Landgericht Freiburg Urteil, 16. März 2005 - 7 Ns 300 Js 130/04 AK 71/04

bei uns veröffentlicht am16.03.2005

Tenor

Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Schöffengerichts Emmendingen vom 18.05.2004 mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben, soweit es das Tatgeschehen vom 02.01.2004 betrifft.

Insoweit wird die Sache an das Landgericht Freiburg- Schwurgerichtskammer – verwiesen, das auch über die diesen Teil betreffenden Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden hat.

Die diesbezügliche Berufung des Angeklagten ist damit gegenstandslos.

Im Übrigen wird auf die Berufung der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:

Der Angeklagte R. wird wegen Körperverletzung in 3 Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Lahr vom 29.10.2003 – 3 Ds 9 Js 8327/03 – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr verurteilt, deren Vollstreckung durch die erlittene Untersuchungshaft erledigt ist.

Die Berufung des Angeklagten wird verworfen.

Der Angeklagte trägt die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens und die dadurch entstandenen notwendigen Auslagen der Nebenklage.

Gründe

 
I. Durch Urteil des Amtsgerichts – Schöffengerichts – Emmendingen vom 18.05.2004 wurde der Angeklagte wegen Körperverletzung in 3 Fällen unter Einbeziehung des Urteils (gemeint ist: unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil) des Amtsgerichts Lahr vom 29.10.2003 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt. Des weiteren wurde er wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, tateinheitlich begangen mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung, zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren 6 Monaten verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde ihm entzogen, sein Führerschein eingezogen und eine Sperrfrist von 2 Jahren festgesetzt. Gegen dieses Urteil legten sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft jeweils form- und fristgerecht Berufung ein, wobei die Staatsanwaltschaft ihr Rechtsmittel auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte. In der Berufungshauptverhandlung beschränkte der Angeklagte seine Berufung hinsichtlich der Tatvorwürfe vom 09.03.2003 und 22.03.2003 ebenfalls wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch. Das Rechtsmittel des Angeklagten, der den Wegfall des Schuldspruchs wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr sowie eine mildere Bestrafung erstrebte, blieb ohne Erfolg. Die Berufung der Staatsanwaltschaft führte zu einer höheren Gesamtfreiheitsstrafe hinsichtlich der Taten vom 09.03.2003 und 22.03.2003. Bezüglich des angeklagten Tatgeschehens vom 02.01.2004 hielt die Strafkammer gemäß § 74 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 – 5 GVG die Zuständigkeit der Schwurgerichtskammer für gegeben, so dass gemäß § 328 Abs. 2 StPO zu verfahren war.
Die Kammer ist davon ausgegangen, dass die zwischenzeitlich durch den Angeklagten erklärte Rücknahme des Rechtsmittels gegen das Urteil des Schöffengerichts Emmendingen unwirksam ist, so dass in der Berufungshauptverhandlung über seine weiterhin zulässige Berufung entschieden werden musste. Zwar hatte der Angeklagte durch Anwaltsschreiben vom 22.06.2004, per Telefax eingegangen am selben Tag, sein mit Schriftsatz vom 25.05.2004 eingelegtes Rechtsmittel zurückgenommen, doch ist diese Rechtsmittelrücknahme unwirksam (vgl. dazu den ähnlich gelagerten Fall in BGH NJW 2004, 1885). Vorangegangen war nämlich folgendes: Nachdem die Staatsanwaltschaft am 18.05.2004 Berufung und der Verteidiger am 25.05.2004 Rechtsmittel eingelegt hatten, teilte der Verteidiger mit am 07.06.2004 eingegangenem Schriftsatz dem Schöffengericht folgendes mit:
„In dem Strafverfahren gegen R. konnte ich mit Herrn Oberstaatsanwalt Dr. G. eine Verständigung dahingehend erzielen, dass sobald die Urteilsgründe schriftlich abgefasst wurden, der Haftbefehl gegen den Angeklagten außer Vollzug gesetzt werden kann, dass ich nach Freilassung des Angeklagten das von mir eingelegte Rechtsmittel zurücknehme und dass nach Eingang meiner Rechtsmittelrücknahme auch die Staatsanwaltschaft die von dort eingelegte Berufung zurücknimmt. Anschließend sollten die Akten direkt zur Staatsanwaltschaft zur Einleitung der Vollstreckung gegeben werden. Dies hätte für den Angeklagten den erheblichen Vorteil, dass er dann, da er sich zum Zeitpunkt der Vollstreckung auf freiem Fuß befindet, direkt zum Strafantritt in die offene Abteilung der JVA Kislau geladen würde. Er könnte dann als Selbststeller sehr schnell Vollzugslockerungen erhalten. Als Auflage im Rahmen der Außervollzugsetzung kann eine Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000 Euro, eine tägliche Meldeauflage beim Polizeirevier Achern und die Pflicht zur Wohnsitznahme beim Bruder des Angeklagten sowie ggf. andere, in das Ermessen des Gerichts gestellte Auflagen verhängt werden. Die Außervollzugsetzung gegen Auflagen ist möglich, da der Haftbefehl nicht nur der Sicherung des Verfahrens, sondern auch der Sicherung der Vollstreckung dient. Organisatorisch wichtig ist die Freilassung des Angeklagten vor Berufungsrücknahme, da ansonsten die Untersuchungshaft direkt in Strafhaft übergehen würde.“
Die Staatsanwaltschaft erklärte dazu mit Schreiben vom 15.06.2004:
„Im Anschluss an das geführte Telefonat beantrage ich, den Haftbefehl des Amtsgerichts Emmendingen gegen Auflagen außer Vollzug zu setzen.
Auflagen:
1. absolutes Kontaktverbot bezüglich der Geschädigten R.
2. wöchentliche Meldung beim zuständigen Polizeiposten,
3. Mitteilung des Wechsels der Arbeitsstelle bzw. des Wechsels des Wohnsitzes.“
10 
Im Anhörungsprotokoll des Amtsgerichts vom 22.06.2004 ist folgendes festgehalten:
11 
„Vorgeführt aus der Untersuchungshaft wird Herr R.. Des weiteren anwesend Herr Rechtsanwalt K.
12 
Herr R. wird von der geplanten Außervollzugsetzung des Haftbefehls in Kenntnis gesetzt. Es wird ihm mitgeteilt, dass er jeglichen Kontakt zu seiner getrennt lebenden Ehefrau zu unterlassen hat. Ein mögliches Treffen mit dem Kind muss von den Anwälten abgesprochen werden und hat allenfalls beim Kinderschutzbund in Emmendingen stattzufinden.
13 
Es ergeht sodann der aus der Anlage ersichtliche Beschluss.
14 
Herrn R. werden die Auflagen nochmals erklärt. Er erklärt, dass er alles verstanden hat. Rechtsanwalt K. ermahnt gleichermaßen seinen Mandanten. Er erklärt ergänzend, dass er dafür Sorge tragen wird, dass die Kaution beim Amtsgericht in Achern einbezahlt wird. Er bittet um Übersendung per Fax eines Beschlusses.“
15 
Der als Anlage erwähnte Beschluss beinhaltet die Außervollzugsetzung des Haftbefehls unter verschiedenen Bedingungen (Kontaktverbot zu R., Meldepflicht 3 Mal wöchentlich, Hinterlegung einer Kaution und Wohnsitznahme beim Bruder). Noch am gleichen Tag, dem 22.06.2004, ging die Rechtsmittelrücknahme des Verteidigers per Telefax beim Amtsgericht ein.
16 
Am 23.06.2004 legte die Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss vom 22.06.2004 über die Außervollzugsetzung des Haftbefehls Beschwerde ein, worauf das Amtsgericht noch am 23.06.2004 – ersichtlich ohne Anhörung des Angeklagten – folgenden Beschluss erließ:
17 
„Auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird der Beschluss des Amtsgerichts Emmendingen vom 22.06.2004, mit dem während des Protokolldiktats der Haftbefehl des Amtsgerichts Emmendingen vom 03.01.2004, gemeint war der Haftbefehl des Amtsgerichts Emmendingen vom 04.03.2004, außer Vollzug gesetzt wurde, aufgehoben.
18 
Der Haftbefehl des Amtsgerichts Emmendingen vom 04.03.2004 bleibt somit aufrechterhalten. Die Haftfortdauer wird angeordnet.
19 
Gründe:
20 
Nach dem Diktat des Beschlusses bezüglich der Außervollzugsetzung des Haftbefehls und vor Unterzeichnung kamen dem Gericht aufgrund der vom Verurteilten gezeigten Verhaltensweisen im Zusammenhang mit den Erläuterungen der Auflagen, die weiterhin keine ersichtliche Einsicht erkennen ließen, größte Bedenken, dass er sich an das Kontaktverbot halten wird. Mit stoischem Gesichtsausdruck, der keinerlei Regungen erkennen ließ, nahm er die Belehrung zur Kenntnis. Auch eine weitere Belehrung seines Verteidigers, zum Beispiel dahingehend, dass eine Ohrfeige zum Nachteil der R. 6 Monate mindestens bedeuten würden, nahm er regungslos zur Kenntnis. Diese Feststellungen wurden Herrn Oberstaatsanwalt Dr. G. übermittelt. Daraufhin legte er gegen den Außervollzugsetzungsbeschluss Beschwerde ein mit folgender Begründung: ‚Aufgrund der Angaben von Herrn Richter am Amtsgericht S. sind die Erwartungen, die an das Verhalten des Verurteilten mit der geplanten Außervollzugsetzung des Haftbefehls verbunden waren, in Frage gestellt. Nur die geringste Gefahr einer Nichterfüllung der Weisungen und Auflagen kann nicht hingenommen werden, da in diesem Zusammenhang auch ein schwerwiegenderes Vorgehen des Verurteilten gegenüber seiner Frau bis hin zu weiteren – möglicherweise nicht unerheblichen – Straftaten nicht ausgeschlossen werden kann.’
21 
Dieser Einschätzung schließt sich das Gericht an. Aufgrund der gezeigten Verhaltensweisen drängten sich größte Bedenken auf, dass er sich nicht an das Kontaktverbot halten wird; aus diesem Grunde geht das Gericht nunmehr weiterhin vom Haftgrund der Wiederholungsgefahr aus, so dass der Außervollzugsetzungsbeschluss aufzuheben war.“
22 
Zur Berufungsrücknahme des Verteidigers fertigte der Vorsitzende des Schöffengerichts am 23.06.2004 einen Aktenvermerk mit folgendem Inhalt:
23 
„Alle Verfahrensbeteiligten, auch der Unterzeichner, gingen und gehen davon aus, dass die Berufungsrücknahme nur vor dem Hintergrund der Freilassung des Verurteilten vor Rechtskraft des Urteils abgegeben wurde. Dies sollte zur Folge haben, dass sich der Verurteilte aus Freiheit dem Strafantritt selbst hätte stellen können.
24 
Da aufgrund der gegen Ende des Anhörungstermins vom 22.06.2004 gemachten Feststellungen der Beschwerde der Staatsanwaltschaft abgeholfen wurde, ist dies nicht mehr gegeben.“
25 
Infolge der Art und Weise dieses gesamten Vorgehens ist die Rechtsmittelrücknahme des erkennbar auf dem Gedanken sofortiger Haftentlassung fixierten Angeklagten wegen hierdurch hervorgerufener schwerwiegender Willensmängel als unwirksam zu werten (so auch BGH a.a.O.).
26 
II. Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hat die Strafkammer folgende Feststellungen getroffen:
27 
Der Angeklagte R. wurde am … in K./Kasachstan als zweites Kind seiner Eltern geboren. Er hat noch einen 4 Jahre älteren Bruder und zwei Halbschwestern aus der ersten Ehe seines Vaters. Sein Vater arbeitete als Schweißer, seine Mutter halbtags als Putzfrau, beide im gleichen großen Betrieb. Die Eltern seiner Mutter sind deutschstämmig. Nach dem Besuch des Kindergartens wurde der Angeklagte mit 8 Jahren eingeschult und besuchte 8 Jahre lang die Schule. Im Anschluss daran ging er 3 Jahre lang zur Berufsschule und erlernte den Beruf des Elektrikers. Es folgte eine Wehrdienstzeit von 2 Jahren, die er im Kaukasus ableistete, ca. zwei Flugstunden von seiner Heimat entfernt. Im Frühjahr 1989 fand der Angeklagte eine Anstellung als Elektriker im gleichen Betrieb, in dem auch seine Eltern beschäftigt gewesen waren. Als gegen Ende des Jahres 1989 seine Eltern Rentner wurden, übersiedelte der Angeklagte mit ihnen nach Deutschland, um hier gemeinsam als Spätaussiedler eine neue Zukunft zu suchen. Sein mittlerweile verheirateter Bruder folgte ihnen etwa ein Jahr später.
28 
Nachdem die Familie ungefähr ein Jahr lang im Übergangsheim in Achern, dem früheren Seehotel, gelebt hatte, konnte Anfang 1991 eine eigene Wohnung in Achern bezogen werden. Der Angeklagte absolvierte einen 6-monatigen Sprachkurs und fand danach eine Arbeitsstelle in einer Möbelfabrik. Nach 6 Monaten wurde er jedoch arbeitslos und besuchte einen 8-monatigen Intensivsprachkurs. Im Anschluss daran fand er eine Stelle als Elektriker bei der Fa. E. in L.. Wegen der schlechten Auftragslage wurde ihm nach zwei Jahren gekündigt, worauf er ein halbes Jahr lang arbeitslos war. Für ein weiteres halbes Jahr nahm der Angeklagte an einer Fortbildungsmaßnahme in seinem Beruf teil, die vom Arbeitsamt finanziert wurde. Nach einem 2-monatigen Praktikum bei der Fa. S. in F. wurde er dort übernommen und blieb für rund 2 Jahre bis 1996. Am 01.11.1996 wechselte er zur Fa. B., wo er bis zum Oktober 2003 als Elektroinstallateur tätig war. Wegen der schlechten Auftragslage wurde ihm gekündigt; seitdem ist er arbeitslos.
29 
Im Jahre 1995 lernte der Angeklagte seine erste Freundin kennen, die alsbald von ihm schwanger wurde. Noch vor der Geburt des gemeinsamen Sohnes am … ging die Beziehung wieder auseinander. Zu beiden hat der Angeklagte keinen Kontakt mehr. Im Frühjahr 1996 lernte der Angeklagte die aus Tadschikistan stammende Russlanddeutsche R. kennen, die er am 1996 heiratete. Am … wurde die gemeinsame Tochter geboren. Als der Angeklagte im Februar 2002 begann, seinem Bruder bei dem Bau seines Wohnhauses zu helfen, und bis zum Dezember 2002 nahezu täglich bis 22.00 Uhr abwesend war, kam es zu einer Ehekrise, die sich so weit zuspitzte, dass seine Ehefrau Ende Januar 2003 die eheliche Wohnung verließ und zur Familie ihres Bruders nach E. zog. Wenige Wochen später reichte sie die Scheidung ein. Seit dem Sommer 2004 ist die Scheidung rechtskräftig. Seine Ehefrau nahm zwischenzeitlich wieder ihren Mädchennamen an.
30 
Der Angeklagte ist wie folgt vorbestraft:
31 
Am 29.10.2003 verurteilte ihn das Amtsgericht Lahr – 3 Ds 9 Js 8327/03 – wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Körperverletzung zu 7 Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung.
32 
Nach den Feststellungen des Urteils befand sich die Ehefrau des Angeklagten am 21.05.2003 in der früheren gemeinsamen Wohnung in K., nachdem sie dem Angeklagten zuvor telefonisch angekündigt hatte, dass sie ihre Sachen abholen wolle. Obwohl dem Angeklagten bekannt war, dass er sich auf Grund eines Beschlusses des Amtsgerichts E. vom 17.04.2003 von seiner Ehefrau 100 m entfernt zu halten hatte, begab er sich im Treppenhaus seines Anwesens zu ihr, nachdem er den seine Ehefrau begleitenden Arbeitskollegen G. durch Schließen der Hauseingangstür ausgesperrt hatte. Sodann schlug der Angeklagte auf seine Ehefrau ein. Als G sich an der Tür bemerkbar machte, öffnete er diesem kurz die Tür, begab sich aber sofort wieder zu seiner zwischenzeitlich in den Keller geflüchteten Ehefrau, woraufhin er sie wieder am Kopf packte und zuschlug. Zwischenzeitlich fiel sie auf den Boden, woraufhin er ihr mit dem beschuhten Fuß in den Bauch trat. Der Zeuge G., der daraufhin zwischen den Angeklagten und seine Ehefrau trat, wurde von dem weiter um sich schlagenden Angeklagten ebenfalls im Bereich der Schulter und des Beines getroffen. Seine Ehefrau erlitt durch diese Schläge blaue Flecken am ganzen Körper und erhebliche Hämatome im Bereich des Gesichts. Sie war eine Woche lang krank geschrieben. G. erlitt durch die Schläge Schmerzen am linken Rippenbogen, im Bereich der linken Schulter und am linken Bein.
33 
Im vorliegenden Verfahren wurde der Angeklagte am 02.01.2004 vorläufig festgenommen; seit dem 03.01.2004 befindet er sich ununterbrochen in Untersuchungshaft.
34 
III. Infolge der wirksamen Beschränkungen der Berufungen hinsichtlich der Tatvorwürfe vom 09.03.2003 und 22.03.2003 sind der diesbezügliche Schuldspruch und die ihn tragenden tatsächlichen Feststellungen des Schöffengerichts in Rechtskraft erwachsen, so dass folgender Sachverhalt zu Grunde zu legen ist:
35 
Die 1. Tat:
36 
Der Angeklagte war am 09.03.2003 gegen 19.00 Uhr in der Wohnung seines Schwagers und seiner Schwägerin in E., um mit seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau zu reden und die gemeinsame Tochter zu besuchen. Hierbei kam es zum Streit. In dessen Verlauf schlug der Angeklagte ohne Grund seiner Schwägerin, der Geschädigten B., einmal mit der Faust in das Gesicht sowie einmal mit der Faust gegen den Kopf, wobei er das Ohr traf. Hierdurch riss ein Ohrring der Geschädigten aus seinem Loch heraus, und die Geschädigte erlitt eine blutende Wunde.
37 
Die 2. Tat:
38 
Als während dieses Geschehens seine Ehefrau dazwischen ging, schlug der Angeklagte ihr zweimal mit der Faust gegen den Kopf. Einmal traf er sie an der Schläfe, ein zweites Mal im Nasen-Augen-Bereich. Die Geschädigte erlitt Schmerzen sowie Hämatome im Bereich des Auges.
39 
Die 3. Tat:
40 
Am 22.03.2003 zwischen 10.30 Uhr und 11.00 Uhr griff der Angeklagte in seiner Wohnung in L. ohne Grund seine getrennt lebende Ehefrau an, als diese persönliche Gegenstände aus der ehemals gemeinsamen Wohnung holen wollte. Er packte sie kräftig an den Oberarmen, wodurch sie Schmerzen und Hämatome an den Armen erlitt. Anschließend trat er sie mit den Füßen in den Bauch und schlug sie gegen das Kinn, wodurch sie weitere starke Schmerzen erlitt. Weiterhin erlitt sie am Kinn Hämatome.
41 
Durch diese 3 Taten hat sich der Angeklagte der vorsätzlichen Körperverletzung in 3 Fällen gemäß §§ 223, 53 StGB strafbar gemacht.
42 
IV. Bei der Strafzumessung hat die Kammer zugunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er zum damaligen Zeitpunkt nicht vorbestraft war und die Taten in vollem Umfang eingeräumt hat. Auch fiel ins Gewicht, dass es sich um familiäre Auseinandersetzungen im Rahmen einer Ehescheidung handelte.
43 
Auf der anderen Seite durfte jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass der Angeklagte jeweils aus geringfügigem Anlass mehrfach zugeschlagen bzw. sogar getreten hat, wodurch die Geschädigten nicht unerheblich verletzt wurden, wie sich aus den Lichtbildern in Band II AS 413 und AS 537-543 ergab. Wegen der Einzelheiten der Verletzungen wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO ausdrücklich auf diese Lichtbilder verwiesen.
44 
Die Kammer hat alle wesentlichen für und gegen den Angeklagten sprechenden Gesichtspunkte gegeneinander abgewogen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass auf Grund des Umstands, dass der Angeklagte im Frühjahr 2003 binnen kurzer Zeit mehrfach Körperverletzungen begangen hat, zur nachhaltigen Einwirkung auf ihn kurzfristige Freiheitsstrafen verhängt werden mussten (§ 47 Abs. 1 StGB). Im Einzelnen hielt die Kammer folgende Freiheitsstrafen für angemessen:
45 
für die 1. Tat vom 09.03.2003: 3 Monate Freiheitsstrafe.
46 
für die 2. Tat vom 09.03.2003: 3 Monate Freiheitsstrafe.
47 
für die 3. Tat vom 22.03.2003: 4 Monate Freiheitsstrafe.
48 
Da sämtliche Taten vor dem Urteil des Amtsgerichts Lahr vom 29.10.2003 begangen wurden, musste gemäß § 55 StGB mit der dort verhängten Freiheitsstrafe von 7 Monaten eine nachträgliche Gesamtstrafe gebildet werden. Die Kammer hat dabei noch einmal die Gleichartigkeit der Vorgehensweise, den engen zeitlichen und situativen Zusammenhang sowie insbesondere die Situation der Ehescheidung berücksichtigt und aus diesen insgesamt 4 Einzelfreiheitsstrafen unter Erhöhung der Einsatzstrafe von 7 Monaten eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr gebildet. Diese Strafe entspricht dem Unrechtsgehalt der Taten im Rahmen der persönlichen Schuld des Angeklagten.
49 
Eine Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 56 Abs. 1 StGB kam nicht in Betracht, da sich der Angeklagte schon länger als 1 Jahr in Untersuchungshaft befindet und die verhängte Strafe durch die Untersuchungshaft verbüßt ist (vgl. Tröndle/Fischer StGB 52. Auflage, § 51 Rn 4-8; § 56 Rn 2 mwN).
50 
V. In der Berufungshauptverhandlung wurde darüber hinaus folgender Sachverhalt festgestellt:
51 
In der Nacht zum 02.01.2004 wurde der Pkw des Angeklagten von Unbekannten beschädigt. Die Heckscheibe war eingeschlagen, und 3 Reifen waren durchstochen; der Sachschaden lag bei rund 1.400 Euro. Im Hinblick auf die fortdauernden Streitigkeiten mit seiner Ehefrau wegen der Scheidungsverhandlungen vermutete der Angeklagte, seine Ehefrau könnte die Beschädigungen an seinem Pkw verursacht oder durch andere in Auftrag gegeben haben. Schon bei der Anzeigenaufnahme durch die Polizei geriet er in Zorn und äußerte gegenüber dem Zeugen PK R., dass es wegen dieser Sache heute noch richtig krachen würde. Im Anschluss an die Anzeigenaufnahme wechselte er die Reifen und fuhr gegen 11.30 Uhr zur Arbeitsstelle seiner Ehefrau, der Bäckerei F. in M., um sie wegen der Beschädigung seines Pkw zur Rede zu stellen. Trotz eines bestehenden Hausverbots versuchte er durch den Seiteneingang in die Bäckerei einzudringen. Seine Ehefrau hatte ihn jedoch kommen gesehen und lief von der Backstube in den Verkaufsraum, wo sie die Zeugin F. bat, die Polizei zu rufen, da der Angeklagte hinter ihr her sei. Zufällig kam der Vater der Zeugin hinzu, erfasste sofort die Situation und verwies den Angeklagten aus den Räumlichkeiten. Der Angeklagte ging daraufhin zu seinem Pkw zurück, verfolgt von der Zeugin F., die ihm an seinem Fahrzeug noch einmal eindrücklich klar machte, dass er sich zu entfernen habe und nicht mehr wiederkommen dürfe.
52 
Über diese Abfuhr verärgert und bestärkt in seiner Vermutung, seine Ehefrau müsse etwas mit den Beschädigungen an seinem Pkw zu tun haben, beschloss der Angeklagte, es seiner Ehefrau heimzuzahlen und ihr einen großen Schaden zuzufügen. Er fuhr zurück zu seiner Wohnung, holte aus dem Terrassenbereich einen ca. 10 cm im Durchmesser starken Wackerstein und fuhr zu dem zwischen Mahlberg und Orschweier gelegenen Friedhof. Dort parkte er seinen Pkw auf dem Parkplatz, der durch Bäume und Büsche verdeckt von der vorbeiführenden Kreisstraße nicht einsehbar war, nahm den Wackerstein in die Hand und wartete hinter einem Gebüsch an der Friedhofseinfahrt. Er wusste nämlich, dass seine Ehefrau nach Arbeitsende gegen 12.30 Uhr üblicherweise auf dieser Strecke nach Hause fuhr und war davon überzeugt, dass es auch an diesem Tag so sein würde. In seiner Verärgerung und Wut nahm er sich vor, seiner Ehefrau aufzulauern und ihr – wenn sie nichts ahnend vorbei fuhr – mit großer Kraft den schweren Wackerstein gegen das herannahende bzw. vorbeifahrende Auto zu schleudern. Dabei rechnete er damit, dass der Stein durchaus auch die Windschutzscheibe oder ein Seitenfenster durchschlagen könnte, wodurch seine Ehefrau tödlich getroffen oder zumindest schwer verletzt werden könnte. Diese nicht beabsichtigte Folge nahm er gleichwohl billigend in Kauf. Er zog auch in Erwägung, dass durch einen kräftigen Aufprall des Wackersteins auf das Fahrzeug – ohne Durchschlagung einer Scheibe – seine Ehefrau so sehr erschreckt werden könnte, dass sie eine reflexartige Lenkbewegung machen und bei hoher Geschwindigkeit von der Fahrbahn abkommen könnte, wodurch sie ebenfalls schwer verletzt oder getötet werden könnte. Auch diese nicht beabsichtigte Folge nahm er gleichwohl billigend in Kauf. Auf jeden Fall war ihm klar, dass er bei dem geplanten Steinwurf auf das herannahende oder vorbeifahrende Auto seiner Ehefrau es nicht in der Hand hatte, wo genau der kräftig geschleuderte Stein aufprallen würde.
53 
Als er kurz nach 12.30 Uhr den ihm gut bekannten Pkw seiner Ehefrau, die sich mit einer Geschwindigkeit von 70 – 80 km/h näherte, bemerkte, hielt er sich wurfbereit und wartete ab, bis der Pkw nahe genug herangekommen war. Dann lief er aus der Friedhofseinfahrt heraus die wenigen Meter bis zum Straßenrand und schleuderte von dort aus kraftvoll den Stein auf den Pkw seiner Ehefrau, der etwa 5 m entfernt war. Seine Ehefrau sah wenige Meter vor der Friedhofseinfahrt plötzlich den Angeklagten, den sie sofort erkannte, aus dem Schutz des Gebüschs laufen und den Stein gegen ihr Fahrzeug schleudern. Da die Zeit für eine Reaktion wie Ausweichen oder Bremsen zu kurz war, zumal sich auf der Gegenfahrbahn in ca. 70 m Entfernung ein Lkw näherte, hielt sie das Lenkrad fest und bemühte sich, auf ihrer Fahrspur zu bleiben, wobei sie nach wenigen Sekunden die Geschwindigkeit deutlich verringerte. Der Stein traf den rechten Holm zwischen Windschutzscheibe und Seitenfenster, rutschte etwas entgegen der Fahrtrichtung, durchschlug das Seitenfenster der Beifahrertür und kam im Fußraum der Fahrerseite zu liegen. Auch die Windschutzscheibe wurde beschädigt und splitterte teilweise. Voller Glassplitter und sehr geschockt überlegte seine Ehefrau sich zuerst, zu ihrer Arbeitsstelle zurückzufahren, um dort Hilfe zu bekommen. Während sie relativ langsam in Richtung Ettenheim fuhr, bemerkte sie nach kurzer Zeit durch einen Blick in den Rückspiegel, dass der Angeklagte ihr mit seinem Pkw folgte. In großer Angst vor weiteren Angriffen beschleunigte sie ihre Fahrt und bemühte sich, den Angeklagten abzuschütteln, was ihr schließlich bei Mahlberg gelang. Über ihr Handy rief sie die Polizei an, wobei man ihr riet, sofort zum Polizeirevier nach Ettenheim zu kommen. Da sie nicht wusste, wo das Revier in Ettenheim liegt, fuhr sie stattdessen zu dem ihr bekannten Polizeiposten in Kippenheim, wo sie den Vorfall meldete und um Schutz bat.
54 
VI. Der Angeklagte hat den äußeren Tathergang im Wesentlichen eingeräumt und dazu angegeben, er habe lediglich die Absicht gehabt, den Pkw seiner Ehefrau zu beschädigen. Beim Wurf des Steins sei dieser ihm wohl aus der Hand gerutscht und habe den Pkw im Bereich der Scheiben getroffen, was er aber nicht beabsichtigt gehabt habe. Auf keinen Fall habe er eine Verletzung oder gar den Tod seiner Frau beabsichtigt bzw. damit gerechnet.
55 
Die Kammer ist dieser Einlassung des Angeklagten nicht gefolgt, sondern davon überzeugt, dass er sich der Gefährlichkeit seines Tuns durchaus bewusst war und die nahe liegenden Folgen einer schweren Verletzung bis hin zum Tod der Fahrzeuglenkerin billigend in Kauf genommen hat. Wäre es dem Angeklagten nämlich nur darum gegangen, den Pkw seiner Ehefrau zu beschädigen, um damit Rache zu üben für die Beschädigung seines eigenen Pkw, hätte es näher gelegen, sich zu dem an ihrer Arbeitsstelle geparkten Fahrzeug zu begeben und beispielsweise durch einige feste Tritte mit dem beschuhten Fuß einen nicht unbedeutenden Schaden herbeizuführen. Stattdessen besorgte sich der Angeklagte zuhause einen schweren Stein, lauerte an verborgener Stelle im Hinterhalt auf seine Ehefrau und startete heimtückisch einen so massiven Angriff, dass dessen tödlicher Ausgang nur durch einen glücklichen Umstand verhindert wurde. Wäre nämlich der mit Wucht geschleuderte Stein nur etwa 10 cm weiter rechts auf das Fahrzeug aufgetroffen, hätte er die Windschutzscheibe durchschlagen und die Fahrerin des Fahrzeugs getötet oder zumindest lebensgefährlich verletzt, zumal sie sich mit hoher Geschwindigkeit näherte.
56 
Nach diesem festgestellten Sachverhalt hat sich der Angeklagte neben einem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und Sachbeschädigung zur Überzeugung der Kammer auch eines versuchten Tötungsdelikts nach §§ 211, 212, 22 StGB strafbar gemacht. Zuständig für eine Entscheidung darüber ist gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 4-5 GVG die Schwurgerichtskammer des Landgerichts, so dass nach § 328 Abs. 2 StPO eine entsprechende Verweisung zu erfolgen hatte.
57 
VII. Soweit die Kammer bezüglich der übrigen Taten als Berufungsgericht entschieden hat, ergibt sich die Kostenentscheidung aus §§ 465, 473 Abs. 1 StPO. Im Übrigen wird das Schwurgericht über die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Beteiligten zu entscheiden haben (vgl. Meyer-Goßner StPO 47. Auflage, § 464 Rn 3).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landgericht Freiburg Urteil, 16. März 2005 - 7 Ns 300 Js 130/04 AK 71/04

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Landgericht Freiburg Urteil, 16. März 2005 - 7 Ns 300 Js 130/04 AK 71/04

Referenzen - Gesetze

Landgericht Freiburg Urteil, 16. März 2005 - 7 Ns 300 Js 130/04 AK 71/04 zitiert 17 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Strafgesetzbuch - StGB | § 55 Nachträgliche Bildung der Gesamtstrafe


(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen h

Strafgesetzbuch - StGB | § 56 Strafaussetzung


(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig au

Strafgesetzbuch - StGB | § 53 Tatmehrheit


(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. (2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wi

Strafgesetzbuch - StGB | § 211 Mord


(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft. (2) Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitt

Strafgesetzbuch - StGB | § 212 Totschlag


(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. (2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten


(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im

Strafgesetzbuch - StGB | § 223 Körperverletzung


(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Versuch ist strafbar.

Strafgesetzbuch - StGB | § 22 Begriffsbestimmung


Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

Strafgesetzbuch - StGB | § 47 Kurze Freiheitsstrafe nur in Ausnahmefällen


(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rech

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 74


(1) Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte des ersten Rechtszuges zuständig für alle Verbrechen, die nicht zur Zuständigkeit des Amtsgerichts oder des Oberlandesgerichts gehören. Sie sind auch zuständig für alle Straftaten, bei denen eine höhe

Strafprozeßordnung - StPO | § 328 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Soweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen. (2) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungs

Referenzen

(1) Soweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen.

(2) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.

(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.

(1) Die §§ 53 und 54 sind auch anzuwenden, wenn ein rechtskräftig Verurteilter, bevor die gegen ihn erkannte Strafe vollstreckt, verjährt oder erlassen ist, wegen einer anderen Straftat verurteilt wird, die er vor der früheren Verurteilung begangen hat. Als frühere Verurteilung gilt das Urteil in dem früheren Verfahren, in dem die zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(2) Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), auf die in der früheren Entscheidung erkannt war, sind aufrechtzuerhalten, soweit sie nicht durch die neue Entscheidung gegenstandslos werden.

(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.

(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.

(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.

(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.

(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.

(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.

(1) Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte des ersten Rechtszuges zuständig für alle Verbrechen, die nicht zur Zuständigkeit des Amtsgerichts oder des Oberlandesgerichts gehören. Sie sind auch zuständig für alle Straftaten, bei denen eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung zu erwarten ist oder bei denen die Staatsanwaltschaft in den Fällen des § 24 Abs. 1 Nr. 3 Anklage beim Landgericht erhebt.

(2) Für die Verbrechen

1.
des sexuellen Missbrauchs von Kindern mit Todesfolge (§ 176d des Strafgesetzbuches),
2.
des sexuellen Übergriffs, der sexuellen Nötigung und Vergewaltigung mit Todesfolge (§ 178 des Strafgesetzbuches),
3.
des Mordes (§ 211 des Strafgesetzbuches),
4.
des Totschlags (§ 212 des Strafgesetzbuches),
5.
(weggefallen)
6.
der Aussetzung mit Todesfolge (§ 221 Abs. 3 des Strafgesetzbuches),
7.
der Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 des Strafgesetzbuches),
8.
der Entziehung Minderjähriger mit Todesfolge (§ 235 Abs. 5 des Strafgesetzbuches),
8a.
der Nachstellung mit Todesfolge (§ 238 Absatz 3 des Strafgesetzbuches),
9.
der Freiheitsberaubung mit Todesfolge (§ 239 Abs. 4 des Strafgesetzbuches),
10.
des erpresserischen Menschenraubes mit Todesfolge (§ 239a Absatz 3 des Strafgesetzbuches),
11.
der Geiselnahme mit Todesfolge (§ 239b Abs. 2 in Verbindung mit § 239a Absatz 3 des Strafgesetzbuches),
12.
des Raubes mit Todesfolge (§ 251 des Strafgesetzbuches),
13.
des räuberischen Diebstahls mit Todesfolge (§ 252 in Verbindung mit § 251 des Strafgesetzbuches),
14.
der räuberischen Erpressung mit Todesfolge (§ 255 in Verbindung mit § 251 des Strafgesetzbuches),
15.
der Brandstiftung mit Todesfolge (§ 306c des Strafgesetzbuches),
16.
des Herbeiführens einer Explosion durch Kernenergie (§ 307 Abs. 1 bis 3 des Strafgesetzbuches),
17.
des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion mit Todesfolge (§ 308 Abs. 3 des Strafgesetzbuches),
18.
des Mißbrauchs ionisierender Strahlen gegenüber einer unübersehbaren Zahl von Menschen (§ 309 Abs. 2 und 4 des Strafgesetzbuches),
19.
der fehlerhaften Herstellung einer kerntechnischen Anlage mit Todesfolge (§ 312 Abs. 4 des Strafgesetzbuches),
20.
des Herbeiführens einer Überschwemmung mit Todesfolge (§ 313 in Verbindung mit § 308 Abs. 3 des Strafgesetzbuches),
21.
der gemeingefährlichen Vergiftung mit Todesfolge (§ 314 in Verbindung mit § 308 Abs. 3 des Strafgesetzbuches),
22.
des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer mit Todesfolge (§ 316a Abs. 3 des Strafgesetzbuches),
23.
des Angriffs auf den Luft- und Seeverkehr mit Todesfolge (§ 316c Abs. 3 des Strafgesetzbuches),
24.
der Beschädigung wichtiger Anlagen mit Todesfolge (§ 318 Abs. 4 des Strafgesetzbuches),
25.
einer vorsätzlichen Umweltstraftat mit Todesfolge (§ 330 Abs. 2 Nr. 2 des Strafgesetzbuches),
26.
der schweren Gefährdung durch Freisetzen von Giften mit Todesfolge (§ 330a Absatz 2 des Strafgesetzbuches),
27.
der Körperverletzung im Amt mit Todesfolge (§ 340 Absatz 3 in Verbindung mit § 227 des Strafgesetzbuches),
28.
des Abgebens, Verabreichens oder Überlassens von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch mit Todesfolge (§ 30 Absatz 1 Nummer 3 des Betäubungsmittelgesetzes),
29.
des Einschleusens mit Todesfolge (§ 97 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes)
ist eine Strafkammer als Schwurgericht zuständig. § 120 bleibt unberührt.

(3) Die Strafkammern sind außerdem zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urteile des Strafrichters und des Schöffengerichts.

(1) Soweit die Berufung für begründet befunden wird, hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils in der Sache selbst zu erkennen.

(2) Hat das Gericht des ersten Rechtszuges mit Unrecht seine Zuständigkeit angenommen, so hat das Berufungsgericht unter Aufhebung des Urteils die Sache an das zuständige Gericht zu verweisen.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.