Landgericht Essen Urteil, 04. Dez. 2013 - 35 KLs 29/13
Gericht
Tenor
Der Angeklagte wird wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Angewendete Vorschriften: §§ 95 Abs. 1 Nr. 3, 96 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, 53 StGB.
1
Gründe
2I.
3Vorspann
4Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Einschleusung von syrischen Staatsangehörigen ohne gültigen Pass und erforderlichen Aufenthaltstitel von H in die C.
5E beteiligte sich an der Organisation von drei Flugzeugschleusungen sowie einer kombinierten Flugzeug-/Zugschleusung im August und September 2012, obwohl den transportierten Personen – Flüchtlingen aus dem syrischen Bürgerkriegsgebiet, die zuvor illegal über die U nach H eingereist waren - die Einreise in das C1 verboten war, was der Angeklagte auch genau wusste. E bediente sich bei der Organisation und Durchführung der Schleusungen weiterer nicht identifizierter Mittäter, die dazu – wie dem Angeklagten bekannt war – mit hoher krimineller Energie vorgingen, indem sie die zu schleusenden Personen mit gefälschten Ausweisdokumenten versorgten und/oder Flughafenmitarbeiter bestachen. E brachte die Schleusungswilligen im Vorfeld ihrer Ausreise in von ihm gemieteten Wohnungen in B unter und koordinierte den Gesamtablauf der Schleusungen. Als Verbindungsglied zwischen den Beteiligten hielt er einerseits Kontakt zu den zu schleusenden Personen und ihren Angehörigen in C sowie andererseits zu jeweils mindestens einem Mittäter, der die eigentliche Ausreise aus H mittels Linienflug organisierte. Der Angeklagte ließ sich als Gegenleistung von den zu schleusenden Personen oder ihren Angehörigen jeweils ein Entgelt versprechen, das er in den angeklagten Fällen - mit einer Ausnahme – zum größten Teil auch vereinnahmte. Von den Einnahmen bezahlte der Angeklagte E auch seine jeweils eingebundenen Mittäter. Sein Handeln war dabei darauf gerichtet, sich aus der wiederholten Schleusungstätigkeit eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Gewicht zu erschließen. Dass der Angeklagte – entsprechend seiner Absicht – in den vier abgeurteilten Schleusungsfällen tatsächlich Gewinn erwirtschaftete, konnte die Kammer jedoch nicht feststellen.
6Neben E richtete sich das Verfahren ursprünglich auch gegen die früheren Mitangeklagten M, N, F, A und B1. Gegenstand des Ursprungsverfahrens ist ein umfangreicher Anklagekomplex, der den nunmehr gesondert Verfolgten in unterschiedlichen Funktionen die Beteiligung an gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusungen von vorwiegend syrischen Staatsangehörigen in das C1 vorwarf. Der Anklagevorwurf gegen den in F1 wohnhaften M ist dabei darauf gerichtet, dass dieser im Wege des sogenannten Hawala-Banking unter anderem Schleuserlöhne an E und N, die unabhängig voneinander an Schleusungen aus H in die C beteiligt gewesen sein sollen, überwiesen hat. F wurde dagegen der Durchführung und Organisation von Schleusungsfahrten mittels Pkw von G in das C1 verdächtigt. A und B1 sollten ebenfalls – A im Auftrag von F und B1 im Auftrag von N – Personen ohne gültige Pässe und erforderliche Aufenthaltsgenehmigungen in das C1 mittels Pkw verbracht haben.
7Obwohl sich betreffend E über die vier angeklagten Schleusungsfälle hinaus bereits aus dem Konkretum der Anklage vom 11.06.2013 der Verdacht weiterer Schleusungshandlungen ergab, wurden lediglich die vier hier abgeurteilten Taten hinsichtlich des Angeklagten E zur Anklage gebracht, da die Bewilligung seiner Auslieferung aus H zum Zwecke der Strafverfolgung zum damaligen Zeitpunkt nur für diese vier Anklagefälle vorlag.
8Das Ursprungsverfahren war durch das unterschiedliche Einlassungsverhalten der ehemaligen Mitangeklagten geprägt. Während M, F und A bereits zu Beginn der Hauptverhandlung ein vollumfängliches Geständnis ablegten, zeigten sich B1 und E anfangs nur teilgeständig und räumten den Anklagevorwurf erst im Laufe der Hauptverhandlung vollumfänglich ein. Demgegenüber stritt N den Anklagevorwurf weitgehend ab und gab vor, an die einzelnen Schleusungsfälle keine Erinnerung mehr zu haben. Die Kammer hat das Verfahren gegen die ehemaligen Mitangeklagten F und A, das in keinem Zusammenhang zu den im hiesigen Verfahren zur Aburteilung gekommenen Vorwürfen steht, nach fünf Hauptverhandlungsterminen abgetrennt und die beiden von Beginn an geständigen Angeklagten unter dem Az. … – inzwischen rechtskräftig - wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in elf Fällen bzw. zwei Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und zehn Monaten bzw. von elf Monaten, letztere mit Strafaussetzung zur Bewährung, verurteilt. Das Verfahren gegen den Angeklagten B1, welches ebenfalls in keinem Zusammenhang mit den vorliegend abgeurteilten Taten steht, hat die Kammer am dreizehnten Verhandlungstag abgetrennt und ihn am 11.10.2013 (Az. …) wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in drei Fällen – inzwischen rechtskräftig – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Das Verfahren gegen E hat die Kammer am 18.11.2013 nach achtzehn Hauptverhandlungstagen abgetrennt, da es nach damaliger Würdigung entscheidungsreif war. Die Verfahren gegen N und M dauerten zum Zeitpunkt der hiesigen Verurteilung noch an.
9Die vorliegende Verurteilung erfolgte letztlich im Wesentlichen auf Grundlage des glaubhaften Geständnisses des Angeklagten, mit dem dieser die ihm vorgeworfenen Taten entsprechend der hier getroffenen Feststellungen vollumfänglich eingeräumt hat.
10E hat in der Hauptverhandlung seine Beteiligung an den vier abgeurteilten Schleusungen entsprechend der Feststellungen geschildert und im Übrigen auch die festgestellte Beteiligung an weiteren Schleusungen – die nicht Gegenstand seiner Verurteilung sind - zugegeben. Nur zur Identität seiner Mittäter machte der Angeklagte E im Laufe der Hauptverhandlung mehrfach wechselnde, widersprüchliche Angaben - offensichtlich um die weiteren Beteiligten vor der Verfolgung durch die Ermittlungsbehörden zu schützen -, so dass insoweit keine Feststellungen getroffen werden konnten.
11Im Übrigen war die erste Hälfte der Hauptverhandlung gegen E davon geprägt, dass dieser das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht und einer Bandenabrede rigoros abstritt und sich in weitschweifigen Ausführungen als humanitärer Flüchtlingshelfer mit rein altruistischen Motiven darstellte. Erst nach fast dreimonatiger Hauptverhandlung ist E am 14.10.2013 nach Inaugenscheinnahme einer ihn belastenden Telekommunikationsdatei insoweit von seiner ursprünglichen Einlassung abgerückt und hat glaubhafte Angaben zu dem gewerblichen Charakter seiner Schleusertätigkeit gemacht. Der übrige Verlauf der Hauptverhandlung war einerseits geprägt von der Inaugenscheinnahme weiterer abgehörter Telefonate, unter anderem auch zur Verifizierung der angeklagten bandenmäßigen Begehung, die die Richtigkeit der geständigen Einlassung des Angeklagten E zu seiner Gewinnerzielungsabsicht eindrucksvoll unterlegten und andererseits auch davon, dass E im Zuge der geänderten Einlassung nunmehr seinen großen organisatorischen Aufwand und die zeitliche Belastung durch die Schleusertätigkeit in den Vordergrund rückte.
12Soweit die Kammer eine Vielzahl geschleuster Personen und deren Angehörige – nicht nur die angeklagten Fälle, sondern auch weitere Schleusungen mit möglichem Bezug zu E betreffend - zeugenschaftlich vernommen hat, waren diese Aussagen überwiegend unergiebig oder nicht geeignet, hierauf Feststellungen zu stützen. Bis auf wenige Ausnahmen haben diese Zeugen - aus Angst, deren Ursache die Kammer letztlich nicht feststellen konnte – unwahre Angaben zum Ablauf der gegenständlichen Schleusungen sowie zur Identität der Schleuser gemacht.
13Soweit E mit der Anklageschrift noch die gewerbs- und bandenmäßige Einschleusung von Ausländern vorgeworfen worden war, hat sich dies – jedenfalls für die hier abgeurteilten Taten – unter Zugrundelegung der Einlassung des Angeklagten und des weiteren Ermittlungsergebnisses nicht mit der für die Verurteilung erforderlichen Sicherheit bestätigt, auch wenn hierfür gewichtige Indizien vorgelegen haben.
14Das vorliegende Urteil beruht nicht auf einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO.
15II.
16Feststellungen zur Person
17Der Angeklagte, der sich auch „I“ oder „B2“ nennt, wurde am 20.02.1982 in der von Kurden bewohnten Stadt T im Nordosten von T1 geboren. Die Eltern von E bewirtschafteten dort als Bauern ein kleines Stück Land. Der Angeklagte wuchs zusammen mit zwei Brüdern und drei Schwestern in ärmlichen Verhältnissen auf. Die Eltern des Angeklagten sind zwischenzeitlich verstorben.
18E wurde mit sieben Jahren eingeschult. Nach nur drei Jahren verließ er die Grundschule, da er die Unterrichtssprache Arabisch nicht ausreichend verstand und so dem Lernstoff nicht folgen konnte. Der Angeklagte bezeichnet sich selber – auch in Bezug auf seine Muttersprache Kurmandschi - als Analphabet.
19Nach dem Ende der Schulzeit unterstützte E seine Eltern bei der Feldarbeit, bis er im Alter von 16 Jahren begann, in einer Zementfabrik zu arbeiten.
20Im Jahre 2005 floh der Angeklagte aus T1 über die U nach H. Hintergrund war, dass die Polizei bei einer Razzia im Wohnhaus der Familie Bücher der kurdischen Partei „Yekiti“ gefunden hatte, die einer Schwester von E gehörten. Um das weibliche Familienmitglied vor dem Gefängnis zu schützen, wurde E von seinen Angehörigen wahrheitswidrig als Besitzer der Bücher benannt. E entschloss sich aus Angst vor der syrischen Staatsmacht daraufhin spontan zur Flucht über die T2 Grenze zu einem im U1 Kurdengebiet lebenden Onkel. Da er die Abschiebung nach T1 fürchtete, reiste der Angeklagte weiter nach J. Mit Hilfe eines Schleusers gelangte er von dort auf dem Landweg nach H.
21E ließ sich in B nieder und beantragte in H Asyl. Obwohl sein Asylantrag abgelehnt wurde, erhielt er in der Folgezeit wiederholt eine befristete „Duldung“ von den H1 Behörden. Der Angeklagte beherrscht mittlerweile fließend die griechische Sprache.
22Um Familienangehörigen das von ihnen vorgestreckte Geld für seine Schleusung zurückzuzahlen, begann E für einen Bauunternehmer in B zu arbeiten. Im Jahre 2009 gab er diese Beschäftigung auf und war in der Folgezeit als Bedienung in einer Cafeteria tätig, wo er für jeden abgeleisteten Arbeitstag 35,00 Euro plus Trinkgeld verdiente.
23In B ging E eine partnerschaftliche Beziehung mit der polnischen Staatsangehörigen M1 ein, die er nach islamischem Ritus heiratete. Eine Zivilehe scheitert bislang an der fehlenden Zustimmung der syrischen Behörden. Das Paar hat zwei gemeinsame Kinder im Alter von drei Jahren und einem Jahr.
24Gemeinsam mit einem weiteren Sohn von M1 aus einer früheren Beziehung lebte die fünfköpfige Familie bis zur Festnahme des Angeklagten in durchschnittlichen Lebensverhältnissen. Der Angeklagte fuhr – trotz fehlender Fahrerlaubnis - bis Juni 2012 einen Pkw N1, den er zuvor zum Preis von 22.000,00 Euro erworben hatte. M1, die als Putzfrau gearbeitet hatte, ging seit dem Jahre 2011 keiner außerhäuslichen Beschäftigung mehr nach. Stattdessen bestritt die Familie des Angeklagten ihren Lebensunterhalt von den Einkünften des Angeklagten aus seiner Tätigkeit in der Cafeteria sowie – spätestens seit Ende des Jahres 2011 – auch aus dessen Tätigkeit als Schleuser syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge, was Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.
25Nach der Festnahme des Angeklagten am 29.01.2013 in H siedelte M1 mit ihren Kindern nach Q über und wird dort durch ihre Familie finanziell unterstützt. Der Angeklagte, dessen „Duldung“ für H mittlerweile abgelaufen ist, plant nach Abschluss dieses Verfahrens in der C einen Asylantrag zu stellen, um sich hier mit seiner Familie niederzulassen.
26Strafrechtlich ist die Angeklagte E, der im Vorfeld seiner Inhaftierung aber auch noch nie in C aufhältig war, bislang nicht in Erscheinung getreten.
27III.
28Feststellungen zur Sache
291.) Vorgeschichte
30Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt in der ersten Jahreshälfte 2011 - nach Beginn der bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in T1 - wurde der Angeklagte E von einem entfernten Verwandten aus seiner Heimatstadt T gebeten, sich um dessen Familie zu kümmern, die nach B geflüchtet war und sich dort illegal unter schwierigen Umständen aufhielt. Aus Mitleid und aus Verbundenheit mit seinen kurdischen Landsleuten beschloss der Angeklagte, der Familie zu helfen. E hielt die Familie mehrere Wochen in der Wohnung eines Bekannten versteckt und stellte für sie den Kontakt zu einem Schleuser namens „B3“ her, den er durch seine Arbeit in der Cafeteria kennengelernt hatte und dem es schließlich auch gelang, die Familie in die C zu schleusen.
31Im Laufe des Jahres 2011 wurde E gewahr, dass immer mehr Kurden aus seiner Heimatprovinz über die U nach B flohen, um von H weiter in Länder Nord- oder Mitteleuropas zu gelangen, wo häufig bereits Verwandte von ihnen lebten und sie sich bessere wirtschaftliche Unterstützung während eines Asylverfahrens versprachen. Durch seine berufliche Tätigkeit in der Cafeteria, die ein Treffpunkt von Arabern und Kurden war, gelangte E nicht nur in Kontakt zu der immer größer werdenden Anzahl schleusungswilliger Syrer in B, sondern auch zu Schleusern, die ebenfalls in wachsender Zahl ihre Tätigkeiten gegen Entgelt anboten. Gleichzeitig wurde E verstärkt direkt von Bekannten aus seiner Heimat kontaktiert, um ihnen bei der Schleusung nach Nord- und Mitteleuropa zu helfen.
32Vor diesem Hintergrund entschloss sich der Angeklagte, seine bestehenden Kontakte zu nutzen und sich auch selber an der Organisation von Schleusungen zu beteiligen, um seine Einkünfte aus der Cafeteria durch eine zusätzliche lukrative Einnahmequelle aufzubessern.
332.) Tatgeschehen
34a.) Rahmengeschehen
35Spätestens seit Ende des Jahres 2011 organisierte E eine nicht näher feststellbare Anzahl von Schleusungen syrischer Staatsangehöriger, die nicht im Besitz gültiger Pässe und der erforderlichen Aufenthaltstitel für ihre Zielländer – vorwiegend die C oder T3 - waren.
36Der Angeklagte E ging dabei im Einzelnen wie folgt vor:
37E handelte zunächst mit den Schleusungswilligen oder deren Angehörigen einen Gesamtpreis für die gesamte Familie oder Gruppe aus, der die Unterkunft in B sowie den eigentlichen Transport sämtlicher Personen bis in das jeweilige Zielland umfasste. Das vereinbarte Entgelt betrug dabei für jeden zu Schleusenden durchschnittlich mehrere tausend Euro. Die zu schleusenden Personen brachte E sodann in von ihm angemieteten Wohnungen in B unter, wo sie sich die Unterkunft mit anderen Schleusungswilligen bis zu ihrer Ausreise teilten. Daneben beauftragte der Angeklagte gegen Entgelt wechselnde, nicht näher identifizierte Personen mit der Organisation der eigentlichen Ausreise aus H. Diese unbekannten Mittäter waren es auch – wovon E genaue Kenntnis hatte -, die die für die Ausreise per Linienflugzeug erforderlichen gefälschte Ausweisdokumente von weiteren Mittätern ägyptischer Abstammung organisierten und zum Teil – soweit von den Schleusungswilligen bei E gegen Aufpreis in Auftrag gegeben - auch Flughafenmitarbeiter bestachen. Der Angeklagte E hatte dabei jeweils genauen Überblick über den Stand der Ausreisevorbereitungen und konnte auf diese, insbesondere auch auf die Zeitpunkte der Ausreiseversuche, Einfluss nehmen. Er unterstützte seine Mittäter, indem er etwa Passbilder von den Schleusungswilligen anfertigen ließ und diese zur Erstellung der gefälschten Pässe weitergab oder den Transport der Schleusungswilligen zu außerhalb von B gelegenen Flughäfen mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder Taxis organisierte. Soweit der Ankunftsflughafen nicht am Zielort des Schleusungswilligen lag, sorgte E ebenfalls für den Weitertransport der Schleusungswilligen – zum Beispiel indem er den ehemals Mitangeklagten F mit der Durchführung von Taxifahrten beauftragte.
38Der Angeklagte E fungierte insgesamt als Bindeglied zwischen den Schleusungswilligen und den von ihm – E - beauftragten Mittätern. So informierte er die Schleusungswilligen regelmäßig über den Fortgang und Ablauf der Ausreisevorbereitungen. Gewöhnlich stand er auch in regelmäßigen Kontakt mit den zumeist in den jeweiligen Zielländern lebenden Verwandten der Schleusungswilligen, mit denen er auch die Einzelheiten der Zahlung des von ihm geforderten Entgeltes besprach. Dieses wurde E zumeist entweder von einem sogenannten Hawala-Banker, wie dem ehemals Mitangeklagten M, im Anschluss an die erfolgreiche Schleusung überwiesen oder es wurde bereits vor dem Ausreiseversuch – jedenfalls anteilig - per X nach H auf den Namen des Angeklagten, seiner Lebensgefährtin oder anderer Bekannter geschickt.
39Der Angeklagte E führte die beschriebenen Schleusungstätigkeiten hauptsächlich deshalb durch, um so jeweils finanziellen Gewinn zu erzielen und durch die wiederholten Schleusungstätigkeiten seinen Lebensunterhalt sowie den seiner Familie in B zu bestreiten. Zu diesem Zweck kalkulierte der Angeklagte den Gesamtpreis dergestalt, dass ihm selber nach Abzug der übrigen Auslagen ein Betrag von durchschnittlich 1.200,00 Euro pro geschleuster Person verblieb, der nach Abzug der anteiligen Mietkosten für die geschleuste Person seinen Gewinn darstellte. Die Höhe des durch E jeweils erzielten Gewinnes variierte dabei von Fall zu Fall erheblich, da Teile des Schleuserlohnes gelegentlich nicht gezahlt wurden oder durch fehlgeschlagene Ausreiseversuche verbunden mit längeren Aufenthalten in B unplanmäßig zusätzliche Auslagen von E zu tragen waren. Bei einigen wenigen Schleusungen kam es deshalb auch vor, dass der Angeklagte einen finanziellen Verlust erlitt, was im Ergebnis durch die Gewinne aus anderen Schleusungen ausgeglichen wurde. E gelang es, insgesamt Gewinn in nicht näher feststellbarer Höhe aus seiner Schleusertätigkeit zu erwirtschaften und dadurch sich und seiner – durch die Geburt des zweiten gemeinsamen Kindes größer gewordenen - Familie einen durchschnittlichen Lebensstandard in B zu ermöglichen, was alleine mit dem bescheidenen Einkommen aus der Tätigkeit in der Cafeteria nicht möglich gewesen wäre. Neben seinem finanziellen Interesse fühlte sich E aber auch seinen syrischen Landsleuten - insbesondere denen mit kurdischer Volkszugehörigkeit - verbunden und war erfreut darüber, diesen durch seine Schleusungstätigkeiten behilflich zu sein, zumal dies Ansehen und Respekt für ihn und seine Familie in T1 versprach.
40Der Umfang der Schleusertätigkeit des Angeklagten wuchs im Laufe des Jahres 2012 bis zu seiner Festnahme Ende Januar 2013 stetig an. E fürchtete ein Versiegen der Flüchtlingswelle nach H durch verstärkte Grenzkontrollen an den griechischen Flughäfen und der türkisch-griechischen Grenze, so dass ihm daran gelegen war, zuvor noch möglichst hohe Gewinne zu vereinnahmen, um davon gegeben falls zukünftig noch zehren zu können. Zu diesem Zwecke unterhielt E insgesamt bis zu drei Mietwohnungen in B, für die er jeweils etwa 300,00 € Miete zu zahlen hatte und in denen er eine wechselnde Anzahl von Flüchtlingen bis zu ihrer erfolgreichen Ausreise beherbergte. Der Zeitaufwand für die Versorgung der schleusungswilligen Personen und die eigentlichen Schleusungstätigkeiten wuchs derart an, dass der Angeklagte seiner Tätigkeit in der Cafeteria nur noch selten nachgehen und er immer weniger Zeit für seine Familie aufbringen konnte. Um seinen Profit noch zu erhöhen, reiste E im Laufe des Jahres 2012 mehrfach in die U, um dort Kontakt zu schleusungswilligen Personen und anderen Schleusern aufzunehmen. Die Kontakte des Angeklagten in die U führten dazu, dass er seit Mitte des Jahres 2012 regelmäßig an der Verbringung – mindestens einmal auch mit einem Privatboot auf eine griechische Insel – von schleusungswilligen Syrern nach H beteiligt war und diese anschließend gemeinsam mit unbekannten Mittätern per Linienflugzeug weiter in ihre eigentlichen Zielländer schleuste, was jedoch nicht einen der hier festgestellten Schleusungsfälle betrifft.
41b.) Einzelne Taten
42Der Angeklagte E war unter anderem an den nachfolgenden Schleusungen von H in die C beteiligt. Bei den geschleusten Personen handelte es sich um syrische Staatsangehörige, die zuvor jeweils illegal – insbesondere ohne Schengen-Visum - über die U nach H eingereist waren, um von dort ihre Reise in die eigentlichen Zielländer nach Nord- und Mitteleuropa fortzusetzen. Vor diesem Hintergrund stellten sie auch keinen Asylantrag in H, sondern versuchten sich dort bis zu ihrer Weiterreise ohne Kenntnis der H1 Behörden aufzuhalten. Im Falle eines Aufgriffs und einer Feststellung durch die griechische Polizei erhielten die schleusungswilligen Personen von den H1 Behörden lediglich eine Ausreiseverfügung, innerhalb von 30 Tagen H zu verlassen, so dass sie anschließend wieder untertauchen und ihre Weiterschleusung betreiben konnten. E war dabei jeweils bewusst, dass die von ihm geschleusten syrischen Staatsangehörigen nicht über einen gültigen Pass oder einen erforderlichen Aufenthaltstitel für die C verfügten und ihnen somit die Einreise in die C nicht gestattet war. Ihm war bekannt, dass die durch ihn jeweils erfolgte Förderung einer solchen nicht gestatteten Einreise in die C illegal ist. E handelte auch hinsichtlich der nachfolgend festgestellten Taten jeweils in der Absicht, sich durch die Organisation der Schleusungen eine dauerhafte Einnahmequelle von einigem Umfang zur Deckung des täglichen Lebensbedarfes zu verschaffen. Ob E durch die hier festgestellten Schleusungen tatsächlich Gewinn erwirtschaften konnte, hat die Kammer nicht festgestellt.
43aa.) Angeklagte Schleusungsfälle
44E beteiligte sich an der Organisation der folgenden vier Schleusungen im August und September 2012, die Gegenstand der Anklage gegen E sind:
45(a) Fall 21 der Anklage (Fallakte 43) - Einschleusung von S
46Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt im Sommer 2012 wandte sich der syrische Staatsangehörige S1 telefonisch an den Angeklagten E. S1 war zuvor mitsamt seiner zehnköpfigen Familien bestehend aus einer Ehefrau und acht Kindern von unbekannten Tätern aus T1 nach H geschleust worden. Über Verwandte, die Kontakt zum in T1 lebenden Bruder von E aufgenommen hatten, war er in Besitz der Telefonnummer des Angeklagten gelangt.
47Im Rahmen eines persönlichen Treffens zwischen S1, seinem ältesten Sohn sowie E sagte letzterer zu, sämtliche Familienmitglieder nach und nach per Flugzeug in die C zu schleusen. Als Gegenleistung ließ E sich ein Entgelt in nicht feststellbarer Höhe versprechen, welches in Teilbeträgen - in Abhängigkeit vom Fortgang der Schleusungen – zu zahlen war. Das Geld sollte dabei vom bereits in C lebenden Bruder des S1, S2, per X nach H auf den Namen des Angeklagten oder seiner Bekannten überwiesen werden.
48Der Angeklagte E quartierte die Familie S3 sodann in einer von ihm gemieteten Wohnung in B ein und beauftragte mindestens einen weiteren unbekannten Mittäter mit der Organisation der Ausreise der Familie. In der Folgezeit wurden entsprechend der Absprache einzelne Mitglieder der Familie S3 in die C eingeschleust, wofür E Teile des vereinbarten Schleuserlohns überwiesen erhielt.
49Mitte August 2012 erhielt E von einem Mittäter die Nachricht, dass nunmehr auch die zum damaligen Zeitpunkt sechszehnjährige Tochter von S1, S, sowie zwei weitere weibliche Familienmitglieder nach C verbracht werden können. Am 22.08.2012 und 23.08.2012 telefonierte der Angeklagte E mehrfach mit S2, um mit ihm die Einzelheiten der Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 9.000,00 Euro für die Schleusung der drei Personen zu besprechen. Am 30.08.2012 nahm S den Flug … von S4/H in die C nach G1. S war zuvor – was auch E bekannt war - zum Zwecke des Eincheckens von einem Mittäter E ein gefälschter polnischer Personalausweis übergeben worden. In einem Telefonat am 30.08.3012 teilte E dem S2 mit, dass S in wenigen Stunden in C landen werde, wohingegen die anderen beiden Mädchen nicht an Bord seien. Ferner forderte der Angeklagte S2 auf, den Betrag von 9.000,00 Euro nunmehr an ihn zu überweisen.
50Nach ihrer Ankunft in G1 wurde S von Bundespolizisten im nichtöffentlichen Bereich des Flughafengebäudes angehalten und nach ihren Ausweispapieren befragt. Dabei wies sie sich mit dem gefälschten polnischen Personalausweis aus. Weitere, insbesondere aufenthaltslegitimierende Dokumente führte S dagegen nicht bei sich.
51S äußerte sich mittels eines Dolmetschers gegenüber den Bundespolizisten im Flughafengebäude wie folgt:
52Frage: „Was hätten Sie getan, wenn man Sie hier in C am Luftfahrzeug nicht befragt hätte?“
53Antwort: „Mein Ziel war es (Asyl) in C zu beantragen.“
54Frage: „Haben Sie Bekannte/Verwandte in C/F2?“
55Antwort: „Ich habe hier einen Onkel in C und ihn darum gebeten, mir bei Beantragung des Asylantrags zu helfen.“
56(Wahrunterstellung gem. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO)
57Einen oder zwei Tage später wurden auch die beiden anderen weiblichen Familienmitglieder in die C geschleust. Der gesondert verfolgte S2 überwies sodann den Betrag von 9.000,00 Euro per X an E.
58(b) Fall 23 der Anklage (Fallakte 47) – Einschleusung von L
59Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Sommer 2012 beauftragte der syrische Staatsangehörige B4 den Angeklagten E, seine Familie bestehend aus der Ehefrau und den minderjährigen Sohn L von H in die C per Flugzeug zu schleusen. Die Familie B5 war zuvor von unbekannten Tätern über die U nach H geschleust worden. Als Gegenleistung verpflichtete sich B4, ein Entgelt in nicht feststellbarer Höhe an E zu zahlen. Das Geld sollte dabei von dem bereits in C lebenden Bruder von B4, B6, per X an den Angeklagten nach H überwiesen werden.
60E brachte die Familie B5 daraufhin in einer gemieteten Wohnung in B unter und beauftragte mindestens einen unbekannten Mittäter damit, die Ausreise der einzelnen Familienmitglieder per Flugzeug zu organisieren.
61Anfang September 2012 erhielt E von einem Mittäter die Nachricht, dass der zum damaligen Zeitpunkt zwölfjährige L gemeinsam mit zwei weiteren Kindern von S1 per Linienflugzeug nach P gebracht werden könne.
62In mehreren Telefonaten am 11.09.2012 und 12.09.2012 teilte der Angeklagte B6 mit, dass sein Neffe gemeinsam mit zwei weiteren Kindern nach X1 geschickt werde und bat diesen, L in P abzuholen, was B6 unter Hinweis auf seinen ausländerrechtlichen Status verweigerte. Im Übrigen erklärte B6, dass ihm derzeit auch keine finanziellen Mittel zur Verfügung stünden, um vorab einen Teil des vereinbarten Entgeltes für die Schleusung von L zu zahlen.
63E entschloss sich gleichwohl, die Schleusung von L auch ohne vorherige Geldzahlung des B6 stattfinden zu lassen. Er ging davon aus, dass B4 und seine Ehefrau das vereinbarte Entgelt später zahlen würden, um die eigene Schleusung nicht zu gefährden und zeitnah wieder mit ihrem Sohn vereint zu sein.
64L reiste am 13.09.2012 mit gefälschten Ausweispapieren gemeinsam mit der zehnjährigen S5 und dem achtjährigen S6 mit einem Linienflugzeug von H nach P. Bei Ankunft am X1 Flughafen erwartete die Kinder eine unbekannte Mittäterin des Angeklagten, die - von E beauftragt – die drei syrischen Kinder mittels eines Taxi zum X1 Westbahnhof brachte, dort Zugtickets nach L1 erwarb und die Kinder anschließend in den ICE … mit Endhaltestelle E1 setzte.
65Im Anschluss an die Abfahrt des Zuges vom ersten Bahnhof auf C1 in S7 wurden die geschleusten syrischen Kinder durch Beamte einer Zugstreife der Bundespolizei angesprochen und nach ihren Ausweispapieren befragt. L führte dabei – ebenso wie S5 und S6 – keinen Pass oder ein anderes Ausweisdokument bei sich. Ihre gefälschten Ausweispapiere waren den Kindern von der unbekannten Mittäterin des Angeklagten in X1 abgenommen worden.
66Bei der anschließenden Befragung erklärte L mittels eines Dolmetschers gegenüber den Bundespolizisten unter anderem:
67Befragung: „Was wollt ihr denn in C?“
68L: „Ich bin dort in die 7. Klasse gegangen. Ich will nach C, weil in T1 Krieg herrscht.“
69(Wahrunterstellung gem. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO)
70Neben den drei Kindern wurden noch weitere Ausländer, unter ihnen I1, ohne aufenthaltslegitimierende Dokumente im Zug festgestellt. Diese waren zuvor durch andere unbekannte Täter über P in die C geschleust worden, ohne dass ein Zusammenhang mit der Schleusertätigkeit des Angeklagten E festgestellt werden konnte.
71Während E von S2 im Anschluss an die Schleusung von dessen Nichte S5 und dessen Neffen S6 einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 11.000,00 Euro per X überwiesen erhielt, wurde ihm für die Schleusung von L – entgegen E´s Erwartung - auch in der Folgezeit weder von dessen Eltern noch von dessen Onkel ein Teil des vereinbarten Entgeltes gezahlt.
72(c) Fall 25 der Anklage (Fallakte 49) – Einschleusung von B7 und N2
73Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Frühjahr 2012 wandte sich der syrische Staatsangehörige B7, der aus der Heimatstadt von E stammt und diesem auch von dort bekannt war, an den Angeklagten. B7 und seine Ehefrau N2 waren zuvor von unbekannten Tätern über die U nach H geschleust worden. B7 beauftragte E gegen Zahlung eines in der Höhe nicht feststellbaren Entgeltes damit, seine Ehefrau und ihn per Flug in die C zu schleusen. Das Geld sollte dabei durch den bereits in C lebenden Sohn des Ehepaares, F3, mittels N11 oder X nach H überwiesen werden.
74Der Angeklagte brachte das Ehepaar B7/N2 in einer gemieteten Wohnung in B unter und beauftragte mindestens einen weiteren unbekannten Mittäter mit der Organisation ihrer Ausreise. In der Folgezeit scheiterten mehrere Versuche des Ehepaares, Flugtickets zu erwerben und ins Flugzeug einzuchecken, da das Airline-Personal ihre mitgeführten Ausweisdokumente jeweils als Fälschungen erkannte. In verschiedenen Telefonaten Anfang September 2012 besprach der Angeklagte diese Situation mit F3, der E daraufhin bat, seine Eltern so schnell wie möglich nach C zu bringen. E bot F3 gegen Zahlung eines zusätzlichen Aufpreises die Durchführung der Schleusung auf dem sogenannten Handelsweg an, bei dem die zu Schleusenden durch bestochene Flughafenmitarbeiter in das Flugzeug gebracht werden. Aus Sorge um seine Eltern, die sich mittlerweile bereits mehrere Monate in H aufhielten, willigte F3 ein und versprach auch den geforderten Aufpreis in nicht feststellbarer Höhe an den Angeklagten zu zahlen.
75Der Angeklagte E organisierte darauf hin mit Hilfe unbekannter Mittäter die vereinbarte Schleusungsvariante über den „Handelsweg“. Am 20.09.2012 teilte E F3 mit, dass sich seine Eltern bereits im Flugzeug befinden und in Kürze in N3 landen. Am selben Tag flogen B7 und N2 mit einem Linienflugzeug von S4/H nach N3. Beim Einchecken auf S4 hatten sie gefälschte bulgarische Identitätskarten verwendet. Nach ihrer Ankunft in N3 wurde das Ehepaar im nichtöffentlichen Bereich des Flughafengebäudes durch Beamte der Bundespolizei angehalten und nach ihren Ausweispapieren befragt. B7 und N2, die die gefälschten Identitätskarten während des Fluges auf der Flugzeugtoilette entsorgt hatten, befanden sich nicht im Besitz von Pässen oder anderer aufenthaltslegitimierender Ausweisdokumente.
76B7 erklärte den Polizeibeamten im Flughafen mittels Dolmetscher unter anderem:
77Frage: „Wie konnten Sie selbst von H nach C reisen?“
78Antwort: „Der Schleuser in H hieß B8, er war Araber.“
79…
80Frage: „Wussten Sie, dass es sich bei den Plastikkarten um bulgarische ID-Karten handelt?“
81Antwort: „Nein, ich kann das nicht lesen, der Schleuser hat mir gesagt, dass das bulgarische Dokumente sind.“
82Frage: „Wann und von wem haben Sie diese erhalten?“
83Antwort: „B8 hat uns mit dem Pkw zum Flughafen gebracht, uns dort die Ausweise und Flugtickets ausgehändigt.“
84…
85Frage: „War das der erste Schleusungsversuch nach C?“
86Antwort: „Beim dritten Versuch haben wir es geschafft.“
87…
88Frage: „Wie wäre es weitergegangen?“
89Antwort: „Weiß ich nicht, ich kenne den Weg nicht.“
90Frage: „Ja, wo wollten Sie denn hin?“
91Antwort: „Ich hätte mich einfach dahingelegt. Mit Sicherheit wären Polizisten gekommen und hätten mich festgenommen.“
92…
93Frage: „Sie wollten nach C, um zu ihren Kindern zu kommen.“
94Antwort: „Ich und meine Ehefrau sind vom Krieg geflüchtet und um unsere Kinder in C zu erreichen. Ich will Asylantrag stellen. Für mich und meine Ehefrau.“
95(Wahrunterstellung gem. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO)
96In der Folgezeit wurde dem Angeklagten E als Gegenleistung für seine Schleusertätigkeit ein in der Höhe nicht feststellbarer Geldbetrag überwiesen.
97Bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung am 29.04.2013 gab B7 unter anderem Folgendes gegenüber der Bundepolizei an:
98- seine Aussage bei der Bundespolizei am Flughafen N3 sei „die Wahrheit“ gewesen,
99- er sei allein aus T1 in die U gereist und habe zuvor keinen Kontakt zu Schleusern gehabt,
100- er habe (für seine eigene Schleusung) lediglich 4.000 US-Dollar an den Schleuser B8 in der U gezahlt; kein weiteres Geld sei an Schleuser für seine Schleusung gezahlt worden,
101- für die Kinder „mussten wir insgesamt 10.000 Dollar zahlen“,
102- er allein habe „das ganze Geld bezahlt“,
103- er habe in einem Keller in J gewohnt, wo er mit der gesamten Familie „noch bis zum 20.09.2013“ geblieben sei,
104- er sei nicht in H gewesen,
105- „Wir haben es ein paar Mal versucht, nach C zu reisen. Es klappte erst beim dritten Mal… Er hatte die Pässe von mir und meiner Frau. Er gab dafür andere Pässe. Jedes Mal waren es andere Pässe, die wir jedes Mal bekamen, als wir am Flughafen waren. Die Polizei hat uns jedes Mal weggeschickt.“
106- „Wir waren die ganze Zeit in der Wohnung. Ich habe nur B8 gesehen. Der hat uns was zu trinken oder zu essen gebracht.“
107- Auf die Frage, ob während der gesamten Zeit Geld nachgezahlt werden musste: „Nein, ich zahlte am Anfang pro Person die 4.000 €“.
108(Wahrunterstellung gem. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO)
109(d) Fall 27 der Anklage (Fallakte 53) – Einschleusung von T4 und G2
110Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Juni oder Juli 2012 wandte sich der syrische Staatsangehörige T4, der – wie das Ehepaar B7/N2 und der Angeklagte – aus T stammt, an E und vereinbarte mit ihm, seine Familie gegen Zahlung eines in der Höhe nicht genau feststellbaren Entgeltes – jedenfalls aber über 9.000,00 Euro - von H per Linienflugzeug in die C zu schleusen. T4 und seine Familie bestehend aus der Ehefrau G2 und einer Tochter waren zuvor von unbekannten Tätern von T1 über die U nach H geschleust worden. Der dem Angeklagten zugesagte Schleuserlohn sollte dabei von bereits in C lebenden Verwandten des Ehepaares, wie ihrem Sohn T5, an E gezahlt werden.
111E quartierte die Familie T6 in der Wohnung, in der bereits das Ehepaar B7/N2 lebte, ein und beauftragte mindestens einen unbekannten Mittäter mit der Organisation ihrer Ausreise. Nach wenigen Tagen wurde die Tochter des Ehepaares T4/G2 erfolgreich in die C geschleust. Demgegenüber wurde das Ehepaar T4/G2 beim Versuch, Flugtickets zu erwerben und einzuchecken, mehrfach am Flughafen zurückgewiesen. E bot daraufhin auch T4 gegen Zahlung eines zusätzlichen Aufpreises die Schleusung auf dem sogenannten Handelsweg an, bei dem die zu Schleusenden durch bestochene Flughafenmitarbeiter in das Flugzeug gebracht werden. Um endlich zeitnah in die C zu gelangen, erklärte sich T4 mit E´s Vorschlag einverstanden. Der Angeklagte E organisierte sodann mit Hilfe unbekannter Mittäter die vereinbarte Schleusungsvariante auf dem „Handelsweg“.
112In einem Telefonat am 25.09.2012, gegen 17:00 Uhr, teilte E dem bereits in der Bundesrepublik aufhältigen T5 mit, dass seine Eltern abgeflogen seien und erinnerte ihn daran, das vereinbarte Entgelt zu überweisen. In einem weiteren Telefonat am 25.09.2012 forderte E den Sohn des Ehepaares T4/G2 nochmals auf, ihm den restlichen Schleuserlohn in Höhe von 9.000,00 Euro zu überweisen.
113Am selben Tag flogen T4 und G2 mit dem Flug … von U2/H nach N3. Nach ihrer Ankunft in N3 wurde das Ehepaar im nichtöffentlichen Bereich des Flughafengebäudes durch Beamte der Bundespolizei angehalten und nach seinen Ausweispapieren befragt. T4 wies sich dabei mit einer gefälschten bulgarischen Identitätskarte aus, weitere Ausweisdokumente führte er nicht bei sich. G2 hatte überhaupt keinen Pass oder ein anderes Ausweisdokument bei sich.
114T4 erklärte gegenüber den Bundespolizeibeamten im Flughafengebäude mittels eines Dolmetschers unter anderem:
115Frage: „Was ist der Grund Ihrer Reise?“
116Antwort: „Meine Kinder befinden sich in C und weil der Präsident in T1 die Menschen tötet.“
117Frage: „Von wem haben Sie die Ausweise und die Tickets bekommen? Schildern Sie die Umstände, wie Sie mit der Person in Kontakt getreten sind.“
118Antwort: „Ich habe sie von einem Mann bekommen. Diesen Mann habe ich 3-4 Mal gesehen. Er nannte sich K, wo er wohnt, weiß ich nicht.“
119(Wahrunterstellung gem. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO)
120In der Folgezeit stellten T4 und G2 Asylanträge in der C.
121Der Angeklagte E erinnerte T5 in einem weiteren Telefonat am 27.09.2012 nochmals daran, ihm den restlichen, noch ausstehenden Schleuserlohn zu überwiesen. T5 überwies sodann per X einen Betrag in Höhe von insgesamt 9.000,00 Euro auf den Namen des Angeklagten bzw. dessen Lebensgefährtin M1 nach H. Zuvor hatte er bereits mindestens zweimal Bargeldbeträge in nicht feststellbarer Höhe an den „Hawala-Banker“ und früheren Mitangeklagten M zwecks Weiterleitung an E für die Durchführung der Schleusung seiner Eltern und Schwester übergeben.
122bb.) Nicht angeklagte Schleusungsfälle
123E war darüber hinaus – neben einer nicht näher feststellbaren Anzahl weiter Schleusungen – unter anderem an den nachfolgenden Schleusungen von H in die C beteiligt, die hinsichtlich des Angeklagten E jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Anklage waren:
124(a) Fall 4 der Anklage (Fallakte 8)
125Zeitlich noch vor T4 war sein Bruder T7 mit dessen Familie bestehend aus zwei Ehefrauen und sechs Kindern von unbekannten Tätern aus T1 über die U nach H geschleust worden. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im März 2012 beauftragte T7 den Angeklagten E gegen Entgelt mit der Schleusung seiner Familie per Linienflugzeug in die C. Der vereinbarte Schleuserlohn sollte durch einen anderen, bereits in C lebenden Bruder, T8, an E nach H überwiesen werden.
126Der Angeklagte E brachte darauf hin die Familie von T7 in einer von ihm gemieteten Wohnung in B unter und beauftragte mindestens einen unbekannten Mittäter mit der Organisation der Ausreise.
127Am 03.04.2012 meldete sich T8 telefonisch bei dem früheren Mitangeklagten M und teilte diesem mit, die Telefonnummer von E erhalten zu haben und nunmehr 11.000,00 Euro an E überweisen zu wollen. Noch am selben Tag trafen sich T8 und M in dem „Q1-Shop“ auf der I2-Straße in F1, wo der angekündigte Betrag an M übergeben wurde, den dieser anschließend über seinen Bruder S8 in T1 weiter nach H zu E überwies. In der Folgezeit versuchte T8 weitere Geldbeträge über M an E zu überweisen, was dieser jedoch aus internen, organisatorischen Gründen ablehnte.
128Bis Ende Mai 2012 wurden T7, B9, eine weitere Ehefrau und die sechs Kinder der Familie mittels Linienflügen von H in das C1 geschleust. Keine der geschleusten Personen war dabei in Besitz eines gültigen Passes oder aufenthaltslegitimierender Ausweisdokumente. Sämtliche Mitglieder der Familie stellten in der Folgezeit Asylanträge in der C.
129(b) Fall 8 der Anklage (Fallakte 21)
130Der syrische Staatsangehörige N4 wurde Anfang des Jahres 2012 von unbekannten Tätern gegen Zahlung eines Entgeltes von T1 über die U nach H geschleust. In T1 hatte er Kontakt zu einer weiteren unbekannten Person aufgenommen, die ihm gegen Zahlung eines Entgeltes in Höhe von 6.000,00 Euro die Schleusung per Flugzeug in die C zugesagt hatte. Der Schleuserlohn sollte dabei jedenfalls teilweise durch den bereits in C lebenden Bruder von N4, N5, überwiesen werden. Zur weiteren Organisation und Durchführung der Schleusung konnte die Kammer lediglich folgende Feststellung treffen: N4 war bis zu seiner Ausreise in einer vom Angeklagten E gemieteten Wohnung in B untergebracht war. E erwarb außerdem einmal gemeinsam mit N4 Kleidung in einem Geschäft für Übergrößen. Weiterhin meldete sich E telefonisch bei N5 und forderte ihn auf, Kontakt zu M aufzunehmen, um über diesen den hälftigen Schleuserlohn in Höhe von 3.000,00 Euro zu transferieren. Tatsächlich wurde aber in der Folgezeit kein Geld von M in Empfang genommen und überwiesen. Auf welchem Wege und an wen der Schleuserlohn schließlich überwiesen wurde, konnte die Kammer nicht feststellen.
131Am 24.06.2012 reiste N4 als Passagier des Fluges … von U2/H nach E2, obwohl er über keinen gültigen Pass oder aufenthaltslegitimierende Ausweisdokumente für das C1 verfügte. Nach seiner Ankunft in E2 wurde er im nichtöffentlichen Ankunftsbereich des Flugzeuges von Bundespolizeibeamten angehalten und nach seinen Ausweispapieren befragt. N4 führte keinen Pass oder andere Ausweisdokumente bei sich.
132In seiner Vernehmung durch die Bundespolizei am selben Tag schilderte N4 seinen Fluchtweg ausführlich und mit zahlreichen Details, insbesondere beschrieb er genau sämtliche Schleuser und ihre Helfer und gab zum Teil auch deren Telefonnummern an. Der Name des Angeklagten E fiel dabei kein einziges Mal. Unter anderem gab N4 gegenüber den Beamten an:
133Frage: „Was können Sie mir über den vermeintlichen Schleuser erzählen und wie fand der erste Kontakt statt?“
134Antwort: „Der Schleuser ist ein syrischer Kurde und heißt: N6. Er ist aus dem Dorf F4, liegt 17 km von B10 entfernt liegt. Der N6 wohnt in H unter der Adresse: Q2-Str. B, neben der Kirche N7. Der N6 ist ca. 27 Jahre alt, hat dunkle Haare, ca. 165 cm groß. Seine Telefonnummer lautet ...“
135(Wahrunterstellung gem. § 244 Abs. 3 S. 2 StPO)
136N4 stellte in der Folgezeit einen Asylantrag in der C.
137(c) Fall 11 der Anklage (Fallakte 26)
138Spätestens Anfang des Jahres 2012 trat der syrische Staatsangehörige I3 in Kontakt mit dem Angeklagten E. I3 war zuvor von unbekannten Tätern von T1 über die U nach H geschleust worden, wo er zunächst von der Polizei aufgegriffen und anschließend in ein Flüchtlingslager verbracht worden war. Anstatt der Aufforderung der H1 Behörden, H innerhalb von 30 Tagen zu verlassen, nachzukommen, reiste I3 nach B, wo er den Angeklagten gegen Entgelt mit der Weiterschleusung in die C beauftragte. Der vereinbarte Schleuserlohn sollte dabei von der zum Teil bereits in C lebenden Familie von I3 an E überwiesen werden.
139Der Angeklagte brachte I3 daraufhin in einer gemieteten Wohnung in B unter, in der er auch N4 einquartiert hatte, und beauftragte mindestens einen unbekannten Mittäter mit der Organisation der Ausreise von I3. Da die Ausreiseversuche von I3 mehrfach missglückten, bot E I3 gegen Zahlung eines Aufpreises an, ihn über den sogenannten Handelsweg zu schleusen, was dieser jedoch ablehnte. Am 06.06.2012 meldete sich der Cousin von I3, T9, telefonisch bei M, dessen Nummer T9 zuvor von E erhalten hatte, und fragte bei M nach einer Möglichkeit, den Schleuserlohn für I3 nach H zu transferieren. Der beabsichtigte Geldtransfer kam jedoch nicht zustande, da T9 angeblich der Weg von H2 nach F1 zu weit war.
140Insgesamt blieb I3 etwa sechs Monate in B, bis es ihm endlich gelang, mit Hilfe eines gefälschten Ausweisdokumentes ein Flugticket zu erwerben und einzuchecken.
141Am 09.07.2012 reiste I3 als Passagier des Fluges … von B/H nach G1 in das C1 ein, obwohl er nicht über einen gültigen Pass oder ein aufenthaltslegitimierendes Ausweisdokument verfügte. Nach seiner Ankunft in G1 wurde I3 im nichtöffentlichen Bereich des Flughafengebäudes durch Beamte der Bundespolizei angehalten und nach seinem Ausweisdokument befragt. I3 wies sich daraufhin mit einer gefälschten tschechischen Identitätskarte aus, einen weiteren Pass oder ein anderes Ausweisdokument führte er nicht bei sich.
142In der Folgezeit stellte I3 einen Asylantrag in der C.
143(d) Fall 25 der Anklage (Fallakte 48)
144Zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahre 2011 war der syrische Staatsangehörige C2 von unbekannten Tätern über die U nach H geschleust worden. In B beauftragte er den Angeklagten E gegen Entgelt mit der Weiterschleusung seiner Familie bestehend aus ihm, einer Ehefrau und mehreren Kindern in die C, da sie nicht über gültige Pässe und die erforderlichen aufenthaltslegitimierenden Titel für das Schengen-Gebiet verfügten. Der Angeklagte brachte die Familie von C2 etwa drei Monate in einer von ihm gemieteten Wohnung in B unter und beauftrage unbekannte Mittäter mit der Organisation der Ausreise. C2 reiste zu einem nicht mehr näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahre 2011 gemeinsam mit anderen zu schleusenden Männern in einem Schnellboot nach J1 und von dort weiter mit einem Taxi – beauftragt von E - in die C, während die restliche Familie mit einem Linienflugzug nach C geschleust wurde.
145Eine Beteiligung des Angeklagte E an der Schleusung des Neffen von C2, C3, konnte die Kammer dagegen nicht feststellen. C3 wurde am 09.09.2012 durch den ehemaligen Mitangeklagten A im Auftrag des weiteren früheren Mitangeklagten F in einem Pkw in das C1 verbracht, ohne dass dieser über einen gültigen Pass und den erforderlichen Aufenthaltstitel verfügte.
1463.) Verfahrensgang/ Nachtatgeschehen
147Ausgangspunkt des vorliegenden Strafverfahrens war ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Einschleusung mehrerer syrischer Staatsangehöriger am 19.10.2011, welches von der Staatsanwaltschaft D unter dem Aktenzeichen … geführt wurde. Im Rahmen der in diesem Verfahren durchgeführten Telefonüberwachungsmaßnahme kamen erste Hinweise auf die Tätigkeit des ehemaligen Mitangeklagten M, der Mitte Dezember 2011 von den Ermittlungsbehörden identifiziert wurde, als Hawala-Banker auf. In der Folgezeit wurde das Ermittlungsverfahren gegen den gesondert verfolgten M abgetrennt und zuständigkeitshalber von der Staatsanwaltschaft F5 weitergeführt. Im Rahmen der richterlich angeordneten Telefonüberwachungsmaßnahme gegen M gewann die ermittelnde Bundespolizeidirektion C4 sodann Erkenntnisse über Auftraggeber und Organisatoren von Schleusungshandlungen, bei denen der Schleuserlohn durch den gesondert verfolgten M transferiert wurde. Vor diesem Hintergrund wurde die Telefonüberwachungsmaßnahme unter anderem ab Juni 2012 auch auf den als Organisator von Schleusungen unter Verdacht stehenden E alias I ausgeweitet.
148E setzte seine Schleusungstätigkeiten bis zu seiner Festnahme in dieser Sache fort. Der Angeklagte wurde unter dem 29.01.2013 in B aufgrund eines Europäischen Haftbefehls vorläufig festgenommen und befand sich bis zum 15.02.2013 in einer griechischen Haftanstalt in Auslieferungshaft. Am 15.02.2013 erfolgte die Auslieferung an die C zum Zwecke der Strafverfolgung für die hier abgeurteilten vier Taten, weil der Angeklagte einer Auslieferung zugestimmt hatte. Inzwischen bereut E, seine Zustimmung zur Auslieferung erteilt zu haben, da er unter der Haft in C und der damit verbundenen Trennung von seiner Familie sehr leidet.
149Im Ermittlungsverfahren hat sich der Angeklagte E nicht zur Sache eingelassen.
150IV.
151Beweiswürdigung
1521.) Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen
153Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten E beruhen auf dessen glaubhafter Einlassung, an deren Richtigkeit für die Kammer kein Anlass zum Zweifel bestand. Der Angeklagte hat umfangreiche Angaben zu seinem Lebenslauf, insbesondere zu dem Hintergrund seiner eigenen Flucht aus T1, sowie seinen Lebens- und Vermögensverhältnissen in B im Vorfeld der Inhaftierung entsprechend der hier getroffenen Feststellungen gemacht. Zweifel an der Richtigkeit der Angaben haben sich für die Kammer nicht ergeben. Die Einlassung, insbesondere die Angaben zu den Lebensverhältnissen in B, lässt sich mit den Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden in Einklang bringen, wie der Ermittlungsführer von der Bundespolizeidirektion C4, der Zeuge M2, ausführlich dargelegt hat. Die Zeugin M1 hat in der Hauptverhandlung vollumfänglich von ihrem Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 55 StPO Gebrauch gemacht.
154Das Fehlen von Vorstrafen bei E hat die Kammer durch Verlesung des Bundeszentralregisterauszuges vom 03.12.2013 festgestellt.
1552.) Feststellungen zur Sache
156a.) Zusammenfassung
157Die Feststellungen zur Sache hat die Kammer im Wesentlichen aufgrund der geständigen Einlassung des Angeklagten getroffen.
158E hat sich bereits zu Beginn der Hauptverhandlung umfassend zur Sache eingelassen. Er hat dabei seine Beteiligung an den vier angeklagten Schleusungsfällen im Wesentlichen entsprechend der hier getroffenen Feststellungen eingeräumt, dabei jedoch zunächst noch angegeben, aus rein altruistischen Motiven gehandelt zu haben. Im Verlauf der Hauptverhandlung hat E seine Einlassung mehrfach ergänzt und präzisiert. Nach Inaugenscheinnahme einer ihn belastenden Telekommunikationsdatei ist der Angeklagte - nach fast dreimonatiger Hauptverhandlung – schließlich von seiner ursprünglich abgegebenen Einlassung zu seiner Motivlage abgerückt und hat nunmehr auch geständig eingeräumt, die Schleusungstätigkeiten im Wesentlichen deshalb durchgeführt zu haben, um mit den finanziellen Gewinnen daraus seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu finanzieren.
159Die Kammer hatte im Ergebnis keinen Zweifel an der Richtigkeit der - korrigierten – geständigen Einlassung von E. Sein Geständnis findet vor allem in abgehörten und in der Hauptverhandlung übersetzten Telefongesprächen, den glaubhaften Angaben der beiden ehemaligen Mitangeklagten M und F sowie den glaubhaften Bekundungen des Zeugen M2, der als Ermittlungsführer auf Seiten der Bundespolizei Ermittlungen vorgenommen hat, Bestätigung.
160Für eine bandenmäßige Einbindung des Angeklagten – die von E bis zuletzt abgestritten wurde – gab es zwar deutliche Anhaltspunkte, diese ließ sich jedoch, insbesondere in Bezug auf die vier angeklagten Fälle, nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit feststellen. Die Aussagen der dazu vernommenen geschleusten Syrer sowie ihrer in C lebenden Angehörigen waren überwiegend entweder unergiebig oder offensichtlich erlogen. Die in Augenschein genommenen Telekommunikationsdateien waren andererseits nicht eindeutig genug, um hierauf Feststellungen zu einer bandenmäßigen Einbindung des Angeklagten treffen zu können.
161b.) Einlassung des Angeklagten zur Sache
162Der Angeklagte E hat zu Beginn der Hauptverhandlung den Hintergrund und Beginn seiner Schleusertätigkeiten entsprechend der hier getroffenen Feststellungen bekundet. Er hat insoweit insbesondere von seiner Unterstützung für die Familie eines entfernten Verwandten in der ersten Hälfte des Jahres 2011 sowie seinen Kontakten durch die berufliche Tätigkeit in der Cafeteria wie festgestellt berichtet.
163Sodann hat der Angeklagte die konkrete Ausgestaltung seiner Schleusertätigkeit im Wesentlichen entsprechend der hiesigen Feststellungen dargestellt. Unter anderem erklärte E, dass wenn schleusungswillige Personen, vornehmlich syrische Kurden, mit ihm in B Kontakt aufgenommen hätten, er zunächst jeweils einen Gesamtpreis für die gesamte Familie oder Gruppe vereinbart habe, der die Unterkunft bis zur Ausreise in B und sowie die eigentliche Reise bis in das gewünschte Zielland beinhaltet habe. Die Organisation der Ausreise habe er in die Hände eines Dritten gelegt, den er jeweils damit beauftragt habe. Diese Person habe sich dann um die Beschaffung der gefälschten Ausweisdokumente und Flugtickets sowie gebenden falls um Bestechung von „Geheimdienstmitarbeitern“ am Flughafen und – insoweit zunächst abweichend zu den hier getroffenen Feststellungen - auch um Transfers zu Abflughäfen oder in das Zielland gekümmert. Er - E – habe alleine für die Unterkunft in B gesorgt und sei in die weitere Organisation der eigentlichen Reise nicht eingebunden gewesen. Er sei aber über die Details der Verbringung in Kenntnis gesetzt worden und habe diese dann an die zu Schleusenden und deren Verwandte weitergegeben. Der Angeklagte hat zu Beginn der Hauptverhandlung noch geleugnet, jemals in Schleusungen von der U nach H, insbesondere mit Schiffen, beteiligt gewesen zu sein bzw. auch nur Kontakte zu Schleusern und Schleusungswilligen in der U aufgenommen zu haben. Soweit er im Tatzeitraum in die U gereist sei, habe er lediglich Verwandte besucht.
164Anschließend hat E detaillierte Angaben zu den vier angeklagten Schleusungsfällen – auch insoweit im Wesentlichen entsprechend der hiesigen Feststellungen - gemacht. So hat E etwa angegeben, Vereinbarungen mit S1, B4, B7 und T4 bezüglich der Schleusungen ihrer Familien getroffen zu haben, wobei er jedoch angab, sich an die Höhen der jeweils vereinbarten Entgelte nicht mehr erinnern zu können. Des Weiteren berichtete E von der Unterbringung der Familien in von ihm gemieteten Wohnungen, der Beauftragung Dritter mit der Organisation der Ausreisen, Telefonaten mit Angehörigen in C, der Organisation der Zahlungsabläufe für den Schleuserlohn sowie schließlich auch von den Details der Flugzeugschleusungen von S, L sowie den Ehepaaren B7/N2 und T4/G2. Abweichend zu den hier getroffenen Feststellungen bestritt der Angeklagte zu Beginn der Hauptverhandlung noch, in die Organisation der Transfers der genannten Personen zu den jeweiligen Flughäfen sowie bei L in die Organisation der Weiterreise vom X2 Flughafen in das C1 involviert gewesen zu sein.
165Hinsichtlich seiner Motivation hat sich der Angeklagte E zu Beginn der Hauptverhandlung als selbstloser Menschenfreund, der ausschließlich aus altruistischer Verbundenheit mit seinen Landsleuten gehandelt habe, darzustellen versucht. Er habe sich moralisch verpflichtet gefühlt, Flüchtlingen aus T1 in B behilflich zu sein. Der Großteil der Personen, denen er geholfen habe, stamme aus seiner Heimatprovinz und gehöre zum Teil auch zu seiner entfernten Verwandtschaft. Der Preis für die Schleusungen sei jeweils durch die Person vorgebenen worden, die den eigentlichen Transport organisiert habe. Er sei quasi nur ihr Papagei gewesen. Auf die vorgegebene Summe habe er lediglich eine Unkostenpauschale von etwa 500,00 € aufgeschlagen, um damit seine eigenen Auslagen, wie vor allem die anteiligen Mietkosten, erstattet zu erhalten. Seinen Zeitaufwand sowie Spritgeld habe er nicht berechnet. Es sei ihm nie darum gegangen, mit seiner Hilfe Geld zu verdienen. Vielen Schleusungswilligen habe er im Gegenteil sogar Geld geschenkt, wenn diese ihre Weiterreisen nicht hätten bezahlen können. Es sei nicht selten vorgekommen, dass die geschleusten Personen ihm am Ende des vereinbarte Entgelt schuldig geblieben seien. In diesen Fällen sei er nicht nur auf seinen Mietkosten sitzen geblieben, sondern sei auch von den Personen in Anspruch genommen worden, die die Ausreise der Schleusungswilligen organisiert hätten. In der überwiegenden Mehrzahl der Schleusungsfälle habe er finanziellen Verlust erlitten. Er sei deshalb schon Vorwürfen seiner Lebensgefährtin und seiner Kinder ausgesetzt gewesen. So habe er selbst den Hustensaft seiner Kinder an Kinder von Schleusungswilligen verschenkt.
166Nach der Inaugenscheinnahme eines ihn insoweit belastenden Telefongespräches (lfd.- Nr.1174) und der angekündigten Inaugenscheinnahme weiterer abgehörter Telefonate zur Frage der Gewerbsmäßigkeit seines Handelns, hat sich der Verurteilte im Hauptverhandlungstermin vom 14.10.2013 erstmals abweichend zu seiner Motivlage geäußert: Er habe sich – neben humanitären Gründen – im Wesentlichen zu Erzielung eines eigenen, finanziellen Vorteils an den Schleusungen beteiligt. Der Verdienst in der Cafeteria sei alleine zu gering gewesen, um angesichts der hohen Lebenshaltungskosten in B seine Familie angemessen zu versorgen. Durch seine zusätzlichen Einkünfte aus den Schleusungen sei es ihm gelungen, sich und seiner Familie einen durchschnittlichen Lebensstandard zu ermöglichen. Zu diesem Zwecke habe er auf den Preis für die Reiseorganisation inklusive Tickets und Transfers jeweils einen weiteren Betrag von etwa 1.200,00 Euro pro Person aufgeschlagen, von dem er die anteiligen Mietkosten des Geschleusten gezahlt und die restliche Summe als eigenen Gewinn vereinnahmt habe.
167Auch hinsichtlich der angeklagten Schleusungsfälle räumte der Angeklagte ausdrücklich ein, diese zur Erzielung von Einnahmen zur Deckung seines Lebensbedarfes organisiert zu haben. Im Falle von L habe er bis zuletzt die – im Ergebnis vergebliche – Erwartung gehabt, dass seine Eltern das vereinbarte Schleusungsentgelt zahlen würden, um die eigene Schleusung nicht zu gefährden und zeitnah mit ihrem Sohn vereint zu sein. Auch in den Schleusungsfällen von S sowie den Ehepaaren B7/N2 und T4/G2 habe er letztlich keinen Gewinn erzielt, was in Einzelfällen gelegentlich vorgekommen sei. Bis heute würden ihm noch geschleuste Personen Geld schulden, welches er nach seiner Freilassung aus der Haft „einzutreiben“ gedenke. Die beiden Ehepaare B7/N2 und T4/G2 seien etwa deutlich länger als von ihm vorausgesehen in B geblieben, so dass im Ergebnis unerwartet hohe Mietkostenanteile angefallen seien. Bei der zehnköpfigen Familie S3 hätten aufgrund seiner eigenen Festnahme im Januar 2013 der Vater und der älteste Sohn nicht mehr mit seiner Beteiligung geschleust werden können, so dass ihm – dem Angeklagten E - ein erheblicher Teil des vereinbarten Gesamtentgeltes verlustig gegangen sei.
168Im Zusammenhang mit der geänderten Einlassung zur Gewerbsmäßigkeit seiner Schleusertätigkeit begann der Angeklagte E seine Angaben auch dahin zu ergänzen, dass er die von ihm erbrachten „Serviceleistungen“ für die Schleusungswilligen hervorhob sowie die dadurch entstandene eigene „Arbeitsbelastung“ betonte. Die Schleusungstätigkeit habe zunehmend mehr Zeit in Anspruch genommen, so dass er – E - kaum noch Zeit für seine Familie oder seine Arbeit in der Cafeteria gehabt habe. Fast ununterbrochen – auch nachts – hätten zu schleusende Personen oder ihre Verwandten angerufen und sich nach dem Stand der Ausreisevorbereitung erkundigt oder sonstige Wünsche an ihn geäußert. Er – der Angeklagte - habe nur noch am Telefon „gehangen“ und nicht mehr ruhig schlafen können. Dabei räumte E auch ein, sich zusätzlich auch um die Transfers der Schleusungswilligen und die Erstellung ihrer Passfotos für die gefälschten Dokumente gekümmert zu haben. So habe er – E - auch eine Bekannte beauftragt, die bei der Schleusung von L die Kinder vom Flughafen zum Zug geleitet habe. Er sei insgesamt wie Vater und Mutter für die Schleusungswilligen gewesen und habe keinen Cent unterschlagen, der ihm nicht zugestanden habe. Im Zusammenhang mit dem geänderten Einlassungsverhalten zur Motivation seiner Schleusungstätigkeit änderte der Angeklagte auch die Einlassung zu seiner Beteiligung an Schleusungen von der U nach H, die er entsprechend der Feststellungen nunmehr ebenfalls einräumte.
169Im Anschluss an die zeugenschaftlichen Vernehmungen von T7, B9, N4, I3 und C2 hat der Angeklagte darüber hinaus jeweils eingeräumt, auch diesen Personen „geholfen“ zu haben und sich entsprechend der hier getroffenen Feststellungen an deren Schleusungen beteiligt zu haben. Dagegen hat der Angeklagte hinsichtlich des Zeugen C3 angegeben, an ihn und seine Schleusung keine Erinnerung mehr zu haben.
170Zu seinen Mittätern machte der Angeklagte E im Laufe der Hauptverhandlung wechselnde und widersprüchliche Angaben. Zu Beginn der Hauptverhandlung behauptete er, dass die Organisation der Ausreise von schleusungswilligen Personen ausschließlich durch einen Bekannten namens „B3“ erfolgt sei, der sich auch „B11“ oder „N8“ genannt habe. Dieser habe mit Ägyptern zusammengearbeitet, die sich für die Fälschung von Ausweisdokumenten verantwortlich gezeigt hätten. Außerdem habe „B3“ Kontakte zu „Geheimdienstmitarbeitern“ am Flughafen, die Schleusungswillige auf dem sogenannten Handelsweg ohne Kontrollen in die Linienflugzeuge verbringen könnten. Als E nach mehreren Hauptverhandlungsterminen von der Kammer erneut zu „B3“ befragt wurde, ließ dieser sich nun dahin ein, dass es sich bei „B11“ und „N8“ um zwei unterschiedliche Personen handele. Während „B11“ ein Schleuser sei, den er mit der Organisation von Ausreisen beauftragt habe, sei „N8“ alias B12 lediglich ein guter Freund von ihm, der niemals in Schleusungen verwickelt gewesen sei. Im folgenden Hauptverhandlungstag ergänzte E dazu, dass er doch nicht ausschließlich mit „B11“ zusammen gearbeitet habe, sondern noch weitere Personen die Ausreisen für ihn organisiert hätten. Als Beispiel nannte er dafür einen Ägypter namens „B13“, der etwa den Flug von L organisiert habe, da „B11“ keine Frauen und Kinder schleuse. Auf ausdrückliche Nachfrage der Kammer und trotz Vorhaltes, dass es sich etwa bei der geschleusten S um ein damals sechzehnjähriges Mädchen gehandelt habe, blieb E zunächst bei seiner Einlassung, dass „B11“ an den weiteren angeklagten Schleusungsfällen beteiligt gewesen sei. Davon wiederum abweichend erklärte E am vorletzten Hauptverhandlungstag, dass „B13“ doch nicht nur die Ausreise von L, sondern auch die Ausreise von S organisiert habe. Am letzten Hauptverhandlungstag ließ E sich abweichend von vorherigen Angaben außerdem dahin ein, dass „N8“ möglicherweise doch an Schleusungen beteiligt gewesen sei, nämlich immer dann, wenn er – E – sich gerade in der U aufgehalten habe.
171Zu seiner subjektiven Vorstellung räumte E bereits zu Beginn der Hauptverhandlung ein, dass ihm genau bekannt gewesen sei, dass sich sämtliche syrische Staatsangehörige weder im Besitz eines gültigen Passes noch eines erforderlichen Schengen-Visums oder eines anderen aufenthaltslegitimierenden Ausweisdokumentes für die C oder anderer Schengen-Staates befunden hätten. Dies habe gerade das „Problem“ der Flüchtlinge dargestellt, weshalb sich die schleusungswilligen Personen an ihn gewandt und ihn mit der Schleusung beauftragt hätten. Ihm sei auch bewusst gewesen, dass das was er getan habe, „illegal“ gewesen sei. Insoweit einschränkend hat sich E im Laufe der Hauptverhandlung einige Male dahin geäußert, er habe gedacht, die Einreise von Asylsuchenden und die Hilfe dazu seien in der C generell erlaubt, wovon er jedoch im Ergebnis nach Vorhalten der Kammer jeweils wieder abrückte.
172c.) Beweiswürdigung zum Randgeschehen und den Haupttaten
173aa.) Vorgeschichte und Beginn der Schleusertätigkeit des Angeklagten
174Die Feststellungen zum Beginn seiner Schleusertätigkeit hat die Kammer auf die glaubhafte Einlassung von E gestützt. Der Angeklagte E hat die Vorgeschichte seiner Schleusertätigkeit, etwa die Hilfe für die Familie eines entfernten Verwandten sowie die Herstellung von Kontakten durch seine Tätigkeit in einer Cafeteria, für die Kammer entsprechend der Feststellungen nachvollziehbar geschildert. Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des Angeklagten nicht zutreffend sein könnten, haben sich für die Kammer lediglich hinsichtlich des Zeitpunktes des Beginns der Schleusertätigkeit ergeben. Der Zeuge C2 hat nämlich bekundet, bereits im Frühjahr 2011 unter Beteiligung des Angeklagten nach C geschleust worden zu sein, ohne dies allerdings genauer datieren zu können. Aufgrund allgemeiner Unsicherheiten bei der zeitlichen Einordnung länger zurückliegender Ereignisse ist die Kammer zugunsten des Angeklagten deshalb im Ergebnis davon ausgegangen, dass sich dieser erst - entsprechend seiner Einlassung – (spätestens) seit Ende des Jahres 2011 an Schleusungen beteiligte.
175bb.) Konkrete Ausgestaltung der Schleusertätigkeit
176Die Feststellungen zur konkreten Ausgestaltung der Schleusertätigkeit des Angeklagten beruhen im Wesentlichen auf dessen glaubhafter Einlassung.
177E hat bereits zu Beginn der Hauptverhandlung eingeräumt, sich - entsprechend der Feststellungen - seit Ende des Jahres 2011 an „vielen“ Schleusungen syrischer Staatsangehöriger aus H per Flugzeug nach Mittel- oder Nordeuropa beteiligt zu haben. Insbesondere hat E dabei die Unterbringung der Schleusungswilligen in von ihm gemieteten Wohnungen sowie die Beauftragung von jeweils mindestens einer weiteren Person mit der Organisation der eigentlichen Ausreise zugegeben. Weiterhin hat E – nachdem er, wie unten unter ee.) dargestellt, seine Einlassung zu seiner Motivlage korrigiert hat – letztlich auch glaubhaft angegeben, entsprechend der getroffenen Feststellungen noch weitergehender an der Organisation der Schleusungen beteiligt gewesen zu sein, indem er etwa Transfers organisierte, Lichtbilder für die Herstellung der gefälschten Pässe besorgte und zum Teil auch den vorherigen Schleusungsabschnitt von der U nach H in Auftrag gab. Zweifel an der Richtigkeit dieser - ihn selber belastenden - Angaben bestanden insgesamt nicht. Insbesondere hat er nachvollziehbar dargelegt, dass er zu den von ihm geschilderten Schleusertätigkeiten auch tatsächlich in der Lage war. So hat er detailreich zum einen von seinen umfangreichen Kontakten in seine syrische Heimatprovinz und in die U berichtet, wo sich im Tatzeitraum eine Vielzahl schleusungswilliger Syrer kurdischer Volkszugehörigkeit aufgehalten habe. Zum anderen begründete E seine weitreichenden Kontakte zu schleusungswilligen Personen und anderen Schleusern in B nachvollziehbar mit seiner Tätigkeit in der Cafeteria, die ein Treffpunkt von Kurden und Arabern gewesen sei. Aufgrund seines mehrjährigen Aufenthaltes in B sowie seiner griechischen Sprachkenntnisse war der Angeklagte auch ohne Weiteres in der Lage, eigene Organisationsschritte, wie etwa die Anmietung von Wohnraum, vorzunehmen.
178Soweit der Angeklagte im Laufe der Hauptverhandlung zwischenzeitlich bekundete, er sei kein „Schleuser“, sondern er habe schleusungswillige Personen nur an Schleuser „vermittelt“ und für diese „gebürgt“, steht dies der Richtigkeit seines Geständnisses und der darauf beruhenden Feststellungen nicht entgegen. E wollte durch diese Äußerungen keineswegs von der geständigen Einlassung abrücken, sondern lediglich die Bedeutung seiner Beteiligung – verteidigungstaktisch – kleinreden. Denn auf Nachfrage der Kammer blieb der Angeklagte bei der Darstellung der vorliegend festgestellten Beteiligung an den Schleusungen. Aufgrund der Nachfragen stellte sich heraus, dass die vorstehenden Äußerungen auf einem engen – nicht dem Bild des deutschen Aufenthaltsgesetzes entsprechenden – Verständnis des Angeklagten von den Begrifflichkeiten des „Schleusers“ und des „Schleusens“ beruhen. Nach der Definition von E ist ein „Schleuser“ unmittelbar an der Durchführung des Transportes der Geschleusten beteiligt. Insoweit entspricht die von E verwendete Begrifflichkeit des „Vermittelns“ auch nach seinem Verständnis der Beauftragung eines anderen Mittäters mit der Organisation der Ausreise der schleusungswilligen Personen aus H, wie der Angeklagte selber auf Nachfrage einräumte. Auch die Begrifflichkeit des „Bürgens“ weist nach dem Verständnis des Angeklagten lediglich darauf hin, dass er – E – hinsichtlich seiner Auslagen finanziell in Vorleistung treten musste.
179Die Richtigkeit der geständigen Einlassung des Angeklagten wird unterlegt durch mehrere abgehörte Telefongespräche, die die Kammer hinsichtlich des Anklagekomplexes betreffend E in Augenschein genommen hat. E hat sich in sämtlichen nachfolgend aufgeführten Telefonaten wiedererkannt und die Inhalte als richtig bestätigt.
180Insbesondere ein Telefonat von E vom 26.09.2012 (lfd.-Nr.1073) mit einem in C lebenden Bekannten namens J2, der sich bei E nach Schleusungsmöglichkeiten für seine Mutter und anderen Verwandten aus T erkundigte, lässt Rückschlüsse auf den Umfang und die Ausgestaltung der Schleusertätigkeit beim Angeklagten zu: Zum einen bestätigt sich die Einlassung des Angeklagten, seit Ende des Jahres 2011 an zahlreichen Schleusungen beteiligt gewesen zu sein. Zwar wollte E auf Nachfrage die im Telefonat genannte Anzahl von bis zu 140 geschleusten Personen bis Ende September 2012 („Dieses Jahr, bei Gott, habe ich 130-140 Leute gebracht.“) mangels angelblich konkreter Erinnerung nicht gegen sich gelten lassen, er räumte jedoch abermals ein, „viele“ syrische Staatsangehörige von H nach Mittel- und Nordeuropa geschleust zu haben. Weiterhin wird die Richtigkeit der – korrigierten – Einlassung des Angeklagten belegt, er sei zum Teil auch bereits bei der vorgeschalteten Schleusung von der U nach H involviert gewesen („T10 war auf meinem Weg. Bis zum Camp war der Weg gut. Ich habe ihn rübergebracht. Er war dann in H. Ich habe das Geld für die U den Türken geschickt.“ … „Wir haben die für sechs geholt, von J nach C.“). In diesem Zusammenhang erläuterte E seinem Bekannten J2 auch die beiden Möglichkeiten für eine Schleusung von der U nach H, nämlich von J über den Landweg und den Grenzfluss („Beispielsweise, aus J, bringen wir die in kleine Boote. … Wir bringen die bis zum Dorf B14. Von der Grenze bis zum Dorf B14 sind es 40-50 km. … In B14 lassen wir die aussteigen und Autos holen die ab, bis nach B.“) oder von der türkischen Agäisküste per Boot auf die vorgelagerten griechischen Inseln („Die werden die in J3 abholen. … Die werden bis zu einer griechischen Insel gebracht. … Unsere Leute werden die abholen. Die bringen die in Wohnungen.“). Des Weiteren wird in dem Telefonat deutlich, dass E – wie von ihm selber eingeräumt – über den Ablauf der eigentlichen Ausreise aus H, insbesondere auch über die Bestechung von Flughafenmitarbeiter informiert war („Mein Bruder, der Weg ist hier gut geworden, bei Gott. Wir haben hier eine Vereinbarung. Von hier aus bringen die Geheimdienstler die Leute ins Flugzeug.“) und er weiterhin auch Einfluss auf die Zeitpunkte der Ausreiseversuche hatte („Am Freitag werde ich vier Leute schicken…. Danach werde ich dem Bruder von N9 und ein paar anderen Jungs helfen. … Es sind etwa zehn bis elf Jungs bei mir. So Gott es will, diese Woche nicht, aber nächste Woche rette ich alle.“).
181Ähnliche Inhalte finden sich auch in einem weiteren Telefonat von E am 29.09.2012 (lfd.-Nr. 1174) mit einem anderen in C lebenden Bekannten namens I4, der sich nach der Stand der Schleusung eines Verwandten namens T11 erkundigt: E wies auch I4 zunächst auf die große Anzahl der durch ihn geschleusten Personen hin („In diesem Sommer waren viele Passagiere. Ich konnte das Telefon nicht alleine lassen.“). Im Übrigen erwähnte E ebenfalls in diesem Telefonat, sich an Schleusungen aus der U nach H zu beteiligen („Der Weg der U ist zu. … Die Kosten für die Passagiere, um die aus der U hierhin zu bringen betragen 2.000 bis 2.200 Euro.“). Des Weiteren lässt sich aus den Antworten des Angeklagten E auf die Nachfrage I4 nach T11 schließen, dass der Angeklagte E genaue Kenntnis vom Ablauf der Ausreise und auch Einfluss auf die Zeitpunkte der Ausreiseversuche hatte („Mein Bruder, am Mittwoch oder Donnerstag werde ich ihn, denke ich, schicken. … Er wird rauskommen. Er wird hier einsteigen und in C aussteigen. …. Den Flughafen kann man sich nicht aussuchen. Es kann N3 sein, es kann G1 sein. Es ist nicht erkennbar, welcher Flughafen es sein wird. … Rechne damit, dass er Mittwoch oder Donnerstag bei Dir sein wird.“).
182Beide Telefonate belegen aus Sicht der Kammer – ebenso wie das weitere Telefonat vom 25.09.2012 mit dem Zeugen T5 (lfd.-Nr. 1009), in dem E diesem unter anderem mitteilt, dass dessen Eltern gerade aus H abgeflogen seien, dass E – wie von ihm auch selber geschildert – Kontakt zu den Verwandten der schleusungswilligen Personen hielt und sie über den Stand der Schleusungen informierte.
183Dafür, dass E auch – wie von ihm selber eingeräumt – an Schleusungen aus der U beteiligt war, sprechen des Weiteren zwei weitere Telefonate mit einem Schleuser namens U3 am 02.09.2012 (lfd.-Nr. 750) sowie mit einem ägyptischen Schleuser am 16.12.2012 (lfd.-Nr. 1807), in denen E sich jeweils bereit erklärt, ihnen schleusungswillige Personen – aus seiner kurdischen Heimatprovinz – für die Schleusung aus der U zuzuführen („Derzeit sind dort, in J, alles Leute aus T1, die geflüchtet sind. Es ist dort voll von Leuten, zumeist aus T und R. …. Falls es dort Schiff gibt, nach J1, kann ich dir viele Leute sammeln, dort.“; „In meinem Dorf ist kein Mensch geblieben, in meiner Stadt. …. Es ist aber nichts passiert, weil ich Leute aus der U schicken kann. Ich kann mit ihnen eine Vereinbarung treffen.“).
184Schließlich bestätigt sich in zwei anderen Telefonaten die Einlassung des Angeklagten, dass er auch die Transfers der Geschleusten organisierte. So streitet der Angeklagte in einem Telefonat vom 28.09.2012 (lfd.-Nr. 1112) unter anderem mit einer von ihm geschleusten Person namens J4, die eine Fahrt im Taxi präferiert hätte, über dessen Transfer von N10 nach C („In N10 müsstest Du Dich so verhalten, wie ich es für richtig halten. Ich habe Dich für 4.500 genommen. … Wozu soll ich Taxi-Kosten in Höhe von 3.500 von N10 nach C für dich bezahlen?... Du sollst Dich so verhalten, wie ich es haben möchte. Ich bin Dein Schleuser und nicht du mein.“). In einem weiteren Gespräch mit einem Verwandten eines Geschleusten namens B15 am 14.08.2012 (Wortprotokoll lfd.-Nr. 113) besprach E mit diesem, wie „der Junge“ vom Flughafen in O zum Wohnort des B15 gelangen sollte („Ich ruf ihn an und ich werde mit dem Begleiter sprechen, o.k.? … Ich werde anrufen, wohin soll er mit dem Zug geschickt werden? … Der Begleiter kann ihn nicht mehr begleiten, er muss zurückreisen, er kann nicht mitreisen.“).
185Bestätigung findet die Einlassung von E punktuell auch in den insoweit glaubhaften Angaben der früheren Mitangeklagten M und F. Die Einlassungen der übrigen einstigen Mitangeklagten waren unergiebig; sie ließen sich übereinstimmend dahin ein, vor dem hiesigen Verfahren keinen Kontakt zu E gehabt zu haben. M hat dagegen die Angaben von E glaubhaft bestätigt, mehrfach mit ihm telefoniert zu haben und dabei von E zur Annahme und Überweisung von Schleuserlohn nach H aufgefordert worden zu sein. Auch F hat in seiner Zeugenvernehmung glaubhaft bestätigt, dass E ihn mehrfach mit der Durchführung von Taxi-Transfers geschleuster Personen von G in deren jeweilige Zielländer beauftragt habe.
186Die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten wurde schließlich durch die Aussage des Zeugen M2 bestätigt. Der Ermittlungsführer von der Bundespolizei hat detailreich, insbesondere unter Hinweis auf die abgehörten Telefongespräche bekundet, dass die Angaben des Angeklagten E zu dem Umfang seiner Beteiligung an den Schleusungen von dem Ermittlungsergebnis gedeckt würden. Der Zeuge M2 hat als leitender Ermittler der Bundespolizeidirektion C4 den Verfahrensgang einschließlich der gewonnenen Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung, Zeugenvernehmungen und weiterer Ermittlungen, vor allem der Zusammenarbeit mit den H1 Behörden, dargestellt. Er hat nachvollziehbar ausgeführt, dass E danach insbesondere die Unterbringung der geschleusten Personen in B, die Abwicklung der Zahlungen sowie - als „Verbindungsstelle“ - der Kontakt zwischen Geschleusten, Verwandten der Geschleusten und weiteren Mittätern zufiel.
187Demgegenüber waren die Aussagen der übrigen Zeugen, die dem Anklagekomplex von E zuzuordnen waren, hinsichtlich Umfang und Art der Schleusungstätigkeit von E weitest gehend unergiebig. Die Kammer hat eine Vielzahl von Zeugen betreffend die angeklagten Fallakten (Zeugen B7, N2, T4, G2, T5, I1, B6, S und S1) sowie weiterer Schleusungsfälle, bei denen nach Aktenlage eine Beteiligung des Angeklagten E möglich erschien (Zeugen N4, N5, T8, T7, B9, C2, C3, I3 und T9), vernommen. S2 hatte sich bereits im Vorfeld seiner Vernehmung auf sein vollumfängliches Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 55 StPO berufen. Die weit überwiegende Anzahl der Aussagen war insoweit schon unergiebig, da bereits eine Beteiligung des Angeklagten E an den Schleusungsfällen verneint oder in Unkenntnis gestellt wurde und diese so keinen Rückschluss auf die Schleusungstätigkeit des Angeklagten E zuließen. Lediglich die Zeugen N4 und C2 haben die Beteiligung des Angeklagten E an ihren Schleusungen – wie vom Angeklagten selber eingeräumt – entsprechend der Feststellungen bestätigt. Über ihre eigenen Schleusungen hinaus konnten aber auch diese beiden Zeugen keine Angaben zu Art und Umfang der Schleusungstätigkeit des Angeklagten machen.
188Obwohl aufgrund des abgehörten Telefonates mit der Lfd.-Nr. 1073 („Ich habe, wir haben ihn auf dem Handelsweg geschickt und ich habe Geld aus meiner eigenen Tasche gezahlt, an die Geheimdienstler.“) Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der Angeklagte auch unmittelbar an der Bestechung von Flughafenpersonal involviert war, hat die Kammer aufgrund der nicht eindeutigen Formulierung durch die wechselnde Verwendung von „ich“ und „wir“ sowie der Unergiebigkeit der weiteren Beweismittel im Ergebnis zugunsten des Angeklagten auch insoweit dessen Einlassung zugrunde gelegt, nämlich dass er - E - lediglich durch die Organisatoren der Ausreise genaue Kenntnis vom Ablauf der Ausreise, insbesondere auch von der Bestechung der Flughafenmitarbeiter, hatte, ohne aber selber daran beteiligt gewesen zu sein.
189cc.) Identität von Mittätern und Bestehen einer Bandenabrede
190Die Kammer konnte keine Feststellungen zu der Identität von Mittätern sowie zu einer eventuellen Absprache von E, künftig gemeinsam für eine gewisse Dauer Schleusungen zu organisieren, treffen. Weder die Einlassung des Anklagten, noch die in Augenschein genommenen Telekommunikationsdateien oder die Aussagen der Zeugen waren – auch bei einer Gesamtwürdigung - aus Sicht der Kammer geeignet, dahin gehende Feststellungen zu treffen. Die Kammer ist lediglich mit der für die Verurteilung erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass der Angeklagte nicht alleine, sondern mit Hilfe weiterer Personen die Schleusungen entsprechend der Feststellungen organisiert und durchgeführt hat. Letzteres entspricht nicht nur der Einlassung des Angeklagten selber, sondern auch dem Umstand, dass es sich bei den hier gegenständlichen Flugzeugschleusungen um komplexe Vorgänge handelt, für deren Gelingen zahlreiche Organisations- und Arbeitsschritte erforderliche sind.
191Der Angeklagte E hat zu der Identität seiner Mittäter entsprechend der obigen Darstellung derart widersprüchliche und wechselnde Erklärungen abgegeben, wie sie die Kammer selten bei einem Angeklagten erlebt hat. Während E sich zunächst dahin äußerte, ausschließlich mit einem „B3“ alias „B11“ alias „N8“ zusammen gearbeitet zu haben, sollte es im weiteren Verlauf der Hauptverhandlung bei „B11“ und „N8“ um zwei unterschiedliche Personen handeln, von denen einer überhaupt nicht im Schleusergeschäft tätig gewesen sein soll. Im weiteren Verlauf hat der Angeklagte dann angegeben, wechselnden Personen, unter anderem auch einen Ägypter namens „B13“ mit der Organisation von Ausreisen beauftragt zu haben. Auch zu der Fragestellung, welche weiteren Personen bei den vier angeklagten Schleusungsfällen beteiligt gewesen seien, änderte E mehrfach seine Einlassung. Der Angeklagte war auf Vorhalt seiner vorherigen Äußerungen zu diesem Thema auch nicht ansatzweise in der Lage, den jeweiligen Wechsel der Einlassung zu erklären. Selbst die Verteidigung reagierte sichtlich überrascht auf immer die immer neuen Wendungen in der Einlassung des Angeklagten. Die Kammer geht angesichts dieser gravierenden Änderungen in der Einlassung, die sich nicht mit Verwechselungen oder Erinnerungslücken erklären lassen, davon aus, dass der Angeklagte insoweit bewusst die Unwahrheit gesagt hat, um den Ermittlungsbehörden die Identität weiterer beteiligter Personen nicht zu offenbaren und diese zu schützen.
192Auch die abgehörten Telefongespräche bestätigen zwar, dass E mit weiteren Personen zusammen gearbeitet hat. Konkrete Anhaltspunkte hinsichtlich der Identität dieser Personen oder gar für das Bestehen einer Bandenabrede mit E liefern sie demgegenüber aber nicht. So benutzte E in den Telefonaten in Bezug auf die Schleusungstätigkeiten regelmäßig den Plural und wies seine Gesprächspartner zum Teil auch unmittelbar auf die Beteiligung weiterer Personen hin (lfd.-Nr. 1112: „Denn ich habe dir gesagt, dass die Route nicht mir gehört. Ich habe 5.500 aus der eigenen Tasche gezahlt.“; lfd.-Nr.43: „Das Schiff gehört mir nicht allein. Ich habe es zusammen mit Partnern bzw. Freunde.“; lfd.-Nr. 1174: „Wir hatten mehrere nach J1 geschickt… Die Gruppe, die wir schickten, …“). Alleine aber in dem Telefonat vom 26.09.2012 mit dem Bekannten namens J2 (lfd.-Nr. 1073), in welchem E über den Stand seiner Schleusertätigkeiten berichtet, nannte E den angeblichen Namen eines Mittäters („Ich bin es und B3. Hast du verstanden? Wir sind zwei. Wir rennen von morgens bis abends.“). Auf Nachfrage der Kammer zu diesem Telefonate konnte oder wollte der Angeklagte jedoch nicht angeben, ob er damit „B11“, „N8“ oder einen Dritten gemeint habe.
193Die weiteren, den Anklagekomplex gegen E betreffenden Zeugen, sind von der Kammer ebenfalls zu möglichen Mittätern von E und den dahinter stehenden Organisationsstrukturen befragt worden. Auch insoweit waren ihre Aussagen größtenteils unergiebig, da bereits eine Beteiligung von E an den in Frage stehenden Schleusungen verneint oder in Unkenntnis gestellt wurde. Als Schleuser wurde demgegenüber von I3 ein Ägypter namens „B16“, von C3 eine Person namens „S9“, von I1 ein „Ägypter“, von T4 ein Iraker namens „K“ und von B7 ein Araber namens „B12“ benannt, während die übrigen Zeugen – mit Ausnahme von N4 und C2 – überhaupt keine Angaben zur Identität ihres Schleusers bzw. des Schleusers ihrer Verwandten gemacht haben. Alleine N4 und C2 haben die Beteiligung des Angeklagten entsprechend der getroffenen Feststellungen geschildert und insoweit die Einlassung von E bestätigt. C2 hat zu der Identität von Mittätern des Angeklagten keine Angaben machen können. N4 hat zu den Mittätern des Angeklagten bekundet, dass er die Vereinbarung über die Schleusung und das Schleuserentgelt mit dem Bruder des Angeklagten, E3, geschlossen haben. Weiter hat der Zeuge angegeben, dass E die Schleusung mit einem „N8“ und zwei Ägyptern namens „B16“ und „B17“ organisiert und durchgeführt habe. Die Aussage von N4 ist alleine aber nicht geeignet, Feststellungen zu treffen. Es liegen erhebliche Widersprüche und Inkonstanzen – auch bezogen auf das Kerngeschehen – im Verhältnis zu den beiden polizeilichen Vernehmungen vom 24.06.2012 und 16.04.2013 – deren schriftliche Vernehmungsniederschriften N4 in seiner Zeugenvernehmung von der Kammer vorgehalten wurden - vor, die alleine mit dem Zeitablauf nicht erklärbar sind. Der Zeuge selber verwies lediglich wiederholt auf angeblich fehlerhafte Übersetzungen des Dolmetschers, was der Kammer aufgrund der Vielzahl von vermeintlichen Missverständnissen nicht plausibel erscheint. So nannte N4 etwa in der ersten polizeilichen Vernehmung nicht den Namen des Angeklagten, obwohl er ansonsten umfangreiche Angaben zu seinen vermeintlichen Schleusern machte. Erst nachdem ihm bei der Belehrung vor der zweiten (Zeugen-)Vernehmung bekannt gemacht worden war, dass E als Beschuldigter in dem Verfahren geführt wird, nannte er auch ihn als einen seiner Schleuser. Soweit er in der zweiten polizeilichen Vernehmung noch angegeben hatte, telefonischen Kontakt mit E in H gehabt zu haben und ihn häufig – gemeinsam mit „N8“ – in der B Wohnung angetroffen zu haben, wiederholte er dies in der Vernehmung vor der Kammer nicht mehr. Im Gegenteil bekundete er nun, die Telefonnummer von E bei Überquerung des U4 Grenzflusses verloren und E kein einziges Mal in seiner B Unterkunft gesehen zu haben. Auch zur Höhe des Schleuserentgeltes sowie zu dessen Zahlungsweise machte N4 in allen drei Vernehmungen jeweils unterschiedliche Angaben. Insbesondere konnte er nicht mehr bestätigen, dass der Angeklagte E ihn – so aber seine Angaben in der polizeilichen Zeugenvernehmung vom 16.04.2013 – zur vorzeitigen Freigabe eines Geldbetrages von 3.500,00 Euro gedrängt habe. Der Zeuge machte auf die Kammer insgesamt einen unsicheren und nervösen Eindruck. Vor diesem Hintergrund verblieben bei der Kammer erhebliche Zweifel, ob die Angaben des Zeugen insgesamt erlebnisbasiert waren.
194Auch nach dem Ermittlungsergebnis, welches der Ermittlungsführer der Bundespolizei M2 ausführlich wiedergab, waren neben E weitere Mittäter an den Schleusungshandlungen beteiligt. M2 erinnerte insoweit an die vielen Organisationsschritte, die für eine erfolgreiche Flugzeugschleusung erforderlich seien, wie unter anderem der Transfer vom bzw. zum Flughafen, die Beschaffung gefälschter Ausweisdokumente, Bestechung von Flughafenmitarbeitern, die Beherbergung der schleusungswilligen Personen bis zur Ausreise etc., und die von einer Person alleine nicht durchführbar seien. Als weiterer Mittäter des Angeklagten E sei ein B12 alias „N8“ identifiziert worden. Dabei stützte sich der Ermittlungsführer im Wesentlichen aber auf die Angaben von N4 bei seiner polizeilichen Vernehmung, die er - im Gegensatz zu der Kammer - als uneingeschränkt glaubhaft beurteilte.
195In der Zusammenschau der einzelnen Beweismittel spricht aus Sicht der Kammer zwar einiges dafür, dass der Angeklagte E tatsächlich dauerhaft unter anderem mit einem „N8“ zusammen arbeitete und mit ihm und mindestens einem weiteren Ägypter die Abrede getroffen hatte, künftig gemeinsam für eine gewisse Dauer Schleusungen durchzuführen. Aufgrund verbleibender Zweifel, insbesondere vor dem Hintergrund der Qualität der Aussage von N4, ist die Kammer im Ergebnis zugunsten des Angeklagten aber davon ausgegangen, dass er jeweils verschiedene – nicht identifizierte - Personen von Fall zu Fall mit der Ausreiseorganisation beauftragte.
196dd.) Konkrete Schleusungsfälle
197Die Feststellungen betreffend die vier angeklagten und die vier weiteren Schleusungsfälle beruhen ebenfalls im Wesentlichen auf der glaubhaften Einlassung des Angeklagten, der deren Ablauf sowie seine Beteiligung an den Schleusungen entsprechend der Feststellungen detailliert berichtet hat. Auch insoweit haben sich für die Kammer keine Anhaltspunkte ergeben, dass die geständige Einlassung nicht erlebnisbasiert sein könnte. E hat nicht nur pauschal den Anklagevorwurf „abgenickt“, sondern entsprechend der Feststellungen in allen Einzelheiten den Ablauf der Schleusungen geschildert. Dabei hat er sich – insbesondere hinsichtlich der vier Schleusungsfälle, die überhaupt nicht Teil der Anklage gegen ihn waren – erheblich selbst belastet, indem er auch insoweit geständige Angaben machte. Auch hinsichtlich der angeklagten Schleusungsfälle hat er darüber hinaus Angaben zu weiteren geschleusten Familienangehörigen der in der Anklage genannten Personen gemacht. Andererseits hat E – etwa im Falle von C3 – angegeben, wenn er sich an eine mutmaßlich geschleuste Person und ihre Schleusung nicht erinnern konnte. Auch, dass E zum größten Teil nicht in der Lage war, die Höhen der vereinbarten Schleuserentgelte zu nennen, ist mit dem Zeitablauf – vor dem Hintergrund einer Vielzahl von Schleusungen insgesamt – gut erklärbar und spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit der geständigen Einlassung insgesamt.
198Die Richtigkeit der Einlassung des Angeklagten wird unterlegt durch zwei in Augenschein genommene Telefondateien, deren Inhalte E als richtig bestätigt hat. In dem Gespräch des Angeklagten E mit dem Zeugen T5 am 25.09.2012 (lfd.-Nr.1009) benachrichtigte er diesen von der bevorstehenden Ankunft seiner Eltern und forderte ihn gleichzeitig auf, das Geld für die Schleusung der Eltern zu überweisen. Des Weiteren erwähnte der Angeklagte E im Laufe des längeren Telefonates mit seinem Bekannten J2 am Folgetag (lfd.-Nr.1073) auch die Schleusung der Ehepaare B7/N2 und T4/G2 durch ihn sowie die Bestechung von Flughafenmitarbeitern („Ich habe S10 des I5, S10 des I5 und K1, seine Frau,… sind dort. Die habe ich rausgebracht. Hast du verstanden? …. Vater von U5, U5. … Vater von U5 und Mutter von U5 habe ich gestern rausgebracht. … Wenn Du willst dann Ruf S10 des I5 an frag ihn, wie die in das Flugzeug eingestiegen sind? … Es hat ein Beamter ihn ins Flugzeug gebracht.“).
199Des Weiteren hat der ehemals Mitangeklagte M entsprechend der Feststellungen glaubhaft bestätigt, Geldüberweisungen für U5 und T8 an E vorgenommen sowie darüber hinaus auch Telefonate mit N5 und T9 geführt zu haben.
200Auch die als Zeugen vernommenen geschleusten Personen sowie ihre Verwandten haben die Einlassung des Angeklagten – wenn auch nur punktuell- bestätigt. So hat T4 – insoweit glaubhaft – bekundet, dass der Angeklagte für seine Frau und ihn eine Wohnung in B gemietet habe, in der zeitgleich auch die Familie von B7 gelebt habe. Auch der Zeugen I3 hat bekundet, in einer Mietwohnung von E in B gewohnt zu haben. Die Zeugen N4 und C2 haben die Beteiligung des Angeklagten an ihren Schleusungen entsprechend der Einlassung des Angeklagten wie festgestellt bestätigt. Im Übrigen hat die überwiegende Anzahl der Verwandten der geschleusten Personen – wenn auch zumeist erst nach der Offenbarung, dass eine Telefonüberwachung stattgefunden habe – eingestanden, mit einer Person namens „I“ oder „B2“ telefonisch über den Stand der Schleusung ihrer Angehörigen sowie die Zahlung des Schleuserlohns gesprochen zu haben.
201Soweit die geschleusten Personen darüber hinaus eine Beteiligung des Angeklagten an den verfahrensgegenständlichen Schleusungen abgestritten haben, steht dies den getroffenen Feststellungen nicht entgegen. Die Zeugen S, S1, G2, T7, B9 haben allesamt auf Nachfrage der Kammer bereits ausdrücklich in Abrede gestellt, den Angeklagten E überhaupt zu kennen. Die Zeugen B7 und N2 haben dagegen eingeräumt, dass E ihnen aus T1 bekannt sei. T4 und I3 haben jeweils bekundet, E zufällig in B getroffen zu haben, von ihm aber lediglich eine Wohnung gemietet zu haben. Die Zeugen blieben jeweils auch bei ihren Angaben, obwohl ihnen die Kammer die abweichende geständige Einlassung des Angeklagten vorhielt und auch der Angeklagte selber die Zeugen direkt ansprach und sie aufforderte, sie sollten „die Wahrheit zu sagen“ und mitteilen, wie er ihnen „geholfen“ und was er „alles für sie getan“ habe. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Zeugen aus Angst – deren genaue Ursache nicht festgestellt werden konnte - gelogen haben. Dies ergibt sich aus der Zusammenschau folgender Erwägungen:
202Die genannten Zeugen wirkten auf die Kammer allesamt ängstlich und sehr unsicher. Zum Teil schauten die Zeugen starr nach unten, allen war es jedenfalls sichtlich unangenehm, in Richtung der Anklagebank zu blicken. Insbesondere bei der Frage, wer ihre Schleusung durchgeführt und organisiert habe, waren die Zeugen einsilbig und antworteten sichtlich ungern. Die Frage der Kammer, ob sie Angst hätten, wurde von mehreren Zeugen bejaht. Bis auf B7 hat dies jedoch keiner der Zeugen näher begründet. B7 gab auf Nachfrage der Kammer als Grund an, dass er sich vor den Schleusern fürchte, da sie seine Ehefrau und ihn mit dem Tode bedroht hätten, falls er Angaben zu ihnen mache. Für die Kammer ist es daher insgesamt plausibel, dass die geschleusten Personen aus Angst – entweder vor einigen Schleusern im besonderen oder Schleusern im allgemeinen, vielleicht auch vor deutschen Behörden - gelogen und eine Beteiligung von E an den Schleusungen verneint haben, auch wenn dieser sie im Gerichtssaal ausdrücklich zum Gegenteil aufforderte. Dafür sprechen auch die glaubhaften Bekundungen des Ermittlungsführers M2, der von den polizeilichen Zeugenaussagen der geschleusten Personen berichtete. Auch dort sei der große Unwille der Zeugen aufgefallen, überhaupt Angaben zu den Schleusungen machen. Soweit der Angeklagte E im Ermittlungsverfahren von N4, I3 und C2 als Beteiligter an dem Schleusungen benannt worden sei, seien von diesen Zeugen am Ende der Vernehmung bzw. nach der Vernehmung Bedenken und Ängste gegenüber der Vernehmungsperson geäußert worden.
203Des Weiteren gab ein Teil der Zeugen vor, sich an die Umstände ihrer Schleusung überhaupt nicht mehr erinnern und keinerlei Angaben machen zu können. Ein solcher vollständiger Verdrängungsprozess, wie von S, S1, N2 und G2 geschildert, ist psychologisch nicht erklärbar, sondern beruht nach Auffassung der Kammer – unter Berücksichtigung ihres oben beschriebenen Auftretens - auf dem Unwillen der Zeugen, überhaupt Angaben zu machen.
204Soweit darüber hinaus von einem Teil der Zeugen Äußerungen zu den Umständen ihrer Schleusungen gemacht wurden, waren diese Angaben bereits in sich bzw. unter einander höchst widersprüchlich und mit dem Übrigen Beweisergebnissen nicht in Einklang zu bringen.
205So bekundete etwa der Zeuge B7 niemals in H gewesen zu sein, sondern mittels eines Flugzeuges aus J in die C geflogen zu sein. Gleichzeitig berichtet er aber von einer 24-stündigen Busfahrt „innerhalb der U“ und von der Überquerung eines Flusses, wie andere Zeugen ihre Schleusung von der U nach H geschildert haben.
206Auch war die Aussage des Zeugen B7 nicht mit der des Zeugen T4 in Einklang zu bringen. Während der Zeuge B7 auf mehrere Vorhalte hin einräumte, gemeinsam mit dem Ehepaar T4/G2 in einer Wohnung - in J - gelebt zu haben, erklärte T4, dass E – den B7 letztmalig in T1 gesehen haben wollte – den beiden Ehepaaren eine Wohnung – in B – vermietet habe. Wie er Kontakt zu dem Angeklagten hergestellt habe und wo er mit seiner Ehefrau bis zu dem „zufälligen“ Treffen mit E gewohnt habe, konnte der Zeuge T4 ebenso wenig erklären, wie den Umstand, dass er auch das Ehepaar B7/N2 „zufällig“ getroffen habe.
207Auch die Aussagen der Zeugen T7 und B9 wichen unvereinbar voneinander ab. Während T7 davon berichtet mit seiner jüngeren Frau, der Zeugin B9, in einem geschlossenen Fahrzeug von der U nach C transportiert worden zu sein, berichtet die Zeugin B9 von einer Flugzeugschleusung von J nach C. Soweit der B9 die Aussage ihres Ehemannes vorgehalten wurde, zuckte diese lediglich mit den Schultern und antwortete: „Ich weiß es nicht mehr.“
208Im Ergebnis waren die Aussagen der vernommen geschleusten Personen zu dem Ablauf ihrer Schleusungen und ihrer Schleuser – vermutlich aus Angst – mit derart vielen Lügen gespickt, dass sie insgesamt nicht geeignet waren, insoweit hierauf Feststellungen zu stützen.
209Bestätigung findet die geständige Einlassung des Angeklagten auch in der Aussage des Zeugen M2, der das Ermittlungsergebnis hinsichtlich der festgestellten Schleusungsfälle einschließlich Daten, genutzter Verkehrsmittel und verwendeter Ausweisdokumente ausführlich darstellte und insbesondere einen Überblick über die abgehörten Telefonate der einzelnen Fallakten gab.
210Eine Beteiligung des Angeklagten an der Schleusung von C3 hat die Kammer nicht feststellen können. C3 hat eine Beteiligung von E in Abrede gestellt. E selber hat sich dahin eingelassen, an den Zeugen und dessen Schleusung keine Erinnerung zu haben. Der Onkel von C3, der Zeuge C2, hat bekundet, keine Erkenntnisse darüber zu haben, wer an der Schleusung seines Neffen – neben F – noch beteiligt gewesen sei. Auch die ehemaligen Mitangeklagten F und A haben zwar glaubhaft eingeräumt, C3 entsprechend der Feststellungen per Pkw in das C1 geschleust zu haben, ohne jedoch eine vorherige Beteiligung von E an der Schleusung C3 nach G bestätigen zu können.
211Die Feststellungen zu den Aufgriffs- und Feststellungssituationen der Geschleusten beruhen auf den insoweit glaubhaften Angaben von S, B7 und T4 sowie der glaubhaften Aussage des Ermittlungsführers M2, insbesondere hinsichtlich des geschleusten L. Die drei genannten Zeugen S, B7 und T4 haben übereinstimmend bekundet, dass sie kurz nach Verlassen des Flugzeuges und nach Betreten des Flughafengebäudes von Polizisten angehalten und zu ihren Ausweispapieren befragt worden seien. Dagegen waren die Aussagen der Zeuginnen N2 und G2 unergiebig; sie gaben an, keine Erinnerung an die Kontrollsituation zu haben. Der Zeuge M2 hat bestätigt, dass der von den Zeugen insoweit geschilderte Ablauf dem Vorgehen der Bundespolizei bei verdachtsunabhängigen Kontrollen aufgrund von Lageerkenntnissen im Sinne von § 22 Abs. 1 a BPolG entspreche. Des Weiteren erläuterte er, dass nach dem Ermittlungsergebnis im Falle der Schleusung von L eine Zugstreife - nach dem Verlassen des Bahnhofes in S7 – die Kinder angesprochen und nach ihren Ausweispapieren befragt habe.
212ee.) Gewinnerzielung bzw. Gewinnerzielungsabsicht
213Die Feststellung, dass das Handeln des Angeklagten darauf gerichtet war, sich aus wiederholten Schleusungstätigkeiten eine fortlaufende Einnahmequellen von einigem Gewicht zu erschließen, beruht im Wesentlichen auf dessen Einlassung. E hat - nach Inaugenscheinnahme des abgehörten Telefongespräches vom 29.09.2012 (lfd.-Nr. 1174), in welchem E sich gegenüber seinem Bekannten I4 unter anderem auch über geringer werdende Gewinnmargen und zunehmende Konkurrenz durch andere Schleuser beschwerte, und noch vor der angekündigten Inaugenscheinnahme weiterer abgehörter Telefonate zur Frage der Gewerbsmäßigkeit - glaubhaft eingeräumt, sich an den Schleusungen einschließlich der angeklagten Schleusungsfälle beteiligt zu haben, um finanzielle Gewinne zu erzielen und so seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie zu finanzieren. Zweifel an der Richtigkeit dieser - ihn selbst belastenden - Angaben bestanden nicht. Insbesondere hat der Angeklagte ergänzend und für die Kammer nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass die Schleusungstätigkeiten zunehmend zeitintensiv geworden seien, was ihn daran gehindert habe, seinen Lebensunterhalt anders, etwa durch die Arbeit in der Cafeteria, vollständig zu decken. Des Weiteren hat E in weitschweifigen Ausführungen – aber ebenfalls nachvollziehbar - auf die hohen Lebenshaltungskosten in B sowie den steigenden Unterhaltsbedarf seiner im Tatzeitraum größer werdenden Familie hingewiesen. Für die Kammer ist es vor diesem Hintergrund und angesichts der geringen Verdienstmöglichkeiten in der Cafeteria insoweit auch nicht vorstellbar, dass der Angeklagte ohne zusätzliche Einnahmequelle für sich und seine Familie den festgestellten durchschnittlichen Lebensstandard hätte finanzieren können. Anhaltspunkte für weitere Einnahmequellen – neben der Arbeit in der Cafeteria und der Schleusertätigkeit – haben sich jedoch nicht ergeben. Die Kammer geht daher davon aus, dass die ursprüngliche Einlassung des Angeklagten, er habe hinsichtlich seiner Schleusertätigkeit aus rein altruistischen Gründen gehandelt, - wie von E selber im Nachhinein eingeräumt – gelogen und rein verteidigungstaktischer Natur war. Die zunächst getätigten Bekundungen von E dürften vielmehr von der – im Ergebnis enttäuschten - Hoffnung getragen gewesen sein, dass die Kammer sich bei der Inaugenscheinnahme der Telekommunikationsdateien auf die abgehörten Telefongespräche der angeklagten Fallakten beschränken werde. Schließlich fügt sich auch die festgestellte Beteiligung des Angeklagten an Schleusungen von der U nach H in das Bild der Gewerbsmäßigkeit ein. E hat insoweit selber glaubhaft eingeräumt, sich ab Mitte des Jahres 2012 regelmäßig auch an den vorgeschalteten Schleusungen von der U nach H beteiligt zu haben, um so seine Gewinne noch zu maximieren, weil er ein Versiegen des Flüchtlingszulaufes aus T1 und damit ein Ende seiner Verdienstmöglichkeiten fürchtete.
214Die Richtigkeit der – korrigierten – Einlassung des Angeklagten E wird eindrucksvoll durch die in Augenschein genommenen Telekommunikationsdateien unterlegt. Die Kammer hat am 14., 15. und 16. Hauptverhandlungstag zur Frage der Motivlage beim Angeklagten insgesamt sieben abgehörte Telefonate des Angeklagten betreffend den Zeitraum 26.09.2012 bis 16.01.2013 in Augenschein genommen, deren Inhalte vom Angeklagten, der sich in den Telefonaten jeweils wiedererkannte, vollumfänglich bestätigt wurden.
215Bereits der Inhalt des ersten in Augenschein genommenen Telefonates vom 29.09.2012 mit einem mittlerweile in C lebenden Bekannten namens I4 (lfd.- Nr.1174) veranlasste E dazu, von seiner ursprünglichen Einlassung vollumfänglich entsprechend der obigen Darstellung abzuweichen. In diesem Telefonat beklagte E sich nicht nur über Konkurrenz durch andere Schleuser („Es lohnt sich nicht mehr. Die Schleuser haben zugenommen.“) sowie die Zahlungsmoral der geschleusten Personen („Es ist wie betteln geworden. Weißt Du? Ich schicke Passagiere und muss betteln, flehen, Onkel, mein Lieber sagen, bis die mir mein Geld schicken.“), sondern vor allem auch über steigenden Auslagen für die eigentliche Verbringung der geschleusten Personen in ihre Zielländer und sinkende Gewinnmargen („Die Kosten für die Passagiere, um die aus der U hierhin zu bringen betragen 2.000-2.200 Euro. …. So, du zahlst hier 5, in der U 2. Das sind 7.000. Soll ich den Leuten 8,5 sagen. Das zahlt niemand. Wenn ich sage 9. Das zahlt keiner … Hast Du verstanden? Wenn ich neun sage, das zahlt niemand. Wenn ich denen 7,5 sagen würde, zahle ich 7.000 an Kosten und 500 Euro für Miete. Wofür soll ich arbeiten? 7,5 decken gerade mal deren Kosten? … Wozu soll ich arbeiten? Ist das nicht so? ... Für 200 Papiere kann ich wirklich nicht arbeiten. Wenn nur ein Passagier mein Geld veruntreut, ist das meine Mühe von sechs Monaten.“). Die vom Angeklagten E angestellte Kalkulation für eine Schleusung von der U über H nach C belegt, dass E – entgegen seiner ursprünglichen Einlassung – nicht nur die Höhe der Auslagen an die schleusungswilligen Personen weitergab, sondern einen Gewinn einrechnete, um selber von seiner Schleusungstätigkeit profitieren zu können. Befragt zu dem Inhalt des Telefonates versuchte der Angeklagte auch nicht einmal, seine in den vorangegangenen Hauptverhandlungstagen abgegebene Einlassung mit dem Inhalt des Telefonates in Einklang zu bringen, sondern änderte diese insoweit - sichtlich nervös – unmittelbar in ihr Gegenteil ab.
216Die Richtigkeit dieser geänderten Einlassung spiegelt sich eindeutig auch in dem Telefonat mit einem in C lebenden Bekannten des Angeklagten namens J2 vom 26.09.2012 (lfd.-Nr. 1073) wieder. In dem Telefonat räumte E gegenüber seinem Gesprächspartner nicht nur ausdrücklich ein, dass die Erzielung eines finanziellen Vorteiles eines seiner Motive für die Schleusertätigkeit darstellt („Meine Absicht ist nicht nur Geld. Meine Absicht ist der Name, Gesicht, es sind viele Sachen. … Wenn ich den Unterhalt meiner Familie regeln kann, dann reicht es mir. Ich bin kein gieriger Mensch.“), sondern legte auch seine Gewinnkalkulation offen („ Bei acht, ich sage dir die Wahrheit, bleiben 700 Euro. Von der U aus und von hier bis nach C bleiben mir 700 Euro. … Beispielsweise, wenn ich von den anderen nehme, für achteinhalb, dann bleiben mir 1.200 Euro. Pro Person. Es ist gut. Wenn ich zehn Leute rausbringe, dann sind es 10.000. Wenn ich fünf rausbringe, dann sind es 5.000.“), welche vom Angeklagten – befragt zum Inhalt des Telefonates – als zutreffend bestätig wurde.
217Auch die weiteren in Augenschein genommenen Telefondateien bestätigen in ihrer Gesamtschau, dass der Angeklagte E seine Schleusertätigkeiten gewerbsmäßig verrichtete und nicht alleine von humanitären Motiven geleitet war. So beklagte sich E in einem Telefonat vom 13.12.2012 (lfd.-Nr. 1735) mit seiner Schwester über zunehmende Konkurrenz unter den Schleusern und deren Auswirkung auf die eigene „Schleuserarbeit“ („Meine Arbeit ist stehengeblieben. Es gibt einige, die stehlen meine Leute. Es gibt einige, die stehlen meine Leute. Ich werde heute, morgen rausbekommen, wer diese stiehlt.“). In einem anderen Gespräch am 16.12.2012 (lfd.-Nr.1807) mit einem nicht identifizierten Ägypter überlegte E mittels weiterer Schleusungsrouten seine „Arbeit“ aufrecht zu erhalten („Die Arbeit läuft nicht. … Soll ich dahin kommen und Leute sammeln. … Eigentlich bräuchte ich 30 Leute, 30 Leute aus T1. Ich werde die aus T1 rausbringen. Mit einem Lkw, mit einem großen Schiff.“). In dem Telefonat mit einem nicht identifizierten U3 vom 02.09.2012 (lfd.-Nr.750) hatte der Angeklagte E zuvor die Möglichkeit besprochen, gemeinsam in ein Schiff für die Schleusung aus der U zu investieren (U3: „Schiff, gibt es, gibt es. Schiff musst du kaufen. … Ein Schiff ist teuer. Wenn du kommst, dann können wir das machen. Wir können auf Teilhaberschaft kaufen.“… E: „Wenn ich heute 50 Tausend, 50 Tausend in eine Arbeit investiere und es nicht läuft, dann liegst du am Boden. Ist das nicht so? U3: „Hm. Wen wir 120 investieren. … Weißt Du wie viel Geld das macht? Wenn 3.000 pro Person für dich bleibt?“ … E: „Ich weiß, dass ist ein Haufen Geld. Ich weiß.“). Dass von einem solchen Schiff nur diejenigen Schleusungswilligen profitieren können, die auch über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, ist Thema in einem Telefonat von E vom 16.01.2013 (lfd.-Nr. 43) mit einem Schleuser namens D18 („Das Schiff gehört mir nicht alleine. … Wenn man damit nach J1 fährt, muss man für die Fahrt bezahlen. Wer es nicht bezahlt, wird er nicht ins Schiff rein gelassen.“). In einem weiteren Telefonat vom 28.09.2012 (lfd.-Nr. 1112) stritt der Angeklagte E - wie von ihm auf Nachfrage angegeben – mit mehreren bereits nach C geschleusten Personen namens B15, J4 und I4 erbittert um angeblich fehlenden Schleuserlohn, nachdem er – E – für deren Verbringung Auslagen in Höhe von 25.000,00 Euro aufgewandt hatte und die dafür an E und seinen Bruder als Gegenleistung übereignete Eigentumswohnung weniger Wert als vereinbart war („Ich möchte aber mein Geld in Höhe von 33.500 haben.… Ab heute werde ich anders machen. Ich werde erst kassieren und dann die Leute schicken. Gleichgültig um wen es sich handelt. … Meine 6.000 müssen kommen. Denn ich habe dir gesagt, die Route gehört nicht mir. Ich habe 5.500 aus eigener Tasche bezahlt.).
218Die Richtigkeit der letztlich geständigen Einlassung von E wird auch durch die Angaben der früheren Mitangeklagten F und M unterstrichen.
219Zwar wusste M zu den Motiven von E, mit dem er nach eigenen Angaben „einige Male“ telefoniert habe, unmittelbar nichts zu berichten. Andererseits ließ sich M glaubhaft dahin ein, dass die durch ihn an E überwiesenen Schleuserlöhne „normal“ gewesen seien, sich also von der Höhe im üblichen Bereich bewegt hätten. Die Kammer hat keinen Zweifel daran, dass diese eher vorsichtige Äußerung von M auch dessen tatsächlicher Einschätzung entspricht. Die ursprüngliche Einlassung von E zugrunde gelegt, wäre aber zu erwarten gewesen, dass sich dessen rein altruistischen Motive auch auf die Preisgestaltung ausgewirkt hätten, was im Umkehrschluss für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht beim Angeklagten E spricht.
220Der ehemals Mitangeklagte F hat nach Abtrennung seines Verfahrens als Zeuge darüber hinaus sogar ausdrücklich bestätigt, dass E – nach seinem Eindruck - durch wiederholte Schleusungstätigkeiten finanziellen Gewinn erzielen wollte. Zur Begründung hat der Zeuge folgendes ausgeführt: Er – F - habe häufiger mit E, der bei ihm wiederholt Taxitransfers für schleusungswillige Personen in Auftrag gegeben habe, telefoniert. Bereits im ersten Telefongespräch habe er – E - angekündigt, dass er zukünftig mehr Syrer aus H schleusen und weitere Taxifahrten in Auftrag geben wird. In den Folgetelefonaten habe E sich häufig über konkurrierende Schleuserorganisationen beklagt, die ihm seine Kunden wegnehmen. Außerdem habe E mehrfach, unter Hinweis darauf, dass ihm ansonsten kein ausreichender Gewinn verbleiben würde, versucht, seinen – F – Preis zu drücken. Die unter Beteiligung von E geschleusten Personen hätten sich zum Teil wiederum bei ihm – F – beschwert, an E zu viel Geld gezahlt zu haben. Schließlich habe E sich noch bei einem Aufeinandertreffen in der Justizvollzugsanstalt F6 darüber beklagt, festgenommen worden zu sein, obwohl er mit den Schleusungen „nicht so viel Geld“ verdient habe.
221Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Zeuge F den Angeklagten E insoweit nicht zu Unrecht belastet, sondern wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat. F hat nicht etwa nur pauschal einen Vorwurf in den Raum gestellt, sondern entsprechend der obigen Darstellung auf Nachfrage der Kammer spontan mehrere nachvollziehbare Gründe für seine Schlussfolgerung angeben können. Auch eine überschießende Belastungstendenz war insoweit für die Kammer nicht erkennbar, denn F hat ausdrücklich betont, dass es sich letztlich nur um eine Einschätzung seinerseits handele. Schließlich hat sich F nicht zuletzt auch selber belastet, indem er regelmäßigen Kontakt mit E sowie die Durchführung von Taxifahrten einräumte, die nicht Gegenstand der Anklage gegen ihn waren.
222Auch die Zeugenaussagen der geschleusten Personen sowie ihrer Angehörigen bestätigen indirekt das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht bei E. Ausdrücklich hat zwar keiner der unter bb.) aufgeführten Zeugen Angaben zu den Motiven von E bzw. der von ihnen als Schleuser benannten Personen machen können oder wollen. Anderseits hat aber auch keiner der Zeugen behauptet, in einem besonderen verwandtschaftlichen oder sonstigen Näheverhältnis zu den an der jeweiligen Schleusung beteiligten Personen gestanden zu haben oder dass die gegenständlichen Schleusungen ungewöhnlich kostengünstig gewesen seien.
223Die - korrigierten - Angaben von E finden schließlich Bestätigung in der glaubhaften Aussage des Ermittlungsführers der Bundespolizei, dem Zeugen M2. Er hat nachvollziehbar dargelegt, dass im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung keine Anhaltspunkte für rein altruistische Motive des Angeklagten ersichtlich gewesen seien und im Übrigen die hohe Anzahl der Schleusungen und das sonstige Vorgehen des Angeklagten für ein professionelles und hochgradig organisiertes Vorgehen sprechen.
224Zweifel an der Richtigkeit der geänderten Angaben des Angeklagten E zur Gewerbsmäßigkeit seines Handelns haben sich daher für die Kammer insgesamt nicht ergeben.
225Dagegen hat die Kammer nicht feststellen können, dass der Angeklagte – abweichend von seiner Einlassung – im Rahmen der vier von der Anklage umfassten Schleusungsfälle einen finanziellen Vorteil erzielt hat. Mangels näherer Feststellungen zur Höhe des vereinbarten Gesamtpreises, des auf die jeweils geschleusten Familienmitglieder entfallenden Anteils des Entgeltes sowie zur Höhe der Auslagen, war eine konkrete Kalkulation für die Kammer im Sinne einer Gewinn-/Verlustrechnung nicht durchführbar. Zwar deutet es auf eine von verteidigungstaktischen Erwägungen geleitete Einlassung hin, wenn der Angeklagte einerseits angibt, nur in Einzelfällen keinen Gewinn erwirtschaftet zu haben, aber anderseits gerade sämtliche vier Anklagefälle dazu zählen sollen. Allerdings waren die von E angegeben Erklärungen, weshalb er gerade in den vier Anklagefällen keinen Gewinn erzielt habe, für die Kammer plausibel, ohne dass durch die Beweisaufnahme dazu abweichende Feststellungen getroffen werden konnten, so dass die Kammer im Ergebnis zugunsten des Angeklagten auch insoweit dessen Einlassung zugrunde gelegt hat.
226ff.) Vorsatz und Unrechtsbewusstsein
227Die Feststellung, dass das Handeln von E gerade darauf abzielte, die Einreise von syrischen Staatsangehörigen ohne gültige Pässe und erforderliche Aufenthaltsgenehmigungen in die C und andere europäische Zielländer zu fördern, basiert auf der glaubhaften Einlassung des Angeklagten E. Dieser hat insbesondere selber nachvollziehbar dargelegt, dass der Umstand, dass sich die syrischen Flüchtlinge nicht in Besitz gültiger Pässe und (Schengen-)Visa befunden hätten, gerade der Grund gewesen sei, weshalb sie nicht ohne weiteres H hätten verlassen und in ihre jeweiligen Zielländer im Schengen-Raum reisen konnten und sich deshalb an ihn – den Angeklagten E – zwecks Unterstützung bei der Weiterreise gewandt haben.
228Auch die Feststellungen zum Unrechtsbewusstsein des Angeklagten beruhen auf dessen glaubhafter Einlassung. Der Angeklagte E hat eingeräumt, dass ihm die Illegalität seiner Schleusertätigkeit bewusst gewesen sei. Soweit sich E im Laufe der Hauptverhandlung teilweise abweichend dahin äußerte, er sei davon ausgegangen, dass die Einreise von Asylsuchenden und die Hilfe zu einer solchen Einreise in die C generell erlaubt seien und nur die Ausreise aus H verboten, wertet die Kammer dies lediglich als verteidigungstaktische Bekundung. Der Angeklagte E rückte davon wieder ab, nachdem ihm von der Kammer vorgehalten wurde, dass sich nach dem vom Zeugen M2 dargelegten Ermittlungsergebnis seine Kenntnis von vorläufigen Festnahmen und polizeilichen Vernehmungen der geschleusten Personen in der C ergeben hätte – was der Angeklagte auch ausdrücklich bestätigte.
229gg.) Verfahrensgang/ Nachtatgeschehen
230Die Feststellungen der Kammer zur Festnahme sowie der vergangenen und gegenwärtigen Haftsituation von E beruhen auf dessen glaubhafter Einlassung. Der Angeklagte hat entsprechend der getroffenen Feststellungen ausführlich von seiner Festnahme in H, der dortigen Auslieferungshaft, der Überstellung in die C sowie von seiner derzeitigen Haftsituation berichtet, ohne dass dies der Kammer Anlass zu Zweifeln bot. Die Richtigkeit der vom Angeklagten angegebenen Daten und äußeren Umstände wurde darüber hinaus durch die glaubhafte Aussage des Ermittlungsführers M2 bestätigt, der auch den Verfahrensgang entsprechend der Feststellungen dezidiert dargelegt hat.
231V.
232Rechtliche Würdigung
233Der Angeklagte E hat sich durch das festgestellte Geschehen wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern in vier Fällen gemäß §§ 96 Abs. 1 Nr. 1 b), Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, 53 StGB strafbar gemacht.
2341.) Objektiver Tatbestand der Einschleusung
235Indem er sich in den festgestellten Fällen an der Verbringung von syrischen Staatsangehörigen, die nicht im Besitz eines gültigen Passes und des erforderlichen Aufenthaltstitels für die C waren, mittels Flugzeuges (bzw. im Falle von L mittels Flugzeug und Zug) in die C beteiligte, hat der Angeklagte E die unerlaubte Einreise von Ausländern in die C jeweils gefördert und somit jeweils vorsätzliche Beihilfe zu einer Handlung gem. § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG geleistet.
236a.) Unerlaubte Einreise der geschleusten Personen
237Die syrischen Staatsangehörigen S, L, B7, N2, T4 und G2 sind gem. § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG unerlaubt in die C eingereist, indem sie jeweils entgegen § 3 AufenthG ohne gültigen Pass sowie entgegen § 14 AufenthG ohne gültiges Schengen-Visa im Sinne von § 6 AufenthG oder eines anderen gültigen Aufenthaltstitels die Grenzlinie zur C überschritten haben. Während S und T4 bei Überschreiten der Grenzlinie lediglich gefälschte polnische bzw. bulgarische Identitätskarten bei sich führten, hatten die anderen geschleusten Personen zum Zeitpunkt des Grenzübertrittes keine Ausweisdokumente bei sich. Der Tatbestandsverwirklichung steht dabei nicht entgegen, dass die genannten geschleusten Personen (nach der unerlaubten Einreise) in der C allesamt einen Asylantrag gestellt haben. Der Tatbestand der unerlaubten Einreise gem. § 95 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG ist vorliegend von den geschleusten Ausländern bereits jeweils im Vorfeld ihres Asylbegehrens verwirklicht worden, indem sie die Grenzlinie der C ohne gültigen Pass und erforderlichen Aufenthaltstitel überschritten haben. Gem. § 13 Abs. 2 S. 3 AufenthG ist ein Ausländer in Fällen ohne zugelassene Grenzübergangsstelle – also im sog. Schengen-Raum - bereits dann eingereist, wenn er die Grenzlinie überschritten hat (vgl. Huber/Stoppa, AufenthG, § 95 Rdnr. 111 m.w.N.). In den hier festgestellten Fällen war die unerlaubte Einreise der Eingeschleusten somit bereits im Fall von L mit Überquerung der österreichisch-deutschen Grenze (sog. „grüne Grenze“) und hinsichtlich der übrigen Ausländer - bei Nutzung sogenannter Intra-Schengen-Flüge aus H kommend - spätestens jeweils mit Verlassen des Flugzeuges vollendet und gleichzeitig auch beendet.
238Ein Rechtfertigungsgrund, der wegen der Grundsätze der limitierten Akzessorietät auch Auswirkungen auf die Strafbarkeit des Täters im Sinne von § 96 AufenthG hätte, liegt nicht vor. Als Rechtfertigungsgrund kommt vorliegend das Asylrecht des Art. 16a Abs. 1 GG aufgrund der Vorwirkung des Grundrechts in Betracht (vgl. Renner/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 95 AufenthG, Rdnr.11). Art. 16a Abs. 1 GG findet allerdings keine Anwendung, wenn der Asylbewerber aus oder über einen sicheren Drittstaat, namentlich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union - wie P bzw. H - nach C einreist; dieser kann sich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen (vgl. Huber, a.a.O., § 95 Rdnr. 354). Ein mögliches Eingreifen von Art. 31 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention, der gem. § 95 Abs. 5 AufenthG unberührt bleibt, ist im Hinblick auf die Strafbarkeit wegen Einschleusens von Ausländern nach § 96 AufenthG ebenfalls ohne Relevanz. Art. 31 Abs. 1 GFK stellt einen persönlichen Strafaufhebungsgrund für den Flüchtling dar, ohne dass die Strafbarkeit eine Teilnehmers davon berührt wird (MüKo/Gericke, § 95 AufenthG Rdnr. 111; vgl. § 28 Abs. 2 StGB).
239b.) Verwirklichung des Grundtatbestandes von § 96 Abs. 1 AufenthG
240§ 96 AufenthG erhebt typische Teilnahmehandlungen zu selbständigen Täterschaftsformen (vgl. Huber, a.a.O. § 96 Rdnr.11). Vorliegend hat E die unerlaubte Einreise der oben genannten syrischen Staatsangehörigen in die C gefördert, in dem er die schleusungswilligen Ausländer unter anderem bis zu ihrer Abreise in B beherbergte, mindestens einen nicht identifizierte Mittäter mit der Organisation ihrer Ausreise beauftragte und als Verbindungsglied zwischen schleusungswilligen Personen, ihren Angehörigen in C und den Organisatoren der Ausreise fungierte.
241Dadurch, dass er bei sämtlichen vier abgeurteilten Taten wiederholt sowie bei den Taten betreffend die beiden Ehepaare B7/N2 und T4/G2 jeweils darüber hinaus zugunsten mehrerer Ausländer handelte, hat der Angeklagte E sich in vier Fällen wegen Einschleusens von Ausländern gem. § 96 Abs. 1 Nr. 1 b) AufenthG schuldig gemacht hat. Wiederholt im Sinne von § 96 Abs. 1 AufenthG handelt, wer mindestens eine zweite Tathandlung begeht (Huber, a.a.O., § 96 Rdnr. 31). Mehrere Ausländer sind zahlenmäßig zwei und mehr (Huber, a.a.O. Rdnr. 33). E hat im Vorfeld der abgeurteilten Fälle entsprechend der getroffenen Feststellungen bereits eine Vielzahl weiterer Schleusungen durchgeführt und somit in den abgeurteilten Fällen jeweils wiederholt gehandelt. Konkret hat die Kammer eine Beteiligung des Angeklagten an den Schleusungen von T7 und seiner Familie, N4, I3 und C2, die zeitlich sämtlich vor den vier abgeurteilten Schleusungsfällen lagen, festgestellt. Bei den Taten zu III. 2.) b.) aa.) (c) und (d) hat E darüber hinaus jeweils die unerlaubte Einreise von zwei Ausländern, also mehreren Ausländern im Sinne von § 96 Abs. 1 Nr. 1 b) AufenthG, gefördert.
242Dagegen hat der Angeklagte nicht die Alternative von § 96 Abs. 1 Nr. 1 a) AufenthG verwirklicht. Die Kammer konnte zwar feststellen, dass E sich als Gegenleistung für die Schleusungen jeweils ein Entgelt versprechen ließ und dies - mit Ausnahme der Tat betreffend L – jedenfalls auch teilweise gezahlt wurde. Gleichwohl konnte die Kammer nicht feststellen, dass der Angeklagte in den abgeurteilten Schleusungsfällen tatsächlich einen Vermögensvorteil (oder sonstigen Vorteil) erzielt hat bzw. erzielt hätte, wenn das vereinbarte Entgelt vollständig gezahlt worden wäre.
2432.) Qualifizierte Schleusungstatbestände
244Zusätzlich verwirklichte der Angeklagte E jeweils den Qualifikationstatbestand von § 96 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, indem er gewerbsmäßig handelte. Gewerbsmäßig handelt, wer sich aus wiederholter Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschafft oder verschaffen möchte (Huber, a.a.O., Rdnr.44). E‘s Handeln war darauf angelegt, durch die festgestellten Taten finanzielle Gewinne zu erzielen und sich dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle zu Finanzierung seines Lebensunterhaltes zu erschließen. Die Kalkulation von E war dabei jeweils – einschließlich der abgeurteilten vier Fälle - darauf ausgelegt, dass ihm vom dem vereinbarten Schleuserlohn nach Abzug seiner Auslagen noch ein Gewinn von nicht unerheblicher Höhe verblieb.
245Dagegen hat sich der Angeklagte E nicht auch jeweils wegen gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern gem. § 97 Abs. 2 AufenthG strafbar gemacht. Zwar waren an der arbeitsteiligen Organisation der Schleusungen weitere Personen beteiligt, wie etwa die Organisatoren der Ausreise, die Hersteller der gefälschten Ausweisdokumente oder in den beiden Schleusungsfälle der Ehepaare B7/N2 und T4/G2 die bestochenen Flughafenmitarbeiter. Letztlich konnte die Kammer aber keine konkrete Bandenabrede von E mit weiteren Mittätern in den abgeurteilten Fällen festzustellen.
2463.) Vorsatz und Unrechtsbewusstsein
247E handelte vorsätzlich. Ihm war insbesondere bekannt, dass es sich bei den geschleusten Personen allesamt um syrische Staatsangehörige ohne gültige Pässe und erforderliche Schengen-Visa oder anderer Aufenthaltstitel für die C handelte und ihnen die Einreise in die C somit verboten war.
248Der Angeklagte handelte auch schuldhaft. Ihm war insbesondere bewusst, dass die Förderung der unerlaubten Einreise der geschleusten Ausländer in die C „illegal“ ist und somit gegen die hiesige Rechtsordnung verstößt.
249VI.
250Strafzumessung
251Die Kammer hat jeweils den Strafrahmen von § 96 Abs. 2 AufenthG zugrunde gelegt, welcher die Verhängung einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vorsieht.
252Ausgehend von dem vorgenannten Strafrahmen hat die Kammer sich bei der konkreten Strafzumessung in allen Fällen von folgenden Erwägungen leiten lassen:
253Zugunsten des Angeklagten E hat die Kammer berücksichtigt, dass er strafrechtlich bislang nicht in Erscheinung getreten ist.
254Für den Angeklagten sprach weiterhin sein letztlich umfassendes Geständnis, aufgrund welches die Kammer die vorliegenden Feststellungen treffen konnte. E hat insbesondere bereits zu Beginn der Hauptverhandlung seine Beteiligung an den hier festgestellten Schleusungsfällen eingeräumt, wodurch eine nicht unwesentliche Verfahrenskürzung eingetreten ist. Insbesondere machte die geständige Einlassung eine umfängliche Inaugenscheinnahme von abgehörten Telefonaten betreffend die angeklagten Schleusungsfälle entbehrlich. Andererseits war in diesem Zusammenhang aber zu berücksichtigen, dass E die monetären Motive seines Handelns erst zu einem späten Zeitpunkt, nämlich am 14. Hauptverhandlungstag nach fast dreimonatiger Verhandlungsdauer und auch erst unmittelbar nach Inaugenscheinnahme einer ihn insoweit belastenden Telekommunikationsdatei, geständig eingeräumt hat.
255Die Kammer hat weiterhin berücksichtigt, dass der Angeklagte E, der selber unfreiwillig sein Heimatland verlassen musste, neben dem finanziellen Interesse auch aus Mitgefühl und Verbundenheit mit den von ihm geschleusten syrischen Landsleuten gehandelt hat.
256In diesem Zusammenhang war zugunsten des Angeklagten berücksichtigungsfähig, dass es sich bei den eingeschleusten Personen um Bürgerkriegsflüchtlinge handelte, die in C Schutz begehrten, zu diesem Zwecke jeweils Asylanträge in der C stellten und bislang nicht abgeschoben wurden.
257Für den Angeklagten sprach darüber hinaus, dass dieser entgegen seiner Intention in den abgeurteilten Fällen im Ergebnis keinen Gewinn erzielen konnte, sondern vielmehr zu seinen Gunsten insoweit sogar von einem finanziellen Verlust auszugehen ist.
258Zugunsten des Angeklagten E war berücksichtigungsfähig, dass die abgeurteilten Schleusungsfälle in einem Zeitraum stattfanden, als bereits der Telefonanschluss von E polizeilich überwacht und Telefongespräche von ihm abgehört wurden.
259Schließlich hat die Kammer berücksichtigt, dass E sich mittlerweile bereits seit fast zehn Monate in diesem Verfahren in deutscher Untersuchungshaft befindet und zuvor zusätzlich über zwei Wochen Auslieferungshaft aufgrund des Europäischen Haftbefehls in H erlitten hatte. In diesem Zusammenhang war auch die besondere Haftempfindlichkeit des Angeklagten berücksichtigungsfähig, der sich aufgrund der Auslieferung aus H überhaupt erstmals im C1 befindet, hier über keine sozialen und familiären Bindungen verfügt und der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Die Lebensgefährtin des Angeklagten lebt mit den gemeinsamen Kindern mittlerweile in Q, wodurch eine regelmäßige Kontakthaltung zu seiner Familie erschwert ist, zumal der Angeklagte auch über zu geringe Lese- und Schreibfertigkeiten für einen Briefkontakt verfügt. Die aufenthaltsrechtliche Situation des Angeklagten erscheint ebenfalls ungewiss, zumal seine „Duldung“ für H abgelaufen und der Verlauf eines zukünftigen Asylverfahrens in C abzuwarten bleibt.
260Gegen den Angeklagten E spricht indes der in den Taten jeweils zutage getretene hohe Grad an Organisation und krimineller Energie. Er hat sich in einem arbeitsteiligen Vorgehen der Hilfe von jeweils mindestens eines weiteren Mittäters bedient, die die eigentliche Ausreise der schleusungswilligen Personen per Flugzeug organisierte und der – was E bekannt war – dabei wiederum jeweils selber mit weiteren Personen zusammenarbeiten musste, um die Schleusung mittels gefälschter Ausweisdokumente und/oder durch das Bestechen von Flughafenmitarbeiter gelingen lassen zu können. E selber hat durch das Verhandeln des Schleuserlohns, die Unterbringung der zu schleusenden Personen in von ihm gemieteten Wohnungen in B, die Beauftragung der Ausreiseorganisation und die Organisation der Transfers wesentliche und entscheidende Schritte für das Gelingen der Schleusungen beigetragen, auch wenn er sich selber an den eigentlichen Transporten der zu Schleusenden nicht beteiligte. Als Verbindungsglied zwischen den zu schleusenden Personen, ihren Angehörigen in C sowie den weiteren an der Schleusung beteiligten Mittätern koordinierte er aber die Gesamtabläufe der Schleusungen, so dass E insgesamt eine bedeutsame Funktion bei der Durchführung und Organisation der Schleusungen zukam.
261Die Kammer hielt nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten E sprechenden Umständen noch Einzelfreiheitsstrafen im unteren Viertel des zur Verfügung stehenden Strafrahmens für tat- und schuldangemessen und hat jeweils auf Einzelstrafen von einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe pro Tat erkannt. Angesichts der jeweils gleichförmigen Tatbegehung hat die Kammer den Umstand, dass in den Fällen der Einschleusung der beiden Ehepaare B7/N2 und T4/G2 jeweils zwei Ausländer eingeschleust und somit beide Alternativen von § 96 Abs. 1 Nr. 1 b) AufenthG verwirklicht wurden, nicht strafschärfend berücksichtigt.
262Aus den genannten Einzelstrafen war gemäß §§ 53, 54 StGB durch Erhöhung der höchsten Einzelstrafe eine Gesamtstrafe zu bilden. Bei der Gesamtstrafenbildung hat die Kammer unter nochmaliger Abwägung der vorgenannten Strafzumessungsgründe die Person des Angeklagten und die einzelnen Strafen zusammenfassend gewürdigt (§ 54 Abs. 1 S. 3 StGB). Hierbei hat sich die Kammer zunächst von den bereits bei der Verhängung der Einzelstrafen erörterten Erwägungen leiten lassen. Zudem hat die Kammer einerseits strafmildernd berücksichtigt, dass zwischen den Taten ein enger zeitlicher, sachlicher und situativer Zusammenhang besteht, andererseits aber auch die Anzahl der Taten nicht außer Acht gelassen. In Ansehung aller vorgenannten Umstände hat die Kammer aus den Einzelstrafen eine
263Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren
264gebildet, die einerseits ausreichend, andererseits aber auch erforderlich ist, um dem begangenen Unrecht gerecht zu werden, dies dem Angeklagten vor Augen zu führen und auf ihn einzuwirken.
265VII.
266Anrechnung Auslieferungshaft
267Die in H erlittene Auslieferungshaft wird im Verhältnis von 1:1 auf die erkannte Strafe angerechnet. E befand sich vom 29.01.2013 bis zum 15.02.2013 in Auslieferungshaft in einer griechischen Haftanstalt. Die dortigen Haftbedingungen gestalteten sich dabei nach eigenen Angaben des Angeklagten ohne Besonderheiten, so dass ein Anrechnungsmaßstab von 1:1 aus Sicht der Kammer geboten erschien. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass E – im Vergleich zur erlittenen Auslieferungshaft - unter dem gegenwärtigen Vollzug der Untersuchungshaft in der C besonders leidet, da er hier keine sozialen und familiären Bindungen besitzt und sich mangels deutscher Sprachkenntnisse nur mit Hilfe von Mitgefangenen verständlich machen kann.
268VIII.
269Verfall
270Die Kammer hat von der Anordnung des Verfalls oder des Verfalls des Wertersatzes abgesehen, da der Wert des Erlangten zur Zeit der Anordnung in dem Vermögen des Angeklagten nicht mehr vorhanden war, §§ 96 Abs. 5 AufenthG, 73d Abs. 4, 73c StGB. Es konnte nicht festgestellt werden, dass Schleuserlöhne oder entsprechende Gegenwerte aus den verfahrensgegenständlichen Taten beim Angeklagten E noch vorhanden waren. Eine Verfallsanordnung hätte so eine unbillige Härte bedeutet und würde dessen Resozialisierung zusätzlich gefährden.
271IX.
272Kostenentscheidung
273Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StGB.
moreResultsText
Annotations
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält, - 2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn - a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist, - b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und - c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
- 3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist, - 4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist, - 6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet, - 6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet, - 7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder - 8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.
(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 - a)
in das Bundesgebiet einreist oder - b)
sich darin aufhält,
- 1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder - 2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.
(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.
(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.
(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.
(1) Das Gericht kann sich in geeigneten Fällen mit den Verfahrensbeteiligten nach Maßgabe der folgenden Absätze über den weiteren Fortgang und das Ergebnis des Verfahrens verständigen. § 244 Absatz 2 bleibt unberührt.
(2) Gegenstand dieser Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen sein, die Inhalt des Urteils und der dazugehörigen Beschlüsse sein können, sonstige verfahrensbezogene Maßnahmen im zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren sowie das Prozessverhalten der Verfahrensbeteiligten. Bestandteil jeder Verständigung soll ein Geständnis sein. Der Schuldspruch sowie Maßregeln der Besserung und Sicherung dürfen nicht Gegenstand einer Verständigung sein.
(3) Das Gericht gibt bekannt, welchen Inhalt die Verständigung haben könnte. Es kann dabei unter freier Würdigung aller Umstände des Falles sowie der allgemeinen Strafzumessungserwägungen auch eine Ober- und Untergrenze der Strafe angeben. Die Verfahrensbeteiligten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Verständigung kommt zustande, wenn Angeklagter und Staatsanwaltschaft dem Vorschlag des Gerichtes zustimmen.
(4) Die Bindung des Gerichtes an eine Verständigung entfällt, wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden sind oder sich neu ergeben haben und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelangt, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- oder schuldangemessen ist. Gleiches gilt, wenn das weitere Prozessverhalten des Angeklagten nicht dem Verhalten entspricht, das der Prognose des Gerichtes zugrunde gelegt worden ist. Das Geständnis des Angeklagten darf in diesen Fällen nicht verwertet werden. Das Gericht hat eine Abweichung unverzüglich mitzuteilen.
(5) Der Angeklagte ist über die Voraussetzungen und Folgen einer Abweichung des Gerichtes von dem in Aussicht gestellten Ergebnis nach Absatz 4 zu belehren.
(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.
(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.
(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn
- 1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist, - 2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, - 3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist, - 4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist, - 5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder - 6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.
(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.
(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.
(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.
(1) Jeder Zeuge kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem der in § 52 Abs. 1 bezeichneten Angehörigen die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden.
(2) Der Zeuge ist über sein Recht zur Verweigerung der Auskunft zu belehren.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält, - 2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn - a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist, - b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und - c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
- 3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist, - 4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist, - 6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet, - 6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet, - 7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder - 8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.
(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 - a)
in das Bundesgebiet einreist oder - b)
sich darin aufhält,
- 1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder - 2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.
(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.
(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.
(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.
(1) Ausländer dürfen nur in das Bundesgebiet einreisen oder sich darin aufhalten, wenn sie einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz besitzen, sofern sie von der Passpflicht nicht durch Rechtsverordnung befreit sind. Für den Aufenthalt im Bundesgebiet erfüllen sie die Passpflicht auch durch den Besitz eines Ausweisersatzes (§ 48 Abs. 2).
(2) Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat oder die von ihm bestimmte Stelle kann in begründeten Einzelfällen vor der Einreise des Ausländers für den Grenzübertritt und einen anschließenden Aufenthalt von bis zu sechs Monaten Ausnahmen von der Passpflicht zulassen.
(1) Die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet ist unerlaubt, wenn er
- 1.
einen erforderlichen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 nicht besitzt, - 2.
den nach § 4 erforderlichen Aufenthaltstitel nicht besitzt, - 2a.
zwar ein nach § 4 erforderliches Visum bei Einreise besitzt, dieses aber durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkt oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichen wurde und deshalb mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder annulliert wird, oder - 3.
nach § 11 Absatz 1, 6 oder 7 nicht einreisen darf, es sei denn, er besitzt eine Betretenserlaubnis nach § 11 Absatz 8.
(2) Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden können Ausnahme-Visa und Passersatzpapiere ausstellen.
(1) Einem Ausländer können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 folgende Visa erteilt werden:
- 1.
ein Visum für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen (Schengen-Visum), - 2.
ein Flughafentransitvisum für die Durchreise durch die internationalen Transitzonen der Flughäfen.
(2) Schengen-Visa können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen verlängert werden. Für weitere 90 Tage innerhalb des betreffenden Zeitraums von 180 Tagen kann ein Schengen-Visum aus den in Artikel 33 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009/EG genannten Gründen, zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder aus völkerrechtlichen Gründen als nationales Visum verlängert werden.
(2a) Schengen-Visa berechtigen nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, es sei denn, sie wurden zum Zweck der Erwerbstätigkeit erteilt.
(3) Für längerfristige Aufenthalte ist ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Die Erteilung richtet sich nach den für die Aufenthaltserlaubnis, die Blaue Karte EU, die ICT-Karte, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU geltenden Vorschriften. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts mit einem nationalen Visum wird auf die Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis, Blauen Karte EU, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU angerechnet.
(4) Ein Ausnahme-Visum im Sinne des § 14 Absatz 2 wird als Visum im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 erteilt.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält, - 2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn - a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist, - b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und - c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
- 3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist, - 4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist, - 6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet, - 6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet, - 7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder - 8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.
(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 - a)
in das Bundesgebiet einreist oder - b)
sich darin aufhält,
- 1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder - 2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.
(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.
(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.
(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.
(1) Die Einreise in das Bundesgebiet und die Ausreise aus dem Bundesgebiet sind nur an den zugelassenen Grenzübergangsstellen und innerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden zulässig, soweit nicht auf Grund anderer Rechtsvorschriften oder zwischenstaatlicher Vereinbarungen Ausnahmen zugelassen sind. Ausländer sind verpflichtet, bei der Einreise und der Ausreise einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz gemäß § 3 Abs. 1 mitzuführen und sich der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs zu unterziehen.
(2) An einer zugelassenen Grenzübergangsstelle ist ein Ausländer erst eingereist, wenn er die Grenze überschritten und die Grenzübergangsstelle passiert hat. Lassen die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden einen Ausländer vor der Entscheidung über die Zurückweisung (§ 15 dieses Gesetzes, §§ 18, 18a des Asylgesetzes) oder während der Vorbereitung, Sicherung oder Durchführung dieser Maßnahme die Grenzübergangsstelle zu einem bestimmten vorübergehenden Zweck passieren, so liegt keine Einreise im Sinne des Satzes 1 vor, solange ihnen eine Kontrolle des Aufenthalts des Ausländers möglich bleibt. Im Übrigen ist ein Ausländer eingereist, wenn er die Grenze überschritten hat.
(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung
- 1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und - a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder - b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
- 2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig handelt, - 2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt, - 3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, - 4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder - 5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn
- 1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und - 2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.
(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält, - 2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn - a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist, - b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und - c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
- 3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist, - 4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist, - 6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet, - 6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet, - 7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder - 8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.
(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 - a)
in das Bundesgebiet einreist oder - b)
sich darin aufhält,
- 1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder - 2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.
(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.
(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.
(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.
(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung
- 1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und - a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder - b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
- 2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig handelt, - 2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt, - 3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, - 4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder - 5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn
- 1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und - 2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.
(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält, - 2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn - a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist, - b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und - c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
- 3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist, - 4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt, - 5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist, - 6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet, - 6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet, - 7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder - 8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.
(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.
(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- 1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1 - a)
in das Bundesgebiet einreist oder - b)
sich darin aufhält,
- 1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder - 2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.
(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.
(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.
(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.
(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.
(1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern.
(2) Bestimmt das Gesetz, daß besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.
(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung
- 1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und - a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder - b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
- 2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig handelt, - 2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt, - 3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, - 4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder - 5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn
- 1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und - 2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.
(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des § 96 Abs. 1, auch in Verbindung mit § 96 Abs. 4, den Tod des Geschleusten verursacht.
(2) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des § 96 Abs. 1, auch in Verbindung mit § 96 Abs. 4, als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, gewerbsmäßig handelt.
(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.
(4) § 74a des Strafgesetzbuches ist anzuwenden.
(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung
- 1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und - a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder - b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
- 2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig handelt, - 2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt, - 3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, - 4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder - 5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn
- 1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und - 2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.
(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.
(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.
(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.
(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.
(1) Ist eine der Einzelstrafen eine lebenslange Freiheitsstrafe, so wird als Gesamtstrafe auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt. In allen übrigen Fällen wird die Gesamtstrafe durch Erhöhung der verwirkten höchsten Strafe, bei Strafen verschiedener Art durch Erhöhung der ihrer Art nach schwersten Strafe gebildet. Dabei werden die Person des Täters und die einzelnen Straftaten zusammenfassend gewürdigt.
(2) Die Gesamtstrafe darf die Summe der Einzelstrafen nicht erreichen. Sie darf bei zeitigen Freiheitsstrafen fünfzehn Jahre und bei Geldstrafe siebenhundertzwanzig Tagessätze nicht übersteigen.
(3) Ist eine Gesamtstrafe aus Freiheits- und Geldstrafe zu bilden, so entspricht bei der Bestimmung der Summe der Einzelstrafen ein Tagessatz einem Tag Freiheitsstrafe.
(1) Mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer einen anderen anstiftet oder ihm dazu Hilfe leistet, eine Handlung
- 1.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a zu begehen und - a)
dafür einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt oder - b)
wiederholt oder zugunsten von mehreren Ausländern handelt oder
- 2.
nach § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2, Abs. 1a oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b oder Nr. 2 zu begehen und dafür einen Vermögensvorteil erhält oder sich versprechen lässt.
(2) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer in den Fällen des Absatzes 1
- 1.
gewerbsmäßig handelt, - 2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, handelt, - 3.
eine Schusswaffe bei sich führt, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, - 4.
eine andere Waffe bei sich führt, um diese bei der Tat zu verwenden, wenn sich die Tat auf eine Handlung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe a bezieht, oder - 5.
den Geschleusten einer das Leben gefährdenden, unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder der Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung aussetzt.
(3) Der Versuch ist strafbar.
(4) Absatz 1 Nr. 1 Buchstabe a, Nr. 2, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, 2 und 5 und Absatz 3 sind auf Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder eines Schengen-Staates anzuwenden, wenn
- 1.
sie den in § 95 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 oder Abs. 2 Nr. 1 bezeichneten Handlungen entsprechen und - 2.
der Täter einen Ausländer unterstützt, der nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum besitzt.
(5) § 74a des Strafgesetzbuchs ist anzuwenden.