Landgericht Essen Urteil, 16. Juni 2015 - 22 Ks 5/15

Gericht
Tenor
Der Angeklagte wird wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt.
Die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet. Vor der Unterbringung ist 1 Jahr Freiheitsstrafe zu vollstrecken.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Nebenklägers sowie der Kosten des Adhäsionsverfahrens und des Vergleichs.
Angewendete Vorschriften: §§ 212, 223, 224 I Nr. 5, 21, 22, 23, 52, 63 StGB
1
Gründe:
2Der 1992 in E geborene Angeklagte ist seit Jahren aktiver Fan des Fußballvereins G. Im Zusammenhang mit dieser Freizeitbeschäftigung ist es bereits mehrfach zu Straftaten des Angeklagten gekommen.
3Am Nachmittag des 14.11.2014 fuhr der Angeklagte gemeinsam mit weiteren E1 Fans mit dem Regionalexpress nach F, um dort das Regionalligafußballspiel S gegen G1 zu besuchen. Bereits in der Anreisephase herrschte unter den am F1 Hauptbahnhof eingetroffenen E1 Fans eine aggressive Grundstimmung. U.a. zeigte der E1 Fan T einer Gruppe von Bundespolizisten seinen Mittelfinger, wobei diese zwecks Vermeidung einer Eskalation aber zunächst darauf verzichteten, seine Personalien festzustellen. Im Rahmen der Rückreisephase traf gegen 21:50 Uhr eine aus ca. 50 E1 Fans bestehende Gruppe, in welcher sich auch der Angeklagte befand, wieder am F1 Hauptbahnhof ein. Erneut zeigte T einer Gruppe von Bundespolizisten seinen Mittelfinger, woraufhin diese T auf dem Gleis 1/2 nunmehr zum Stehenbleiben aufforderten, um seine Personalien feststellen zu können. Allerdings wurden andere E1 Fans auf diese polizeiliche Maßnahme aufmerksam und versuchten daraufhin, diese zu verhindern und T zu befreien. Hierbei kam es zu körperlichen Angriffen auf die den E1 Fans zahlenmäßig weit unterlegenen Bundespolizisten; diese wurden von den E1 Fans zunehmend in Richtung der Gleiskante gedrängt.
4Daraufhin eilte eine weitere Gruppe von Bundespolizisten, in welcher sich auch der Polizeibeamte C befand, ihren Kollegen zu Hilfe. Als der Polizeibeamte C diese erreichte, schlug er mit seinem Schlagstock auf den Oberschenkel eines E1 Fans, welcher gerade im Begriff war, einen anderen Bundespolzisten zu treten. In dieser Situation sprang der Angeklagte, welcher zuvor im Rücken des Polizeibeamten C gestanden hatte, diesen von hinten an, legte sofort von hinten seinen rechten Unterarm um dessen Hals und zog den Würgegriff mit Unterstützung seines linken Armes mit voller Kraft zu. Der Geschädigte C geriet ins Stolpern und fiel nach wenigen Sekunden dergestalt nach hinten zu Boden, dass er mit seinem Rücken auf dem Bauch des Angeklagten lag, welcher seinerseits mit seinem Rücken auf dem Boden lag. Auch in dieser Position hielt der Angeklagte seinen Würgegriff mit Unterstützung seines linken Armes über einen Zeitraum von schlussendlich ca. 15 – 20 Sekunden weiter mit voller Kraft aufrecht. Hierbei handelte der Angeklagte in der Vorstellung, dass der Geschädigte C infolge seiner Handlung zu Tode kommen könnte, und nahm ein solches Geschehen auch billigend in Kauf. Schlussendlich gelang es dem Geschädigten C, sich mit letzter Kraft aus dem Würgegriff des Angeklagten zu befreien, nachdem die Poliziebeamten K und H, die ihrem Kollegen zu Hilfe geeilt waren, mehrmals massiv mit ihren Fäusten auf das Gesicht des Angeklagten eingeschlagen hatten.
5Im Rahmen der Hauptverhandlung hat sich der Angeklagte geständig eingelassen. Bestätigt und vor allem im Hinblick auf die Heftigkeit des Würgegriffs des Angeklagten konkretisiert wird die geständige Einlassung des Angeklagten durch das sonstige Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere die Aussagen der zeugenschaftlich vernommenen Polizeibeamten.
6I.
7Feststellungen zur Person
8Der Angeklagte wurde am … als außereheliches Kind seiner Eltern in E geboren, seinen leiblichen Vater hat er nie kennengelernt. Zum Zeitpunkt der Geburt des Angeklagten war seine Mutter L noch mit ihrem damaligen Ehemann Q verheiratet, aus dieser Ehe gingen drei ältere Halbgeschwister des Angeklagten hervor. Die Beziehung der Mutter des Angeklagten zu dessen Vater währte nur kurze Zeit, nach der Trennung gab es keine weiteren Partnerschaften der Mutter. Die jetzt 63-jährige Mutter des Angeklagten arbeitete als gelernte Einzelhandelskauffrau lange Zeit in einem Kiosk und in den letzten zwei bis drei Jahren sodann als Reinigungskraft. Die etwa 40 Jahre alte Halbschwester des Angeklagten Q1 ist von Beruf Zahnarzthelferin, seine etwa 33 Jahre alte Halbschwester U ist Arzthelferin. Der etwa 30-jährige Halbbruder des Angeklagten T5 arbeitet als Versicherungsvertreter. Zu seinen Halbgeschwistern hat der Angeklagte keinen Kontakt mehr, zu seiner Mutter demgegenüber schon.
9Der Angeklagte wuchs gemeinsam mit seinen drei Halbgeschwistern im mütterlichen Haushalt in E auf. Nach dem Besuch des Kindergartens ging der Angeklagte 1997 im Alter von fünf Jahren ein Jahr lang auf eine Vorschule, sodann wurde er 1998 mit sechs Jahren wegen einer intellektuellen Leistungsschwäche primär in eine Förderschule eingeschult. 2002 wurde er nach der vierten Klasse auf eine weiterführende Förderschule versetzt. Angesichts von innerschulischen Problemen musste der Angeklagte nach der fünften Klasse auf eine andere Förderschule (B-Förderschule) wechseln und dort die fünfte Klasse wiederholen. Ab ca. 2004/2005 schwänzte der Angeklagte sodann über lange Zeiträume durchgehend die Schule, schlussendlich ging er ohne Abschluss von der Schule ab. Eine Ausbildung absolvierte der Angeklagte in der Folgezeit nicht, vielmehr lebte er bis zuletzt nahezu durchgängig von staatlichen Transferleistungen. Ca. 2009/2010 war er allerdings eine Zeit lang im Rahmen eines 1-Euro-Jobs bei der Jugendberufshilfe E2 im Bereich Landschaftsbau beschäftigt, im weiteren Verlauf war er einige Monate über eine Zeitarbeitsfirma als Lagerarbeiter tätig. Ab dem 26.08.2014 nahm er (unregelmäßig) an einer über das Jobcenter vermittelten Maßnahme der Jugendberufshilfe E2 mit dem Ziel einer Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt teil, im Rahmen dieser Maßnahme arbeitete er u.a. in einer Holzwerkstatt der Jugendberufshilfe.
10Angesichts von zunehmenden Konflikten des Angeklagten im mütterlichen Haushalt, in deren Zuge es auch zu tätlichen Übergriffen des Angeklagten jedenfalls auf seine Mutter kam, wurde im Jahr 2007 durch das Jugendamt E3 eine Hilfe zur Erziehung eingerichtet, ab November 2007 erfolgte die diesbezügliche Betreuung durch die Diplom-Pädagogin T1. Vor dem Hintergrund eines tätlichen Übergriffs des Angeklagten in der Wohnung einer seiner Schwestern in E am 01.01.2007 befand sich der Angeklagte vom 01.01. – 26.02.2007 in jugendpsychiatrischer Behandlung in den Rheinischen Kliniken E4, wo diagnostisch von einer „kombinierten Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen“ sowie von einem „unterdurchschnittlichen Intelligenzniveau“ ausgegangen wurde. Vom 14.01. – 18.01.2008 erfolgte mit Blick auf den vorerwähnten Übergriff eine stationäre Begutachtung des Angeklagten in der M-Klinik C1. In einem sodann unter dem 21.07.2008 von der Sachverständigen L1 erstatteten kinder- und jugendpsychiatrischen Gutachten wurde angesichts eines von dem Angeklagten berichteten, durch Jugendliche an einer Bushaltestelle angeblich auf ihn verübten tätlichen Übergriffs eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert und der Übergriff des Angeklagten vom 01.01.2007 als „Impulstat vor dem Hintergrund einer posttraumatischen Belastungsstörung“ eingeordnet. In der Zeit vom 16.06.2008 – 18.01.2010 befand sich der Angeklagte in ambulanter, regelmäßig einmal wöchentlich stattfindender jugendpsychiatrischer Behandlung durch S1, welcher bei dem Angeklagten eine „ausgeprägte soziale Phobie (mit Panikattacken), mutmaßlich als Traumafolgestörung, auf dem Boden einer verminderten kognitiven Leistungsfähigkeit im Bereich der Lernbehinderung und multiplen psychosozialen Problemen im familiären Bereich“ diagnostizierte.
11Nachdem der Mutter des Angeklagten mit Beschluss des Amtsgerichts E5 vom 18.12.2007 das Sorgerecht entzogen und für den Angeklagten eine Vormundschaft angeordnet worden war, zog der Angeklagte am 11.07.2008 im Alter von 16 Jahren in eine eigene, durch den Kinder- und Jugendhilfe-Verbund S2 vermittelte Wohnung in E. Im August 2010 lief die durch das Jugendamt E3 eingerichtete Hilfe für den nunmehr volljährigen Angeklagten aus. Da er sich im weiteren Verlauf nicht ausreichend um die Finanzierung der Mietkosten durch die zuständigen staatlichen Stellen kümmerte, wurde der Mietvertrag seitens des Vermieters gekündigt. Daraufhin kehrte der Angeklagte vorübergehend in den Haushalt seiner Mutter zurück, bevor er 2013 im Alter von 21 Jahren wieder in eine eigene Wohnung zog.
122008 lernte der Angeklagte seine Ex-Freundin C2 kennen. Aus der ca. drei Jahre währenden Beziehung ging die gemeinsame Tochter M1 hervor, welche am 29.04.2009 geboren wurde. Seit der Trennung lebt die Tochter im Haushalt der Kindsmutter. Regelmäßige Kontakte zu seiner Tochter hat der Angeklagte nicht, letztmals hat er sie vor über einem Jahr gesehen.
13Bereits im Alter von neun Jahren konsumierte der Angeklagte erstmals Alkohol, indem er alkoholische Getränke aus dem Haushalt seiner Mutter probierte. Phasenweise trank der Angeklagte in seinem weiteren Werdegang zwei bis drei Wochen lang jeden Tag Alkohol, dann aber auch wieder tagelang nichts. Zuletzt konsumierte der Angeklagte regelmäßig dann Alkohol (Bier, Sangria, Wodka, Korn), wenn er mit Freunden unterwegs war. Cannabis konsumierte der Angeklagte selten, auf Feiern zog er ab und an auch Amphetamin durch die Nase.
14Der Angeklagte ist seit Jahren aktiver Fan des Fußballvereins G. Er besucht regelmäßig die Heimspiele und je nach seinen finanziellen Möglichkeiten auch die Auswärtsspiele der ersten und teilweise auch zweiten Mannschaft des Vereins. Im Zusammenhang mit dieser Freizeitbeschäftigung ist es bereits mehrfach zu Straftaten des Angeklagten gekommen (dazu sogleich).
15Der Angeklagte ist wie folgt strafrechtlich in Erscheinung getreten:
16- 17
Am 04.12.2006 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht E5 wegen Diebstahls geringwertiger Sachen ermahnt und zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet, das Verfahren wurde nach § 47 JGG eingestellt.
- 19
Das Amtsgericht E5 verwarnte den Angeklagten am 17.03.2008 wegen Körperverletzung in 4 Fällen, davon in einem Fall tateinheitlich mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und versuchter Nötigung, und verurteilte ihn zur Erbringung von Arbeitsleistungen.
- 21
Ein Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung stellte das Amtsgericht E5 unter dem 11.05.2009 nach § 47 JGG ein.
- 23
Am 10.01.2011 wurde der Angeklagte vom Amtsgericht E5 wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung verwarnt sowie zu einer Schadenswiedergutmachung (200 €) und einem Freizeitarrest verurteilt.
Dem Urteil lagen folgende Feststellungen zugrunde:
25„Nachdem am 25.04.2010 gegen 12:10 Uhr in der C3 Innenstadt auf dem Weg zur Fußballpartie B1 gegen G ein Fan durch Polizeibeamte in Gewahrsam genommen worden war, blieben ca. 60 Fußballanhänger in der Straße stehen und forderten die Freilassung des Festgenommenen. Auch einem mehrfachen Platzverweis kamen die Fans aus dem stoppenden Personenzug nicht nach. Daher zog der Zeuge C4, der als Polizeibeamter vor Ort eingesetzt war, vereinzelt Personen an deren Armen aus der Masse und schob sie anschließend weiter in Richtung Stadion. Der Angeklagte sah dies und befürchtete, dass der Polizeibeamte C4 seinen Neffen festhalten würde. Um dies zu unterbinden, rannte der Angeklagte auf den Polizeibeamten zu, stieß ihn mit voller Wucht vor den Oberkörper. Hierdurch kam der Zeuge ins Taumeln, stürzte allein aufgrund der ihn umringenden Menschenmenge nicht zu Boden. Sodann ergriff der Angeklagte die Flucht. Der Zeuge C4 litt noch mehrere Tage an den Schmerzen, die durch den Stoß verursacht worden waren.
26Der freiwillig durchgeführter Alkoholtest ergab einen Wert von 0,7 Promille bei dem Angeklagten.“
27- 28
Zuletzt wurde der Angeklagte am 01.08.2011 durch das Amtsgericht E5 wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung, Körperverletzung sowie Beleidigung verwarnt und mit richterlichen Weisungen (Teilnahme an einem längeren Antiaggressionstraining, Teilnahme an Gesprächen bei der Jugendberatungsstelle E6 für die Dauer von 6 Monaten) belegt.
Dem Urteil lagen folgende Feststellungen zugrunde:
30„Anklage vom 27.04.2011 – …
31Am 24.10.2010 gegen 11:40 Uhr fuhr der Angeklagte im Zugabteil des Regionalexpress von E nach Q2 zu einem Spiel von G. Dabei hüpfte der Angeklagte gemeinschaftlich mit dem gesondert verurteilten C5 auf den Sitzen herum, grölte dabei und schlug mit der Faust gegen die Deckenverkleidung, die dabei wie von dem Angeklagten billigend in Kauf genommen, beschädigt wurde. Der Schaden infolge der gerissenen Decke belief sich auf 121,60 € und wurde bereits beglichen.
32Anklage vom 09.06.2011 – …
33Am 26.02.2011 gegen 19:20 Uhr bezeichnete der Angeklagte im Rahmen eines verbalen Streites in der E7 Altstadt seine Exfreundin C2 unter anderem als „Hure“, „fette Sau“ und „Fotze“.
34Anschließend begab sich der Angeklagte zu der Wohnung seiner Schwester, wo sich auch die Geschädigte C2 aufhielt. Dort kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten Q1. Im Verlauf des Streits schlug er auf sie ein, bis sie zu Boden fiel. Sodann trat er auf die am Boden liegende Geschädigte ein. Er ließ erst von ihr ab, als es an der Tür klingelte. Die Geschädigte erlitt Prellungen und Kopfschmerzen.
35Der freiwillig durchgeführte Alkoholtest ergab bei dem Angeklagten einen Wert von 0,68 Promille.“
36II.
37Feststellungen zur Sache
38Am Nachmittag des 14.11.2014 traf sich der Angeklagte mit seinem Bekannten T2 am E8 Hauptbahnhof und fuhr gemeinsam mit diesem und weiteren Fans des Fußballvereins G mit dem Regionalexpress nach F, um dort das Regionalligafußballspiel S gegen G1 zu besuchen. Vor der Abfahrt hatte der Angeklagte an einem Kiosk 5 Flaschen Bier erworben, welche er auf der Zugfahrt ganz oder jedenfalls überwiegend selber trank. Gegen 18:20 Uhr traf der Regionalexpress am F1 Hauptbahnhof ein, wo die E1 Fans von Beamten der Bundespolizei, u.a. den Polizeibeamten H, T3 und Q3, in Empfang genommen wurden. Von dem Bahngleis wurden die ankommenden Fans durch die Beamten der Bundespolizei über einen Treppenabgang in den Osttunnel des F1 Hauptbahnhofs geleitet und über diesen vor dem Hauptbahnhof bereitstehenden, zum F2 Stadion fahrenden Bussen zugeführt. Die Ankunft der E1 Fans wurde dabei durch den als Beweissicherungskraft eingesetzten Polizeibeamten H videographiert.
39Bereits in der Anreisephase herrschte unter den E1 Fans eine aggressive Grundstimmung. So skandierten diese bei der Ankunft am F1 Hauptbahnhof in aggressiver Art und Weise Fußball-Schlachtgesänge („S – ficken und vergessen.“). Der E1 Fan T zeigte der an dem Treppenabgang zum Osttunnel postierten Gruppe von Bundespolizisten um den Polizeibeamten H seinen Mittelfinger, was Letzterer auch videographierte. Um eine Eskalation der Situation zu vermeiden, verzichteten die Bundespolizisten allerdings darauf, den ihnen zu diesem Zeitpunkt namentlich nicht bekannten T zwecks Feststellung seiner Personalien noch in der Anreisephase aus der Gruppe der E1 Fans herauszuziehen. Vielmehr entschlossen sie sich dazu, zunächst das Videomaterial auszuwerten und T nach Möglichkeit in der Rückreisephase von den übrigen Fans abzusondern und zu identifizieren.
40Nachdem G1 das Auswärtsspiel 0:3 verloren hatte, traf eine aus ca. 50 E1 Fans bestehende Gruppe, in welcher sich auch der Angeklagte befand, gegen 21:50 Uhr wieder am F1 Hauptbahnhof ein, wo sie von Beamten der Bundespolizei in Empfang genommen und über einen von dem Osttunnel abgehenden Treppenaufgang auf das Gleis 1/2 geleitet wurde. Auf dem Gleis 1/2 waren an dem von dem Osttunnel abgehenden Treppenaufgang die Polizeibeamten H, T3, Q3, L2 und H1 postiert, wiederum videographierte der Polizeibeamte H die E1 Fans. Ca. 60 – 80 Meter von diesem Treppenaufgang entfernt war eine weitere Gruppe von Bundespolizisten, in welcher sich auch der spätere Geschädigte C befand, an einem von dem Gleis 1/2 abgehenden Treppenabgang in die Haupthalle des F1 Hauptbahnhofs postiert.
41Als T, welcher sich ebenfalls in dieser Gruppe der E1 Fans befand, den Treppenaufgang in Richtung Gleis 1/2 hinauflief, zeigte er erneut seinen Mittelfinger in Richtung der Bundespolizisten, was wiederum von dem Polizeibeamten H videographiert wurde. Dieser erkannte T als den Beleidiger aus der Anreisephase und machte seine Kollegen T3 und Q3 auf ihn aufmerksam, woraufhin diese ihn ansprachen und zum Stehenbleiben aufforderten, um seine Personalien feststellen zu können. T leistete dieser Aufforderung unmittelbar Folge und begleitete die Polizeibeamten T3 und Q3 zum Rand des Bahnsteigs, wo er diesen anweisungsgemäß seinen Personalausweis aushändigte. Allerdings wurden nunmehr andere E1 Fans auf diese polizeiliche Maßnahme aufmerksam und versuchten aus „Solidarität“ mit ihrem Fankollegen daraufhin, die Maßnahme zu verhindern und T zu befreien. So umringte eine ca. 20-köpfige Gruppe E1 Fans die ihnen zahlenmäßig weit unterlegenen Bundespolizisten und forderte diese zunächst in verbal äußerst aggressiver Art und Weise auf, T gehen zu lassen. Als die Beamten der Bundespolizei diesem Ansinnen nicht nachkamen, griffen die E1 Fans sie auch körperlich an, indem sie in ihre Richtung schlugen und traten. Um diese Angriffe abzuwehren, setzte die Gruppe von Bundespolizisten um den Polizeibeamten H, die von den E1 Fans zunehmend rückwärts in Richtung der Gleiskante gedrängt wurde, Pfefferspray und Schlagstöcke ein. Zudem wurde über Funk Verstärkung angefordert.
42Daraufhin eilte die am Treppenabgang in die Haupthalle des F1 Hauptbahnhofs postierte, aus ca. acht Beamten bestehende weitere Gruppe von Bundespolizisten, in welcher sich auch der Geschädigte C befand, in Richtung ihrer angegriffenen Kollegen. Ebenso wie seine Kollegen war der Polizeibeamte C dabei mit einem Schlagstock, einer Schlagschutzweste, einem Einsatzhelm mit Vollvisier und Mundschutzbügel sowie mit Handschuhen ausgestattet. Da die Gruppe von Bundespolizisten um den Polizeibeamten C im Laufschritt vorrückte und auf dem Weg zu ihren angegriffenen Kollegen teilweise bereits auf sich ihnen entgegenstellende E1 Fans traf, kam sie nicht in einer geschlossenen Linie, sondern mit gewissen Abständen zwischen den einzelnen Polizeibeamten im Bereich des von dem Osttunnel abgehenden Treppenaufgangs an. Dort wandte sich der Polizeibeamte C einem E1 Fan zu, welcher gerade im Begriff war, einen anderen Bundespolizisten zu treten. Um den Tritt zu verhindern, schlug er dem E1 Fan mit seinem Schlagstock auf den Oberschenkel. Als Reaktion hierauf drehte sich dieser zu dem Polizeibeamten C um, sodass sich beide frontal gegenüberstanden. Der Polizeibeamte C rechnete nunmehr damit, insbesondere von diesem E1 Fan und gegebenenfalls auch von weiteren Fans aus dessen Gruppe angegriffen zu werden.
43In dieser Situation sprang der Angeklagte, welcher zuvor im Rücken des Polizeibeamten C gestanden hatte, diesen von hinten an, legte sofort von hinten seinen rechten Unterarm um dessen Hals und zog den Würgegriff mit Unterstützung seines linken Armes mit voller Kraft zu. Der von einem solchen Angriff völlig überraschte Polizeibeamte C versuchte daraufhin zunächst, sich nach vorne zu lehnen und den Angeklagten dadurch abzuschütteln. Dies gelang ihm angesichts des erheblichen Gewichts des Angeklagten (ca. 100 kg) indessen nicht. Vielmehr geriet er ins Stolpern und fiel nach wenigen Sekunden im Bereich der Mitte des Bahnsteigs dergestalt nach hinten zu Boden, dass er mit seinem Rücken auf dem Bauch des Angeklagten lag, welcher seinerseits mit seinem Rücken auf dem Boden lag. Auch in dieser Position hielt der Angeklagte seinen Würgegriff mit Unterstützung seines linken Armes über einen Zeitraum von schlussendlich ca. 15 – 20 Sekunden weiter mit voller Kraft aufrecht. Hierbei handelte der Angeklagte in der Vorstellung, dass der Geschädigte C infolge seiner Handlung zu Tode kommen könnte, und nahm ein solches Geschehen auch billigend in Kauf.
44Der Geschädigte C geriet angesichts der ihm abgeschnittenen Luftzufuhr geradezu in Todesangst, rief röchelnd nach Hilfe und versuchte verzweifelt, sich aus dem Würgegriff des Angeklagten zu befreien. So griff er, nachdem er zunächst erfolglos versucht hatte, den Kinnriemen seines ihn in der Kampfsituation erheblich behindernden Einsatzhelmes zu lösen, mit seiner linken Hand nach hinten, um dem Angeklagten mit einem Finger in dessen Auge zu stechen. Dies gelang ihm allerdings nicht, vielmehr biss ihm der Angeklagte feste in den behandschuhten Mittelfinger der linken Hand. Im Zuge des Würgegriffs des Angeklagten geriet der Geschädigte zumindest an den Rand einer Bewusstlosigkeit, die komprimierende Gewalteinwirkung gegen seinen Hals war potentiell lebensgefährlich.
45Angesichts der Hilferufe des Geschädigten C wurde der Polizeibeamte K glücklicherweise auf dessen Notsituation aufmerksam. Sofort eilte er diesem zu Hilfe, forderte den Angeklagte schreiend auf, den Geschädigten loszulassen, und versuchte mittels Ziehen an den Armen des Angeklagten und Anwendung sogenannter Druckpunkttechniken, dessen Würgegriff zu lösen. Diese Bemühungen des Polizeibeamten K waren allerdings erfolglos, sodass er seinen Kollegen H zur Unterstützung herbeischrie. Der Polizeibeamten H warf daraufhin die von ihm bis dahin gehaltene Videokamera zur Seite und eilte ebenfalls dem Geschädigten C zu Hilfe. Um diesen zu befreien, schlugen die Polizeibeamten K und H nunmehr mehrmals massiv mit ihren Fäusten gezielt auf das Gesicht des Angeklagten ein. Als Reaktion auf diese Schläge lockerte der Angeklagte den mit seinem linken Arm durchgeführten Unterstützungsgriff etwas, sodass es dem Polizeibeamten H anschließend gelang, den linken Arm des Angeklagten aus dem Würgegriff herauszuziehen. Anschließend konnte sich der Geschädigten C mit letzter Kraft aus dem nur noch mit dem rechten Arm gehaltenen Würgegriff des Angeklagten befreien und von diesem weg krabbeln. Dem Angeklagten war nunmehr bewusst, dass ihm ein weiteres Einwirken auf den Geschädigten C nicht mehr möglich war.
46Sodann wurde der Angeklagte von den Polizeibeamten K und H auf dem Boden fixiert, wobei er diesen weiterhin erheblichen Widerstand leistete. Erst mit Unterstützung weiterer Polizeibeamter gelang es diesen schlussendlich, die Hände des Angeklagten mit Plastikhandfesseln auf dessen Rücken zu fesseln. Sodann beruhigte er sich und ließ sich im weiteren Verlauf von den Polizeibeamten C6 und C7 widerstandslos auf eine F3 Polizeidienststelle verbringen.
47Eine dem Angeklagten am 14.11.2014 um 23:05 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration (im Folgenden: BAK) von 0,62 Promille. Bei dem Angeklagten liegt eine leichte Intelligenzminderung (Gesamt-IQ von 64) vor, welche einem forensisch relevanten „Schwachsinn“ im Sinne des § 20 StGB allerdings nicht entspricht. Zudem besteht bei dem Angeklagten eine als „schwere andere seelische Abartigkeit“ einzustufende kombinierte Persönlichkeitsstörung, welche seine Fähigkeit zur Kontrolle plötzlich aufschießender aggressiver Impulse generell vermindert und zur Tatzeit zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten im Sinne des § 21 StGB führte. Vollkommen aufgehoben im Sinne des § 20 StGB war die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten demgegenüber nicht, auch seine Unrechtseinsichtsfähigkeit war nicht beeinträchtigt.
48Der Geschädigte C erlitt durch die komprimierende Gewalteinwirkung des Angeklagten gegen seinen Hals Schwellungen des Rachenrings und der Rachenhinterwand, des Kehlkopfs, des Zungenbeins sowie der beidseitigen Bereiche neben und hinter der inneren Drosselblutader. Infolge des Bisses erlitt er eine schmerzhafte Schwellung des Mittelgelenks des linken Mittelfingers. Vom Tatort wurde der Geschädigte C per Rettungswagen in das B2-Krankenhaus in F4 verbracht und dort ambulant behandelt, in der Folgezeit erfolgten weitere ambulante Diagnose- und Behandlungstermine. In den ersten Tagen nach der Tat konnte der Geschädigten C nur flüssige Nahrung zu sich nehmen, schmerzhafte Schluckbeschwerden hielten nach der Tat ca. zwei Wochen lang an. Mittlerweile sind die körperlichen Folgen des Angriffs aufgeheilt. Angesichts von Schlafstörungen und nächtlichem Zähneknirschen begab sich der Geschädigte C nach der Tat vorübergehend in die Betreuung einer Seelsorgerin der Polizei, er war zwei Monate lang arbeitsunfähig.
49III.
50Beweiswürdigung
51Diese Feststellungen beruhen auf der Beweisaufnahme, wie sie sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt.
521. Einlassung des Angeklagten
53Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung zu der Situation im Vorfeld der Tat sowie dem Anklagevorwurf wie folgt eingelassen:
54Am Nachmittag des 14.11.2014 habe er sich mit seinem Bekannten T2 am E8 Hauptbahnhof getroffen, sie seien dort verabredet gewesen. Eigentlich hätten sie gemeinsam zum Rhein gehen wollen, spontan hätten sie sich dann aber dazu entschieden, zu dem Auswärtsspiel von G1 gegen S zu fahren. Vor der Abfahrt habe er sich an einem Kiosk 5 Flaschen Bier gekauft, anschließend seien er, T2 und weitere E1 Fans mit dem Regionalexpress nach F gefahren. Auf der Zugfahrt habe er fast alle Bierflaschen getrunken.
55Auf dem Weg vom F1 Hauptbahnhof zum Stadion sei die Stimmung schon sehr gereizt gewesen. Dies sei in F eigentlich immer so, da zwischen G und S eine Feindschaft bestehe. In dem Bus, mit welchem er zum F2 Stadion gefahren sei, habe er mittig im Gang gestanden, hinten im Bus sei eine Scheibe kaputt gegangen. Danach habe es dann Aufregung gegeben, dabei sie auch noch eine Flasche zu Bruch gegangen.
56Nach der Auswärtsniederlage seien er und weitere E1 Fans mit Bussen zum F1 Hauptbahn zurückgefahren und dort von Polizeibeamten auf den Bahnsteig eskortiert wurden. Als er die Treppen zum Bahnsteig hochgegangen sei, habe es oben einen Tumult gegeben. Ein Fan-Kollege, den er vom Sehen kenne, habe Hilfe gebraucht. Dieser habe ein Problem mit einem Polizeibeamten gehabt, er habe wohl seinen Ausweis abgeben müssen. Auf der rechten Seite des Bahnsteigs hätten insgesamt vier Polizeibeamte direkt an der Bahnsteigkante gestanden. T2 habe vor diesen gestanden und versucht, diese zu treten. Er (der Angeklagte) habe T2 aber von diesen weggezogen.
57Plötzlich habe er vor sich gesehen, wie ein Polizeibeamter in Uniform, welcher einen Helm aufgehabt habe, einen Konflikt mit einem anderen E1 Fan gehabt habe. Dann sei ein Schalter bei ihm umgekippt. Ohne viel nachzudenken habe er dem Fan helfen wollen. Er sei von hinten schnell auf den Polizeibeamten zugegangen und habe diesen von hinten in den Schwitzkasten genommen. Als er den Polizeibeamten mit beiden Armen im Schwitzkasten gehabt habe, hätten sie beide gerangelt. Er (der Angeklagte) habe das Gleichgewicht verloren, beide seien dann zu Boden gefallen. Dabei habe der Polizeibeamte mit seinem komplettem Gewicht auf seinem Bauch gelegen, er (der Angeklagte) habe auf dem Rücken gelegen. In dieser Situation habe er den Polizeibeamten einfach nur weiter festgehalten, aber auf keinen Fall bewusst gewürgt. Dass er den Polizeibeamten so feste gewürgt habe, dass dieser keine Luft mehr bekommen habe, habe er nicht mitbekommen. Er habe den Polizeibeamten auf gar keinen Fall verletzen oder gar erwürgen wollen.
58Während der gesamten Zeit habe sich der Polizeibeamte gewehrt. Er wisse nicht mehr genau, ob er den Polizeibeamten in den Finger gebissen habe, das könne aber gut sein. Dass der Polizeibeamte im weiteren Verlauf sein Bewusstsein verloren habe, habe er nicht mitbekommen. Er habe Angst gehabt, dass der Polizeibeamte ihn schlagen würde, wenn er diesen loslasse. Er habe ihn erst dann losgelassen, als er selber starke Schläge gegen den Kopf bekommen habe. Insgesamt hätten sie beide nur eine sehr kurze Zeit auf den Boden gelegen.
59Er sehe ein, dass er sich selber in die Situation gebracht habe. Er sei mit der ganzen Situation aber überfordert gewesen. Das Ganze sei viel zu schnell gegangen. Nachdem er die Schläge von den anderen Polizeibeamten ins Gesicht bekommen habe, habe er allerdings sehen können, dass der Polizeibeamte habe aufstehen können. Er sei froh, dass sich der Polizeibeamte nicht ernsthaft verletzt habe. Das Ganze tue ihm sehr leid.
60Nachdem sich die Situation beruhigt habe, sei er auch völlig ruhig und nicht mehr aggressiv gewesen, er habe alles über sich ergehen lassen. Hinterher habe man ihn auch wieder gehen lassen, nachdem er zunächst vorläufig festgenommen worden sei.
612. Feststellungen zur Person
62Die Kammer stützt ihre Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten insbesondere auf seine Einlassung in der Hauptverhandlung. Der Angeklagte hat seinen Lebensweg, seine familiären Verhältnisse und seine berufliche Situation beschrieben. Dabei sind die Angaben jeweils detailliert, plausibel und chronologisch nachvollziehbar, sodass die Kammer keine Anhaltspunkte hat, diese in Zweifel zu ziehen. Die Angaben des Angeklagten zu seiner persönlichen, häuslichen und beruflichen Situation ab dem Jahr 2007 wurden durch die Aussage der Zeugin T1, welche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit als Diplom-Pädagogin mit der Betreuung und Unterstützung des Angeklagten beschäftigt war, bestätigt und in Teilbereichen ergänzt. Die Zeugin hat glaubhaft – weil offen, plastisch und chronologisch nachvollziehbar – über die hinsichtlich des Angeklagten durch das Jugendamt E3 eingerichtete Hilfe zur Erziehung, ihr Kennenlernen des Angeklagten im November 2007, die berufliche und häusliche Situation des Angeklagten und dessen persönliche Entwicklung ab dem Jahr 2007 – wie es die Kammer festgestellt hat – berichtet. Die Feststellungen zu dem bisherigen strafrechtlich relevanten Auftreten des Angeklagten trifft die Kammer aufgrund des in der Hauptverhandlung verlesenen Bundeszentralregisterauszugs sowie der in der Hauptverhandlung verlesenen Urteile des Amtsgerichts E5 vom 10.01.2011 und 01.08.2011.
633. Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen
64Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen beruhen auf dem Geständnis des Angeklagten und dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme. Im Einzelnen:
65a)
66Die Feststellungen zu den Geschehnissen am F1 Hauptbahnhof im Rahmen der Anreisephase der E1 Fans stützt die Kammer auf die Aussagen der Polizeibeamten H, T3 und Q3. Im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Vernehmungen haben diese jeder für sich detailliert, anschaulich sowie nachvollziehbar und damit glaubhaft – wie von der Kammer festgestellt – über ihren Einsatz am F1 Hauptbahnhof am Abend des 14.11.2014, die Ankunft der E1 Fans gegen 18:20 Uhr, die Zuführung dieser zu den vor dem Hauptbahnhof bereitstehenden Bussen, die bereits zu diesem Zeitpunkt aggressive Grundstimmung der E1 Fans und die ihnen gegenüber erfolgte Beleidigung berichtet. Bestätigt wurden ihre Aussagen zusätzlich durch die im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommene, von dem Polizeibeamten H als Beweissicherungskraft gefertigte Videographie von der Ankunft der E1 Fans. Auf dieser Videographie sind klar und eindrucksvoll die Ankunft als solche, die aggressive Körpersprache der E1 Fans und die durch den E1 Fan T mittels Zeigens seines Mittelfingers erfolgte Beleidigung der Bundespolizisten zu erkennen sowie die in aggressiver Art und Weise skandierten Fußball-Schlachtgesänge zu hören. Schlussendlich wurden die Aussagen der Polizeibeamten H, T3 und Q3 hinsichtlich der ihnen gegenüber erfolgten Beleidigung auch durch die Angaben des Zeugen T bestätigt, welcher in der Hauptverhandlung offen eingeräumt hat, sowohl in der An- als auch in der Abreisephase am F1 Hauptbahnhof seinen Mittelfinger in Richtung der dort eingesetzten Polizeibeamten gezeigt zu haben.
67b)
68Die Feststellungen zu den Geschehnissen am F1 Hauptbahnhof im Rahmen der Rückreisephase der E1 Fans bis zu dem Eingreifen der ursprünglich am Treppenabgang in die Haupthalle des F1 Hauptbahnhofs postierten Gruppe von Bundespolizisten um den Polizeibeamten C stützt die Kammer auf die Aussagen der zeugenschaftlich vernommenen Polizeibeamten H, T3, Q3, L2 und H1. Die vorgenannten Polizeibeamten haben jeder für sich detailliert, plastisch und lebensnah und damit glaubhaft – wie es die Kammer festgestellt hat – die Rückkehr der aus ca. 50 E1 Fans bestehenden Gruppe zum F1 Hauptbahnhof gegen 21:50 Uhr, die wiederum ihnen gegenüber erfolgte Beleidigung, das Herausziehen von T zur Feststellungen seiner Personalien, die anschließende „Solidarisierung“ einer ca. 20-köpfigen Fangruppe mit diesem sowie die im weiteren Verlauf erfolgten Angriffe der E1 Fans mittels Schlägen und Tritten beschrieben. Dabei haben die fünf Polizeibeamten jeweils deutlich emotionsbegleitet über den Umstand, dass sie im Zuge der Angriffe der E1 Fans zunehmend rückwärts in Richtung der Gleiskante gedrängt wurden, berichtet und diesen plausibel als drastische Eskalation der ohnehin schon bedrohlichen Situation beschrieben. Bestätigt wurden ihre Aussagen zusätzlich durch die im Rahmen der Hauptverhandlung in Augenschein genommene Videographie von der Rückkehr der E1 Fans. Auf dieser Videographie sind klar und eindrucksvoll die Rückkehr als solche, die wiederum durch den E1 Fan T mittels Zeigens seines Mittelfingers erfolgte Beleidigung der Bundespolizisten, das Herausziehen von T, das anschließende Umringen der Bundespolizisten durch eine diesen zahlenmäßig deutlich überlegene Gruppe E1 Fans samt der äußerst aggressiven Körpersprache dieser und die beginnenden körperlichen Angriffe der E1 Fans samt der Abwehrbemühungen der angegriffenen Polizeibeamten zu erkennen. Schlussendlich wurden die Aussagen der Polizeibeamten H, T3, Q3, L2 und H1 im Hinblick auf die von diesen geschilderte Motivation der E1 Fans, die Feststellung der Personalien von T zu verhindern und diesen zu befreien, auch durch die Angaben des E1 Fans E9 gestützt. So hat dieser im Rahmen seiner zeugenschaftlichen Vernehmung in der Hauptverhandlung auf offene und eine geradezu erschreckende Verachtung des staatlichen Gewaltmonopols zum Ausdruck bringende Art und Weise geschildert, er habe den Polizeibeamten in erster Reihe gegenübergestanden; es sei für ihn selbstverständlich, eine Feststellung der Personalien durch Polizeibeamte verhindern zu wollen; Freunde lasse man nun mal nicht hängen.
69c)
70Die Feststellungen zum Angriff des Angeklagten auf den Geschädigten C stützt die Kammer insbesondere auf die geständige Einlassung des Angeklagten und die glaubhafte Aussage des Zeugen C.
71Der Angeklagte hat glaubhaft – weil detailliert, offen und erhebliche Selbstbelastungen enthaltend – dargelegt, er habe gesehen, wie ein E1 Fan einen Konflikt mit einem Polizeibeamten gehabt habe. Zwecks Unterstützung dieses Fans sei er von hinten schnell auf den Polizeibeamten zugegangen und habe diesen von hinten mit beiden Armen in den Schwitzkasten genommen. Im Zuge eines anschließenden Gerangels seien beide zu Boden gefallen, der Polizeibeamte habe auf seinem Bauch gelegen und sich die ganze Zeit gewehrt. Er habe den Schwitzkasten weiter aufrecht erhalten und erst losgelassen, als er selber starke Schläge gegen den Kopf bekommen habe.
72Bestätigt und insbesondere im Hinblick auf die Heftigkeit des Würgegriffs des Angeklagten im Sinne der getroffenen Feststellungen konkretisiert wird die geständige Einlassung des Angeklagten durch die glaubhafte Aussage des zeugenschaftlich vernommenen Polizeibeamten C. Der Zeuge hat lebensnah, anschaulich und deutlich emotionsbegleitet über sein Hineilen zu seinen im Bereich des von dem Osttunnel abgehenden Treppenaufgangs angegriffenen Kollegen der Bundespolizei, seinen gegen einen E1 Fan ausgeführten Schlag mit seinem Schlagstock, den von dem Angeklagten für ihn völlig überraschend von hinten angesetzten Würgegriff, den gemeinsamen Sturz zu Boden samt des auch danach von dem Angeklagten weiterhin mit voller Kraft aufrecht erhaltenen Würgegriffs und seine panischen Befreiungsversuche einschließlich des Bisses des Angeklagten in seinen linken Mittelfinger – wie es die Kammer festgestellt hat – berichtet. Die Aussage des Zeugen enthielt eine Vielzahl origineller Einzelheiten. Bereits die von dem Zeugen für die Tatsituation beschriebene Befürchtung, er werde Frau und Kinder nicht mehr wiedersehen, und das von ihm geschilderte Gefühl, er werde sich unter dem Würgegriff des Angeklagten einnässen, verdeutlicht psychologisch stimmig, wie drastisch sich der Angriff des Angeklagten für den Geschädigten darstellte. Nämlich gilt für die von dem Zeugen C darüber hinaus berichtete Erwägung, zur Befreiung aus dem Würgegriff seine Dienstpistole zu ziehen und mit dieser „blind“ nach hinten auf den Kopf des Angeklagten zu schießen. Denn der Umstand, dass ein im Umgang mit Konfliktsituationen geschulter Bundespolizist einen derart gefährlichen, mutmaßlich auf eine schwere Verletzung bzw. Tötung seines Kontrahenten (und gegebenenfalls auch anderer umstehender Personen) hinauslaufenden Befreiungsversuch erwog, verdeutlicht eindrucksvoll die Ausweglosigkeit der Situation für den Geschädigten. Überdies entspricht die Aussage des Zeugen C in der Hauptverhandlung hinsichtlich des zentralen Kerngeschehens vollumfänglich seiner früheren Aussage anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung am 17.11.2014. So hat der Zeuge damals wie heute in gleicher Weise u.a. den Ort des Angriffs des Angeklagten auf ihn (Bereich des von dem Osttunnel abgehenden Treppenaufgangs), seine globale Körperposition zu dem Angeklagten im Zeitpunkt des Angriffs (Angeklagter in seinem Rücken), seine erste Reaktion auf das Anlegen des Würgegriffs (im Stehen versucht, den Angeklagten abzuschütteln) und die finale Position auf dem Boden (Angeklagte mit dem Rücken auf dem Boden, er mit seinem Rücken auf dem Bauch des Angeklagten) beschrieben. Auch diese Konstanz der Aussagen im Hinblick auf das zentrale Kerngeschehen spricht für eine realitätsbasierte Schilderung.
73Zusätzliche Überzeugungskraft gewinnt die Aussage des Zeugen C – insbesondere im Hinblick auf die von diesem geschilderte Heftigkeit des Würgegriffs des Angeklagten – durch den Umstand, dass sie zwanglos das von der rechtsmedizinischen Sachverständigen U1 festgestellte Verletzungsbild erklärt. Die rechtsmedizinische Sachverständige U1 hat die Grundlagen ihrer Ausführungen und die erhobenen Befunde in der Hauptverhandlung anschaulich dargestellt, sie anhand von Licht- und Schaubildern erläutert und hieraus für die Kammer uneingeschränkt nachvollziehbare und überzeugende Schlussfolgerungen gezogen. So habe der Geschädigte durch gegen seinen Hals gerichtete komprimierende Gewalteinwirkung Schwellungen des Rachenrings und der Rachenhinterwand, des Kehlkopfs, des Zungenbeins sowie der beidseitigen Bereiche neben und hinter der inneren Drosselblutader erlitten. Insbesondere der Umstand, dass es zu Veränderungen am inneren Kehlkopf, u.a. am Zugenbeinfortsatz, gekommen sei und noch Tage nach der Tat Schwellungen und schmerzhafte Schluckbeschwerden vorgelegen hätten, lasse auf eine massive Heftigkeit der Einwirkung schließen. Zwar sei rechtsmedizinisch nicht positiv feststellbar, ob bei dem Geschädigten eine kurzzeitige Bewusstlosigkeit eingetreten sei. Sicher sei aber jedenfalls, dass der Geschädigte im Zuge des Würgegriffs an den Rand einer Bewusstlosigkeit gekommen sei. Hierfür spreche zum einen das von den Polizeibeamten H und K im Rahmen ihrer zeugenschaftlichen Vernehmungen für die Tatsituation bei dem Geschädigten geschilderte Augenflackern. Zum anderen weise das von dem Geschädigten geschilderte Gefühl, er werde sich unter dem Würgegriff des Angeklagten einnässen, auf eine zumindest unmittelbar bevorstehende Bewusstlosigkeit hin, da ein solches Gefühl regelmäßig mit einer Beinahe-Bewusstlosigkeit einhergehe. Unabhängig davon, ob bei dem Geschädigten eine Bewusstlosigkeit eingetreten sei, sei die komprimierende Gewalteinwirkung gegen seinen Hals schon angesichts der wegen dieser drohenden akuten Minderversorgung des Gehirns mit Blut und Sauerstoff potentiell lebensgefährlich gewesen.
74Die Aussage des Zeugen C wird im Übrigen auch durch die weitere Beweisaufnahme, insbesondere die Aussagen der Zeugen H und K, gestützt. Die vorgenannten Polizeibeamten haben jeder für sich detailliert, offen und plastisch und damit glaubhaft – wie es die Kammer festgestellt hat – über ihr jeweiliges Wahrnehmen des Angriffs des Angeklagten, die erfolglosen Versuche, den Würgegriff des Angeklagten durch Anschreien, Ziehen an den Armen und Anwendung sogenannter Druckpunkttechniken zu lösen, ihre anschließenden massiven Faustschläge auf das Gesicht des Angeklagten und die schlussendliche Festnahme des Angeklagten samt dessen diesbezüglicher Gegenwehr berichtet. Dabei stellt insbesondere der von beiden Zeugen übereinstimmend geschilderte Umstand, dass es trotz ihnen in Einsatztrainings vermittelter Angriffs- und Verteidigungstechniken sowie ihrer personellen Überlegenheit gegenüber dem Angeklagten nur durch massive Faustschläge in dessen Gesicht möglich war, den Würgegriff des Angeklagten zu lösen, ein originelles, nur schwer auszudenkendes Detail dar, welches die Heftigkeit des Würgegriffs des Angeklagten plakativ veranschaulicht.
755. Feststellungen zur inneren Tatseite
76Die Feststellungen zur inneren Tatseite trifft die Kammer aufgrund des objektiven Tatgeschehens.
77a)
78Dass der Angeklagte seinen mit voller Kraft zugezogenen Würgegriff in der Vorstellung ausführte, dass der Geschädigte C infolge dieser Handlung zu Tode kommen könnte, und er ein solches Geschehen auch billigend in Kauf nahm, folgert die Kammer aus der konkreten Begehungsweise der Angriffshandlung.
79Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt es bei gefährlichen Gewalthandlungen nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit, dass Opfer könne dabei zu Tode kommen, rechnet und, weil er gleichwohl sein gefährliches Handeln fortsetzt, auch einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt. Deshalb ist in derartigen Fällen ein Schluss von der objektiven Gefährlichkeit der Handlungen des Täters auf bedingten Tötungsvorsatz grundsätzlich möglich. Angesichts der hohen Hemmschwelle gegenüber Tötungsdelikten ist jedoch immer auch die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass der Täter die Gefahr der Tötung nicht erkannt oder jedenfalls darauf vertraut hat, ein solcher Erfolg werde nicht eintreten. In die hiernach erforderliche umfassende Abwägung aller für und gegen einen Tötungsvorsatz sprechenden Umstände sind vor allem die konkrete Angriffsweise, die psychische Verfassung des Täters bei der Tatbegehung sowie seine Motivation mit einzubeziehen. Danach ist es im Einzelfall denkbar, dass der Täter zwar alle Umstände kennt, die sein Vorgehen zu einer das Leben gefährdenden Behandlung machen, dass er sich aber – etwa infolge einer psychischen Beeinträchtigung – gleichwohl nicht bewusst ist, dass sein Tun zum Tod des Opfers führen kann oder dass er ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der Tod werde nicht eintreten. In der Regel ist aber das Vertrauen auf ein Ausbleiben des tödlichen Erfolges dann zu verneinen, wenn der vorgestellte Ablauf eines Geschehens einem tödlichen Ausgang so nahe ist, dass nur noch ein glücklicher Zufall diesen verhindern kann.
80Dies zugrunde gelegt verbleiben für die Kammer nach einer umfassenden Abwägung aller für und gegen einen Tötungsvorsatz sprechenden Umstände im Ergebnis keine begründeten Zweifel, dass der Angeklagte bei seinem Würgegriff mit bedingtem Tötungsvorsatz handelte.
81Ein von hinten um den Hals angesetzter, mit Unterstützung des linken Armes mit voller Kraft zugezogener Würgegriff, welcher nach einem Sturz zu Boden auch im Liegen mit voller Kraft über einen Zeitraum von ca. 15 – 20 Sekunden jedenfalls bis an den Rand der Bewusstlosigkeit des Opfers aufrecht erhalten wird, stellt eine höchstgefährliche Handlung dar, die den Schluss auf das Vorliegen eines Tötungsvorsatzes aufdrängt. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung und erfordert kein medizinisches Detailwissen, dass das Aufrechterhalten eines solchen Würgegriffs mit voller Kraft über einen derartigen Zeitraum eine außergewöhnlich hohe Lebensgefahr aufweist und vielfach zum Tode führt. Dies gilt umso mehr, als der Angeklagte den Würgevorgang keinesfalls zu steuern konnte, dass es nicht zu einem vollständigen Verschluss der seitlich im Hals verlaufenden Blutgefäße und damit zu einem kompressionsbedingten Blutzirkulationsstopp im Gehirn kam, was sehr rasch zum Eintritt der Bewusstlosigkeit und sodann zum Versterben des Geschädigten geführt hätte. Konkrete und durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte diese Risikodimension seines Vorgehens nicht wahrgenommen hätte, hat die Beweisaufnahme ebenso wenig ergeben wie Umstände, die im Moment der Tatbegehung einen Willen zur Erfolgsvermeidung abbilden könnten. Vielmehr stellt sich das Verhalten des Angeklagten auch ohne Kenntnisse der menschlichen Anatomie und ohne eine gesteigerte Vorstellungskraft als so unmittelbar lebensgefährlich dar, dass nicht angenommen werden kann, der Angeklagte habe dies verkannt.
82In diesem Zusammenhang hat die Kammer auch berücksichtigt, dass bei dem Angeklagten – neben einer einem forensisch relevanten „Schwachsinn“ nicht entsprechenden leichten Intelligenzminderung – eine kombinierte Persönlichkeitsstörung vorliegt, welche zur Tatzeit zu einer erheblichen Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit im Sinne des § 21 StGB führte (dazu sogleich). Jedoch stellt dieser psychische Zustand – zumal bei erhaltener Einsichtsfähigkeit des Angeklagten – angesichts der für sich genommen einfach strukturierten, leicht zu durchschauenden Lebenssituation (von hinten um den Hals angesetzter, mit voller Kraft zugezogener und über längere Zeit aufrecht erhaltener Würgegriff) keinen Umstand dar, der zu durchgreifenden Zweifeln der Kammer an einem bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten geführt hat. Dass der Angeklagte den Würgegriff trotz der von ihm erkannten unmittelbaren Lebensgefährlichkeit ansetzte und über längere Zeit auch noch während der Rettungsbemühungen der Polizeibeamten K und H aufrecht erhielt, belegt, dass er den Tod des Geschädigten C auch billigend in Kauf nahm.
83b)
84Die Überzeugung der Kammer, dass dem Angeklagten nach der Befreiung des Geschädigten C aus seinem Würgegriff bewusst war, dass ihm ein weiteres Einwirken auf diesen nicht mehr möglich war, gründet auf der Situation, wie sie sich für den Angeklagten nach der Befreiung objektiv darstellte. So wurde der Angeklagte von den Polizeibeamten K und H auf dem Boden fixiert. Trotz erheblichen Widerstandes seinerseits konnten seine Hände mit Unterstützung weiterer Polizeibeamter schlussendlich mit Plastikhandfesseln auf den Rücken gefesselt werden. Auch der Umstand, dass sich der Angeklagte hiernach beruhigte und keinen Widerstand gegen seine Verbringung auf eine F3 Polizeidienststelle leistete, verdeutlicht, dass sich – auch aus Sicht des Angeklagten – die Kampflage zuvor dergestalt entwickelt hatte, dass ihm nur noch die Möglichkeit der Aufgabe blieb.
856. Mordmerkmale
86Nicht feststellen konnte die Kammer, dass der Angeklagte im Zuge seiner Tat die Mordmerkmale der Heimtücke, der Ermöglichungsabsicht und/oder der niedrigen Beweggründe verwirklichte.
87a)
88Heimtückisch handelt, wer die zum Zeitpunkt des Angriffs bestehende Arg- und Wehrlosigkeit seines Opfers bewusst zur Tat ausnutzt (Fischer, StGB, 62. Auflage 2015, § 211, Rn. 34). Arglos ist das Opfer, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs nicht mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten erheblichen Angriff rechnet (st. Rspr., vgl. nur BGH, NStZ 2013, S. 337). Rechnet das Opfer in der konkreten Tatsituation demgegenüber mit derartigen Angriffen auf seine körperliche Unversehrtheit, liegt eine Arglosigkeit im Sinne des § 211 StGB auch dann nicht vor, wenn das Opfer die Gefährlichkeit des zu erwartenden Angriffs unterschätzt hat (BGH, NStZ-RR 2011, S. 10). Dies zugrunde gelegt war der Geschädigte C in der konkreten Tatsituation nicht arglos. So war er im Vorfeld des Angriffs des Angeklagten seinen Kollegen der Bundespolizei zu Hilfe geeilt, welche von einer Gruppe E1 Fans, in welcher sich auch der Angeklagte befand, massiv angegriffen wurden. Unmittelbar vor dem Angriff des Angeklagten hatte er mit einem Schlagstock auf einen E1 Fan eingewirkt, um dessen gegen einen anderen Bundespolizisten gerichteten Tritt zu verhindern. Wie der Zeuge C glaubhaft – weil lebensnah, anschaulich und deutlich emotionsbegleitet – beschrieben hat, stand er diesem E1 Fan sodann „Auge in Auge“ gegenüber und erwartete einen Angriff dieses Fans auf sich. Angesichts alldessen rechnete der Geschädigte C in der konkreten Tatsituation mit erheblichen Angriffen auf seine körperliche Unversehrtheit, wobei der verfahrensgegenständliche Angriff des Angeklagten auch tatsächlich von einer Person ausgeführt wurde, welche zu der Gruppe der E1 Fans gehörte, von welcher – auch aus der Sicht des Geschädigten C – die zu erwartenden Angriffe ausgingen.
89b)
90Nicht festzustellen vermochte die Kammer überdies, dass die Tat des Angeklagten zur Ermöglichung einer anderen Straftat, konkret eines Körperverletzungsdeliktes des von dem Polizeibeamten C unmittelbar zuvor geschlagenen E1 Fans zu Lasten eines anderen Bundespolizisten und/oder des Bundespolizisten C, erfolgte. Zwar hat der Angeklagte im Rahmen seiner geständigen Einlassung dargelegt, er habe dem E1 Fan helfen wollen. Nach Auffassung der Kammer erlaubt diese – von dem Angeklagten in keiner Weise näher konkretisierte – Angabe aber keinesfalls den sicheren Rückschluss, dem Angeklagten sei es bei seinem Angriff auf den Geschädigten C darum gegangen, weitere Tritte und/oder sonstige Angriffe des E1 Fans auf Bundespolizisten zu ermöglichen oder zu erleichtern. Denn unabhängig von dem Umstand, dass es der Kammer bereits wenig lebensnah erscheint, dass der Angeklagte in dem auf dem Gleis 1/2 herrschenden Tumultgeschehen vor seinem Angriff derart dezidierte Überlegungen angestellt haben soll, lässt sich die vorbezeichnete Angabe des Angeklagten ebenso gut dahingehend interpretieren, Ziel seines Angriffs sei es „lediglich“ gewesen, den anderen E1 Fan vor weiteren Schlägen des Polizeibeamten C zu bewahren.
91c)
92Schlussendlich konnte die Kammer auch nicht feststellen, dass der Angeklagte die Tat aus niedrigen Beweggründen beging. Insbesondere hat die Beweisaufnahme keine konkreten Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Tat von dem Beweggrund des Angeklagten geleitet war, den Geschädigten C alleine wegen dessen beruflicher Tätigkeit als Polizeibeamter zu töten. Auch insoweit hat die Kammer zwar berücksichtigt, dass der Angeklagten im Rahmen seiner geständigen Einlassung dargelegt hat, er habe einem E1 Fan, welcher einen Konflikt mit einem Polizeibeamten gehabt habe, helfen wollen. Nach Auffassung der Kammer erlaubt diese Angabe aber keinesfalls den sicheren Rückschluss, dem Angeklagten sei es – situationsunabhängig – gerade und alleine um den Angriff auf einen Polizeibeamten gegangen. Vielmehr kommt ebenso gut in Betracht, die vorbezeichnete, von dem Angeklagten in keiner Weise näher konkretisierte Angabe dahingehend zu interpretieren, für ihn habe die Unterstützung seines E1 Fankollegen im Vordergrund gestanden, welcher in der konkreten Tatsituation nun einmal in eine körperliche Auseinandersetzung mit einem Polizeibeamten verwickelt gewesen sei. Auch im Rahmen der weiteren Beweisaufnahme sind keine Umstände zu Tage getreten, welche darauf hindeuten, dass es dem Angeklagten situationsunabhängig um einen Angriff auf einen Polizeibeamten ging. Gegen diese Annahme sprach nach Auffassung der Kammer schon, dass der Angriff des Angeklagten auf den Geschädigten C eben nicht völlig „aus dem Nichts“ heraus, sondern anlässlich einer – freilich von E1 Fans provozierten und zu verantwortenden – körperlichen Auseinandersetzung erfolgte.
937. Feststellungen zur Schuldfähigkeit
94Die Feststellungen zur Schuldfähigkeit stützt die Kammer auf die detaillierten und nachvollziehbaren Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen M2.
95Der psychiatrische Sachverständige hat zunächst mit überzeugender Begründung dargelegt, dass bei dem Angeklagten für die Tatzeit keine Hinweise auf eine psychische Erkrankung oder Störung vorlagen, die dem Merkmal der „krankhaften seelischen Störung“ im Sinne des § 20 StGB zugeordnet werden können. So hätten bei dem Angeklagten weder im Tatzeitraum noch überhaupt in seiner Lebensgeschichte Hinweise auf eine psychische Erkrankung im engeren Sinne, etwa eine schizophrene oder affektive Psychose, oder auf eine hirnorganische Erkrankung vorgelegen. Auch gebe es keine Anhaltspunkte dafür, dass zum Tatzeitpunkt bei dem Angeklagten eine forensisch relevante Alkoholintoxikation vorlag. So sei für den Tatzeitpunkt von einer BAK von maximal 1,07 Promille (BAK der dem Angeklagten am 14.11.2014 um 23:05 Uhr entnommenen Blutprobe: 0,62 Promille – Rückrechnung um 0,2 Promille pro Stunde bis zur Tatzeit um ca. 21:50 Uhr (also 0,25 Promille bei 1 Stunde und 15 Minuten) zuzüglich eines einmaligen Sicherheitszuschlags von 0,2 Promille) auszugehen. Angesichts des Umstandes, dass der Angeklagte durchaus alkoholgewöhnt sei und keiner der zu seinem Tatzeitverhalten vernommenen Zeugen über alkoholbedingte Ausfallerscheinungen berichtet habe, spreche nichts für das Vorliegen forensisch relevanter alkoholbedingter Funktionsbeeinträchtigungen. Eine „tiefgreifende Bewusstseinsstörung“ im Sinne des § 20 StGB sei ebenfalls zu verneinen. Zwar weise die Tat einen sehr impulshaften Charakter auf. Auch habe sich der Angeklagte bei der Tatbegehung in einem affektiv angespannten Zustand befunden, was schon an den Schwierigkeiten deutlich werde, welche die Polizeibeamten K und H bei ihren Rettungsbemühungen gehabt hätten. Allerdings entspreche dieser affektiv angespannte Zustand des Angeklagten keinesfalls einem affektiven Ausnahmezustand im Sinne einer „tiefgreifenden Bewusstseinsstörung“. Denn es habe keine entsprechende Affektvorgeschichte gegeben; auch habe es vor der Tat keinerlei Interaktion des Angeklagten mit dem Opfer gegeben, vielmehr sei ihm dieses völlig unbekannt gewesen. Beides (Affektvorgeschichte und der Tat vorhergehende Interaktion mit dem Opfer) seien aber zwingende Voraussetzungen für die Annahme eines affektiven Ausnahmezustandes im Sinne des § 20 StGB.
96Darüber hinaus hat der psychiatrische Sachverständige M2 – in Anknüpfung an die Ausführungen der psychologischen Sachverständigen T4 – mit überzeugender Begründung dargelegt, dass der Angeklagte eine leichte Intelligenzminderung aufweist. Die psychologische Sachverständige T4 hat im Rahmen der Hauptverhandlung nachvollziehbar und anschaulich und damit überzeugend dargestellt, welche testpsychologischen Untersuchungen sie bei dem Angeklagten durchgeführt hat, wie der Angeklagte bei den einzelnen Tests abgeschnitten hat, und dass sich aus diesen Resultaten mit Blick auf den Angeklagten ein Gesamt-IQ von 64 ergibt. Dieses Ergebnis der testpsychologischen Untersuchungen – so der psychiatrische Sachverständige M2 – sei für sich genommen zwar grundsätzlich mit der Annahme eines rechtlich relevanten „Schwachsinns“ vereinbar. Gegen einen solchen spreche entscheidend aber der klinische Eindruck des Angeklagten. Denn dieser weise zwar eine deutliche Lernschwäche auf. Demgegenüber verfüge er aber über eine recht gute Verbalisationsfähigkeit und sei in der Lage, durchaus geschickt zu argumentieren. So führe er seine problematischen Verhaltensweisen durchweg auf äußere Bedingungen und vor allem eigene leidvolle Erfahrungen zurück und betone immer wieder seinen Vorsatz, sein Verhalten zu verändern. Angesichts alldessen entspreche die leichte Intelligenzminderung des Angeklagten einem forensisch relevanten „Schwachsinn“ im Sinne des § 20 StGB nicht.
97Schlussendlich hat der psychiatrische Sachverständige M2 detailliert und nachvollziehbar ausgeführt, dass bei dem Angeklagten eine kombinierte Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F.61) vorliegt, die dem Rechtsbegriff der „schweren anderen seelischen Abartigkeit“ im Sinne des § 20 StGB entspricht. Die Persönlichkeit des Angeklagten sei geprägt durch eine emotionale Unreife und Egozentrik, verbunden mit einer geringen Bindungsfähigkeit, ein Verhaftetsein in einem kindlichen Wunschdenken, eine verringerter Frustrationstoleranz und geringe Leistungsbereitschaft, eine kaum vorhandene Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme und eine deutlich verringerte Fähigkeit zur Impulskontrolle. Die kombinierte Persönlichkeitsstörung habe die gesamte Biographie des Angeklagten stark beeinträchtigt. So habe er keinerlei berufliche Ausbildung begonnen und keine längerfristig anhaltende Partnerschaft aufbauen könne. Auch verfüge er weder über eine einigermaßen geordnete bzw. sinnvolle Tagesstruktur noch über festere freundschaftliche Beziehungen. Angesichts dieser massiven Auswirkungen sei der erforderliche Schweregrad erreicht und die kombinierte Persönlichkeitsstörung damit als „schwere andere seelische Abartigkeit“ einzustufen. Infolge der Persönlichkeitsstörung sei der Angeklagten generell in seiner Fähigkeit zur Kontrolle plötzlich aufschießender aggressiver Impulse vermindert. Vor diesem Hintergrund seien das selbstkritische Reflexionsvermögen und die Handlungskontrolle des Angeklagten in der Tatsituation in einem deutlichen Maße beeinträchtigt gewesen, was sicher zu einer erheblichen Verminderung der Steuerungsfähigkeit des Angeklagten geführt habe. Völlig aufgehoben gewesen sei die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten demgegenüber sicher nicht, auch seine Unrechtseinsichtsfähigkeit sei nicht beeinträchtigt gewesen.
98Diese Ausführungen kann die Kammer uneingeschränkt nachvollziehen, sie schließt sich nach eigener Prüfung insbesondere der Bewertung des psychiatrischen Sachverständigen M2 an, dass die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aus den genannten Gründen erheblich vermindert im Sinne des § 21 StGB war.
998. Feststellungen zu § 63 StGB
100Die gemäß § 63 StGB erforderliche Gefährlichkeitsprognose nimmt die Kammer ebenfalls aufgrund sachverständiger Beratung durch den psychiatrischen Sachverständigen M2 vor.
101Der Sachverständige hat detailliert und nachvollziehbar ausgeführt, dass angesichts der überdauernden Natur der bei dem Angeklagten bestehenden kombinierten Persönlichkeitsstörung eine hohe Gefahr besteht, dass er aufgrund dieser auch zukünftig schwerwiegende, der Anlasstat vergleichbare Straftaten begehen wird. So habe der Angeklagte in der Vergangenheit schon wiederholt impulshafte Aggressionsdelikte begangen. Zwar habe deren Häufigkeit in den letzten Jahren etwas abgenommen, dafür habe sich das Ausmaß der Gewalttätigkeit aber ganz erheblich gesteigert. Überdies weise die Tat zwar eine situative Komponente, namentlich die emotional aufgeheizte Stimmung innerhalb der Gruppe der E1 Fans, auf. Das Ganze sei für den Angeklagten aber keine Ausnahmesituation gewesen, in welche er zufällig oder schicksalhaft hineingeraten wäre. Vielmehr habe er solche Situationen in der Vergangenheit immer wieder gesucht. Im Übrigen habe sich der Angeklagte auch schon in anderen Zusammenhängen als impulshaft aggressiv erwiesen. Vor diesem Hintergrund sei mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Angeklagte in Freiheit auch zukünftig vergleichbare Gewaltdelikte begehen werde.
102Die Kammer ist unter Berücksichtigung dieser überzeugenden sachverständigen Ausführungen aufgrund einer Gesamtwürdigung des Angeklagten und seiner Tat zu der Auffassung gelangt, dass infolge des Zustands des Angeklagten (kombinierte Persönlichkeitsstörung) erhebliche rechtswidrige Taten mit einer – über die bloße Möglichkeit hinausgehenden – Wahrscheinlichkeit höheren Grades (vgl. BGH, NStZ-RR 2009, S. 306) zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Dabei war zunächst das erhebliche Gewicht der Anlasstat selbst, konkret der versuchte Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Lasten des Geschädigten C, zu berücksichtigen. Überdies hat die Kammer in ihre diesbezüglichen Erwägungen eingestellt, dass es bereits in der Vergangenheit zu Gewalttaten des Angeklagten gekommen war. So hatte der Angeklagte u.a. am 25.04.2010 anlässlich eines Fußballspiels in C8 einen Polizeibeamten körperlich angegriffen; am 26.02.2011 hatte er seine Halbschwester Q1 in deren Wohnung im Rahmen einer verbalen Auseinandersetzung zu Boden geschlagen und dann weiter auf diese eingetreten. Unter zusätzlicher Berücksichtigung des Umstandes, dass sich der Angeklagte als aktiver Fan des Fußballvereins G in der Vergangenheit wiederholt bewusst in der Tatsituation jedenfalls im Ausgangspunkt vergleichbare Tumultgeschehen begeben hatte, ist die Kammer der Auffassung, dass neuerliche Aggressionsdelikte des Angeklagten nach Art der Anlasstat in einem höheren Maße wahrscheinlich sind.
103IV. Rechtliche Beurteilung
104Durch den von dem Angeklagten von hinten um den Hals des Geschädigten C angesetzten, mit Unterstützung des linken Armes mit voller Kraft zugezogener Würgegriff, welchen er nach dem Sturz zu Boden auch im Liegen mit voller Kraft über einen Zeitraum von ca. 15 – 20 Sekunden jedenfalls bis an den Rand der Bewusstlosigkeit des Geschädigten C aufrecht erhielt, hat sich der Angeklagte gemäß §§ 212, 22, 23 StGB eines versuchten Totschlags schuldigt gemacht, wobei er aufgrund der erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit in einem Zustand verminderter Schuldfähigkeit gehandelt hat.
105Der Angeklagte ist auch nicht nach § 24 StGB strafbefreiend von dem Versuch des Totschlags zurückgetreten. Denn der Versuch war nach der Befreiung des Geschädigten C aus dem Würgegriff des Angeklagten fehlgeschlagen, da dem Angeklagten nach seiner maßgeblichen eigenen Sicht (vgl. Fischer, a.a.O., § 24, Rn. 7) ein weiteres Einwirken auf den Geschädigten nicht mehr möglich war. Von dem fehlgeschlagenen Versuch war ein Rücktritt nicht mehr möglich.
106Zugleich hat sich der Angeklagte durch den Würgegriff wegen gefährlicher Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (§§ 223, 224 I Nr. 5 StGB) strafbar gemacht.
107Der versuchte Totschlag und die zugleich verwirklichte gefährliche Körperverletzung stehen im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander.
108V. Rechtsfolgen der Tat
1091. Strafzumessung
110Wegen des versuchten Totschlags steht der Kammer gemäß § 212 I StGB grundsätzlich ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 5 Jahren bis zu 15 Jahren zur Verfügung. Einen minder schweren Fall des (versuchten) Totschlags gemäß § 213 2. Alt. StGB hat die Kammer – auch unter Berücksichtigung der Milderungsmöglichkeiten des § 21 StGB und des § 23 II StGB – verneint, da die mildernden Faktoren schon allein im Hinblick auf die erheblichen psychischen Beeinträchtigungen des Geschädigten C (Schlafstörungen, Betreuung durch Seelsorgerin erforderlich, zwei Monate lang arbeitsunfähig) und des Tatbildes (massiv gefährliche Angriffe auf Polizeibeamte anlässlich von Identitätsfeststellung) nicht beträchtlich überwiegen. Die Kammer hat jedoch von der Milderungsmöglichkeit gemäß §§ 23 II, 49 I Nr. 2, 3 StGB Gebrauch gemacht, weshalb zunächst ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 2 Jahren bis zu 11 Jahren und 3 Monaten zugrunde zu legen war. Sodann hat die Kammer auch die Milderungsmöglichkeit nach §§ 21, 49 I Nr. 2, 3 StGB genutzt, weshalb schlussendlich ein Strafrahmen von Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 8 Jahren und 5 Monaten zur Anwendung kam. Der (nach §§ 21, 49 I Nr. 2, 3 StGB im Falle seiner Anwendung ebenfalls zu mildernde) Strafrahmen des § 224 I StGB fand gemäß § 52 II StGB daneben keine Anwendung.
111Innerhalb des damit vorgegebenen Strafrahmens hat die Kammer bei der konkreten Straffindung zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er den Angriff auf den Geschädigten C eingeräumt und sich im Rahmen seines letzten Wortes entschuldigt hat. Zu seinen Gunsten war zudem zu bedenken, dass der Geschädigte C infolge der Tat nur verhältnismäßig geringfügige physische Beeinträchtigungen, nämlich vorübergehende Schwellungen im Hals- und Rachenbereich sowie des Mittelgelenks des linken Mittelfingers und über einen Zeitraum von ca. zwei Wochen anhaltende schmerzhafte Schluckbeschwerden, erlitt, welche mittlerweile ausgeheilt sind. Schlussendlich waren für den Angeklagten sein noch junges Alter und der Umstand, dass neben der Freiheitsstrafe eine Maßregel nach § 63 StGB verhängt wurde, anzuführen.
112Zu Lasten des Angeklagten waren demgegenüber die nach der Tat bei dem Geschädigten C aufgetretenen erheblichen psychischen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. Gegen den Angeklagten sprach auch, dass er mehrfach und auch einschlägig, konkret wegen Körperverletzung, vorbestraft ist. Zudem war das Tatbild gegen den Angeklagten anzuführen. So bot eine rechtmäßige Identitätsfeststellung den E1 Fans den Anlass, die Beamten der Bundespolizei massiv gefährlich anzugreifen und diese dabei rückwärts in Richtung Gleiskante zu drängen. In dieser bereits hochgradig gefährlichen Situation griff der Angeklagte den von einem solchen Angriff völlig überraschten Polizeibeamten C heimtückeähnlich von hinten an. Auch war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte eine generelle Gewaltneigung aufweist und er sich anlässlich von Fußballspielen schon wiederholt sehenden Auges in der Tatsituation jedenfalls im Ausgangspunkt vergleichbare Konfliktsituationen begeben hat. Schlussendlich hat die Kammer in ihre Erwägungen eingestellt, dass aus Gründen der Generalprävention ein Bedürfnis besteht, künftigen Aggressionsdelikten gewaltbereiter Fußballfans vorzubeugen.
113Unter Abwägung aller vorgenannten und Berücksichtigung sämtlicher weiterer Strafzumessungsgesichtspunkte des § 46 StGB hat die Kammer für die Tat auf eine Freiheitsstrafe von
1146 Jahren
115als tat- und schuldangemessen erkannt.
1162. § 63 StGB
117Neben der Verurteilung zu der genannten Freiheitsstrafe war gemäß § 63 StGB die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus anzuordnen.
118Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB setzt neben der positiven Feststellung einer auf einem länger andauernden, nicht nur vorübergehenden geistigen Defekt beruhenden Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) oder erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) voraus, dass die unterzubringende Person eine rechtswidrige Tat begangen hat, in der sich die Störung manifestiert. Weiterhin muss eine Gesamtwürdigung des Angeklagten und seiner Tat ergeben, dass aufgrund des zur Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderten Schuldfähigkeit führenden Zustandes eine – über die bloße Möglichkeit hinausgehende – Wahrscheinlichkeit höheren Grades weiterer erheblicher rechtswidriger Taten besteht und der Angeklagte deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Diese Voraussetzungen sind nach den überzeugenden – weil detaillierten und nachvollziehbaren – Ausführungen des psychiatrischen Sachverständigen M2 gegeben.
119Der Angeklagte hat die Anlasstat, konkret den versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu Lasten des Geschädigten C, im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit begangen. Auch beruhte die erhebliche Beeinträchtigung seiner Steuerungsfähigkeit auf der kombinierten Persönlichkeitsstörung und damit auf einem länger andauernden Zustand.
120Die Kammer ist bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Angeklagten und seiner Tat auch überzeugt, dass aufgrund seines andauernden psychischen Zustandes – ohne die Behandlung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung – weitere erhebliche Straftaten, insbesondere weitere Gewalt- bzw. Aggressionstaten nach Art der Anlasstat, mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
121Mildere Maßnahmen als die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus kamen angesichts der genannten Umstände nicht in Betracht. Die von dem Angeklagten ausgehende Gefahr lässt sich nur durch eine längerfristige strukturierte Behandlung in einem psychiatrischen Krankenhaus des Maßregelvollzugs reduzieren oder beseitigen.
122In Abweichung von der Regelvollzugsreihenfolge (§ 67 I StGB) hält die Kammer es nach sachverständiger Beratung durch den psychiatrischen Sachverständigen M2 vorliegend für erforderlich, gemäß § 67 II 1 StGB einen Vorwegvollzug von 1 Jahr Freiheitsstrafe anzuordnen. Gemäß § 67 II 1 StGB bestimmt das Gericht, dass ein Teil der Strafe vor der Maßregel zu vollziehen ist, wenn der Zweck der Maßregel dadurch leichter erreicht wird. Diesbezüglich hat der Sachverständige detailliert und nachvollziehbar ausgeführt, es sei legalprognostisch sehr ungünstig, dass der Angeklagte die Tendenz aufweise, jegliche Verantwortung für seine aggressiven Impulshandlungen von sich zu weisen. Diese Tendenz sei in der Vergangenheit durch die frühere (unzutreffende) Qualifizierung seiner aggressiven Impulshandlungen als Folgen einer posttraumatischen Belastungsstörung, gegen die er sich selbst nicht aktiv zur Wehr setzen könne, von dritter Seite auch immer wieder verstärkt worden. Bisher habe der Angeklagte daher nie lernen müssen, die Verantwortung für sein Handeln bei sich selbst zu sehen. Vor diesem Hintergrund sei es aus therapeutischer Sicht nicht opportun, dem Angeklagten durch eine sofortige Unterbringung in einer therapeutisch orientierten Einrichtung erneut zu signalisieren, dass er für sein Verhalten nur begrenzt verantwortlich sei. Angesichts alldessen führe die Anordnung eines teilweisen Vorwegvollzugs der Freiheitsstrafe vor der Maßregel dazu, dass der Zweck dieser besser erreicht werden könne. Denn durch einen solchen könne dem Angeklagten aufgezeigt werden, dass er trotz aller Schwierigkeiten, seine Impulse zu kontrollieren, prinzipiell doch dazu in der Lage sei und er somit auch durchaus selbst Verantwortung für sein aggressives Verhalten trage. Diese Einsicht sei wiederum eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg einer therapeutischen Behandlung des Angeklagten im Maßregelvollzug. Diese Ausführungen kann die Kammer uneingeschränkt nachvollziehen, sie schließt sich diesen nach eigener Prüfung an. In zeitlicher Hinsicht hält die Kammer einen teilweisen Vorwegvollzug in einem Umfang vom 1 Jahr Freiheitsstrafe für ausreichend, aber auch erforderlich.
123VI. Kosten
124Die Entscheidung wegen der Kosten beruht auf §§ 464, 465 I, 472 I, 472a I StPO.

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(1) Ist die Anklage eingereicht, so kann der Richter das Verfahren einstellen, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des § 153 der Strafprozeßordnung vorliegen, - 2.
eine erzieherische Maßnahme im Sinne des § 45 Abs. 2, die eine Entscheidung durch Urteil entbehrlich macht, bereits durchgeführt oder eingeleitet ist, - 3.
der Richter eine Entscheidung durch Urteil für entbehrlich hält und gegen den geständigen Jugendlichen eine in § 45 Abs. 3 Satz 1 bezeichnete Maßnahme anordnet oder - 4.
der Angeklagte mangels Reife strafrechtlich nicht verantwortlich ist.
(2) Die Einstellung bedarf der Zustimmung des Staatsanwalts, soweit er nicht bereits der vorläufigen Einstellung zugestimmt hat. Der Einstellungsbeschluß kann auch in der Hauptverhandlung ergehen. Er wird mit Gründen versehen und ist nicht anfechtbar. Die Gründe werden dem Angeklagten nicht mitgeteilt, soweit davon Nachteile für die Erziehung zu befürchten sind.
(3) Wegen derselben Tat kann nur auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel von neuem Anklage erhoben werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer
aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen,
heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder
um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken,
einen Menschen tötet.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar ansetzt.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.
(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.
(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.
(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.
(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.
(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.
(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.
(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).
(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.
(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:
die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende, die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie sein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.
(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.
Hat jemand eine rechtswidrige Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit (§ 20) oder der verminderten Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung des Täters und seiner Tat ergibt, daß von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich erheblich geschädigt oder erheblich gefährdet werden oder schwerer wirtschaftlicher Schaden angerichtet wird, zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist. Handelt es sich bei der begangenen rechtswidrigen Tat nicht um eine im Sinne von Satz 1 erhebliche Tat, so trifft das Gericht eine solche Anordnung nur, wenn besondere Umstände die Erwartung rechtfertigen, dass der Täter infolge seines Zustandes derartige erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.
Ohne Schuld handelt, wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen einer Intelligenzminderung oder einer schweren anderen seelischen Störung unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.
Ist die Fähigkeit des Täters, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, aus einem der in § 20 bezeichneten Gründe bei Begehung der Tat erheblich vermindert, so kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden.