Landgericht München I Urteil, 20. Aug. 2015 - 22 O 17570/14

bei uns veröffentlicht am20.08.2015
nachgehend
Oberlandesgericht München, 32 U 3524/15, 13.11.2015

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Das Versäumnisurteil vom 02.03.2015 wird aufrechterhalten, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin ... € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.07.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil vom 02.03.2015 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 02.03.2015 durch die Klägerin darf nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden.

Das Urteil ist für die Beklagte vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von Mietzins.

Die Klägerin vermiete an die ... mit Mietvertrag vom 13.09.2013 (Anlage K 1) Gewerberäume in der ... in ... Als monatlichen Mietzins inkl. Vorauszahlung auf die Betriebs- und Nebenkosten vereinbarten die Parteien einen Betrag in Höhe von € ... Gemäß § 4 des Mietvertrages ist der Mietzins monatlich im Voraus, jeweils bis zum 3. Werktag eines Monats, zu entrichten. Weiter beginnt nach § 4 des Mietvertrages die Verpflichtung zur Mietzahlung

„ab dem Ersten des Monats, der auf die Fertigstellungsmeldung und Übergabe der Mietfläche im Erdgeschoss sowie der sonstigen in diesem Vertrag geregelten Vermieterleistungen, folgt.

Die Fertigstellung ist der Mieterin von der Vermieterin schriftlich anzuzeigen.“

Die Vermietung erfolgte zum Zweck des Betriebs einer Textilreinigung bzw. Wäscherei. Die Parteien vereinbarten unter § 10 des Mietvertrages die Erbringung von diversen baulichen Veränderungen durch die Klägerin, welche zum Betrieb der Reinigung erforderlich waren.

In der Folge firmierte die ... die Beklagte um.

Am 14.02.2014 fand eine Begehung der Mietfläche durch den Geschäftsführer der Komplementärin der Beklagten, ... und den Architekten der Klägerin, ... statt. Hierbei wurden in einem Protokoll 34 Beanstandungen der Beklagten erfasst (Anlage K 4). Mit E-Mail vom 20.06.2014, 9.44 Uhr (Anlage K 8 unten) fragte die Beklagte nach der vereinbarten schriftlichen „Fertigmeldung“. Die Beklagte erhielt eine schriftliche Fertigstellungsmeldung der Klägerin vom 10.07.2014 (Anlage B 1).

Für die Monate April, Mai, Juni und Juli 2014 zahlte die Beklagte keinen Mietzins an die Klägerin.

Die Klägerin behauptet, sie habe - vertreten durch ihren Architekten ... - die Mietsache am 14.02.2014 in vertragsgemäßen Zustand an die Beklagte übergeben und dieser mündlich mitgeteilt, dass das Objekt die mietvertragliche Beschaffenheit aufweise und insoweit „fertig gestellt“ sei. Die Beanstandungen der Beklagten gemäß Anlage K 4 hätten keine Mängel dargestellt, seien jedoch freiwillig und aus Kulanz allesamt bis Mitte März 2014 beseitigt worden. Nach Abschluss der Arbeiten habe die Klägerin mehrfach versucht, die Fertigstellungsmeldung an die Beklagte zuzustellen. Diese habe jedoch seit Beginn des Mietverhältnisses die sichere Zustellung von Schriftstücken verhindert und die Übernahme eines Briefkastenschlüssels verweigert. Bereits im Februar 2014 habe die Klägerin die Fertigstellungsmitteilung an die Beklagte versandt, welche diese jedoch aufgrund einer fehlenden Empfangsvorrichtung nicht erreicht habe. Mit Schreiben vom 20.03.2014 (Anlage K 5) habe die Klägerin nochmals der Beklagten schriftlich mitgeteilt, dass das Objekt die vertragsgegenständliche Beschaffenheit aufweise. Am 20.06.2014 um 10.49 Uhr habe die Klägerin an die Beklagte eine E-Mail (Anlage K 8 oben) versandt, mit welcher sie an die Fertigstellungsmeldung vom 20.03.2014 erinnert habe.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Fertigstellungsmitteilung sei nur deklaratorisch und die Beklagte habe durch Unterzeichnung des Übergabeprotokolls das Mietobjekt als vertragsgemäß anerkannt. Die Beklagte habe den Zugang der Fertigstellungsmitteilung wissentlich vereitelt und müsse daher die durch die Klägerin versandten Fertigstellungsmeldungen gegen sich gelten lassen. Darüber hinaus handele es sich bei der Regelung zur Fertigstellungsmeldung in § 4 des Mietvertrages um eine von der Beklagten gestellte allgemeine Geschäftsbedingung, welche eine überraschende Klausel darstelle und daher nach § 305 c Abs. 1 BGB unwirksam sei. Zudem benachteilige die Klausel die Klägerin unangemessen.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte ein gerichtliches Mahnverfahren eingeleitet, ein Mahnbescheid ist der Beklagten am 10.07.2014 zugestellt worden. Die Beklagte hat gegen den Mahnbescheid am 15.07.2015 Widerspruch eingelegt, woraufhin die Streitsache am 03.09.2014 an das Landgericht München I abgegeben wurde. Mit der am 22.10.2014 erhobenen Klage hat die Klägerin die Beklagte zunächst im Urkundenprozess auf Zahlung von € ... nebst Zinsen in Anspruch genommen und ein diesem Begehren entsprechendes, am 02.03.2015 im schriftlichen Verfahren erlassenes, Versäumnisurteil erwirkt. Gegen das Versäumnisurteil hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 18.03.2015, bei Gericht eingegangen am selben Tag, Einspruch eingelegt. Mit Schriftsatz vom 13.05.2015 hat die Klägerin vom Urkundenprozess Abstand genommen.

Die Klägerin beantragte in der mündlichen Verhandlung am 02.07.2015:

Das Versäumnisurteil vom 02.03.2015 wird aufrechterhalten.

Die Beklagte beantragte:

Aufhebung des Versäumnisurteils und Klageabweisung.

Die Beklagte behauptet, es sei keine schriftliche Fertigstellungsmeldung vor dem 10.07.2014 bei ihr eingegangen. Sie sei stets unter der Adresse ... erreichbar gewesen. Das Schreiben vom 20.03.2014 könne noch gar nicht an die neue Firmierung der Beklagten gerichtet gewesen sein, da diese erst mit Schreiben vom 03.06.2014 von der Beklagten an die Klägerin mitgeteilt worden sei. Am 14.02.2014 habe keine Übergabe der Mietsache stattgefunden. Aus dem Protokoll vom 14.02.2014 sei ersichtlich, dass zu diesem Zeitpunkt eine Fertigstellung der Mietfläche noch nicht erfolgt gewesen sei. Sie behauptet weiter, dass die Klägerin keine Verbraucherin sei, da diese mindestens ein weiteres Geschäfts- und Miethaus habe und daher nachhaltig die Vermietung und Verpachtung betreibe. Darüber hinaus lägen schon gar keine AGB vor, da es sich um einen zwischen den Parteien ausgehandelten Mietvertrag handele, welcher in verschieden Punkten abgeändert worden sei.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Fälligkeitsvoraussetzungen für die Verpflichtung zur Mietzinszahlung seien vor August 2014 nicht eingetreten, da die Klägerin der Beklagten erst im Juli 2014 die Fertigstellung schriftlich mitgeteilt habe. Die mündliche Aussage eines Architekten sei nicht dafür geeignet, die schriftliche Fertigstellungsmitteilung zu ersetzen.

Mit Schriftsatz vom 06.08.2015 hat die Klägerin ihre Klage erweitert.

Auf das Sitzungsprotokoll vom 02.07.2015 sowie auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.

Gründe

A.

Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.

I.

Die Beklagte hat gegen das Versäumnisurteil vom 02.03.2015 Einspruch eingelegt. Der Einspruch ist wirksam, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 339, 340 ZPO). Durch ihn ist daher der Rechtsstreit in die Lage zurückversetzt worden, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befunden hat (§ 342 ZPO).

II.

Die Klage ist jedoch nur zum Teil begründet.

Es besteht ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von Mietzins für den Monat Juli 2014 in Höhe von ... € gemäß § 535 Abs. 2 BGB. Für die Monate April bis Juni 2015 besteht dagegen kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Mietzinszahlung, da gemäß § 4 des Mietvertrages die Verpflichtung zur Mietzinszahlung erst ab dem Ersten des Monats begann, der auf die schriftliche Fertigstellungsmeldung folgte, hier ab dem 01.07.2014.

1. Hierbei kann offen gelassen werden, ob es sich bei der Regelung in § 4 des Mietvertrages zur schriftlichen Fertigstellungsmeldung um eine von der Beklagten gestellte allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt, oder die Klausel zwischen den Parteien ausverhandelt wurde. So stellt die Regelung in § 4 des Mietvertrages, wonach die Verpflichtung zur Mietzinszahlung erst nach der schriftlichen Fertigstellungsmeldung durch die Vermieterin gegenüber der Mieterin eintritt, jedenfalls keine überraschende Klausel gem. § 305 c BGB da und benachteiligt die Klägerin auch nicht unangemessen im Sinne von § 307 BGB.

a) Nach § 305 c Abs. 1 BGB werden AGB-Klauseln nicht Vertragsbestandteil, wenn sie „so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht“. § 305 c Abs. 1 BGB beruht auf der Überlegung, dass der Kunde die Möglichkeit zur Kenntnisnahme der AGB, die ihm gemäß § 305 Abs. 2 BGB verschafft werden muss, oft nicht ausnutzt oder nicht ausnutzen kann, sei es, weil er das Klauselwerk als Ganzes ungelesen akzeptiert, sei es auch, weil er es zwar liest, aber nicht über die Rechts- und Geschäftskunde verfügt, derer er bedarf, um „überraschende Klauseln“ zu erkennen und sich gegen sie zur Wehr zu setzen. § 305 c Abs. 1 BGB zielt daher auf Vertrauensschutz ab: Der Kunde soll in jedem Falle, er mag die AGB gelesen haben oder nicht, darauf vertrauen dürfen, „dass sich die einzelnen Regelungen im Großen und Ganzen im Rahmen dessen halten, was nach den Umständen bei Abschluss des Vertrages erwartet werden kann“. Der Anwendungsbereich von § 305 c Abs. 1 BGB ist umfassend (MüKo-Basedow, 6. Auflage 2012, § 305 c, Rn. 1).

„Überraschend“ ist die AGB-Klausel nur dann, wenn zwischen ihrem Inhalt und den Erwartungen des Kunden eine deutliche Diskrepanz besteht. Dass die Klausel unüblich ist, reicht nicht aus, ebenso wenig genügt es, wenn sie für den Kunden unerwartet kommt. Vielmehr muss der Klausel ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnen; sie muss eine Regelung enthalten, auf die der Kunde nach Lage der Umstände vernünftigerweise nicht gefasst zu sein brauchte. Eine generell nicht überraschende Klausel kann zu einer solchen werden, wenn sie im Vertragstext falsch eingeordnet und dadurch geradezu „versteckt“ wird (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Auflage 2015, § 305 c Rn. 4).

All dies ist vorliegend nicht der Fall. So war das. Mietobjekt unstreitig zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht fertig gestellt und die Parteien vereinbarten auch in § 10 des Mietvertrages die Durchführung von diversen baulichen Veränderungen durch die Klägerin. Insoweit war eine vertragliche Regelung zu einer Fertigstellungsmeldung weder überraschend, noch ungewöhnlich. Gleiches gilt für das vereinbarte Schriftformerfordernis, welches im Hinblick auf das Ziel einer klare Dokumentation keine unübliche Regelung darstellt. Auch ist die Regelung nicht an einer ungewöhnlichen Stelle im Vertragstext angebracht. Vielmehr finden sich unter § 4 unter der Überschrift „Miete“ sämtliche Regelungen, welche sich auf die Voraussetzungen für die Mietzinszahlung beziehen.

b) Nach § 307 unangemessen ist eine Benachteiligung, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Dabei muss die Abweichung vom dispositiven Recht Nachteile von einigem Gewicht begründen (Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Auflage 2015, § 307 Rn. 12).

Vorliegend begründet bereits die Forderung einer schriftlichen Fertigstellungsmeldung durch die Klägerin für diese keine Nachteile von einigem Gewicht. So ist der Inhalt einer solchen Fertigstellungsmeldung leicht zu formulieren und auch das Erfordernis der schriftlichen Mitteilung ist leicht zu erfüllen, zumal hierfür auch die Übersendung per E-Mail ausreichend ist (siehe hierzu unten, A) II. 2. C)). Zudem war die Forderung einer schriftlichen Fertigstellungsmeldung keinesfalls missbräuchlich. Vielmehr entsprach es dem nachvollziehbaren Interesse der Beklagten, Klarheit über die tatsächliche Fertigstellung des zum Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages noch nicht fertig gestellten Mietobjektes und die damit verknüpfte Verpflichtung zur Mietzinszahlung durch Erhalt einer schriftlichen Fertigstellungsmeldung zu erhalten.

2. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin konnte nicht nachweisen, dass die in § 4 des Mietvertrages geforderte schriftliche Fertigstellungsmeldung der Beklagten vor Juni 2014 zuging.

a) In dem Begehungsprotokoll gemäß Anlage K 4 ist entgegen der Ansicht der Klägerin keine Fertigstellungsmeldung enthalten. Die Anlage enthält ihrem Wortlaut nach an keiner Stelle eine Fertigstellungsmeldung. Ihrem Sinn und Zweck nach soll eine Fertigstellungsmeldung gerade die Fertigstellung der Mietsache für den Betriebszweck an die Mieterin signalisieren. Dies wird aus dem Protokoll vom 14.02.2014 gerade nicht ersichtlich. In diesem werden insgesamt 34 Beanstandungen aufgelistet, von denen manche (z. B. WC-Türe fehlt, Wasserzähler fehlt, Eckfenster Scheibe fehlt) die Benutzung als Reinigung erheblich beeinträchtigen würden. Da die Anlage nach ihrem Wortlaut und Zweck somit einen eindeutigen Inhalt hat, ist für eine Auslegung gem. §§ 133 BGB kein Raum (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Auflage 2015, § 133 Rn. 6).

b) Die Beklagte hat den Erhalt des Schreibens vom 20.03.2014 (Anlage K 5) substantiiert bestritten und die Klägerin ist den ihr obliegenden Beweis, dass die Beklagte dieses Schreiben erhalten hat, nicht angetreten.

Zudem ist dem Schreiben eine Fertigstellungsmeldung nicht zu entnehmen. Zwar ist der Inhalt des Schreibens nicht eindeutig. Eine Auslegung gem. § 133 BGB ergibt jedoch, dass es keine Fertigstellungsmeldung enthält. Grundsätzlich ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Auflage 2015, § 133 Rn. 9). Das Schreiben beschränkt sich seinem Wortlaut nach darauf, erneut auf das „Übergabeprotokoll vom 14.02.2014“.(Anlage K 4) zu verweisen, welches gerade keine Fertigstellungsmeldung darstellt (s. o.). Ein eigener zusätzlicher Erklärungsgehalt in der Art und Weise, dass durch das Schreiben nunmehr eine von der Anlage K 4 losgelöste Fertigstellungsmeldung erfolgen soll, lässt sich ihm nicht entnehmen. Vielmehr wird sowohl auf das Datum der Anlage K 4 (14.02.2014) Bezug genommen, als auch auf die Vertretung durch ... welcher die der Anlage K 4 zugrunde liegende Begehung durchführte. Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht aus den Begleitumständen und der Interessenlage beider Parteien. Insbesondere ist es im nachvollziehbaren Interesse der Beklagten, Klarheit über die tatsächliche Fertigstellung und die damit verknüpfte Verpflichtung zur Mietzinszahlung durch Erhalt einer eindeutig formulierten Fertigstellungsmeldung zu erhalten.

c) Auch der Zugang der E-Mail in Anlage K 8 wurde von der Beklagten bestritten. Angesichts der Tatsache, dass sich aus dem Kopf der Anlage K 8 jedoch ergibt, dass die E-Mail am 20.06.2014 um 10.59 Uhr von der Klägerin an die Adresse „...de“ versandt wurde, von welcher gemäß dem unteren Teil der Anlage K 8 am 20.06.2014 um 9.44 Uhr, mithin kurz zuvor, eine E-Mail an ... und die Klägerin versandt wurde, war das bloße Bestreiten des Erhalts der E-Mail durch die Beklagte nicht ausreichend. Aus der Anlage K 6 ergibt sich zudem, dass die Beklagte die o. g. E-Mail-Adresse selbst auf geschäftlichen Schreiben angab. Umstände, die dazu führen hätten können, dass die Beklagte die richtig adressierte E-Mail nicht erhielt, trägt die Beklagte nicht vor. Das Gericht ist nach freier Würdigung der Anlage K 8 davon überzeugt, dass diese der Beklagten tatsächlich am 20.06.2014 zuging.

Zwar ist der Inhalt der E-Mail wiederum nicht eindeutig. Eine Auslegung gem. § 133 BGB ergibt jedoch, dass darin eine Fertigstellungsmeldung enthalten ist. Zwar wird wiederum in der E-Mail auf die Fertigstellungsmeldung zum 20.03.2014 und das Protokoll und damit die Anlagen K 4 und K 5 Bezug genommen. Darüber hinaus enthält die E-Mail jedoch auch die Erklärung, dass „dies zugleich die Fertigstellungsmeldung ist“ und dass der Mietzins „daher ab sofort fällig“ sei. Insoweit ist zwar der Wortlaut der E-Mail nicht eindeutig. Da jedoch die Klägerin ausdrücklich zum Ausdruck bringt, dass die Miete ab sofort fällig sei, ist die Erklärung, dass „dies zugleich die Fertigstellungsmeldung ist“ im Gesamtzusammenhang des Textes als eigenständige Fertigstellungsmeldung auszulegen. Hierfür spricht auch die Berücksichtigung der vorangegangenen E-Mail der Beklagten vom 20.06.2014, 9.44 Uhr (Anlage K 8 unten) als Begleitumstand. Darin fragt die Beklagte nach der schriftlichen Fertigstellungsmeldung. In Beantwortung der Anfrage macht die Klägerin sodann o. g. Ausführungen. Das von der Beklagten zum Ausdruck gebrachte Interesse, Klarheit über die tatsächliche Fertigstellung und die damit verknüpfte Verpflichtung zur Mietzinszahlung durch Erhalt eines eindeutig formulierten Fertigstellungsmeldung zu erhalten, wird durch den Inhalt der E-Mail hinreichend gewahrt. Insbesondere bringt die Klägerin eindeutig zum Ausdruck, dass der Mietzins ab sofort fällig sei.

Durch die E-Mail wurde auch das vereinbarte Schriftformerfordernis eingehalten. So genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form gemäß § 127 Abs. 2 BGB grundsätzlich auch die telekommunikative Übermittlung und damit auch die Übermittlung per E-Mail (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Auflage 2015, § 127 Rn. 2).

Damit waren gemäß § 4 des Mietvertrages ab dem 01.07.2014 die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Mietzinszahlung erfüllt.

d) Ob auch mit den Anlagen K 7 und K 9 wirksame Fertigstellungsmeldungen erfolgten, kann offen gelassen werden, da diese der Beklagten jedenfalls nicht vor Juni 2014 zugingen und daher nicht dazu führen konnten, dass die Voraussetzungen für die Mietzinszahlungen vor dem 01.07.2014 eingetreten sind.

e) Die von der Klägerin nach ihrem Sachvortrag bereits „im Februar 2014“ an die Beklagte versandte Fertigstellungsmeldung wurde dem Gericht nicht vorgelegt und kann daher auch inhaltlich nicht überprüft werden.

Auch ist die Klägerin den ihr obliegenden Beweis, dass die Beklagte dieses Schreiben erhalten hat, nicht angetreten. Vielmehr trägt sie selbst vor, dieses Schreiben habe die Beklagte aufgrund einer fehlenden Empfangsvorrichtung nicht erreicht.

Auch müsste sich die Beklagte - unabhängig von dem Inhalt des Schreibens - auch nicht nach § 242 BGB wegen einer Zugangsvereitelung so behandeln lassen, wie wenn sie das Schreiben erreicht hätte.

So kann nur dann von einer Zugangsvereitelung ausgegangen werden, wenn der Absender seinerseits alles Erforderliche und ihm Zumutbare getan hat, damit seine Erklärung den Adressaten erreichen konnte. Dazu gehört auch, dass er nach Kenntniserlangung von dem gescheiterten Zugang unverzüglich einen nach den konkreten Umständen geeigneten erneuten Versuch unternimmt, seine Erklärung derart in den Machtbereich des Empfängers zu bringen, dass diesem ohne weiteres eine Kenntnisnahme ihres Inhalts möglich ist (BGH NJW 1998, 976, 977; Palandt-Ellenberger, BGB, 74. Auflage 2015, § 130 Rn. 18).

Dass die Klägerin nach dem erfolglosen Zustellversuch im Februar 2014 unverzüglich alles Erforderliche und ihr Zumutbare getan hätte, damit die Fertigstellungsmeldung die Beklagte erreicht, ist nicht ersichtlich. So hat sie es etwa unterlassen, die Fertigstellungsmeldung an die Beklagte unter deren Anschrift ... zu senden, obwohl diese Anschrift seitens der Beklagten im Mietvertrag angegeben wurde und die Klägerin hat ebenfalls nicht versucht, die Fertigstellungsmeldung per Boten im Geschäft der Beklagten abzugeben, oder sie per E-Mail zu senden. Der letztgenannte Weg war erst am 20.06.2014 erfolgreich.

3. Die von der Klägerin behauptete mündliche Fertigstellungsmitteilung des Architekten der Klägerin am 14.02.2014 erfüllt jedenfalls das wirksame Schriftformerfordernis nach § 4 des Mietvertrages nicht. Für eine stillschweigende Aufhebung der Schriftformklausel durch die Parteien bestehen keine Anhaltspunkte.

4. Ob am 14.02.2014 tatsächlich die Übergabe der Mietfläche stattfand, kann offen gelassen werden, da gemäß § 4 des Mietvertrages die schriftliche Fertigstellungsmeldung eine zusätzliche Voraussetzung für die Verpflichtung zur Mietzinszahlung darstellte. Dem Vortrag der Klägerin, dass durch die behauptete Unterzeichnung des Protokolls vom 14.02.2014 durch die Beklagte diese anerkannte, dass die vereinbarten Leistungen durch die Klägerin erbracht wurden, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr ergibt sich gerade aus dem Inhalt des Protokolls, dass die Beklagte zahlreiche Beanstandungen erhob.

III.

Der Zinsanspruch ab dem 04.07.2014 ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

B.

Die Klageerweiterung aus dem Schriftsatz der Klägerin vom 06.08.2015 war unbeachtlich. Wie sich aus §§ 261 Abs. 2, 297 ZPO ergibt, ist eine Klageerweiterung durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz unzulässig, weil Sachanträge spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen (vgl. BGH, Beschluss vom 19.03.2009, IX ZB 152/08, NJW-RR 2009, 853; Beschluss vom 09.07.1997 - IV ZB 11/97 - NJW-RR 1997, 1486; Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage, § 296 a Rn. 2 a). Auch die Zustellung der Klageerweiterung an die Beklagte ohne Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO begründete keine Rechtshängigkeit der Klageerweiterung (Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage, § 296 a Rn. 2 a). Die Klageerweiterung war auch nicht deshalb zu berücksichtigen, weil der Klägerin bis zum 06.08.2015 eine Schriftsatzfrist auf neues tatsächliches Vorbringen der Beklagten gemäß Schriftsatz vom 17.06.2015 gewährt wurde, § 283 ZPO. So sind nachgeschobene Anträge von einer solchen Schriftsatzfrist nicht erfasst (Zöller-Greger, ZPO, 30. Auflage, § 283 Rn. 5).

Soweit der Schriftsatz der Klägerin vom 06.08.2015 neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel und nicht nur eine Erwiderung auf neues tatsächliches Vorbringen der Beklagten gemäß Schriftsatz vom 17.06.2015 enthält, waren diese gemäß § 296 a ZPO präkludiert.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. § 344 ZPO war nicht anzuwenden, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Versäumnisurteil vom 02.03.2015 nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist (vgl. Bl. 54/55 d. A.).

D.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt bezüglich der Klägerin aus § 709 Satz 1, 2, 3 ZPO, bezüglich der Beklagten aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

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(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

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(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. (2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn 1. das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295),

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(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und s

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Ist das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen, so sind die durch die Versäumnis veranlassten Kosten, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, wenn infolg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 340 Einspruchsschrift


(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt. (2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urt

Zivilprozessordnung - ZPO | § 342 Wirkung des zulässigen Einspruchs


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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 127 Vereinbarte Form


(1) Die Vorschriften des § 126, des § 126a oder des § 126b gelten im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft bestimmte Form. (2) Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehme

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Bundesgerichtshof Beschluss, 19. März 2009 - IX ZB 152/08

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(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.

(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.

Ist der Einspruch zulässig, so wird der Prozess, soweit der Einspruch reicht, in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Versäumnis befand.

(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen.

(2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Die Vorschriften des § 126, des § 126a oder des § 126b gelten im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft bestimmte Form.

(2) Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung und bei einem Vertrag der Briefwechsel. Wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem § 126 entsprechende Beurkundung verlangt werden.

(3) Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten elektronischen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, auch eine andere als die in § 126a bestimmte elektronische Signatur und bei einem Vertrag der Austausch von Angebots- und Annahmeerklärung, die jeweils mit einer elektronischen Signatur versehen sind. Wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem § 126a entsprechende elektronische Signierung oder, wenn diese einer der Parteien nicht möglich ist, eine dem § 126 entsprechende Beurkundung verlangt werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 152/08
vom
19. März 2009
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei der Bestimmung des Beschwerdegegenstands bleibt eine nach Schluss der
mündlichen Verhandlung geltend gemachte Klageerweiterung grundsätzlich außer
Ansatz.
BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08 - LG Bonn
AGSiegburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und
Grupp
am 19. März 2009

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 13. Juni 2008 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 655,35 € (569,63 € + 85,72 €) festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung von Rechtsanwaltshonorar in Anspruch. Sie haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht nach teilweiser Klagerücknahme beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 414,59 € nebst Zinsen sowie weiterer 18,76 € zu verurteilen, und im Übrigen den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Die Erledigungserklärung ist einseitig geblieben. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung haben die Kläger einen Schriftsatz eingereicht, durch den sie im Wege der Klageerhöhung eine Verurteilung der Beklagten auf Zahlung von weiteren 85,72 € beantragt haben. Die- sen Schriftsatz hat das Amtsgericht der Beklagten formlos mit dem Hinweis übermittelt , dass ein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nicht gegeben sei.
2
Das Amtsgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Kläger 321,29 € nebst Zinsen zu zahlen. Die dagegen eingelegte Berufung hat das Landgericht als unzulässig verworfen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

II.


3
Das Landgericht hat ausgeführt, die Berufungssumme des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sei nicht erreicht. Die Beschwer der Kläger belaufe sich bei günstigster Berechnung unter Einbeziehung der Kosten für den erledigten Teil auf höchstens 569,63 €. Bei der Bemessung der Beschwer bleibe die nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgenommene Klageerhöhung um 85,72 € außer Betracht, weil sie in dem angefochtenen Urteil nicht berücksichtigt worden sei und daher keine Beschwer zu Lasten der Kläger begründe.

III.


4
Die statthafte (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO) und auch im Übrigen zulässige (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) Rechtsbeschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass der Beschwerdegegenstand von über 600 € (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht erreicht ist.

5
1. Fehlt es - wie im Streitfall - an einer Zulassung durch das Erstgericht (§ 511 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), ist eine Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € übersteigt. Der Wert des Beschwerdegegenstandes unterscheidet sich begrifflich sowohl von dem erstinstanzlichen Streitwert als auch der Beschwer: Der Streitwert bestimmt die Grenzen der Beschwer, die im Falle einer Teilstattgabe den Streitwert unterschreiten, ihn aber selbst bei einer uneingeschränkten Verurteilung oder Klageabweisung nicht überschreiten kann. In Übereinstimmung mit dem Verhältnis von Streitwert zu Beschwer begrenzt der Wert der Beschwer seinerseits den Wert des mit einem Rechtsmittel zu verfolgenden Beschwerdegegenstandes , der - wenn der Rechtsmittelführer die ihm nachteilige Entscheidung teils hinnimmt - geringer, aber selbst bei einem unbeschränkten Rechtsmittel keinesfalls höher als die Beschwer sein kann (Jauernig NJW 2001, 3027 f). Mit dem Wert des Beschwerdegegenstandes (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) ist darum der Wert der Beschwer gemeint, den der Rechtsmittelführer mit dem Ziel ihrer Beseitigung zur Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht stellt (RGZ 160, 204, 213; MünchKomm-ZPO/Rimmelspacher, 3. Aufl. § 511 Rn. 46; Musielak/Ball, ZPO 6. Aufl. § 511 Rn. 18). Aus diesen Erwägungen muss der Rechtsmittelführer mit der Berufung die Beseitigung einer Beschwer von mehr als 600 € verfolgen.
6
2. Für die Beurteilung der Zulässigkeit des Rechtsmittels eines Klägers ist grundsätzlich von der "formellen Beschwer" auszugehen. Danach ist der Kläger insoweit beschwert, als das angefochtene Urteil von seinen Anträgen abweicht (BGHZ 50, 261, 263; BGH, Urt. v. 9. Oktober 1990 - VI ZR 89/90, NJW 1991, 703, 704). Im Blick auf den Teilerfolg der Klage beträgt die Beschwer der Kläger bezogen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhand- lung nach den rechtlich zutreffenden und von den Klägern unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts höchstens 569,63 €. Angesichts dieser Beschwer kann der Beschwerdegegenstand von 600 € nicht erreicht sein.
7
3. Die Rechtsbeschwerde meint, wegen der uneingeschränkten Weiterverfolgung des erstinstanzlich abgewiesenen Klagebegehrens erhöhe sich die Beschwer der Kläger um den nach Schluss der mündlichen Verhandlung geltend gemachten weiteren Zahlungsanspruch über 85,72 € auf 655,35 €. Dem kann nicht beigetreten werden.
8
a) Gemäß § 296a ZPO können nach Schluss der mündlichen Verhandlung neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. Da die Vorschrift lediglich Angriffsmittel, aber nicht den Angriff und damit die Klage selbst betrifft, werden zwar neue Sachanträge von ihrem Regelungsbereich nicht erfasst (vgl. nur Musielak/Huber aaO § 296a Rn. 3). Wie sich jedoch aus § 256 Abs. 2, § 261 Abs. 2, § 297 ZPO ergibt, ist die Erhebung einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz unzulässig, weil Sachanträge spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen (BGH, Urt. v. 2. Juni 1966 - VII ZR 41/64, WM 1966, 863, 864; Beschl. v. 9. Juli 1997 - IV ZB 11/97, NJW-RR 1997, 1486; Musielak/Huber, aaO; Stein/Jonas/Leipold, ZPO 22. Aufl. § 296a Rn. 26; Zöller/Greger, ZPO 27. Aufl. § 296a Rn. 2a; HK-ZPO/Saenger, 2. Aufl. § 296a Rn. 3; Frank O. Fischer NJW 1994, 1315, 1316; vgl. zur Unzulässigkeit einer nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Widerklage: BGH, Beschl. v. 12. Mai 1992 – XI ZR 251/91, NJW-RR 1992, 1085; Urt. v. 19. April 2000 - XII ZR 334/97, NJW 2000, 2512, 2513).
9
b) Mangels einer Antragstellung in mündlicher Verhandlung darf über eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Klageerweiterung nicht entschieden werden (BGH, Beschl. v. 9. Juli 1997, aaO; OLG München ZIP 1981, 321, 322; Stein/Jonas/Leipold, aaO). In Einklang damit hat das Amtsgericht von einer Entscheidung über die Klageerweiterung abgesehen. Da die Klageerweiterung mithin nicht Gegenstand der Ausgangsentscheidung wurde, ist ihr Wert bei der Bestimmung des Beschwerdegegenstandes außer Betracht zu lassen (BGH, Beschl. v. 9. Juli 1997, aaO).
Ganter Raebel Kayser
Gehrlein Grupp

Vorinstanzen:
AG Siegburg, Entscheidung vom 21.11.2007 - 118 C 474/06 -
LG Bonn, Entscheidung vom 13.06.2008 - 8 S 247/07 -

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

Kann sich eine Partei in der mündlichen Verhandlung auf ein Vorbringen des Gegners nicht erklären, weil es ihr nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden ist, so kann auf ihren Antrag das Gericht eine Frist bestimmen, in der sie die Erklärung in einem Schriftsatz nachbringen kann; gleichzeitig wird ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung anberaumt. Eine fristgemäß eingereichte Erklärung muss, eine verspätet eingereichte Erklärung kann das Gericht bei der Entscheidung berücksichtigen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Ist das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen, so sind die durch die Versäumnis veranlassten Kosten, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, wenn infolge des Einspruchs eine abändernde Entscheidung erlassen wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.