Landgericht Kiel Urteil, 03. Mai 2016 - 8 O 150/15

ECLI:ECLI:DE:LGKIEL:2016:0503.8O150.15.0A
bei uns veröffentlicht am03.05.2016

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, Zinsen aus dem Darlehensvertrag zwischen den Parteien über 114.000,00 € zu der Konto-Nr. ... zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag rückabzuwickeln ist.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger im Rahmen der Rückabwicklung des Darlehensvertrages Nutzungen auf die vom Kläger bis zum 22.04.2015 geleisteten Zins-, Tilgungs- und Sondertilgungszahlungen zu erstatten.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

6. Das Urteil ist wegen der Kosten in Höhe des 1,1fachen des jeweils zu vollstreckenden Betrages wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Darlehensvertrages mit der Beklagten aufgrund der Ausübung eines Widerrufsrechts.

2

Zum Zwecke des Erwerbs eines Grundstückes mit einem Wohnhaus nahm der Kläger unter dem 09.03.2007 bei der Beklagten ein Darlehen über 114.000,00 € auf. Als Zins waren 4,57 % p.a. vereinbart bis zum 30.05.2022. Aufgrund des Vertrages erbrachte der Kläger regelmäßige Zins- und Tilgungsleistungen an die Beklagte, bis er am 22.04.2015 den Widerruf des Darlehensvertrages erklärte. Bei Abschluss des Darlehensvertrages hatte die Beklagte dem Kläger eine Widerrufsbelehrung erteilt, welche der Kläger unter dem 03.04.2007 unterzeichnete. Wegen der Einzelheiten wird verwiesen auf die Widerrufsbelehrung Blatt 53 der Akten. Der Kläger hält sich zum Widerruf für berechtigt, da die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß gewesen sei mit der Folge, dass er, der Kläger, auch nach 8 Jahren nach Vertragsschluss, sein Widerrufsrecht noch ausüben könne.

3

Er meint, dass die Widerrufsbelehrung nicht hinreichend über den Beginn der zweiwöchigen Frist zum Widerruf belehre. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, dass die von ihr verwendete Widerrufsbelehrung der z. Zt. des Vertragsschlusses geltenden BGB-Informationsverordnung entsprochen habe. Die Beklagte habe nämlich inhaltiche Veränderungen an dem entsprechenden Mustertext der Widerrufsbelehrung nach der BGB-Info-Verordnung vorgenommen. So seien in dem Formular hinter „Widerrufsbelehrung“ maschinenschriftlich hinzugesetzt worden die Worte „zu dem Darlehensvertrag vom 29.03.2007“. Der Vorordnung entspreche es weiter nicht, dass hinter der in dem Widerrufsformular der Beklagten genannten Frist von zwei Wochen eine Fußnote 2 vorhanden sei, die ausweislich des Formulars besage, „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Unzulässig sei außerdem, dass die Widerrufsbelehrung einen Passus zu dem Widerrufsrecht bei einem finanzierten Geschäft beinhalte, obwohl es sich gar nicht um ein solches gehandelt habe. Außerdem erhalte die Widerrufsbelehrung bei der Benennung des Adressaten des Widerrufs einen Klammertext (Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts ...), der in der BGB-Info-Verordnung nicht vorgesehen sei.

4

Der Kläger beantragt,

5

1. a) festzustellen, dass der Kläger aufgrund des unter dem 22.04.2015 erklärten Widerrufs nicht mehr verpflichtet ist, den geschuldeten Zins aus dem Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten über 114.000,00 € zu der Konto Nr. ... in der Fassung vom 29.03.2007 i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB an die Beklagte zu zahlen,

6

b) hilfsweise festzustellen, dass der Kläger aufgrund des am 30.09.2015 erklärten Widerrufs nicht mehr verpflichtet ist, den geschuldeten Zins aus dem Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten über 114.000,00 € zu der Konto Nr. ... in der Fassung vom 29.03.2007 i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB an die Beklagte zu zahlen,

7

2. a) festzustellen, dass der Kläger aufgrund des unter dem 22.04.2015 erklärten Widerrufs nicht mehr verpflichtet ist, das noch offene Darlehen aus dem Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten über 114.000,00 € zu der Konto Nr. ... in der Fassung vom 29.03.2007 i.V.m. § 488 Abs.1 Satz 2 BGB an die Beklagte zurückzuzahlen,

8

b) hilfsweise festzustellen, dass der Kläger aufgrund des am 30.09.2015 erklärten Widerrufs nicht mehr verpflichtet ist, das noch offene Darlehen aus dem Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten über 114.000,00 € zu der Konto Nr. ... in der Fassung vom 29.03.2007 i.V.m. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB an die Beklagte zurückzuzahlen,

9

c) hilfs-hilfsweise festzustellen, dass der Darlehensvertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten über 114.000,00 € zu der Konto Nr. ... in der Fassung vom 29.03.2007 rückabzuwickeln ist.

10

3. a) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger im Rahmen der Rückabwicklung des unter 1. genannten Darlehensvertrages einen Nutzungs-(wert)ersatz in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von dem Kläger geleisteten Zins-, Tilgungs- und Sondertilgungszahlungen auf dieses Darlehen zu zahlen,

11

b) hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger im Rahmen der Rückabwicklung des unter 1. genannten Darlehensvertrages einen Nutzungs-(wert)ersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz in Bezug auf die von dem Kläger geleisteten Zins-, Tilgungs- und Sondertilgungszahlungen auf dieses Darlehen zu zahlen.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Die Beklagte ist der Auffassung, die Widerrufserklärung des Klägers sei verspätet, da die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung den Erfordernissen der BGB-Info-Verordnung inhaltlich voll entspreche und demgegenüber von der Beklagten keine inhaltlichen Veränderungen vorgenommen worden seien. Darüber hinaus hält es die Beklagte für rechtsmissbräuchlich, dass der Kläger mehrere Jahr nach Vertragsschluss und ordnungsgemäßer Bedienung der Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag noch von seinem Widerrufsrecht Gebrauch mache.

15

Der nicht nachgelassene Schriftsatz vom 18.04.2016 lag vor.

Entscheidungsgründe

16

Die Feststellungklage ist zulässig und zum überwiegenden Teil auch begründet.

17

Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses im Klagewege beantragt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt werde. Im Grundsatz ist die Feststellungsklage zwar subsidiär gegenüber einer möglichen Leistungsklage, so dass in einem solchen Fall in der Regel das Feststellungsinteresse fehlt. Ausnahmsweise ist das Feststellungsinteresse allerdings zu bejahen, wenn trotz möglicher Leistungsklage zu erwarten ist, dass schon das Feststellungsurteil zur endgültiger Streitbeilegung führen wird, z. B. wenn zu erwarten ist, dass die beklagte Partei auf ein Feststellungsurteil hin leisten wird. Das ist in der Entscheidung BGH NJW 1999, Seite 3774 für eine Klage gegen eine Versicherungsgesellschaft bejaht worden. Für die Beklagte dieses Rechtsstreits, deren Gewährträger juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, kann nichts anderes gelten. Es geht um die grundsätzliche Frage, ob der streitige Darlehensvertrag zwischen den Parteien rückabzuwickeln ist. Es ist bislang nicht erkennbar geworden, dass zwischen den Parteien ein Streit über die Höhe des Anspruchs entstehen könnte. So hat die Beklagte auch nicht eine Unzulässigkeit der Feststellungsklage eingewendet. Der Kläger hat demgegenüber ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob ihm überhaupt Ansprüche aufgrund einer Rückabwicklung des Darlehensvertrages zustehen. Dieser Rechtsstreit ist im Kontext mit einer Vielzahl anderer Klagen zu sehen, die vor deutschen Gerichten derzeit wegen mangelhafter Widerrufserklärungen erhoben werden, in denen unterschiedliche Auffassungen seitens der Rechtsprechung geäußert werden und in denen eine endgültige Klärung aller Rechtsfragen durch die höchstrichterliche Rechtsprechung bislang noch aussteht. Wegen der Vielzahl der Klagen ist jedoch damit zu rechnen, dass auch die diesbezüglichen Detailfragen irgendwann einmal höchstrichterlich geklärt sein werden. In Anbetracht dieser Situation besteht für den Kläger ein berechtigtes Klärungsinteresse auch dann, wenn nicht alle möglichen Einzelfragen der Rückabwicklung bisher geklärt sind.

18

Die Feststellungsklage ist begründet, weil dem Kläger ein Anspruch auf Rückabwicklung des mit der Beklagten geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrages zusteht. Nach §§ 495 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB stand dem Kläger das Recht zu, den streitgegenständlichen Darlehensvertrag vom 09.03.2007 zu widerrufen. Die Widerrufsfrist beträgt nach § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung zwei Wochen. Nach § 355 Abs. 2 BGB a.F. beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht erhält, das seine Rechte deutlich macht und einen Hinweis auf den Fristbeginn enthält. Diesen Anforderungen genügt die den Vertrag zugrunde liegende Widerrufsbelehrung nicht. Hinsichtlich des Fristbeginns der zweiwöchigen Frist enthält sie lediglich die Aussage, dass die Frist frühestens mit Erhalt dieser Belehrung beginne, führt aber nicht aus, welche weiteren Erfordernisse bestehen, damit die Frist beginnt. Dass die Belehrung hinsichtlich des Fristbeginns nicht ausreichend ist, ist mittlerweile höchstrichterlich entschieden (z. B. BGH NJW 2010, Seite 989). Danach hat die Widerrufsfrist wegen der unzureichenden Belehrung über den Fristbeginn noch nicht begonnen und der Kläger durfte auch noch am 22.04.2015 den Widerruf erklären.

19

Ebenso ist aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt, dass trotz unzureichender Widerrufsbelehrung der Kreditgeber sich auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 und 3 BGB - Info
V a.F. berufen kann, wenn der Unternehmer ein Widerrufsbelehrungsformular verwendet, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht, d. h. wenn der Unternehmer den Text der Musterbelehrung nicht einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat (BGH Urteil vom 15.10.2015 - II ZR 163/14).

20

Die in dem streitgegenständliche Vertrag verwendete Widerrufserklärung vom 03.04.2007 enthält insofern eine inhaltliche Bearbeitung, als sie bei der Benennung der Widerrufsfrist von zwei Wochen hinter den Worten „2 Wochen“ eine Fußnote vorsieht, die am Ende der Seite erläutert wird mit den Worten „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Eine derartige Fußnote ist in dem maßgeblichen Text der BGB-Info V in dieser Form nicht vorgesehen. Um eine inhaltliche Bearbeitung handelt es sich deshalb, weil mit der Fußnote die grundsätzliche Aussage, die Widerrufsfrist betrage zwei Wochen, entscheidend relativiert und verändert wird. Die Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht in der Entscheidung unter dem Aktenzeichen 5 U 9/15, der Verbraucher werde durch die Fußnote nicht irritiert, kann nicht gefolgt werden. Das erkennende Gericht ist entgegen der Meinung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts nicht der Auffassung, dass aus objektiver Sicht ein verständiger Verbraucher oder eine verständige Verbraucherin nicht auf den Gedanken kommen könne, die Fußnote relativiere die in der Belehrung angegebene Frist. Insbesondere ist nicht klar, dass die Anmerkung in der Fußnote allein für die interne Bearbeitung durch die Sparkasse vorgesehen sei. Das ist schon deshalb fernliegend, weil sich die Widerrufserklärung ja nicht an irgendeinen Mitarbeiter der Sparkasse richtet, sondern an den Darlehensnehmer. Die Fußnote vermittelt dem Verbraucher, dass eben nicht unzweideutig die Widerrufsfrist zwei Wochen betrage, sondern suggeriert durch die Erläuterung der Fußnote, dass es insofern einer Prüfung der Widerrufsfrist bedarf. Es wird nicht hinreichend klar, ob in Bezug auf den konkreten Vertrag die Richtigkeit dieser Frist geprüft worden ist. Die Fußnote lässt sich ebenso gut dahin verstehen, dass es noch einer Prüfung der Frist bedarf und es ist darüber hinaus auch unklar, ob sich dieser „Prüfungsauftrag“ an irgendeinen Sachbearbeiter der Sparkasse richtet oder ob die Beklagte dem Darlehensnehmer ansinnt, selbst diese Frist zu prüfen, ggf. diesbezüglich bei der Beklagten gezielt nachzufragen oder ob ihm sogar angesonnen wird, diesbezüglichen Rechtsrat etwa bei der Verbraucherzentrale oder einem Rechtsanwalt einzuholen. Der Auffassung des Oberlandesgerichts Schleswig, dass nicht jede beliebige sprachliche Veränderung des Musters schon eine inhaltliche Überarbeitung darstelle (OLG Schleswig, 5 U 99/15) kann zwar grundsätzlich gefolgt werden, jedoch führt die erörterte Fußnote zu einer unnötigen Unklarheit und Verwirrung des Verbrauchers. Es ist aber gerade Sinn der Vorschriften über die gesetzliche Widerrufsbelehrung, dem Verbraucher Klarheit über seine Rechte zu verschaffen.

21

Das erkennende Gericht schließt sich der Rechtsauffassung der im Schriftsatz vom 29.03.2016 auf Seite 3 zitierten Oberlandesgerichte an, wonach die streitgegenständliche Fußnote eine eigene inhaltliche Bearbeitung des Musters darstellt (statt aller OLG Nürnberg - 14 U 2439/14, vgl. Anlage K9).

22

Eine Verwirkung des Widerrufsrechts gem. § 242 BGB kann ebenfalls nicht angenommen werden. Der Tatbestand der Verwirkung setzt neben einem Zeitmoment, das hier mehrere Jahre nach Vertragsschluss erfüllt sein mag, auch einen Umstandsmoment voraus. Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn sich eine Vertragspartei aufgrund des Verhaltens des Vertragsgegners darauf eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen und sich aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Geltendmachung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (BGH NJW 2011, Seite 212). Hier kommt als Umstandsmoment allein in Betracht, dass der Kläger bis zu dem von ihm erklärten Widerruf des Darlehensvertrages lange Zeit die vermeintlich geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen erbracht hat, ohne von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen. Allein das reicht für das Umstandsmoment der Verwirkung nicht aus. Der Gesetzgeber hat den Darlehensgebern eine klare Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Belehrung auferlegt. Ist diese Belehrung unzureichend, so liegt das allein in der Risikosphäre des Darlehensgebers. Dagegen kann dem Darlehensnehmer nicht vorgeworfen werden, dass er die komplizierte Rechtslage nicht von sich aus hat überprüfen lassen. Nach Auffassung des Gerichts würde dieses allein es aber nicht rechtfertigen, das Umstandsmoment der Verwirkung als erfüllt anzusehen. Der Gesetzgeber hat eine Höchstfrist für den Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrages bei unzureichender Belehrung über das Widerrufsrecht nicht vorgesehen. Es entspricht daher dem Willen des Gesetzgebers, auch noch mehrere Jahre nach Vertragsschluss den Widerruf zuzulassen. Der Kläger hingegen hat sich nur so verhalten, wie es bei dem scheinbar verbindlichen Vertrag geboten gewesen wäre. Aus dieser Vertragstreue i.V.m. Unkenntnis der Rechtslage lässt sich zur Überzeugung des Gerichts noch kein Verstoß gegen Treu und Glauben herleiten.

23

Zu den Klaganträgen im Schriftsatz vom 29.03.2016:
Der Hauptantrag zu 1. a) ist begründet, da aufgrund des Widerrufs des Klägers ein Rückgewährschuldverhältnis nach § 346 Abs. 1 BGB eingetreten ist mit der Folge, dass der Kläger Zinsen aus dem Darlehensvertrag nicht mehr schuldet.

24

Der Hilfsantrag zu 1. b) bedarf daher keiner Entscheidung.

25

Dagegen kann dem Antrag zu 2. a) und b) nicht entsprochen werden. Selbstverständlich ist der Kläger verpflichtet, das „noch offene Darlehen“ zurückzuzahlen, und zwar in der Form, dass er - ebenso wie die Beklagte - die empfangenen Leistungen zurückzugewähren hat (§ 346 Abs. 1 BGB). Der Antrag zu 2. a) und b) suggeriert, dass der Kläger sogar die erhaltene Darlehenssumme nicht zurückzahlen müsse, was eindeutig nicht der Fall ist.

26

Dagegen war dem Antrag zu 2. c) zu entsprechen, da Rechtsfolge des Widerrufs ist, dass der Darlehensvertrag rückabzuwickeln ist.

27

Dem Klagantrag zu 3. a) war stattzugeben mit der Maßgabe, dass sich der von der Beklagten zu erstattende Nutzungswertersatz bezieht auf die bis zum Widerruf des Darlehensvertrages geleisteten Beträge, also bis zum 22.04.2015. Eine bestimmte Höhe des Zinssatzes war in den Tenor nicht aufzunehmen, weil der Kläger selbst nicht behauptet, dass die Beklagte Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz tatsächlich gezogen hat. Dass der Kläger eine BGH-Entscheidung zitiert, wonach eine tatsächliche Vermutung dafür bestehe, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gezogen hat, ersetzt einen schlüssigen Klagvortrag nicht. Zudem erscheint es in Anbetracht der z. Zt. und schon seit längerem bestehenden sehr geringen Zinsen als nahezu ausgeschlossen, dass die Beklagte wegen der vom Kläger bis April 2015 erbrachten Zahlungen Nutzungen in dieser Höhe gezogen haben könnte. Dass die Beklagte grundsätzlich gezogene Nutzungen herauszugeben hat, steht allerdings fest.

28

Nach dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 1 BGB erscheint es angemessen, die gesamten Kosten des Rechtsstreits der Beklagten aufzuerlegen. Der Kläger obsiegt im Wesentlichen mit seinem Klagbegehren, da auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages zu entscheiden ist. Die nicht zuerkannten Anträge zu Ziffer 2. a) und b) sowie Ziffer 3. haben demgegenüber eine nur untergeordnete Bedeutung und fallen nicht erheblich ins Gewicht. Gleiches gilt für den in der mündlichen Verhandlung zurückgenommenen ursprünglich gestellten Antrag zu Ziffer 4.

29

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Kiel Urteil, 03. Mai 2016 - 8 O 150/15

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Kiel Urteil, 03. Mai 2016 - 8 O 150/15

Referenzen - Gesetze

Landgericht Kiel Urteil, 03. Mai 2016 - 8 O 150/15 zitiert 11 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 256 Feststellungsklage


(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 355 Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen


(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 346 Wirkungen des Rücktritts


(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. (2)

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 14 Unternehmer


(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. (2) Eine rechtsfähig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 495 Widerrufsrecht; Bedenkzeit


(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. (2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,1.die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsv

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 488 Vertragstypische Pflichten beim Darlehensvertrag


(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit da

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 92 Verbrauchbare Sachen


(1) Verbrauchbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, deren bestimmungsmäßiger Gebrauch in dem Verbrauch oder in der Veräußerung besteht. (2) Als verbrauchbar gelten auch bewegliche Sachen, die zu einem Warenlager oder zu einem s

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Landgericht Kiel Urteil, 03. Mai 2016 - 8 O 150/15 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Landgericht Kiel Urteil, 03. Mai 2016 - 8 O 150/15 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht Nürnberg Endurteil, 11. Nov. 2015 - 14 U 2439/14

bei uns veröffentlicht am 11.11.2015

Tenor 1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.10.2014 abgeändert. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.015,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten

Oberlandesgericht Bamberg Urteil, 26. Juni 2018 - 5 U 99/15

bei uns veröffentlicht am 26.06.2018

Tenor I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Coburg vom 16.04.2015, Az. 1 HKO 30/14, abgeändert: 1. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Coburg vom 29.1.2015 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte zu 1

Referenzen

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Dem Darlehensnehmer steht bei einem Verbraucherdarlehensvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu.

(2) Ein Widerrufsrecht besteht nicht bei Darlehensverträgen,

1.
die einen Darlehensvertrag, zu dessen Kündigung der Darlehensgeber wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers berechtigt ist, durch Rückzahlungsvereinbarungen ergänzen oder ersetzen, wenn dadurch ein gerichtliches Verfahren vermieden wird und wenn der Gesamtbetrag (Artikel 247 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche) geringer ist als die Restschuld des ursprünglichen Vertrags,
2.
die notariell zu beurkunden sind, wenn der Notar bestätigt, dass die Rechte des Darlehensnehmers aus den §§ 491a und 492 gewahrt sind, oder
3.
die § 504 Abs. 2 oder § 505 entsprechen.

(3) Bei Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen ist dem Darlehensnehmer in den Fällen des Absatzes 2 vor Vertragsschluss eine Bedenkzeit von zumindest sieben Tagen einzuräumen. Während des Laufs der Frist ist der Darlehensgeber an sein Angebot gebunden. Die Bedenkzeit beginnt mit der Aushändigung des Vertragsangebots an den Darlehensnehmer.

(1) Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach dieser Vorschrift eingeräumt, so sind der Verbraucher und der Unternehmer an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden, wenn der Verbraucher seine Willenserklärung fristgerecht widerrufen hat. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten. Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.

(2) Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage. Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(3) Im Falle des Widerrufs sind die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Bestimmt das Gesetz eine Höchstfrist für die Rückgewähr, so beginnt diese für den Unternehmer mit dem Zugang und für den Verbraucher mit der Abgabe der Widerrufserklärung. Ein Verbraucher wahrt diese Frist durch die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren.

*

(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Coburg vom 16.04.2015, Az. 1 HKO 30/14, abgeändert:

1. Das Versäumnisurteil des Landgerichts Coburg vom 29.1.2015 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 werden als Gesamtschuldner sowie die Beklagte zu 3 wird als Bürgin wie ein Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 126.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2013 (Beklage zu 1 und 2) bzw. seit dem 3. September 2013 (Beklagte zu 3 zu zahlen, wobei die Zahlung der Beklagten zu 3 nur zu erfolgen hat Zug um Zug gegen Übergabe der Bürgschaftsurkunde der R. Versicherung AG Nr. 001 vom 27. Juni 2006 über 126.000,00 €.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 3 mit der Annahme der Bürgschaftsurkunde der R. Versicherung AG Nr. 001 vom 27. Juni 2006 über 126.000,00 € in Annahmeverzug befindet.

4. Die Beklagten zu 1 und 2 werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 232.085,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.928,43 € zu zahlen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin auch die einen Betrag von 367.010,28 € übersteigenden Kosten der Beseitigung der Mängel an der Fassade des Objektes N-Straße 02 in L. zu erstatten, dies unter Berücksichtigung eines Abzuges „neu für alt" in Höhe von 50% der Kosten des Egalisationsanstrichs der Fassaden- und Laibungsflächen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten ihrer Säumnis. Im übrigen haben von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen:

1. von den Gerichtskosten die Beklagte zu 1, die Beklagte zu 2 und die Beklagte zu 3 gesamtschuldnerisch 32%, die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 gesamtschuldnerisch 68%,

2. von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Beklagte zu 1, die Beklagte zu 2 und die Beklagte zu 3 gesamtschuldnerisch 32%, die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 gesamtschuldnerisch 68%,

von den Kosten des Streithelfers zu 3 die Beklagte zu 1, die Beklagte zu 2 und die Beklagte zu 3 gesamtschuldnerisch 32%, die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 gesamtschuldnerisch 68%.

Im übrigen tragen die Parteien und die Streithelfer zu 1 und 2 ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Beklagten können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 393.893,80 € festgesetzt. Hieran ist die Beklagte zu 3 zu 126.000,00 € beteiligt.

Antrag 1: 126.000,00 €,

Antrag 2: 0,00 € (wirtschaftliche Identität mit Antrag 1)

Antrag 3: 232.085,28 €

Antrag 4: 35.808,52 € (10% des mit den Leistungsanträgen geltend gemachten Kostenvorschusses 126.000,00 € + 232.085,28 € = 358.085,28 €)

Gründe

Die Klägerin beansprucht von der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 als deren persönlich haftende Gesellschafterin aus abgetretenem Recht einen Selbstvornahmekostenvorschuss wegen Mängeln des Objektes N-Straße 02 in L.. Die Beklagte zu 3 wird dabei - gleichfalls aus abgetretenem Recht - als Bürgin auf der Grundlage einer von der Beklagten zu 1 gestellten Mängelansprüchebürgschaft in Anspruch genommen.

Mit Bauvertrag vom 22./30. März 2005 beauftragte die M. Wohnungsgesellschaft mbH & Co. OHG die Beklagte zu 1, deren Komplementärin die Beklagte zu 2 ist, mit der Durchführung der erweiterten Rohbauarbeiten für den Neubau eines Mehrfamilienhauses in der N-Straße 02 in L.. Der Streithelfer zu 3 wurde von der M. Wohnungsgesellschaft mbH & Co. OHG mit der Erstellung der Leistungsbeschreibung und Werkplanung (HOAI § 15 Leistungsphase 5 und 6) beauftragt. Die der Beklagten zu 1 übertragenen Arbeiten umfassten insbesondere auch die Fassadenarbeiten mit Wärmedämmverbundsystem und die Abdichtungsarbeiten. Dem Bauvertrag lagen u. a. die VOB/B in der Fassung des Jahres 2002 zugrunde.

Der Bauvertrag enthält u.a. folgende Regelungen:

„§ 8 Mängelansprüche

1. Die Verjährungsfrist für Mängelansprüche beträgt - abweichend von der VOB Teil B für sämtliche auszuführenden Arbeiten mit Ausnahme der in Absatz 2 genannten Leistungen 5 Jahre. Die Verjährung beginnt für sämtliche Arbeiten nach erfolgter Endabnahme der vertraglich geschuldeten Leistungen

2. Für die Dachabdichtung und die Gebäudetrennfugen wird die Verjährungsfrist für Mängelansprüche auf 10 Jahre verlängert. Die Verjährung beginnt hierfür nach erfolgter Endabnahme der vertraglich geschuldeten Leistungen.“

3. Im Übrigen richtet sich die Gewährleistung nach § 13 VOB Teil B.

§ 9 Sicherheitsleistung

1. ...

2. ...

3. Nach Abnahme des Bauvorhabens hat der Unternehmer dem Auftraggeber eine Gewährleistungsbürgschaft zu übergeben. Die Übergabe erfolgt Zug um Zug gegen Rückgabe der vorgenannten Vertragserfüllungsbürgschaft.

Bei der Gewährleistungsbürgschaft muss es sich um eine unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe von 5% der Nettoabrechnungssumme handeln. Die Kosten für die Bürgschaft, in welcher der Bürge auf die Einrede der Vorausklage verzichtet, trägt der Unternehmer.“

Dem Abschluss des Bauvertrages war ein Bietergespräch am 18.02.2005 vorangegangen (Verhandlungsprotokoll K 2). Die Parteien des Bauvertrages verhandelten gemäß Ziffer 13.2 bis 13.4 des Verhandlungsprotokolls über eine Verlängerung der Verjährungsfristen bei Mängelansprüchen in Bezug auf Dach, Fassade und Gebäudetrennfugen auf 10 Jahre. Mit Schreiben vom 21.02.2005 (B2) teilte die Beklagte zu 1 mit, dass 10 Jahre Gewährleistung für die Dachabdichtung und Gebäudetrennfugen gewährt werden können.

In der Folgezeit führte die Beklagte zu 1 die ihr übertragenen Arbeiten aus. Der Streithelfer zu 2 führte dabei für die Beklagte zu 1 die Wärmedämmverbundarbeiten aus. Die Streithelferin zu 1 war von der Beklagten zu 1 mit der Objektüberwachung (Leistungsphasen 8/9, § 15 HOAI 1996) beauftragt.

Nach Durchführung der Arbeiten durch die Beklagte zu 1 fanden zum Zwecke der Abnahme von Teilgewerken Begehungen am 21.04., 26.04. und 28.04.2006 statt (B3 / B4). In der Folge vereinbarten die Parteien des Bauvertrages, ein einheitliches Abnahmeprotokoll zu erstellen. Das Abnahmeprotokoll wurde u.a. von der Geschäftsführerin der Komplementärin der Beklagten zu 1 am 26.06.2006 unterschrieben und enthält u. a. folgende Formulierungen (K 5):

„Gewährleistungsbeginn: 01.05.2006

Gewährleistungsende: 30.04.2011

verlängerte Gewährleistung für Dach, Fassade und Gebäudetrennfugen: 30.04.2016.“

Auf Grundlage der in § 9 des Bauvertrages getroffenen Vereinbarungen stellte die Beklagte zu 1 nach Abnahme des Bauvorhabens eine Mängelansprüchebürgschaft der R. Versicherungs AG vom 27. Juni 2006 über 126.000,00 € (Anlage K 6). Die Beklagte zu 3 ist Rechtsnachfolgerin der R. Versicherungs AG.

Mit Grundstückskaufvertrag vom 18./19. März 2009 (K 7) erwarb die Klägerin von der M. AG die auf der Grundlage des streitgegenständlichen Bauvertrages bebaute Liegenschaft N-Straße 02 in L.. Die Klägerin macht geltend, dass die M. AG dabei als Gesamtrechtsnachfolgerin der M. Wohnungsgesellschaft mbH & Co. OHG gehandelt habe und Gewährleistungsansprüche gegen Dritte - einschließlich der zugehörigen Ansprüche aus Gewährleistungsbürgschaften - an sie abgetreten worden seien (§ 6 Ziffer 6.3 des Grundstückskaufvertrages).

Die Klägerin rügte in der Folgezeit auf Grundlage einer von ihr erstellten Mängeldokumentation (K 9 bis K12) gegenüber der Beklagten eine Vielzahl von Mängeln an der Fassade. Hinsichtlich des Inhaltes der Mängelrüge wird auf die Anlage K 13 - Schreiben vom 01.11.2011 - Bezug genommen. Mit Schreiben vom 12.11.2012 und 06.12.2012 (K14/ K15) berief sich die Beklagte mit Ausnahme verschiedener in der Bilddokumentation der Klägerin genannter Punkte nämlich

Block Süd Ostseite Punkt 12. Punkt 14 (Seite 03)

Block Mitte Westseite Punkt 3 b, Punkt 5 d (Seite 11)

Block Nord Westseite Punkt 3 b, Punkt 5 d (Seite 19)

auf den Eintritt der Verjährung. Nachdem die von der Klägerin gesetzte Mängelbeseitigungsfrist zum 30. April 2013 abgelaufen war, machte die Klägerin mit Schreiben vom 22. Mai 2013 Vorschuss auf voraussichtliche Kosten der Mängelbeseitigung in Höhe von 367.010,28 € (brutto) geltend (K18). Zugleich nahm die Klägerin die Beklagte zu 3 aus der Mängelansprüchebürgschaft in Anspruch (K19). Die Beklagte zu 1 ließ die geltend gemachten Ansprüche mit anwaltlichem Schreiben vom 22. Juli 2013 unter Hinweis auf eine eingetretene Verjährung neuerlich zurückweisen (K20). Die aus der Mängelansprüchebürgschaft in Anspruch genommene Beklagte zu 3 verweigerte mit Schreiben vom 03.09.2013 gleichfalls Zahlung (K21).

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, dass die Fassade des streitgegenständlichen Bauwerkes entsprechend der von ihr erstellten Dokumentation mangelbehaftet sei und sich die voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung auf 367.010,28 € belaufen, wobei ein Abzug „neu für alt“ in Höhe von 8.925,00 € berechtigt sei. Die Klägerin meint, dass die von den Beklagten erhobene Verjährungseinrede auf Grundlage der vereinbarten Verlängerung der Gewährleistungsfrist auf 10 Jahre im Abnahmeprotokoll ins Leere laufe.

Auf Streitverkündung der Beklagten zu 1 und 2 mit Schriftsatz vom 17.05.2014 sind die Streithelfer zu 1 und 2 jeweils auf Seiten der Beklagten zu 1 und 2 dem Rechtsstreit beigetreten.

Das Landgericht hat, nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2015 nicht zur Sache verhandelt hatte, antragsgemäß folgendes Versäumnisurteil erlassen:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebeninterventionen zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin hat gegen dieses am 06.02.2015 zugestellte Versäumnisurteil mit Schriftsatz vom 19.02.2015 - Eingang bei Gericht am gleichen Tage - Einspruch eingelegt und beantragt, dass Versäumnisurteil aufzuheben und folgende Anträge gestellt:

1. die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 als Gesamtschuldner sowie die Beklagte zu 3 als Bürgin wie ein Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 126.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2013 (Beklage zu 1 und 2) bzw. seit dem 3. September 2013 (Beklagte zu 3 zu zahlen, wobei die Zahlung der Beklagten zu 3 nur zu erfolgen hat Zug um Zug gegen Übergabe der Bürgschaftsurkunde der R. Versicherung AG Nr. 001 vom 27. Juni 2006 über 126.000,00 €.

2. festzustellen, dass sich die Beklagte zu 3 mit der Annahme der Bürgschaftsurkunde der R. Versicherung AG Nr. 001 vom 27. Juni 2006 über 126.000,00 € in Annahmeverzug befindet.

3. die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin weitere 232.085,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.928,43 € zu zahlen.

4. festzustellen, dass die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin auch die einen Betrag von 367.010,28 € übersteigenden Kosten der Beseitigung der Mängel an der Fassade des Objektes N-Straße 02 in L. zu erstatten, dies unter Berücksichtigung eines Abzuges „neu für alt“ in Höhe von 50% der Kosten des Egalisationsanstrichs der Fassaden- und Laibungsflächen.

Die Beklagten haben jeweils beantragt,

das Versäumnisurteil des Landgerichts Coburg vom 29.01.2015 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagten haben sich erstinstanzlich gegen Grund und Höhe des geltend gemachten Anspruches gewendet, die Beklagten zu 1 und 2 unter Berufung auf eine eingeholte gutachterliche Stellungnahme. Die Beklagten haben im Übrigen die Auffassung vertreten, dass die streitgegenständlichen Forderungen / Gewährleistungsansprüche verjährt seien, da von einer Gewährleistungsfrist von fünf Jahren auszugehen sei. Die Beklagten haben zur Begründung ausgeführt, dass ein Abnahmeprotokoll dem Grunde nach nicht Träger rechtsgeschäftlicher Erklärungen und Vereinbarungen sein könne. Die Unterschrift des Auftragnehmers auf dem Abnahmeprotokoll habe lediglich die Funktion, die Teilnahme am Abnahmetermin und / oder die Kenntnis des Protokolls zu bestätigen. Im Übrigen sei eine Vertragsänderung in Bezug auf die Gewährleistungsfrist zur Fassade vor Unterzeichnung des Abnahmeprotokolles von der Beklagten zu 1 gerade nicht gefordert worden. Sowohl der für die Bauherrin Unterzeichnende als auch die Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 hätten bei Unterzeichnung des Abnahmeprotokolles keinen rechtsgeschäftlichen Erklärungswillen gehabt, hinsichtlich der Fassade die vereinbarte Gewährleistungszeit von fünf Jahren auf 10 Jahren zu verlängern. Vielmehr sei der ursprüngliche Vertragsinhalt versehentlich fehlerhaft in das Abnahmeprotokoll übernommen worden und dies bei Unterzeichnung übersehen worden. Jedenfalls sei es der Klägerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf eine Verlängerung der Verjährungsfrist zu berufen.

Die Beklagten haben außerdem die Aktivlegitimation der Klägerin auf Grundlage des vorgelegten Kaufvertrages bestritten.

Die Beklagte zu 3 hat die Auffassung vertreten, dass die im Bauvertrag getroffene Bürgschaftsabrede unwirksam sei.

Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird ergänzend auf das angefochtene Urteil vom 16.04.2015 (Bl. 364-376 d. A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat das Versäumnisurteil vom 29.02.2015 nach Anhörung der Geschäftsführerin der Beklagten zu 2 und durchgeführter Beweisaufnahme durch Einvernahme der Zeugen F., S. und T. aufrechterhalten.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob der Klägerin ein Kostenvorschussanspruch auf Grundlage des § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B zustünde. Die Beklagten zu 1 und 2 seien jedenfalls berechtigt, die Leistung wegen Eintritts der Verjährung zu verweigern, § 214 Abs. 1 BGB. Demgemäß sei auch die Beklagte zu 3 berechtigt, als etwaige Bürgin die Leistung aus der Bürgschaft zu verweigern, § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB. Hinsichtlich des Fassadenbereiches habe die Verjährungsfrist mit dem 01.05.2006 zu Laufen begonnen und sei mit dem 30.04.2011 abgelaufen, da die Verjährungsfrist für Mängelansprüche nach § 8 Nr. 1 des Bauvertrags fünf Jahre betrage. Dies decke sich auch mit den vorvertraglichen Verhandlungen, insbesondere dem Inhalt des Schreibens der Beklagten zu 1 vom 21.02.2005 (B2). Demgemäß hätten die Parteien den Bereich Fassade bewusst der Regelung des § 8 Nr. 1 des Bauvertrages zugeordnet.

Die Verjährungsfrist sei nicht auf 10 Jahre verlängert worden. Die Parteien des Bauvertrages hätten zwar das Abnahmeprotokoll entsprechend der Anlage K 5 unterzeichnet. Dort finde sich auch die Begrifflichkeit

verlängerte Gewährleistung für Dach, Fassade und Gebäudetrennfugen: 13.04.2016.

Gleichwohl lägen bezüglich dieser Formulierung im Zusammenhang mit der Verlängerung einer Gewährleistungsfrist gerade keine Willenserklärungen der Parteien in Bezug auf die Fassade vor. Aus den Angaben des Zeugen F. ergebe sich, dass lediglich ein einheitlicher Termin für den Verjährungsbeginn in das Abnahmeprotokoll aufgenommen werden sollte. Die Aufnahme der weiteren Daten zum Gewährleistungsende (30.04.2011 und 30.04.2016) für beide Parteien des Bauvertrages sei die Folge der rechnerischen Umsetzung der ursprünglich vereinbarten Gewährleistungsfristen gewesen ist. Aufgrund des Beweisergebnisses sei jedoch davon auszugehen, dass sowohl dem Zeugen F. als auch der Geschäftsführerin der Beklagten zu 1 das für eine Willenserklärung grundsätzlich erforderliche Erklärungsbewusstsein gefehlt hätte. Zudem könnte sich die Klägerin auch nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht auf eine Vertragsänderung berufen, § 242 BGB.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 371/376 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses ihr am 21.04.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem beim Oberlandesgericht Bamberg am 20.05.2015 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt (Bl. 396/398 d. A.) und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 22.07.2015 gemäß Verfügung vom 18.06.2015 (Bl. 411 d. A.) -mit einem beim Oberlandesgericht Bamberg am 21.07.2015 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag fristgerecht (Bl. 413/444 d. A.) begründet.

Mit ihrer zulässigen Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils und hält an ihren erstinstanzlich gestellten Klageanträgen vollumfänglich fest. Sie wendet sich gegen die rechtliche Würdigung des Landgerichts, dass Gewährleistungsansprüche der Klägerin verjährt seien. Die Parteien des Bauvertrages hätten im Abnahmeprotokoll mit den Bestimmungen zum Gewährleistungsbeginn und Gewährleistungsende Willenserklärungen abgegeben. Die Beklagte zu 1 habe die Willenserklärung nicht innerhalb der Anfechtungsfrist angefochten. Die Berufung auf eine Vertragsänderung sei auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausgeschlossen. Die vom Erstgericht zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs (MDR 2014, 763) betreffe eine andere Fallgestaltung. Dort hatte der Empfänger eines schriftlichen Angebotes an Stelle des ursprünglichen Textes die von ihm vorgenommenen wesentlichen Änderungen mit gleichem Schriftbild so in den Vertragstext eingefügt, dass diese nur äußerst schwer erkennbar waren und in einem Begleitschreiben den Eindruck erweckt, er habe das Angebot unverändert angenommen. Das Erstgericht hätte durch das klägerseits angebotene Sachverständigengutachten klären müssen, ob die behaupteten Mängel tatsächlich vorliegen und die geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten erforderlich sind.

Die Klägerin beantragt,

das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 16.04.2015 abzuändern und unter Aufhebung des Versäumnisurteils des LG Coburg vom 29.01.2015

1. die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 2 als Gesamtschuldner sowie die Beklagte zu 3 als Bürgin wie ein Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 126.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2013 (Beklage zu 1 und 2) bzw. seit dem 3. September 2013 (Beklagte zu 3 zu zahlen, wobei die Zahlung der Beklagten zu 3 nur zu erfolgen hat Zug um Zug gegen Übergabe der Bürgschaftsurkunde der R. Versicherung AG Nr. 001 vom 27. Juni 2006 über 126.000,00 €.

2. festzustellen, dass sich die Beklagte zu 3 mit der Annahme der Bürgschaftsurkunde der R. Versicherung AG Nr. 001 vom 27. Juni 2006 über 126.000,00 € in Annahmeverzug befindet.

3. die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin weitere 232.085,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. Juli 2013 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.928,43 € zu zahlen.

4. festzustellen, dass die Beklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin auch die einen Betrag von 367.010,28 € übersteigenden Kosten der Beseitigung der Mängel an der Fassade des Objektes N-Straße 02 in L. zu erstatten, dies unter Berücksichtigung eines Abzuges „neu für alt“ in Höhe von 50% der Kosten des Egalisationsanstrichs der Fassaden- und Laibungsflächen.

Die Beklagten verteidigen das Ersturteil. Sie vertreten die Rechtsauffassung, dass ein etwaiger Kostenvorschussanspruch der Klägerin verjährt sei. Eine Verlängerung der fünfjährigen Gewährleistungsfrist für die Fassade liege nicht vor. Bei den Erklärungen im Abnahmeprotokoll (K 5) handele es sich nicht um Willenserklärungen. Jedenfalls sei es der Klägerin unter Berücksichtigung von Treu und Glauben versagt, sich auf die bloße Unterzeichnung des Abnahmeprotokolls zu berufen. Mängel lägen überdies nicht vor. Falls doch, beruhten diese auf Planungsfehlern der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin beauftragten Architekten. Keinesfalls beträfen Fassadenarbeiten die Schlosser- und Stahlarbeiten. Die Beklagte zu 3 beruft sich darüber hinaus auf § 767 Abs. 1 S. 3 BGB, wonach der Bürge nicht für zeitlich nach der Bürgenerklärung vorgenommene Haftungserweiterung hafte. Mit der Berufung nicht mehr angegriffen wird die Aktivlegitimation der Klägerin (B1/2: SS 11.4.2016, Bl. 657, B3: SS 2.5.2016, Bl. 663).

Im Übrigen wird auf die in der Berufung gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Auf Streitverkündung der Beklagten zu 1 und 2 mit Schriftsatz vom 01.02.2018 ist der Streithelfer zu 3 auf Seiten der Klägerin dem Rechtsstreit beigetreten. Mit Schriftsatz vom 25.05.2018 hat die Klägerin dem Streithelfer zu 3 den Streit verkündet.

Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 11.05.2016 (Bl. 664/666 d. A.) ergänzend Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) E. sowie dessen mündliche Anhörung. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 24.08.2017 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 24.4.2018 (Bl. 931/939) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Die Klage ist im vollen Umfang begründet, das Versäumnisurteil des Landgerichts Coburg vom 29.1.2015 war daher aufzuheben und die Beklagten sind antragsgemäß zu verurteilen.

A.

Ansprüche gegen die Beklagten zu 1 und 2

1. Der Klägerin steht aus übergegangenem Recht gegen die Beklagte zu 1 der geltend gemachte Anspruch auf Kostenvorschuss zu (§ 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B 1992). Danach kann der Auftraggeber die Mängel auf Kosten des Auftragnehmers beseitigen lassen, wenn der Auftragnehmer der Aufforderung zur Mängelbeseitigung in einer vom Auftraggeber gesetzten angemessenen Frist nicht nachkommt. Die Haftung der Beklagten zu 2 ergibt sich aus § 128 HGB.

a. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Rüge der fehlenden Aktivlegitimation wurde von den Beklagten in der Berufung nicht mehr aufrechterhalten.

b. Einem Kostenvorschussanspruch der Klägerin gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VOB/B gegen die Beklagten steht die von diesen erhobene Einrede der Verjährung nicht entgegen.

aa. Entgegen der vom Landgericht vertretenen Rechtsauffassung handelt es sich bei den im Abnahmeprotokoll (B 5) enthaltenen Regelungen zur Verjährung um Willenserklärungen mit der Folge, dass die Gewährleistungsfrist für Mängel an der Fassade erst mit dem 30.4.2016 abgelaufen ist. Die am 10.2.2014 beim Landgericht München erhobene Klage konnte daher die Frist noch rechtzeitig hemmen.

Ein Rechtsgeschäft ist eine Privatwillenserklärung, gerichtet auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges, der nach der Rechtsordnung deswegen eintritt, weil er gewollt ist“. Diese Definition der finalen Willenserklärung bezeichnet die „volltypische“ Willenserklärung, ihren „Vollbegriff“. Auf sie bezieht sich auch die Auslegungsregel des § 133, wonach auf den „wirklichen Willen“ des Erklärenden abzustellen ist (Müko/Armbrüster, 7. Auflage, vor § 116, Rn. 3). Wissenserklärungen wie die Anzeige der Forderungsabtretung (§ 409) HYPERLINK „https://beckonline.beck.de/?vpath=bibdata/komm/MueKoBGB_7_Band1/BGB/cont/MueKoBGB.BGB.p133.glV.gl1.glb.gloo%2Ehtm%20l%20FNID0EXVSBB“, die Mängelanzeige iSv § 377 HGB oder auch die Mitteilung der Schwangerschaft (§ 5 Abs. 1 S. 1 MuSchG) bringen zwar keinen rechtsgeschäftlichen Willen zum Ausdruck, der auf eine bestimmte Rechtsfolge gerichtet ist. Vielmehr tritt die Rechtsfolge kraft Gesetzes ein. Entsprechendes gilt für Willensmitteilungen wie die Mahnung (§ 286 Abs. 1 S. 1) oder die Aufforderung an den gesetzlichen Vertreter (§ 108 Abs. 2) oder an den Vertretenen im Falle des § 177 Abs. 2, sich über die Genehmigung zu erklären. Auf solche geschäftsähnlichen Handlungen sind die Regeln über Willenserklärungen jedoch grundsätzlich auch entsprechend anwendbar (MüKo aaO, Rn. 30).

Im Streitfall haben die Parteien im Abnahmeprotokoll eine veränderte Gewährleistungsfrist vereinbart. Damit haben sie Erklärungen abgegeben, die auf die Hervorbringung eines rechtlichen Erfolges gerichtet waren. Hintergrund war die von den Parteien des Bauvertrags gewünschte Festlegung eines einheitlichen Beginns der Verjährungsfrist für die unterschiedlichen Gewerke. Schon deshalb handelt es sich nicht um die bloße Wiederholung eines Datums. Die Parteien haben ganz bewußt die Änderung der Gewährleistungsfrist herbeiführen wollen. Die Geschäftsführerin der Beklagten zu 2 hat der veränderten Gewährleistungsfrist unterschriftlich zugestimmt. Daran muss sie sich festhalten lassen. Dass sie ihre Unterschrift ohne nähere Prüfung auf das Abnahmeprotokoll gesetzt hat, entlastet sie nicht.

bb. Ob die Willenserklärung von der Beklagten zu 1 hätte wirksam angefochten werden können, kann offen bleiben. Jedenfalls ist eine etwaige Anfechtungserklärung der Beklagten zu 1 gemäß § 143 Abs. 1 BGB verspätet. Eine Anfechtungserklärung muss auf Grund ihres objektiven Erklärungswerts erkennen lassen, dass der Anfechtungsberechtigte seine vorangehende Erklärung nicht gelten lassen will. Es kommt nicht darauf an, ob das Wort „anfechten“ verwendet wird. Entscheidend ist allein, dass die Willensäußerung unzweideutig erkennen lässt, dass ein Rechtsgeschäft wegen eines Fehlers, insbesondere wegen eines Willensmangels, beseitigt werden soll. Es gelten insoweit die allgemeinen Auslegungsregeln für Willenserklärungen, insbesondere können auch außerhalb der Anfechtungserklärung liegende Umstände zur Ermittlung des Willens herangezogen werden. Die Mitteilung, man habe die gelieferte Ware nicht bestellt, bildet insoweit ebenso wenig eine unzweideutige Anfechtungserklärung wie eine Strafanzeige gegen den Anfechtungsgegner oder die Aufrechterhaltung des Antrages auf Klagabweisung. Keine eindeutige Anfechtungserklärung liegt auch vor, wenn mit ihr die unvereinbare Forderung nach Schadensersatz wegen Nichterfüllung verbunden wird (MüKo aaO § 143, Rn. 2)

Gemessen daran enthält das Schreiben der Beklagten zu 1 vom 22.12.2011 (B 6) keine Anfechtungserklärung gemäß § 143 Abs. 1 BGB. Das Schreiben bezieht sich lediglich darauf, dass eine Verlängerung der Gewährleistung mit Herrn S. für die gesamten Fassadenarbeiten auf 10 Jahre nicht vereinbart wurde. Vielmehr sei die Gewährleistungszeit nur verlängert worden bezüglich der in dem vertraglich vereinbarten Gewährleistungszeit angemeldeten, anerkannten und beseitigten Mängel. Aus der von den Beklagten zu 1 und 2 vorgelegten Anlage B 5 ist tatsächlich ersichtlich, dass hinsichtlich bereits angezeigter und beseitigter Mängel eine Gewährleistungsverlängerung auf 10 Jahre vereinbart worden ist. Darum geht es hier aber nicht. Das Schreiben vom 22.12.2011 enthält keinerlei Bezug zu der Willenserklärung im Abnahmeprotokoll (K 5). Zudem läßt sich aus der Formulierung „gern können wir uns nächstes Jahr noch einmal darüber unterhalten“ keinesfalls entnehmen, dass das Rechtsgeschäft wegen eines Fehlers, insbesondere wegen eines Willensmangels, beseitigt werden soll.

Eine erstmalige Bezugnahme der Beklagten auf das Abnahmeprotokoll (K 5) erfolgte mit Schreiben vom 10.4.2013 (K 17). Dieses Schreiben war aber nicht mehr unverzüglich im Sinne von § 121 BGB.

cc. Der Klägerin ist es auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt, sich auf die verlängerte Gewährleistungsfrist zu berufen. Die Grundsätze von Treu und Glauben erfordern zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Empfänger eines Vertragsangebots seinen davon abweichenden Vertragswillen in der Annahmeerklärung klar und unzweideutig zum Ausdruck bringt (vgl. BGH NZBau 2010, 628). Darum geht es hier aber nicht. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat kein abweichendes Angebot in der Annahmeerklärung unterbreitet. Vielmehr wurde nach Vertragsabschluss eine Vertragsänderung vorgenommen.

dd. Die Auslegung der rechtsgeschäftlich verlängerten Gewährleistungsfrist im Abnahmeprotokoll gemäß § 133,157 BGB ergibt, dass die Gewährleistungsfrist für sämtliche an der Fassade beteiligten Gewerke 10 Jahre beträgt. Der Senat folgt nicht der Rechtsauffassung der Beklagten, dass die Verlängerung der Gewährleistung hinsichtlich der Fassade nur Arbeiten am Wärmedämmverbundsystem umfasst, nicht hingegen Stahlbauarbeiten und Schlosserarbeiten. Hierfür ergibt sich aus dem Abnahmeprotokoll keinerlei Anhalt. Hätten die Parteien des Bauvertrags dies gewollt, hätten sie im Abnahmeprotokoll die unterschiedlichen Gewährleistungsfristen nach den einzelnen Gewerken geregelt. Dies ergibt sich daraus, die sie die Gewerke im Abnahmeprotokoll auf S. 1 (K 5) im Einzelnen angeführt haben.

c. Das Werk der Beklagten zu 1 war mangelhaft i.S.v. § 13 Nr. 1 VOB/B 1992, wonach der Auftragnehmer die Gewähr dafür übernimmt, dass seine Leistung zur Zeit der Abnahme die vertraglich zugesicherten Eigenschaften hat, den anerkannten Regeln der Technik entspricht und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern.

Weil das Landgericht rechtsfehlerhaft die Ansprüche der Klägerin für verjährt erachtet hat, konnte es - aus seiner Sicht folgerichtig - offen lassen, ob der Klägerin ein Kostenvorschussanspruch zur Beseitigung der behaupteten Mängel zusteht. Die Klägerin hat hierzu beantragt, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Der Senat hat die Beweisaufnahme insoweit nachgeholt.

Der vom Senat bestellte Sachverständige E. hat festgestellt, dass folgende Mängel vorliegen:  

Mangel Ziff. 1 (Gutachten S. 92):

An den Abdeckungen der Balkonbrüstungen fehlen die Tropfkanten entweder ganz, sind zu nahe an der darunterliegenden Putzoberfläche angeordnet oder sind eingeputzt.

Die seitlichen Anbindungen bzw. Anschlüsse wurden ohne wirksame Abdichtungsmaßnahmen ausgeführt. Vorkomprimierte Dichtbänder fehlen oder liegen in falscher Baulage.

Die Befestigungsschrauben sind nicht eingedichtet.

Mangel Ziff. 2 (Gutachten S. 92):

Die seitlichen Anbindungen bzw. Anschlüsse wurden ohne wirksame Abdichtungsmaßnahmen ausgeführt. Vorkomprimierte Dichtbänder fehlen oder liegen in falscher Einbaulage. Die Befestigungsschrauben sind nicht eingedichtet.

Mangel Ziff. 3 (Gutachten S. 92):

Die Tropfkanten fehlen. Es wurden keine Trennungen zwischen Putz und angrenzenden Bauteilen ausgeführt.

Mangel Ziff. 4 (Gutachten S. 93)

An der überwiegenden Mehrzahl der Fenster steht die Laibungsflächendämmung über die Bordprofile hinaus. Die Unterseiten dieser Überstände sind nicht verputzt. An 2 Bauteilöffnungen fehlen Dichtbänder bzw. sind fehlerhaft eingebaut.

Mangel Ziff. 5 (Gutachten S. 93):

Bei 3 Bauteilöffnungen liegen an den Flachstahlanschlüssen der Absturzgeländer keine wirksamen Abdichtungsmaßnahmen gegen Schlagregen vor. Vorkomprimierte Dichtbänder fehlen. An einer Bauteilöffnung ist die Schaumfüllung lückenhaft und ein Dichtband fehlerhaft platziert. Entkoppelungsmaßnahmen an den Stahlprofileinbindungen (z.B. Trennschnitte) wurden nicht ausgeführt.

Mangel Ziff. 6 (Gutachten S. 93)

Die seitlichen Anbindungen bzw. Anschlüsse wurden ohne wirksame Abdichtungsmaßnahmen ausgeführt. Vorkomprimierte Dichtbänder fehlen oder liegen in falscher Einbaulage.

Mangel Ziff. 7 (Gutachten S. 94)

Die Abdeckungen weisen eine zu geringe Abkantungshöhe nach unten auf. Mangel Ziff. 9 (Gutachten S. 94):

Die Gebäudetrennfugen wurden mit vorkomprimiertem Dichtband verschlossen. Diese Ausführung widerspricht dem Leistungsverzeichnis. Dort sind Schlaufenprofile ausgeschrieben gewesen. Darüber hinaus wurden die Dichtbänder in zu geringer Dimension eingebaut. Mangel Ziff. 10 (Gutachten S. 94):

Die Putzschicht wurde fest und starr an die Betonbauteile angeschlossen, Dichtbänder konnten an einer Bauteilöffnung nicht vorgefunden werden. Schlaufenprofile wurden nicht eingebaut.

Mangel Ziff. 11 (Gutachten S. 95):

Das Flächengewebe im Unterputz ist lückenhaft eingebaut. Mangel Ziff. 12 (Gutachten Seite 95):

Die Attikaaufkantung sowie die seitlichen Geländerbefestigungen am Wanddurchbruch sind fehlerhaft ausgeführt. Es fehlen an den Anschlüssen zum WDVS wirksame Abdichtungsmaßnahmen.

Mangel Ziff. 13 (Gutachten S. 95):

Umrisse der Dämmplatten zeichnen sich auf der Putzschicht ab. Mangel Ziff. 14 (Gutachten S. 95):

Die Unterputzdicken betragen an den gemessenen Stellen 1,7 - 2,3 mm statt 3 mm.

Mangel Ziff. 15 (Gutachten S. 96):

Die Sockelbereiche sind unzureichend abgedichtet.

Mangel Art. 16 (Gutachten S. 96):

Die Stahlplatten der Sonnenschutzlamellen wurden durch das WDVS hindurch am massiven Mauerwerksuntergrund befestigt. Die Stahlplatten liegen außerhalb des WDVS und sind nicht putzbündig eingebaut. Entkoppelungen der Putzschicht wurden nicht ausgeführt. Abdichtungsmaßnahmen an den Anschlüssen fehlen bei 2 Bauteilöffnungen.

Mangel Ziff. 17 (Gutachten S. 97):

An den Längsseiten der Stahlbetonfertigteilüberdachungen befinden sich keine Tropfkanten. Mangel Ziff. 18 (Gutachten S. 97):

Als Wandschutzplatte wurde eine Faserzementplatte verbaut. Die Stoßfuge zwischen 2 Platten ist weder verspachtelt, noch mit einem Schleppstreifen überbrückt.

Soweit klägerseits weitere Mängel behauptet worden, sind diese durch das Sachverständigengutachten nicht bewiesen. Insoweit wird auf das schriftliche Gutachten vom 24.8.2017 Bezug genommen.

Die Parteien hatten Gelegenheit zur Stellungnahme zum schriftliche Gutachten, die sie auch genutzt haben. Der Sachverständige wurde zum Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat geladen. Einwendungen gegen die vom Sachverständigen festgestellten Ausführungsmängel wurden dort lediglich vom Streithelfer zu 2 im Hinblick auf Trenn- und Kellenschnitt sowie Abdichtungsmaßnahmen erhoben. Der Sachverständige blieb bei seiner Feststellung, dass Trennschnitt und Kellenschnitt nicht angebracht wurden. Es sei sogar ausdrücklich danach gesucht worden. Ein Verrutschen des Dichtbandes sei nur dann möglich, wenn beim Untergrund nicht sauber gearbeitet wurde und die Klebefolie deshalb nicht halte. Weitere Einwendungen gegen die Vorgehensweise und die Feststellungen des Sachverständigen bezüglich der Ausführungsmängel, die dieser gründlich vorgenommen und für den Senat sehr anschaulich und nachvollziehbar dargelegt hat, sind nicht erhoben worden. Der Senat erachtet daher die Feststellungen des Sachverständigen als zutreffend.

d. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hat die Beklagte zu 1 mit Schreiben vom 01.11.2012 (K13) unter Fristsetzung bis zum 30.04.2013 zur Beseitigung von Mängeln aufgefordert, dem die Beklagte zu 1 nicht nachgekommen ist.

e. Der erforderliche Betrag der Kosten der Mängelbeseitigung durch Drittfirmen beläuft sich auf 500.728,10 Euro (brutto). Der Senat folgt der Feststellung des Sachverständigen, dass eine komplette Erneuerung der Putzschicht erforderlich ist, weil aufgrund der Vielzahl der Nachbesserungsstellen (Anschlussbereiche mit fehlenden Verdichtungen) ein Flickenteppich entstehen würde, der nicht dem üblichen Bild entspricht. Weitere konkrete Einwendungen gegen die Höhe der Mängelbeseitigungskosten sind nicht erhoben worden. Soweit die Streithelferin zu 1 erstmals mit Schriftsatz vom 5.6.2018 moniert, dass der Sachverständige sich nicht mit den klägerseits behaupteten konkreten Mangelbeseitigungsmaßnahmen (K 12) auseinandergesetzt hat, kann sie damit nicht mehr gehört werden. Die Parteien hatten im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat Gelegenheit, den Sachverständigen hierzu ggf. ergänzend zu befragen. Diese Gelegenheit hat die Streithelferin zu 1 ungenutzt verstreichen lassen. Im Übrigen setzt sich die Streithelferin mit ihrem Vortrag in Widerspruch zur Hauptpartei. Die Beklagten zu 1 und 2 gehen inzwischen selbst von Sanierungskosten in Höhe von 347.752,00 € ohne Zuschläge aus (SS vom 29.05.2018, Bl. 992).

Damit ergibt sich für den Vorschußanspruch der Klägerin zunächst folgende Berechnung: Ein Vorschussbetrag von 500.728,10 EUR brutto (420.779,92 Euro netto zzgl. Umsatzsteuer von 19% =72.948,18 EUR) ist zur Beseitigung der bestehenden Mängel erforderlich. Der Senat hat keinen Zweifel an der Richtigkeit der Einschätzung des Sachverständigen im schriftlichen Gutachten und der mündlichen Erörterung und geht von ihr aus.

f. Die Beklagten können der Klägerin jedoch die zum Teil fehlerhafte Planung durch den Bauherrn haftungsmindernd entgegen halten, §§ 242, 254HYPERLINK „http://https/www.juris.de/r3/?docId=BJNR001950896BJNE027102377& docFormat=xsl& docPart=S", 278 BGB. Dies führt aber im Ergebnis nicht zu einer teilweisen Klageabweisung, da auch der gekürzte Anspruch den mit der Klage geltend gemachten Betrag übersteigt (§ 308 Abs. 1 ZPO).

aa. Im vorliegenden Fall war die Planung für das Bauvorhaben Sache des Bauherrn, der Rechtsvorgängerin der Klägerin. Denn aus den von den Parteien vorgelegten schriftlichen Unterlagen ergibt sich kein Hinweis darauf, dass die Beklagte zu 1 die Planung des Bauvorhabens schuldete; selbst die Klägerin hat dies nicht behauptet.

Ist ein Fehler des Gewerkes jedoch auch auf falsche oder unterbliebene Planung zurückzuführen, haftet regelmäßig der Bauherr mit, der sich eine fehlende Planung und das Planungsverschulden seines Architekten anrechnen lassen muss (§§ 242, 254HYPERLINK „http://https/www.juris.de/r3/?docId=BJNR001950896BJNE027102377& docFormat=xsl& docPart=S", 278 BGB); der Bauherr muss sich dann an den Nachbesserungskosten beteiligen (BGH NJW 1984, 1676, 1677 m.w.N.). Da der planende Architekt stets Erfüllungsgehilfe des Bauherren gegenüber dem Unternehmer ist, kann der in Anspruch genommene Unternehmer dem Bauherren ggfls. ein mitwirkendes Verschulden gemäß § 254 BGB entgegenhalten, weil der Bauherr verpflichtet ist, dem Unternehmer eine mangelfreie Planung für die Bauausführung zur Verfügung zu stellen (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl., Rdn. 2481, 2484). Im Verhältnis zu dem Bauherren kann der Bauunternehmer nur mit dem Teil des Schadens zur Verantwortung gezogen werden, der auch von ihm im Innenverhältnis zum Architekten zu tragen ist, so dass der Bauunternehmer später vom Architekten auch keinen Ausgleich verlangen kann. Der Unternehmer kann nicht auf seinen Ausgleichsanspruch gegen den Architekten außerhalb des Rechtsstreits zwischen Bauherr und Bauunternehmer verwiesen werden. Der Unternehmer haftet von vornherein nur mit einer Quote. Die gesamtschuldnerische Haftung des Unternehmers besteht dann auch lediglich in Höhe dieser Quote (Werner/Pastor, aaO, Rdn. 2489; Wirth in Ingenstau/Korbion, VOB, 20. Aufl., vor § 13 Rdn. 256).

In der mündlichen Anhörung vor dem Senat hat der Sachverständige E. festgestellt, dass beim Bauvorhaben sowohl Planungs- als auch Ausführungsfehler vorliegen. Planungsfehler liegen an vier Stellen vor. Eine fehlerhafte Detailplanung besteht im Bereich Tropfkante an den Stahlblechen. Bei den Fensterumwehrungen ist der Bauplan mangelhaft. Weiterhin liegt ein von den allgemeinen Anforderungen abweichender Bauplan bei den Attikaverblechungen vor. Und letztlich ist die Ausschreibung zur Ausführung des Sockels fehlerhaft. In allen vier Bereichen wurden die Arbeiten entsprechend der falschen Planvorgaben ausgeführt. Der Senat hat keinen Zweifel an der Richtigkeit der Einschätzung des Sachverständigen und geht von ihr aus.

Bei der gebotenen Abwägung nach § 254 BGB fiel hier zu Lasten der Beklagten zu 1 ins Gewicht, dass sie die Planungsfehler bei den Fensterumwehrungen, Attikaverblechungen und Sockel hätte erkennen können. Bei Berücksichtigung dieser Gesamtumstände erschien es angemessen, das Mitverschulden der Rechtsvorgängerin der Klägerin wegen der fehlerhaften Planung insoweit mit 70% zu bemessen. Da der Planungsfehler hinsichtlich der Tropfkante für das ausführende Unternehmen nicht erkennbar war, bemisst der Senat das Mitverschulden der Rechtsvorgängerin der Klägerin insoweit mit 100%.

bb. Dies führt nach den Berechnungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 24.4.2018 (Bl. 935 f.), denen sich der Senat anschließt, zu folgender Anspruchskürzung:

(1) Zur Mangelbeseitigung hinsichtlich der fehlerhaft geplanten Tropfkante sind 8.450,00 € erforderlich (Positionen 13 und 14 des schriftlichen Sachverständigengutachtens, S. 85). Die Mitverschuldensquote beträgt 100%. Abzuziehen sind somit 8.450,00 €.

(2) Zur Mangelbeseitigung hinsichtlich der Fensterumwehrungen sind 3.770,00 € erforderlich (Positionen 26 und 27 des schriftlichen Sachverständigengutachtens, S. 86). Die Mitverschuldensquote beträgt 70%. Abzuziehen sind somit 2.639,00 €.

(3) Zur Mangelbeseitigung hinsichtlich der Attikableche sind 19.250,00 € erforderlich (Positionen 28 bis 31 des schriftlichen Sachverständigengutachtens, S. 86 f.). Die Mitverschuldensquote beträgt 70%. Abzuziehen sind somit 13.475,00 €.

(4) Eine weitere Kürzung wegen Planungsfehlern im Sockelbereich findet nicht statt. Zwar führt allein der Planungsfehler im Sockelbereich nach den Feststellungen des Sachverständigen dazu, dass zumindest die hiervon betroffenen Fassaden vollständig zu erneuern wären. Ausnahmsweise haftet der Bauunternehmer aber trotz eines Planungsfehlers des Architekten auf die gesamten Mängelbeseitigungskosten, wenn der Schaden sowohl durch einen Planungsfehler des Architekten als auch durch einen Ausführungsfehler des Bauunternehmers entstanden ist, und der Ausführungsfehler auch ohne den Planungsmangel selbständig zum vollen eingetretenen Schaden beigetragen hat (Werner /Pastor, aaO Rdn. 2490). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier vor. Der Sachverständige E. hat in der mündlichen Erörterung überzeugend festgestellt, dass es sich sowohl um einen Planungs- als auch um Ausführungsfehler handelt, jeder Fehler aber bereits für sich betrachtet, den Schaden in vollem Umfang herbeigeführt hätte (Protokoll vom 24.04.2018, S. 6). Die Haftung der Beklagten zu 1. für die gesamten Mangelbeseitigungskosten hinsichtlich der kompletten Überarbeitung der Fassade gegenüber der Klägerin beruht somit darauf, dass die von ihr zu verantwortenden Ausführungsfehler auch ohne den Planungsmangel selbständig zum vollen eingetretenen Schaden geführt hätten.

(5) Der zur Mängelbeseitigung erforderliche Betrag von netto 347.752,00 EUR (ohne Nebenkosten) ist somit um 24.564,00 (8.450,00 €, 2.639,00 €,13.475,00 €) zu kürzen, so dass sich ein Betrag von 323.188,00 € ergibt. Abzüglich eines Nebenkostenanteils in Höhe von 3.306,00 € errechnet sich ein Betrag 319.992,00 €. Hinzu kommen Nebenkosten für Baustelleneinrichtung in Höhe von 10.432,56 € sowie Aufwand für Fachplanung und Bauüberwachung in Höhe von 62.595,36 €. Daraus errechnet sich ein Betrag für die Mängelbeseitigung in Höhe von 393.019,92 €. Zuzüglich Umsatzsteuer von 19% ergibt sich somit ein Vorschussanspruch der Klägerin von brutto 467.693,70 €. Dieser Betrag übersteigt den mit der Klage geltend gemachten Betrag von 358.085,28 € (§ 308 Abs. 1 ZPO).

g. Der Aufwand für die Mängelbeseitigung ist schließlich nicht aus dem Grunde zu kürzen, dass die Klägerin nach 12 Jahren Standzeit des Gebäudes eine neue Fassade erhält, deren Lebensdauer über diejenige der alten Fassade hinausgeht, auch wenn diese mangelfrei gewesen wäre. Diesem Vorteil steht der gleichwertige Nachteil gegenüber, dass die Klägerin seit der ersten Mängelrüge mit der Fassade hat vorliebnehmen müssen, die zahlreiche Risse aufweist und von Niederschlagswasser angegriffen wird, weil die Beklagte zu 1 ihrer Pflicht zur Nacherfüllung nicht nachgekommen ist.

2. Zinsen kann die Klägerin von der Beklagten zu 1 gemäß § 286 BGB seit 22.7.2013 beanspruchen. Die Beklagte zu 1 befand sich aufgrund Aufforderungsschreibens der Klägerin vom 22.5.2013 (K18) in Zahlungsverzug.

3. Die Klägerin macht neben der Hauptforderung als Nebenforderung die Erstattung vorgerichtlich entstandener Anwaltsgebühren in Höhe von 3.928,43 € geltend. Diese Forderung ist gerechtfertigt.

Die Anwaltsgebühren sind zwar nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzuges (§ BGB § 286 BGB) als Rechtsverfolgungskosten erstattungsfähig, da diese Kosten bereits entstanden sind, als die Beklagte zu 1 noch nicht mit der Begleichung der Forderung der Klägerin auf Vorschuß zu den Selbstvornahmekosten in Verzug war (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 77. Aufl. 2018, Rz. 42 zu § 286). Mit anwaltlichem Schreiben (K18) ist die Beklagte zu 1 erstmalig zur Zahlung aufgefordert worden.

Als Anspruchsgrundlage für einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ist hier indessen der Schadensersatzanspruch wegen vertraglicher Pflichtverletzung gemäß § 13 Nr. 7 Abs. 3 S. 2 a VOB/ B i. V. m. §§ 634 Nr. 4, BGB, 280, 249 BGB heranzuziehen.

Anknüpfungspunkt für die Pflichtverletzung ist die Mangelhaftigkeit der Werkleistung der Beklagten zu 1. Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung, die wie hier eine adäquatkausale Folge der Mangelhaftigkeit des hergestellten Werkes sind, können als Mangelfolgeschäden erstattet verlangt werden (vgl. BGH, Urteil vom 25.09.2003, Az.: VII ZR 357/02).

4. Der Klägerin steht auch das nötige Feststellungsinteresse für den Klageantrag zu 4 zu. Der Vorschussklage ist es immanent, dass die später nach Durchführung der Selbstvornahme entstehenden Kosten entweder höher oder niedriger als der geltend gemachte Vorschuss sein können. Darauf muss sich der Werkunternehmer einstellen. Der Auftragnehmer muss solange mit Nachforderungen rechnen, als die Kosten der Mängelbeseitigung nicht endgültig feststehen. Der Senat sieht daher das Feststellungsinteresse als gegeben an, um bei etwaig höher anfallenden Selbstvornahmekosten, als im Sachverständigengutachten prognostizierend festgestellt, einen Streit der Parteien über die Berechtigung dieser Mehrkosten zu vermeiden (vgl. OLG Koblenz, Az.: 3 U 689/13).

Soweit die Klägerin im Klageantrag einen Abzug „Neu für alt“ berücksichtigt hat, ist der Senat hieran gebunden § 308 Abs. 1 ZPO.

B.

Ansprüche gegen die Beklagten zu 3

1. Die Beklagte zu 3 ist der Klägerin gemäß § 765 BGB aus der übernommenen Gewährleistungsbürgschaft (K6) zur Zahlung von 126.000,00 EUR verpflichtet, weil sich die Beklagte zu 3 wirksam für die von der Klägerin geltend gemachte Hauptschuld verbürgt hat, die gesicherte Hauptschuld besteht und der Bürgschaftsfall eingetreten ist.

a. Die Beklagte kann sich nicht auf § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB berufen, wonach die Verpflichtung des Bürgen durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, nicht erweitert wird. Dieses sog. „Verbot der Fremddisposition“ ist verletzt, wenn der Bürge einem für ihn in seinem Umfang nicht vorhersehbaren, über das aktuelle Sicherungsbedürfnis des Gläubigers hinausreichenden Risiko ausgesetzt wird, also der Kreis der künftigen Forderungen nicht von Anfang an klar abgesteckt ist (Palandt-Sprau, BGB, 77. Auflage, § 765, Rn. 20 m. w. N.).

Ein solcher Verstoß gegen das Verbot der Fremddisposition durch die Verlängerung der Gewährleistungsfrist liegt aber nicht vor. Die Beklagte zu 3 hat nicht dargelegt, dass die Gewährleistungsfrist zeitlich nach der Übernahme der Bürgschaft verlängert wurde. Selbst wenn - so die Behauptung der Beklagten zu 3 - die Gewährleistungsverlängerung im Abnahmeprotokoll erst am 28.06.2006 von der Bauherrin unterzeichnet wurde, erfolgte dies nicht nach Erteilung der Bürgschaftserklärung. Denn entgegen der Annahme der Beklagten zu 3 kommt es für die Bestimmung des richtigen Zeitpunkts nicht auf die Unterzeichnung der Bürgschaftsurkunde durch den Bürgen an. Zur Wahrung der Schriftform des § 766 S. 1 BGB genügt nicht die im Streitfall am 27.06.2006 erfolgte Unterzeichnung der Bürgschaftsurkunde durch den Bürgen. In Übereinstimmung mit §§ 780 S. 1, 781 S. 1 BGB muss vielmehr hinzukommen, dass der Bürge die in der Bürgschaftsurkunde verkörperte Willenserklärung dem Gläubiger erteilt. Wie der Zugang ist auch die Erteilung Wirksamkeitsvoraussetzung der Bürgschaftserklärung. Bei fehlender Erteilung ist die Bürgschaftserklärung wegen Formmangels nichtig gemäß § 125 S. 1 BGB. Der Begriff des Erteilens verlangt eine Entäußerung gegenüber dem Gläubiger in der Weise, dass die schriftliche Erklärung diesem selbst oder einem Empfangsvertreter oder -boten sei es auch nur vorübergehend zur Verfügung gestellt wird (MüKo - Habersack, BGB, 2017, § 766, Rn. 24). Hierzu fehlt es an Vortrag, worauf die Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 11.01.2016 (Bl. 606) hingewiesen hat.

b. Die Beklagte zu 3 kann dem Anspruch der Klägerin auch nicht die Einrede der Unwirksamkeit der zugrundeliegenden Sicherungsabrede gemäß §§ 821, 812HYPERLINK „http://https/www.juris.de/r3/?docId=BJNR001950896BJNE079602377& docFormat=xsl& docPart=S", 768 Abs. 1 BGB entgegenhalten. Die Sicherungsabrede aus dem Bauvertrag zwischen der Rechtsvorgängerin der Klägerin und der Hauptschuldnerin ist wirksam. Ob die Vertragsbedingungen des Bauvertrags als AGB an § 307 BGB zu messen sind, kann offenbleiben. Sie wären auch dann wirksam. Denn die Vertragsbedingungen zur Sicherheitsleistung durch Bürgschaft unter § 9 des Bauvertrags benachteiligen die Hauptschuldnerin weder für sich genommen noch in ihrem Zusammenhang unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB.

Die Pflicht, eine Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von 10% zu stellen, ist für sich genommen ebenso wenig zu beanstanden wie die Pflicht zur Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5%. Üblich und als Obergrenze auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen von der Rechtsprechung grundsätzlich gebilligt sind bis zu 10% der Auftragssumme für die Vertragserfüllungssicherheit (vgl. BGH, NJW 2011, 2125) und bis zu 5% der Abrechnungssumme für die Gewährleistungsbürgschaft (vgl. BGH, MDR 2004, 805).

Eine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers durch die AGB des Auftraggebers kann sich auch aus einer Gesamtwirkung mehrerer, jeweils für sich genommen nicht zu beanstandender Vertragsbestimmungen ergeben (BGH ZfIR 2016, 564). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Auftragnehmer dem Auftraggeber auch über den Zeitraum der Abnahme hinaus wegen Mängelansprüchen eine überhöhte Sicherheit zu leisten hat, weil durch die Vertragserfüllungssicherheit auch Gewährleistungsansprüche abgesichert werden und es dem Auftraggeber deshalb möglich ist, die Vertragserfüllungssicherheit noch längere Zeit nach der Abnahme zu behalten (BGH, Urteil vom 23. Januar 2015 - VII ZR 120/14 m.w.N.).

So verhält es sich im hier zu entscheidenden Fall aber nicht. Bei Zugrundelegung der insoweit maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung der Vertragsbedingungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 5. Mai 2011 - VII ZR 179/10) tritt für die Zeit nach der Abnahme der Werkleistung keine Kumulation von Vertragserfüllungs- und Gewährleistungsbürgschaft ein. Durch die im Vertrag in § 9 Ziff. 3 geregelte Rückübertragung Zug um Zug kommt es nicht zu einer Überschneidung beider Bürgschaftsformen mit der Folge, dass der Auftraggeber nicht beide Sicherheiten nebeneinander beanspruchen kann. Vielmehr ist durch die Vertragsgestaltung sichergestellt, dass die eine Bürgschaft die andere ablöst.

Die im übrigen von der Beklagten zu 3 angeführten Entscheidungen sind nicht einschlägig.

2. Verzugszinsen kann die Klägerin von der Beklagten zu 1 gemäß § 286 BGB seit 03.09.2013 beanspruchen. Die Beklagte zu 3 befand sich aufgrund Aufforderungsschreibens der Klägerin vom 22.5.2013 (K19) in Zahlungsverzug.

3. Da die Beklagte zu 3 die volle Bürgschaftssumme zahlen muss, hat sie Anspruch auf Rückgabe der Originalbürgschaftsurkunde gemäß §§ 371 S. 1, 368 S. 1 BGB. Die Klägerin hat der Beklagten zu 3 die Übergabe der Bürgschaftsurkunde Nr. 001 der R. Versicherung AG über 126.000,00 EUR vom 27. 6.2006 Zug um Zug gegen Auszahlung der Bürgschaftssumme mit der Klageschrift vom 6.2.2014 (S. 9, Bl. 9) angeboten. Da die Beklagte zu 3 die Zahlung aus der Bürgschaft verweigert hat, befindet sie sich daher in Annahmeverzug. Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus § 756 Abs. 1, 765 Nr. 1 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht hinsichtlich der ersten Instanz auf §§ 91 Abs. 1, 100, 101, 344 ZPO und hinsichtlich der zweiten Instanz auf §§ 91 Abs. 1, 97, 100, 101 ZPO. Die Entscheidung über die Abwendungsbefugnis beruht auf § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern. Der Senat folgt der herrschenden Rechtsprechung der anderen Oberlandesgerichte (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.10.2014 abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.015,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.07.2014 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die weitergehende Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Kläger 65% und die Beklagte 35%.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung jeweils abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

7. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.815,60 € festgesetzt.

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Widerrufs eines Darlehensvertrags und über einen Anspruch der Kläger auf teilweise Rückzahlung des zur Ablösung des Darlehens an die Beklagte geleisteten Betrages.

Die Kläger vereinbarten mit der Beklagten am 09.04.2008 ein Darlehen mit anfänglichem Festzins über einen Nennbetrag von 50.000,00 €. Die bis zum 30.04.2013 unveränderliche Verzinsung betrug nominal 6,00% und effektiv 6,17%. Die Tilgung sollte durch monatliche Raten in Höhe von 3% jährlich zuzüglich der ersparten Zinsen erfolgen. Die jährliche Leistungsrate (Zinsen und Tilgung) sollte 4.500,00 € betragen, die in jeweils am Monatsende fälligen monatlichen Teilbeträgen in Höhe von 375,00 € erbracht werden sollte. Zinsen sollten erstmals an dem auf die erste Auszahlung folgenden Zahlungstermin, Tilgungsbeiträge erstmals am 30.04.2008 gezahlt werden. Als Sicherheiten sollten mehrere Grundschulden bestellt werden. Den Klägern wurde am 09.04.2008 eine von ihnen unterschriebene Widerrufsbelehrung ausgehändigt, wegen deren Inhalt und äußerer Gestaltung auf die Anlage K2 Bezug genommen wird. Eine monatliche Annuität in Höhe von 375,00 € leisteten die Kläger letztmals am 30.04.2013.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.06.2013 erklärten die Kläger den Widerruf des Darlehensvertrags. Auf der Basis einer Berechnung der Beklagten vom 19.12.2013 zahlten die Kläger ohne Anerkennung einer Rechtspflicht 40.625,33 € an die Beklagte.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, der Widerruf des Darlehensvertrags sei wirksam und der Beklagten hätte lediglich ein Anspruch auf Zahlung von 34.809,73 € zugestanden.

Die Kläger haben beantragt:

Die Beklagte zahlt an die Kläger zur gesamten Hand 5.815,60 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2013.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihre Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß. Ein Widerrufsrecht der Kläger sei überdies verwirkt. Schließlich sei die Berechnung der Klageforderung nicht schlüssig.

Wegen des darüber hinausgehenden erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf den Tatbestand des am 27.10.2014 verkündeten Endurteils des Landgerichts Nürnberg-Fürth sowie auf die dort genannten Unterlagen Bezug genommen.

Mit diesem Urteil hat das Landgericht Nürnberg-Fürth die Klage abgewiesen. Der erst im Jahr 2014 erklärte Widerruf sei verfristet gewesen und habe den Darlehensvertrag nicht in ein Rückabwicklungsverhältnis umwandeln können.

Gegen dieses, ihrer Prozessbevollmächtigten am 7.11.2014 zugestellte Urteil haben die Kläger mit am 26.11.2014 per Telefax bei Gericht eingegangenem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten am 02.12.2014 begründet.

Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Kläger beantragen:

1. Das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 27.10.2014 (Az.: 10 O 3952/14) wird aufgehoben.

2. Die Beklagte zahlt an die Kläger zur gesamten Hand 5.815,60 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 01.05.2013.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze vom 02.12.2014 (Bl. 114 ff. d. A.), 23.02.2015 (Bl. 153 ff. und 171 f. d. A.), 10.03.2015 (Bl. 174 ff. d. A.) und 25.09.2015 (Bl. 183 ff. d. A.) sowie auf die in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 23.10.2015, 02.11.2015 und 10.11.2015 enthaltenen Rechtsausführungen Bezug genommen.

Der Senat hat keinen Beweis erhoben.

II. Die Berufung ist zulässig, insbesondere an sich statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Das angefochtene Urteil bedarf insoweit der Abänderung. Es lautet auf Klageabweisung, die Klage ist jedoch teilweise begründet.

Die Kläger können von der Beklagten Zahlung von 2.015,55 € verlangen. Ein dahingehender Anspruch steht ihnen aus §§ 812 I 1 Alt. 1, § 818IIBGB zu (1.). Den Klägern steht darüber hinaus eine Verzinsung des zuerkannten Betrags in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 16.07.2014 aus § 288 I 2, § 291BGB zu (2.).

1. In Höhe eines Betrags von 2.015,55 € liegt eine Überzahlung der Kläger vor, deren Wert ihnen nach § 812I1 Alt. 1 BGB, § 818IIBGB von der Beklagten zu erstatten ist.

a. Die nach dem Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags erfolgte Zahlung der Kläger an die Beklagte in Höhe von 40.625,33 € stellt eine Leistung im Sinne des § 812I1BGB dar, die der Beklagten einen entsprechenden Vermögensvorteil verschafft hat.

b. Die Leistung erfolgte in Höhe eines Betrags von 2.015,55 € ohne rechtlichen Grund. Denn der Beklagten stand gegen die Kläger nach dem Widerruf des Darlehensvertrags (aa.) ein Anspruch auf Zahlung von 63.423,38 € (bb.) zu, den die Kläger im Wege der Aufrechnung (dd.) mit ihrem gegen die Beklagte gerichteten Anspruch in Höhe von 24.813,60 € (cc.) zum Erlöschen (§ 389BGB) bringen konnten. Nach der Aufrechnung verblieb eine Forderung der Beklagten in Höhe von 38.609,78 €, auf die die Kläger 40.625,33 € bezahlt haben.

aa. Die Kläger haben den Darlehensvertrag wirksam widerrufen.

(1) Das Widerrufsrecht der Kläger beruht auf § 355 I 1, § 495IBGB in der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags geltenden Fassung (vgl. Art. 229 § 22IIEGBGB).

(2) Die Kläger konnten ihr Widerrufsrecht auch noch mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.06.2013 ausüben. Denn die für den Widerruf geltende Frist von zwei Wochen hat nicht begonnen und ist damit auch nicht verstrichen, weil die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung nicht dem in § 355 II BGB a. F. geregelten Deutlichkeitsgebot genügt hat. Denn eine Belehrung, die sich - wie im vorliegenden Fall - hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf die Aussage beschränkt, dass die Frist „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung [beginnt]“, ist nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend, weil die Verwendung des Wortes „frühestens“ es dem Verbraucher nicht ermöglicht, den Fristbeginn ohne Weiteres zu erkennen (BGH, Beschluss vom 10.02.2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 15.08.2012 - VIII ZR 378/11, juris Rn. 9 m. w. N.). Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf eine gerichtliche Entscheidung (OLG Bamberg, Hinweis nach § 522IIZPO mit Beschluss vom 01.06.2015 - 6 U 13/15, juris) meint, die genannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erfasse die Situation des Abschlusses des streitgegenständlichen Darlehensvertrags deshalb nicht, weil die Vertragserklärungen und die Widerrufsbelehrung jeweils am 09.04.2008 unterzeichnet und übergeben worden seien, folgt der Senat dem nicht. Zum einen finden sich in den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs keine Anhaltspunkte dafür, dass es für die Beurteilung einer Widerrufsbelehrung, die die Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung [beginnt]“ enthält, entscheidend darauf ankomme, ob die Widerrufsbelehrung bei Vertragsschluss oder erst später erfolgt. Auch in einem Fall, in dem Vertragsschluss und Widerrufsbelehrung gleichzeitig erfolgen, schafft die zitierte Formulierung Unklarheiten über den Fristbeginn. Denn die Formulierung „frühestens“ erweckt selbst dann den Anschein, dass die Widerrufsfrist auch zu einem späteren Zeitpunkt beginnen könnte, wenn dem Verbraucher die Vertragserklärungen und die Widerrufsbelehrung gleichzeitig überlassen worden sind. Die Belehrung verdeutlicht nicht, von welchen über den Erhalt der Widerrufsbelehrung hinausgehenden Voraussetzungen der Fristbeginn abhängt. Dass es zusätzlich nur auf den Erhalt der (eigenen) Vertragserklärung ankommt, findet in der verwendeten Belehrung gerade keine Erwähnung. Aus diesem Grund geht auch der Hinweis der Beklagten auf die Senatsrechtsprechung (Senat, Urteil vom 19.01.2015 - 14 U 1101/14, unter II. 2. b) bb) auf Seite 9) fehl.

(3) Die erteilte Belehrung gilt auch nicht gemäß § 14IBGB-InfoV in Verbindung mit der in § 16BGB-InfoV enthaltenen Überleitungsregelung als ordnungsgemäß. Nach dieser Bestimmung genügt die Belehrung über das Widerrufsrecht den Anforderungen des § 355 II BGB a. F. und den diesen ergänzenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14IBGB-InfoV in Textform verwandt wird. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht dem Muster jedoch nicht vollständig. Denn dem Passus „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen [widerrufen]“ ist nach dem Wort „Wochen“ die hochgestellte Zahl „2“ beigefügt, die zu einer nach der Unterschrift des Verbrauchers am unteren Seitenrand des Formulars abgedruckten Fußnote führt, die folgenden Text aufweist: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Das bis zum 31.03.2008 geltende Muster der Anlage 2 zu § 14IBGB-InfoV sieht eine solche Gestaltung nicht vor. Der zu dem im Muster enthaltenen Klammerzusatz „zwei Wochen“ gehörende Gestaltungshinweis informiert darüber, dass der Klammerzusatz anders („einem Monat“) lauten müsse, wenn die Belehrung erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird. Über eine Prüfung der Frist „im Einzelfall“ besagt der Gestaltungshinweis dagegen nichts. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sich die Fußnote nicht an den Darlehensnehmer, sondern an ihre Sachbearbeiter richte, die zu prüfen hätten, ob die Frist zwei Wochen oder einen Monat betrage. Denn für den Darlehensnehmer, dem ein Exemplar der Widerrufsbelehrung in einer der Anlage K2 entsprechenden Form überlassen wird, ist nicht erkennbar, dass sich die in der Fußnote enthaltene Aufforderung („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) nicht an ihn richtet. Die gewählte formale Gestaltung legt es im Gegenteil sogar nahe, dass der Darlehensnehmer sich angesprochen fühlt. Denn bei einer Fußnote handelt es sich um eine „durch eine hochgestellte Ziffer o. Ä. auf eine Textstelle bezogene Anmerkung am unteren Rand einer Seite“ (vgl. z. B. http://www.duden.de/rechtschreibung/Fusznote, abgerufen am 05.11.2015), die typischerweise textbezogene Anmerkungen, Ergänzungen, Erläuterungen oder Zusätze enthält, die bei einer anderen formalen Gestaltung ebenso gut in den Text hätten integriert werden können. Mit Hilfe der Technik der Fußnote wird deren sachlicher Inhalt zum Bestandteil des Textes, auch wenn sich die Fußnote am unteren Seitenrand oder - etwa als „Endnote“ - erst am Ende eines mehrseitigen Textes findet. Es ist auch in einem anderen Kontext kaum vorstellbar, dass sich eine Bank auf das Argument eines Kunden einlassen würde, er habe Sachinformationen - wie zum Beispiel Hinweise auf Risiken einer Anlage - deshalb nicht (als ihn betreffend) zur Kenntnis nehmen müssen, weil sie in einer auf eine bestimmte Textstelle bezogenen Fußnote enthalten wären. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung war daher geeignet, beim Darlehensnehmer den Eindruck hervorzurufen, eine (von ihm vorzunehmende) Prüfung seines Einzelfalls könnte - abhängig von ihm in der Widerrufsbelehrung nicht aufgezeigten Umständen - zur Bestimmung einer Widerrufsfrist von weniger oder von mehr als zwei Wochen führen. Dass die Beklagte mit der gewählten Gestaltung nicht dem Darlehensnehmer eine eigenverantwortliche Ermittlung der Widerrufsfrist abverlangen, sondern diesem das Ergebnis einer bereits durch den zuständigen Banksachbearbeiter durchgeführten Prüfung mitteilen wollte, wird nicht hinreichend deutlich. Die Gestaltung schafft damit unnötige Unklarheiten hinsichtlich der Länge der Widerrufsfrist und stellt damit keine nur geringfügige Anpassung, sondern eine eigene inhaltliche Bearbeitung (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 10.02.2015 - II ZR 163/14, juris Rn. 8; BGH, Urteil vom 01.03.2012 - III ZR 83/11, juris Rn. 17) der Musterbelehrung durch die Beklagte dar (ebenso OLG München, Urteil vom 21.10.2013 - 19 U 1208/13, juris Rn. 37; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 17.10.2012 - 4 U 194/11, juris Rn. 27). Soweit vertreten worden ist (OLG Bamberg, Beschluss vom 01.06.2015 - 6 U 13/15, juris Rn. 82 ff.; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 25.06.2015 - 5 U 9/15; LG Hanau, Urteil vom 29.05.2015 - 1 O 600/14; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 12.10.2015 - 3 U 120/15), eine der streitgegenständlichen Fußnote entsprechende Gestaltung nehme auf den Inhalt der Widerrufsbelehrung keinerlei Einfluss, macht sich der Senat dies aus den dargestellten Gründen nicht zu Eigen. Ob in der Sache anders zu entscheiden wäre, wenn dem Fußnotentext („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) das Wort „Bearbeiterhinweis“ vorangestellt und dadurch ein deutlicherer Adressatenbezug hergestellt wäre (vgl. LG Landshut, Urteil vom 15.01.2015 - 23 O 2511/14, juris Rn. 14, 15, 54; OLG München, Beschlüsse vom 20.04.2015 und 21.05.2015 - 17 U 709/15, juris), kann dahinstehen, weil die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung einen derartigen Zusatz nicht enthält.

(4) Die Beklagte kann sich nicht auf den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung berufen. Zwar ist die Verwirkung eines Widerrufsrechts nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sie kommt aber abhängig von den Umständen des Einzelfalls nur in Betracht, wenn sich ein Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Betrachtung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (BGH, Urteil vom 17.10.2006 - XI ZR 205/05, juris Rn. 24; BGH, Urteil vom 20.05.2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14). Das Verhalten eines Kunden, der von seinem Widerrufsrecht keine Kenntnis hat, lässt keinen Schluss darauf zu, er werde von dem ihm zustehenden Widerrufsrecht keinen Gebrauch machen (BGH, Urteil vom 20.05.2003 - XI ZR 248/02, juris Rn. 14). Genügende Umstände, auf die die Beklagte im vorliegenden Fall ein Vertrauen darauf hätte gründen dürfen, die Kläger würden von ihrem Widerrufsrecht keinen Gebrauch mehr machen, liegen nicht vor:

- Zwar haben die Kläger in der Zeit vom 30.04.2008 bis 30.04.2013 monatliche Zahlungen geleistet und damit ihre vertraglich eingegangenen Zahlungspflichten erfüllt. Allein die Vertragstreue ihrer Kunden hat die Beklagte jedoch nicht zu der Annahme berechtigt, jene würden in Kenntnis eines (noch) bestehenden Widerrufsrechts auch zukünftig von einem Widerruf absehen. Das in den beanstandungsfrei erfolgten Zahlungen zu sehende Indiz dafür, dass ein Darlehensnehmer den Vertrag fortführen wolle, kann erst bei Hinzutreten weiterer gewichtiger Umstandsmomente zum Tragen kommen.

- In der (vollständigen) Rückführung des Darlehens kann ein ein Vertrauen der Bank erzeugendes Umstandsmoment nicht gesehen werden, da die Rückzahlung erst nach Erklärung des Widerrufs erfolgt ist.

- Es bestand für die Beklagte die Möglichkeit der Nachbelehrung. Jedenfalls während der Laufzeit des Darlehens war es ihr zuzumuten, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen, weil der Mangel der Widerrufsbelehrung aus ihrer Sphäre herrührte und sie der gesetzlichen Verpflichtung unterlag, eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zu erteilen.

- Davon, dass die Kläger der Beklagten zu verstehen gegeben haben, ihr (fortbestehendes) Widerrufsrecht zu kennen, es aber nicht ausüben zu wollen, kann nach dem Parteivorbringen nicht ausgegangen werden.

- Unerheblich ist, aus welchen Gründen der Widerruf erfolgt ist, da eine Vertrauensbildung auf Seiten der beklagten Bank nicht von den - ihr auch in der Regel unbekannten - Motiven ihrer Kunden abhängen kann.

Nach alledem durfte die Beklagte auch im Hinblick auf den zwischen dem Vertragsschluss (09.04.2008) und der Erklärung des Widerrufs (24.06.2013) liegenden Zeitraum nicht darauf vertrauen, die Kläger würden nicht (mehr) widerrufen. Dass die Beklagte nicht dargelegt hat, welche Maßnahmen bzw. Dispositionen sie vertrauensbedingt vorgenommen hat, spielt für die Entscheidung daher keine Rolle mehr.

bb. Der mit dem Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags entstandene Anspruch der Beklagten gegen die Kläger beläuft sich auf 63.423,38 €.

(1) Die vor der Schaffung des § 357aBGB maßgeblichen Rechtsfolgen, die nach einem Widerruf der auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärungen eintreten, gestalten sich - übertragen auf den vorliegenden Fall - wie folgt: Die Kläger schulden der Beklagten die Herausgabe der gesamten Darlehensvaluta ohne Rücksicht auf eine (Teil-)Tilgung sowie die Herausgabe von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta. Im Gegenzug schuldet die Beklagte den Klägern die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen sowie die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7 m. w. N.).

(2) Danach schulden die Kläger der Beklagten neben der Herausgabe des in Höhe von 50.000,00 € ausgereichten Darlehens einen Wertersatz für die Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta, mithin 13.423,38 €. Diese Gebrauchsvorteile sind unter Berücksichtigung der monatlichen Tilgungsleistungen der Kläger in Höhe von 3% jährlich des Darlehensbetrags zuzüglich der durch die Rückzahlung ersparten Zinsen zu ermitteln. Der Berechnung ist eine im April 2008 marktübliche Verzinsung von 5,71% zugrunde zu legen. Soweit die Kläger sich auf die in der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank ausgewiesenen Zinssätze für das Neugeschäft der deutschen Banken/Kredite an private Haushalte bezogen haben, führen sie damit zwar den ihnen nach § 346II2BGB obliegenden Nachweis, dass der Wert des Gebrauchsvorteils des Darlehens niedriger als der vertraglich vereinbarte Zins von nominal 6% gewesen ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17.01.2013 - 6 U 64/12, juris Rn. 35, 36). Allerdings betrifft der von den Klägern der Statistik entnommene Zinssatz von 5,25% sonstige Kredite mit einer anfänglichen Zinsbindung von über 5 Jahren (SUD122), wohingegen dem Darlehensvertrag im vorliegenden Fall ersichtlich eine Zinsbindungsdauer von fünf Jahren zugrunde liegt (SUD121). Dass die Kläger bei einer - von ihnen schon nicht vorgetragenen - Auszahlung des Darlehens vor dem 01.05.2008 den vertraglich vereinbarten Zins für wenige Tage mehr als fünf Jahre erhalten haben würden, spielt keine Rolle und gebietet es nicht, den vorliegenden Vertrag mit den durchschnittlichen Konditionen für Kredite mit einer anfänglicher Zinsbindung von über fünf Jahren, womit häufig Zinsbindungszeiträume von bis zu fünfzehn Jahren gemeint sind, zu vergleichen. Soweit die Beklagte geltend gemacht hat, die Kläger hätten sich seinerzeit in einer wirtschaftlich angespannten Situation befunden und bei keinem anderen Kreditinstitut einen Darlehenszins von 5,25% erhalten, konnte eine weitere Sachaufklärung zu der Frage, ob die Kläger im April 2008 einen Darlehenszins von 5,71% anstelle der mit der Beklagten vereinbarten 6% hätten erhalten können, gemäß § 287IIZPO unterbleiben.

Die den Klägern nach den jeweils am Monatsende erfolgenden Tilgungsleistungen verbleibende Darlehensvaluta und der auf diese - unter Berücksichtigung des am 24.06.2013 erklärten Darlehenswiderrufs - jeweils entfallende Gebrauchsvorteil stellen sich im relevanten Zeitraum wie folgt dar:

Darlehensvaluta zum Monatsende

Gebrauchsvorteil i. H. v. 5,71%

April 2008

49.875,00 €

237,32 €

Mai 2008

49.749,38 €

236,72 €

Juni 2008

49.623,12 €

236,12 €

Juli 2008

49.496,24 €

235,52 €

August 2008

49.368,72 €

234,91 €

September 2008

49.240,56 €

243,90 €

Oktober 2008

49.111,77 €

233,69 €

November 2008

48.982,32 €

233,07 €

Dezember 2008

48.852,24 €

232,46 €

Januar 2009

48.721,50 €

231,83 €

Februar 2009

48.590,10 €

231,21 €

März 2009

48.458,05 €

230,58 €

April 2009

48.325,34 €

229,95 €

Mai 2009

48.191,97 €

229,31 €

Juni 2009

48.057,93 €

228,68 €

Juli 2009

47.923,22 €

228,03 €

August 2009

47.787,84 €

227,39 €

September 2009

47.651,78 €

226,74 €

Oktober 2009

47.515,04 €

226,09 €

November 2009

47.377,61 €

225,44 €

Dezember 2009

47.239,50 €

224,78 €

Januar 2010

47.100,70 €

224,12 €

Februar 2010

46.961,20 €

223,46 €

März 2010

46.821,01 €

222,79 €

April 2010

46.680,11 €

222,12 €

Mai 2010

46.538,51 €

221,45 €

Juni 2010

46.396,20 €

220,77 €

Juli 2010

46.253,18 €

220,09 €

August 2010

46.109,45 €

219,40 €

September 2010

45.965,00 €

218,72 €

Oktober 2010

45.819,82 €

218,03 €

November 2010

45.673,92 €

217,33 €

Dezember 2010

45.527,29 €

216,63 €

Januar 2011

45.379,93 €

215,93 €

Februar 2011

45.231,83 €

215,23 €

März 2011

45.082,99 €

214,52 €

April 2011

44.933,40 €

213,81 €

Mai 2011

44.783,07 €

213,09 €

Juni 2011

44.631,98 €

212,37 €

Juli 2011

44.480,14 €

211,65 €

August 2011

44.327,54 €

210,93 €

September 2011

44.174,18 €

210,20 €

Oktober 2011

44.020,05 €

209,46 €

November 2011

43.865,15 €

208,73 €

Dezember 2011

43.709,48 €

207,98 €

Januar 2012

43.553,03 €

207,24 €

Februar 2012

43.395,79 €

206,49 €

März 2012

43.237,77 €

205,74 €

April 2012

43.078,96 €

204,98 €

Mai 2012

42.919,35 €

204,22 €

Juni 2012

42.758,95 €

203,46 €

Juli 2012

42.597,75 €

202,69 €

August 2012

42.435,73 €

201,92 €

September 2012

42.272,91 €

201,15 €

Oktober 2012

42.109,28 €

200,37 €

November 2012

41.944,82 €

199,59 €

Dezember 2012

41.779,55 €

198,80 €

Januar 2013

41.613,45 €

198,01 €

Februar 2013

41.446,51 €

197,22 €

März 2013

41.278,75 €

196,42 €

April 2013

41.110,34 €

195,62 €

Mai 2013

41.110,34 €

156,49 €

13.423,38 €

Der Berechnung liegt zugrunde, dass die Kläger zum 30.04.2008 noch keine volle Annuität in Höhe von 375,00 € geleistet haben (können). Denn nach dem am 09.04.2008 geschlossenen Darlehensvertrag (Anlage K1) sollten Zinsen „erstmals an dem auf die erste Auszahlung folgenden Zahlungstermin, Tilgungsbeiträge erstmals am 30.04.2008 zu zahlen“ sein. Somit kann verlässlich zum 30.04.2008 nur von einer Tilgungsleistung in Höhe von 125,00 € ausgegangen werden. Zahlungen in Höhe von 375,00 € haben die Kläger anschließend in der Zeit vom 31.05.2008 bis 30.04.2013 erbracht.

cc. Der mit dem Widerruf des streitgegenständlichen Darlehensvertrags entstandene Anspruch der Kläger gegen die Beklagte beläuft sich auf 24.813,60 €.

(1) Die Beklagte schuldet den Klägern die Herausgabe bereits erbrachter Zins- und Tilgungsleistungen, die mit 22.625,00 € zu veranschlagen sind. Soweit die Kläger unwidersprochen vorgetragen haben, sie hätten im Zeitraum vom 30.04.2008 bis 30.04.2013 monatliche Annuitäten in Höhe von 375,00 € bezahlt, woraus sich eine Gesamtzahlung in Höhe von 22.875,00 € (61 x 375,00 €) errechne, kann dies der Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden (vgl. bereits oben unter I. 1. b. bb. (2) am Ende). Die Annahme der Zahlung einer vollen Annuität in Höhe von 375,00 € zum 30.04.2008 findet in dem geschlossenen Darlehensvertrag keine Grundlage, wonach Zinsen erstmals an dem auf die erste Auszahlung folgenden Zahlungstermin zu zahlen sind. In dem zwischen dem Vertragsschluss am 09.04.2008 und dem 30.04.2008 liegenden Zeitraum können selbst dann nicht die in der ersten (vollen) Annuität enthaltenen Zinsen in Höhe von 250,00 € angefallen sein, wenn eine Auszahlung des Darlehens am Tag des Vertragsschlusses erfolgt sein sollte. Da die Kläger nicht vorgetragen haben, wann das Darlehen ausbezahlt worden ist, kann nicht von einer bestimmten Zinszahlung zum 30.04.2008 ausgegangen werden. Es bleibt deshalb bei dem zu diesem Zeitpunkt fälligen Tilgungsbetrag in Höhe von 125,00 € und bei 60 Annuitäten in Höhe von 375,00 € in der Zeit vom 31.05.2008 bis 30.04.2013.

(2) Die Beklagte schuldet weiterhin die Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der (widerleglich) vermuteten Nutzung der bis zum Wirksamwerden des Widerrufs erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 1.607,02 €. Es wird (widerleglich) vermutet, dass die Beklagte aus den erhaltenen Zins- und Tilgungsleistungen Nutzungen in Form einer Verzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gezogen hat. Bei Zahlungen an eine Bank besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die Bank Nutzungen im Wert des üblichen Verzugszinses gezogen hat, die sie als Nutzungsersatz herausgeben muss (BGH, Beschluss vom 22.09.2015 - XI ZR 116/15, juris Rn. 7; BGH, Urteil vom 10.03.2009 - XI ZR 33/08, juris Rn. 29; BGH, Urteil vom 24.04.2007 - XI ZR 17/06, juris Rn. 35). Der gesetzliche Verzugszins beträgt im vorliegenden Fall nach § 497I2BGB in der bis zum10.06.2010 gültigen Fassung bzw. nach § 503IIBGB in der ab 11.06.2010 gültigen Fassung 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Denn der Kredit war durch die Bestellung von Grundpfandrechten gesichert. Auch ergeben sich weder aus dem Darlehensvertrag noch aus dem Parteivorbringen noch aus der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank - unter Berücksichtigung einer mit dem Vertragszins möglicherweise gegebenen, aber rechtlich folgenlosen Überschreitung der (von der Deutschen Bundesbank bis zum Jahr 2003 veröffentlichten) oberen Streubreitengrenze um einen Prozentpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 18.12.2007 - XI ZR 324/06, juris Rn. 29) - Anhaltspunkte dafür, dass das Darlehen zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Verträge unüblichen Bedingungen ausgereicht worden ist. Es ist daher von einem Immobiliardarlehen im Sinne des § 492 Ia 2 BGB a. F. bzw. § 503IBGB nF auszugehen. Von der für Schadenersatzansprüche einer Bank entwickelten Rechtsprechung, nach der die Bank im Rahmen der abstrakten Schadensberechnung als Verzögerungsschaden Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe geltend machen kann, ohne Angaben zur Schadenshöhe machen zu müssen, sind Realkredite ausgenommen (BGH, Urteil vom 18.02.1992 - XI ZR 134/91, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 12.05.1998 - XI ZR 79/97, juris Rn. 23). Da die zugunsten einer Bank bei der Berechnung ihres Verzugsschadens geltenden Grundsätze auch im Rahmen der Schätzung der von ihr gezogenen Nutzungszinsen Beachtung finden (BGH, Urteil vom 12.05.1998 - XI ZR 79/97, juris Rn. 24), geht es in Fällen des Realkredits nicht an, zum Nachteil der Bank eine Nutzungsziehung in Höhe des allgemeinen gesetzlichen Verzugszinses von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 288I2BGB) widerleglich zu vermuten, wenn die Bank ihrerseits in einem solchen Fall bei Kündigung des Kredits wegen Zahlungsverzugs vom Kunden nur einen Verzugszins nach § 503IIBGB nF - als abstrakt berechneten Verzugsschaden - verlangen dürfte. Die Kläger haben nicht konkret vorgetragen, dass die Beklagte Nutzungen gezogen hat, die den gesetzlichen Verzugszins des § 497 I 2 BGB a. F., § 503IIBGB nF übersteigen. Die Beklagte hat nicht konkret dargelegt, dass die von ihr gezogenen Nutzungen hinter dem gesetzlichen Verzugszins des § 497 I 2 BGB a. F., § 503IIBGB nF zurückbleiben. Die herauszugebenden, bis 24.06.2013 gezogenen Nutzungen berechnen sich auf der Grundlage der vorangegangenen Ausführungen wie folgt:

Zum Monatsende entrichtete Zins- und Tilgungsleistungen

Hierauf bezogene Nutzungen in Form einer Verzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

April 2008

125,00 €

0,61 €

Mai 2008

500,00 €

2,43 €

Juni 2008

875,00 €

4,15 €

Juli 2008

1.250,00 €

5,93 €

August 2008

1.625,00 €

7,71 €

September 2008

2.000,00 €

9,48 €

Oktober 2008

2.375,00 €

11,26 €

November 2008

2.750,00 €

13,04 €

Dezember 2008

3.125,00 €

10,73 €

Januar 2009

3.500,00 €

12,02 €

Februar 2009

3.875,00 €

13,30 €

März 2009

4.250,00 €

14,59 €

April 2009

4.625,00 €

15,88 €

Mai 2009

5.000,00 €

17,17 €

Juni 2009

5.375,00 €

11,74 €

Juli 2009

5.750,00 €

12,55 €

August 2009

6.125,00 €

13,37 €

September 2009

6.500,00 €

14,19 €

Oktober 2009

6.875,00 €

15,01 €

November 2009

7.250,00 €

15,83 €

Dezember 2009

7.625,00 €

16,65 €

Januar 2010

8.000,00 €

17,47 €

Februar 2010

8.375,00 €

18,29 €

März 2010

8.750,00 €

19,10 €

April 2010

9.125,00 €

19,92 €

Mai 2010

9.500,00 €

20,74 €

Juni 2010

9.875,00 €

21,56 €

Juli 2010

10.250,00 €

22,38 €

August 2010

10.625,00 €

23,20 €

September 2010

11.000,00 €

24,02 €

Oktober 2010

11.375,00 €

24,84 €

November 2010

11.750,00 €

25,65 €

Dezember 2010

12.125,00 €

26,47 €

Januar 2011

12.500,00 €

27,29 €

Februar 2011

12.875,00 €

28,11 €

März 2011

13.250,00 €

28,93 €

April 2011

13.625,00 €

29,75 €

Mai 2011

14.000,00 €

30,57 €

Juni 2011

14.375,00 €

34,38 €

Juli 2011

14.750,00 €

35,28 €

August 2011

15.125,00 €

36,17 €

September 2011

15.500,00 €

37,07 €

Oktober 2011

15.875,00 €

37,97 €

November 2011

16.250,00 €

38,86 €

Dezember 2011

16.625,00 €

36,30 €

Januar 2012

17.000,00 €

37,12 €

Februar 2012

17.375,00 €

37,94 €

März 2012

17.750,00 €

38,75 €

April 2012

18.125,00 €

39,57 €

Mai 2012

18.500,00 €

40,39 €

Juni 2012

18.875,00 €

41,21 €

Juli 2012

19.250,00 €

42,03 €

August 2012

19.625,00 €

42,85 €

September 2012

20.000,00 €

43,67 €

Oktober 2012

20.375,00 €

44,49 €

November 2012

20.750,00 €

45,30 €

Dezember 2012

21.125,00 €

41,72 €

Januar 2013

21.500,00 €

42,46 €

Februar 2013

21.875,00 €

43,20 €

März 2013

22.250,00 €

43,94 €

April 2013

22.625,00 €

44,68 €

Mai 2013

22.625,00 €

35,75 €

1.607,02 €

(3) Zurückzuerstatten hat die Beklagte des Weiteren die bei Vertragsschluss vereinnahmte Schätzgebühr in Höhe von 500,00 € sowie hierauf bezogene Nutzungen für die Zeit vom 01.05.2008 bis 24.06.2013 in Form einer Verzinsung in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz, mithin 81,58 €.

dd. Die Kläger haben ihren Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen und der Schätzgebühr sowie des hierauf entfallenden Nutzungsersatzes gegen den Anspruch der Beklagten auf Herausgabe der Darlehensvaluta und von Wertersatz für Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta aufgerechnet. Die Aufrechnung ist mit der Klageschrift vom 30.05.2014 erklärt worden. Denn dort wurden auf Seite 15 Ansprüche der Kläger (in Höhe von 26.682,09 €) mit Ansprüchen der Beklagten (in Höhe von 61.491,82 €) verrechnet. Den Saldo in Höhe von 34.809,73 € verrechneten die Kläger anschließend mit der von ihnen geleisteten Zahlung in Höhe von 40.625,33 €, um so zu dem geltend gemachten Klagebetrag in Höhe von 5.815,60 € zu gelangen. Daraus, dass die Beklagte es versäumt hätte, eine Aufrechnungserklärung abzugeben (vgl. den Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 23.10.2015), können die Kläger kein für sie günstigeres Ergebnis herleiten. Denn ohne die von ihnen selbst erklärte Aufrechnung stünde ihrer auf § 812I1 Alt. 1 BGB gestützten Klage der Einwand entgegen, dass von ihnen geleistete Zahlungen bis zu einem Betrag von 63.423,38 € (nach der Rechnung der Kläger: 61.491,82 €) von einem Rechtsgrund gedeckt wären. Zwar ist das Gericht nicht darauf beschränkt, den geltend gemachten Anspruch nur anhand der von der Klagepartei angeführten materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage zu prüfen, so dass ohne eine Aufrechnung der Anspruch der Kläger bis zur Höhe von 24.813,60 € auf § 346IBGB zu stützen wäre. Allerdings bringt die Klageschrift gerade unter Berücksichtigung der in ihr angestellten Berechnung in Verbindung mit der ausdrücklichen Heranziehung von § 812I1 Alt. 1 BGB aus Sicht des Empfängerhorizonts der Beklagten zweifelsfrei zum Ausdruck, eine Aufrechnung im Sinne des § 388 S. 1BGB erklären zu wollen.

2. Der zuerkannte Betrag ist nach dem mit Zustellung der Klageschrift bewirkten Eintritt der Rechtshängigkeit am 15.07.2014 gemäß § 288 I 2, § 291BGB in entsprechender Anwendung des § 187IBGB ab 16.07.2014 zu verzinsen. Für die Zeit zwischen dem 01.05.2013 und dem 15.07.2015 steht den Klägern dagegen keine Verzinsung zu; die Kapitalnutzung durch die Beklagte bis zum Widerruf am 24.06.2013 ist bereits in die Ermittlung der Ansprüche der Kläger eingeflossen. Soweit die Kläger ihren Zinsanspruch auf § 818I1BGB stützen, ist zu beachten, dass ihnen aufgrund der in § 389BGB geregelten Rückwirkung der Aufrechnungserklärung auf den Zeitpunkt der erstmaligen Entstehung der Aufrechnungslage zwar ab dem Zeitpunkt ihrer Zahlung der 40.625,33 € ein bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückerstattung des zu viel geleisteten Betrags zusteht. Allerdings haben die Kläger den genauen Zeitpunkt der Zahlung nicht vorgetragen, so dass eine Bestimmung des Zinsbeginns nicht möglich ist. Nach § 139II1ZPO kann der Senat die Klage in diesem Punkt abweisen, ohne den Klägern einen rechtlichen Hinweis erteilt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben zu haben.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92I1 Alt. 2 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 711ZPO.

III. Die Revision wird zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen (§ 543II1 Nr. 2ZPO), weil die in der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung enthaltene und die Dauer der Widerrufsfrist betreffende Fußnote („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) im Sparkassenbereich häufig Verwendung gefunden hat, Gegenstand vieler gerichtlicher Auseinandersetzungen ist und von Obergerichten kontrovers beurteilt wird.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Hat sich eine Vertragspartei vertraglich den Rücktritt vorbehalten oder steht ihr ein gesetzliches Rücktrittsrecht zu, so sind im Falle des Rücktritts die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben.

(2) Statt der Rückgewähr oder Herausgabe hat der Schuldner Wertersatz zu leisten, soweit

1.
die Rückgewähr oder die Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist,
2.
er den empfangenen Gegenstand verbraucht, veräußert, belastet, verarbeitet oder umgestaltet hat,
3.
der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht.
Ist im Vertrag eine Gegenleistung bestimmt, ist sie bei der Berechnung des Wertersatzes zugrunde zu legen; ist Wertersatz für den Gebrauchsvorteil eines Darlehens zu leisten, kann nachgewiesen werden, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war.

(3) Die Pflicht zum Wertersatz entfällt,

1.
wenn sich der zum Rücktritt berechtigende Mangel erst während der Verarbeitung oder Umgestaltung des Gegenstandes gezeigt hat,
2.
soweit der Gläubiger die Verschlechterung oder den Untergang zu vertreten hat oder der Schaden bei ihm gleichfalls eingetreten wäre,
3.
wenn im Falle eines gesetzlichen Rücktrittsrechts die Verschlechterung oder der Untergang beim Berechtigten eingetreten ist, obwohl dieser diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Eine verbleibende Bereicherung ist herauszugeben.

(4) Der Gläubiger kann wegen Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 Schadensersatz verlangen.

(1) Verbrauchbare Sachen im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, deren bestimmungsmäßiger Gebrauch in dem Verbrauch oder in der Veräußerung besteht.

(2) Als verbrauchbar gelten auch bewegliche Sachen, die zu einem Warenlager oder zu einem sonstigen Sachinbegriff gehören, dessen bestimmungsmäßiger Gebrauch in der Veräußerung der einzelnen Sachen besteht.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.