Landgericht Dortmund Urteil, 02. Juni 2016 - 13 O 32/04
Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung iHv. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Der Streitwert wird auf 8.545.000 EUR festgesetzt.
1
Tatbestand
2Die Klägerin macht gegen die Beklagte Rückzahlungsansprüche nach dem Erwerb eines Stromnetzes im Jahr 1995/1996 geltend. Die Klägerin ist insbesondere der Auffassung, dass der Kaufpreis kartellrechtswidrig überhöht war.
3Die Klägerin obliegt die Energie- und Wasserversorgung der Stadt C. Im Zuge einer kommunalen Neugliederung wurden elf früher selbständige Gemeinden in die Stadt C eingegliedert. Diese elf Gemeinden wurden bis Ende 1995 von der S AG (im Folgenden nach Umfirmierung/Übertragungs- und Abspaltungsvertrag, vgl. Bl. 185 d.A., Beklagte genannt) mit elektrischer Energie versorgt.
4Die zwischen den eingegliederten Gemeinden und der Beklagten bestehenden Konzessionsverträge endeten kraft Gesetzes (§ 103a Abs. 4 GWB a.F.) zum 31.12.1994/1.1.1995 (Bl. 208 d.A.). Die Vertragsparteien verlängerten sie jeweils bis zum 31.12.1995. In diesem Zusammenhang waren sich die Parteien einig, dass die Stromversorgungsanlagen auf die Klägerin übertragen werden sollten.
5In den Konzessionsverträgen zwischen der Beklagten und den eingegliederten Gemeinden war jeweils vereinbart:
6„Erlischt der Vertrag, so kann die Gemeinde das Leitungsnetz zum Taxwert übernehmen…Im Falle der Übernahme des Leitungsnetzes durch die Gemeinde erfolgt die Ermittlung des Taxwertes in der Weise, dass jede der beiden Parteien einen Sachverständigen bestellt. Die Sachverständigen bestellen dann ihrerseits vor Eintritt in die Verhandlung einen Obmann. Der Obmann entscheidet endgültig, wenn sich beide Parteien nicht einigen können.“
7Die Parteien stimmten nicht überein, welcher Kaufpreis angemessen war. Die Beklagte befürwortete die Zahlung des sog. Sachzeitwertes, bei dem sie die aktuellen Wiederbeschaffungswerte ansetzte und hiervon Abschreibungen unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer abzog. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass als Kaufpreis Anschaffungskostenrestwert angesetzt werden sollte, von dem unter Berücksichtigung der Nutzungsdauer Abschreibungen abzuziehen seien. Die Klägerin war bereit, den von der Beklagten geforderten Sachzeitwert zu zahlen, behielt sich jedoch vor, den ihrer Meinung nach zu viel gezahlten Betrag zurückzufordern.
8Am 18.12.1995 schlossen die Parteien einen Kaufvertrag (Anlage K2). Damit erwarb die Klägerin die Stromversorgungsanlagen in den früher selbstständigen Gemeinden zum 01.01.1996. Zum Kaufpreis heißt es:
9„Die C2 zahlt der S… einen Kaufpreis (= Sachzeitwert) bei Preis- und Mengenstand vom 01.01.1996 i.H.v. 39.500.000,00 DM.“
10„Die Zahlung erfolgte unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung…“
11„Die Parteien gehen einvernehmlich davon aus, dass die Übertragung der örtlichen Stromversorgung… im Ganzen nicht der Umsatzsteuer unterliegt…“
12Die Parteien sind sich einig, dass der Betrag von 39.500.000,00 DM vom Grundsatz her der Sachzeitwert ist, der auf Grundlage des Tagesneuwertes unter Berücksichtig des Alters und des Zustands des Stromnetzes ermittelt worden ist.
13Im Kaufpreis ist der Kaufpreis für den ebenfalls erworbenen Bereich „Straßenbeleuchtung“ enthalten, der nicht der öffentlichen Versorgung mit Energie dient. Der insoweit angefallende Kaufpreis beträgt 5.233.000 DM. Die Parteien stimmen darin überein, dass dieser Betrag für die Zwecke des Rechtsstreits von dem Kaufpreis abzuziehen ist (Bl. 257 d.A., Bl. 510 d.A.).
14Die Beklagte stellte der Klägerin einen Betrag iHv. 33.948.762 DM in Rechnung (Anl. K6, Bl. 589 d.A.). Hintergrund war, dass ein Betrag „nicht aufgelöste Baukostenzuschüsse“ iHv. 5.551.238,00 DM von dem Betrag iHv. 39.500.000 DM abgezogen wurde (Anlage B1, Bl. 217 d.A.). Hiervon entfallen 4.073.805 DM auf die streitgegenständlichen Netzanlagen. Die Parteien stimmen nicht überein, ob dieser Betrag für die Zwecke des Rechtsstreits vom Kaufpreis abzuziehen ist. Hierauf wird im Rahmen der Entscheidungsgründe näher eingegangen.
15Die Beklagte stellte der Klägerin – nachdem zwei Mitarbeiter dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse widersprochen hatten – eine Ausgleichszahlung im Rahmen der Personalübernahme von 2.783.002,22 DM in Rechnung (vgl. S. 80 des Gutachtens vom 27.8.2013). Die Parteien haben zudem am 20.11.1995 vereinbart, dass die zu zahlende Stromrechnung für Januar 1996 um 1.685.000 DM gekürzt wird. Hierauf wird im Rahmen der Entscheidungsgründe näher eingegangen.
16Die Klägerin hat vor dem LG Dortmund eine Feststellungsklage erhoben (8 O 118/95 Kart). Diese war insbesondere darauf gerichtet, festzustellen, dass der als Kaufpreis vereinbarte Taxwert in der Weise zu ermitteln sei, dass die tatsächlichen Anschaffungskosten zugrunde gelegt wurden. Das LG Dortmund hat die Klage mit Urteil vom 20.2.1996 abgewiesen.
17Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt. Das OLG Düsseldorf hat die Berufung mit Urteil vom 7.6.2002 zurückgewiesen (Az. U Kart 20/96). Es hat zur Begründung ausgeführt, dass nicht bewiesen sei, dass die Parteien unter dem Begriff Taxwert den Anschaffungskostenrestwert verstanden hätten. Die ebenfalls von der Klägerin vorgebrachte Fragen, wie mit Hausanschlussbeiträgen und Baukostenzuschüssen umzugehen sei, seien Teilaspekte, die nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein könnten. Das OLG Düsseldorf hat ergänzend ausgeführt, die Klägerin könne eine Klage erheben, die unmittelbar auf Zahlung des nach ihrer Auffassung überzahlten Kaufpreises gerichtet ist (S. 58 des Urteils).
18Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe einen Anspruch auf Rückzahlung von umgerechnet 8.545.000 EUR. Ausgangspunkt der Argumentation der Klägerin ist die sog. Kaufering-Entscheidung des BGH. Darin habe der BGH entschieden, dass die Zahlung des vorliegend entrichteten Sachzeitwertes nur zulässig sei, solange der Sachzeitwert den Ertragswert des Stromnetzes nicht mehr als nur unerheblich überschreite. Daher sei der Ertragswert des Stromnetzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der von der Klägerin gezahlte Sachzeitwert ein zulässiger Kaufpreis sei. Die Klägerin behauptet unter Verweis auf ein Privatgutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Dr. S2/Dr. T (Anl. K3, Bl. 41 ff d.A.), der Ertragswert habe zum Zeitpunkt der Übernahme des Stromnetzes am 1.1.1996 durch die Klägerin bei 20.337.000 DM gelegen. Daher ergebe sich eine Überzahlung iHv. umgerechnet 8.545.000 EUR.
19Die Position Baukosten- und Hausanschlussbeiträge könne entgegen der Auffassung der Beklagten im Rahmen der Kaufpreisbestimmung nicht von dem Betrag iHv. 39.500.000,00 DM abgezogen werden. Bei der Kalkulation der Strompreise bewirke dieser Ertrag eine Minderung der Kosten und führe zu einer Verringerung der Strompreise. Auf diese Weise würden die Baukostenzuschüsse und Hausanschlussbeiträge den Anschlussnehmern rückvergütet. Die Übernahme von der noch nicht aufgelösten Baukostenzuschüsse und Hausanschlussbeiträge sei daher die Übernahme einer Verbindlichkeit, welche das abgebende Unternehmen dem Übernehmer der Stromversorgung vergüten müsse (Bl. 258 d.A.).
20Die von der Klägerin an die Beklagte gezahlten Kosten für die Personalübernahme seien dagegen ein zusätzlicher Teil des Kaufpreises für die übernommene Stromversorgung. Diese Kosten seien daher bei der Bemessung des Kaufpreises zu berücksichtigen (Bl. 258 d.A.).
21Die Klägerin beantragt,
22die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.545.000 EUR nebst Zinsen iHv. 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz bzw. Basiszinssatz für die Zeit ab dem 1.7.1996 zu zahlen.
23Die Beklagte beantragt,
24die Klage abzuweisen.
25Die Beklagte verweist darauf, dass auf Basis der Rechtsprechung des BGH nicht angenommen werden könne, dass ein Übernahmeentgelt in Höhe des Sachzeitwertes in jedem Fall prohibitiv wirke. Zudem sei zu berücksichtigen, dass eine vertretbare kaufmännische Einschätzung zu unterschiedlichen Spannen bei der Berechnung des Unternehmenswertes führen könne. Es sei nicht Sache des Kartellrechts, aus den im Wirtschaftsprozess angewandten unterschiedlichen Methoden der Ertragswertberechnung eine allein richtige Methode zu bestimmen. Eine solche gebe es nicht (Bl. 190 d.A.). Da es einen Wettbewerbspreis fast identischer Versorgungsanlagen im vorliegenden Fall nicht gebe, bestehe ein beträchtlicher Unsicherheitsfaktor, dem durch die Festsetzung eines Sicherheitszuschlags Rechnung getragen werden müsse (Bl. 191 d.A.).
26Die Beklagte ist der Ansicht, als Kaufpreis sei ein Betrag von 25.932.762 DM zugrundezulegen. Vom vereinbarten Kaufpreis iHv. 39.500.000 DM sei zunächst die Position Baukostenzuschüsse abzuziehen. Die Position Personalübernahmekosten iHv. 2.783.000 DM wirke sich nicht kaufpreiserhöhend aus. Insoweit handele es sich lediglich um durchlaufende Posten auf Seiten der Beklagten, die keinen Bezug zur Übertragung der Stromversorgungsanlagen hätten (Bl. 186 d.A.). Die Beklagte behauptet, der Ertragswert belaufe sich auf 104.481.000 DM. Sie verweist insoweit auf ein Privatgutachten der L (Anl. B2, Bl. 218 ff d.A.).
27Die Beklagte erhebt vorsorglich die Einrede der Verjährung in Bezug auf einen auf die Zahlung für den Personalübergang bezogenen erweiterten Klageanspruch (Bl. 747 d.A.).
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.
29Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens durch Herrn Dipl.-Kaufm. X. Wegen der Einzelheiten wird auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen vom 29.6.2010, vom 27.8.2013 und vom 29.6.2015 verwiesen.
30Entscheidungsgründe
31Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
32Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte aufgrund der Zahlung eines überhöhten Kaufpreises für das Stromnetz.
33Ein solcher Anspruch würde bestehen, wenn der Sachzeitwert den Ertragswert des Netzes nicht unerheblich übersteigt (vgl. BGH, Urteil vom 16. November 1999, KZR 12/97, juris, Leitsatz). Doch der Kaufpreis, der vorliegend zugleich der Sachzeitwert ist (34.267.074 DM), übersteigt den festgestellten Ertragswert (33.108.000 DM) des Netzes um weniger als 10 % und damit nicht mehr als unerheblich.
341)
35Die Kammer hat gemäß § 349 Abs. 3 ZPO durch den Vorsitzenden ohne Mitwirkung der Handelsrichter entschieden, nachdem die Parteien ihr Einverständnis hierzu erklärt haben (Bl. 486 d.A.).
362)
37Die Klage ist zulässig. Ihr steht nicht entgegen, dass die Parteien entgegen der vertraglichen Vereinbarung vom 18.12.1995 kein Schiedsverfahren durchgeführt haben. Denn die Parteien haben die ursprünglich vereinbarte Schiedsklausel einvernehmlich aufgehoben (so auch S. 57 des Urteils des OLG Düsseldorf, Bl. 160 d.A.).
383)
39Die Klägerin hat keinen Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte gemäß § 812 BGB aus dem Grunde, weil der zwischen den Parteien abgeschlossene Vertrag vom 18.12.1995 unwirksam wäre.
40Der Vertrag über den Erwerb des Stromnetzes ist insbesondere nicht wegen fehlender Einigung der Parteien über den Kaufpreis oder die Bewertungsmethode, nach der sich der Kaufpreis errechnet, wegen eines offenen Einigungsmangels nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (vgl. den Hinweis- und Beweisbeschluss der Kammer vom 15.11.2006, Bl. 793 d.A.).
41Zu dieser Problematik hat der BGH, dem sich die Kammer anschließt, ausgeführt: Wenn sich ein Käufer den Preisvorstellungen des Verkäufers beugt, den geforderten Kaufpreis akzeptiert und sich auf einen in der Vereinbarung ausgesprochenen Vorbehalt beschränkt, so kann nicht gleichwohl hinsichtlich des Kaufpreises eine Einigungslücke bestehen (vgl. BGH, Urteil vom 07. Februar 2006 – KZR 24/04 –, juris). In diesem Fall kommt der Kauf – wenn auch unter Vorbehalt – zu dem vom Verkäufer geforderten Preis zustande (BGH, Urteil vom 07. Februar 2006 – KZR 24/04 –, juris, Leitsatz). Eine solche Sachlage ist auch hier gegeben.
424)
43Die Klägerin hat nicht aus dem Grunde einen vertraglichen Anspruch oder einen Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte, weil die Parteien den Begriff „Taxwert“ in dem Sinne verstanden hätten, dass der Kaufpreisberechnung anstelle des Sachzeitwertes der Anschaffungskostenrestwert zugrunde zu legen wäre. Eine solche Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen (vgl. das Urteil des OLG Düsseldorf vom 7.6.2002, U (Kart) 20/96; vgl. auch den Vortrag der Klägerin, Bl. 15 d.A.).
445)
45Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte wegen eines überhöhten Kaufpreises für das Stromnetz.
46a)
47Ein vertraglicher oder bereicherungsrechtlicher Anspruch (§ 812 BGB) auf Rückzahlung eines Teils des Kaufpreises würde bestehen, wenn dieser prohibitiv hoch und damit kartellrechtswidrig ist.
48Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, hat der BGH, dem sich die Kammer anschließt, ausgeführt: „Eine Endschaftsbestimmung in einem Konzessionsvertrag zwischen einer Gemeinde und einem Energieversorgungsunternehmen, die für die Übertragung des örtlichen Versorgungsnetzes auf die Gemeinde ein Entgelt in Höhe des Sachzeitwertes vorsieht, ist gemäß GWB § 1, GWB § 103a (F: 1980-09-24; juris: WettbewG) unwirksam, wenn der Sachzeitwert den Ertragswert des Netzes nicht unerheblich übersteigt, so dass die Übernahme der Stromversorgung durch einen nach den Maßstäben wirtschaftlicher Vernunft handelnden anderen Versorger ausgeschlossen ist und die Kommune infolge dessen nach Beendigung des Konzessionsvertrages faktisch an den bisherigen Versorger gebunden bleibt.“ (BGH, Urteil vom 16. November 1999, KZR 12/97, juris, Leitsatz).
49Die Berechnung des Kaufpreises nach dem Sachzeitwertverfahren ist dagegen für sich betrachtet nicht zu beanstanden. Nach der oben genannten, vom BGH auch danach bestätigten Rechtsprechung kann zur Berechnung der Vergütung der Sachzeitwert zu Grunde gelegt werden, es sei denn, dass der Sachzeitwert den Ertragswert des Versorgungsnetzes wie oben erwähnt nicht unerheblich übersteigt (BGH, Urteil vom 14. April 2015 – EnZR 11/14 –, juris, Rn. 15 m.w.N.). In diesem Sinne hat der BGH ausgeführt: „Ein Übernahmeentgelt, das dem im Vermögen des Veräußerers vorhandenen aktuellen Substanzwert und zugleich dem Betrag entspricht, den der Erwerber auch anderweit für die Beschaffung eines gleichartigen Wirtschaftsgutes aufwenden müsste, kann unter dem Blickwinkel einer Abgeltung des Substanzwertes, den die offene Fassung des Gesetzes mit dem Begriff der wirtschaftlichen Angemessenheit jedenfalls nicht ausschließt, schlechterdings nicht "wirtschaftlich unangemessen" sein (BGH, Urteil vom 16. November 1999 – KZR 12/97 –, BGHZ 143, 128-168, Rn. 40).
50b)
51Der BGH, dem sich die Kammer auch insoweit anschließt, hat für die Bestimmung des Ertragswertes zum Zwecke des Vergleichs mit Kaufpreis/Sachzeitwert folgende Kriterien entwickelt:
52- 53
Zur Beantwortung der Frage, ob ein Netzkaufpreis in Höhe des Sachzeitwertes im Einzelfall prohibitiv wirkt, ist es erforderlich, unter Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu ermitteln, ob und in welchem Maße der Sachzeitwert den Ertragswert des zur Übernahme anstehenden Versorgungsnetzes in dem vorstehend erörterten Sinne übersteigt.
- 54
Da es für die Frage einer etwaigen prohibitiven Wirkung des Netzkaufpreises nicht auf die besonderen Verhältnisse einzelner möglicher Erwerber oder der übernahmewilligen Kommune ankommt, ist der Ertragswert des Versorgungsnetzes nicht unter Zugrundelegung der Verhältnisse der Klägerin, sondern nach objektiven, für alle denkbaren Erwerber geltenden Kriterien zu ermitteln.
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Eine prohibitive Wirkung des Netzkaufpreises ist nicht schon dann anzunehmen, wenn dieser den Ertragswert nur ganz geringfügig überschreitet oder wenn der Netzübernehmer die Stromversorgung in der Anlaufphase nur unter Inkaufnahme von Verlusten betreiben, innerhalb eines angemessenen Zeitraums aber mit einem Einnahmeüberschuss rechnen kann.
- 56
Prohibitiv wirkt der Netzkaufpreis, wenn er die Übernahme der Stromversorgung durch einen nach den Maßstäben wirtschaftlicher Vernunft handelnden anderen Versorger ausschließt und die Kommune dadurch faktisch an den bisherigen Versorger gebunden bleibt.
- 57
Diese Grenze ist erreicht, wenn der Sachzeitwert den Ertragswert des Versorgungsnetzes nicht unerheblich übersteigt (BGH, Urteil vom 16. November 1999 – KZR 12/97, juris, Rn. 72).
Die Interessenlage eines Netzübernehmers, der mit Hilfe des übernommenen Netzes die Stromversorgung weiterbetreiben will, ist der eines Unternehmenskäufers vergleichbar, der ein werbendes Unternehmen ganz oder zum Teil erwirbt, um es fortzuführen. Ebenso wie jener wird er seine Kaufpreisvorstellungen vornehmlich an der Ertragserwartung orientieren, die er mit der Übernahme der Stromversorgung unter Einsatz des vorhandenen Netzes verbindet. Der Substanzwert der einzelnen Versorgungsanlagen, der sich im Sachzeitwert des Versorgungsnetzes widerspiegelt, ist für den Übernehmer eines solchen Netzes nur insoweit von Interesse, als er durch die Übernahme der vorhandenen Versorgungseinrichtungen Investitionen erspart, die er ohne die Netzübernahme tätigen müsste, um ein funktional gleichwertiges Versorgungsnetz zu schaffen. Rechtfertigt die Ertragserwartung Investitionen in Höhe des Substanzwertes nicht, so wird der Interessent regelmäßig nicht bereit sein, einen Kaufpreis in Höhe des Substanzwertes zu zahlen, und vom Erwerb des Unternehmens Abstand nehmen, sofern der Verkäufer nicht bereit ist, seine Kaufpreisvorstellung an den geringeren Ertragserwartungen des Käufers zu orientieren (BGH, Urteil vom 16. November 1999 – KZR 12/97, juris, Rn. 68).
59Ohne die begründete Aussicht, unter Einsatz des vorhandenen Versorgungsnetzes Einnahmen aus der Stromversorgung zu erzielen, bestünde an einem käuflichen Erwerb von Stromversorgungsanlagen regelmäßig kein nennenswertes Interesse. Richtet aber aus den genannten Gründen ein Übernahmeinteressent sein Augenmerk in erster Linie auf den Ertrag, den die Übernahme der Stromversorgung unter Einsatz des vorhandenen Netzes erwarten lässt, und bemisst er seinen Grenzpreis für die Übernahme des Versorgungsnetzes vor allem nach dieser Ertragserwartung, so kann bei der Beurteilung einer möglichen prohibitiven Wirkung des Netzkaufpreises nicht allein auf den Substanzwert der vorhandenen Versorgungseinrichtungen abgestellt werden und der "Ertragswert" des Netzes - dieser verstanden als der äußerste Betrag, der aus der Sicht des Käufers unter Berücksichtigung der sonstigen Kosten der Stromversorgung einerseits und der zu erwartenden Erlöse aus dem Stromverkauf andererseits für den Erwerb des Netzes kaufmännisch und betriebswirtschaftlich vertretbar erscheint - unberücksichtigt bleiben (BGH, Urteil vom 16. November 1999 – KZR 12/97, juris, Rn. 69).
60c)
61Jedenfalls ein Abstand zwischen Sachzeitwert und Ertragswert von weniger als 10 % führt nicht zu einem Anspruch der Klägerin, weil dann der Sachzeitwert den Ertragswert des Versorgungsnetzes nicht mehr als nur unerheblich übersteigt. So hat das OLG München entschieden, dass ein Abstand von 7 % nicht erheblich ist (OLG München, Urteil vom 17. November 2005 – U (K) 3325/96, juris, Rn. 45). Wenn der für die Missbrauchskontrolle zugrunde zu legende Preisabstand unter 10 % liegt, genügt dies auch in anderen Rechtsbereichen nicht für die Feststellung einer erheblichen, auf den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung hindeutenden Preisüberhöhung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Februar 2004 – VI-Kart 4/03 (V), Kart 4/03 (V) –, Rn. 60, juris). Für den Erwerb eines Stromnetzes gilt kein anderer Maßstab, weil die Sachlage vergleichbar ist. Würde man die Erheblichkeitsschwelle bei unter 10 % ansetzen, wäre dies schon mit Blick auf die stets gegebenen Messungenauigkeiten in Zusammenhang mit der Wertermittlung unangemessen.
62d)
63Der Kaufpreis und damit zugleich der Sachzeitwert sind vorliegend mit 34.267.074 DM anzusetzen. Hierbei handelt es sich um den Betrag von 39.500.000 DM, den die Parteien als Kaufpreis vertraglich vereinbart haben, abzüglich des Betrages von 5.232.926 DM (Kosten für Straßenbeleuchtung), über dessen Abzug zwischen den Parteien Einigkeit besteht.
64Die von der Klägerin übernommenen Personalkosten iHv. saldiert 1.098.000 DM (s.u.) wirken sich nicht kaufpreiserhöhend aus. Sie sind stattdessen bei der Berechnung des Ertragswertes zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen (vgl. den Hinweis der Kammer vom 15.11.2006, Bl. 793 d.A.). Dem ist der Sachverständige nachgekommen, indem er sie unter der Position „Ausgleichszahlungen i.R.d. Personalübernahme“ von den Erträgen in Abzug gebracht hat (vgl. Anlage 1 zum Gutachten), was den Ertragswert verringert und sich auf diese Weise zu Gunsten der Klägerin ausgewirkt hat.
65Dass es sich nicht um einen Teil des Kaufpreises handelt, folgt aus der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien. Die Parteien haben nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Vertrages vom 18.12.1995 als Kaufpreis 39.500.000 DM bestimmt. Dies ergibt sich aus § 4 des Vertrages (Bl. 33 d.A.). Darin heißt es: „Die C2 zahlt… einen Kaufpreis (=Sachzeitwert)… in Höhe von 39.500.000,00 DM“. Diese Formulierung lässt keinen Auslegungsspielraum zu. Dieser Betrag (abzüglich des nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien abzusetzenden Betrags für die Straßenbeleuchtung) ist der Kaufpreis. Bei den Kosten für die Personalübernahme handelt es sich gemäß § 7 des Vertrages stattdessen um eine Sonderposition außerhalb des in § 4 geregelten Kaufpreises.
66Der Sachzeitwert liegt sowohl nach dem Vortrag beider Parteien als auch nach der vertraglichen Vereinbarung bei 39.500.000 DM (abzüglich 5.232.926 DM). Nach der BGH-Rechtsprechung ist dieser Sachzeitwert mit dem Ertragswert zu vergleichen, wenn wie hier als Kaufpreis der Sachzeitwert vereinbart wurde (s.o.).
67Würde die Kammer die Position bei sonst gleich bleibenden Umständen zum Kaufpreis addieren, würde die Klägerin doppelt begünstigt, weil der Sachverständige die Kosten bereits im Rahmen der Prüfung des Ertragswertes zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt hat (S. 82 des Gutachtens vom 27.8.2013).
68Eine Berücksichtigung dieses Betrages im Rahmen der Berechnung des Ertragswertes statt durch Addition auf den Kaufpreis ist auch aus dem Grunde sachgerecht, weil der Betrag nach dem Vertrag vom 18.12.1995 und nach den Ausführungen des Sachverständigen, denen die Parteien nicht entgegen getreten sind, fünf Jahre lang unter Korrekturvorbehalt stand (S. 19 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015; vgl. I § 7 des Vertrages vom 18.12.1995, Bl. 37 d.A.). Bei einem solchen Korrekturvorbehalt wäre nicht sachgerecht, die Zahlung wie eine gewöhnliche Kaufpreiszahlung zu behandeln. Die Mitarbeiter waren im Falle des Ausscheidens vor Ablauf der 5 Jahre zudem verpflichtet, den auf sie entfallenden Betrag unter Berücksichtigung des Zeitpunktes ihres Ausscheidens an die Klägerin zurückzuführen (S. 18 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015). Doch wäre es für einen Kaufpreis untypisch, dass dieser ggf. von Dritten an den Käufer zurückgeführt wird. Dies wiche vom gesetzgeberischen Leitbild eines Kaufpreises, wie es etwa in § 433 BGB festgehalten ist, stark ab. Es ist stattdessen sachgerecht, wenn die Besonderheiten der Personalausgleichszahlung wie vom Sachverständigen berücksichtigt, einschließlich des Fünf-Jahres-Zeitraums bei der Berechnung des Ertragswertes widergespiegelt werden (S. 19 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015).
69Soweit die Beklagte einwendet, es handele sich bei ihr lediglich um durchlaufende Positionen, die weder bei der Bemessung des Kaufpreises noch bei der Bemessung des Ertragswertes zu berücksichtigen seien, vermag sich die Kammer diesem Argument nicht anzuschließen. Denn auch wenn es sich auf Seiten der Beklagten um durchlaufende Positionen handeln sollte, haben diese Kosten den Aufwand des Erwerbers erhöht. Da dieser Aufwand nach dem vorangegangenen nicht bei der Bemessung des Kaufpreises anzusetzen ist, ist er bei der Berechnung des Ertragswertes zu berücksichtigen. Insoweit verhält es sich nicht anders als bei den außerhalb des Kaufpreises geregelten, von der Klägerin zu tragenden Einbindungskosten (II. § 1 des Vertrages vom 18.12.1995). Daran ändert der von der Beklagten angeführte Umstand nichts, dass die „effizientesten“ Erwerber solche Kosten möglicherweise nicht hätten. Den in Bezug auf Effizienzgesichtspunkte berechtigten Belangen der Beklagten ist bereits durch die Differenzierung nach verschiedenen Erwerbergruppen hinreichend Rechnung getragen. Dass es für einen objektiven Erwerber untypisch ist, Personalübernahmekosten zu haben, hat die Beklagte nicht aufgezeigt. Vielmehr kann ein Erwerber Interesse daran haben, Personal zu übernehmen, das mit dem erworbenen Netz bereits vertraut ist, um Einarbeitungskosten zu vermeiden.
70Soweit die Beklagte einwendet, der Betrag Rückstellung Baukostenzuschüsse sei vom Kaufpreis abzuziehen, vermag sich die Kammer diesem Argument ebenfalls nicht anzuschließen. Insoweit gelten keine anderen rechtlichen Maßstäbe als bei den Kosten in Zusammenhang mit der Personalübernahme. Auch insoweit gilt, dass die Parteien als Kaufpreis 39.500.000 DM vereinbart haben. Der Sachverständige hat den Vorteil der Klägerin in seinem Gutachten ertragserhöhend in der Rubrik „Auflösung übernommene Baukostenzuschüsse“ berücksichtigt. Die Position kann entweder vom Kaufpreis abgezogen oder im Rahmen der Ertragswertermittlung ertragserhöhend berücksichtigt werden, aber nicht beides zugleich, weil dies die Beklagte doppelt begünstigen würde. Da die Position Baukostenzuschüsse nicht vom Kaufpreis abzuziehen sind, sind sie bei der Ertragswertberechnung zu berücksichtigen.
71e)
72Bei der Berechnung des Ertragswertes ist von dem Ertragswert für die vom Sachverständigen definierte Erwerbergruppe A1 auszugehen.
73Wie der Sachverständige ausgeführt hat, ist es möglich, den Ertragswert für verschiedene Erwerbergruppen unterschiedlich zu berechnen. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass der Ertragswert davon abhängt, ob der Erwerber bereits über ein Stromversorgungsnetz sowie über ein Netz anderer Energiesparten verfügt, ob er lediglich über ein Netz anderer Energiesparten verfügt oder ob er über kein eigenes Netz anderer Energiesparten verfügt. Auch lässt sich danach differenzieren, ob eine räumliche Nähe zum zu erwerbenden Stromnetz (Radius von 50 km unter Berücksichtigung der Reaktionszeit bei einer Störung) oder keine räumliche Nähe gegeben ist (S. 17 des Gutachtens vom 27.8.2013). Er hat darüber hinaus ausgeführt, dass der Ertragswert für einen Erwerber aus diesen Gruppen am höchsten ist, der bereits über ein Stromversorgungsnetz sowie Netze anderer Energiesparten verfügt und eine räumliche Nähe zu dem zu erwerbenden Stromnetz aufweist (Erwerbergruppe A1). Die Ausführungen des Sachverständigen überzeugen. Es leuchtet unmittelbar ein, dass ein Erwerber der Erwerbergruppe A1 geringere Kosten hat und als Folge davon einen höheren Ertrag erwirtschaften kann, als beispielsweise ein Erwerber in räumlicher Entfernung ohne eigenes Energieversorgungsnetz.
74Dass zur Berechnung des Ertragswertes im Sinne der BGH-Rechtsprechung auf die Erwerbergruppe A1 abzustellen ist, folgt aus dem kartellrechtlichen Ansatz, aus dem sich die Verpflichtung der Kammer zur Berechnung des Ertragswertes herleitet. Nach der BGH-Rechtsprechung soll verhindert werden, dass eine am Sachzeitwert orientierte Vergütung für die Netzübernahme zu einer faktischen Bindung der Klägerin an die Beklagte als den bisherigen Versorger führt und dadurch den vom Gesetzgeber angestrebten Wettbewerb um Versorgungsgebiete verhindert (BGH, Urteil vom 16. November 1999 – KZR 12/97 –, BGHZ 143, 128-168, Rn. 48). Diesem Anliegen wird durch eine Orientierung an der Erwerbergruppe A1 Rechnung getragen. Wenn sich auf dieser Basis ein hinreichender Ertragswert errechnet, ist sichergestellt, dass eine faktische Bindung der Klägerin an die Beklagte nicht besteht und dass der Wettbewerb um Versorgungsgebiete nicht verhindert wird. Zur Erreichung dieser kartellrechtlichen Ziele kommt es nicht darauf an, ob der Ertragswert für einen Erwerber in räumlicher Entfernung oder ohne eigenes Energieversorgungsnetz geringer ausfiele.
75Dass es zur Berechnung des Ertragswertes maßgeblich auf die Erwerbergruppe A1 ankommt, folgt auch daraus, dass der BGH auf einen kaufmännisch handelnden Erwerber abstellt. Angesichts der vom Sachverständigen aufgezeigten Unterschiede für den Ertragswert liegt es aus Sicht eines kaufmännisch denkenden Erwerbers nahe, vor allem dann ein Netz zu erwerben, wenn er bereits über ein eigenes Stromversorgungsnetz und Netze anderer Energiesparten verfügt und wenn sich das zu erwerbende Netz in räumlicher Nähe befindet. Denn auf diese Weise kann er aufgrund der damit einhergehenden Kosteneinsparungen seinen Gewinn maximieren. Demgegenüber würde ein kaufmännisch denkender Erwerber, der solche Kosteneinsparungen nicht erzielen kann, gegebenenfalls vom Erwerb Abstand nehmen, wenn der Kaufpreis unter Berücksichtigung des für ihn möglichen Ertrages zu hoch ist.
76Schließlich ist die Erwerbergruppe A1 auch deswegen der Berechnung des Ertragswertes zugrundezulegenden, weil der BGH klargestellt hat, dass es auf den „äußerste[n] Betrag, der aus der Sicht des Käufers unter Berücksichtigung der sonstigen Kosten der Stromversorgung einerseits und der zu erwartenden Erlöse aus dem Stromverkauf zu erzielen ist“, ankommt. Bei dem Ertrag, der von der Erwerbergruppe A1 erzielt werden kann, handelt es sich um den äußersten Betrag in diesem Sinne aus den vom Sachverständigen angeführten Erwerbergruppen.
77Eine weitere Unterteilung der Erwerbergruppen ist nicht geboten. Wie der Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, könnte zwar eine weitere Unterteilung der Erwerbergruppe A1 eine noch höhere Genauigkeit erreichen. Eine solche „Atomisierung“ der Erwerbergruppen sei jedoch unter dem Aspekt der Aufwandsbegrenzung nicht sinnvoll und würde bei konsequenter Weiterverfolgung zu einer Vielzahl von Erwerbergruppen mit letztlich jeweils nur noch einem Erwerber führen (S. 7 des Gutachtens vom 29.6.2015). Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Sachverständigen an. Denn nach der genannten BGH-Rechtsprechung ist der Ertragswert „nach objektiven, für alle denkbaren Erwerber geltenden Kriterien zu ermitteln“ (s.o.). Dieser objektive Ansatz würde durch eine weitere Unterteilung der Erwerbergruppen unterlaufen.
78Auf die Verhältnisse der Klägerin ist nicht abzustellen. Denn nach der Rechtsprechung des BGH erfolgt die Berechnung des Ertragswertes „nicht unter Zugrundelegung der Verhältnisse der Klägerin“ (s.o.).
79f)
80Ausgehend von den im Gutachten genannten Prämissen gelangt der Sachverständige zu einem Ertragswert für diese Gruppe in Höhe von 33.108.000 DM. Das Sachverständigengutachten ist nachvollziehbar, sehr sorgfältig begründet und überzeugend. Der Sachverständige hat sich auch mit den vorgelegten Privatgutachten ausführlich und überzeugend auseinandergesetzt und aufgezeigt, weshalb diesen nicht zu folgen ist.
81Die Parteien haben nicht aufgezeigt, dass dem Sachverständigen ein Rechenfehler unterlaufen wäre und dass auf Basis der vom Sachverständigen angesetzten Prämissen ein anderer Ertragswert ergeben würde. Die Einwände der Parteien richten sich gegen die vom Sachverständigen angesetzten Prämissen. Diese sind jedoch nicht zu beanstanden.
82g)
83Dass der Sachverständige den zum Bewertungsstichtag gültigen Bewertungsstandard für Unternehmensbewertungen zugrundegelegt hat (vgl. S. 18 des Gutachtens vom 27.8.2013), ist nicht beanstanden. Dies gilt umso mehr als die Parteien nicht aufgezeigt haben, dass es zu entscheidungserheblichen Abweichungen bei Verwendung eines anderen Standards kommen könnte.
84h)
85Der Sachverständige hat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, weshalb er seinem Gutachten die von ihm angenommenen Prämissen zugrunde gelegt hat. Er hat sich zu den dagegen gerichteten Einwänden der Parteien umfassend geäußert. Die Parteien haben nicht aufgezeigt, dass der Sachverständige von unzutreffenden Prämissen ausgegangen ist oder dass es geboten wäre, andere Prämissen zugrunde zu legen. Auch sonst überzeugen die Einwände der Parteien gegen das Gutachten und die vom Sachverständigen angenommenen Prämissen nicht.
86aa)
87Die Klägerin wendet ein, der vom Sachverständigen errechnete Ertragswert für die Erwerbergruppe A1 sei vor allem deswegen weit höher als derjenige andere Erwerbergruppen, weil der Sachverständige deutlich niedrigere Strombezugskosten von 12,71 Pf/kwh statt 13,35 Pf/kwh angesetzt habe (Bl. 1346 d.A.). Hierauf beruhe der überwiegende Teil der Abweichung des für die Erwerbergruppe A1 berechneten Ertragswertes von dem für die Erwerbergruppe A2 errechneten Wert. Diese geringeren Strombezugskosten gingen auf eine vom Sachverständigen angenommene höhere Benutzungsdauer des Stromnetzes von 5.350 Stunden statt 4.850 Stunden bei den anderen Erwerbergruppen zurück. Richtigerweise sei stattdessen für die Erwerbergruppe A1 ein Betrag von 12,71 Pf/kwh anzusetzen. Geringere Strombezugskosten würden zumindest voraussetzen, dass die Erwerber der Erwerbergruppe A1 das zu bewertende Netz mit einem anderen Netz zusammenlegen könnten. Nur dann würde sich eine Durchmischung des Strombezugs ergeben, die zu einer höheren Benutzungsdauer und geringeren Strombezugskosten führen würden. Zu einer Durchmischung des Strombezugs könne es aber nur kommen, wenn Strom im Bereich desselben vorgelagerten Regionalversorgers über zusammengehörende Meßstellen bezogen werde (Bl. 1347 d.A.). Außer der Klägerin habe kein anderer Erwerber diese Voraussetzung erfüllt.
88Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass alle Unternehmen der Erwerbergruppe A1 im Versorgungsgebietes des vorgelagerten Regionalversorger eine Bündelung ihre Strombezuges verlangen können, die zu entsprechenden Vorteilen bei den Strombezugskosten führen (S. 7 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015). Dabei komme es nicht darauf an, ob der Strombezug für das hinzuerworbene Netz über dieselben Messstellen wie zuvor erfolge. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass die Argumentation der Klägerin, dass es allein der Klägerin möglich gewesen sei, ihr bestehendes Stromnetz mit dem zu bewertenden Stromnetz zum Zwecke des Strombezugs im S-Gebiet zusammenzulegen, nicht zutreffe. Es sei zwar richtig, dass innerhalb der Erwerbergruppe A1 keine anderen Unternehmen in unmittelbarer Netz-Nachbarschaft zu dem zu bewertenden Versorgungsnetz lägen. Gleichwohl könnten diese Unternehmen neben der Möglichkeit einer elektrischen Kopplung, die für alle unmittelbar angrenzenden potentiellen Erwerber der Erwerbergruppe A1 gegeben sei, eine Bündelung des Strombezugs verlangen, die zu einer Reduzierung des Strombezugskosten führe. Sie könnten zusätzlich in anderen Bereichen Synergie-Effekte erzielen (S. 7 des Gutachtens vom 29.6.2015). Auch technische Argumente sprächen gegen die Auffassung der Klägerin (S. 8 des Gutachtens vom 29.6.2015).
89Die Ausführungen des Sachverständigen überzeugen, zumal die Klägerin diesen Ausführungen nichts Substantielles entgegen gehalten hat. Sie vertritt zwar weiterhin die Auffassung, dass die Annahmen des Sachverständigen unzutreffend seien (vgl. Bl. 1535 d.A.). Sie trägt aber keine belastbaren Anknüpftatsachen vor, die Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Sachverständigen aufkommen lassen. Soweit sie darauf verweist, dass die vom Sachverständigen zitierte Entscheidung BGH KVR 3/63 – zeitgleiche Summenmessung – keinen hinreichenden Aufschluss gebe (Bl. 1535 d.A.), kommt es hierauf nicht maßgeblich an. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, hat die Klägerin jedenfalls keine Praxis aufgezeigt, die den auch unabhängig von dem Verweis auf die Rechtsprechung ausführlich und nachvollziehbar begründeten Annahmen des Sachverständigen entgegensteht. Es gibt keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass ausschließlich die Klägerin in der Lage gewesen sein sollte, die vom Sachverständigen angenommen günstigere Strombezugspreise zu erzielen.
90bb)
91Soweit die Klägerin an die oben genannte Argumentation anknüpfend einwendet, der Sachverständige habe eine überhöhte Benutzungsdauer von durchschnittlich 5.350 Stunden angesetzt, während sich bei der Klägerin für das Jahr 1996 lediglich ein Wert von 5.114 Stunden ergeben habe (Bl. 1349 d.A.), führt dies nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass die Benutzungsdauer aus einem Betriebsvergleich kommunaler Versorgungsunternehmen des Jahres 1996 hergeleitet wurde. Es handelte sich um einen Durchschnittswert (S. 10 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015). Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass der Sachverständige einen solchen Durchschnittswert angesetzt hat. Denn es kommt nach der oben genannten BGH-Rechtsprechung auf die individuellen Verhältnisse der Klägerin nicht an.
92cc)
93Soweit die Klägerin einwendet, der Sachverständige habe nicht berücksichtigt, dass es sich um ein ländliches Netz handele, lässt dies keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen aufkommen.
94Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass er von einem Erneuerungsbedarf i.H.v. 2 % des Wiederbeschaffungswertes der Stromversorgungsanlagen ausgegangen sei. In diesem Wiederbeschaffungswert sei der für ein ländliches Gebiet typische Anteil der Freileitungen berücksichtigt (S. 12 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015).
95Soweit die Klägerin einwendet, der Sachverständige habe nicht berücksichtigt, dass sich bei einem Erwerber, der über ein Kabelnetz statt Freileitungen verfüge, keine Synergien einstellen könnten, begründet dies keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen. Der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass es typisch sei, dass in den ländlichen Außenbereichen einer Kommune der Freileitungsanteil hoch sei. Demgegenüber könne nicht angenommen werden dass potentielle Erwerber typischerweise über vollständig verkabelte Netze verfügten (S. 20 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015). Auch insoweit gilt, dass der Ertragswert nach objektiven Kriterien zu bemessenen ist, während es nicht auf die Verhältnisse der Klägerin ankommt. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, dass potentielle Erwerber entgegen der Annahmen des Sachverständigen typischerweise über vollständig verkabelte Netze verfügten.
96dd)
97Soweit die Klägerin einwendet, der Sachverständige habe die Personalkosten auf Basis eines Stand Alone-Ansatzes (isoliertes Betreiben des Netzes) berechnet, bei dem beispielsweise vermögende Privatpersonen oder andere potentielle Erwerber ohne betriebswirtschaftliche Mindestvoraussetzung unzutreffend einbezogen worden seien, lässt dies keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen aufkommen. Wie der Sachverständige überzeugend erläutert hat, hat er insbesondere vermögende Privatpersonen aus den Betrachtungen ausgeschlossen (S. 14 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015). Die Klägerin hat keine Anhaltspunkte dafür aufgezeigt, dass der Sachverständige entgegen seiner Ausführungen vermögende Privatpersonen in die Berechnungen einbezogen hätte.
98Gegen den vom Sachverständigen als Ausgangsbasis angesetzten Bedarf von 24,25 Mitarbeitern mit durchschnittlichen Kosten von 81.000 DM je Mitarbeiter für das Jahr 1996 hat die Klägerin keine Einwände erhoben. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, handelt es sich um Personalkosten etablierter Versorgungsunternehmen. Ohnehin gilt dieser Wert nicht für die hier maßgebliche Erwerbergruppe A1.
99Soweit die Klägerin einwendet, der Sachverständige habe nicht berücksichtigt, dass bereits der Personalbedarf von 24,25 auf Basis effizienter Versorger ermittelt worden sei, vermag sich die Kammer diesem Argument nicht anzuschließen. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass er die jeweils gegebenen Synergieeffekte bei der Bestimmung des Personalaufwands berücksichtigt hat (vgl. z.B. S. 17 des Ergänzungsgutachtens). Dem hat die Klägerin nichts Substantielles entgegen gehalten. Dass ein Erwerber der Erwerbergruppe A1 einen geringeren Personalbedarf hat als ein Stand Alone-Betreiber mit einem Personalbedarf von 24,25 ist ebenfalls nachvollziehbar.
100Soweit die Beklagte unter Verweis auf einen geringeren tatsächlichen Personalbedarf der Klägerin und Verhandlungen in Zusammenhang mit dem Personalbedarf einwendet, der Sachverständige habe die Personalstärke, die seiner Berechnung zugrundeliege, anhand bestimmter Durchschnittswerte statt nach den Wertes des „effizientesten“ Unternehmens berechnet, sind die Feststellungen des Sachverständigen nicht zu beanstanden. Auf den konkreten Personalbedarf der Klägerin kommt es nach der oben genannten BGH-Rechtsprechung nicht an. Gleiches gilt als Folge davon für die Verhandlungen zwischen den Parteien über die Anzahl der zu übernehmenden Mitarbeiter. Dass die Klägerin mit besonders wenigen Mitarbeitern auskommt, ist angesichts der Lage des Netzes und der weiteren Umstände des Falles nicht überraschend, aber für die Berechnung des Ertragswertes nicht erheblich. Der Effizienzgedanke ist im Sachverständigengutachten bereits durch die Unterscheidung der Erwerbergruppen berücksichtigt. Eine darüber hinausgehenden Differenzierung bedarf es nicht (s.o.); dies würde die Beklagte unangemessen begünstigen. Es kommt insbesondere nicht auf denjenigen potentiellen Betreiber mit dem wenigsten Personal an, zumal dies – wie von der Klägerin ausgeführt – auch darauf zurückzuführen sein kann, dass Aufträge extern vergeben werden.
101Darüber hinaus hat der Sachverständige aufgezeigt, dass die Beklagte vorvertraglich von einem höheren Personalbedarf ausgegangen ist. Die Beklagte hat sowohl ihre vorvertraglichen Überlegungen zum Personalbedarf als auch diejenigen der Klägerin mit verhandlungstaktischen Erwägungen erklärt. Wenn dies zutrifft, ist es umso wichtiger, dass der Sachverständige stattdessen auf einen objektiv ermittelten Durchschnittswert abgestellt hat.
102Soweit sich die Beklagte gegen die Höhe der vom Sachverständigen angesetzten Personalkosten pro Mitarbeiter und Jahr wendet (81.000 DM) und darauf verweist, dass das Vergütungsniveau bei der Klägerin bei lediglich 61.000 DM gelegen habe, ist dies nicht entscheidungserheblich. Denn auf die Vergütungsverhältnisse bei der Klägerin kommt es nicht an. Die Beklagte hat keine belastbaren Umstände vorgetragen, nach denen ein typischer Erwerber aus der Erwerbergruppe A1 andere als die vom Sachverständigen angesetzten Personalkosten hätte. Der Sachverständige brauchte auch nicht auf das ortstypische Vergütungsniveau abzustellen. Das Vergütungsniveau bei der Beklagten war unstreitig höher. Gleiches kann auch für einen anderen Erwerber gelten. Dieser braucht seine Arbeitnehmer nicht je nach Einsatzort unterschiedlich zu bezahlen, was zu Unruhe in der Belegschaft führen kann. Auch insoweit gilt, dass dem Effizienzgedanken bereits durch die Unterscheidung der Erwerbergruppen hinreichend Rechnung getragen ist.
103ee)
104Soweit sich die Klägerin darauf berufen hat, die Ausgleichszahlung im Rahmen der Personalübernahme sei eine einmalige Zahlung gewesen, die dementsprechend bei der Berechnung des Ertragswertes einmalig in voller Höhe anzusetzen sei, während der Sachverständige eine Verteilung auf 5 Jahre vorgenommen habe (Bl. 1352 d.A., s.o.), begründet dies keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen. Der Sachverständige hat die Kosten im Rahmen der Ermittlung des Ertragswertes auf fünf Jahre verteilt. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, stand der zunächst gezahlte Betrag für 60 Monate (fünf Jahre) unter dem Vorbehalt einer Korrektur. Dies werde in der gutachterlichen Stellungnahme abgebildet (S. 19 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015). Diese Herangehensweise des Sachverständigen ist nicht zu beanstanden (s.o.).
105Im Übrigen müsste – wenn der Ansatz der Klägerin zutreffend wäre – aus Gleichheitsgründen diese Herangehensweise auch hinsichtlich der Baukostenzuschüsse gewählt werden. Dies würde sich spiegelbildlich und per Saldo zum Nachteil der Klägerin auswirken, weil die Position Baukostenzuschüsse höher ist als die Position Personalkostenzuschüsse.
106Der Einwand der Beklagten, die Personalkosten seien gar nicht zu berücksichtigen (Bl. 1572 d.A.), führt nicht zu einer anderen rechtlichen Bewertung (s.o.). Tatsache ist, dass die betreffenden Aufwendungen in Zusammenhang mit dem Erwerb anfielen. Sie sind dementsprechend in die Berechnung einzubeziehen. Da sie nicht im Rahmen des Kaufpreises anzusetzen sind (s.o.), sind sie im Rahmen der Bestimmung des Ertragswertes zu berücksichtigen. Es gibt zudem keine Anhaltspunkte dafür, dass ein typischer Erwerber kein Personal von der Beklagten übernehmen würde. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ein Erwerber, der ausschließlich mit Personal arbeitet, welches das streitgegenständliche Netz nicht kennt, sein Personal ebenso effizient einsetzen könnte wie einer Erwerber, der Personal übernimmt, welches mit dem Netz bereits vertraut ist.
107Von den Personalübernahmekosten ist – wie der Sachverständige berücksichtigt hat – die Vergünstigung der Klägerin für Strombezug abzuziehen (vgl. den Hinweis- und Beweisbeschluss vom 15.11.2006, Bl. 793 d.A.), weil sich diese nicht zum Nachteil, sondern zum Vorteil der Klägerin ausgewirkt haben und die Kosten entsprechend verringert haben. Werden die Personalübernahmekosten zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt, sind spiegelbildlich die Vergünstigungen für den Strombezug zu ihren Ungunsten zu berücksichtigen.
108ff)
109Der Sachverständige ist zutreffend davon ausgegangenen, dass die Einbindungskosten bei der Berechnung des Ertragswertes zu berücksichtigen sind.
110Soweit die Beklagte einwendet, bei der Frage, ob Einbindungskosten zu berücksichtigen seien, handele es sich um eine Rechtsfrage, ist dies zutreffend, aber nicht entscheidungserheblich. Die Einbindungskosten können – worauf die Beklagte zutreffend hinweist – auch mit dem Begriff der Kaufnebenkosten umschrieben werden. Hierbei handelt es sich um objektiv bestehende Kosten des Erwerbers, die seine Renditeerwartung und damit den Ertragswert senken. Wie der Sachverständige ausführt, handelt es sich um notwendige Voraussetzungen für eine Nutzung der erworbenen Wirtschaftsgüter (S. 24 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015). Es gibt keinen Grund, die Kosten einer notwendigen Voraussetzung für die Nutzung des Stromnetzes von der Berechnung des Ertragswertes auszunehmen. Wer seinen Ertrag berechnen will, muss auch Kaufnebenkosten berücksichtigen.
111gg)
112Soweit die Beklagte einwendet, es sei von einer geringeren als der vom Sachverständigen angesetzten Gewerbekapitalsteuer auszugehen, begründet dies ebenfalls keine Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen. Wie der Sachverständige aufgezeigt hat, wurde über die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer erst 1997 Einigung erzielt (S. 40 des Ergänzungsgutachtens vom 29.6.2015). Da der für die Berechnung des Ertragswertes vorliegend maßgebliche Stichtag vor dem Zeitpunkt dieser Einigung lag, war die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer der Ertragswertberechnung nicht zugrunde zu legen. Wie auch die Beklagte ausführt (Bl. 1377 d.A.), scheiterte eine Abschaffung zuvor am Widerstand des Bundesrates.
113Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, der Sachverständige habe in seiner Berechnung auf kürzere steuerliche Nutzungen abzustellen, ist dieser Einwand nicht entscheidungserheblich. Denn der Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass sich daraus lediglich ein unerheblicher Zinsvorteil ergeben würde. Selbst wenn man zu Gunsten der Beklagten unterstellt, dass der Erwerber einen zusätzlichen Zins- bzw. Liquiditätsvorteil hätte, würde sich dies nicht auf das Ergebnis der Entscheidung auswirken, weil es sich allenfalls zu Lasten der Klägerin auswirkt.
114Soweit die Beklagte sich darauf beruft, der Sachverständige habe bei den Berechnungen zur den Abschreibungen auf den Kaufpreis statt auf den Ertragswert abstellen müssen, ist nicht entscheidungserheblich. Denn auch die Beklagte trägt vor, dass der Effekt für die Erwerbergruppe A1 vernachlässigbar sei (Bl. 1562 d.A.).
115hh)
116Auch sonst haben die Parteien keine Anhaltspunkte aufgezeigt, die Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens aufkommen ließen.
117Soweit die Beklagte beantragt, dem Sachverständigen ergänzend aufzugeben, alternative Berechnungen auf Basis anderer Parameter durchzuführen (Bl. 1570 d.A.), war dem nicht nachzukommen. Denn es ist nach dem vorangegangenen nicht entscheidungserheblich.
1186)
119Die Klägerin war aufgrund des Beibringungsgrundsatzes nicht dazu verpflichtet, interne Unterlagen offenzulegen. Dies gilt umso mehr, als es nach der Rechtsprechung des BGH bei der Ermittlung des Ertragswertes nicht auf die Verhältnisse des Käufers, sondern auf eine objektivierende Betrachtungsweise ankommt.
1207)
121De Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.
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(1) In der Kammer für Handelssachen hat der Vorsitzende die Sache so weit zu fördern, dass sie in einer mündlichen Verhandlung vor der Kammer erledigt werden kann. Beweise darf er nur insoweit erheben, als anzunehmen ist, dass es für die Beweiserhebung auf die besondere Sachkunde der ehrenamtlichen Richter nicht ankommt und die Kammer das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.
(2) Der Vorsitzende entscheidet
- 1.
über die Verweisung des Rechtsstreits; - 2.
über Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, soweit über sie abgesondert verhandelt wird; - 3.
über die Aussetzung des Verfahrens; - 4.
bei Zurücknahme der Klage, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs; - 5.
bei Säumnis einer Partei oder beider Parteien; - 6.
über die Kosten des Rechtsstreits nach § 91a; - 7.
im Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe; - 8.
in Wechsel- und Scheckprozessen; - 9.
über die Art einer angeordneten Sicherheitsleistung; - 10.
über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung; - 11.
über den Wert des Streitgegenstandes; - 12.
über Kosten, Gebühren und Auslagen.
(3) Im Einverständnis der Parteien kann der Vorsitzende auch im Übrigen an Stelle der Kammer entscheiden.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
(1) Solange nicht die Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte ist auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.
(2) Ist eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.
(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.
(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.
Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.
(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.
(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.