, 247, 251; 93, 1, 21).
25
(2) Im Streitfall hat das Berufungsgericht die Reichweite der dem Beklagten obliegenden sekundären Darlegungslast auch unter Berücksichtigung der betroffenen Grundrechtspositionen im Ergebnis zutreffend bestimmt.
26
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagte vorgetragen , seine Ehefrau habe über einen eigenen Computer Zugang zu seinem Internetanschluss gehabt, ohne nähere Einzelheiten zu Zeitpunkt und Art der Internetnutzung durch seine Ehefrau mitzuteilen. Dies war allerdings auch nicht erforderlich. Weitergehende Nachprüfungen dahingehend, ob die Ehefrau hinsichtlich der von der Klägerin behaupteten Zugriffszeiten oder wegen der Art der Internetnutzung als Täterin der geltend gemachten Rechtsverletzung in Betracht kommt, waren dem Beklagten nicht zumutbar. Soweit die Revision darauf verweist, dass im Transportrecht dem Spediteur, der am Tage des Schadenseintritts vom Schaden Kenntnis erlangt, die Pflicht zur sofortigen Recherche und Aufklärung des Schadensereignisses obliegt (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2002 - I ZR 34/00, TranspR 2002, 408), verkennt sie, dass Handlungspflichten im kaufmännischen Verkehr nicht ohne weiteres auf das Verhalten von Privatleuten übertragbar sind. Es ist schon zweifelhaft, ob es dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses generell zumutbar ist, Zeit und Art der Internetnutzung rückwirkend aufzuzeichnen und zu dokumentieren, wenn in einer Abmahnung internetbezogene Urheberrechtsverletzungen behauptet werden. Jedenfalls aber steht im Streitfall auch unter Berücksichtigung des für die Klägerin sprechenden Eigentumsschutzes (Art. 17 Abs. 2 EU-Grundrechtecharta und des Art. 14 Abs. 1 GG) der zugunsten des Anschlussinhabers wirkende grundrechtliche Schutz von Ehe und Familie (Art. 7 EU-Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 GG) der Annahme weitergehender Nachforschungs- und Mitteilungspflichten entgegen. Es ist dem Inhaber eines privaten Internetanschlusses nicht zumutbar, die Internetnutzung seines Ehegatten einer Dokumentation zu unterwerfen , um im gerichtlichen Verfahren seine täterschaftliche Haftung abwenden zu können. Ebenfalls unzumutbar ist es, dem Anschlussinhaber die Untersuchung des Computers seines Ehegatten im Hinblick auf die Existenz von Filesharing -Software abzuverlangen.
27
Soweit das Berufungsgericht eine Untersuchung des Computers generell nicht für erforderlich gehalten hat, stellt dies eine zu weitgehende Einschränkung der dem Anschlussinhaber obliegenden Pflichten dar. Im Rahmen des Vortrags zu Umständen, die seine eigene Internetnutzung betreffen, kann der Anschlussinhaber vielmehr auch zu der Angabe verpflichtet sein, ob auf dem von ihm genutzten Computer Filesharing-Software vorhanden ist (vgl. BGH, GRUR 2016, 191 Rn. 41 f. - Tauschbörse III). Insoweit erweist sich das Urteil des Berufungsgerichts allerdings aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO), weil der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hierzu vorgetragen und angegeben hat, auf seinem Computer sei keine entsprechende Software vorhanden gewesen.
28
c) Ohne Erfolg greift die Revision die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts an.
29
aa) Das Berufungsgericht hat ausgeführt, aufgrund der Bekundungen der als Zeugin vernommenen Ehefrau des Beklagten stehe fest, dass diese im Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzungen den Internetanschluss des Beklagten selbständig mitbenutzt habe. Die Aussage der Zeugin sei ersichtlich aufgrund eigener Erinnerung erfolgt und insoweit glaubhaft. Der Beweis der Täterschaft des Beklagten sei der Klägerin aber nicht gelungen. Zwar habe die Zeugin angegeben, selbst keine Filesharing-Software benutzt und den streitgegenständlichen Film weder heruntergeladen noch anderen Nutzern über eine Tauschbörse zur Verfügung gestellt zu haben. Die Kammer sei jedoch nicht von der Wahrheit dieser Angaben überzeugt. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Ehefrau, wäre sie tatsächlich Täterin gewesen, die Rechtsverletzungen eingeräumt hätte. Insoweit bestehe kein Anlass, den Angaben der Ehefrau mehr Glauben zu schenken als den Angaben des Beklagten, der seine Täterschaft ebenfalls in Abrede stelle. Der Kammer seien die Bekundungen des Beklagten, mit Filesharing nichts zu tun zu haben, durchaus nachvollziehbar und glaubhaft erschienen, so dass die Kammer nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht hinreichend von der Täterschaft des Beklagten überzeugt sei.
30
bb) Ohne Erfolg rügt die Revision, die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur Frage, ob die Ehefrau den Internetanschluss des Beklagten selb- ständig mitbenutzt habe, sei mangels Ausführungen zur Glaubwürdigkeit der Zeugin rechtsfehlerhaft.
31
(1) Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für unwahr zu erachten ist. Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn. 13; Urteil vom 11. November 2014 - VI ZR 76/13, NJW 2015, 411 Rn. 13 mwN). Solche Fehler sind im Streitfall nicht gegeben.
32
(2) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht hinreichend deutlich gemacht, aus welchen Gründen es die Angabe der Zeugin, den Internetanschluss des Beklagten selbständig mitbenutzt zu haben, zur Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung gemacht hat. Das Berufungsgericht hat die Bekundungen der Zeugin zu ihrer Internetnutzung als detailreich , nachvollziehbar und aufgrund eigener Erinnerung charakterisiert und sie insgesamt als glaubhaft bewertet. Das Berufungsgericht hegte insoweit erkennbar auch keinen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin. Diese tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich einwandfrei. Sie ist auch nicht im Hinblick darauf widersprüchlich, dass das Berufungsgericht sich von der Wahrheit der weiteren Bekundung der Zeugin, die behaupteten Rechtsverletzungen nicht begangen zu haben, nicht zu überzeugen vermochte. Das Berufungsgericht hat darauf verwiesen, es sei nicht zu erwarten gewesen, dass sich die Zeugin selbst der Rechtsverletzungen bezichtige, wenn sie sie tatsächlich begangen haben sollte. Das Berufungsgericht hat in die Würdigung ferner die von ihm als nachvollziehbar und glaubhaft beurteilte Einlassung des Beklagten einbezogen, kein Filesharing betrieben zu haben, und diese für nicht weniger überzeugungskräftig gehalten als die Bekundungen der Zeugin. Das Berufungsgericht hat damit plausibel dargelegt, warum es die Zeugin nur teilweise als glaubwürdig angesehen hat. Soweit die Revision darauf verweist, die Zeugin könnte ihre Internetnutzung wahrheitswidrig zu dem Zweck behauptet haben, um den Beklagten vor einer Verurteilung zu schützen, setzt die Revision lediglich in revisionsrechtlich unbehelflicher Weise ihre eigene Würdigung an die Stelle der Würdigung des Tatrichters. Gleiches gilt für den Einwand der Revision, die Zeugin hätte sich vor einer Selbstbezichtigung auch durch die Ausübung ihres Zeugnisverweigerungsrechts gemäß § 384 Nr. 2 ZPO schützen können.
33
cc) Die Revision rügt weiter ohne Erfolg, dass das Berufungsgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als erwiesen erachtet hat, dass die Zeugin im behaupteten Tatzeitpunkt den Internetanschluss des Beklagten selbständig mitbenutzt hat.
34
Die Zeugin hat, wie auch die Revision nicht verkennt, bekundet, im Jahr 2010 den Computer benutzt zu haben, um Videospiele zu spielen und ins Internet zu gehen. Auf dieser Grundlage ist die Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt der Internetnutzung durch die Zeugin revisionsrechtlich einwandfrei.
35
Die Revision greift weiter erfolglos die Feststellung des Berufungsgerichts an, die Zeugin habe das Internet selbständig genutzt. Nach der Würdigung des Berufungsgerichts hat die Zeugin Babykleidung bestellt, das soziale Netzwerk "facebook" besucht und das Online-Spiel "World of Warcraft" gespielt. Diese Würdigung unterliegt keinen revisionsrechtlichen Bedenken. Etwas anderes folgt - entgegen der Auffassung der Revision - nicht aus dem Umstand, dass die Zeugin ferner bekundet hat, sie und der Beklagte seien "immer zusammen" gewesen, wenn der Beklagte zuhause gewesen sei. Diese Bekundung steht der Würdigung des Berufungsgerichts nicht entgegen, weil das Berufungsgericht erkennbar davon ausgegangen ist, dass die Zeugin das Internet auch während der Abwesenheit des Beklagten benutzt hat. Soweit die Revision dies anders sieht, handelt es sich wiederum um eine revisionsrechtlich erfolglose , abweichende Würdigung der tatrichterlichen Feststellungen.
36
5. Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Beklagte hafte weder als Teilnehmer an einer rechtswidrigen Haupttat noch als Störer, wendet sich die Revision nicht.
37
6. Mangels einer Haftung des Beklagten als Täter, Teilnehmer oder Störer besteht, wie das Berufungsgericht zu Recht ausgesprochen hat, auch kein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten.
38
III. Danach ist die Revision auf Kosten der Klägerin zurückzuweisen.
Büscher Koch Löffler
Schwonke Feddersen
Vorinstanzen:
AG Braunschweig, Entscheidung vom 27.08.2014 - 117 C 1049/14 -
LG Braunschweig, Entscheidung vom 01.07.2015 - 9 S 433/14 (59) -
14
3. Bei der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken. Es wird dabei zu berücksichtigen haben, dass die Beklagte die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich der Maßnahmen trifft, die sie ergriffen hat, um sicherzustellen, dass die vom Sachverständigen als Voraussetzung für ein behandlungsfehlerfreies Vorgehen aufgeführten Hygienebestimmungen eingehalten wurden (vgl. auch OLG München, Urteil vom 6. Juni 2013 - 1 U 319/13, GesR 2013, 618 Rn. 37; Stöhr, GesR 2015, 257, 261; Schultze-Zeu/Riehn, VersR 2012, 1208, 1212). Zwar muss grundsätzlich der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung , wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und ihr eine nähere Substantiierung nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt oder unschwer in Erfahrung bringen kann und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (vgl. Senatsurteile vom 14. Juni 2005 - VI ZR 179/04, BGHZ 163, 210 Rn. 18; vom 10. Februar 2013 - VI ZR 343/13, NJW-RR 2015, 1279 Rn. 11; vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15, VersR 2016, 666 Rn. 47 f. - jameda.de II; vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14, juris Rn. 18; BGH, Urteil vom 3. Mai 2016 - II ZR 311/14, WM 2016, 1231 Rn. 19). So verhält es sich hier. Der Kläger hatte konkrete Anhaltspunkte für einen Hygienevorstoß vorgetragen. Er hatte insbesondere darauf hingewiesen, dass er als frisch operierter Patient neben einen Patienten gelegt worden war, der unter einer offenen , mit einem Keim infizierten Wunde im Kniebereich litt und sein "offenes Knie" allen Anwesenden zeigte. Dieser Vortrag genügt, um eine erweiterte Darlegungslast der Beklagten auszulösen. Denn an die Substantiierungspflichten der Parteien im Arzthaftungsprozess sind nur maßvolle und verständige Anforderungen zu stellen. Vom Patienten kann regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden. Er ist insbesondere nicht verpflichtet, sich zur ordnungsgemäßen Prozessführung medizinisches Fachwissen anzueignen. Vielmehr darf er sich auf Vortrag beschränken, der die Vermutung eines fehlerhaften Verhaltens des Arztes aufgrund der Folgen für den Patienten gestattet (vgl. Senatsurteile vom 8. Juni 2004 - VI ZR 199/03, BGHZ 159, 245, 252; vom 24. Februar 2015 - VI ZR 106/13, VersR 2015, 712 Rn. 19). Zu der Frage, ob die Beklagte den vom Sachverständigen genannten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention des Robert-Koch-Institutes nachgekommen ist, konnte und musste der Kläger nicht näher vortragen. Er stand insoweit außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs. Welche Maßnahmen die Beklagte getroffen hat, um eine sachgerechte Organisation und Koordinierung der Behandlungsabläufe und die Einhaltung der Hygienebestimmungen sicherzustellen (interne Qualitätssicherungsmaßnahmen , Hygieneplan, Arbeitsanweisungen), entzieht sich seiner Kenntnis (vgl. Stöhr, GesR 2015, 257, 261; Schultze-Zeu/Riehn, VersR 2012, 1208, 1212). Galke von Pentz Offenloch Müller Klein

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. März 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Rostock - 49 C 401/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin betreibt in R. einen für jedermann zugänglichen Parkplatz. Nach ihren dort ausgehängten "Allgemeinen Bedingungen für die Benutzung des Parkplatzes - Parkplatzordnung-" (vgl. Anlage K 1, Bl. 6ff d.A.) kommt mit dem Abstellen eines Pkw auf dem Parkplatz ein Nutzungsvertrag über einen Abstellplatz zustande. Die Nutzung erfolge nur gegen Entgelt. Das Nutzungsentgelt bestimmte sich für jeden belegten Abstellplatz nach der aushängenden Nutzungsentgelt-Liste an den Parkscheinautomaten. Der Nutzer habe demnach ein erhöhtes Parkentgelt in Höhe von 10,- ε pro Kalendertag zu zahlen, wenn kein Parkschein gelöst werde. Mit der Ermittlung der Fahrzeughalter beauftrage die Klägerin regelmäßig ihre Vertragsanwälte. Die dadurch entstehenden Kosten in Höhe von 20,- € erhebe sie zusätzlich zu dem erhöhten Parkentgelt. Am 09.03., 10.03., 19.03., 25.03., 26.03. und 01.04.2006 wurde ein Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen H …, dessen Halter in dieser Zeit der Beklagte war, auf dem Parkplatz der Klägerin abgestellt, ohne das Parkentgelt zu entrichten. Die Klägerin beziffert ihr erhöhtes Parkentgelt einschließlich entstandener Kosten auf 80,- €.

2

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte selbst habe sein Fahrzeug dort abgestellt.

3

Sie hat beantragt,

4

den Beklagten zu verurteilen, an sie 80,- € zzgl. 5 Prozentpunkte Zinse über dem Basiszinssatz seit 05.07.2006 zu zahlen sowie

5

den Beklagten zu verurteilen, sie von einer Kostenforderung ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 19,50 € freizustellen.

6

Der Beklagte hat beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Er behauptet, er verleihe sein Fahrzeug regelmäßig an andere Personen, insbesondere an Familienangehörige. Wer tatsächlich das Fahrzeug an den relevanten Tagen auf dem Parkplatz der Klägerin abgestellt habe, wisse er nicht.

9

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Klägerin weder einen vertraglichen noch einen deliktischen Anspruch auf Zahlung eines erhöhten Parkentgelts oder auf Schadensersatz habe. Ein Vertrag sei zwischen Klägerin und dem Beklagten nicht zustande gekommen.

10

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und gleichermaßen begründete Berufung der Klägerin.

Entscheidungsgründe

II.

11

Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten erhöhten Parkentgelts in Höhe von 80,- € gegen den Beklagten.

12

1. Ein vertraglicher Anspruch der Klägerin auf Zahlung des erhöhten Parkentgelts einschließlich der Nebenkosten gegen den Beklagten ist nicht anzunehmen, da ein diesbezüglich erforderlicher Miet- oder Verwahrvertrag nur mit dem jeweiligen Fahrer des abgestellten Fahrzeuges oder einem sonstigen Nutzer zustande kommt, nicht aber automatisch mit dem Halter des Fahrzeuges.

13

Die Begründung einer vertraglichen Verpflichtung des Fahrzeughalters durch ein entsprechendes schlüssiges oder sozialtypisches Verhalten ist im Streitfall bereits deshalb abzulehnen, weil ein diesbezügliches Verhalten des Beklagten streitig und nicht nachweisbar ist. Eine allgemeine zivilrechtliche Halterhaftung für Parkplatzgebühren ist dem deutschen Recht fremd.

14

Die Klägerin war sodann im Ergebnis nicht in der Lage, den Beweis zu führen, dass ein diesbezüglicher Vertrag zwischen ihr und dem Beklagten zustande gekommen ist.

15

Eine Beweislastumkehr oder die Anwendung der Grundsätze der sekundären Darlegungs- und Beweislast finden zugunsten der Klägerin keine Anwendung. Eine entsprechende Umkehr der Darlegungslast könnte sich allenfalls darauf beziehen, der Beklagte persönlich das Fahrzeug an den jeweiligen Tagen auf dem Parkplatz der Klägerin abgestellt hat, nicht aber zwingend welche Familienangehörigen dies möglicherweise in eigener Person vorgenommen haben.

16

2. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen vertraglichen sekundären Schadensersatzanspruch, da der Beklagte ihr gegenüber materiell-rechtlich zu keiner weiteren Auskunft über die Nutzung des Fahrzeuges zu den streitigen Tagen verpflichtet war. Entsprechendes gilt für eine Verpflichtung zur Offenbarung der Person des entsprechenden Fahrers. Es gibt im Ergebnis keine allgemeine Rechtspflicht für einen Halter, gegenüber einem Dritten Auskunft über den Namen eines Fahrers zu verschaffen. Die Tatsache, dass jemand Informationen besitzt, die für einen anderen bedeutsam sind, begründen grundsätzlich keine Auskunftspflicht.

17

3. Auch eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet aus, da die Norm ein Handeln des Beklagten persönlich voraussetzt. Weder ein eigenes Handeln noch ein Verschulden kann dem Beklagten nachgewiesen werden. Der Beklagte hat auch nicht gegen eine Verkehrssicherungspflicht verstoßen, in dem er das Fahrzeug an einen Dritten als Fahrer übergeben hat.

18

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 25a StVG scheidet ebenfalls aus, da § 25a StVG den Ersatz von Verwaltungskosten vorsieht, wenn der Fahrer unbekannt bleibt. Diese aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht stammende Vorschrift ist für zivilrechtliche Ansprüche nicht anwendbar.

19

Die Klägerin kann den Beklagten daher weder in seiner Eigenschaft als Nutzer oder Fahrer des Fahrzeuges noch als Fahrzeughalter in Anspruch nehmen. Insbesondere einer Halterhaftung für private Parkgebühren scheidet nach derzeitiger Rechtslage aus.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

21

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

22

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Kann in einem Bußgeldverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes der Führer des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden oder würde seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern, so werden dem Halter des Kraftfahrzeugs oder seinem Beauftragten die Kosten des Verfahrens auferlegt; er hat dann auch seine Auslagen zu tragen. Entsprechendes gilt für den Halter eines Kraftfahrzeuganhängers, wenn mit diesem Kraftfahrzeuganhänger, ohne dass dieser an ein Kraftfahrzeug angehängt ist, ein Halt- oder Parkverstoß begangen wurde und derjenige, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden kann oder seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern würde. Von einer Entscheidung nach Satz 1 oder 2 wird abgesehen, wenn es unbillig wäre, den Halter oder seinen Beauftragten mit den Kosten zu belasten.

(2) Die Kostenentscheidung ergeht mit der Entscheidung, die das Verfahren abschließt; vor der Entscheidung ist derjenige zu hören, dem die Kosten auferlegt werden sollen.

(3) Gegen die Kostenentscheidung der Verwaltungsbehörde und der Staatsanwaltschaft kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung gerichtliche Entscheidung beantragt werden. § 62 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten gilt entsprechend; für die Kostenentscheidung der Staatsanwaltschaft gelten auch § 50 Abs. 2 und § 52 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten entsprechend. Die Kostenentscheidung des Gerichts ist nicht anfechtbar.

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 21. März 2007 verkündete Urteil des Amtsgerichts Rostock - 49 C 401/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin betreibt in R. einen für jedermann zugänglichen Parkplatz. Nach ihren dort ausgehängten "Allgemeinen Bedingungen für die Benutzung des Parkplatzes - Parkplatzordnung-" (vgl. Anlage K 1, Bl. 6ff d.A.) kommt mit dem Abstellen eines Pkw auf dem Parkplatz ein Nutzungsvertrag über einen Abstellplatz zustande. Die Nutzung erfolge nur gegen Entgelt. Das Nutzungsentgelt bestimmte sich für jeden belegten Abstellplatz nach der aushängenden Nutzungsentgelt-Liste an den Parkscheinautomaten. Der Nutzer habe demnach ein erhöhtes Parkentgelt in Höhe von 10,- ε pro Kalendertag zu zahlen, wenn kein Parkschein gelöst werde. Mit der Ermittlung der Fahrzeughalter beauftrage die Klägerin regelmäßig ihre Vertragsanwälte. Die dadurch entstehenden Kosten in Höhe von 20,- € erhebe sie zusätzlich zu dem erhöhten Parkentgelt. Am 09.03., 10.03., 19.03., 25.03., 26.03. und 01.04.2006 wurde ein Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen H …, dessen Halter in dieser Zeit der Beklagte war, auf dem Parkplatz der Klägerin abgestellt, ohne das Parkentgelt zu entrichten. Die Klägerin beziffert ihr erhöhtes Parkentgelt einschließlich entstandener Kosten auf 80,- €.

2

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte selbst habe sein Fahrzeug dort abgestellt.

3

Sie hat beantragt,

4

den Beklagten zu verurteilen, an sie 80,- € zzgl. 5 Prozentpunkte Zinse über dem Basiszinssatz seit 05.07.2006 zu zahlen sowie

5

den Beklagten zu verurteilen, sie von einer Kostenforderung ihrer Prozessbevollmächtigten in Höhe von 19,50 € freizustellen.

6

Der Beklagte hat beantragt,

7

die Klage abzuweisen.

8

Er behauptet, er verleihe sein Fahrzeug regelmäßig an andere Personen, insbesondere an Familienangehörige. Wer tatsächlich das Fahrzeug an den relevanten Tagen auf dem Parkplatz der Klägerin abgestellt habe, wisse er nicht.

9

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Klägerin weder einen vertraglichen noch einen deliktischen Anspruch auf Zahlung eines erhöhten Parkentgelts oder auf Schadensersatz habe. Ein Vertrag sei zwischen Klägerin und dem Beklagten nicht zustande gekommen.

10

Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und gleichermaßen begründete Berufung der Klägerin.

Entscheidungsgründe

II.

11

Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten erhöhten Parkentgelts in Höhe von 80,- € gegen den Beklagten.

12

1. Ein vertraglicher Anspruch der Klägerin auf Zahlung des erhöhten Parkentgelts einschließlich der Nebenkosten gegen den Beklagten ist nicht anzunehmen, da ein diesbezüglich erforderlicher Miet- oder Verwahrvertrag nur mit dem jeweiligen Fahrer des abgestellten Fahrzeuges oder einem sonstigen Nutzer zustande kommt, nicht aber automatisch mit dem Halter des Fahrzeuges.

13

Die Begründung einer vertraglichen Verpflichtung des Fahrzeughalters durch ein entsprechendes schlüssiges oder sozialtypisches Verhalten ist im Streitfall bereits deshalb abzulehnen, weil ein diesbezügliches Verhalten des Beklagten streitig und nicht nachweisbar ist. Eine allgemeine zivilrechtliche Halterhaftung für Parkplatzgebühren ist dem deutschen Recht fremd.

14

Die Klägerin war sodann im Ergebnis nicht in der Lage, den Beweis zu führen, dass ein diesbezüglicher Vertrag zwischen ihr und dem Beklagten zustande gekommen ist.

15

Eine Beweislastumkehr oder die Anwendung der Grundsätze der sekundären Darlegungs- und Beweislast finden zugunsten der Klägerin keine Anwendung. Eine entsprechende Umkehr der Darlegungslast könnte sich allenfalls darauf beziehen, der Beklagte persönlich das Fahrzeug an den jeweiligen Tagen auf dem Parkplatz der Klägerin abgestellt hat, nicht aber zwingend welche Familienangehörigen dies möglicherweise in eigener Person vorgenommen haben.

16

2. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen vertraglichen sekundären Schadensersatzanspruch, da der Beklagte ihr gegenüber materiell-rechtlich zu keiner weiteren Auskunft über die Nutzung des Fahrzeuges zu den streitigen Tagen verpflichtet war. Entsprechendes gilt für eine Verpflichtung zur Offenbarung der Person des entsprechenden Fahrers. Es gibt im Ergebnis keine allgemeine Rechtspflicht für einen Halter, gegenüber einem Dritten Auskunft über den Namen eines Fahrers zu verschaffen. Die Tatsache, dass jemand Informationen besitzt, die für einen anderen bedeutsam sind, begründen grundsätzlich keine Auskunftspflicht.

17

3. Auch eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet aus, da die Norm ein Handeln des Beklagten persönlich voraussetzt. Weder ein eigenes Handeln noch ein Verschulden kann dem Beklagten nachgewiesen werden. Der Beklagte hat auch nicht gegen eine Verkehrssicherungspflicht verstoßen, in dem er das Fahrzeug an einen Dritten als Fahrer übergeben hat.

18

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 25a StVG scheidet ebenfalls aus, da § 25a StVG den Ersatz von Verwaltungskosten vorsieht, wenn der Fahrer unbekannt bleibt. Diese aus dem Ordnungswidrigkeitenrecht stammende Vorschrift ist für zivilrechtliche Ansprüche nicht anwendbar.

19

Die Klägerin kann den Beklagten daher weder in seiner Eigenschaft als Nutzer oder Fahrer des Fahrzeuges noch als Fahrzeughalter in Anspruch nehmen. Insbesondere einer Halterhaftung für private Parkgebühren scheidet nach derzeitiger Rechtslage aus.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

21

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

22

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

(1) Kann in einem Bußgeldverfahren wegen eines Halt- oder Parkverstoßes der Führer des Kraftfahrzeugs, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden oder würde seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern, so werden dem Halter des Kraftfahrzeugs oder seinem Beauftragten die Kosten des Verfahrens auferlegt; er hat dann auch seine Auslagen zu tragen. Entsprechendes gilt für den Halter eines Kraftfahrzeuganhängers, wenn mit diesem Kraftfahrzeuganhänger, ohne dass dieser an ein Kraftfahrzeug angehängt ist, ein Halt- oder Parkverstoß begangen wurde und derjenige, der den Verstoß begangen hat, nicht vor Eintritt der Verfolgungsverjährung ermittelt werden kann oder seine Ermittlung einen unangemessenen Aufwand erfordern würde. Von einer Entscheidung nach Satz 1 oder 2 wird abgesehen, wenn es unbillig wäre, den Halter oder seinen Beauftragten mit den Kosten zu belasten.

(2) Die Kostenentscheidung ergeht mit der Entscheidung, die das Verfahren abschließt; vor der Entscheidung ist derjenige zu hören, dem die Kosten auferlegt werden sollen.

(3) Gegen die Kostenentscheidung der Verwaltungsbehörde und der Staatsanwaltschaft kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung gerichtliche Entscheidung beantragt werden. § 62 Abs. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten gilt entsprechend; für die Kostenentscheidung der Staatsanwaltschaft gelten auch § 50 Abs. 2 und § 52 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten entsprechend. Die Kostenentscheidung des Gerichts ist nicht anfechtbar.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden - unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel - das Urteil des Landgerichts Regensburg - 2. Zivilkammer - vom 10. Juni 2014 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 11. November 2013 teilweise geändert.

Der Beklagte wird unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 600 € verurteilt, es zu unterlassen, den PKW  schwarz, amtliches Kennzeichen, unberechtigt auf dem Parkgelände der Klägerin in der B.      (Parkhaus OG) in R.     selbst abzustellen bzw. durch dritte Personen dort abstellen zu lassen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin betreibt einen privaten Parkplatz im Obergeschoss eines Gebäudes. Eine Beschilderung weist die Nutzer auf die Vertrags- und Einstellbedingungen der Klägerin hin. Danach ist der Nutzer mit der Einfahrt in die Parkeinrichtung zur Zahlung des Mietpreises und dazu verpflichtet, den Parkschein sichtbar und lesbar hinter der Windschutzscheibe anzubringen. Bei Nichtlösen und Nichtauslegen des Parkscheins sowie bei Überschreiten der bezahlten Parkzeit um mehr als 15 Minuten ist ein „Nutzungsentgelt“ von 20 € (nachfolgend: erhöhtes Nutzungsentgelt) sofort zur Zahlung fällig.

2

Der Beklagte ist Halter eines Pkw. Am 19. Oktober 2012 war das Fahrzeug gegen 10.30 Uhr auf dem genannten Parkplatz der Klägerin abgestellt, ohne dass ein gültiger Parkschein auslag. Bei einer Kontrolle wurde dies festgestellt und am Fahrzeug ein Hinweis angebracht mit der Aufforderung zur Zahlung von 20 €. Eine Zahlung erfolgte nicht. Nach Ermittlung des Beklagten als Halter forderte die Klägerin ihn vergeblich zur Zahlung oder Benennung des Fahrers auf. Die Klägerin begehrte sodann erfolglos die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung.

3

Mit der Klage verlangt sie von dem Beklagten, es unter Meidung eines Ordnungsgeldes von 600 € zu unterlassen, seinen Pkw unberechtigt auf dem Parkgelände selbst abzustellen bzw. durch eine dritte Person dort abstellen zu lassen, sowie die Erstattung der Kosten der Halterermittlung in Höhe von 5,65 €.

4

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

I.

5

Das Berufungsgericht verneint einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB. Es sei schon fraglich, ob die Grundsätze zu der Zustandsstöreigenschaft des Halters einschlägig seien, da zwischen der Klägerin und dem Fahrer des Fahrzeugs ein Vertrag zustande gekommen sei. Die Klägerin wolle lediglich sicherstellen, dass das Fahrzeug künftig vertragsgemäß geparkt werde. Ob der Beklagte Zustandsstörer sei, könne jedoch dahinstehen, weil jedenfalls mangels Wiederholungsgefahr kein Unterlassungsanspruch bestehe. Es sei auch zu berücksichtigen, dass der Parkverstoß als gering einzustufen sei. Erst ab einem zweiten Verstoß nach einer Abmahnung des Fahrzeughalters bestehe eine konkrete Wiederholungsgefahr.

II.

6

Diese Ausführungen halten im Wesentlichen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

7

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann die Klägerin von dem Beklagten die beantragte Unterlassung gemäß § 862 BGB verlangen.

8

a) Zu Recht hält das Berufungsgericht die Unterlassungsklage allerdings für zulässig. Der Unterlassungsantrag ist insbesondere hinreichend bestimmt.

9

aa) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Unterlassungsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten wird, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 202/07, GRUR 2010, 749 Rn. 1; Senat, Urteil vom 24. Februar 1978 - V ZR 95/75, NJW 1978, 1584). Hiervon kann allerdings nur ausgegangen werden, wenn der Klageantrag auch nach Auslegung nicht hinreichend bestimmt ist. Denn maßgeblich für Inhalt und Reichweite des materiellen Klagebegehrens sind nicht allein der Wortlaut des Antrags, sondern auch die bei der Auslegung mit zu berücksichtigende Klagebegründung (BGH, Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, BGHZ 194, 314 Rn. 27). Die Auslegung hat den wirklichen Willen der Partei zu erforschen. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass im Zweifel dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der wohlverstandenen Interessenlage entspricht (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - I ZR 217/12, BGHZ 201, 129 Rn. 24; Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 298/13, NJW 2014, 3314 Rn. 15, jeweils mwN).

10

bb) Die Auslegung des Klageantrags, die der Senat als Revisionsgericht selbst vornehmen kann (vgl. Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 298/13, aaO), ergibt, dass das Unterlassungsbegehren der Klägerin auf ein Abstellen des Fahrzeugs des Beklagten auf dem Parkplatz gerichtet ist, das geeignet ist, nach den Vertrags- und Einstellbedingungen der Klägerin einen Anspruch auf das erhöhte Nutzungsentgelt zu begründen (Nichtlösen eines Parkscheins; Nichtauslegen des Parkscheins; Überschreiten der bezahlten Parkzeit um mehr als 15 Minuten). Denn aus einem solchen, das erhöhte Nutzungsentgelt auslösenden Verhalten leitet die Klägerin die Besitzstörung her, und mangels abweichender Anhaltspunkte ist anzunehmen, dass sie Besitzschutzansprüche wegen solcher Handlungen geltend machen will, die mit der konkreten Besitzstörung vergleichbar sind.

11

b) Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht aber die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB.

12

aa) Das Abstellen des Fahrzeugs des Beklagten auf dem gebührenpflichtigen Parkplatz der Klägerin ohne Auslegung des Parkscheins stellt eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB dar.

13

(1) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass derjenige, der sein Fahrzeug unbefugt auf ein Privatgrundstück abstellt, verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB begeht (Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 229/13, NJW 2014, 3727 Rn. 13; Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 5; Urteil vom 6. Juli 2012 - V ZR 268/11, NJW 2012, 3373 Rn. 6; Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 6; Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 13). Das gilt nicht nur dann, wenn das Parken überhaupt nicht erlaubt ist, sondern auch dann, wenn das Parken an bestimmte Bedingungen geknüpft ist (Parken auf einem Kundenparkplatz: Senat, Urteil vom 4. Juli 2014 - V ZR 229/13, NJW 3727; Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233).

14

(2) So ist es hier. Der Fahrzeugführer war nicht befugt, das Fahrzeug des Beklagten auf dem gebührenpflichtigen Parkplatz der Klägerin ohne Entrichtung des vereinbarten Entgelts und ohne Auslegen des Parkscheins abzustellen.

15

(a) Dem steht nicht entgegen, dass zwischen der Klägerin und dem Fahrzeugführer ein Mietvertrag über einen Fahrzeugabstellplatz zustande gekommen ist, nämlich dadurch, dass dieser das als Realofferte in der Bereitstellung des Parkplatzes liegende Angebot der Klägerin durch das Abstellen des Fahrzeugs angenommen hat (§ 145, § 151 BGB). Damit bestand zum Zeitpunkt des Abstellens des Fahrzeugs ein Mietvertrag, ohne dass es hierzu weiterer Willenserklärungen bedurfte.

16

(b) Dem Berufungsgericht ist im Ausgangspunkt allerdings darin zuzustimmen, dass innerhalb eines Vertragsverhältnisses nicht jedes vertragswidrige Verhalten gegenüber dem anderen Vertragspartner eine verbotene Eigenmacht darstellt. Es gelten vielmehr in aller Regel vorrangig die vertraglichen Ansprüche. So verhält sich der Mieter, der den vereinbarten Mietzins nicht zahlt, zwar vertragswidrig; er begeht aber keine verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Abs. 1 BGB. Es entspricht auch ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass dem Vermieter gegen den Mieter, der die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurückgibt, keine Besitzschutzansprüche aus § 859 Abs. 1 BGB zustehen (vgl. Urteil vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 45/09, NJW 2010, 3434 Rn. 10; Urteil vom 6. Juli 1977 - VIII ZR 277/75, NJW 1977, 1818, Rn. 24; Urteil vom 1. Oktober 2003 - VIII ZR 326/02, NJW-RR 2004, 493 Rn. 8; vgl. auch Sternel, Mietrecht Aktuell, 4. Aufl., Rn. XIII 25). Bei einem klassischen Mietverhältnis ist die Besitzeinräumung durch den Vermieter unbedingt geschuldet. Sie kann nicht unter den Vorbehalt vertragsgemäßen Verhaltens des Mieters gestellt werden.

17

(c) Bei einem Vertrag über die kurzzeitige Nutzung eines jedermann zugänglichen privaten Parkplatzes gilt dies jedoch nicht in gleicher Weise. Eine unbedingte Besitzverschaffung durch den Parkplatzbetreiber ist nicht geschuldet. Macht er das Parken von der Zahlung der Parkgebühr und dem Auslegen des Parkscheins abhängig, begeht derjenige verbotene Eigenmacht, der sein Fahrzeug abstellt, ohne sich daran zu halten.

18

(aa) Bei dem Parken auf einem Parkplatz handelt es sich um ein anonymes Massengeschäft. Der Betreiber bietet den Parkplatz keinem bestimmten Vertragspartner, sondern der Allgemeinheit für ein kurzzeitiges Parken an. Der Vertrag kommt in der Weise zustande, dass ein Fahrzeugführer das Fahrzeug abstellt und damit das Angebot annimmt (§ 151 Satz 1 BGB). Indem der Parkplatzbetreiber das Parken zulässt, erfüllt er die ihm obliegende vertragliche Hauptpflicht zur Besitzverschaffung (§ 535 Satz 1 BGB) und erteilt gleichzeitig die Zustimmung zur (dinglichen) Besitzausübung (§ 854 Abs. 1 BGB). Nur auf diese Weise ist die Abwicklung des Mietvertrags über einen Parkplatz einfach und praktikabel zu handhaben. Deshalb ist auf Seiten des Parkplatzbetreibers ein gewichtiges Interesse gegeben, bereits bei der Besitzübergabe die Zustimmung zur Besitzausübung von der Zahlung eines Mietpreises abhängig zu machen. Das ist für den Nutzer klar erkennbar. Ähnlich wie bei einem nachträglichen Eigentumsvorbehalt ist die Erklärung eines Vorbehalts bei der dinglichen Besitzübergabe zulässig (zum nachträglichen Eigentumsvorbehalt vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 1975 - VIII ZR 89/74, BGHZ 64, 395, 397; Urteil vom 13. September 2006 - VIII ZR 184/05, NJW 2006, 3488 Rn. 11). Ob es sich dabei um eine Bedingung handelt, auf die die Vorschriften über Rechtsgeschäfte (§§ 158 ff. BGB) analog anzuwenden sind (Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 858 Rn. 20) oder um eine bloße tatsächliche Voraussetzung, von der die Zustimmung abhängig gemacht wird (so MüKoBGB/Joost, 6. Aufl., § 858 Rn. 7), ist für die rechtliche Beurteilung ohne Belang.

19

(bb) Von einem solchen Vorbehalt bei der Übergabe des Besitzes an dem Parkplatz ist hier auszugehen. Die Klägerin hat keine generelle Zustimmung dazu erteilt, dass Fahrzeuge geparkt werden. Sie hat die Besitzüberlassung in ihren Vertrags- und Einstellbedingungen von der Zahlung der Parkgebühr und dem Auslegen des Parkscheins abhängig gemacht. Nutzt der Fahrzeugführer den Parkplatz, ohne sich an diese Vertrags- und Einstellbedingungen zu halten, fehlt die Zustimmung der Klägerin, und die Besitzausübung stellt sich als verbotene Eigenmacht dar (§ 858 Abs. 1 BGB).

20

bb) Der Beklagte ist gegenüber der Klägerin als Zustandsstörer verantwortlich.

21

(1) Zustandsstörer ist derjenige, der die Beeinträchtigung zwar nicht verursacht hat, durch dessen maßgebenden Willen der beeinträchtigende Zustand aber aufrechterhalten wird. Voraussetzung hierfür ist, dass der Inanspruchgenommene die Quelle der Störung beherrscht, also die Möglichkeit zu deren Beseitigung hat. Darüber hinaus muss ihm die Beeinträchtigung zurechenbar sein. Hierzu genügt es nicht, dass er Eigentümer oder Besitzer der Sache ist, von der die Störung ausgeht. Für die erforderliche Zurechnung der Beeinträchtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vielmehr erforderlich, dass die Beeinträchtigung wenigstens mittelbar auf den Willen des Eigentümers oder Besitzers der störenden Sache zurückgeht. Ob dies der Fall ist, kann nicht begrifflich, sondern nur in wertender Betrachtung von Fall zu Fall festgestellt werden. Entscheidend ist, ob es Sachgründe dafür gibt, dem Eigentümer oder Nutzer der störenden Sache die Verantwortung für ein Geschehen aufzuerlegen (st. Rspr. des Senats, Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 7; Urteil vom 1. Dezember 2006 - V ZR 112/06, NJW 2007, 432 Rn. 14; Urteil vom 30. Mai 2003 - V ZR 37/02, BGHZ 155, 99, 105; Urteil vom 11. Juni 1999 - V ZR 377/98, BGHZ 142, 66, 69 f., jeweils mwN).

22

(2) Danach war der Beklagte hinsichtlich der durch das parkende Fahrzeug hervorgerufenen Beeinträchtigung des Besitzes der Klägerin Zustandsstörer. Er beherrscht die Quelle der Störung, da er allein darüber bestimmen kann, wie und von wem sein Fahrzeug genutzt wird. Ihm war die Beeinträchtigung auch zuzurechnen. Da er nichts Gegenteiliges vorgetragen hat, ist davon auszugehen, dass er sein Fahrzeug freiwillig einer anderen Person zur Benutzung im Straßenverkehr überlassen hat. Es ist somit sachgerecht, ihm als Halter die Störung zuzurechnen, die dadurch entsteht, dass das Fahrzeug von dieser Person unberechtigt abgestellt wird (vgl. Lorenz, NJW 2009, 1025, 1026; Schwarz/Ernst, NJW 1997, 2550, 2551; aA Woitkewitsch, MDR 2005, 1023, 1026). Daran ändert es nichts, dass das Ausleihen von Fahrzeugen insbesondere an nahe Familienangehörige sozialadäquat ist.

23

(3) Entgegen der Auffassung der Revision steht der Zurechnung des Fehlverhaltens des Fahrers nicht entgegen, dass die Klägerin ihren Parkplatz nicht mit einem Schrankensystem ausgestattet hat. Soweit der Beklagte damit den Vorwurf erheben möchte, die Klägerin habe ihr Geschäftsmodell auf „Schwarzparker“ ausgerichtet, um auf der Grundlage ihrer Vertrags- und Einstellbedingungen Forderungen gegen Fahrzeugführer und -halter geltend zu machen, kann er sich damit der Halterhaftung für die Überlassung des Fahrzeugs an einen nicht rechtstreuen Nutzer nicht entziehen.

24

cc) Es besteht auch die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr. Die tatrichterliche Würdigung, ob Wiederholungsgefahr besteht, ist im Revisionsverfahren zwar nur auf Rechtsfehler zu überprüfen (Senat, Urteil vom 14. Oktober 1994 - V ZR 76/93, NJW 1995, 132, 134). Solche liegen aber vor.

25

(1) Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass schon das einmalige unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf einem Privatgrundstück die tatsächliche Vermutung dafür begründet, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt (Senat, Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 12; vgl. auch Urteil vom 17. Dezember 2010 - V ZR 46/10, ZUM 2011, 333 Rn. 28; Urteil vom 12. Dezember 2003 - V ZR 98/03, NJW 2004, 1035, Rn. 9).

26

(2) Der Beklagte kann als Halter auf künftige Unterlassung des Falschparkens sowohl durch Dritte als auch durch ihn selbst in Anspruch genommen werden.

27

Die Zurechnung der Besitzstörung durch einen mit dem Halter personenverschiedenen Fahrer beruht darauf, dass diese mittelbar auf den Willen des Halters zurückgeht, indem er das Fahrzeug freiwillig Dritten zur Benutzung überlassen hat. Daran ist bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr anzuknüpfen. Für den Halter selbst, der als bloßer Zustandsstörer in Anspruch genommen wird, ist zwar eine Wiederholungsgefahr nicht indiziert. Er kann aber unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn er - wie hier - auf die Aufforderung des Parkplatzbetreibers, den für eine Besitzstörung verantwortlichen Fahrer zu benennen, schweigt. Dieses Verhalten macht bei wertender Betrachtung künftige Besitzstörungen wahrscheinlich. Das ist für einen Unterlassungsanspruch nach allgemeiner Ansicht ausreichend (vorbeugender Unterlassungsanspruch; Erman/Lorenz, BGB, 14. Aufl., § 862 Rn. 6; Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 862 Rn. 9; Staudinger/Gutzeit, BGB [2012], § 862 Rn. 7; zu § 1004 BGB: Senat, Urteil vom 17. September 2006 - V ZR 230/03, BGHZ 160, 232, 236 mwN; Staudinger/Gursky, BGB [2012], § 1004 Rn. 214).

28

(3) Die (Wieder-)Begehungsgefahr kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht mit der Begründung verneint werden, der Parkverstoß sei „als gering einzustufen“. Im Gegenteil ist, der Argumentation des Beklagten folgend, gerade ein geringfügiger Parkverstoß nicht unüblich, was für und nicht gegen eine Wiederholungsgefahr spricht.

29

2. Die Androhung des Ordnungsgeldes beruht auf § 890 Abs. 2 ZPO. Dem Vollstreckungsgläubiger ist die Möglichkeit unbenommen, die Androhung eines den gesetzlichen Rahmen des § 890 Abs. 1 ZPO unterschreitenden Ordnungsmittels zu beantragen, wenn sowohl die Art der für den Fall der Zuwiderhandlung vorgesehenen Rechtsfolge als auch die von dem Gläubiger beantragte niedrigere Höchstgrenze konkret bezeichnet ist (BGH, Urteil vom 6. Juni 1995 - I ZR 58/93, NJW 1995, 3177, 3181; MüKoZPO/Gruber, 4. Aufl., § 890 Rn. 27). Das ist hier der Fall. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass es sich bei dem beantragten Ordnungsgeld von 600 € um die Obergrenze eines Ordnungsgeldes handeln soll.

30

3. Unbegründet ist die Revision, soweit die Klägerin von dem Beklagten die Erstattung der Kosten von 5,65 € für die Halterermittlung verlangt. Es handelt sich dabei um Kosten für eine Maßnahme, die nicht der Beseitigung der konkreten Besitzstörung, sondern der Vorbereitung der Unterlassungsaufforderung an den Beklagten diente. Dem Parkplatzbetreiber steht gegen den als Zustandsstörer auf Unterlassung in Anspruch genommenen Fahrzeughalter unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Erstattung der Kosten der Halteranfrage zu.

31

a) Ein Ersatzanspruch ist nicht nach den Grundsätzen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag begründet (§ 677, § 683 Satz 1, § 670 BGB). Allerdings hat der Senat (Urteil vom 21. September 2012 - V ZR 230/11, NJW 2012, 3781 Rn. 13) die Aufwendungen zur Ermittlung des Fahrzeughalters in Anlehnung an die Rechtsprechung des I. Zivilsenats zur Erstattungsfähigkeit der Kosten einer berechtigten außergerichtlichen Abmahnung (Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 70/11, GRUR 2012, 759 Rn. 9) als zur Vorbereitung der an den Zustandsstörer gerichteten Unterlassungsaufforderung erforderlich und nach § 683 Satz 1, § 677, § 670 BGB als ersatzfähig angesehen. Daran hält er jedoch nicht fest.

32

aa) Es entspricht nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen eines Halters, als Adressat einer Unterlassungsaufforderung ermittelt zu werden. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von den Fällen der wettbewerblichen Abmahnung (BGH, Urteil vom 22. Januar 2009 - I ZR 139/07, GRUR 2009, 502 Rn. 11; Urteil vom 21. Januar 2010 - I ZR 47/09, GRUR 2010, 354 Rn. 8; Urteil vom 18. November 2010 - I ZR 155/09, GRUR 2011, 617 Rn. 16; Urteil vom 9. November 2011 - I ZR 150/09, GRUR 2012, 304 Rn. 21). Diese liegt im Interesse des dem Abmahnenden bekannten potentiellen Rechtsverletzers, weil er dadurch Gelegenheit erhält, einen kostspieligen Rechtsstreit zu vermeiden. Demgegenüber ist den Fällen des unberechtigten Parkens die Person des Halters nicht bekannt. Es kann nicht angenommen werden, dass er ein Interesse daran hat, aus der Anonymität herauszutreten, um auf Unterlassung in Anspruch genommen zu werden. Anders kann es liegen, wenn sein unbefugt abgestelltes Fahrzeug abgeschleppt wird (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 30/11, NJW 2012, 528 Rn. 11).

33

bb) Der entgegenstehende Wille des Beklagten ist auch nicht unbeachtlich, § 679 BGB. Das Erfüllen der Unterlassungspflicht liegt nicht im öffentlichen, sondern im alleinigen Interesse des Parkplatzbetreibers, wenn sich der Parkverstoß auf einem privaten Parkplatz ereignet, selbst wenn dieser für die Allgemeinheit eröffnet ist.

34

b) Der Ersatzanspruch kann nicht auf § 677, § 684 Satz 1, § 818 Abs. 1, Abs. 2 BGB gestützt werden. Der Beklagte hat durch die Halteranfrage nichts erlangt, was sein Vermögen vermehrt hätte.

35

c) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 858 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Zwar ist § 858 Abs. 1 BGB ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (Senat, Urteil vom 5. Juni 2009 - V ZR 144/08, BGHZ 181, 233 Rn. 15; BGH, Urteil vom 7. Mai 1991 - VI ZR 259/90, BGHZ 114, 305, 313; Urteil vom 21. Januar 1981 - VIII ZR 41/80, NJW 1981, 865, 866; Senat, Urteil vom 7. März 1956 - V ZR 106/54, BGHZ 20, 169, 171). Der Schadensersatzanspruch setzt aber ein Verschulden voraus, an dem es hier fehlt. Es ist nicht festgestellt oder aus den Umständen ersichtlich, dass es der Beklagte war, der das Fahrzeug verbotswidrig abgestellt hat, oder dass die verbotene Eigenmacht durch den Fahrzeugführer für ihn konkret vorhersehbar war.

36

d) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten aus dem Gesichtspunkt des Verzugs scheidet aus (§ 280 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 286 BGB). Der Beklagte befindet sich nicht in Verzug. Es fehlt an einer verzugsbegründenden Mahnung (§ 286 Abs. 1 BGB). Diese war auch nicht nach § 286 Abs. 2 Nr. 4 ZPO entbehrlich (zum Schuldnerverzug des Kunden beim Tanken an einer Selbstbedienungstankstelle vgl. BGH, Urteil vom 4. Mai 2011 - VIII ZR 171/10, NJW 2011, 2871 Rn. 12 u. 18 ff.). Die Klägerin macht lediglich einen Anspruch auf Unterlassung einer künftigen Störung geltend. Es ist weder festgestellt, dass der Beklagte das Fahrzeug unberechtigt abgestellt hat, noch dient die Halterabfrage der Beseitigung der Störung.

III.

37

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Stresemann     

RinBGH Prof. Dr. Schmidt-Räntsch
und RiBGH Dr. Göbel sind infolge
Urlaubs an der Unterschrift gehindert.
Karlsruhe, den 16. Dezember 2015

        

Brückner

        

Die Vorsitzende
Stresemann


     Haberkamp     

        

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.