Landgericht Magdeburg Urteil, 05. Okt. 2017 - 10 O 1937/15, 10 O 1937/15 (479)

ECLI:ECLI:DE:LGMAGDE:2017:1005.10O1937.15.00
bei uns veröffentlicht am05.10.2017

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Und beschlossen:

Der Gegenstandswert wird auf die Stufe bis 8.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien sind Nachbarn und streiten um die von einem Edelstahlschornstein der Beklagten ausgehenden Blendwirkung auf das Grundstück der Klägerin.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Im ... 13 in W, Ortsteils B. Die Beklagte ist Eigentümerin des Nachbargrundstückes im ... 11.

3

Im Herbst 2012 ließ die Beklagte an ihrem Haus auf dem Grundstück der Klägerin zugewandten Seite eine Edelstahlschornsteinanlage installieren. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Fotos K 1 der Akte Bezug genommen.

4

In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten hinsichtlich einer vom Edelstahlschornstein ausgehende Blendwirkung.

5

Die Klägerin behauptet, dass an sonnigen Tagen, insbesondere vom oberen Teil der Schornsteinanlage, die durch die Dachhaut nach oben austritt, starke Blendwirkungen ausgehen. Betroffen seien hiervon die Wohnräume, die Küche, das Schlafzimmer, die Loggia sowie die Außenterrasse und der Gartenbereich hinter der Außenterrasse. Die Blendwirkung beginne im Frühsommer etwa Ende April und Ende Mitte September. Von der Tageszeit her beginne die Blendung am Vormittag in der Frühe und sei bei wechselndem Sonnenstand bis in die Abendstunden hinein vorhanden. Das grelle, reflektierende Licht sei so stark, dass man mit dem Blick nicht ausweichen könne.

6

Die Klägerin beantragt,

7

1. die Beklagte zu verurteilen, die Edelstahlschornsteinanlage auf dem Dach des Hauses Im ... 11 in ... W/Ortsteil B, soweit diese zum Grundstück Im ... 13 in ... W/Ortsteil B hin ausgerichtet ist, durch geeignete Maßnahmen in einen Zustand zu versetzen, welcher ausschließt, dass von der Edelstahlschornsteinanlage auf dem Haus Im ... 11 zu dem Grundstück Im ... 13 hin an sonnigen Tagen, insbesondere im Früh- und Hochsommer von Ende April bis Mitte September des Jahres, unzumutbare Reflexblendungen ausgehen,

8

2. die Beklagten zu verurteilen, als Nebenforderung außergerichtliche Kosten i. H. v. 729,23 € incl. 10 % Umsatzsteuer nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB ab Rechtshängigkeit an sie zu zahlen,

9

3. die Beklagte zu verurteilen, als Nebenforderung außergerichtliche Kosten i. H. v. 593,57 € incl. 19 % Umsatzsteuer nebst Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB ab Rechtshängigkeit an sie zu zahlen.

10

Die Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Das Gericht hat mit Beweisbeschluss vom 01.11.2016 ein Sachverständigengutachten angeordnet. Am 5. Mai 2017 erstattete der Sachverständige Dr. Steffen M von der Industrie- und Handelskammer Potsdam, öffentlich bestellt und vereidigt, für die Bereiche Lichttechnik, Tageslichttechnik und Beleuchtungsplanung sein lichttechnisches Gutachten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen. Am 28.09.2017 erläuterte der Sachverständige sein Gutachten mündlich. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 28.09.2017 Bezug genommen.

13

Ein durchgeführtes Schlichtungsverfahren der Nachbarn vor der Schlichtungsstelle des Notars Zimmer aus W ist am 9. Juli 2015 gescheitert (K 6).

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage ist unbegründet.

15

Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB zu. Es besteht eine Duldungspflicht der durch den Edelstahlschornstein gegebenen Beeinträchtigungen durch die Klägerin, §§ 1004, 906 Abs. 1 Satz 2 BGB.

16

Zunächst sind zwar die Voraussetzungen des § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB gegeben, da durch die Blendung des Schornsteins nur eine unwesentliche Beeinträchtigung des Nachbargrundstückes gegeben ist.

17

Grundsätzlich liegt eine Eigentumsstörung durch Lichtreflexe vor, obwohl die Lichtreflexe Folge der Sonneinstrahlung und damit eines Naturereignisses sind. Zwar begründen Natureinwirkungen grundsätzlich keine Zustandshaftung, jedoch ist ein Abwehranspruch aus § 1004 BGB gegeben, wenn der Nachbar durch eigene Handlungen die Störung zumindest mit verursacht hat. Die streitgegenständliche Einwirkung des Sonnenlichts ist hier kein Naturereignis, sondern hat ihre Ursache in der Ablenkung des natürlichen Sonnenlichts durch die spiegelnde Oberfläche des von der Beklagten errichteten Edelstahlschornsteins (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 09.02.2009, 10 U 146/08 - juris, Rz. 28).

18

Der Sachverständige M hat insoweit überzeugend festgestellt, dass in verschiedenen Bereichen des Grundstücks der Klägerin Bildwirkungen eintreten. Diese Bereiche (Immissionsort) wurden bei der Ortsbesichtigung durch den Sachverständigen im Einvernehmen mit den Parteien festgelegt. So beträgt die maximal möglich jährliche astronomische Blenddauer im Zeitraum Ende März bis Ende September am Immissionsort rechtseitiger Fensterbereiche, Wohnraum EG, Wohnen/Essen ca. 850 Stunden, am Immissionsort Mitte Loggia Obergeschoss ca. 600 Stunden und im Wohnraum OG Schlafzimmer in halber Raumtiefe in Sichtachse Loggiatür ca. 465 Stunden. Auf der Mitte der Terrasse beträgt sie 260 Stunden.

19

Zwar wird die Rechtswidrigkeit durch die Beeinträchtigung grundsätzlich indiziert und die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich aus dem Fortbestand des Edelstahlschornsteins in seiner bisherigen Form, die jährlich nach den Feststellungen des Sachverständigen zu den aufgeführten Reflexen führt (vgl. Palandt-Herler, BGB, 76. Aufl. 2017, § 1004, Rz. 12).

20

Der Unterlassungsanspruch entfällt nach § 1004 Abs. 2 BGB jedoch dann, wenn der Eigentümer den beeinträchtigenden Zustand dulden muss. Dabei handelt es sich um eine Einwendung für die die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet ist. Gemäß § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Eigentümer unwesentliche Beeinträchtigungen durch die Zuführung u. a. von Licht nicht verbieten. Bei der Frage der Zumutbarkeit ist dabei nicht auf die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers abzustellen, sondern auf das Empfinden eines verständigen durchschnittlichen Benutzers des Grundstücks in seiner örtlichen Beschaffenheit, Ausgestaltung und Zweckbestimmung (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2009 a. a. O., Rz. 31 unter Hinweis auf die BGH-Rechtsprechung; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2017, 9 U 35/17, juris, Rz. 17; OLG Karlsruhe, Urteil vom 13.12.2013, 9 U 184/11, juris, Rz. 25).

21

Dabei sind jeweils die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf die Dauer der Blendungen, die Intensität der Lichtreflexe und die konkrete Auswirkung auf die Nutzung des Nachbargrundstückes. Normen für die Grenzwerte für die "Wesentlichkeit von Blendungswirkungen" existieren weder bei Solaranlagen noch bei Edelstahlschornsteinen. Die "Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen", sogenannte Lichtrichtlinie, kann nicht herangezogen werden, auch nicht analog, da diese Richtlinie zum einen keinen normativen oder quasi normativen Charakter hat und da sich die Richtlinien zum anderen nicht auf Blendwirkungen bei der Reflektion von Sonnenlicht beziehen, sondern nur auf Lichtimmissionen durch künstliche Beleuchtung (vgl. OLG Karlsruhe, a. a. O., Rz. 25). Auch die "Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen" der Bund, Länder, Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) vom 13. September 2012, wonach von einer erheblichen Belästigung durch Blendwirkung bei einer Blenddauer von mindestens 30 Minuten am Tag oder 30 Stunden im Kalenderjahr ausgegangen werden kann, ist mangels Allgemeinverbindlichkeit nicht als ausreichende Grundlage zur abschließenden Beurteilung der Wesentlichkeit der Beeinträchtigung heranzuziehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.07.2017, a. a. O., Rz. 17).

22

Der Sachverständige M hat insoweit ausgeführt, dass die genannte LAI-Richtlinie (Fundstellennachweis Gutachten, Seite 32 und 37, Nr. 01) nicht angewendet werden kann. Bei der hier vorliegenden Blendwirkung hat der Sachverständige für das Gericht nachvollziehbar ausgeführt, dass es sich nicht um eine vergleichbare Blendsituation wie bei der etwa von Solarflächen handelt, da bei einem im Durchmesser relativ kleinen Edelstahlschornstein grundsätzliche andere geometrische, physikalische sowie physiologische Bedingungen vorliegen. Auf Seite 6 ff. seines Gutachtens hat der Sachverständige erläutert, dass bei dem Edelstahlschornstein bereits keine physiologische Blendwahrnehmung des menschlichen Auges eintritt, sondern aufgrund der Immissionsortabstände und der angenommenen Schornsteinsonnenreflexgröße von 2 x 2 cm (Seite 13 des Gutachtens) ergibt sich lediglich eine sogenannte "psychologische Blendung". Hierunter versteht der Sachverständige (Seite 13 des Gutachtens) die empfundene Belästigung einer Lichtimmission, die zur ständigen und ungewollten Ablenkung der Blickrichtung zur Blendlichtquelle hinführt und eine ständige Adaption des Auges auslöst. Dagegen ist die Blendwirkung an großflächigen, ebenen Flächen wie etwa baugenehmigungspflichtigen Fotovoltaikanlage der Stufe der Absolutblendung als Extremfall der physiologischen Blendung zuzuordnen (Seite 14 des Gutachtens).

23

Wie die persönliche Anhörung des Sachverständigen ergeben hat, liegt eine weitere Besonderheit der streitgegenständlichen Blendwirkung darin, dass sie zwar recht intensiv ist aufgrund des relativ geringen Reflexes, jedoch eine Blendwirkung nur dann erzielt werden kann, wenn der Betroffene direkt in Richtung des Edelstahlschornsteines blickt. Lediglich bei fokussiertem Blick tritt eine Blendwirkung auf. Bereits im Randbereich des Sichtfeldes ist von keiner Blendwirkung mehr auszugehen. Konkret ist es so, dass der Blick ca. um maximal 15° abgewendet werden müsste, um nicht konkret geblendet zu werden.

24

Legt man all diese Grundsätze nun auf den verständigen Durchschnittsmenschen an, ergibt sich Folgendes:

25

Aufgrund der konkreten Gegebenheiten der Lage des Edelstahlschornsteins ist es so, dass sich der maßgebende Teil des Edelstahlschornsteines, der sich oberhalb der Dachfläche befindet, üblicherweise überhaupt nicht in der direkten Blickachse der das Grundstück der Klägerin nutzenden Personen befindet. Bei den vom Sachverständigen untersuchten Immissionsorten im Erdgeschoss bzw. auf der Terrasse ist eine Blendwirkung überhaupt nur dann gegeben, wenn die Klägerin ihren Blick nach oben in Richtung des Edelstahlschornsteines richtet. Angesichts der aus den Fotos ersichtlichen örtlichen Gegebenheiten ist bereits insoweit nicht nachvollziehbar, warum ein Durchschnittsmensch den Blick gerade in Richtung des Edelstahlschornsteines auf dem Nachbargrundstück richten sollte. Es handelt sich insoweit um keine natürliche Sichtachse. Wer auf der Terrasse sitzt, schaut üblicherweise geradeaus und nicht nach oben. Gleiches gilt für die anderen Bereiche im Erdgeschoss.

26

Betrachtet man die Raumsituation im Obergeschoss, etwa der Loggia oder des Schlafzimmers, Bild 15 und 16 des Sachverständigengutachtens, dort Seiten 18 und 19, so ist es auch dort so, dass der Blick leicht nach oben gerichtet sein muss. Im Übrigen ergibt sich auch hier, wie beispielsweise auf dem Bild 16 der Loggia erkennbar ist, dass auch hier der Blick leicht nach oben gerichtet werden muss. Anhand der Anordnung der Stühle auf Bild 16 ergibt sich zudem, dass die Stühle der Loggia bereits nicht so angeordnet sind, dass die Blickrichtung in Richtung des Edelstahlschornsteines geht. Dies ist auch nachvollziehbar. Soweit der Rechtsanwalt der Klägerin im Termin behauptet hat, die Anordnung der Stühle konnte nur so von der Klägerin getroffen werden, damit es auf der Loggia ordentlich aussieht, überzeugt dies das Gericht nicht. Die Anordnung der Stühle auf der Loggia gibt genau die Anordnung wieder, die ein vernünftiger durchschnittlicher Mensch wählen würde. Wer sich auf eine Loggia setzt, will nicht auf die Seitenwand des Nachbarn schauen, sondern auf sein Gegenüber bzw. in die freie Natur. Schaut man sich den Stuhl an, der auf Bild 16 abgebildet ist, so schaut der Benutzer des Stuhles gerade nicht auf den Edelstahlschornstein, sondern er blickt in den Garten und die Weite der unverbauten Landschaft.

27

Zusammenfassend ist das Gericht zu folgender Überzeugung gelangt:

28

Der durchschnittliche verständige Nutzer schaut nicht fokussiert in Richtung des Edelstahlschornsteins, sondern in andere Richtungen, bei üblicher Nutzung der Immissionsorte. Eine größere Blendwirkung im peripheren Sehbereich ist nach Ausführungen des Sachverständigen gerade nicht zu beobachten. Eine Blendwirkung kann bereits bei einer Veränderung des Blickwinkels von 15° vermieden werden.

29

Demnach liegt auf den konkreten Einzelfall bezogen, durch die Blendwirkung des Edelstahlschornsteins keine wesentliche Beeinträchtigung im Rechtssinne nach § 906 Abs. 1 BGB vor, so dass die Klage abzuweisen ist.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

31

Bei der Streitwertfestsetzung nach § 3 ZPO ist die Kammer von dem Betrag ausgegangen, den die Klägerin als notwendig und erforderlich erachtet hat, den streitgegenständlichen Schornstein so herzurichten, dass von diesem keine Blendwirkung ausgeht, und den sie mit mindestens 7.500,00 € beziffert hat.


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Tenor 1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18. Juni 2008, Az. 18 O 505/07, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, das fest verglaste Oberlicht auf dem Dach des Hauses 161 in Stuttgart - soweit dieses zum Grundstück 171 in Stuttgart hin

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(1) Der Basiszinssatz beträgt 3,62 Prozent. Er verändert sich zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist. Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahrs.

(2) Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach den in Absatz 1 Satz 2 genannten Zeitpunkten im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18. Juni 2008, Az. 18 O 505/07, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, das fest verglaste Oberlicht auf dem Dach des Hauses 161 in Stuttgart - soweit dieses zum Grundstück 171 in Stuttgart hin ausgerichtet ist - durch geeignete Maßnahmen in den Zustand zu versetzen, der ausschließt, dass von dem fest verglasten Oberlicht auf dem Haus 161 zu dem Grundstück 171 hin an sonnigen Tagen, insbesondere im Zeitraum von März bis Oktober des Jahres, unzumutbare Reflexblendungen ausgehen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte. Die Kosten der Nebenintervention werden nicht erstattet.

3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 7.500,- EUR

Gründe

 
I.
Die Kläger begehren von der Beklagten die Beseitigung der Blendwirkung, die von einem Oberlicht des Gebäudes der Beklagten auf die Wohnung der Kläger einwirkt.
Bezüglich des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 18.6.2008 verwiesen.
Mit dieser Entscheidung hat das Landgericht Stuttgart die Klage abgewiesen. Ein Beseitigungsanspruch der Kläger bestehe gemäß §§ 903, 1004 BGB nicht. Die Reflexionswirkung des Sonnenlichts durch das Oberlicht des Gebäudes der Beklagten sei nicht so wesentlich, dass die Kläger von der Beklagten Umbaumaßnahmen verlangen könnten. Die Umbaumaßnahmen des Oberlichts verursachten einen erheblichen Aufwand der Beklagten, während eine Vielzahl anderer Reflexionsmöglichkeiten hingenommen werden würde. Der Sachverständige im selbständigen Beweisverfahren habe Störungen je nach Jahreszeit von 20 bis 30 Minuten und insgesamt von einer dreiviertel Stunde ermittelt. Wenn der Sachverständige Beeinträchtigungen von einer halben Stunde für intolerabel halte, sei dies angesichts der Regelungen für künstliche Lichtquellen nicht nachvollziehbar.
Die Kläger hätten eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Auswirkungen der Lichtreflexe wesentlich zu verringern. Bei Abwägung aller dieser Umstände sei ein Eingriff der Nachbarn in ihre Dachkonstruktion nicht zumutbar. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts Stuttgart verwiesen.
Dagegen wendet sich die Berufung der Kläger. Das Oberlicht, von dem die Blendwirkung ausgehe, sei erst nachträglich am 12.7.2001 baurechtlich genehmigt worden. In der Nachtragsbaugenehmigung sei auf die Nebenbestimmungen der ursprünglichen Baugenehmigung verwiesen worden. Dort sei in der Nebenbestimmung Nr. 14 ausgeführt, dass insbesondere bei Verwendung von stark reflektierendem Material für das Dach entsprechende Maßnahmen gegen Beeinträchtigungen durch Reflexblendungen notwendig seien. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Gebäude in einem reinen Wohngebiet lägen.
Die Beeinträchtigungen durch die Blendwirkung des Oberlichts seien von den Klägern nicht hinzunehmen. Der Sachverständige G., der die Beseitigung der Blend- und Reflexionsbildung des Tonnendaches zu überprüfen hatte, habe in seinem Gutachten vom 21.5.2002 festgestellt, dass insbesondere vom Glasdachfenster zu bestimmten Zeiten eine erhebliche Reflexblendung ausgehe. Maßnahmen gegen Reflexblendungen des Oberlichts seien von der Beklagten wieder zurückgebaut worden, nachdem der hierfür verantwortliche Handwerker dilettantisch gearbeitet habe und deshalb durch Schraubenlöcher im Rahmen des Oberlichts Wasser bei Niederschlag habe eindringen können. Das selbständige Beweisverfahren zur Blendwirkung des Oberlichts habe ergeben, dass von dem Oberlicht starke und für ein reines Wohngebiet wie im vorliegenden Fall deutlich zu hohe, erheblich beeinträchtigende Lichtreflexionen ausgingen. Die Kläger verweisen auf die Ausführungen des Sachverständigen K. im selbständigen Beweisverfahren des Landgerichts Stuttgart, AZ: 18 OH 4/04.
Die Beklagte sei dafür verantwortlich, bei der Gestaltung des Daches eine Lösung zu finden, die unzumutbare Reflexionen ausschließe. Die Beklagte habe sich über die auch für die Nachtragsbaugenehmigung geltenden Nebenbestimmungen der Baugenehmigung hinweg gesetzt. Vor diesem Hintergrund sei eine Abänderung des Oberlichts nicht unzumutbar. Den Klägern sei es nicht zuzumuten, im Hochsommer die Nutzung ihrer Terrasse für solche Zeiten, die regelmäßig am späteren Nachmittag liegen, einzustellen und sich hinter heruntergelassenen Rollläden zu verschanzen. Die Beeinträchtigung in den Sommermonaten von täglich etwa 45 bis 60 Minuten zwischen 17.30 Uhr und 18.30 Uhr mit einem Ausschluss der Nutzung der Terrasse aufgrund der Reflexblendung und der eingeschränkten Nutzungsmöglichkeit des Wohn- und Esszimmers bewirke eine erhebliche Wertminderung der Wohnung, die in keinem Verhältnis zu dem Aufwand stehe, der durch die Beseitigung der Störungen durch die Beklagte entstehe. Die Wertminderung betrage mindestens 20 % des Verkehrswertes der Wohnung. Die Umgestaltung des Oberlichts als Pultdach, wofür eine baurechtliche Genehmigung nicht mehr eingeholt werden müsse, hätte beispielsweise vollen Erfolg. Auch das Bekleben des Oberlichts mit einer Folie, die die Lichtdurchlässigkeit nicht einschränke, auf der anderen Seite aber die Reflexionen ausschließe, würde die Störung beseitigen. Im übrigen wäre es der Beklagten ohne großen Aufwand möglich gewesen, im Zusammenhang mit der Abänderung des Zinkdachs gemäß der Entscheidung des Senats vom 9.10.2001 auch die Blendwirkung des Oberlichts zu beseitigen. Diese müssten die Kläger nicht hinnehmen.
Die Kläger beantragen:
Das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18.6.2008, Geschäfts-Nr. 18 O 505/07, wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, das fest verglaste Oberlicht auf dem Dach des Hauses 161 in Stuttgart - soweit dieses zum Grundstück 171 in Stuttgart hin ausgerichtet ist - durch geeignete Maßnahmen in den Zustand zu versetzen, der ausschließt, dass von dem fest verglasten Oberlicht auf dem Haus 161 zu dem Grundstück 171 hin an sonnigen Tagen, insbesondere im Zeitraum von März bis Oktober des Jahres, unzumutbare Reflexblendungen ausgehen.
10 
hilfsweise,
11 
die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, dass das auf dem Dach des Hauses 161, Stuttgart fest angebrachte Oberlicht zu dem Grundstück 171, Stuttgart hin bei entsprechenden Sonnenständen eine unzumutbare Reflexblendung verursacht.
12 
Die Beklagte und die Streithelferin beantragen,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Unter Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen trägt die Beklagte vor, die Baugenehmigung habe für die Errichtung des Gebäudes 161 die Verwendung eines einheitlichen Materials für die Dachfläche nicht vorgegeben. Die Nebenbestimmung Nr. 14 der Baugenehmigung treffe ersichtlich auf das Oberlicht nicht zu.
15 
Eine Änderung des Oberlichts wegen angeblicher Blendung sei ohne rechtliche Verpflichtung vorgenommen worden. Diese habe jedoch einen Wassereinbruch zur Folge gehabt. Erst nach zahlreichen Nachbesserungsversuchen sei das Oberlicht wieder dicht gewesen.
16 
Entgegen dem Vortrag der Klägerin gehe von dem Oberlicht keine Blendung für einen Zeitraum von 45 bis 60 Minuten aus. Reflexionen seien nur unter vier Prämissen festzustellen:
17 
- Nur im Zeitraum April bis September
- nur bei sonnigem wolkenlosen Wetter
- nur zwischen 17.30 Uhr und 18.30 Uhr und
- an einem Standort nur für wenige Minuten.
18 
Auch wenn das Gebiet N. formal als reines Wohngebiet ausgewiesen sei, handle es sich insbesondere aufgrund der Lärmimmissionen tatsächlich um ein allgemeines Wohngebiet.
19 
Zwar möge der gerichtlich bestellte Sachverständige K. subjektiv nicht zumutbare Reflektionen festgestellt haben. Damit sei aber keine Unzumutbarkeit im Sinn der §§ 906, 1004 BGB festgestellt. Im übrigen sei das Gutachten des Sachverständigen K. nicht schlüssig bzw. in sich widersprüchlich. Die Stärke bzw. Intensität der Blendung auf der Terrasse der Beklagten sowie im Wohn- und Esszimmer sei zumutbar. Die Wohnung befinde sich im innerstädtischen Bereich, wo aufgrund der relativ engen Bebauung ohnehin mit Reflexionen zu rechnen sei. So sei zum Beispiel aufgrund von Sonnenkollektoren auf Dächern mit Reflexionen zu rechnen. Die reflektierende Fläche sei mit circa 0,65 qm relativ gering. Von einer solchen Fläche gehe nur eine unwesentliche, allenfalls punktuelle Beeinträchtigung aus. Die Wohnung der Kläger inklusive Terrasse werde deshalb nur punktuell beeinträchtigt. Der wesentliche Teil der Terrasse und auch der wesentliche Teil des Wohn- / Esszimmers sei daher auch bei gewissen Blendungen ohne jegliche Beeinträchtigung nutzbar. Angesichts der zahlreichen Prämissen für die Blendwirkung sei die Dauer und Häufigkeit von Beeinträchtigungen nur gering und am jeweiligen Standort nur während weniger Minuten festzustellen.
20 
Die von den Klägern behauptete Wertminderung der Wohnung werde bestritten.
21 
Ihre Verpflichtung aus dem Urteil des Senats vom 9.10.2001 hätten die Beklagten selbstverständlich erfüllt.
22 
Das Aufbringen einer Folie auf das Oberlicht sei sicherlich akzeptabel. Eine geeignete Folie sei jedoch von den Klägern nicht benannt worden.
23 
Der Streithelfer behauptet darüber hinaus, der Sachverständige K. sei im selbständigen Beweisverfahren nicht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Reflexblendwirkungen eine nicht hinnehmbare Beeinträchtigung darstellen würden.
24 
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
II.
25 
Die zulässige Berufung ist begründet.
26 
1. Der Unterlassungsanspruch der Kläger, unzumutbare Blendungen durch Reflexionen von Sonnenlicht durch das Oberlicht des Gebäudes der Beklagten künftig zu vermeiden, ergibt sich aus § 1004 BGB i.V.m. §§ 906 Abs. 1, 903 BGB.
27 
a) Zutreffend stellt das Landgericht auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen K. im selbständigen Beweisverfahren vor dem Landgericht Stuttgart, 18 OH 4/04, fest, dass eine Eigentumsstörung durch die vom Oberlicht des Gebäudes der Beklagten verursachte Reflexionswirkung des Sonnenlichtes ausgeht. Dies steht im Einklang mit der Feststellung des Sachverständigen G., der als ursprünglich gerichtlich bestellter Sachverständiger in dem Verfahren 9 O 362/2000 (LG Stuttgart) = 10 U 35/01 nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens am 21.5.2002 ein Gutachten über die Beseitigungsmaßnahmen am Blechdach gefertigt und in diesem Zusammenhang festgestellt hat, dass insbesondere vom Glasdachfenster zu bestimmten Zeiten (flache Sonne) eine erhebliche Reflexblendung zur Wohnung Mütze ausgehe.
28 
b) Diese Eigentumsstörung beruht, obwohl sie Folge der Sonneneinstrahlung und damit eines Naturereignisses ist, auf dem von der Beklagten hergestellten und unterhaltenen Zustand ihres Gebäudes. Während Natureinwirkungen allein keine Zustandshaftung begründen (Palandt-Bassenge, BGB 67. Aufl. § 1004 RN 19), ist ein Abwehranspruch aus § 1004 BGB gegeben, wenn der Nachbar durch eigene Handlungen die Störung (mit-)verursacht hat (OLG Brandenburg BauR 2004, 1044, Juris RN 35). Die streitgegenständliche Einwirkung des Sonnenlichts ist hier kein Naturereignis, sondern die insoweit störende Ablenkung des Lichts hat ihre Ursache in der besonderen Gestalt des Oberlichts am Gebäude der Beklagten und ist deshalb der Beklagten zurechenbar (vgl. VG Schleswig-Holstein, Urteil vom 11.8.2004, AZ: 2 A 21/04, Juris RN 18).
29 
c) Die Rechtswidrigkeit wird durch die Beeinträchtigung indiziert (Palandt-Bassenge, a.a.O. RN 12). Die für einen Unterlassungsanspruch zur Abwehr künftiger Beeinträchtigungen erforderliche Wiederholungsgefahr ergibt sich aus dem Fortbestand des Oberlichts in seiner bisherigen Form, das jährlich nach den Feststellungen des Sachverständigen von circa Mitte April bis Mitte September zu störenden Sonnlichtreflexen führt.
30 
d) Nach § 1004 Abs. 2 BGB entfällt jedoch ein Unterlassungsanspruch, wenn der Eigentümer den beeinträchtigenden Zustand dulden muss. Dabei handelt es sich um eine Einwendung, für die die Beklagte darlegungs- und beweisbelastet ist. Gleiches gilt für die Einwendung einer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit (vgl. Palandt-Bassenge, a.a.O. RN 34, 52).
31 
Gemäß § 906 Abs. 1 Satz 1 BGB kann ein Eigentümer unwesentliche Beeinträchtigungen durch die Zuführung unter anderem von Licht nicht verbieten. Bei der Frage der Zumutbarkeit ist dabei nicht auf die persönlichen Verhältnisse des Eigentümers abzustellen, sondern auf das Empfinden eines verständigen, durchschnittlichen Benutzers des Grundstücks in seiner örtlichen Beschaffenheit, Ausgestaltung und Zweckbestimmung (BGHZ 159, 168, Juris RN 15; BGHZ 157, 33 Juris RN 27). Die Frage, wann Lichtimmissionen erheblich belästigend und damit nicht mehr zumutbar sind, ist nach der durch die Gebietsart und die tatsächlichen Verhältnisse zu bestimmenden Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Nachbarschaft zu beurteilen, wobei wertende Elemente wie Herkömmlichkeit, soziale Adäquanz und allgemeine Akzeptanz einzubeziehen sind. Es kommt also nicht allein auf Art, Stärke und Dauer der Lichteinwirkung und die gegebenenfalls hervorgerufene Blendwirkung an (VG Düsseldorf, Urteil vom 18.3.2008, AZ: 16 K 3722/07, Juris RN 14 m.w.N. zu § 22 Bundesimmissionsschutzgesetz). Die Gebäude liegen in einem reinen Wohngebiet. Die folgenden Ausführungen gelten jedoch auch, wenn man vom Vortrag der Beklagten ausgeht, wonach die tatsächlichen Verhältnisse einem allgemeinen Wohngebiet entsprächen.
32 
Grenzwerte für Sonnenlichtreflexionen oder sonstige Tageslichtimmissionen gibt es nach den nicht angegriffenen Ausführungen des Sachverständigen K. nicht. Die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung ist deshalb anhand des Empfindens eines verständigen Durchschnittsmenschen zu ermitteln (BGHZ 140, 1, Juris RN 7 f; LG Frankfurt DWW 1998, 57, Urteil vom 21.7.1995, zitiert nach Juris Leitsatz 5; VG Schleswig-Holstein, a.a.O.). Die LiTG, die nur für künstliche Beleuchtung gilt, und die vom Sachverständigen daraus entwickelten Bewertungskriterien können daher höchstens ein grober Anhalt für eine unzumutbare Lichtimmission sein (vgl. BGH Z 140, 1, Juris RN 11 für Geruchsbelästigungen von einer Schweinehaltung; BGHZ 121, 248 für Lärm). Während es zum Umfang der Immissionen sachverständiger Auskünfte bedarf, hat das Gericht die Frage, welches Maß die Beeinträchtigungen nach dem Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen hat, selbst zu bewerten. Die Ansicht des Sachverständigen ist in die Würdigung des Gerichts nach § 286 ZPO mit einzubeziehen.
33 
Danach tritt die Sonnenblendwirkung in der Wohnung der Kläger und auf deren Terrasse von circa Mitte April bis Mitte September etwa 20 bis 30 Minuten am Tag ein. Durch den flachen Einfall der untergehenden Sonne wird die Reflexlichtblendung wesentlich verstärkt. Innerhalb dieser 20 bis 30 Minuten kommt es zu einer starken Blendwirkung. Außerhalb dieses Zeitraums kommt es zu geringen Blendungen. Die Blendwirkung wurde teilweise durch den Sachverständigen fotographisch dokumentiert. Die Blendwirkung über einen Zeitraum von 20 bis 30 Minuten bezieht sich auf die einzelnen Messpunkte des Sachverständigen. Insgesamt auf Terrasse und Wohnzimmer der Kläger zusammen bezogen hat der Sachverständige hohe blendende Lichtimmissionen über den Zeitraum von ca. einer ¾ Stunde festgestellt.
34 
Die von dem reflektierten Sonnenlicht verursachte Störung auf der Terrasse und in der Wohnung der Kläger ist wesentlich. Dem kann nicht entgegengehalten werden, die nur bei Sonnenschein bzw. nur zu bestimmten Tageszeiten auftretenden Lichteffekte seien wegen ihrer vorübergehenden Dauer unwesentlich. Denn auch kurzfristige Lichtreflexe stören den ungehinderten Gebrauch der Wohnung, so dass es nicht nur auf deren Dauer, sondern vor allem auch auf deren Intensität ankommt (VG Schleswig-Holstein a.a.O.). Der gerichtliche Sachverständige hat hier - unter Berücksichtigung der Dauer und Stärke der Lichtimmissionen, Blendwinkel sowie der Helligkeit des Umfelds - sehr starke Lichteinwirkungen festgestellt. Dabei ist hier insbesondere auch der flache Lichteinfall - ausgehend von der untergehenden Sonne - von Bedeutung, der die Reflexlichtblendung wesentlich erhöht. Bestätigt wird dies durch die Feststellung des Sachverständigen G. in seinem Privatgutachten vom 21.5.2002, wonach insbesondere vom Glasdachfenster zu bestimmten Zeiten eine erhebliche Reflexblendung ausgehe.
35 
Die Lichtimmissionen betreffen in der Zweizimmerwohnung der Kläger Bereiche, die zu den Zeiten, in denen die Blendwirkungen auftreten, gewöhnlich stark genutzt werden. Es handelt sich um Wohnraum, der als Wohnzimmer und zum Essen genutzt wird. Darüber hinaus wird eine Terrasse gerade in den Sommermonaten üblicherweise gegen Abend häufig genutzt, also zu der Zeit, in denen die Sonnenlichtreflexe auf der Terrasse eintreten und eine Nutzung stören bzw. unmöglich machen. Eine solche Einschränkung der Nutzbarkeit von Wohnzimmer und Terrasse am frühen Abend muss ein Nutzer der Wohnung der Kläger nicht hinnehmen. Es handelt sich deshalb um eine wesentliche Beeinträchtigung.
36 
2. a) Die Kläger trifft keine Obliegenheit, die Lichtreflexe durch Selbsthilfemaßnahmen abzuwenden. Für die Terrasse könnte dies wohl nur durch eine dichte Bepflanzung oder durch eine Sichtschutzwand geschehen. Beide engen jedoch die räumlichen und optischen Verhältnisse der Terrasse erheblich ein. Solche Maßnahmen wären auch nicht lediglich auf Zeiten, in denen die Blendwirkung eintritt, begrenzt. Angesichts der Höhenverhältnisse der Wohnung zum Oberlicht wird eine Markise keine Abhilfe verschaffen.
37 
Betreffend ihr Wohnzimmer sind die Kläger nicht gehalten, ihre Wohnung für den Zeitraum der Lichtreflexe auch nur teilweise abzudunkeln, weil auch insoweit die Nutzbarkeit der eigenen Wohnung erheblich leidet (vgl. auch VG Schleswig-Holstein, a.a.O. Juris RN 19).
38 
b) Die Kläger haben danach wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung ihres Eigentums dann einen Abwehranspruch, wenn diese wesentliche Beeinträchtigung auf die nicht ortsübliche Benutzung des Grundstücks der Beklagten zurückzuführen wäre und / oder von ihr durch wirtschaftlich zumutbare Maßnahmen verhindert werden könnte (BGHZ 157, 33 Juris RN 31). Dies hat die Beklagte zu widerlegen (Palandt-Bassenge, a.a.O. § 906 RN 24). Dieser Darlegungs- und Beweislast ist die Beklagte nicht schon dadurch nachgekommen, dass sie vorträgt, die Kläger hätten ihr keine Folie benannt, die zur Verhinderung der Lichtreflexionen auf das Oberlicht aufgebracht werden könnte.
39 
Ob die Zumutbarkeit einer Beseitigungsmaßnahme gegeben ist, ist unter Berücksichtigung des nachbarlichen Verhältnisses, der Vor- und Nachteile der technischen Möglichkeiten und der Leistungsfähigkeit eines durchschnittlichen Benutzers des emittierenden Grundstücks festzustellen (Palandt-Bassenge, a.a.O. RN 23). Der Sachverständige K. hat hierzu ausgeführt, dass durch eine nachträgliche Oberflächenbehandlung des Glaselements dessen gerichtete Reflexion in eine streuende Reflexion umgewandelt werden könne, so dass die Reflexionsleuchtdichte auf das Zumutbare reduziert werden könne. Dies könne durch außen angebrachte, matt reflektierende streuend lichtdurchlässige Materialien wie zum Beispiel ein Rollo erreicht werden.
40 
Allein eine frühere Erfahrung der Beklagten, wonach ein Handwerker beim Versuch eines Schutzes gegen Reflexionen die Wasserdichtheit des Oberlichts aufgehoben und dadurch einen Wasserschaden verursacht hat, ist nicht geeignet, die Unzumutbarkeit einer Beseitigungsmaßnahme zu begründen. Selbst wenn eine geeignete Folie zum Aufkleben auf die Glasscheibe des Oberlichts nicht zur Verfügung stünde, ist nicht ausreichend dargelegt, dass das fachmännische Anbringen eines Außenrollos ohne Beeinträchtigung der Wasserdichtheit des Oberlichts nicht möglich wäre.
41 
Darüber hinaus wäre denkbar, dass auf der der Wohnung der Kläger zugewandten Seite des Oberlichts ein Glas eingesetzt wird, das nach außen eine satinierte oder sonst strukturierte Oberfläche hat, und der Fensterrahmen auf dieser Seite mattiert wird. Es ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass durch solche verhältnismäßig einfache Maßnahmen die Immissionen auf die Wohnung der Kläger nicht auf ein zumutbares Maß reduziert werden könnten. Die Funktion des Oberlichts, das im Treppenhaus des Gebäudes vor dem Aufzug und in der Diele einer Wohnung tagsüber für Licht sorgen soll, bleibt dabei in seinem wesentlichen Gehalt erhalten, auch wenn der Lichteinfall durch die Verwendung einer solchen Glasoberfläche auf der Hälfte des Oberlichts etwas reduziert sein kann. Das Bedenken der Eigentümer der im Gebäude der Beklagten betroffenen Wohnung, bei Verwendung strukturierter oder satinierter Gläser nachts in Stuttgart die Sterne nicht mehr beobachten zu können, muss hinter dem zu schützenden, überwiegenden Interesse der Kläger zurücktreten, zumal die Hälfte des Oberlichts von Änderungsmaßnahmen unberührt bleiben kann.
42 
Angesichts der gravierenden Auswirkungen der Lichtreflexionen auf das Eigentum der Kläger und die Nutzbarkeit von deren Wohnung wird die Beseitigung der beeinträchtigenden Wirkung auch durch erhebliche Kosten nicht wirtschaftlich unzumutbar. Für Kosten, die die Schwelle der wirtschaftlichen Zumutbarkeit überschreiten, gibt der Vortrag der Beklagten nichts her.
43 
Auf die Frage der Ortsüblichkeit kommt es danach nicht mehr an.
44 
c) Eines Rückgriffes auf einen Abwehranspruch aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis bedarf es angesichts der Regelung des vorliegenden Sachverhalts durch § 906 BGB nicht. Ein zwingender Ausnahmefall, der zur Anwendbarkeit dieses Rechtsinstituts führen könnte, liegt nicht vor, weil ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen nicht dringend geboten erscheint (BGHZ 157, 33, Juris RN 16).
45 
3. Die Beklagte hat danach gemäß § 1004 Abs. 1 BGB die vom Oberlicht ihres Gebäudes ausgehenden Blendwirkungen künftig zu verhindern, soweit die von den Klägern genutzte Wohnung im Gebäude.. Straße X betroffen ist. Verbleiben nach Beseitigungsmaßnahmen für kurze Zeit auftretende Reflexionen oder nur Reflexionen mit nicht sehr hoher Lichtintensität, können diese verbleibenden Einwirkungen für die Kläger zumutbar und damit hinzunehmen sein.
46 
Auch wenn sich der Hinweis auf zumutbare Reflexblendungen, die verbleiben dürfen, allein aus den Urteilsgründen ergibt, stellt dies die Vollstreckungsfähigkeit des Urteils nicht in Frage.
47 
Zwar erscheint auf den ersten Blick die allgemeine Fassung des Tenors mit dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO schwer zu vereinbaren und dazu angelegt, einen Teil der Entscheidung des Rechtsstreits in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern, was im allgemeinen als nicht zulässig angesehen wird. Die Besonderheiten der immissionsrechtlichen Unterlassungsklage erfordern aber eine unterschiedliche Beurteilung. In diesem Bereich werden Anträge mit dem Gebot, allgemein Störungen bestimmter Art, beispielsweise durch Geräusche und Gerüche, zu unterlassen, als zulässig erachtet (BGHZ 121, 248, Juris RN 11; BGHZ 140, 1, Juris RN 6). Es ist vielfach unmöglich, mit Worten das Maß unzulässiger Einwirkungen so zu bestimmen, dass der Beeinträchtigte hinreichend geschützt wird und nicht schon eine geringfügige Änderung der Einwirkung trotz einer fortdauernden, nicht zu duldenden Belästigung das Verbot hinfällig macht. Auch für die Abwehr von Lichtimmissionen kann nicht geltend gemacht werden, der technische Stand der Lichtmessung lasse im Zusammenhang mit Immissionsrichtwerten eine Angabe von eindeutigen Grenzwerten zu. Die Messbarkeit einer Immission und die bestehenden Richtwerte können nicht die allein entscheidende Rolle spielen (vgl. BGH a.a.O.). Eine Überschreitung der Richtwerte indiziert zwar eine wesentliche Beeinträchtigung nach § 906 Abs. 1 BGB, ihre Unterschreitung zwingt aber im Einzelfall nicht zur Annahme, die Immission sei unwesentlich. Maßgebend sind alle Umstände des Einzelfalles. Es muss deshalb hingenommen werden, dass der Streit über die Wesentlichkeit von Lärmimmissionen gegebenenfalls im Vollstreckungsverfahren erneut entschieden werden muss (BGH a.a.O.).
III.
48 
Zum Rubrum wird darauf hingewiesen, dass nach der neueren Rechtsprechung des BGH eine WEG im Außenverhältnis teilrechtsfähig und damit parteifähig ist. Im Rubrum musste deshalb eine Liste mit den Mitglieder der WEG nicht aufgenommen werden.
49 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus den §§ 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
50 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor.

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

Tenor

I.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30.09.2011 - 5 O 42/08 R - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, die von der Solaranlage auf dem Gebäude ihres Hausgrundstücks S. Straße … Si. ausgehende unzumutbare Sonnenblendwirkung zu verhindern, soweit die Wohnung der Klägerin im Hausgrundstück B. Straße … Si. betroffen ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III.

Die Streithelferin behält ihre Kosten in beiden Instanzen auf sich. Im Übrigen trägt die Beklagte die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

IV.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung der Klägerin abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 EUR, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Die Parteien sind Nachbarn. Die Klägerin ist in ungeteilter Erbengemeinschaft mit ihrem Bruder Eigentümerin des Grundstücks B. Straße … in Si., die Beklagte ist Eigentümerin des Grundstücks S. Straße …. in Si.. Die Klägerin wohnt selbst in ihrem Haus.
Auf dem Haus der Beklagten befindet sich ein Satteldach. Sowohl auf der nach Westen geneigten Dachfläche als auch auf der östlichen Dachfläche befinden sich Paneele für eine Photovoltaikanlage. Das Grundstück der Klägerin befindet sich östlich vom Anwesen der Beklagten. Unter bestimmten Umständen wird Sonnenlicht von der Solaranlage, die sich auf dem östlichen Teil des Hausdaches der Beklagten befindet, so reflektiert, dass Blendwirkungen in der Wohnung der Klägerin im Nachbarhaus auftreten. Über Umfang und Intensität dieser Blendwirkungen besteht teilweise Streit.
Die Klägerin hat im Verfahren vor dem Landgericht von der Beklagten verlangt, Maßnahmen zu ergreifen, welche die Blendwirkungen für die von ihr bewohnte Wohnung verhindern. Außerdem hat die Klägerin die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.291,03 EUR verlangt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Die Beeinträchtigungen der Klägerin durch die von der Photovoltaikanlage ausgehenden Blendungen seien geringfügig und daher nur unwesentlich im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB. Die Klägerin müsse eventuelle Beeinträchtigungen auch deshalb hinnehmen, weil Solaranlagen auf Hausdächern inzwischen allgemein üblich seien, auch in dem von den Parteien bewohnten Wohngebiet. Auch wenn die Energieausbeute auf einem nach Osten weisenden Dach geringer sei als bei einer Ausrichtung der Paneele nach Süden oder nach Westen, sei die Anlage auch auf dem Ostdach für die Beklagte wirtschaftlich sinnvoll und notwendig. Eine vollständige Verhinderung von Blendwirkungen für die Klägerin (beispielsweise durch einen Sichtschutz oder durch eine Verkippung der Paneele) sei aus technischen Gründen nicht möglich und wäre im Übrigen - hilfsweise - wegen der damit verbundenen Kosten für die Beklagte unzumutbar.
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung von zwei Sachverständigengutachten zur Feststellung und lichttechnischen Bewertung der Blendwirkungen einerseits und zu möglichen baulichen Maßnahmen zur Verhinderung von Blendwirkungen andererseits. Mit Urteil vom 30.09.2011 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zwar stehe nach dem Gutachten des Sachverständigen D. B. fest, dass erhebliche Blendungswirkungen von der Photovoltaikanlage ausgehen, die als wesentlich im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB anzusehen seien. Die Klägerin sei jedoch verpflichtet, diese Beeinträchtigungen zu dulden. Denn Photovoltaikanlagen auf den Hausdächern seien im Wohngebiet der Parteien ortsüblich. Bauliche Maßnahmen zur Verhinderung der Blendungen seien der Beklagten nicht zuzumuten, da solche Maßnahmen nach den Feststellungen des Sachverständigen Feth mit unvertretbaren Kosten verbunden wären.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie greift zum einen die Feststellung des Sachverhalts durch das Landgericht insoweit an, als die Klägerin noch in wesentlich größerem zeitlichen Umfang mit Blendungen rechnen müsse, als vom Landgericht angenommen. Vor allem könne nicht von ortsüblichen Einwirkungen ausgegangen werden. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass eine Montage von Solaranlagen auf einem nach Osten gerichteten Dach - wie bei dem Haus der Beklagten - wirtschaftlich nicht sinnvoll, und daher im Wohngebiet der Parteien auch nicht üblich sei. Im Übrigen wäre eine Verhinderung der Blendwirkungen durch bestimmte bauliche Maßnahmen technisch möglich und entgegen der Auffassung des Landgerichts der Beklagten auch wirtschaftlich zumutbar.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30.09.2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die von der Solaranlage auf dem Gebäude ihres Hausgrundstücks S. Straße … Si. ausgehende Sonnenblendwirkung zu verhindern, soweit die Wohnung der Klägerin im Hausgrundstück B. Straße …. Si. betroffen ist, und die Beklagte zu verurteilen, die vorprozessualen Kosten in Höhe von 1.291,03 EUR zu tragen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
10 
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts und ergänzt und vertieft ihr Vorbringen.
11 
Die auf Beklagtenseite beigetretene Streithelferin schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
12 
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
13 
Die Berufung der Klägerin hat überwiegend Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass von der Solaranlage auf dem Dach ihres Hauses keine unzumutbaren Blendwirkungen für die Wohnung der Klägerin ausgehen. Die Beklagte ist hingegen nicht verpflichtet, die vorgerichtlichen Anwaltskosten der Klägerin zu erstatten.
14 
1. Die Klage ist zulässig. Der Antrag, mit dem die Klägerin erreichen möchte, dass in der Zukunft für sie bestimmte Beeinträchtigungen durch die Solaranlage der Beklagten unterbleiben, ist genügend bestimmt. Es reicht aus, dass der Antrag den von der Klägerin erstrebten Erfolg beschreibt, und der Beklagten die Mittel überlässt, mit denen sie diesen Erfolg ggfs. herbeiführen will (beispielsweise Anbringung von Folien, Anbringung eines Sichtschutzes, „Aufkippen“ der Paneele oder auch eine komplette Beseitigung der Paneele auf der Ostseite des Daches). Im Hinblick auf die Regelung in § 906 Abs. 1 BGB (Duldungspflicht bei unwesentlichen Beeinträchtigungen) ist es zudem nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin lediglich das Unterbleiben solcher Beeinträchtigungen in allgemeiner Form verlangt, die „unzumutbar“ („wesentlich“) sind (vgl. zur Antragsfassung und zur möglicherweise erforderlichen Konkretisierung im Vollstreckungsverfahren in ähnlichen Fällen BGH, Urteil vom 05.02.1993 - V ZR 62/91 -, zitiert nach Juris; BGH, NJW 1999, 356).
15 
In der Antragsformulierung der Klägerin findet sich zwar das Wort „unzumutbar“ bzw. „wesentlich“ nicht. Aus der Klagebegründung ergibt sich jedoch, dass die Klägerin im Hinblick auf § 906 Abs. 1 BGB eine Verhinderung von Beeinträchtigungen nur insoweit erstrebt, als sie „unzumutbar“ bzw. „wesentlich“ sind. Soweit der Senat im Tenor des Urteils das Wort „unzumutbar“ ergänzt hat, handelt es sich mithin gegenüber dem Begehren der Klägerin nicht um eine Einschränkung, sondern lediglich um eine Klarstellung (vgl. für einen gleichartigen Fall BGH, Urteil vom 05.02.1993 - V ZR 62/91 -, zitiert nach Juris).
16 
2. Der Anspruch auf Unterbindung von Blendungen durch die Solaranlage am Haus der Beklagten beruht auf § 1004 Abs. 1 BGB. Die Klägerin ist als Miteigentümerin berechtigt, von der Beklagten Beeinträchtigungen ihres Eigentums zu verlangen. Zwar steht der Anspruch an sich der Miterbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft zu. Die Klägerin kann die Klage jedoch mit Wirkung für die Erbengemeinschaft erheben im Rahmen einer gewillkürten Prozessstandschaft für ihren Bruder (§§ 2038 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1, 745 Abs. 1 BGB; vgl. VG München, Urteil vom 30.11.2006 - M 10 K 01.2455, M 10 K M 10 K 01.3239 -, RdNr. 24, zitiert nach Juris). Die Ermächtigung durch den Miterben (Bruder) ergibt sich aus der Erklärung vom 10.08.2006 (Anlage K 9, I, 607).
17 
Die Beklagte ist für den Anspruch der Klägerin passiv legitimiert. Denn sie ist als Eigentümerin des Grundstücks, von welchem die Beeinträchtigungen für das klägerische Grundstück ausgehen, Zustandsstörerin (vgl. zum Begriff des Zustandsstörers Palandt/Bassenge, BGB, 72. Auflage 2013, § 1004 BGB, RdNr. 19 ff.).
18 
3. Die von der Solaranlage verursachten Blendungen sind Beeinträchtigungen des Eigentums im Sinne von § 1004 Abs. 1 BGB, die von der Klägerin nicht zu dulden sind.
19 
a) Es handelt sich um Beeinträchtigungen des Eigentums der Klägerin im Sinne von § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB. Denn Lichtreflexe, die von Menschen in der Wohnung der Klägerin oder auf dem Balkon als erhebliche Blendung wahrgenommen werden, sind für die Bewohner unangenehm und beeinträchtigen die Nutzung des Eigentums. Es handelt sich auch nicht um „Natureinwirkungen“, die keine Haftung des Zustandsstörers begründen können. Denn ursächlich für die Einwirkungen ist zwar auch das Sonnenlicht, aber nur im Zusammenhang mit den Reflexionswirkungen, die durch die Solaranlage auf dem Hausdach der Beklagten verursacht werden. (vgl. zur Haftung für Blendwirkungen, die vom Grundstück des Zustandsstörers ausgehen, OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2009 - 10 U 146/08 -, Rdn. 28, zitiert nach Juris; Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 72. Aufl. 2013, § 906 BGB Rdn. 11).
20 
b) Für die Beurteilung der Beeinträchtigungen ist von den folgenden Feststellungen auszugehen, die das Landgericht insbesondere auf der Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen D. B. getroffen hat: Auf dem östlichen Hausdach der Beklagten sind Solarpaneele montiert (vgl. das Bild Nr. 5 im schriftlichen Gutachten D. B.), die in der Zeit von Mai bis Juli jeden Jahres nachmittags zu intensiven Blendwirkungen für die Wohnung der Klägerin führen können, und zwar in diesen drei Monaten jeweils bis zu 2 Stunden in der Zeit von ca. 15.00 Uhr bis ca. 17.00 Uhr. Da die Dachflächen der Gebäudeteile unterschiedlich geneigt sind, weisen auch die Solarpaneele unterschiedliche Winkel zur Horizontalen auf, mit der Konsequenz, dass je nach dem jeweiligen Sonnenstand die Blendung zu unterschiedlichen Zeiten (in dem angegebenen Zeitraum) von dem einen oder von dem anderen Teil der Paneele verursacht wird. Unter Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen, des jeweils zu erwartenden Sonnenstandes und der im Hinblick auf die Wetterbedingungen zu erwartenden Sonnenscheindauer ergibt sich für die Monate Mai bis Juli jeden Jahres für die Wohnung der Klägerin eine jährliche mittlere Blendungswahrscheinlichkeit von 26 Stunden. Blendungswirkungen ergeben sich für die Wohnung der Klägerin zudem auch außerhalb der Monate Mai bis Juli, insbesondere im August und September, jedoch für geringere Zeiträume im Hinblick auf den veränderten Sonnenstand. Im Winter ist nicht mit Blendungen zu rechnen.
21 
Nach dem Gutachten des Sachverständigen werden die kritischen Grenzwerte für Beeinträchtigungen durch Blendungen signifikant überschritten. Die Blendungen treten unter den gegebenen örtlichen Bedingungen nachmittags bei einem relativ hohen Sonnenstand bei intensiver Lichteinwirkung auf. Die Solarpaneele auf dem Hausdach der Beklagten bewirken eine nahezu horizontale Reflexion des Lichts in Richtung der Wohnung der Klägerin. Solche horizontale Reflexionen sind nicht vergleichbar mit einer möglichen Blendung durch direktes Licht einer hoch am Himmel stehenden Sonne, weil der Betrachter einer direkten Blendung durch die am Himmel stehende Sonne durch sein Verhalten ausweichen kann. Die Intensität der Blendung ist nach dem Gutachten des Sachverständigen in ihren Auswirkungen für die Bewohner im Haus der Klägerin auch nicht vergleichbar mit einer möglichen Blendung durch eine tief am Horizont stehende Sonne.
22 
Bei den Beeinträchtigungen für die Klägerin ist zu berücksichtigen, dass die Blendungen vom Anwesen der Beklagten auf die Westseite des Hauses der Klägerin treffen. An der Westfassade befinden sich Terrasse und Balkon, sowie die Fenster des Wohnzimmers und der Wohnküche.
23 
Die dargestellten Feststellungen des Landgerichts sind von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht angegriffen. Einwendungen der Klägerin gegen die Feststellungen (zeitlich längere Blenddauer) können dahinstehen, weil sich bereits aus den Feststellungen des Landgerichts ergibt, dass der geltend gemachte Anspruch der Klägerin zusteht (siehe im Einzelnen unten).
24 
c) Die Klägerin ist nicht verpflichtet, die Blendwirkungen zu dulden, da es sich nicht um „unwesentliche“ Beeinträchtigungen im Sinne von § 906 Abs. 1 BGB handelt.
25 
aa) Maßgeblich für die „Wesentlichkeit“ ist das Empfinden eines verständigen Durchschnittsmenschen (vgl. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 906 BGB Rdn. 17; BGH, NJW 1993, 925; OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2009 - 10 U 146/08 -, Rdn. 31, zitiert nach Juris). Dabei sind die jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf die Dauer der Blendungen, die Intensität der Lichtreflexe und die konkreten Auswirkungen auf die Nutzung des Nachbargrundstücks. Normen oder Grenzwerte für die „Wesentlichkeit“ von Blendungswirkungen bei Solaranlagen gibt es nicht. Insbesondere können die „Hinweise zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen“ (sogenannte Licht-Richtlinie) nicht herangezogen werden, auch nicht etwa analog, da diese Richtlinie zum einen keinen normativen oder quasi-normativen Charakter hat, und da sich die Richtlinie zum anderen nicht auf Blendwirkungen bei der Reflexion von Sonnenlicht bezieht, sondern nur auf Lichtimmissionen durch künstliche Beleuchtung (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2009 - 10 U 146/08 -, Rdn. 32, zitiert nach Juris; VG Neustadt, Urteil vom 17.10.2012 – 4 K 481/12 NW - Rdn. 29, zitiert nach Juris).
26 
bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Landgericht die Blendwirkungen durch die Solaranlage im vorliegenden Fall zutreffend als wesentlich eingestuft. Bei dieser Bewertung spielen die festgestellten erheblichen Zeiten der Einwirkungen und die Intensität der Reflexionen eine wesentliche Rolle. Die horizontale, direkte Blendung vom Nachbarhaus ist nicht vergleichbar mit einer ansonsten durchaus üblichen Blendung durch direktes Sonnenlicht. Der Sachverständige D. B. hat in seinem Gutachten (vgl. S. 9 des Gutachtens) zu Recht darauf hingewiesen, dass die Wahrnehmung der Blendung von der Wahrnehmung einer direkten Besonnung schon deshalb erheblich abweicht, weil eine direkte Besonnung normalerweise unter weniger kritischen Sonnenhöhenwinkeln erfolgt, auf die sich ein Bewohner, auch bei nach Westen ausgerichteten Fenstern bzw. Terrassen, anders einstellen kann. Unter diesen Umständen können auch relativ kurze Lichtreflexionen schon als „wesentlich“ angesehen werden. Die Beeinträchtigungen entsprechen nicht dem, womit der Bewohner einer nach Westen ausgerichteten Wohnung normalerweise rechnet. Angesichts der Intensität der festgestellten Blendwirkungen wäre es auch nicht ausreichend, wenn die Beklagte lediglich die von einer Teilfläche des Daches (beispielsweise Hausdach einerseits bzw. Dach des sogenannten Garagenaufbaus andererseits) ausgehenden Beeinträchtigungen beseitigen würde; vielmehr wären die Wirkungen für die Klägerin, auch dann, wenn die Beklagte sie auf eine Teilfläche reduzieren würde, unzumutbar. (Vgl. zur „Wesentlichkeit“ von Blendwirkungen in ähnlichen Fällen OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2009 - 10 U146/08 -, zitiert nach Juris; LG Heidelberg, Urteil vom 15.05.2009 - 3 S 21/08 -, zitiert nach Juris; LG Frankfurt, Urteil vom 21.07.1995 - 2 11 O 93/94 -, zitiert nach Juris; ähnliche Bewertungen der Blendung durch bestimmte Anlagen auf einem Nachbargrundstück finden sich im Urteil des OLG Schleswig vom 11.08.2004 - 2 A 21/04 -, zitiert nach Juris und in VG Augsburg, Urteil vom 05.10.2012 – Au 4 K12.399 -, zitiert nach Juris).
27 
cc) Gesichtspunkte der Ökologie führen nicht zu einer anderen Bewertung. Zwar ist die für die Wesentlichkeit maßgebliche Figur des „verständigen Durchschnittsmenschen“ so zu verstehen, dass dieser nicht nur sein Privatinteresse im Auge hat, sondern dass er auch Allgemeininteressen, insbesondere Gesichtspunkte des Umweltschutzes, berücksichtigt (vgl. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 906 BGB, Rdn. 17). Das kann jedoch nur bedeuten, dass ein „verständiger Durchschnittsmensch“ generell die Anbringung von Solarpaneelen auf Hausdächern akzeptiert, nicht jedoch die damit im Einzelfall verbundenen Blendwirkungen. Denn Photovoltaikanlagen auf Hausdächern sind keineswegs zwingend mit Beeinträchtigungen der Nachbarn durch Blendungen verbunden. Vielmehr werden die Anlagen erfahrungsgemäß in der Regel so angebracht, dass für Nachbarn keine Beeinträchtigungen entstehen, insbesondere bei Anlagen auf nach Süden geneigten Hausdächern, die wegen des Einfallswinkels des Sonnenlichts normalerweise nicht zu horizontalen Reflexionen führen können. Es sind auch keine Gesichtspunkte ersichtlich, dass die Beklagte direkt oder indirekt gezwungen war, eine Solaranlage auf dem nach Osten geneigten Teil des Hausdaches anzubringen, zumal sich entsprechende Paneele auch auf der Westseite des Daches befinden. Auch unter Berücksichtigung eines gesteigerten Umweltbewusstseins hat ein „verständiger Durchschnittsmensch“ keinen Anlass, die Blendwirkungen vom Hausdach der Beklagten als „unwesentlich“ zu betrachten. Dabei kommt es nicht auf die zwischen den Parteien streitige Frage an, ob die Solaranlage der Beklagten auch auf dem Ostdach des Hauses wirtschaftlich sinnvoll und ertragreich ist.
28 
d) Auf die Frage, ob und inwieweit die Klägerin die Möglichkeit hätte, durch eigene Maßnahmen Blendungen auszuschließen, kommt es nicht an. In Betracht käme für die Klägerin die Nutzung von Jalousien, Rollläden oder Markisen. Solche Maßnahmen würden den Ausblick aus der Wohnung, bzw. den freien Blick vom Balkon, für die Klägerin beeinträchtigen. Da die Voraussetzungen für einen Unterlassungs- bzw. Beseitigungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1, 906 Abs. 1 BGB vorliegen, braucht die Klägerin solche Maßnahmen, die die Nutzungsmöglichkeiten der eigenen Wohnung in gewissem Umfang einschränken würden, nicht zu ergreifen. Aus Rechtsgründen gibt es keine Abwägung, ob der Klägerin selbst solche Abwehrmaßnahmen eventuell „zumutbar“ sein könnten.
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4. Die Beeinträchtigungen wären von der Klägerin allerdings dann - unter bestimmten weiteren Voraussetzungen - hinzunehmen, wenn die Blendwirkungen durch eine „ortsübliche Benutzung“ des Grundstücks der Beklagten entstehen würden (§ 906 Abs. 2 ZPO). Dies ist jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht der Fall. Die von den Solarpaneelen ausgehenden Blendwirkungen sind nicht „ortsüblich“.
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a) Es kommt nicht darauf an, ob Photovoltaikanlagen auf Hausdächern im Wohngebiet der Parteien „ortsüblich“ sind. Nach dem Gesetz (§ 906 Abs. 2 BGB) geht es um „eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks“. Das heißt: Ortsüblichkeit im Sinne des Gesetzes ist nur dann anzunehmen, wenn nicht nur die abstrakte Nutzung des anderen Grundstücks (Photovoltaikanlage) als solche ortsüblich ist, sondern wenn gleichzeitig die durch die konkrete Gestaltung verursachten Beeinträchtigungen für andere Nachbarn „ortsüblich“ sind. Diese Auslegung des Gesetzes ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt. (Vgl. BGH, NJW 1959, 1632; BGHZ 38, 61; BGH, NJW 1992, 1389; BGH, NJW 1993, 925; LG Heidelberg, NZM 2010, 919; Palandt/Bassenge, aaO, § 906 BGB Rn. 23; missverständlich hingegen die Formulierungen von Fritzsche in Bamberger/Roth, BGB, 3. Auflage 2012, § 906 BGB Rn. 56; unklar OLG Stuttgart, Urteil vom 30.04.2013 – 3 U 46/13 –, Rn. 24, zitiert nach Juris.) Die für die Klägerin störende Anlage auf dem Dach des Nachbarhauses wäre mithin nur dann „ortsüblich“ im Sinne des Gesetzes, wenn von anderen Photovoltaikanlagen im selben Ort, bzw. im selben Wohngebiet, Blendwirkungen auf Nachbarhäuser in ungefähr gleicher Art und gleicher Intensität ausgehen würden. Die Darlegungs- und Beweislast für solche gleichartigen Beeinträchtigungen in der Nachbarschaft obliegt hierbei der Beklagten (vgl. Palandt/Bassenge, a.a.O., § 906 BGB Rdn. 26). Eventuelle Unklarheiten bei der Frage der „Ortsüblichkeit“ würden im Rechtsstreit mithin zu Lasten der Beklagten gehen.
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b) Hiervon ausgehend lässt sich eine „Ortsüblichkeit“ nicht feststellen. Es ist, auch nach dem Vorbringen der Beklagten, nicht ersichtlich, dass in der näheren oder weiteren räumlichen Umgebung der Parteien ähnliche nachteilige Blendungen für Nachbarn durch Photovoltaikanlagen auftreten würden.
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aa) Von wesentlicher Bedeutung für das Ausmaß und die konkreten Auswirkungen von Blendungen ist die Himmelsrichtung, nach der das jeweilige Hausdach ausgerichtet ist. Bei einer Ausrichtung des Daches nach Osten, wie im vorliegenden Fall, können im Sommer nachmittags horizontale Reflexionen auftreten (siehe oben), während bei der Ausrichtung eines Daches beispielsweise nach Süden aufgrund der jeweils maßgeblichen Reflexionswinkel kaum mit einer horizontalen Reflexion zu rechnen ist. Die Beklagte hat vorliegend in der weiteren Wohnumgebung der Häuser der Parteien lediglich auf sechs nach Osten ausgerichtete Hausdächer hingewiesen, auf denen ebenfalls Solarpaneele montiert seien. Es ist zweifelhaft, ob von diesen Dächern – wie die Beklagte behauptet – gleichartige Blendwirkungen für Nachbarn auftreten wie im vorliegenden Fall; denn es kommt, wie aus dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten ersichtlich, für Art und Ausmaß von Blendwirkungen zum Einen auf die jeweilige Dachneigung an, und zum anderen auf die exakten räumlichen Beziehungen zu den Nachbarhäusern. Genauer Feststellungen hierzu waren jedoch nicht erforderlich; denn von „ortsüblichen“ Beeinträchtigungen ist auch dann nicht auszugehen, wenn die sechs von der Beklagten genannten Solaranlagen auf Ostdächern jeweils gleiche oder ähnliche nachteilige Wirkungen für Nachbarn hätten, wie die Solaranlage der Beklagten.
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bb) Von ortsüblichen Beeinträchtigungen (bzw. einer ortsüblichen Benutzung der Grundstücke) ist auszugehen, wenn „eine Mehrheit von Grundstücken in dem für den Vergleich zu betrachtenden Bezirk in annähernd gleicher Weise, d. h. mit einer der Art und dem Maß nach einigermaßen gleichen beeinträchtigenden Einwirkung auf fremde Grundstücke benutzt werden“ (BGH, NJW 1959, 1867, 1868). Es ist erforderlich, dass die Einwirkung „öfter vorkommt“ (BGH aaO.). Von Ortsüblichkeit spricht man, wenn bestimmte Grundstücksnutzungen, die mit Immissionen verbunden sind, einem bestimmten Gebiet ein „Gepräge“ geben, wenn also die Immissionen für die Mehrheit der Vergleichsgrundstücke eine Rolle spielen (vgl. Säcker, in Münchener Kommentar, 6. Auflage 2013, § 906 BGB Rn. 117).
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Diese Voraussetzungen liegen, auch nach dem Vorbringen der Beklagten, nicht vor. Bei den von ihr aufgeführten sechs Ostdächern handelt es sich – auch wenn man jeweils eine gleichartige Blendung für Nachbarn unterstellt – nur um eine geringe Zahl innerhalb eines größeren Wohngebiets mit mehreren hundert Wohnhäusern. Die von Solardächern ausgehenden Blendwirkungen unterscheiden sich zudem von Immissionen durch Lärm oder Gerüchen dadurch, dass von einer einzelnen Immissionsquelle (Solardach) nur einzelne Nachbarn betroffen werden. Das heißt, auch nach dem Sachvortrag der Beklagten ist davon auszugehen, dass – wenn überhaupt – im Wohnumfeld der Klägerin nur einzelne Hauseigentümer bzw. Bewohner von ähnlichen – erheblichen – Reflexionswirkungen durch Solardächer betroffen sind. Es kann daher nicht davon die Rede sein, dass Solardächer mit erheblichen Reflexionswirkungen dem fraglichen Wohngebiet ein bestimmtes „Gepräge“ geben. Anders ausgedrückt: Wer, ohne die örtlichen Verhältnisse im Detail zu kennen, eine Wohnung in der Nähe der Häuser der Parteien sucht, muss mit nur einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit mit ähnlichen Beeinträchtigungen wie die Klägerin rechnen. Dies steht einer „Ortsüblichkeit“ entgegen.
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c) Eine Duldungspflicht ergibt sich für die Klägerin auch nicht daraus, dass die Blendwirkungen, wie auch der Sachverständige D. B. ausgeführt hat, vergleichbar sind mit Blendwirkungen, die durch glasierte Dachziegel oder Blechdächer auf Nachbarhäusern entstehen können. Denn auch solche ähnlichen Blendwirkungen bräuchte die Klägerin nur dann hinzunehmen, wenn sie „ortsüblich“ wären. Dies ist jedoch nicht der Fall. Denn aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich nicht, dass in der Nachbarschaft vergleichbare Blendwirkungen durch gläserne Dachziegel oder Blechdächer auftreten. In der Rechtsprechung werden daher nicht nur bei Photovoltaikanlagen, sondern auch bei Blendwirkungen durch Glasdächer oder andere Anlagen auf einem Nachbargrundstück, gegebenenfalls Unterlassungs- bzw. Beseitigungsansprüche zuerkannt (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 09.02.2009 - 10 U 146/08 -, zitiert nach Juris; LG Frankfurt, Urteil vom 21.07.1995 - 2/11 O 93/94 -, zitiert nach Juris; ähnlich im öffentlichen Recht VG Schleswig, Urteil vom 11.08.2004 - 2 A 21/04 -, zitiert nach Juris).
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d) Da die Anlage auf dem Hausdach der Beklagten nicht ortsüblich ist, bedarf es keiner Prüfung, auf welche Weise die Beklagte die Beeinträchtigungen für die Klägerin verhindern kann. Es kommt - wegen fehlender Ortsüblichkeit - nicht auf die wirtschaftliche Zumutbarkeit für die Beklagte gemäß § 906 Abs. 2 BGB an. Es ist Sache der Beklagten, ob sie aus ihrer Sicht mögliche und sinnvolle Maßnahmen zur Verhinderung der nicht zumutbaren Beeinträchtigungen findet, oder ob sie die Solarpaneele auf der Ostseite des Hausdaches beseitigt.
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5. Die Berufung der Klägerin ist hingegen nicht begründet, soweit sie den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.291,03 EUR geltend macht. Für einen Ersatzanspruch gibt es keine rechtliche Grundlage. Insbesondere scheidet ein Anspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB (Schadensersatz bei Verzug) aus. Die Anwaltskosten der Klägerin sind entstanden durch das vorprozessuale Schreiben vom 31.08.2006 (I 13/15, Anlage K 3). Zum Zeitpunkt dieses Schreibens befand sich die Beklagte mit Beseitigungsmaßnahmen nicht in Verzug. Denn eine verzugsbegründende Mahnung (§ 286 Abs. 1 BGB)vor dem Anwaltsschreiben ist nicht ersichtlich.
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6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
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7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
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8. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Denn die für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geklärt. Das gilt insbesondere für die Frage, wie der Begriff der „Ortsüblichkeit“ in § 906 Abs. 2 ZPO zu verstehen ist.

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.

(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.