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| Der Angeklagte ist in vorliegender Sache, nach vorläufiger Festnahme am Vortag, am 14. Mai 2016 dem Haftrichter beim Amtsgericht Heilbronn vorgeführt worden. Dieser hat den seitens der Staatsanwaltschaft beantragten Haftbefehl erlassen und in Vollzug gesetzt. Zeitgleich hat er den Angeklagten über die Notwendigkeit der Verteidigung nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO belehrt und ihm eine Frist von einer Woche zur Benennung eines Verteidigers gesetzt. |
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| Mit Beschluss vom 25. Mai 2016 hat der Haftrichter dem Angeklagten sodann Rechtsanwalt St. aus H. als Verteidiger bestellt, nachdem die gesetzte Benennungsfrist fruchtlos verstrichen war. |
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| Mit auf den 23. Mai 2016 datiertem Schreiben, welches der Angeklagte innerhalb der JVA Schwäbisch Hall am 25. Mai 2016 zur Weiterbeförderung übergeben hat und welches am 27. Mai 2016 bei der Staatsanwaltschaft Heilbronn und nach Weiterleitung am 30. Mai 2016 beim Amtsgericht Heilbronn einging, hat der Angeklagte beantragt, ihm Rechtsanwältin S. aus T. als Pflichtverteidigerin zu bestellen. Der Haftrichter hat dem Angeklagten hierauf Gelegenheit gegeben, Gründe für die verspätete Benennung und den nunmehr notwendigen Austausch des Pflichtverteidigers vorzutragen. Hierauf hat der Angeklagte über Rechtsanwältin S. mitgeteilt, dass die gesetzte Frist in Ansehung seiner Sprachunkundigkeit unangemessen kurz gewesen sei. |
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| Mit Beschluss vom 13. Juni 2016 hat der Haftrichter den Pflichtverteidigeraustausch abgelehnt. |
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| Mit Schriftsatz seines neuen Verteidigers Rechtsanwalt Sch. vom 18. Juni 2016 hat der Angeklagte sodann beantragt, dieser möge ihm nunmehr, unter gleichzeitiger Aufhebung der Bestellung von Rechtsanwalt St., zur Seite gestellt werden. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Bestellung von Rechtsanwalt St. sei rechtsfehlerhaft erfolgt und dieser habe ihn überdies noch nicht besucht. |
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| Mit Schreiben vom 23. Juni 2016 hat er sodann "Einspruch" eingelegt und nochmals die Bestellung von Rechtsanwalt Sch. beantragt. Zur Begründung hat er weiter vorgetragen, er habe die im Rahmen der Haftvorführung erteilte Belehrung so verstanden, dass ihm eine zweiwöchige Benennungsfrist eingeräumt worden sei. |
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| Die Staatsanwaltschaft Heilbronn hat mit Anklageschrift vom 17. Juni 2016, eingegangen beim Amtsgericht Heilbronn am 21. Juni 2016, Anklage vor dem Strafrichter erhoben. |
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| Mit angefochtenem Beschluss vom 8. August 2016 hat der Strafrichter den Pflichtverteidigeraustausch abgelehnt. |
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| Mit Schriftsatz von Rechtsanwalt Sch. vom 28. August 2016 hat der Angeklagte Beschwerde gegen den abgelehnten Pflichtverteidigeraustausch eingelegt. Zur Begründung verweist er auf seinen bisherigen Vortrag. |
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| Mit Beschluss vom 29. August 2016 hat der Strafrichter zwischenzeitlich die Anklagen der Staatsanwaltschaft Heilbronn vom 17. Juni 2016 und 15. Juli 2016 zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. |
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| Die Beschwerde ist zulässig. |
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| Ihrer Statthaftigkeit steht § 305 S. 1 StPO nicht entgegen. Die umstrittene Frage, ob die Bestellung und/oder Entpflichtung von Verteidigern überhaupt § 305 S. 1 StPO unterfällt, ist vorliegend deshalb nicht entscheidungsrelevant, weil der Strafrichter zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung noch nicht erkennender Richter i.S.v. von § 305 S. 1 StPO war, sondern erst mit der nachfolgenden Eröffnung des Hauptverfahrens geworden ist. |
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| Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. |
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| Soweit der Angeklagte vorträgt, bereits die ursprüngliche Bestellung von Rechtsanwalt St. zum Pflichtverteidiger sei rechtsfehlerhaft, ist dies unzutreffend. Vielmehr ist dem unverteidigten Beschuldigten in Fällen zu vollstreckender Untersuchungshaft gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO unverzüglich ein Verteidiger zu bestellen (§ 141 Abs. 3 S. 4 StPO). Zwar ist dem Angeklagten eine Benennungsfrist einzuräumen, wenn er dies wünscht oder Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass er sich der Tragweite eines Benennungsverzichtes nicht bewusst ist (OLG Düsseldorf NJW 2011, 1618; OLG Koblenz StV 2011, 349). Vorliegend wurde dem Angeklagten jedoch auf seinen Wunsch eine einwöchige Benennungsfrist eingeräumt und abgewartet. Die Behauptung, eine solche sei insbesondere bei sprachunkundigen Ausländern zu kurz, ist unzutreffend, da sie sich nicht mit der gesetzgeberischen Intension verträgt, dem in Untersuchungshaft befindlichen Beschuldigten zeitnah einen Verteidiger zur Seite zu stellen (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Auflage, § 141 Rn. 3a). |
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| Der weitergehende Vortrag, der Angeklagte habe die Belehrung und Fristsetzung nicht verstanden, ist unwahr. In Ansehung des Protokolls der haftrichterlichen Vernehmung kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Angeklagte, der sich umfangreich zur Sache eingelassen hat, mit Hilfe des Dolmetschers in der Lage war, das ihm vorgehaltene und mitgeteilte intellektuell zu erfassen und hierauf angemessen zu reagieren. Er hat vielmehr die ihm gesetzte Frist schlicht versäumt. |
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| Wenn jedoch - wie dargelegt - die Bestellung rechtsfehlerfrei erfolgt ist, ist ein Austausch des gerichtlich bestellten Verteidigers grundsätzlich nur dann möglich, wenn vorgetragen und glaubhaft gemacht wird, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Angeklagtem und Verteidiger endgültig und nachhaltig erschüttert und deshalb zu besorgen ist, dass die Verteidigung objektiv nicht mehr sachgerecht geführt werden kann (BGHSt 39, 310; OLG Stuttgart NStZ-RR 1996, 207). |
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| Der Angeklagte hat jedoch keine Umstände vorgetragen, die diese Annahme in objektiver Hinsicht rechtfertigen würde. Soweit hierzu vorgebracht wird, Rechtsanwalt St. habe den Angeklagten nicht unmittelbar nach dessen Inhaftierung besucht, weshalb die gerichtliche Fürsorgepflicht seine Entpflichtung gebiete, überzeugt dies nicht. Vielmehr müssen gewichtige Gründe dargetan werden, die aus der Sicht eines verständigen Angeklagten einen nachhaltigen Vertrauensverlust begründen. Zwar ist in Fällen schwerwiegender Inhaftierungsgründe, in denen der bestellte Verteidiger über einen Zeitraum von zwei Monaten gar keinen Kontakt zum Beschuldigten aufnimmt, die Annahme eines zerstörten Vertrauensverhältnisses naheliegend (OLG Braunschweig StV 2012, 719). Vorliegend hat Rechtsanwalt St. jedoch sofort nach seiner Bestellung schriftlichen Kontakt zum Angeklagten aufgenommen und ihm mitgeteilt, dass er Akteneinsicht beantragen und ihn nach Erhalt der Akte besuchen werde. Diese Vorgehensweise ist nicht zu beanstanden. Vielmehr handelt der Verteidiger gar kostenrechtlich sinnvoll, wenn er ein Gespräch, für welches überdies ein Dolmetscher erforderlich ist, erst dann führt, wenn er nach genossener Akteneinsicht die Einzelheiten des Falles mit dem Beschuldigten sinnvoll besprechen kann. |
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| Im Ergebnis ist daher in Ermangelung entgegenstehender Tatsachen davon auszugehen, dass Rechtsanwalt St. nach wie vor für eine sachgerechte und ordnungsgemäße Verteidigung Gewähr bietet. |
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| Liegen die Voraussetzungen eines zerstörten Vertrauensverhältnisses - wie hier - nicht vor, ist ein Austausch des Pflichtverteidigers zuletzt nur dann möglich, wenn der bisherige Verteidiger seiner Entpflichtung zustimmt, durch den Verteidigerwechsel keine Verfahrensverzögerung eintritt und der Angeklagte die der Staatskasse entstehenden Mehrkosten durch nach § 58 Abs. 3 RVG verrechenbare Vorschusszahlung ausgleicht und dies durch Vorlage entsprechender Zahlungsbelege dem Gericht nachweist. |
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| Ein Gebührenverzicht des bisherigen oder des neu zu bestellenden Verteidigers ist dabei gemäß § 49b Abs. 1 S. 1 BRAO unzulässig (OLG Bremen NStZ 2014, 358; OLG Naumburg, Beschluss vom 14.04.2012, 2 Ws 52/10; OLG Köln, StV 2011, 659 und StraFo 2008, 348; OLG Jena, JurBüro 2006, 365). |
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| Auch das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist derzeit nicht ersichtlich. |
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| Eine Entpflichtung des bestellten Verteidigers wäre abschließend allenfalls dann vorzunehmen, wenn der nach wie vor ein Wahlmandat führende Rechtsanwalt Sch. anzeigen würde, dass er dieses bis zum Verfahrensabschluss fortführen werde. Dies erscheint jedoch in Ansehung des gestellten Entpflichtungs- und Bestellungsantrages derzeit fernliegend. Frau Rechtsanwältin S. hat die Beendigung ihres Wahlmandats bereits angezeigt. |
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