Landgericht Bamberg Endurteil, 06. Feb. 2019 - 2 O 192/18

bei uns veröffentlicht am06.02.2019

Gericht

Landgericht Bamberg

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.239,59 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 28.01.2019 Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... zu zahlen.

2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klagepartei die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.100,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 28.012019 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 17.239,59 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht im Zusammenhang mit einem Pkw-Kauf gegen die Beklagte als Herstellerin des darin verbauten Motors Schadensersatzansprüche geltend.

Der Kläger erwarb am 15.08.2011 beim Autohaus ... ein Fahrzeug der Marke Golf Plus Team 1.6 TDI mit der Fahrgestellnummer ... nur 21.900,00 € mit einem Kilometerstand von 12.200 km. Eingebaut in das Fahrzeug ist ein Motor des Typs EA 189 des Volkswagenkonzerns, der von der Beklagten entwickelt, produziert und zum Einbau in den streitgegenständlichen Pkw sowie weiteren Pkws zur Verfügung gestellt worden ist. Die Beklagte ist die Muttergesellschaft des Volkswagenkonzerns ....

Der in dem Fahrzeug verbaute Dieselmotor des Typs EA 189 verfügte ursprünglich über eine Software, die Stickoxidwerte (NOx) im Prüfstandlauf optimiert. Sie erkennt, wenn das Fahrzeug den „Neuen Europäischen Fahrzyklus“ (NEFZ) durchfährt, und schaltet das regulär im Betriebsmodus 0 (Straßenbetrieb) betriebene Fahrzeug dann in den NOx-optimierten Modus 1, in dem der Ausstoß von Stickoxiden dadurch verringert wird, dass das Abgas im Rahmen der Abgasrückführung aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet wird. Dadurch werden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt, sodass die nach Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen Werte eingehalten werden.

Das Fahrzeug bzw. der Fahrzeugtyp erhielt folglich eine EG-Typengenehmigung.

Im Jahre 2015 erließ das Kraftstoffbundesamt (im Folgenden: KBA) die nachträgliche Anordnung einer Nebenbestimmung zur EG-Typengenehmigung, wonach die unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen und „geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit“ zu ergreifen sind (Anl. K 14). Seitens der Beklagten wird - in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt - eine technische Überarbeitung mittels Software-Update angeboten - Freigabebestätigung vom 14.12.2016 Anlage B 7. Dieses Update wurde nicht auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufgespielt. Das Fahrzeug wird seit dem Kauf vom Kläger im Straßenverkehr genutzt.

Mit Anwaltsschreiben vom 09.05.2018 (Anl. K 10) forderte der Kläger - anwaltlich vertreten - die Beklagte auf, das Fahrzeug zurückzunehmen und ihm den Kaufpreis zu erstatten.

Schließlich begehrt der Kläger Ersatz seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Berechnung, Bl. 68 d.A.)

Der Kläger stützt seine Klage auf Ansprüche nach §§ 323 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB; 823 II, 31 BGB i.V.m. 263 StGB; §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 27 EG-FGV, § 826, 31 BGB sowie §§ 325 Abs. 3 StGB i.V.m. 330 StGB.

Der Kläger behauptet, sich insbesondere wegen der Umweltfreundlichkeit des Pkws für den Kauf entschieden zu haben. Gerade die Werbung der Beklagten und ihrer Tochterunternehmen mit der besonderen Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs sei ein besonders schlagendes Kaufargument gewesen.

Er ist der Meinung, die Beklagte habe in der Motorsteuerung des Motors EA 189 eine illegale Abschalteinrichtung verwendet, um im Falle eines Abgastests die zulässigen Abgaswerte einzuhalten.

Die Beklagte habe - auch auf Vorstandsebene - Kenntnisse über die Manipulationssoftware gehabt.

Der Kläger ist der Ansicht, dass das Fahrzeug aufgrund der tatsächlichen Nichteinhaltung der Grenzwerte weder zulassungsfähig war noch über eine wirksame EG-Typengenehmigung verfüge, sodass das Risiko bestehe, dass das Fahrzeug mangels Genehmigung stillgelegt werde. Dies habe wiederum die Konsequenz, dass der Versicherungsschutz für das fragliche Fahrzeug erlöschen würde, was zu einem Regress des Haftpflichtversicherers führen könne.

Darüber hinaus ist der Kläger der Auffassung, dass das streitgegenständliche Fahrzeug aufgrund der Manipulation einen erheblichen Wertverlust erlitten habe. Der Marktwert der betroffenen Fahrzeuge sei durch die Manipulation und nach der medialen Aufarbeitung des Skandals erheblich gesunken, was vor allem an der eingebrochenen Nachfrage liege.

Dem Kläger sei trotz eines etwaigen zur Verfügung stehenden Softwareupdates eine Teilnahme am Rückruf unzumutbar. Die Unzumutbarkeit ergebe sich daraus, dass das Update nicht geeignet sei, den bestehenden Mangel der Nichteinhaltung der Euro-5-Norm zu beseitigen. Zudem sei zu befürchten, dass der Pkw nach dem Update einen höheren Verbrauch und damit auch höhere CO2-Werte besäße als vor dem Eingriff, was wiederum zu einem Mangel führen wurde.

Der Kläger trägt vor, dass durch das Update kein legaler Zustand geschaffen würde, vielmehr habe das Software-Update negative Auswirkungen zur Folge. Selbst nach dem Aufspielen des Updates könne die Einhaltung der gesetzlichen NOx-Grenzwerte nicht erfüllt werden. Damit sei das Fahrzeuge auch nach Durchführung des Updates nicht gesetzeskonform. Durch das Update seien vor allem Schäden an den Motoren und Partikelfilterschäden zu befürchten. Das Update führe zu einer Verschlechterung der Leistung, des Verbrauchs des Fahrzeugs und zu einem höheren Verbrauch.

Die Beklagte hafte demnach gemäß §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB, da sie als Herstellenn des streitgegenständlichen Pkws durch das Ausstellen der Übereinstimmungsbescheinigung besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nehme. Die Übereinstimmungsbescheinigung stelle eine Garantie über die Konformität des Fahrzeugs mit der Typengenehmigung und damit über die Europarechtsmäßigkeit dar. Diese Garantie habe die Kaufentscheidung des Klägers erheblich beeinflusst. Die Beklagte, habe für den streitgegenständlichen Pkw eine Übereinstimmungserklärung ausgestellt, obwohl das Fahrzeug tatsächlich nicht der Typengenehmigung entspreche.

Die Beklagte hafte demnach gemäß §§ 311 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB. Die Klagepartei hätte bei Kenntnis der falschen Übereinstimmungserklärung den Kaufvertrag nicht abgeschlossen, sodass eine Rückabwicklung des Kauvertrags die Rechtsfolge der Pflichtverletzung nach § 311 BGB sei.

Wegen der gesetzeswidrigen Manipulation der Motorsteuerung verstoße die Beklagte gegen die guten Sitten gemäß § 826 BGB. Daneben hafte die Beklagte gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, denn ohne die Täuschung der Beklagten darüber, dass das Fahrzeug der Euro-5-Norm entspricht und einen dementsprechenden Ausstoß an NOx aufweist, hätte der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug nicht erworben. Es sei auch davon auszugehen, dass die seinerzeit tätigen Vorstände Kenntnis von den Vorgängen hatten. Jedenfalls aber komme die Beklagtenseite ihrer sekundären Darlegungslast nicht nach, weil sie nicht offen lege, welche Personen aus dem Konzern an der Manipulation beteiligt gewesen seien.

Zudem stehe dem Kläger ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 2, 31 BGB i.V.m. § 27 EG-FGV zu. Nach § 27 EG-FGV dürfen neue Fahrzeuge zur Verwendung im Straßenverkehr nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind. Durch die Bescheinigung bestätige der Hersteller die Übereinstimmung der Fahrzeuge mit dem genehmigten Typ. Durch die Installation der Abschaltvorrichtung sei die Übereinstimmungsbescheinigung als ungültig anzusehen, sodass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht hätte in Verkehr gebracht werden dürfen.

Ferner habe die Beklagte den Straftatbestand des §§ 325 Abs. 3 StGB in einem besonders schweren Fall des Handelns aus Gewinnsucht § 330 I S. 2 Nr. 4 StGB und durch Verwirklichung der Gesundheitsgefährdung § 330 II Nr. 1 StGB erfüllt.

Zudem habe die Beklagte für das vorsätzliche Handeln ihrer Mitarbeiter gemäß § 831 BGB einzustehen.

Nutzungsersatz schulde der Kläger für das Fahrzeug nicht, zumal die Berechnung der Nutzungsentschädigung nur für mangelfreie Fahrzeuge greife.

Der Kläger beantragt zuletzt:

  • 1.Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei EUR 21.900 zuzüglich Zinsen in Höhe von vier Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 15.08.2011 bis zur Rechtshängigkeit und seither 19.05.2018 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz abzüglich einer im Termin zu beziffernden Nutzungsentschädigung Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs Golf Plus Team 1.6 TDI mit der Fahrzeugnummer ... zu zahlen.

  • 2.Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 19.05.2018 mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1. bezeichneten Gegenstands in Annahmeverzug befindet.

  • 3.Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 1.348,27 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.05.2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt

Die Klage abzuweisen.

Die Beklagte erklärt sich zu der geäußerten Kaufmotivation des Klägers mit Nichtwissen.

Die Beklagte ist der Meinung, die Umschaltlogik stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar, da die streitgegenständliche Software nicht auf das Emissionskontrollsystem einwirke, sondern dazu führe, dass Abgase beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus („NEFZ“) in den Motor zurückgeführt werden, bevor sie überhaupt das Emissionskontrollsystem erreichen und nicht im realen Fahrbetrieb auf das Emissionskontrollsystem einwirkt. Es handle sich um eine bloße innermotorische Maßnahme, die von den nachgelagerten Maßnahmen der Abgasreinigung zu unterscheiden seien. Die Abgasrückführung sei damit kein Teil der Abgasreinigungsanlage bzw. des Emissionskontrollsystems, sondern diene der Kontrolle der Verbrennung.

Die Beklagte meint weiter, der Sachvortrag des Klägers zur Kenntnis der Beklagten sei unsubstantiiert. Nach derzeitigem Ermittlungsstand - die Aufklärung sei noch nicht abgeschlossen - liegen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung oder der Verwendung der streitgegenständlichen Software beteiligt waren oder im Zeitpunkt der Entwicklung von der Software wussten. Weder der damalige Vorstandsvorsitzende noch einzelne Vorstandsmitglieder seien hieran beteiligt gewesen.

Die streitgegenständliche Software beeinflusse den Bestand und die Wirksamkeit der EG-Typengenehmigung nicht. Vielmehr bestehe diese für das streitgegenständliche Fahrzeug fort, da das KBA die EG-Typengenehmigung nicht widerrufen habe Zudem habe das KBA das Update freigegeben und damit zugleich bestätigt, dass die Fahrzeuge jedenfalls nach dem Update rechtmäßig seien. Indem das KBA zur ursprünglichen Typengenehmigung eine nachträgliche Nebenbestimmung erlassen habe und die Typengenehmigung nicht entzogen habe, stehe zugleich fest, dass spätestens mit der erfolgten Freigabe des Updates kein Widerruf der EG-Typengenehmigung drohe. Das Fahrzeug sei für den Kläger zu jedem Zeitpunkt uneingeschränkt nutzbar gewesen und sei dies auch weiterhin. Vor diesem Hintergrund sei es nicht ersichtlich, warum der Kläger seinen Versicherungsschutz verlieren sollte. Das Risiko bestreitet die Beklagte mit Nichtwissen. Auch ein etwaiger Rückgriff der Haftpflichtversicherung sei nicht zu besorgen Der Kläger habe weder substantiiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt, wann und unter welchen Umständen er einen Unfall erlitten habe, anlässlich dessen seine Haftpflichtversicherung ihn in Regress genommen habe oder nehmen möchte.

Sowohl mangels Einbindung der Beklagten in den Verkaufsvorgang als auch ansonsten seien keinerlei Täuschungen durch die Beklagte erfolgt. Insbesondere nicht hinsichtlich der EG-Typengenehmigung, der Nutzbarkeit des Fahrzeugs oder der Schadstoffwerte.

Durch das Update werde die ursprünglich verwendete Umschaltlogik beseitigt. Das Update führe dazu, dass das Fahrzeug nur noch in einem durch das Update veränderten Modus 1 sowohl im Zulassungslauf als auch auf der Straße betrieben werde. Nach der Überprüfung aller Fahrzeugmodelle durch das KBA ergeben sich keine negativen Auswirkungen auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Emissionswerte, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschemissionen durch das Software-Update. Entsprechendes habe auch das KBA mit Bescheid vom 20. Dezember 2016 - mit dem das Update freigegeben wurde - bestätigt (vgl. Anlage B 6).

Die Marktwerte der betroffenen Fahrzeuge seien stabil. Lediglich aufgrund der - von dem Abgasskandal unabhängigen - Thematik etwaiger Dieselfahrverbote habe sich die Nachfrage zu Benzinern hin verschoben.

Mit der Situation in den USA bestehe keine Vergleichbarkeit, da dort andere Rechtsvorschriften gelten würden.

Die Beklagte ist der Ansicht, ein Anspruch aus § 826 BGB scheide aus, da die Beklagte den Kläger nicht in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt habe. Für eine Haftung fehle die besondere Verwerflichkeit. Der Klagepartei sei kein Schaden entstanden: Ein Wertverlust oder merkantiler Minderwert sei nicht ersichtlich. Der Marktwert des streitgegenständlichen Pkws sei aufgrund der Software nicht negativ beeinflusst. Die Beklagte macht geltend, das Fahrzeug sei nicht mangelhaft. Die Typengenehmigung bestehe fort, weil keine unzulässige Abschalteinrichtung vorliege. Die bislang vorhandene Motorkonfiguration beeinträchtige weder die technische Sicherheit noch die Gebrauchstauglichkeit. Insbesondere bliebe die Zulassung bestehen. Trotz fehlender Mangelhaftigkeit habe sich die Beklagte, was mit dem KBA abgestimmt sei, sich zur technischen Überarbeitung bereit erklärt. Diese beinhalte für das streitgegenständliche Motorenmodell ein Software-Update. Durch Umsetzung der „technischen Lösung“ käme es nicht zu negativen Auswirkungen auf CO2-Emissionswerte und Motorleistung. Auch verbleibe kein merkantiler Minderwert. Die Klage sei insgesamt unbegründet. Jedenfalls aber müsse sich der Kläger einen Nutzungsvorteil anrechnen lassen.

Die Beklagte trägt weitergehend vor, sie habe den Kläger schon nicht über Tatsachen getäuscht. Jedenfalls aber habe sich der Kläger nicht täuschungsbedingt geirrt und seine Kaufentscheidung sei unabhängig von den Angaben zu den Schadstoffwerten getroffen worden. Auch sei kein Vermögensschaden gegeben, weil finanzielle Nachteile für den Kläger nicht bestünden und er nach dem durchzuführenden Software-Update keinerlei negative Auswirkungen auf das Fahrzeug zu erwarten habe. Jedenfalls aber lägen die subjektiven Voraussetzungen des Betrugs nicht vor. Keine der maßgeblichen Vorstände habe Kenntnis von den Softwareeinstellungen gehabt, so dass eine Zurechnung nach § 31 BGB nicht in Betracht komme. Eine Haftung nach § 823 Abs. 2 i.V.m. § 27 EG-FGV scheide ebenfalls aus, da kein Verstoß gegen § 27 EG-FVG vorliege. Die Übereinstimmungsbescheinigung sei nicht ungültig. Zudem stellen die Vorschriften der EG-FGV kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB dar. Eine Strafbarkeit der Beklagten nach § 325 StGB oder sogar nach § 330 StGB liege nicht vor, da der Kläger übersehe, dass § 325 StGB nicht für Kraftfahrzeuge gelte. Da der Tatbestand des § 325 StGB nicht gegeben ist, könne eine Strafbarkeit allein aus § 330 StGB ebenfalls nicht gegeben sein.

Auch ein Anspruch aus § 831 BGB lasse sich nicht begründen, da der Kläger für keinen Verrichtungsgehilfen der Beklagten vortragen könne, dass dieser eine rechtswidrige Handlung erfüllt habe. Schließlich hafte die Beklagte auch nicht in entsprechender Anwendung der prospekthaftungsrechtlichen Grundsätze. Die Beklagte habe keine EG-Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug erteilt, dies sei vielmehr durch die SEAT SA als Herstellerin dieses Fahrzeugs erfolgt. Zudem habe die Beklagte gegenüber dem Kläger kein besonderes Vertrauen in Anspruch genommen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die zu den Akten gereichten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2019 mit der informatorischen Anhörung des Klägers und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

A.

Die Klage ist zulässig.

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Bamberg folgt aus § 32 ZPO.

Der Kläger begehrt Schadensersatz gestützt auf deliktische Normen, wobei zum zuständigkeitsbegründenden Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO auch der Ort gehört, wo der schädigende Erfolg eingetreten ist, wenn der Schaden Tatbestandsmerkmal der Anspruchsnorm ist (vgl. etwa Zöller-Schultzky, 33. Aufl. 2018, § 32 Rn. 19). Dies ist jedenfalls bei § 826 BGB - auf den sich der Kläger berufen hat - der Fall.

Der schädigende Erfolg ist dabei hier am Wohnsitz des Klägers eingetreten (vgl. BeckOK-ZPO/Touissant, 24. Edition, § 32 Rn. 12.1) - mithin im Bezirk des Landgerichts Bamberg.

B.

Die Klage ist überwiegend begründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß § 826 BGB ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 17.239,59 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie ein Anspruch auf Erstattung (anteiliger) vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.

Die Voraussetzungen dieser Norm - wonach derjenige, der durch ein als sittenwidrig zu qualifizierendes, vorsätzliches Verhalten eines anderen einen Schaden erlitten hat, Anspruch auf Ersatz dieses Schadens hat - liegen vor (so im Ergebnis - mit in Einzelheiten divergierenden Begründungen - auch eine Vielzahl anderer aktueller landgerichtlicher Entscheidungen, etwa: LG Heilbronn, Urteil vom 22.05.2018 - 6 O 35/18; LG Kiel, Urteil vom 18.05.2018 - 12 O 371/17; LG Hamburg, Urteil vom 18.05.2018 - 308 O 308/17; LG Bonn, Urteil vom 07.03.2018 - 19 O 327/17; LG Krefeld, Urteil vom 28.02.2018 - 7 O 10/17; LG Köln, Urteil vom 26.02.2018 - 19 O 109/17; LG Duisburg. Urteil vom 19.02.2018 - 1 O 178/17; LG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2018 - 7 O 212/16; LG Stuttgart, Urteil vom 08.02.2018 - 19 O 68/17; LG Wuppertal, Urteil vom 16.01.2018 - 4 O 295/17; LG Arnsberg, Urteil vom 12.01.2018 - 2 O 134/17, LG Bochum, Urteil vom 29.12.2017 - 6 O 96/17; LG Essen, Urteil vom 19.10.2017 - 9 O 33/17; LG Bielefeld, Urteil vom 16.10.2017 - 6 O 149/16; LG Mainz, Urteil vom 27.07.2017 - 4 O 196/16; LG Mönchengladbach, Urteil vom 11.07.2017 - 1 O 320/16; LG Lüneburg, Urteil vom 29.06.2017 - 3 O 204/16, die in der Folge vielfach in Bezug genommen und zum Teil wörtlich zitiert werden).

I.

Dem Kläger ist durch den Erwerb des streitgegenständlichen Pkw ein Schaden im Sinne von § 826 BGB entstanden.

1. Ein Schaden im Sinne von § 826 BGB ist nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, in dem Sinne, dass sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt.

Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist vielmehr subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen oder nachteilige Einwirkungen auf die Vermögenslage umfasst sind, wie - bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit - die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch Eingehung eines nachteiligen Geschäfts (BGH, Urteil vom 19.07.2004 - II ZR 402/02 = zitiert nach juns; BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 = BGHZ 161, 361 BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 = zitiert nach juris; Münchener Kommentar zum BGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 41 ff.). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 = BGHZ 192, 90).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze - denen das Gericht folgt - stellt bereits die Tatsache, dass der Kläger aufgrund des Verschweigens der Beklagten über den Einsatz der Umschaltlogik bzw. der Motorsteuerungssoftware einen für ihn ungewollten wirtschaftlich nachteiligen Vertrag (Anlage K 1) mit dem Veräußerer des streitgegenständlichen Pkws geschlossen hat, einen derartigen Schaden dar, da sein Vermögen bereits dadurch - unabhängig von einem messbaren Vermögensnachteil durch einen entstehenden Wertverlust - mit einer ungewollten Verbindlichkeit negativ belastet ist.

a) Die wirtschaftliche Nachteiligkeit des Vertrags für den Kläger ergibt sich dabei schon daraus, dass der Kläger nicht das erhalten hat, was ihm nach dem Kaufvertrag zustand, nämlich ein technisch einwandfreies, den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug.

Stattdessen hat der Kläger einen Vertrag über einen Pkw geschlossen, der zwar formal über eine erteilte EG-Typgenehmigung verfügte, in den aber gleichzeitig eine unzulässige Abschaltvorrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 S. 1 VO (EG) 715/2007 i.V.m. Art. 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007 eingebaut war, die einer Zulassung objektiv entgegenstand.

(1) Die objektiven Zulassungsvoraussetzungen in Bezug auf Abschaltvorrichtungen ergeben sich aus folgenden Normen:

Gemäß Art. 10 Abs. 1 EG-VO 715/2007 erteilt die nationale Zulassungsbehörde die Typgenehmigung, wenn das betreffende Fahrzeug den Vorschriften der Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen entspricht.

Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) darf eine EG-Typgenehmigung nur erteilt werden, wenn die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellenden Ergebnis durchgeführt wurden.

Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 hat der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht.

Gemäß Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinnchtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Nach Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 ist eine „Abschalteinrichtung“ ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.

(2) Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügte nach Auffassung des Gerichts über eine unzulässige Abschalteinrichtung im derartigen Sinne, so dass die Voraussetzungen für die Erteilung der EG-Typgenehmigung nicht vorliegen.

Die von der Beklagten geschilderte Umschaltlogik - d.h. der Betrieb in zwei verschiedenen Betriebsmodi, bei Rückführung von Emissionen aus dem Verbrennungsprozess durch eine Abgasrückführung teilweise wieder in den Verbrennungsprozess hinein - ist Teil eines Emissionskontrollsystems im Sinne von Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007. Die Emissionen werden ersichtlich kontrolliert und gesteuert: Die Motorsteuerung, die den Prüfzyklus erkennt, schaltet im Modus 0 (regulärer Straßenbetrieb) die Abgasrückführung, die der Kontrolle der Emissionen und der Reduzierung des Schadstoffausstoßes dient, ab.

Soweit die Beklagte dies durch eine Unterscheidung zwischen „so genannten innermotorischen Maßnahmen“ und denjenigen der „Abgasreinigung im Emissionskontrollsystem“ in Zweifel zieht, „lässt sich eine derartige Unterscheidung der Verordnung nicht entnehmen, und widerspricht offensichtlich deren Zweck. Die Emissionskontrolle im Sinne der Verordnung ist nicht auf die Abgasreinigung beschränkt. Durch die Rückführung eines Teils der Abgase (Emissionen) in den Verbrennungsprozess im Motor werden die Emissionen kontrolliert. Durch die Fahrzykluserkennung wird dieser Teil des Kontrollsystems abgeschaltet. Die Auslegung der Beklagten widerspricht auch offensichtlich dem Zweck der Verordnung, wonach das Testverfahren möglichst das Verhalten des Fahrzeugs unter normalen Betriebsbedingungen widerspiegeln soll. So schreibt Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ausdrücklich vor, dass der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten hat, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Erwägungsgrund 15 der Verordnung weist auf das Ziel hin, dass die bei den Typgenehmigungsprüfungen gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen sollen. Die Motorsteuerung der Beklagten knüpft demgegenüber nicht an bestimmte Betriebszustände oder Umweltbedingungen an, sondern ausschließlich an die Feststellung des NEFZ, zielt also bewusst auf eine Steuerung der Emissionen für den Ausnahmefall der Genehmigungsprüfung.“ (so zutreffend LG Stuttgart, Urteil vom 08.02.2018 - 19 O 68/17 = zitiert nach juris; inhaltlich ebenso beispielhaft: LG Krefeld, Urteil vom 19.07.2071 - 7 O 147/16 = zitiert nach juris, LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 - 3 O 193/16 = zitiert nach juris; LG Offenburg, Urteil vom 12.05.2017 - 6 O 199/16 = zitiert nach juris; LG Düsseldorf - Urteil vom 09.02.2018 - 7 O 212/16 = zitiert nach juris).

b) Die durch den wirtschaftlich nachteiligen Vertrag begründete Verbindlichkeit war für den Kläger ersichtlich auch ungewollt:

Dies folgt schon daraus, dass bei verständiger Würdigung und unter lebensnaher Betrachtung kein durchschnittlich informierter und wirtschaftlich vernünftig denkender Kunde ein Fahrzeug mit dieser Motorsteuerungssoftware erwerben würde, wenn die Beklagte (oder der Verkäufer) ihn vor dem Kauf darauf hinweisen würde, dass die Software nicht gesetzeskonform ist und er deshalb jedenfalls für den Fall der Entdeckung der Manipulation durch das KBA (wenn auch erst in einigen Jahren) mit Problemen bis hin zum Entzug der Zulassung rechnen muss.

Ein Durchschnittskäufer kann und muss nicht davon ausgehen, dass die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandslauf erkannt wird und über eine entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird.

Insoweit kann auch zwanglos davon ausgegangen werden, dass die Gesetzmäßigkeit des Fahrzeugs schon allein wegen des Einflusses der Manipulation auf die Schadstoffklasseneingruppierung - mit den damit verbundenen steuerlichen und sonstigen Folgen - und die Zulassung des Fahrzeugs für die Kaufentscheidung immer von Bedeutung ist, ohne dass es auf konkrete Äußerungen im Verkaufsgespräch ankäme (so auch LG Arnsberg, Urteil vom 14.06.2017 - 1 O 227/16 = zitiert nach juris; LG Kleve, Urteil vom 31.03.2017 - 3 O 252/16 = zitiert nach juris).

Bei gehöriger Aufklärung hätte er vielmehr erkannt, dass sich aus der geschilderten Problematik die Gefahr der Stilllegung des Fahrzeugs sowie die Gefahr eines massiven Wertverlustes der Kaufsache ergeben und vom Kauf abgesehen (wofür nach Auffassung des LG Duisburg (Urteil vom 19.02.2018 - 1 O 178/17 = zitiert nach juris) bereits ein Anscheinsbeweis spricht), zumal zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses nicht absehbar gewesen wäre, dass die Beklagte kurzfristig in der Lage ist, ein Software-Update zu entwickeln, dass tatsächlich die Zulassungsfähigkeit herstellt ohne negative Auswirkungen für das Fahrzeug mit sich zu bringen. Selbst das jetzt vorliegende Update berücksichtigt nach dem Vortrag der Beklagten die Erkenntnisse aus der Weiterentwicklung des Diesel-Brennverfahrens der letzten zehn Jahre, die damals noch gar nicht vorlagen.

Der Käufer eines Fahrzeuges erwartet regelmäßig, dass er sein Fahrzeug dauerhaft und uneingeschränkt nutzen kann und er sich nicht zu einem ungewissen Zeitpunkt in der Zukunft damit konfrontiert sieht, dass ein Entzug der Zulassung und bei Weiterveräußerung des Fahrzeugs ein massiver Wertverlust droht.

Objektive Anhaltspunkte dafür, dass dies im konkreten Fall ausnahmsweise anders war - der Kläger das Fahrzeug mithin auch in Kenntnis der Umschaltlogik zu den vereinbarten Konditionen erworben hätte - sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

c) Soweit von Beklagtenseite und teilweise auch in der Rechtsprechung (vgl. LG Köln, Urteil vom 07.10.2016 - 7 O 138/16 LG Ellwangen, Urteil vom 10.06.2016 - 5 O 385/15 LG Braunschweig, Urteil vom 19. Mai 2017 - 11 O 4153/16 - jeweils zitiert nach juris) die Auffassung vertreten wird, eine Haftung nach § 826 BGB scheide schon deshalb aus, weil die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen, gegen die die Beklagte durch den Einsatz der Software und die Manipulation des Prüfungsverfahrens verstoßen hat, nicht dem Schutz individueller Vermögensinteressen, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen diene, und deshalb Vermögensschäden im Zusammenhang mit dem Verstoß der Beklagten nicht unter den Schutzbereich des § 826 BGB fielen, folgt das Gericht dieser Auffassung nicht.

„Die Haftung aus § 826 BGB hängt nicht davon ab, auf welchem Weg und unter Verstoß gegen welche gesetzlichen Vorschriften der Schädiger gehandelt hat (vgl. LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 - 3 O 139/16; LG Frankfurt (Oder). Urteil vom 17.07.2017 - 13 O 174/16 - jeweils zitiert nach juris). Es steht auch nicht zu befürchten, dass es andernfalls zu einer Ausuferung der Haftung kommen wurde: Der Schädiger haftet allein für die durch seine sittenwidrige Schädigung verursachten Vermögensschäden, der Kreis der Ersatzberechtigten wird dadurch eingegrenzt, dass der Schädiger hinsichtlich der Schädigung mit Vorsatz handeln muss (s.u.) und dadurch diejenigen Personen, deren Vermögensschäden zu ersetzen sind, von vornherein ausreichend genau bestimmt werden; erfasst werden im vorliegenden Fall nämlich nur die Erwerber der von der Manipulation betroffenen Fahrzeuge. Im Übrigen übersieht die vorzitierte Rechtsauffassung, dass der Beklagten nicht allein ein Verstoß gegen das Genehmigungsverfahren anzulasten ist, sondern insbesondere, dass sie der Allgemeinheit und den betroffenen Fahrzeugkäufem durch ihre öffentlichen Angaben und die - von ihr zu verantwortenden Übereinstimmungsbescheinigungen - suggeriert, dass die Fahrzeuge bestimmte technische Eigenarten aufweisen, die tatsächlich nicht gegeben sind. Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB hängt schließlich auch nicht davon ab, ob der Käufer seinen Vermögensschaden von einer anderen Person ersetzt verlangen kann. Das Bestehen von kaufrechtlichen Ansprüchen gegen den Verkäufer schließt deliktische Ansprüche gegen einen Dritten nämlich keinesfalls aus.“ (so zutreffend LG Duisburg, Urteil vom 19.02.208 - 1 O 178/17 = zitiert nach juris; sowie inhaltlich ebenso LG Hildesheim, Urteil vom 17.01.2017 - 3 O 139/16 LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17.07.2017 - 13 O 174/16 - jeweils zitiert nach juris).

II.

Der Schaden des Klägers beruht auch auf einem Verhalten der Beklagten.

Diese hat den Motor des streitgegenständlichen Pkws mit Abschalteinrichtung entwickelt, produziert und zur Verfügung gestellt, was dazu geführt hat, dass durch das Vorspiegeln scheinbar zulässiger Emissionswerte gegenüber dem KBA die EG-Typgenehmigung erschlichen wurde und das Fahrzeug schließlich durch ihr Tochterunternehmen so vertreiben lassen, dass es in den Verkehr gelangt.

Dieses Verhalten war für den Schadenseintritt (Eingehung des wirtschaftlich nachteiligen und ungewollten Vertrages) auch unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm adäquat kausal, wobei dies ausdrücklich auch im Falle eines Gebrauchtwagenkaufs anzunehmen ist, denn Fahrzeuge werden häufig vom Ersterwerber an Zweit- und Folgeerwerber weiterveräußert. Dabei knüpft jeder Erwerber unabhängig von der Person des Verkäufers an das Fahrzeug die Erwartung, dass er dieses dauerhaft und ohne Gefahr des Widerrufs der Typengenehmigung und der Stilllegung nutzen - diese geradezu selbstverständliche Erwartung prägt geradezu den Wert des Fahrzeugs und stellt ein offenbar wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar (so auch LG Stuttgart, Urteil vom 08.02.2018 - 19 O 68/17 = zitiert nach juris).

III.

Das Verhalten der Beklagten ist als sittenwidrig zu qualifizieren.

1. Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (st. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124). In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob die Handlung nach seinem aus der Zusammenfassung von inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (vgl. BGH, Urteil vom 06.05.1999 - VII ZR 132/97, BGHZ 141, 357, 361 Urteil vom 19.07.2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157; Urteil vom 03.12.2013 - XI ZR 295/12, WM 2014, 71, Rn. 23 m.w.N.). Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2013 - VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380, Rn. 8 m.w.N.). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden verwerflich machen (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2010 - VI ZR 124/09, WM 2010, 2256, Rn. 12 Urteil vom 20.11.2012 - VI ZR 268/11, WM 2012, 2377, Rn. 25 jeweils m.w.N.). Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler BGB [2014] § 826, Rn. 31).

2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze - denen das Gericht folgt - ist das Verhalten der Beklagten als sittenwidrig zu qualifizieren:

Die berechtigten Verkehrserwartungen gehen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt und er sich nicht durch falsche Angaben zu wichtigen zulassungsrelevanten Eigenschaften eine Typgenehmigung erschleicht. Dabei wird eine sehr hohe Sorgfalt erwartet, weil das Handeln von einer großen Tragweite sowohl für die Mobilität als auch das Vermögen der einzelnen (zigtausend bis Millionen) Kunden, als auch für die Umwelt (bei in großer Stückzahl produzierten Fahrzeugen hohen Auswirkungen auf die Umweltbelastung und damit wiederum für die Gesundheit der Allgemeinheit) ist und Verstöße zu hohen Schäden führen können. „Den europäischen Normen entsprechend erwartet der Verbraucher objektive und genaue, und somit wahrheitsgemäße Informationen. Verbrauchs- und Emissionswerte haben allgemein eine hohe Bedeutung bei den Anschaffungsentscheidungen. Die allgemeine Verkehrserwartung geht auch dahin, dass sich ein Hersteller nicht durch falsche Angaben oder durch Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Werten Wettbewerbsvorteile verschafft. An die Redlichkeit werden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage ist.

Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte in einem erheblichen Maße verstoßen. Die Installation einer Abschalteinrichtung widersprach offensichtlich den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit - wie die Beklagte selbst vorträgt - keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift und erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen nicht. Unstreitig wurde die Beklagte durch den Hersteller der Software, die Firma Bosch, vor dem gesetzeswidrigen Einsatz der Software gewarnt. Das Handeln entgegen dieser Warnung verstärkt das Unwerturteil.

Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns ist der hohe Schaden, den die Beklagte verursacht hat, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen, das die Beklagte in Kauf genommen hat. Der Beklagten war bewusst, dass sie die Anforderungen der Abgasnormen nicht ohne die unzulässige Abschalteinrichtung erfüllen konnte. Dies folgt bereits aus der Installation der Software, die speziell eine Motorsteuerung für den Prüfzyklus vorsah, und somit für die Prüfung nicht geeignete Emissionswerte erzeugte. Als Automobilhersteller war ihr weiter bekannt, dass sie keine rechtsbeständige EG-Typgenehmigung durch eine Täuschung im Prüfverfahren erhalten kann und somit die Gefahr des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden war angesichts der hohen Stückzahl der produzierten Motoren enorm. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthält ein hohes Maß an Skrupellosigkeit. Gleichzeitig hat sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.“ (so zutreffend LG Stuttgart, a.a.O.).

„Die daraus zu entnehmende Gesinnung, aus Gewinnstreben massenhaft die Käufer der so produzierten Autos bei ihrer Kaufentscheidung zu täuschen, die Wettbewerber zu benachteiligen und die Umwelt so zu schädigen, dass Gesundheitsgefahren [für die Allgemeinheit] drohen, weil die Schadstoffwerte (NOx) erhöht werden, lässt das Verhalten insgesamt als sittenwidrig erscheinen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Anschaffung eines Fahrzeugs für einen Verbraucher in der Regel um eine wirtschaftliche Entscheidung von erheblichem Gewicht handelt und ein Verbraucher als technischer Laie die Manipulation nicht erkennen kann. Die Beklagte hat die Ahnungslosigkeit des Verbrauchers bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt, was eine besonders verwerfliche Vorgehensweise darstellt. Mit der Motorsteuerungssoftware wurde mit erheblichem Aufwand ein System zur planmäßigen Verschleierung gegenüber Behörden und Verbrauchern geschaffen, um den Umsatz und Gewinn durch die bewusste Täuschung zu steigern.“ (so zutreffend LG Krefeld, Urteil vom 28.02.2018 - 7 O 10/17 = zitiert nach juris m.w. Nachweisen).

Die subjektive Kenntnis der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände war bei den handelnden Personen unzweifelhaft gegeben.

IV.

Die Beklagte hat dabei auch vorsätzlich gehandelt, wobei sie sich das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten zurechnen lassen muss.

1. Die schädigende Handlung ist der Beklagten nach § 31 BGB (analog) zuzurechnen.

a) Die Haftung einer juristischen Person setzt voraus, dass ein verfassungsmäßig berufener Vertreter im Sinne des § 31 BGB den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 826 BGB verwirklicht (BGH, Urteil vom 28.06.2016 - VI ZR 536/16 = zitiert nach juris).

Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich des § 31 BGB bei Organisationsmängeln erweitert (Palandt-Ellenberger, BGB - Kommentar, 77. Aufl. 2018, § 31 Rn. 7), denn juristische Personen sind verpflichtet, den Gesamtbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass für alle wichtigen Aufgabengebiete ein verfassungsmäßiger Vertreter zuständig ist, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft. Entspricht die Organisation diesen Anforderungen nicht, muss sich die juristische Person so behandeln lassen, als wäre der tatsächlich eingesetzte Verrichtungsgehilfe ein verfassungsmäßiger Vertreter (vgl. BGH, Urteil vom 08.07.1980 - VI ZR 158/78 = NJW 1980, 2810).

b) Hier hat die Beklagte jedenfalls entgegen der sie treffenden sekundären Darlegungslast nicht dargelegt, dass sie den Organisationsanforderungen gerecht geworden ist.

Bei dem Einbau einer manipulierten Motorsteuerungssoftware - die zudem noch von einem Drittunternehmen entwickelt wird - handelt es sich offensichtlich nicht um das Augenblicksversagen eines einzelnen Mitarbeiters, sondern um eine wesentliche strategische Entscheidung mit enormer wirtschaftlicher Bedeutung - wie insbesondere die finanziellen Folgen des Abgasskandals zeigen - und Risiken, bei der millionenfach in den Motor (das „Herzstück“ des Fahrzeuges) eingegriffen wird.

Selbst wenn - wie die Beklagte vorträgt (zur Frage einer direkten Zurechnung unter einer sekundären Darlegungslast der Beklagten insoweit etwa LG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2018 - 7 O 212/16 = zitiert nach juris; LG Stuttgart, Urteil vom 08.02.2018 = zitiert nach juris; LG Bonn, Urteil vom 07.03.2018 - 19 O 327/17 = zitiert nach juris) - kein Vorstandsmitglied Kenntnis von dieser Entscheidung hatte, sondern diese weitreichende Entscheidung tatsächlich von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneter Arbeitsebene getroffen worden sein sollte, läge insoweit offenbar ein massives Organisationsdefizit vor, so dass sich die Beklagte so behandeln lassen muss, als wären die handelnden Mitarbeiter ihre verfassungsmäßigen Vertreter (so auch LG Essen, Urteil vom 28.08.2017 - 4 O 114/17 = zitiert nach juris; LG Düsseldorf, Urteil vom 09.02.2018 - 7 O 212/16 = zitiert nach juris).

2. Die der Beklagten zuzurechnende Handlung war auch vorsätzlich, da die handelnden Personen jedenfalls Art und Richtung des Schadens (massenhafter Abschluss von Kaufverträgen über Fahrzeuge, deren EG-Typgenehmigung erschlichen war) und die Schadensfolgen (Begehr auf Rückgängigmachung des Kaufvertrages) vorausgesehen und zumindest billigend in Kauf genommen haben.

V.

Als Rechtsfolge kann der Kläger Schadensersatz nach § 249 Abs. 1 BGB fordern - er hat mithin Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre.

1. Nachdem davon auszugehen ist, dass der Kläger bei Kenntnis des Sachverhalts und der damit verbundenen Risiken für den Fortbestand der Betriebserlaubnis einerseits und des Wertes des Fahrzeugs andererseits den Kaufvertrag über den streitgegenständlichen Pkw nicht geschlossen hätte und damit der Schaden bereits bei Eingehung des Vertrages bzw. mit Vertragsschluss entstanden ist, ist er so zu stellen, als hätte er den Vertrag nicht geschlossen.

Er hat folglich Anspruch auf Zahlung des unstreitigen Kaufpreises in Höhe von 21.900,- €, muss jedoch gleichzeitig im Wege des Vorteilsausgleichs das streitgegenständliche Fahrzeug an die Beklagte herausgeben und übereignen (dem ist in Form einer Zug um Zug Verurteilung Rechnung zu tragen) sowie sich die gezogenen Nutzungen anrechnen lassen.

2. Dass die Beklagte Nacherfüllung in Form des Aufspielens eines mit dem KBA abgestimmten Software-Updates angeboten hat, ist ohne Relevanz. Der Geschädigte muss sich vom Schädiger nicht das Festhalten an dem Vertrag aufdrängen lassen, zumal die (etwaig nachteiligen) Folgen des Software-Updates möglicherweise erst nach einem längeren Dauerbetrieb auftreten und nur mittels kostspieligen Sachverständigengutachtens geklärt werden können (so auch LG Stuttgart, Urteil vom 08.02.2018, 19 O 68/17 = zitiert nach juris). Eine Beweisaufnahme über die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung dargestellten - und von der Beklagten bestrittenen - nachteiligen Veränderungen des Fahrzeugs nach Aufspielen des Updates konnte daher unterbleiben.

3. Die Höhe des Nutzungsvorteils berechnet sich auf Grundlage der Formel Bruttokaufpreis × gefahrene km / Gesamtlaufleistung.

Hierbei geht das Gericht nach § 287 ZPO von einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km aus, was bei einem neueren Dieselfahrzeug durchaus realistisch erscheint (so etwa auch LG Duisburg, Urteil vom 19.02.2018 - 1 O 178/17 = zitiert nach juris; LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17.07.2017 - 13 O 174/16 = zitiert nach juris; LG Krefeld, Urteil vom 12.07.2017 - 7 O 159/16 = zitiert nach juris; LG Tier, Urteil vom 07.06.2017 - 5 O 298/16 = zitiert nach juris).

Die tatsächlich gefahrenen Kilometer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung entnimmt das Gericht den unstreitigen Angaben beider Parteien, die nach Vorlage der Fotografie des Tachos des Klägers übereinstimmend einen km-Stand von 73.445 km angegeben haben.

Die Berechnung der Nutzungsentschädigung erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen - Kaufpreis × gefahrene Kilometer / 300.000 km - Kilometer bei Erwerb des Fahrzeugs.

Dies ergibt unter Berücksichtigung des km-Standes beim Erwerb (12.200 km) eine Nutzungsentschädigung von 4.660,41 €, die mit dem Kaufpreis - ohne dass es einer Gestaltungserklärung oder Einrede des Schädigers bedarf (vgl. BGH, NJW 2015, 3160) - zu verrechnen ist (21.900,- € - 4.660,41 € = 17.239,59 €).

Nachdem die Nutzung während der gesamten Besitzzeit des Klägers - trotz der Umschaltlogik - nicht beeinträchtigt war, kann aus dem bloßen Umstand der Mangelhaftigkeit nicht abgeleitet werden, dass Nutzungsentschädigung nicht geschuldet ist (so auch LG Hamburg, Urteil vom 18.05.2018 - 308 O 308/17 = zitiert nach juris).

Insgesamt ergibt sich danach ein Zahlungsanspruch von € 17.239,59, der Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu erfüllen ist.

VI.

1. Zu verzinsen ist die Forderung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung, § 291 BGB. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger die Laufleistung erstmals mitgeteilt, so dass die Beklagte ab diesem Zeitpunkt den von ihr geschuldeten Schadenersatz ermitteln konnte. Die Pflicht zur Zinszahlung kann der Beklagten dann billigerweise auferlegt werden, nachdem sie die Klageforderung schon dem Grunde nach bestreitet und nicht einmal zur Zahlung des tatsächlich geschuldeten Geldbetrags bereit ist (vgl. Landgericht Kiel, Urteil vom 18.05.2018, Az. 12 O 371/17 - zitiert nach juris).

2. Der Kläger hat dagegen keinen Anspruch auf Verzinsung der Geldschuld ab einem früheren Zeitpunkt aus den §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Verzug ist vorgerichtlich nicht eingetreten. Der Kläger hat die Herausgabe des Fahrzeugs außergerichlich nur gegen Zahlung des vollen Kaufpreises angeboten und der Beklagten den Kilometerstand des Fahrzeugs nicht mitgeteilt.

Voraussetzung für einen Anspruch auf Verzugszinsen ist jedoch, dass die geltend gemachte Forderung fällig ist. Diese ist beim vorliegenden Zug um Zug-Antrag des Klägers, welcher auch im Schreiben vom 21.06.2018 (K10) enthalten war, nicht der Fall, da der Beklagten ein Zurückbehaftungsrecht aus § 320 BGB zusteht. Hierbei genügt das bloße Bestehen von § 320 BGB (vgl. Palandt/Grüneberg, 77. Auflage 2018, § 320 Randnr. 12).

Etwas anderes würde nur dann anzunehmen sein, wenn sich der Gläubiger bereits mit der Leistung in Annahmeverzug befindet. Dies ist hier jedoch nicht der Fall (vgl. sogleich unter C.).

3. Aus demselben Grund schuldet die Beklagte auch keine Prozesszinsen aus § 291 BGB ab Rechtshängigkeit. Die Vorschrift setzt bei unbezifferten Forderungen voraus, dass die Grundlagen für die Bemessung im Zeitpunkt der Klagerhebung mitgeteilt werden (vgl. Staudinger/Manfred Löwisch/Cornelia Feldmann (2014) BGB § 291, Rn. 8), was hier mangels Mitteilung der Laufleistung in der Klageschrift nicht der Fall gewesen ist. „Der Schadensersatzanspruch ist von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile herausgegeben werden. Dazu bedarf es keines besonderen Antrags oder einer Einrede des Schuldners“ (vgl. NJW-RR 2005, 170, m.w.N. - beck-online). Eben dieser Besonderheit des Schadensersatzanspruchs hätte der Kläger mit seinem Klageantrag durch Angabe der aktuellen Laufleistung des Fahrzeugs Rechnung tragen müssen, hat dies jedoch erst in der mündlichen Verhandlung getan.

VII.

Dem Kläger steht weiter gemäß §§ 826, 249 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € (1,3 Geschäftsgebühr zzgl. 20,- € Pauschale zzgl. MWSt aus 17.239,59 €) zu.

Die Zinsforderung folgt wiederum aus § 291 BGB. Ein vorheriger Verzugszeitpunkt ist nicht eingetreten (vgl. oben unter B. VI.)

C.

Der Antrag des Klägers auf Feststellung des Annahmeverzuges war indes abzuweisen (§ 256 Abs. 1, 293 f. BGB).

Im vorprozessualen Schreiben vom 09.05.2018 (K10) wurde von jeglichem Ansatz von Nutzungsentschädigung abgesehen, so dass die Forderung in nicht unerheblichem Maße überhöht war.

Eine solche Zuvielforderung hindert indes den Eintritt des Annahmeverzuges, weil die potentiell weitreichenden Folgen des Annahmeverzuges (§§ 300 ff. BGB) dem Gläubiger billigerweise nicht aufgebürdet werden können, wenn sich der Schuldner zur Herausgabe selbst gegen Erhalt der ihm seinerseits zustehenden Leistung nicht bereit erklärt (vgl. insbesondere LG Kiel, Urteil vom 18.05.2018 - 12 O 371/17 = zitiert nach juris mit umfangreichen Rechtsprechungsnachweisen;

LG Köln, Urteil vom 26.02.2018 - 19 O 109/17 = zitiert nach juris).

VII.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, 2 ZPO.

Der Streitwert wurde gemäß § 3 ZPO, 63 GKG festgesetzt.

Der Streitwert ergibt sich aus folgenden Ansätzen:

- Antrag zu 1)

21.900,00 €

- Antrag zu 2)

0,00 €

(vgl. BGH, Beschluss vom 20.06.2017 - XI ZR 109/17)

- Antrag zu 3)

0,00 €

(§ 4 ZPO)

Verkündet am 06.02.2019

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Dez. 2004 - VI ZR 306/03

bei uns veröffentlicht am 21.12.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 306/03 Verkündet am: 21. Dezember 2004 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Okt. 2013 - VI ZR 124/12

bei uns veröffentlicht am 15.10.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 124/12 Verkündet am: 15. Oktober 2013 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Juni 2017 - XI ZR 109/17

bei uns veröffentlicht am 20.06.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XI ZR 109/17 vom 20. Juni 2017 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:200617BXIZR109.17.0 Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juni 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr

Landgericht Kiel Urteil, 18. Mai 2018 - 12 O 371/17

bei uns veröffentlicht am 18.05.2018

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei 18.412,37 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 1.100,51 € seit dem 12.01.2018 und auf weitere 17.311,86 € seit dem 20.01.2018 zu zahlen,

Landgericht Hamburg Urteil, 18. Mai 2018 - 308 O 308/17

bei uns veröffentlicht am 18.05.2018

Tenor 1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 27.993,95 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2017 abzüglich weiterer Nutzungsentschädigung in Höhe von € 0,1331 pro ab dem Kilome

Landgericht Stuttgart Urteil, 08. Feb. 2018 - 19 O 68/17

bei uns veröffentlicht am 08.02.2018

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten für Schäden, die ihm aus der bei Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware bezüglich des Fahrzeugs Audi A4, FIN: ..., du

Landgericht Trier Urteil, 07. Juni 2017 - 5 O 298/16

bei uns veröffentlicht am 07.06.2017

Tenor 1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 9.872,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.10.2016 zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Pkw VW Touran mit der Fah

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15

bei uns veröffentlicht am 28.06.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES TEILVERSÄUMNIS- und ENDURTEIL VI ZR 536/15 Verkündet am: 28. Juni 2016 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Okt. 2014 - VI ZR 15/14

bei uns veröffentlicht am 28.10.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR15/14 Verkündet am: 28. Oktober 2014 Holmes Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.

(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn

1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder
3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.

(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.

(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.

(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Neue Fahrzeuge, selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG, nach Anhang IV der Richtlinie 2002/24/EG oder nach Anhang III der Richtlinie 2003/37/EG vorgeschrieben ist, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind. Dies gilt nicht für Fahrzeuge im Sinne des Artikels 8 der Richtlinie2003/37/EG.

(2) Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 19 der Richtlinie 2007/46/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang IV in Verbindung mit Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie 2007/46/EG genannten Rechtsakte genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie 2002/24/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang I der Richtlinie 2002/24/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Sofern für selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2002/24/EG fallen, die jeweilige Einzelrichtlinie oder Einzelverordnung auch die Anbringung eines Typgenehmigungszeichens vorschreibt, ist die Übereinstimmungsbescheinigung nach Absatz 1 entbehrlich. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 2003/37/EG entsprechend gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang II der Richtlinie 2003/37/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind.

(3) Neue Fahrzeuge, für die eine nationale Kleinserien-Typgenehmigung nach Artikel 23 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Typgenehmigungsbogen nach Artikel 23 Absatz 5, 6 und 7 der Richtlinie 2007/46/EG oder einer Datenbestätigung nach § 12 versehen sind. § 12 Absatz 1 Satz 2 findet Anwendung.

(4) Neue Fahrzeuge, für die eine Einzelgenehmigung nach Artikel 24 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Einzelgenehmigungsbogen nach Artikel 24 Absatz 5 der Richtlinie 2007/46/EG versehen sind.

(5) Teile oder Ausrüstungen nach Anhang XIII der Richtlinie 2007/46/EG dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert, in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn für diese eine Autorisierung nach Artikel 31 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde und durch eine Bescheinigung nachgewiesen wird.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Veränderungen der Luft verursacht, die geeignet sind, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(2) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft außerhalb des Betriebsgeländes freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht nach Absatz 2 mit Strafe bedroht ist.

(4) Handelt der Täter in den Fällen der Absätze 1 und 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 3 leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Schadstoffe im Sinne der Absätze 2 und 3 sind Stoffe, die geeignet sind,

1.
die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen oder
2.
nachhaltig ein Gewässer, die Luft oder den Boden zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu verändern.

(7) Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, gilt nicht für Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Neue Fahrzeuge, selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG, nach Anhang IV der Richtlinie 2002/24/EG oder nach Anhang III der Richtlinie 2003/37/EG vorgeschrieben ist, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind. Dies gilt nicht für Fahrzeuge im Sinne des Artikels 8 der Richtlinie2003/37/EG.

(2) Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 19 der Richtlinie 2007/46/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang IV in Verbindung mit Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie 2007/46/EG genannten Rechtsakte genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie 2002/24/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang I der Richtlinie 2002/24/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Sofern für selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2002/24/EG fallen, die jeweilige Einzelrichtlinie oder Einzelverordnung auch die Anbringung eines Typgenehmigungszeichens vorschreibt, ist die Übereinstimmungsbescheinigung nach Absatz 1 entbehrlich. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 2003/37/EG entsprechend gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang II der Richtlinie 2003/37/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind.

(3) Neue Fahrzeuge, für die eine nationale Kleinserien-Typgenehmigung nach Artikel 23 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Typgenehmigungsbogen nach Artikel 23 Absatz 5, 6 und 7 der Richtlinie 2007/46/EG oder einer Datenbestätigung nach § 12 versehen sind. § 12 Absatz 1 Satz 2 findet Anwendung.

(4) Neue Fahrzeuge, für die eine Einzelgenehmigung nach Artikel 24 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Einzelgenehmigungsbogen nach Artikel 24 Absatz 5 der Richtlinie 2007/46/EG versehen sind.

(5) Teile oder Ausrüstungen nach Anhang XIII der Richtlinie 2007/46/EG dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert, in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn für diese eine Autorisierung nach Artikel 31 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde und durch eine Bescheinigung nachgewiesen wird.

(1) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Veränderungen der Luft verursacht, die geeignet sind, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(2) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft außerhalb des Betriebsgeländes freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht nach Absatz 2 mit Strafe bedroht ist.

(4) Handelt der Täter in den Fällen der Absätze 1 und 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 3 leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Schadstoffe im Sinne der Absätze 2 und 3 sind Stoffe, die geeignet sind,

1.
die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen oder
2.
nachhaltig ein Gewässer, die Luft oder den Boden zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu verändern.

(7) Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, gilt nicht für Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Neue Fahrzeuge, selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG, nach Anhang IV der Richtlinie 2002/24/EG oder nach Anhang III der Richtlinie 2003/37/EG vorgeschrieben ist, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen sind. Dies gilt nicht für Fahrzeuge im Sinne des Artikels 8 der Richtlinie2003/37/EG.

(2) Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 19 der Richtlinie 2007/46/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang IV in Verbindung mit Artikel 3 Nummer 1 der Richtlinie 2007/46/EG genannten Rechtsakte genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie 2002/24/EG gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang I der Richtlinie 2002/24/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind. Sofern für selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2002/24/EG fallen, die jeweilige Einzelrichtlinie oder Einzelverordnung auch die Anbringung eines Typgenehmigungszeichens vorschreibt, ist die Übereinstimmungsbescheinigung nach Absatz 1 entbehrlich. Selbstständige technische Einheiten oder Bauteile, die nach Artikel 6 Absatz 3 der Richtlinie 2003/37/EG entsprechend gekennzeichnet werden müssen, dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie den Anforderungen der in Anhang II der Richtlinie 2003/37/EG genannten Einzelrichtlinien genügen und entsprechend gekennzeichnet sind.

(3) Neue Fahrzeuge, für die eine nationale Kleinserien-Typgenehmigung nach Artikel 23 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Typgenehmigungsbogen nach Artikel 23 Absatz 5, 6 und 7 der Richtlinie 2007/46/EG oder einer Datenbestätigung nach § 12 versehen sind. § 12 Absatz 1 Satz 2 findet Anwendung.

(4) Neue Fahrzeuge, für die eine Einzelgenehmigung nach Artikel 24 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde, dürfen im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einem gültigen Einzelgenehmigungsbogen nach Artikel 24 Absatz 5 der Richtlinie 2007/46/EG versehen sind.

(5) Teile oder Ausrüstungen nach Anhang XIII der Richtlinie 2007/46/EG dürfen zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert, in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, wenn für diese eine Autorisierung nach Artikel 31 der Richtlinie 2007/46/EG erteilt wurde und durch eine Bescheinigung nachgewiesen wird.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Veränderungen der Luft verursacht, die geeignet sind, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(2) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft außerhalb des Betriebsgeländes freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht nach Absatz 2 mit Strafe bedroht ist.

(4) Handelt der Täter in den Fällen der Absätze 1 und 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 3 leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Schadstoffe im Sinne der Absätze 2 und 3 sind Stoffe, die geeignet sind,

1.
die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen oder
2.
nachhaltig ein Gewässer, die Luft oder den Boden zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu verändern.

(7) Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, gilt nicht für Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge.

(1) In besonders schweren Fällen wird eine vorsätzliche Tat nach den §§ 324 bis 329 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
ein Gewässer, den Boden oder ein Schutzgebiet im Sinne des § 329 Abs. 3 derart beeinträchtigt, daß die Beeinträchtigung nicht, nur mit außerordentlichem Aufwand oder erst nach längerer Zeit beseitigt werden kann,
2.
die öffentliche Wasserversorgung gefährdet,
3.
einen Bestand von Tieren oder Pflanzen einer streng geschützten Art nachhaltig schädigt oder
4.
aus Gewinnsucht handelt.

(2) Wer durch eine vorsätzliche Tat nach den §§ 324 bis 329

1.
einen anderen Menschen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder eine große Zahl von Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
den Tod eines anderen Menschen verursacht,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft, wenn die Tat nicht in § 330a Abs. 1 bis 3 mit Strafe bedroht ist.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Veränderungen der Luft verursacht, die geeignet sind, außerhalb des zur Anlage gehörenden Bereichs die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(2) Wer beim Betrieb einer Anlage, insbesondere einer Betriebsstätte oder Maschine, unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft außerhalb des Betriebsgeländes freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Wer unter Verletzung verwaltungsrechtlicher Pflichten Schadstoffe in bedeutendem Umfang in die Luft freisetzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht nach Absatz 2 mit Strafe bedroht ist.

(4) Handelt der Täter in den Fällen der Absätze 1 und 2 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 3 leichtfertig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Schadstoffe im Sinne der Absätze 2 und 3 sind Stoffe, die geeignet sind,

1.
die Gesundheit eines anderen, Tiere, Pflanzen oder andere Sachen von bedeutendem Wert zu schädigen oder
2.
nachhaltig ein Gewässer, die Luft oder den Boden zu verunreinigen oder sonst nachteilig zu verändern.

(7) Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 4, gilt nicht für Kraftfahrzeuge, Schienen-, Luft- oder Wasserfahrzeuge.

(1) In besonders schweren Fällen wird eine vorsätzliche Tat nach den §§ 324 bis 329 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
ein Gewässer, den Boden oder ein Schutzgebiet im Sinne des § 329 Abs. 3 derart beeinträchtigt, daß die Beeinträchtigung nicht, nur mit außerordentlichem Aufwand oder erst nach längerer Zeit beseitigt werden kann,
2.
die öffentliche Wasserversorgung gefährdet,
3.
einen Bestand von Tieren oder Pflanzen einer streng geschützten Art nachhaltig schädigt oder
4.
aus Gewinnsucht handelt.

(2) Wer durch eine vorsätzliche Tat nach den §§ 324 bis 329

1.
einen anderen Menschen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder eine große Zahl von Menschen in die Gefahr einer Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
den Tod eines anderen Menschen verursacht,
wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft, wenn die Tat nicht in § 330a Abs. 1 bis 3 mit Strafe bedroht ist.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen anderen zu einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den der andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Gerätschaften zu beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.

(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.

Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei 18.412,37 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 1.100,51 € seit dem 12.01.2018 und auf weitere 17.311,86 € seit dem 20.01.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs […] mit der Fahrgestellnummer […].

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 60% der Beklagten, zu 40% der klagenden Partei auferlegt.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 28.486,76 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagende Partei erwarb 2010 einen neuen […] 1,6l TDI (Fahrgestellnummer […]) gegen Zahlung von 28.486,76 € brutto, darunter 715 € Überführungskosten, von der […] in Flensburg, einem Vertragshändler der Beklagten. Das Fahrzeug sollte mit der „BlueMotion“-Technologie ausgestattet sein. Das am 20.12.2010 übergebene, von der Beklagten hergestellte Fahrzeug war mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet. In dem Fahrzeug war eine Motorensteuerungsgerätesoftware installiert, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, und dann einen besonderen Modus aktiviert (sog. Umschaltlogik). In diesem Modus wird die Rückführung von Abgasen im Vergleich zu dem normalen Betriebsmodus verändert, wodurch der nach der Euro-5-Norm vorgegebene NOx-Grenzwert während des Durchfahrens des NEFZ eingehalten wird. Im normalen Fahrbetrieb - auch unter vergleichbaren Bedingungen wie im NEFZ - wird dieser Modus deaktiviert, wodurch es zu einem höheren Schadstoffausstoß kommt. Durch Verwendung der Motorensteuerungsgerätesoftware erlangte die Beklagte die EG-Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug.

2

Dieser Dieselmotor wurde serienmäßig in diversen Fahrzeugmodellen der Beklagten sowie derer Konzernunternehmen verbaut. Die Entscheidung zum Einsatz der „Umschaltlogik“, die ab 2008 serienmäßig verwendet wurde, trafen Entwicklungsingenieure der Beklagten. Bei Tests in den Jahren 2005 und 2006, deren Übertragbarkeit auf den letztlich in Serie produzierten Motor streitig ist, hatte der Rollenprüfstandmodus im Dauerbetrieb schon ab 50.000 km Laufleistung zu Schäden an Partikelfiltern und Motoren geführt.

3

Das Kraftfahrt-Bundesamt verpflichtete die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.2015, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 die aus Sicht des Bundesamtes unzulässige Abschaltvorrichtung zu entfernen und nachzuweisen, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Die Beklagte entwickelte ein Update für die Motorensteuerungsgerätesoftware, nach dessen Einspielen das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus verfügt. Das Kraftfahrt-Bundesamt sieht das Aufspielen des Updates als verpflichtend an. Wer davon absieht, muss damit rechnen, dass der Zustand des Fahrzeugs von den Prüforganisationen im Rahmen der Hauptuntersuchung als erheblicher Mangel eingestuft wird. Unter Umständen ist auch mit einem Entzug der Zulassung zu rechnen. Auch nach Einspielen des Updates verbleibt eine weitere Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters, welches die Beklagte mit dem Schutz von Bauteilen begründet.

4

Der Kläger und dessen Ehefrau nutzten das Fahrzeug nach dem Kauf. Zulassungsnehmerin und als Halterin eingetragen ist die Ehefrau des Klägers, die im öffentlichen Dienst tätig ist und deshalb einen günstigeren Versicherungstarif in Anspruch nehmen kann. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung betrug der Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs 98.071 km. Die erteilte EG-Typengenehmigung für das Fahrzeug wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt bisher nicht widerrufen.

5

Die klagende Partei forderte die Beklagte über ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich mit Schreiben vom 06.09.2017 unter Fristsetzung bis zum 25.09.2017 auf, an sie 28.486,76 € Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs sowie Anwaltskosten von 2.077,74 € zu zahlen. Auf die Anlage K 4 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

6

Die klagende Partei behauptet:

7

Die Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs sei für sie auch ein Kaufargument gewesen. Das von der Beklagten angebotene Softwareupdate führe zu verschiedenen technischen Nachteilen, darunter über üblichen Verschleiß hinaus gehende Versottungsschäden, Partikelfilterschäden und Motorschäden.

8

Die Beklagte habe sie vorsätzlich und in sittenwidriger Art und Weise geschädigt. Der Einbau der Software sei mit Wissen und Wollen des Vorstandes der Beklagten erfolgt, außerdem auf Anweisung des Entwicklungsleiters […]. Dies ergebe sich aus den öffentlich zugänglichen Äußerungen der Organe und Mitarbeiter der Beklagten in Presse, Funk und Fernsehen sowie der Organisationsstruktur der Beklagten und dem Verhalten der Beklagten in den Verfahren in den USA. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vortrag der Klagepartei in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 02.01.2018 verwiesen. Im Übrigen ist die klagende Partei der Auffassung, dass die Beklagte hinsichtlich der internen Entscheidungsvorgänge eine sekundäre Darlegungslast treffe, da die Klagepartei selbst insoweit keinen Einblick habe.

9

Sie habe einen Schaden erlitten, weil sie bei Kenntnis vom Einsatz der Software den Kaufvertrag nicht geschlossen hätte. Das Fahrzeug habe hierdurch einen erheblichen Wertverlust erlitten.

10

Zudem hafte die Beklagte auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und i.V.m. § 27 EG-FGV. Die Organe der Beklagten hätten den Tatbestand des Betruges der Klagepartei gegenüber jedenfalls in mittelbarer Täterschaft verwirklicht, weil sie die klagende Partei über die Gesetzeskonformität des Fahrzeugs getäuscht hätten. Schon das Inverkehrbringen des Fahrzeugs ohne Hinweis auf den Umstand, dass die Stickoxidwerte, die Grundlage der allgemeinen Betriebserlaubnis gewesen seien, mithilfe einer Abschaltvorrichtung erzielt worden seien, habe vorgespiegelt, dass der Pkw in einem gesetzeskonformen Zustand die Betriebserlaubnis erhalten habe. Die Täuschung sei zudem durch die Angabe der Schadstoffwerte in der Prospektwerbung erfolgt.

11

Die klagende Partei ist weiter der Auffassung, dass es sich bei § 27 Abs. 1 EG-FGV um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handele. Danach dürfen neue Fahrzeuge, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang 9 der Richtlinie 2007/46/EG vorgeschrieben ist, zur Verwendung im Straßenverkehr nur angeboten werden, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen seien. Diese Regelung solle auch den einzelnen Verbraucher dahingehend schützen, dass nur technisch einwandfreie und mit den gesetzlichen Bestimmungen in Übereinstimmung zu bringende Fahrzeuge an den Käufer ausgeliefert werden.

12

Die klagende Partei behauptet, die vorgerichtlichen Anwaltskosten gezahlt zu haben.

13

Die Klägerpartei hat mit ihrer Klage in der Hauptsache zunächst Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung gefordert, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs an die Beklagte.

14

Die klagende Partei beantragt zuletzt,

15

1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs […] mit der Fahrgestellnummer […] im Wege des Schadenersatzes an die Klagepartei 28.486,76 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2017 zu zahlen,

16

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 26.09.2017 im Annahmeverzug befindet,

17

3. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtlich Anwaltskosten in Höhe von 2.077,74 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2017 zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers im Hinblick auf die Rolle dessen Ehefrau und behauptet, der Kläger habe das Software-Update am 19.01.2017 bereits einspielen lassen.

21

Die Beklagte ist der Ansicht, das klägerische Fahrzeug sei nicht mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung versehen worden, da die streitgegenständliche Software nicht auf das Emissionskontrollsystem einwirke, sondern nur dazu führe, dass Abgase beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus in den Motor zurückgeführt würden, bevor sie überhaupt das Emissionskontrollsystem erreichen, ohne im realen Fahrbetrieb auf das Emissionskontrollsystem einzuwirken. Entscheidend sei, dass das Fahrzeug technisch sicher, in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt und die für das Fahrzeug erteilte EG-Typengenehmigung nicht aufgehoben worden sei.

22

Die Beklagte ist der Auffassung, durch die Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes für das Software-Update stehe fest, dass es nach Durchführung der Software-Updates zu keinerlei negativen Auswirkungen auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Emissionswerte, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschemissionen komme.

23

Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe nicht sittenwidrig gehandelt.

24

Zudem habe die darlegungs- und beweisbelastete Klagepartei nicht substantiiert vorgetragen, wer zu welchem Zeitpunkt von dem Einbau der Software überhaupt Kenntnis gehabt habe, dass Personen, deren Kenntnisse der Beklagten zuzurechnen wären, mit Vorsatz hinsichtlich eines angeblichen Schadens der klagenden Partei gehandelt hätten. Die Behauptungen der klagenden Partei erfolgten ins Blaue hinein. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. Die Entscheidung hinsichtlich der streitgegenständlichen Software sei von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Die Beklagte treffe auch keine sekundäre Darlegungslast.

25

Der klagenden Partei sei durch den Vertragsschluss über das streitgegenständliche Fahrzeug auch kein Schaden entstanden. Dieser ergebe sich weder aus Nutzungsnachteilen noch aus einer Verringerung des Marktwertes.

26

Die klagende Partei könne aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 EG-FGV keinen Anspruch herleiten, da es sich schon nicht um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handele.

27

Die Klageschrift ist der Beklagten am 08.11.2017 zugestellt worden, die Klageerwiderung ist am 09.01.2018 zwecks Übersendung an die Klägerpartei zur Post gegeben worden. Mit Schriftsatz vom 19.03.2018 bestreitet die Beklagte Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu sein.

Entscheidungsgründe

28

Die Klage ist zulässig und größtenteils begründet.

29

I. Die klagende Partei hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 17.311,86 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des im Tenor bezeichneten Fahrzeugs aus § 826 BGB.

30

Gemäß § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenen Weise einem anderen vorsätzlich einen Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die klagende Partei ist im Sinne des § 826 BGB vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden, was der Beklagten zuzurechnen ist.

31

Soweit die Beklagte die Aktivlegitimation des Klägers bestreitet, weil dessen Ehefrau als Halterin des Fahrzeugs eingetragen und Zulassungsnehmerin ist, geht dies fehlt. An dem Eigentum des Klägers ändert nichts, dass seine Ehefrau aus Versicherungsgründen als Halterin eingetragen und das Fahrzeug auf diese zugelassen wurde. Dass der Kläger mit Abholung des Fahrzeugs Eigentümer geworden ist, ist unstreitig und ergibt sich im Übrigen daraus, dass die Verkäuferin das Fahrzeug entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 433 BGB an den Kläger als alleinigen Käufer übergeben und übereignen wollte. Dass der Kläger sein Eigentum später verloren habe, hat die Beklagte weder dargelegt noch nachgewiesen. Aus dem Umstand der gemeinsamen Benutzung in der Ehe ergibt sich keine Übereignung.

32

1. Die klagende Partei ist von Mitarbeitern der Beklagten geschädigt worden.

33

a) Die schädigende Handlung liegt in dem arglistigen Inverkehrbringenlassen des mangelhaften Fahrzeugs unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Funktion zur Manipulation der Emissionswerte auf dem Prüfstand durch Mitarbeiter der Beklagten in der Entwicklungsabteilung. Diese haben bewusst und absichtsvoll die „Umschaltlogik“ im Rahmen der Serienproduktion einbauen lassen.

34

Soweit die Beklagte nach der mündlichen Verhandlung auf Seite 9 des Schriftsatzes vom 19.03.2018 überraschenderweise bestreitet, das streitgegenständliche Fahrzeug hergestellt zu haben, kann dahin stehen, ob es sich um einen offensichtlichen Irrtum durch Übernahme von Textbausteinen aus anderen Verfahren handelt. Das Bestreiten nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist schon prozessual nach § 296a ZPO unbeachtlich. Der Beklagten ist in der Verhandlung zwar nachgelassen worden, auf eventuelles neues Vorbringen der Klägerseite mit Schriftsatz vom 02.01.2018 sowie auf die richterlichen Hinweise im Termin bis zum 19.03.2018 Stellung zu nehmen. Dass die Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug hergestellt hat, war aber weder neues Vorbringen der Klägerseite mit Schriftsatz vom 02.01.2018 noch Gegenstand der richterlichen Hinweise.

35

Dass das streitgegenständliche Fahrzeug mangelhaft ist, ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte die EG-Typengenehmigung nach der Schadstoffklasse EU5 durch Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand erschlichen hat. Fahrzeugkäufern musste zwar bekannt sein, dass die Schadstoffgrenzwerte der Abgasnorm nur auf dem Prüfstand einzuhalten waren. Fahrzeugkäufer mussten aber nicht damit rechnen, dass der Schadstoffausstoß auf dem Prüfstand mithilfe einer Software gezielt manipuliert wird. Vielmehr kann ein Käufer erwarten, dass die Emissionswerte seines Fahrzeugs jedenfalls dann ähnlich hoch ausfallen wie im Prüfstand, wenn im realen Fahrbetrieb vergleichbare Bedingungen gegeben sind (§ 434 Abs. 1 BGB).

36

Der Mangel ergibt sich auch daraus, dass die zuständigen Behörden die Software als unzulässige Abschalteinrichtung einstufen und deren Beseitigung fordern. Ob diese Rechtsauffassung des Kraftfahrbundesamts tatsächlich zutrifft, ist unerheblich, weil Fahrzeugkäufer erwarten können, dass ihr Fahrzeug nach Einschätzung der zuständigen Behörde mit den einschlägigen Vorschriften in Einklang steht - zumal die Beklagte die Rechtsauffassung des Kraftfahrbundesamts und die darauf beruhenden Maßnahmen ohne Nutzung des Rechtswegs hingenommen hat.

37

Der Mangel ergibt sich schließlich daraus, dass der Zustand des Fahrzeugs der klagenden Partei, wie ausgeliefert, aufgrund der eingebauten Software von den Prüforganisationen im Rahmen der Hauptuntersuchung als erheblicher Mangel eingestuft werden kann und auch ein Entzug der Zulassung drohen kann. Damit war die Nutzbarkeit des Fahrzeugs in dem ausgelieferten Zustand nicht gewährleistet.

38

b) Die klagende Partei hat dadurch auch einen Schaden erlitten.

39

Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB ist nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (BGH, NJW 2004, 2971-2974 Rn. 41; BGH NJW-RR 2015, 275 Rn. 19). Der gemäß § 826 BGB ersatzfähige Schaden wird weit verstanden und beschränkt sich gerade nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter. Erfasst wird ganz allgemein jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage. Das Vermögen wird nicht nur als ökonomischer Wert geschützt, sondern zugleich auch die auf das Vermögen bezogene Dispositionsfreiheit des jeweiligen Rechtssubjektes (Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 42). Folglich stellt bereits die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar, ohne dass es darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt; denn im Fall der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung wieder befreien können (BGH NJW-RR 2015, 275).

40

Davon ausgehend liegt der Schaden der klagenden Partei in dem Abschluss eines ungewollten Kaufvertrags über ein mangelhaftes Fahrzeug. Das Inverkehrbringenlassen von mangelhaften Fahrzeugen dieser Bauart unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Funktion zur Manipulation der Emissionswerte auf dem Prüfstand durch die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten in der Entwicklungsabteilung war ursächlich für den Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die klagende Partei. Wären mangelhafte Fahrzeuge dieser Art nicht in Verkehr gebracht worden, hätte die klagende Partei ein solches Fahrzeug nicht erwerben können. Die Klagepartei hätte den Kaufvertrag in Kenntnis des Mangels auch nicht geschlossen. Davon ist das Gericht überzeugt. Dass die klagende Partei mit der Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand nicht einverstanden gewesen wäre, ist hier besonders glaubhaft, weil sie eigens ein Fahrzeug mit „BlueMotion-Technologie“, also mit geringerem Verbrauch und Schadstoffausstoß, ausgewählt hat. Hätte die Beklagte die Funktionsweise der Software bei Markteinführung des Motors EA 189 im Jahr 2008 offen gelegt, wäre ohnehin das von der klagenden Partei 2010 gekaufte Fahrzeug in dieser Form wegen zeitnahen Einschreitens der zuständigen Behörden nicht mehr verkauft worden, wie die Entwicklung nach dem tatsächlichen Bekanntwerden der Manipulation im Jahr 2015 zeigt. Jedenfalls wären der klagenden Partei die mit dem Erwerb eines betroffenen Fahrzeugs verbundenen Risiken für Hauptuntersuchung und Zulassung infolge öffentlicher Diskussion so deutlich vor Augen gestanden, dass sie von dem Kauf des mangelhaften Fahrzeugs abgesehen hätte. Kein vernünftiger Käufer würde sich auf die Unsicherheit des möglichen Widerrufs der Zulassung einlassen und ein solches Fahrzeug erwerben. Der Käufer eines Neuwagens will vernünftigerweise auch nicht die Unsicherheiten und Unannehmlichkeiten einer erforderlichen technischen Überarbeitung in Kauf nehmen, sondern erwartet ein im ausgelieferten Zustand dauerhaft nutzbares Fahrzeug.

41

Der Schaden der klagenden Partei in Form des ungewollten Vertrags ist entgegen der Auffassung der Beklagten unabhängig davon eingetreten, ob das streitgegenständliche Fahrzeug durch die verwendete Software einen Wertverlust erlitten hat oder ob das streitgegenständliche Fahrzeug, verglichen mit vergleichbaren Modellen anderer Hersteller, im realen Fahrbetrieb vergleichsweise emissionsarm und kraftstoffsparend ist.

42

An dem Schaden in Form des ungewollten Vertragsschlusses ändert es auch nichts, sollte die klagende Partei der Beklagten zwischenzeitlich die technische Überarbeitung (“Software-Update“) des Fahrzeugs gestattet haben, zumal der klagenden Partei wegen andernfalls drohender Nachteile insoweit keine Wahl bleibt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich der arglistig getäuschte Käufer einer mangelhaften Sache nicht auf eine Beseitigung des Mangels verweisen lassen muss. Gerade der Käufer eines Neuwagens will nach der Lebenserfahrung kein mangelhaftes Fahrzeug erwerben, auch wenn der Mangel noch beseitigt werden soll.

43

2. Die Schadenszufügung ist sittenwidrig erfolgt.

44

Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob die Handlung nach ihrem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGH, WM 2014, 71 Rn. 23 m.w.N.). Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft (BGH, NJW 2014,1380 Rn. 8 m.w.N.).

45

Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt sich das Verhalten der verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten als sittenwidrig dar:

46

Es gilt der Grundsatz, dass eine bewusste Täuschung zur Herbeiführung eines Vertragsschlusses - insbesondere unwahre Angaben über vertragswesentliche Umstände - regelmäßig die Sittenwidrigkeit begründet (Palandt, BGB, 77. Aufl., § 826 Rn. 20). Insbesondere hat die Rechtsprechung dies für das arglistige Verschweigen eines Mangels durch Verkäufer angenommen (BGH, Urteil vom 20. April 1988 - VIII ZR 35/87 -, Rn. 12; vgl. auch Staudinger/Oechsler (2018) BGB § 826, Rn. 184). Ebenso als sittenwidrig anerkannt ist die vorsätzliche Herbeiführung eines (Sach-)Mangels (Staudinger/Oechsler (2018) BGB § 826, Rn. 184 m.w.N.). Dass Mitarbeiter der Beklagten vorsätzlich mangelhafte Fahrzeuge unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Funktion zur Manipulation der Emissionswerte auf dem Prüfstand in Verkehr bringen lassen haben, stellt sich danach als sittenwidrig dar. Der Wertung des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB widerspricht dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, weil der oben im Einzelnen aufgezeigte Mangel erheblich ist (näher dazu OLG Köln, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - 18 U 112/17 -, Rn. 41 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 24. April 2018 - 6 U 409/17 -, Rn. 44 ff.; a.A. OLG München, Urteil vom 3. Juli 2017, - 21 U 4818/16 -, Rn. 28; OLG Koblenz, Beschluss vom 27. September 2017, - 2 U 4/17 -, Rn. 22).

47

Die Beklagte hat bei den von ihr hergestellten Motoren durch den Einbau einer Erkennungssoftware bewirkt, dass diese erkannte, wenn sich das Fahrzeug im Prüfstand befand, um dann ein speziell nur für den Prüfzyklus vorgesehenes Abgasrückführungsverfahren einzuleiten, bei dem die gesetzlichen Grenzwerte der EU-Verordnung 715/2007/EG über die Typengenehmigung von leichten Pkw und Nutzfahrzeugen für Abgase eingehalten werden, um die Zulassung des Fahrzeugs zu erreichen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die erteilte EG-Typengenehmigung wirksam erteilt wurde und dass allgemein bekannt sein mag, dass die unter Laborbedingungen ermittelten Herstellerangaben nicht den Emissionswerten im normalen Straßenverkehr entsprechen. Vielmehr ist für die Entscheidung, ob das Verhalten der Beklagten verwerflich ist, darauf abzustellen, dass die Beklagte für das Zulassungsverfahren einen Betriebsmodus entwickelt und eingebaut hat, dessen alleiniger Zweck in der Manipulation des Schadstoffausstoßes im Genehmigungsverfahren bestand. Wenn üblicherweise im Labor andere Messwerte erzielt werden als im realen Fahrbetrieb, so liegt dies daran, dass die äußeren Rahmenbedingungen eben nicht dem normalen Fahrbetrieb entsprechen, nicht jedoch an einer gezielten Manipulation, die dem Verbraucher bewusst verschwiegen wird.

48

Das schädigende Verhalten der Beklagten ist sowohl wegen seines Zwecks als auch wegen des angewandten Mittels als auch mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung als verwerflich anzusehen. Die Beklagte hat mit dem Einsatz der Manipulationssoftware massenhaft und mit erheblichem technischem Aufwand gesetzliche Vorschriften zum Umwelt- und Gesundheitsschutz ausgehebelt und zugleich Kunden getäuscht. Sie hat damit nicht einfach nur Abgasvorschriften außer Acht gelassen und erhebliche Umweltverschmutzung herbeigeführt, sondern zugleich eine planmäßige Verschleierung dieses Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden, den Verbrauchern und Mitwettbewerbern vorgenommen, um der Beklagten einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen oder sie wettbewerbsfähig zu halten, weil sie entweder nicht über eine Technik verfügte, um die gesetzlichen Abgasvorschriften einzuhalten, oder weil sie aus Gewinnstreben den Einbau der ansonsten notwendigen teureren Vorrichtungen unterließ. Die daraus zu entnehmende Gesinnung, aus Gewinnstreben massenhaft die Käufer der so produzierten Fahrzeuge bei ihrer Kaufentscheidung zu täuschen, die Wettbewerber zu benachteiligen und die Umwelt zu schädigen, lässt das Verhalten insgesamt als sittenwidrig erscheinen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Anschaffung eines Fahrzeugs für einen Verbraucher in der Regel um eine wirtschaftliche Entscheidung von erheblichem Gewicht handelt und ein Verbraucher als technischer Laie die Manipulation nicht erkennen kann. Die Beklagte hat die Ahnungslosigkeit des Verbrauchers bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt, was eine besonders verwerfliche Vorgehensweise darstellt.

49

Die Beklagte hat bewusst das ihr entgegengebrachte Vertrauen der Verbraucher ausgenutzt. Sie verfügt über ein über viele Jahre gewachsenes überdurchschnittliches Vertrauen, das auf einer in der Vergangenheit erfolgreichen Unternehmenspolitik sowie einem Qualitätsanspruch beruhte, von dem der Durchschnittsbürger annahm, dass die Beklagte ihm überwiegend gerecht wird. Dieses Vertrauen hat sie genutzt, als sie in der jüngeren Vergangenheit mit der besonderen Umweltverträglichkeit der von ihr entwickelten Dieselmotoren geworben hat. Verbraucher haben die dort angepriesenen technischen Merkmale und aufgezeigten Grenzwerte insbesondere auch deshalb nicht infrage gestellt, weil die Beklagte insofern als glaubwürdig galt. Tatsächlich erfüllten die beworbenen Motoren ohne die Software allerdings nicht einmal die gesetzlichen Anforderungen. Dieses Verhalten ist als verwerflich einzuordnen. Zwar ist es nicht schon verwerflich, wenn ein Unternehmen seinen eigenen Ansprüchen oder denjenigen der Verbraucher nicht genügt. Ein Unternehmen darf sich auch auf den Erfolgen der Vergangenheit ausruhen, wenn es dies will. Die unternehmerische Freiheit findet ihre Grenze jedoch dort, wo - wie hier - das besondere Vertrauen unter Inkaufnahme einer essenziellen Schädigung der potentiellen Kunden ausgenutzt wird, um aus Gewinnstreben sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

50

Die Beklagte ist ein bedeutender Fahrzeughersteller und -exporteur Deutschlands, so dass von ihr vorgenommene gezielte Manipulationen in Genehmigungsverfahren geeignet sind, das Vertrauen einer Vielzahl von Kunden in die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu untergraben. Aus der Konzerngröße der Beklagten können sich aus einer solchen gezielten Manipulation des Genehmigungsverfahrens Risiken in volkswirtschaftlich relevanter Dimension ergeben. Wenn die Beklagte behauptet, dass die Folgen des Einsatzes der Software für die klagende Partei (und andere Käufer betroffener Fahrzeuge) nicht spürbar seien, ändert dies nichts daran, dass die Beklagte ein solches Risiko negativer Entwicklungen mit volkswirtschaftlich messbaren Auswirkungen jedenfalls ihrem mit missbräuchlichen Mitteln verfolgten eigenen Gewinnstreben untergeordnet hat und damit verwerflich handelte.

51

3. Die sittenwidrige Schädigung erfolgte auch vorsätzlich.

52

§ 826 BGB setzt kein absichtliches oder arglistiges Verhalten in dem Sinne voraus, dass es dem Täter gerade auf die Schädigung des Dritten ankommen müsste. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Täter den Erfolgseintritt für sicher gehalten hat, sondern es reicht das Bewusstsein, dass die Schädigung im Bereich des Möglichen liegt sowie das billigend in Kauf nehmen des Schädigungsrisikos (Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 27).

53

Davon ausgehend lag vorsätzliches Handeln seitens der verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten vor. Die Abgassoftware wurde allein zu dem Zweck eingebaut, um die Abgaswerte der Dieselmotoren zu beschönigen und in der Folge dafür zu sorgen, dass die Dieselmotoren unabhängig von den vorgeschriebenen Grenzwerten die Euro 5-Zulassung erhielten und mit dieser vertrieben werden konnten. Es ist gerade Sinn dieser manipulierenden Software, den Rechtsverkehr, d.h. Zulassungsbehörden, Kunden und Wettbewerber zu täuschen. Wenn sich eine solche Einstellung - wie hier - bei den Motoren der Serie EA 189 ausnahmslos bei jedem Motor dieser Serie anfindet, lässt dies den Rückschluss zu, dass die Motoren mit dieser Einstellung planvoll und absichtlich produziert und in den Verkehr gebracht worden sind. Der Einsatz dieser Software setzt denknotwendig eine aktive, im Hinblick auf dieses Ergebnis gewollte präzise Programmierung voraus und schließt die Annahme einer fahrlässigen Herbeiführung dieses Zustands aus. Dabei nahmen die Verantwortlichen billigend in Kauf, dass der Einsatz der Software unredlich im Verhältnis zu den potentiellen Kunden und gesetzeswidrig sein konnte. Dass Endverbraucher wie die klagende Partei sittenwidrig geschädigt würden, haben die Verantwortlichen als mögliche Folge in Kauf genommen, auch wenn sich ihre unmittelbare Absicht auf die Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand bezog. Konkret nahmen sie in Kauf, Käufer wie die klagende Partei zum Erwerb eines Fahrzeugs zu veranlassen, von dem diese in Kenntnis der Sachlage abgesehen hätten. Wie oben aufgezeigt, kann ein Käufer erwarten, dass die Emissionswerte seines Fahrzeugs jedenfalls dann ähnlich hoch ausfallen wie im Prüfstand, wenn im realen Fahrbetrieb vergleichbare Bedingungen gegeben sind. Dass die in EA 189-Motoren eingebaute Software dies verhinderte und Fahrzeugkäufer keine Kenntnis davon haben konnten, war den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten bewusst. Die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten haben nach Überzeugung des Gerichts überdies zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Software zur Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand bei Bekanntwerden von den zuständigen Behörden als unzulässig eingestuft und deren Beseitigung gefordert werden würde, wofür schon die strikte Geheimhaltung dieser Funktion spricht. Dass die eingebaute Software in der Folge von den Prüforganisationen im Rahmen der Hauptuntersuchung als erheblicher Mangel eingestuft werden würde und deswegen auch ein Entzug der Zulassung drohen könnte, sind naheliegende Risiken, welche die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten nach Überzeugung des Gerichts ebenfalls billigend in Kauf genommen haben, als sie sich zur gezielten Manipulation des zulassungsrelevanten Schadstoffausstoßes im Prüfstand entschlossen, um die Schadstoffgrenzwerte zu erreichen.

54

4. Die unerlaubte Handlung der Mitarbeiter der Beklagten ist der Beklagten auch zuzurechnen.

55

a) Die Haftung der Beklagten ergibt sich aus § 831 BGB.

56

Bei den Mitarbeitern der Beklagten im Bereich der Motorenentwicklung, welche die klagende Partei vorsätzlich sittenwidrig geschädigt haben, handelt es sich um von der Beklagten bestellte Verrichtungsgehilfen.

57

Trotz eines richterlichen Hinweises auf § 831 BGB macht die Beklagte nicht geltend, dass sie die verantwortlichen Mitarbeiter sorgfältig ausgewählt und überwacht habe oder die Schädigung selbst in diesem Falle eingetreten wäre. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich eine Auseinandersetzung hiermit.

58

Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt § 831 BGB nicht voraus, dass die verantwortlichen Verrichtungsgehilfen namentlich bekannt sind. Wenn sich der Bundesgerichtshof gegen eine Wissenszusammenrechnung zur Begründung von Sittenwidrigkeit und Vorsatz im Sinne des § 826 BGB ausgesprochen hat (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -), so bedeutet dies lediglich, dass sämtliche Merkmale der unerlaubten Handlung in Person eines einzigen Verrichtungsgehilfen erfüllt sein müssen. Dass einzelne Verrichtungsgehilfen der Beklagten, nämlich die für den Einsatz der Software verantwortlichen Mitarbeiter im Bereich Motorenentwicklung, sämtliche Merkmale des § 826 BGB verwirklicht haben, ist oben dargestellt worden.

59

b) Die Beklagte haftet für das Verhalten der verantwortlichen Mitarbeiter auch wegen Organisationsverschuldens.

60

Der Anwendungsbereich des § 31 BGB wird bei Organisationsmängeln erweitert (Palandt, BGB, 77 der Auflage, § 31 Rn. 7). Juristische Personen sind verpflichtet, den Gesamtbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass für alle wichtigen Aufgabengebiete ein verfassungsmäßiger Vertreter zuständig ist, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft. Entspricht die Organisation diesen Anforderungen nicht, muss sich die juristische Person so behandeln lassen, als wäre der tatsächlich eingesetzte Verrichtungsgehilfe ein verfassungsmäßiger Vertreter (BGH, NJW 1980, 2810). Die Beauftragung eines wichtigen Aufgabenkreises an einen Funktionsträger oder Bediensteten begründet daher für die juristische Person eine Haftung ohne Entlastungsmöglichkeit. Hat sie dem Vertreter eine selbstständige Stellung mit eigener Entscheidungsbefugnis eingeräumt, ist er verfassungsmäßiger Vertreter; ist das nicht geschehen, ist § 31 BGB wegen eines Organisationsmangels anwendbar.

61

Der Einbau der in Rede stehenden Software in Millionen von Fahrzeugen nicht nur in Europa stellt, wie ausgeführt, eine wesentliche Entscheidung mit großer wirtschaftlicher Bedeutung für die Beklagte dar. Hat nicht der Vorstand und auch nicht der Leiter der Entwicklungsabteilung […] als Repräsentant gemäß § 31 BGB diese weitreichende Entscheidung getroffen, sondern - wie von der Beklagten vorgetragen - Mitarbeiter auf nachgeordneten Arbeitsebenen alleine, muss sich die Beklagte so behandeln lassen, als wären diese Mitarbeiter ihre verfassungsmäßigen Vertreter. Die Beklagte hat nämlich auch auf richterlichen Hinweis keinerlei Organisationsmaßnahmen ihrerseits dargetan, die hätten gewährleisten können, dass Entscheidungen von solcher Tragweite rechtlich geprüft und im Fall erheblicher Risiken dem Vorstand oder einem sonstigen verfassungsgemäß berufenen Vertreter vorgelegt werden. Wenn es der Vorstand der Beklagten zuließ, dass Mitarbeiter auf nachgeordneten Arbeitsebenen eine so schwerwiegende Entscheidung frei treffen konnten, ohne naheliegende organisatorische Vorkehrungen dagegen zu ergreifen, ist eine Zurechnung geboten.

62

Wenn die Beklagte einwendet, dass ein Organisationsverschulden Sittenwidrigkeit nicht zu begründen vermöge, verkennt sie, dass ihrem Vorstand kein eigenes sittenwidriges Handeln zur Last gelegt wird, sondern dass ihm die sittenwidrige Schädigung durch Unternehmensmitarbeiter zugerechnet wird.

63

5. Als Rechtsfolge kann die klagende Partei von der Beklagten Zahlung von 17.311,86 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs verlangen.

64

Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat die Beklagte den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Vorliegend bedeutet dies, dass die klagende Partei so zu stellen ist, wie wenn sie den Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug nicht geschlossen hätte. In diesem Fall hätte die klagende Partei die vereinbarten 28.486,76 € für das Fahrzeug nicht gezahlt.

65

Die klagende Partei hätte allerdings auch keine Vermögensvorteile in Form der während der Besitzzeit gezogenen Nutzungen erzielt. Diese sind auf den Ersatzbetrag anzurechnen, weil andernfalls eine vom Schadensrecht nicht gedeckte Überkompensation stattfinden würde. Der Vorteilsausgleich erfolgt von Amts wegen. Die Berechnung des Nutzungswerts erfolgt, indem der Bruttokaufpreis mit den gefahrenen Kilometern multipliziert und das Produkt durch die zu erwartende Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs dividiert wird.

66

Die voraussichtliche Gesamtlaufleistung schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 250.000 km (ebenso für einen VW Touran mit Dieselmotor LG Berlin, Urteil vom 05. Dezember 2017 - 4 O 150/16 -; LG Baden-Baden, Urteil vom 27. April 2017 - 3 O 163/16 -; LG Bielefeld, Urteil vom 30. Juni 2017 - 7 O 201/16 -;  LG Bochum, Urteil vom 17. August 2017 - 8 O 26/17 -;  LG Arnsberg, Urteil vom 08. September 2017 - 2 O 101/17 -; für 300.000 km dagegen LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17. Juli 2017 - 13 O 174/16 -; LG Krefeld, Urteil vom 12. Juli 2017 - 7 O 159/16 -; LG Trier, Urteil vom 07. Juni 2017 - 5 O 298/16 -). Es handelt sich um den Mittelwert der in der neueren Rechtsprechung zumeist angenommenen Gesamtlaufleistungen zwischen 200.000 und 300.000 km (Nachweise bei Staudinger/Dagmar Kaiser (2012) BGB § 346, Rn. 260). Die von der Beklagten ursprünglich erwartende Gesamtlaufleistung von nur 200.000 km erscheint zu gering, da streitgegenständlich ein Mittelklassefahrzeug mit Dieselmotor ist. Zuletzt geht auch die Beklagte von einer Gesamtlaufleistung zwischen 200.000 und 250.000 km aus. Von der Beauftragung eines Sachverständigen sieht das Gericht nach § 287 ZPO ab, weil auch ein Sachverständiger nur eine eigene, subjektive Schätzung der Gesamtlaufleistung vornehmen könnte. Empirische Studien über die durchschnittliche Laufleistung am Ende der Lebensdauer von Fahrzeugen der streitgegenständlichen Art werden mangels statistischer Erfassung der Fahrleistung zum Ende der Lebensdauer auch Sachverständigen nicht vorliegen.

67

Der Kaufpreis ist mit 28.486,76 € einschließlich der Überführungskosten anzusetzen, weil diese Überführungskosten Teil der Gegenleistung für Übergabe und Übereignung des Kaufgegenstands waren.

68

Es errechnen sich auszugleichende Vorteile wie folgt:

69

28.486,76 € x 98.071 km
250.000 km

= 11.174,90 €

70

II. Zu verzinsen ist die Forderung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung, § 291 BGB. In der mündlichen Verhandlung hat die klagende Partei die Laufleistung mitgeteilt, so dass die Beklagte den von ihr geschuldeten Schadenersatz ermitteln kann. Ob die klagende Partei der Beklagten das Fahrzeug in einer Annahmeverzug begründenden Weise angeboten hat, wenn sie im Gegenzug eine höhere Schadensersatzleistung fordert als ihr zusteht, ist unerheblich. Bei einem Schadensersatzanspruch, der Zug um Zug gegen Rückgewähr einer Leistung zu erfüllen ist, steht eine Zuvielforderung der Pflicht zur Zinszahlung nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 323/03 -, Rn. 7; anders für Fälle des § 348 BGB BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 275/04 -, BGHZ 163, 381-391, Rn. 30). Die Pflicht zur Zinszahlung kann der Beklagten billigerweise auferlegt werden, nachdem sie die Klageforderung schon dem Grunde nach bestreitet und nicht einmal zur Zahlung des tatsächlich geschuldeten Geldbetrags bereit ist.

71

Die klagende Partei hat dagegen keinen Anspruch auf Verzinsung der Geldschuld ab einem früheren Zeitpunkt aus den §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Verzug ist vorgerichtlich nicht eingetreten, denn die klagende Partei bot die Rückzahlung des Kaufpreises nur nach Abzug einer Nutzungsentschädigung, welche die Beklagte mangels Mitteilung der Laufleistung nicht ermitteln konnte, an. Eine Mahnung setzt die bestimmbare Bezeichnung der geforderten Leistung voraus.

72

Aus demselben Grund schuldet die Beklagte auch keine Prozesszinsen aus § 291 BGB ab Rechtshängigkeit. Die Vorschrift setzt bei unbezifferten Forderungen voraus, dass die Grundlagen für die Bemessung im Zeitpunkt der Klagerhebung mitgeteilt werden (vgl. Staudinger/Manfred Löwisch/Cornelia Feldmann (2014) BGB § 291, Rn. 8), was hier mangels Mitteilung der Laufleistung in der Klageschrift nicht der Fall gewesen ist.

73

III. Das mit dem Klageantrag zu Ziffer 2. verfolgte Feststellungsbegehren ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte ist nicht gemäß den §§ 293, 298, 295 BGB mit der Annahme des Fahrzeugs in Verzug.

74

Mit vorprozessualem anwaltlichem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der klagenden Partei vom 06.09.2017 bot die Klagepartei zwar die Bereitstellung des streitgegenständlichen Fahrzeuges zur Abholung an, Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung. Ein wörtliches Angebot der Leistung gemäß § 295 BGB war geeignet, Annahmeverzug zu begründen, da die Beklagte die Abholung des Fahrzeugs an dem Ort, an dem es sich vertragsgemäß befindet, schuldet. Annahmeverzug ist aber nicht eingetreten, weil die Beklagte mangels Bezifferung des Nutzungsausgleichs nicht erkennen konnte, von welcher Zahlung die klagende Partei die Herausgabe abhängig machte. Die Beklagte konnte mangels Mitteilung der Laufleistung auch nicht selbst Zahlung in der tatsächlich geschuldeten Höhe anbieten. Annahmeverzug hätte gemäß § 298 BGB voraus gesetzt, dass die klagende Partei von der Beklagten die geschuldete Zahlung verlangt, was eine der Höhe nach bestimmte oder jedenfalls bestimmbare Forderung voraus setzt.

75

In der mündlichen Verhandlung teilt die klagende Partei die Laufleistung zwar mit. Annahmeverzug scheitert nunmehr aber daran, dass die klagende Partei ohne Anrechnung eines Vorteilsausgleichs eine weitaus höhere Zahlung fordert als geschuldet. Eine solche Zuvielforderung hindert den Eintritt des Annahmeverzugs (BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 275/04 -, BGHZ 163, 381-391, Rn. 27 ff.; KG Berlin, Urteil vom 19. Oktober 2017 - 8 U 230/15 -, Rn. 111; OLG Frankfurt, Urteil vom 13.07.2016 - 17 U 144/15; OLG Koblenz, Urteil vom 19. Juni 2008 - 6 U 1424/07 -; OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.09.2007 - 7 U 169/06; MüKoBGB/Ernst BGB § 295 Rn. 4; a.A. Hager in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 298 BGB, Rn. 3; Niemeyer/König, NJW 2013, 3213). Die potenziell weit reichenden Folgen des Annahmeverzugs (§§ 300 ff. BGB) können dem Gläubiger billigerweise dann nicht aufgebürdet werden, wenn sich der Schuldner zur Herausgabe selbst gegen Erhalt der ihm seinerseits zustehenden Leistung nicht bereit erklärt. Wäre die klagende Partei entgegen ihres Klageantrags zur Herausgabe auch gegen Zahlung eines geringeren Betrags bereit, hätte sie der Beklagten ohne Schwierigkeiten ein entsprechendes wörtliches Angebot zukommen lassen können. Ohne ein solches Angebot kann eine solche Bereitschaft nicht unterstellt werden.

76

IV. Der klagenden Partei steht ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € aus den §§ 826, 249 Abs. 1 BGB zu. Selbst wenn sie die Anwaltskosten noch nicht gezahlt haben sollte, hätte sich ihr Freistellungsanspruch infolge des Antrags auf Klageabweisung und der Weigerung durch die Beklagte schon dem Grunde nach in einen Zahlungsanspruch gewandelt. Entsprechend § 281 Abs. 2 BGB ist die an sich nach § 250 BGB erforderliche Fristsetzung (MüKoBGB/Oetker BGB § 250 Rn. 13) entbehrlich, wenn der Schuldner durch sein Verhalten eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er eine Freistellung ablehnt (vgl. MüKoBGB/Oetker BGB § 250 Rn. 7 m.w.N.).

77

Die erforderlichen Anwaltskosten ergeben sich der Höhe nach aus einer 1,3 Geschäftsgebühr nach einem berechtigten Wert von 17.311,86 € in Höhe von 904,80 €, zuzüglich Auslagenpauschale von 20 € und 19% Mehrwertsteuer = 1.100,51 €. Eine über eine 1,3 Geschäftsgebühr hinausgehende Geschäftsgebühr zu zahlen darf die klagende Partei nicht für erforderlich halten. Es handelt sich vorliegend sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch hinsichtlich des rechtlichen Schwierigkeitsgrades nicht um einen überdurchschnittlichen Fall. Die diskutierten Rechtsfragen sind Gegenstand unzähliger Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsentscheidungen, die Beteiligten verwenden standardisierte Schreiben und Textbausteinsteine formularmäßig in einer Vielzahl von Fällen.

78

Die Beklagte schuldet den Ersatz auch dieses Schadens nur Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

79

V. Zu verzinsen ist der Anspruch ab Zugang der Klageerwiderung, § 291 BGB. Gemäß § 270 S. 2 ZPO ist vom Zugang am 11.01.2018 auszugehen.

80

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die klagende Partei hat zuletzt Rückzahlung des vollen Kaufpreises und damit weitaus mehr verlangt als ihr zusteht.

81

VII. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.


Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 27.993,95 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2017 abzüglich weiterer Nutzungsentschädigung in Höhe von € 0,1331 pro ab dem Kilometerstand von 39.755 km durch den Kläger gefahrener Kilometer, Zug um Zug gegen Rückübereignung und Übergabe des Fahrzeugs Audi Q3 2.0 TDI quattro mit der Fahrgestellnummer... .

2. Die Beklagte befindet sich im Annahmeverzug mit dem in Ziff. 1 benannten Fahrzeug.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 1.474,89 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. August 2017 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis € 35.000,- festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger, dessen Fahrzeug vom sog. VW-Abgasskandal betroffen ist, nimmt die Beklagte als Herstellerin des Motors des Fahrzeugs auf Rückgabe des Fahrzeugs in Anspruch.

2

Der Kläger erwarb am 25. Oktober 2013 einen neuen Audi Q3 2.0 TDI von der Audi H. GmbH. Der Kaufpreis betrug € 33.287,30. Der Wagen ist von einem Tochterunternehmen der Beklagten hergestellt worden. Der Motor ist von der Beklagten geliefert und konstruiert worden. In der Werbung und in Angaben in Verkaufsdokumenten und auf Aufstellern im Verkaufsraum des Händlers stand, dass beim Fahrzeug die Voraussetzungen der Euro 5-Norm erfüllt sind. Das Fahrzeug ist vom sog. VW-Abgasskandal betroffen. Es verfügt über eine Software, die erkennt, dass sich der Wagen auf dem Teststand befindet, um sodann die Motorleistung zu drosseln mit der Folge entsprechend niedriger Abgaswerte, welche die Vorgaben der VO (EU) Nr. 715/2007 einhalten; nur so werden die zulässigen Grenzwerte erreicht (im folgenden Software). Im Betrieb auf der Straße kommt die Software nicht zur Anwendung und andere Emissionswerte werden erreicht.

3

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 19. Juli 2017 ließ der Kläger die Beklagte auffordern bis zum 2. August 2017 den Kaufpreis des Fahrzeugs abzüglich der gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs zu erstatten sowie Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Außerdem wurde die Beklagte aufgefordert, bis dahin das Fahrzeug beim Kläger abzuholen (Anlage K4). Am 15. September 2017 hat der Kläger Klage erhoben. Am 13. April 2018 hatte das Fahrzeug eine Laufleistung von 39.755 km. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers reicht die vorliegend eingereichte Klageschrift formularmäßig in Dutzenden Verfahren ohne jede Änderung oder Individualisierung ein.

4

Der Kläger behauptet, die Software sei auf Anweisung des damaligen Entwicklungsvorstandes U. H. eingebaut worden. Die Organe der Beklagten hätten von der Software Kenntnis gehabt. Für ihn sei die Werbung der Beklagten und ihrer Tochterunternehmen mit der besonderen Umweltfreudigkeit des Fahrzeugtyps ein besonders schlagendes Kaufargument gewesen. Sein Fahrzeug habe durch die Software einen erheblichen Wertverlust erlitten. Die zu erwartende Laufleistung seines Fahrzeugs betrage 300.000 km. Er habe Ansprüche aus § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB bzw. § 27 EG-FGV und § 831 BGB. Die Beklagte habe getäuscht im Sinne des § 263 StGB, da sie darüber hätte aufklären müssen, dass die Stickoxidwerke mithilfe einer Abschaltvorrichtung erzielt worden seien. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung.

5

Der Kläger beantragt,

6

1. die Beklagte zu verurteilen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi Q3 2.0 TDI quattro mit der Fahrgestellnummer... im Wege des Schadensersatzes an ihn € 33.287,- unter Anrechnung einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

7

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 3. August 2017 im Annahmeverzug befindet;

8

3. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 1.698,13 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. August 2017 zu zahlen.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie macht geltend, der Kläger hätte das Fahrzeug auch erworben, wenn er im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von der Software und deren Funktionsweise Kenntnis gehabt hätte. Die zu erwartende Laufleistung des Fahrzeugs betrage 200.000 km. Sie treffe keine sekundäre Darlegungslast.

12

Die Beklagte erklärt sich mit Nichtwissen dazu, dass für den Kläger ihre Werbung und die ihrer Tochterunternehmen mit der besonderen Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugtyps ein besonders schlagendes Kaufargument gewesen sei.

13

Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13. April 2018 Bezug genommen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, deren Inhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, sowie auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet.

I.

15

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Betrages, den er als Kaufpreis an den Verkäufer geleistet hat, aus § 826 BGB (dazu 1.), abzüglich einer Nutzungsentschädigung (dazu 2.), Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

16

1. Nach § 826 BGB ist, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Durch das Inverkehrbringen der mit der oben beschriebenen Software ausgestatteten Dieselmotoren hat sich die Beklagte einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung ihrer Kunden und damit auch des Klägers schuldig gemacht. Sie hat dem Kläger daher Schadensersatz zu leisten.

17

a) Das Versehen der Dieselmotoren mit der Software und das Inverkehrbringen der Motoren unter Täuschung der zuständigen Zulassungs- und Prüfungsbehörden ist eine sittenwidrige Handlung. Objektiv sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggründen und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d. h. mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (Palandt/Sprau, 76. Auflage 2017, § 826 Rn. 4). Nach diesen Maßstäben ist die Software objektiv sittenwidrig. Wie ausgeführt hat die Beklagte bei den betroffenen Dieselmotoren die Motorsteuerungssoftware so programmiert, dass sie den Betrieb des Fahrzeugs auf einem Prüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) erkannte und die Abgasbehandlung in den sogenannten Modus 1 versetzte. Im realen Fahrbetrieb auf der Straße lief das Fahrzeug hingegen im Modus 0 mit der Folge eines erheblich höheren Stickoxidausstoßes. Nur durch diese für das Kraftfahrtbundesamt und andere Prüfbehörden nicht erkennbare und nicht offenbarte Programmierung erlangte die Beklagte die EU-Typengenehmigung. Dieses manipulative Verhalten verstößt gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Denn es hat gravierende Auswirkungen. Millionen betroffener Dieselfahrzeuge produzieren weit überhöhte Schadstoffemissionen und beeinträchtigen damit insbesondere die Luftqualität in den Innenstädten mit der Folge von Gesundheitsgefährdungen für die Bevölkerung. All dies war in Kauf genommene Folge der Manipulationen.

18

b) Durch die Handlung der Beklagten hat der Kläger einen Vermögensschaden erlitten. Dieser besteht darin, dass er in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware den streitgegenständlichen PKW erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag abgeschlossen hat. Denn er hat ein Fahrzeug erworben, welches zwar formell die Voraussetzung der EURO 5-Norm erfüllte, tatsächlich aber fehlten die verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen zur Erfüllung dieser Norm. Der Kläger hat also ein Fahrzeug erworben, bei dem stets die Gefahr der behördlichen Entziehung der Zulassung bestand. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger den Wagen nicht erworben hätte, wenn er von der streitgegenständlichen Software gewusst hatte. Denn der Kläger hat persönlich angehört glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass die EURO 5-Norm für ihn kaufentscheidend gewesen sei, da er mit dem Auto seine in K. wohnenden Kinder besuche. Bei Nichteinhaltung der EURO 5-Norm bestehe die Gefahr, dass er das Fahrzeug am Stadtstrand abstellen müsse, weil er nicht in die Stadt hinein fahren dürfe. Daraus schließt das Gericht, dass es für den Kläger wesentlich war, dass das Fahrzeug nicht nur formell die EURO 5-Norm einhält, sondern zusätzlich auch nicht die Gefahr bestehen darf, dass die Voraussetzung für die Erteilung der EURO 5-Norm wegfallen.

19

Dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt bei Aufspielen des vorbezeichneten Software-Updates das Fahrzeug nunmehr auch materiell-verwaltungsrechtlich die Voraussetzungen der Euro 5-Norm erfüllt, mithin heutzutage ein Entzug der Zulassung leicht abgewendet werden kann, führt nicht dazu, dass dem Kläger bei Kauf des Fahrzeuges kein Schaden entstanden ist. Denn damals stand mangels Aufdeckung des sog. VW-Abgasskandals das Software-Update noch gar nicht im Raum. Wie die Zulassungsbehörden mit der streitgegenständlichen Software umgehen würden, war damals nicht absehbar.

20

c) Die beschriebenen Handlungen erfolgten vorsätzlich und sind der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen. Den verantwortlich handelnden Personen im Konzern der Beklagten waren die Sittenwidrigkeit und Rechtswidrigkeit ihrer Handlungen bewusst. Hiervon ist jedenfalls prozessual auszugehen. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers erfolgt nicht ins Blaue hinein. Die Entwicklung bzw. Beauftragung und flächendeckende Verwendung einer solchen Manipulationssoftware, von der viele Millionen Fahrzeuge betroffen sind und die zu einer gezielten Täuschung der Prüfungsbehörden in verschiedenen Ländern der Welt führten, kann nicht ohne das Wissen und die Billigung der Konzernführung erfolgt sein. Die nachteiligen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit müssen ebenso wie die mit einer Aufdeckung verbundenen Unannehmlichkeiten der Käufer und deren wirtschaftliche Schädigung mindestens billigend in Kauf genommen worden sein. Es kann damit dahinstehen, welche Person im Vorstand der Beklagten wann Kenntnis von den Handlungen hatte. Nach der Lebenserfahrung erscheint es ausgeschlossen, dass eine Manipulation von diesem Ausmaß ohne Kenntnis der verantwortlichen „verfassungsmäßig berufenen Vertreter“ der Beklagten erfolgt ist. Da es sich dabei um Umstände handelt, die die interne Organisation der Beklagten betreffen, konnte die Beklagte den Vortrag des Klägers nicht wirksam einfach bestreiten. Es oblag ihr vielmehr, substantiiert darzulegen, wie es zu einem Einbau der Software ohne Kenntnis des Vorstands gekommen ist. Dies ergibt sich aus der sie treffenden sekundären Darlegungslast (so auch Landgericht Hamburg, Urteil vom 27. Oktober 2017 - 308 O 356/16). Eine solche Darlegung ist der Beklagten auch zuzumuten, denn sie kann hierzu darlegen, wer die Software eigenmächtig ohne Inkenntnissetzung des Vorstandes entwickelt und anschließend in die Steuerung der Dieselmotoren eingespielt hat. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nicht nachgekommen.

21

Auf den Gesichtspunkt der sekundären Darlegungslast hat die Kammer mit Hinweisbeschluss vom 9. Februar 2018 aufmerksam gemacht. Zum Beschluss existiert ein sog. „Ab-Vermerk“ (Bl. 228 d. A.). Daraufhin hat die Beklagte im Schriftsatz vom 5. April 2018 umfangreiche Ausführungen zur sekundären Darlegungslast gemacht. Wenn nun der Unterbevollmächtigte der Beklagten im Termin vom 13. April 2018 geltend gemacht hat, der Beklagten liege der Hinweisbeschluss nicht vor, so war das Gericht nicht veranlasst, der Beklagten eine Schriftsatzfrist von Amts wegen - beantragt wurde eine solche auch nach Kenntnisnahme vom Inhalt des Beschlusses im Termin nicht - einzuräumen, unabhängig davon ob der Hinweisbeschluss der Beklagten zugegangen ist oder nicht. Denn die Beklagte hat den Gesichtspunkt, ob sie eine sekundäre Darlegungslast trifft, gesehen, wie ihr Schriftsatz vom 5. April 2018 zeigt.

22

2. Der Kläger kann den Kaufpreis jedoch nur abzüglich der erlangten Gebrauchsvorteile für die Nutzung des Fahrzeugs erlangen. Dies folgt aus dem schadensrechtlichen Grundsatz des Vorteilsausgleichs. Rechtsfolge des Schadensersatzanspruches ist, dass der Kläger so zu stellen ist, wie er ohne die Täuschung über die nicht gesetzeskonforme Motorsteuerungssoftware gestanden hätte, vgl. § 249 Abs. 1 BGB. Die Beklagte muss danach die wirtschaftlichen Folgen des Kaufs dadurch ungeschehen machen, dass sie den Kaufpreis Zug um Zug gegen Herausgabe des PKW erstattet. Auf den zurückzuerstattenden Kaufpreis in Höhe von € 33.287,30 hat sich der Kläger jedoch eine Nutzungsentschädigung anrechnen zu lassen. Das Fahrzeug wies zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 13. April 2018 eine Laufleistung von 39.755 km auf. Die Gesamtlaufleistung schätzt das Gericht auf 250.000 km (ebenso LG Düsseldorf, Urteil vom 9. Februar 2018 - 7 O 212/16). Für den Gebrauchsvorteil (Bruttokaufpreis x gefahrene km / Gesamtlaufleistung) muss er daher einen Nutzungsersatz von € 5.293,35 leisten.

23

Dem kann der Kläger nicht erfolgreich entgegenhalten, dass sein Fahrzeug während seiner Besitzzeit mangelhaft war. Denn mit der Software ging keine Beeinträchtigung der Nutzung einher (so auch LG Kleve VuR 2017, 232, 235). Konkrete Einschränkungen der Nutzbarkeit des eigenen Fahrzeugs hat der Kläger zumindest nicht vorgetragen. Dass die streitgegenständliche Software die Nutzbarkeit der Fahrzeuge, in die sie eingebaut war, nicht beeinträchtigte, zeigt sich auch schon daran, dass sie lange Zeit unentdeckt bliebt.

II.

24

Der Annahmeverzugs der Beklagten bezüglich des streitgegenständlichen PKWs war festzustellen. Der Kläger ließ mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 19. Juli 2017 die Beklagte auffordern, das Fahrzeug bei ihm abzuholen. Dieses wörtliche Angebot genügte gem. § 295 S. 1 Alt. 2, S. 2 ZPO. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, das Fahrzeug abzuholen. Denn Erfüllungsort deliktischer Schadensersatzansprüche ist dort, wo der Wiederherstellungspflicht genügt werden kann, z. B. wo sich die beschädigte Sache befindet (Krüger, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 269, Rn. 43). Dies war hier der Wohnort des Klägers.

III.

25

Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sind Teil des nach § 826 BGB ersatzfähigen Schadens, jedoch nur in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, d. h. € 1.474,89. Eine eventuelle Komplexität der Angelegenheit kann durch Synergieeffekte aus der Bearbeitung zahlreicher gleich gelagerter Verfahren ausgeglichen werden (BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 - XI ZR 421/10, juris-Tz. 50). Dem Beklagtenvortrag, dass die Klageschrift formularmäßig in Dutzenden Verfahren ohne wesentliche Änderungen eingereicht wird, ist der Kläger nicht entgegengetreten. Die Verzinsungspflicht folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

IV.

26

Auch die zurückzuzahlende Kaufpreissumme war nach § 291 BGB zu verzinsen. Dem steht weder der Anspruch der Beklagten auf Nutzungsentschädigung entgegen noch, dass der Anspruch nur Zug-um-Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs zu erfüllen ist. Aus Vorteilsausgleichung folgende Nutzungsentschädigungsansprüche schließen einen Zinsanspruch nach § 291 BGB nie aus (BGH NJW-RR 2013, 825, 826). Bei § 286 BGB ist anerkannt, dass Schuldnerverzug trotz Bestehen einer Einrede eintritt, wenn der Gläubiger mit der Mahnung die ihm obliegende Gegenleistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise anbietet (Palandt/Grüneberg, 76. Aufl. 2017, § 286, Rn. 14). Nichts anderes kann für § 291 BGB gelten. Vorliegend befand sich die Beklagte im Gläubigerverzug.

V.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten für Schäden, die ihm aus der bei Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware bezüglich des Fahrzeugs Audi A4, FIN: ..., durch die Beklagte resultieren.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 958,19 freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis 13.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger erwarb am 26.10.2014 einen gebrauchten Audi A4 mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189, der vom so genannten Abgasskandal betroffen ist, und verlangt von der Beklagten, der Herstellerin des Fahrzeugs, Schadensersatz. Er erwarb das Fahrzeug mit einer Laufleistung von 24.700 km zum Preis von 18.200 EUR von einem privaten Autoverkäufer, der nicht am Verfahren beteiligt ist. Das Fahrzeug verfügte zum Zeitpunkt des Erwerbs über eine EG-Typgenehmigung. Die Motorsteuergerätesoftware verfügte über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn das Fahrzeug den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt. Die Software kennt zwei unterschiedliche Betriebsmodi. Im NEFZ schaltet es in den Modus 1, indem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate und zu einem verminderten Ausstoß von Stickoxiden (NOx) kommt. Außerhalb des NEFZ wird das Fahrzeug im Modus 0 betrieben.
Die Entscheidung für den Einsatz der Software erfolgte im Jahr 2005/2006. Die Firma B... war an der Entwicklung der Software beteiligt und warnte im Jahr 2007 die Beklagte vor dem gesetzwidrigen Einsatz der Abgastechnik. Auf ein entsprechendes Schreiben stieß die interne Revision der Beklagten. Ein Mitarbeiter der Beklagten wies intern bereits im Jahr 2011 auf den Rechtsverstoß hin.
Mit Bescheid vom 15.10.2015 erließ das Kraftfahrt-Bundesamt bezüglich der EG-Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug nachträglich eine Nebenbestimmung mit der Aufforderung zur Entfernung der Abschalteinrichtung.
Die Parteien streiten darüber, ob eine unzulässige Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (im Folgenden: EG-VO 715/2007), vorliegt und ob der Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts für die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren bindende Feststellungen enthält. Von der Verwendung der Abschalteinrichtungen hatten Mitarbeiter der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Kenntnis. Streitig ist dies nur bezüglich des damaligen Entwicklungsvorstands Dr. H... . Der damalige Leiter der Aggregate-Entwicklung und Markenvorstand der Marke VW, H... N..., wusste ebenfalls von der Verwendung der Abschalteinrichtung; ob er bereits im Jahr 2011 diesbezüglich gewarnt wurde, ist streitig.
In der Schweiz ist die Zulassung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ohne entsprechende Nachrüstung nicht möglich.
Der Kläger trägt vor:
Sein Fahrzeug habe von Anfang an nicht die Voraussetzungen für die Typgenehmigung erfüllt und die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten. Daher bestehe das Risiko, dass das Fahrzeug mangels Genehmigung stillgelegt werde, jedenfalls wenn kein Update installiert werde. Der Marktwert des Fahrzeuges sei um mindestens 10 % gesunken. Das Update verändere wichtige Eigenschaften des Fahrzeuges. So drohten im Langzeitbetrieb Versottungsschäden am Abgasrückführungsventil und an Leitungen, wovor auch die EU-Kommission gewarnt habe, es entstehe ein höherer Kraftstoffverbrauch als vorher und wegen der verzögerten Verbrennung lasse das Ansprechverhalten des Motors zu wünschen übrig.
Die Beklagte, namentlich auch der Vorstand im aktienrechtlichen Sinne, hätten Kenntnis von dem Einsatz der unzulässigen Software gehabt. Die komplexe Beschaffungslogistik unter Beteiligung der Firma B... schließe es aus, dass eine Implementierung ohne das Wissen des Vorstands der Beklagten erfolgt sei. Der Entwicklungsvorstand Dr. U... H... habe die Anweisung zum Einbau erteilt. Nach Klageerhebung sei die - unstreitige - Nachrüstung seines Fahrzeugs heimlich und gegen seine Anweisung erfolgt.
Der Kläger beantragt:
10 
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs Audi A4, FIN: ... durch die Beklagtenpartei resultieren.
11 
2. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.680,28 freizustellen.
12 
Die Beklagte beantragt:
13 
Die Klage wird abgewiesen.
14 
Sie trägt vor:
15 
Nach dem derzeitigen Stand ihrer Ermittlungen lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. Daher bestreite sie, dass ihr damaliger Vorstandsvorsitzender und andere Mitglieder des Vorstands im Zeitpunkt der Entwicklung der Software von dieser wussten. Ebenso bestreite sie, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten und andere Vorstände im aktienrechtlichen Sinne im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Typ Kenntnis gehabt hätten. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei auch nicht erwiesen, dass Dr. U... H... oder ein anderes Vorstandsmitglied der Beklagten die Software des Dieselmotors EA 189 EU5 oder EU4 in Auftrag gegeben hätten. Die diesbezügliche Behauptung des Klägers würde bestritten. Bei den Ausführungen des Klägers zu der Kenntnis des Vorstands aufgrund von Aussagen von Mitarbeitern handele es sich lediglich um Spekulationen. Nach den eigenen Angaben des Zeugen N... sei dieser im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs Ea189 informiert gewesen. Mit dem Vortrag der Beklagten, „nach derzeitigem Ermittlungsstand wurde die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen", habe die Beklagte in keiner Form eingestanden, dass ein (oder mehrere) konkreter Verrichtungsgehilfe die Motorsteuersoftware eingebaut habe.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Klage ist zulässig (I.) und überwiegend begründet (II.).
I.
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart folgt aus § 32 ZPO. Der Kläger macht einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend unter anderem mit der Behauptung, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, § 826 BGB. Zum zuständigkeitsbegründenden Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO gehört auch der Ort, wo der schädigende Erfolg eingetreten ist, wenn der Schaden zum Tatbestandsmerkmal gehört (MünchkommZPO/Patzina, 5. Aufl., § 32 Rn. 20; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 32 Rn. 19). Dies ist bei Schadensersatzansprüchen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Fall. Der Schaden ist am Wohnsitz des Klägers eingetreten, der im Gerichtsbezirk des Landgerichts liegt.
19 
2. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger hat das gemäß § 256 ZPO erforderliche Interesse an der Feststellung des Schadensersatzanspruchs. Insbesondere ist die Feststellungsklage im vorliegenden Fall nicht subsidiär gegenüber einer Leistungsklage. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Kläger einer Schadensersatzklage nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben, wenn er den Schaden noch nicht abschließend beziffern kann, weil dieser noch nicht abgeschlossen ist (vgl. nur: BGH, Urteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 53/07 -, Rn. 7, juris). War ein Schadensereignis zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen, vermag der Kläger jedoch im Laufe des Verfahrens den Schaden abschließend zu beziffern, ist er hierzu ebenfalls nicht verpflichtet, sondern kann weiterhin seinen Feststellungsantrag aufrechterhalten (BGH, Urteil vom 04. November 1998 - VIII ZR 248/97 -, Rn. 15, juris).
20 
So liegt der Fall hier. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war das Fahrzeug des Klägers noch nicht nachgerüstet. Es bestand daher die Gefahr, dass ihm im Falle der Verweigerung der Nachrüstung der Betrieb des Fahrzeugs durch die Zulassungsstelle gemäß § 5 FZV untersagt und das Fahrzeug stillgelegt wird. Der Zeitpunkt des damit verbundenen weiteren Schadens wegen des Nutzungsausfalls sowie etwaiger Rechtsverteidigungskosten gegen das Vorgehen der Zulassungsstelle etc. stand noch nicht fest. Der Schadenseintritt war jedoch ausreichend wahrscheinlich.
21 
Zwar wäre der Schaden abschließend bezifferbar gewesen, wenn die Beklagte sich sofort auf die auch von dem Kläger primär begehrte Rückabwicklung eingelassen hätte. Der Kläger musste jedoch - wie sich herausgestellt hat zu Recht - damit rechnen, dass er nicht sofort zu seinem Recht kommt und ihm daher im Laufe des Gerichtsverfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung ein weiterer Schaden entstehen kann. Die zwischenzeitliche Nachrüstung des Klägerfahrzeugs lässt zwar diese Gefahr entfallen. Dieser Umstand ist jedoch erst nach der Klageerhebung eingetreten. Im Übrigen ist durch die Nachrüstung nicht ausgeschlossen, dass nunmehr die von dem Kläger geltend gemachten Nachteile und Folgeschäden am Fahrzeug (erhöhter Kraftstoffverbrauch, häufigerer Austausch des Partikelfilters, Versottungsschäden etc.) entstehen.
22 
3. Der Klageantrag Ziff. 1 war dahingehend auszulegen, dass es dem Kläger um die Erstattung von Schäden geht, die im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware geht und nicht um irgendwelche anderen, unbenannten Manipulationen. Dies geht aus dem gesamten Vorbringen des Klägers hervor, der sich ausschließlich mit dieser Thematik befasst. Entsprechend war dies bei der Tenorierung klarzustellen.
II.
23 
Die Klage ist mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderung begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Er hat einen Schaden erlitten (1.). Dieser ist durch ein Verhalten der Beklagten entstanden (2.), welches als sittenwidrig zu qualifizieren ist (3.). Die Beklagte hat dabei vorsätzlich gehandelt (4.). Aufgrund dessen hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz (5.).
24 
1. Der Kläger hat durch den Erwerb des Audi A4 einen Schaden erlitten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist auch subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen umfasst sind, wie - bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit - die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch Eingehung eines nachteiligen Geschäfts (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 -, BGHZ 161, 361, Rn. 16; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 -, Rn. 18, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 41ff.). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 -, BGHZ 192, 90, Rn. 58).
25 
Einen solchen Schaden hat der Kläger erlitten. Er hat einen Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug abgeschlossen, das formal über eine erteilte EG-Typgenehmigung verfügte. Durch dieses Geschäft ist bei ihm eine konkrete Vermögensgefährdung eingetreten. Das Fahrzeug verfügte über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007, die einer Zulassung entgegenstand. Dadurch bestand die Gefahr, dass jederzeit die Zulassung widerrufen werden konnte, weil das Fahrzeug tatsächlich die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllte. In der Folge drohten Nutzungsbeschränkungen und ein Wertverlust.
26 
a. Gemäß Art. 10 Abs. 1 EG-VO 715/2007 erteilt die nationale Zulassungsbehörde die Typgenehmigung, wenn das betreffende Fahrzeug den Vorschriften der Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen entspricht. Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) darf eine EG-Typgenehmigung nur erteilt werden, wenn die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellenden Ergebnis durchgeführt wurden. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 hat der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemäß Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Nach Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 ist eine „Abschalteinrichtung“ ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
27 
b. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügte über eine derartige unzulässige Abschalteinrichtung, so dass das Prüfverfahren und somit die Voraussetzungen für die Erteilung einer EG-Typgenehmigung nicht vorlagen. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte eine unterschiedliche Emissionsbehandlung je nachdem, ob sich das Fahrzeug im NEFZ im Modus 1 befand oder im Modus 0 für den Normalbetrieb. Im Prüfbetrieb wurden Emissionen aus dem Verbrennungsprozess durch eine Abgasrückführung teilweise dem Verbrennungsprozess wieder zugeführt. Eine solche Steuerung ist Teil eines Emissionskontrollsystems im Sinne von Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007. Die Emissionen werden kontrolliert und gesteuert: Die Motorsteuerung, die anhand der Parameter den Prüfzyklus erkennt, schaltet im Normalbetrieb die Abgasrückführung, die der Kontrolle der Emissionen und der Reduzierung des Schadstoffausstoßes dient, ab.
28 
Die von der Beklagten gemachte Unterscheidung zwischen „so genannten innermotorischen Maßnahmen“ und denjenigen der „Abgasreinigung im Emissionskontrollsystem“ lässt sich der Verordnung nicht entnehmen und widerspricht offensichtlich deren Zweck. Die Emissionskontrolle im Sinne der Verordnung ist nicht auf die Abgasreinigung beschränkt. Durch die Rückführung eines Teils der Abgase (Emissionen) in den Verbrennungsprozess im Motor werden die Emissionen kontrolliert. Durch die Fahrzykluserkennung wird dieser Teil des Kontrollsystems abgeschaltet. Die Auslegung der Beklagten widerspricht auch offensichtlich dem Zweck der Verordnung, wonach das Testverfahren möglichst das Verhalten des Fahrzeugs unter normalen Betriebsbedingungen widerspiegeln soll. So schreibt Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 ausdrücklich vor, dass der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten hat, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Erwägungsgrund 15 der Verordnung weist auf das Ziel hin, dass die bei den Typgenehmigungsprüfungen gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen sollen. Die Motorsteuerung der Beklagten knüpft demgegenüber nicht an bestimmte Betriebszustände oder Umweltbedingungen an, sondern ausschließlich an die Feststellung des NEFZ, zielt also bewusst auf eine Steuerung der Emissionen für den Ausnahmefall der Genehmigungsprüfung.
29 
Nachdem die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung zur Überzeugung des Gerichts feststeht, kommt es auf die Frage der Bindungswirkung des Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamts nicht an.
30 
c. Die Installation der unzulässigen Abschalteinrichtung begründete die konkrete Gefahr des Widerrufs der Zulassung und somit der Stilllegung des Fahrzeugs sowie des massiven Wertverlustes. Zu dem Widerruf der Typgenehmigung wäre das Kraftfahrt-Bundesamt berechtigt gewesen, weil sie von der Beklagten über das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen getäuscht wurde. Unabhängig von der konkreten Vorgehensweise des Kraftfahrt-Bundesamts nach Bekanntwerden der Abschalteinrichtung bestand seit Inverkehrbringen der Fahrzeuge mit der zweifelhaften EG-Typgenehmigung die Gefahr des Bekanntwerdens der Manipulation und des sofortigen Widerrufs der Zulassung ohne Auflagen. Dies war nicht fernliegend, da Auflagen als Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten nicht erzwingbar sind und die Beklagte als Adressatin einer Auflage zur Durchführung einer Nachbesserung von in Verkehr gebrachten Fahrzeugen es nicht in der Hand hat, sämtliche Fahrzeughalter zu einer Nachrüstung zu zwingen. Auch ist zwischen der Pflicht zur Nachrüstung zum Zwecke des Erhalts der Betriebserlaubnis und dem Integritätsinteresse des Fahrzeugeigentümers zu unterscheiden. Ein Fahrzeugeigentümer kann eine Nachrüstung unter Umständen zu Recht ablehnen, weil er eine Verschlechterung seines Fahrzeugs erwartet, die er zum Erhalt der Zulassung nicht bereit ist in Kauf zu nehmen. Es ist unstreitig, dass die Zulassungsstellen den Betrieb von nicht nachgerüsteten Fahrzeugen gemäß § 5 FZV untersagen und Fahrzeuge stilllegen können. Soweit die Beklagte bestreitet, dass dieser Widerruf - entsprechend dem Klägervortrag - durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen kann, streitet sie nicht die generelle Möglichkeit der Betriebsuntersagung ab, wie sie es nach dem unstreitigen Klägervortrag selbst Kunden des VW Amarok in Schreiben mitgeteilt hat.
31 
Weiter war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht damit zu rechnen, dass die Beklagte in der Lage sein würde, innerhalb kurzer Frist ein Software-Update ausliefern zu können, das ohne nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Fahrzeuges die Abschalteinrichtung deaktiviert und gleichzeitig zu zulässigen Emissionswerten führt. Die Beklagte hat vorgetragen, dass das Software-Update die Erkenntnisse aus der Weiterentwicklung des Diesel-Brennverfahrens der letzten zehn Jahre aufgreife. Das Bekanntwerden der unzulässigen Abschalteinrichtung und der Gefährdung der EG-Typgenehmigung hätte angesichts der Ungewissheit über die Nachbesserungsfähigkeit durch die Beklagte sofort zu einem Wertverlust geführt. Dass nunmehr auf dem Gebrauchtwagenmarkt die mit einem Software-Update ausgestatteten Fahrzeuge ohne Preisabschlag gehandelt werden, wie die Beklagte es behauptet, ändert nichts daran, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages diese Kenntnisse noch nicht vorlagen und daher wegen der Unsicherheit des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Gefahr der Stilllegung mit erheblichen Preisabschlägen zu rechnen war.
32 
Weiter ist dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden, dass er es nicht mehr - ohne Software-Update - in der Schweiz zulassen kann. Dies ist unstreitig. Unerheblich ist, ob der Kläger bei Erwerb des Fahrzeuges vorgehabt hat, das Fahrzeug in der Schweiz zuzulassen oder es dorthin weiterzuverkaufen. Maßgeblich ist, dass die Einschränkung besteht. Eine Zulassung in der Schweiz oder eine Weiterveräußerung in diesen Raum auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung gehört zu den wertbildenden Eigenschaften, die jedem Fahrzeug anhaften, nicht jedoch dem streitgegenständlichen. Die Gefahr bestand bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn es ist anzunehmen, dass die Schweiz sich auch schon zu einem früheren Zeitpunkt in der Weise verhält, wie sie es nun getan hat.
33 
2. Der Kläger hat diesen Schaden aufgrund eines Verhaltens der Beklagten erlitten. Erforderlich ist insoweit ein adäquat kausaler Zusammenhang unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm (BGH, Urteil vom 03. März 2008 - II ZR 310/06 -, Rn. 15, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 45 ff.). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war.
34 
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat die Fahrzeuge, insbesondere die Motoren mit der unzulässigen Abschalteinrichtung, produziert und in Verkehr gebracht. Dabei hat sie durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt scheinbar zulässige Emissionswerte vorgespiegelt und sich die EG-Typgenehmigung erschlichen. Der Fortbestand der allgemeinen Betriebserlaubnis auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung hing wesentlich an den Eigenschaften des Motors und seiner Steuerung sowie der Rechtmäßigkeit des Zulassungsverfahrens. Bei einem Widerruf der Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und einer Untersagung des Betriebs drohte jedem Halter dieses Typs die Stilllegung seines Fahrzeugs. Ebenso war jedes Fahrzeug dieses Typs von einem massiven Wertverlust bei Bekanntwerden der Täuschungen bei der Typgenehmigungsprüfung bedroht.
35 
Die Fahrzeuge werden von der Beklagten als Herstellerin entweder selbst oder durch selbständige Verkäufer vertrieben. Häufig werden die Fahrzeuge vom Ersterwerber weiterveräußert an Zweit- und Folgeerwerber. Jeder Erwerber knüpft unabhängig von der Person des Verkäufers an das Fahrzeug die Erwartung, dass er dieses dauerhaft und ohne Gefahr des Widerrufs der Typgenehmigung und der Stilllegung nutzen kann. Diese selbstverständliche Erwartung prägt den Wert des Fahrzeugs und stellt ein wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich bis sicher, dass ein potenzieller Gebrauchtwagenkäufer, wie der Kläger, von dem Erwerb eines von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs mit diesem Motorentyp absieht, wenn er weiß, dass das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß betrieben wurde. Dann erkennt er die Gefahr der Stilllegung und des drohenden Wertverlusts und die Ungewissheit, ob es der Beklagten gelingen wird, ein Software-Update zu entwickeln, mit dem die Voraussetzungen des Zulassungsverfahrens erfüllt werden, ohne dass die Eigenschaften des Fahrzeugs nachteilig verändert werden. Das Inverkehrbringen eines derart mangelbehafteten Fahrzeugs, dessen Mangel nicht erkennbar ist, beeinträchtigt die Dispositionsfreiheit sämtlicher Erwerber, gleichgültig ob Erst- oder Folgeerwerber, und begründet somit einen Vermögensschaden durch den Abschluss eines ungünstigen Vertrages.
37 
Eine Zurechnung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm zu verneinen. Die EG-Typgenehmigung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Fahrzeugs. Das Prüfverfahren dient dem Nachweis, dass das Fahrzeug den allgemeinen Anforderungen insbesondere hinsichtlich der Emission- und Verbrauchswerte entspricht. Gleichzeitig hat es den Zweck, Verbrauchswerte (Kohlendioxidemissionen und Kraftstoffverbrauch) nach einem geregelten Verfahren zu ermitteln und dem Verbraucher und Anwender objektive und genaue Informationen zu geben (Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3, 4, Erwägungsgrund Nr. 17 EG-VO 715/2007). Derartige Informationen sind nicht nur bei der Erstanschaffung, sondern auch bei einem Folgeerwerb von Gebrauchtfahrzeugen von Bedeutung.
38 
3. Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler BGB [2014] § 826, Rn. 31).
39 
Die berechtigten Verkehrserwartungen gehen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt, und sich nicht durch falsche Angaben zu wichtigen zulassungsrelevanten Eigenschaften eine Typgenehmigung erschleicht. Dabei wird eine sehr hohe Sorgfalt erwartet, wenn das Handeln von einer großen Tragweite ist und Verstöße zu hohen Schäden führen können. Dies ist in der Automobilindustrie, die in zig-tausendfacher Stückzahl hochwertige Güter mit langer Lebensdauer herstellt, die für die Mobilität der Kunden von großer Bedeutung sind, der Fall. In der Automobilindustrie spielt zudem die Einhaltung von Umweltstandards eine große Rolle, da systematische Abweichungen bei in großer Stückzahl produzierten Fahrzeugen eine entsprechend hohe Auswirkung auf die Umweltbelastung haben. Den europäischen Normen entsprechend erwartet der Verbraucher objektive und genaue, und somit wahrheitsgemäße Informationen. Verbrauchs- und Emissionswerte haben allgemein eine hohe Bedeutung bei den Anschaffungsentscheidungen. Die allgemeine Verkehrserwartung geht auch dahin, dass sich ein Hersteller nicht durch falsche Angaben oder durch Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Werten Wettbewerbsvorteile verschafft. An die Redlichkeit werden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage ist.
40 
Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte in einem erheblichen Maße verstoßen. Die Installation einer Abschalteinrichtung widersprach offensichtlich den Vorgaben der EG-VO 715/2007. Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit - wie die Beklagte selbst vorträgt - keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift und erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen nicht. Unstreitig wurde die Beklagte durch den Hersteller der Software, die Firma B..., vor dem gesetzeswidrigen Einsatz der Software gewarnt. Das Handeln entgegen der Warnung verstärkt das Unwerturteil.
41 
Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns ist der hohe Schaden, den die Beklagte verursacht hat, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen, das die Beklagte in Kauf genommen hat. Der Beklagten war bewusst, dass sie die Anforderungen der Abgasnormen nicht ohne die unzulässige Abschalteinrichtung erfüllen konnte. Dies folgt bereits aus der Installation der Software, die speziell eine Motorsteuerung für den Prüfzyklus vorsah, und somit für die Prüfung nicht geeignete Emissionswerte erzeugte. Als Automobilhersteller war ihr weiter bekannt, dass sie keine rechtsbeständige EG-Typgenehmigung durch eine Täuschung im Prüfverfahren erhalten kann und somit die Gefahr des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden war angesichts der hohen Stückzahl der produzierten Motoren enorm. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthält ein hohes Maß an Skrupellosigkeit. Gleichzeitig hat sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der EG-VO 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.
42 
4. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten zurechnen lassen (a.). Deren Wissen ist unstreitig bzw. als zugestanden anzusehen und ihr Verhalten als vorsätzlich zu qualifizieren (b.).
43 
a. Die Beklagte muss sich das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten auch im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB zurechnen lassen.
44 
Grundsätzlich haftet eine juristische Person gemäß § 31 BGB für das Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich die Zurechnung im Rahmen des § 826 BGB nicht auf Organe im aktienrechtlichen Sinn. Dies ergibt sich nicht aus der von ihr zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris).
45 
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft eine juristische Person über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus eine Repräsentantenhaftung für solche Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (BGH, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11 -, BGHZ 196, 340, Rn. 12). Entgegen der weiteren Auffassung der Beklagten gilt die Repräsentantenhaftung nicht nur im vertraglichen Bereich, sondern auch bei der deliktischen Haftung. In der von der Beklagten zum Beleg des Gegenteils zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris) hat dieser im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB ausdrücklich auf die weite Auslegung des Begriffs des verfassungsmäßigen Vertreters hingewiesen und die hierzu ergangene Grundsatzentscheidung zitiert (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VII ZR 82/65 -, BGHZ 49, 19, Rn. 11).
46 
b. Die Repräsentanten der Beklagten haben die Schädigung des Klägers vorsätzlich veranlasst bzw. zugelassen. Dies gilt für ihren damaligen Entwicklungsvorstand Dr. H ..., für den Markenvorstand von VW N... sowie für die von der Beklagten nicht benannten weiteren Repräsentanten (aa.). Diese haben vorsätzlich gehandelt (bb).
47 
aa. Es ist unstreitig, dass die Zeugen Dr. H... und N..., die als Repräsentanten der Beklagten anzusehen sind, Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages hatten ([1]). Die Kenntnis weiterer Repräsentanten der Beklagten von der Verwendung der unzulässigen Software ist unter Berücksichtigung der sekundären Darlegungslast der Beklagten als zugestanden anzusehen ([2]).
48 
(1) Der Kläger hat behauptet, dass der Entwicklungsvorstand Dr. H... Kenntnis von der Manipulation gehabt habe und der Markenvorstand von VW und damalige Leiter der Aggregateentwicklung der Marke Volkswagen im Jahr 2011 vor illegalen Praktiken mit den Abgaswerten gewarnt worden sei. Dieser Vortrag ist zur Behauptung eines Vorsatzes bei Repräsentanten der Beklagten ausreichend. Die Beklagte als Weltkonzern hat auch unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Personen, die wesensmäßige Funktionen der Beklagten zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind. Sie selbst bezeichnet sie als Vorstände. Beispielsweise bestreitet sie nicht die von der Beklagten verwendete Bezeichnung des Dr. H... als „Entwicklungsvorstand“, sondern beschränkt sich auf die Klarstellung, dass dieser kein Vorstand im aktienrechtlichen Sinne sei. Auch der Zeuge N... führte unstreitig die Bezeichnung als Markenvorstand von VW. Beiden waren somit wesensmäßige Funktionen zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen, so dass sie als Repräsentant der Beklagten anzusehen sind.
49 
Die Beklagte hat die Kenntnis der beiden Repräsentanten nicht (wirksam) bestritten. Ihr Vortrag, dass nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erwiesen sei, dass Herr Dr. U... H... im relevanten Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses von der Programmierung oder von der Verwendung der streitgegenständlichen Software in Fahrzeugen Kenntnis hatte, stellt kein eindeutiges Bestreiten dar. Die Feststellung, ob eine Tatsache „erwiesen“ ist, ist Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Tatsachenfeststellung und stellt keine Tatsachenbehauptung der Beklagten, sondern allenfalls eine eigene Würdigung von nicht offen gelegten Indizien dar. Die Beklagte legt nicht dar, aus welchen Gründen sie nicht in der Lage sei, sich eindeutig zu der Tatsachenbehauptung des Klägers zu äußern und sah sich auf ausdrückliche Nachfrage nicht in der Lage, unter Beachtung ihrer prozessualen Wahrheitspflicht die Behauptung aktiv zu bestreiten. Bezüglich des Zeugen N... bestreitet die Beklagte nicht, dass dieser zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Jahr 2014 Kenntnis von der Abschalteinrichtung gehabt habe. Die Beklagte bestreitet insoweit nur die Kenntnis ihrer Vorstände im aktienrechtlichen Sinn, zu denen der Zeuge N... nicht zählt. Soweit die Beklagte lediglich vorträgt, der Zeuge N... wie „nach eigenen Angaben im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs EA 189 informiert“ gewesen, ist dieses Bestreiten daher unerheblich.
50 
(2) Ein konkreterer Vortrag bezüglich einzelner weiterer Personen, die als Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von der unzulässigen Verwendung der Abschalteinrichtung hatten und diese nicht verhindert haben, war zudem nicht erforderlich. Insofern greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast.
51 
Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14 -, Rn. 18, juris).
52 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
53 
(a) Der Kläger hat mit seiner Behauptung, die Unternehmensleitung habe Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware gehabt, den maßgeblichen Personenkreis der Repräsentanten der Beklagten auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne bezeichnet. Eine namentliche Benennung war nicht erforderlich, weil er hiervon keine Kenntnis hatte und er als Nichtkonzernangehöriger außerhalb des Geschehensablaufs steht. Insbesondere kann er nicht wissen, wie die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Volkswagenkonzerns und konkret der Motorenentwicklung zum Zeitpunkt der Entwicklung war. Dass ein Weltkonzern wie die Beklagte auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne Personen wesensmäßige Aufgaben wie die Entwicklung von Motoren, den Einkauf, die Entwicklung einer Marke, die Produktsicherheit, das Qualitätsmanagement etc. zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erledigung überträgt, ergibt sich aus der Notwendigkeit zur Organisation und Überwachung des enorm großen Geschäftsbetriebs, die nicht allein von wenigen Personen des Konzernvorstands geleistet werden können. Demgegenüber ist es der Beklagten ohne weiteres möglich und zumutbar, die in den Entwicklungsprozess des Motors EA 189 eingebundenen Verantwortlichen bis zu den Bereichsvorständen und den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn zu benennen. Weiter ist unstreitig, dass Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Abschalteinrichtung hatten. Sogar eine interne Warnung im Jahr 2011 ist unstreitig, ohne dass die Beklagte dazu vorträgt, dass diese die Verantwortlichen nicht erreicht hätte. Auch schweigt die Beklagte zu der Kenntnisnahme des Schreibens der Fa. B... GmbH im Jahr 2007, in dem diese die Beklagte vor der Verwendung der Software gewarnt hat. Es ist aber zu erwarten, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb derartig organisiert, dass die Verantwortlichen die für den Betrieb wesentlichen Informationen auch erhalten. Es ist naheliegend - und keinesfalls aus der Luft gegriffen und von dem Kläger ins Blaue hinein behauptet -, dass jedenfalls die aus Repräsentanten bestehende Unternehmensführung unterhalb der Ebene des Konzernvorstands Kenntnis von den Vorgängen gehabt hat.
54 
(b) Die Beklagte hat die Kenntnis ihrer Repräsentanten nicht ausreichend bestritten und zudem ihrer diesbezüglichen sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist.
55 
Die Beklagte differenziert zunächst selbst zwischen den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn und weiteren Vorständen. Bezüglich der Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware hält sie einen differenzierten Vortrag:
56 
Bezüglich der Kenntnis ihres Vorstandsvorsitzenden oder andere Mitglieder des Vorstands (ohne Differenzierung nach ihrer Organstellung) bestreitet sie lediglich die Kenntnis zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software. Dieses Bestreiten ist unerheblich, weil es maßgeblich auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs (hier Oktober 2014) ankommt, nicht auf einen früheren Entwicklungszeitpunkt.
57 
Weiter bestreitet sie, beschränkt auf die Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, dass diese Kenntnis von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Fahrzeugtyp zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses hatten. Damit bestreitet die Beklagte nicht, dass auf der Vorstandsebene unterhalb der Vorstände im aktienrechtlichen Sinn die Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Software hatten. Die Beklagte wäre im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen, substantiiert darzulegen, dass nach ihren Recherchen die in Betracht kommenden Repräsentanten keine Kenntnis von der Verwendung der Manipulationssoftware gehabt haben.
58 
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht deshalb von einer sekundären Darlegungslast befreit, weil es sich bei dem Bestreiten der Kenntnis um eine negative Tatsache handelt. Es ist nämlich unstreitig, dass das Wissen über die Verwendung der Manipulationssoftware bei der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne vorhanden war. Sie wurde von der Firma B... GmbH, wie ausgeführt, sogar auf die Rechtswidrigkeit der Verwendung hingewiesen. Die Beklagte hätte daher darlegen können, wie die interne Kommunikation verlaufen ist und dass die Information nicht die Repräsentanten der Beklagten erreicht hätte. Insofern war sie zu einem positiven Vortrag in der Lage. Dieser Vortrag war ihr auch zuzumuten, da angesichts der Bedeutung des Vorganges ein Exzess von nicht führenden Mitarbeitern der Beklagten als unwahrscheinlich erscheint. Es ist daher davon auszugehen, dass die namentlich nicht genannte Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, die für die Entwicklung des Motors EA 189 sowie die Zulassung und den Vertrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps zuständig waren, in den Vorgang involviert waren.
59 
bb. Der Entwicklungschef der Beklagten, Dr. H..., der frühere Markenvorstand von VW N... sowie die nicht genannten Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne haben vorsätzlich gehandelt. Ein vorsätzliches Handeln erfordert ein Wissens- und ein Wollenselement bezogen auf die maßgeblichen Umstände, hier die Schädigung des Klägers. Der Handelnde muss die Schädigung gekannt oder zumindest vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Beim bedingten Vorsatz muss er die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Da es sich beim Vorsatz um eine innere Tatsache handelt, lässt sich diese nur aus äußeren Umständen folgern. Hierbei kann beispielsweise die Leichtfertigkeit des Handelns oder die starke Gefährdung des betroffenen Rechtsguts die Schlussfolgerung im Einzelfall rechtfertigen. Allerdings ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadens kein alleiniges Kriterium für die Frage, ob der Handelnde mit dem schädigenden Erfolg einverstanden ist. Maßgeblich sind sämtliche Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10 -, Rn. 10f, juris; MünchKommBGB/Wagner, aaO, § 826 Rn. 33)
60 
Aus den geschilderten Umständen des Einzelfalls lässt sich ein Vorsatz der handelnden Personen feststellen. Unstreitig wurde die Beklagte durch die Entwicklerin der Software mit der Abschalteinrichtung vor deren Verwendung gewarnt. Die Entwicklung eines gesonderten Betriebsmodus für den NEFZ widerspricht offensichtlich der Vorgabe der EG-VO 715/2007. Diese hat zum Ziel, bestimmte umweltrelevante Emissions- und Verbrauchswerte in einem normierten Prüfverfahren festzustellen, die möglichst nahe an den Werten im normalen Fahrzeugbetrieb liegen sollen. Die Beklagte hat demgegenüber eine Steuerung eingesetzt, die nur für den Prüfzyklus zu reduzierten Emissionswerten führte und für den Normalbetrieb eine hiervon abweichende Behandlung der Abgase vorsah. Damit lassen die im Prüfzyklus festgestellten Werte keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Werte im praktischen Betrieb zu.
61 
Bei der Produktion eines derart hochwertigen und strengsten Qualitätsanforderungen unterliegenden Produkts ist es ausgeschlossen, dass die Bedeutung der eindeutigen Vorschriften missverstanden worden sein konnten. Auf die Rechtswidrigkeit wurde die Beklagte von extern und intern wiederholt hingewiesen. Aus der Verwendung einer solchen offensichtlich rechtswidrigen Manipulationssoftware lässt sich folgern, dass den handelnden Personen die Angreifbarkeit der so erschlichenen EG-Typgenehmigung bekannt war. Die Täuschungshandlung rechtfertigt auch den Schluss, dass die handelnden Personen den daraus für die Erwerber möglicherweise entstehenden Schaden billigend in Kauf genommen haben. Wer im Zulassungsverfahren täuscht, rechnet damit, dass bei Offenlegung der verheimlichten Tatsache die getäuschte Behörde eine andere Entscheidung getroffen hätte bzw. ihre ursprüngliche Entscheidung revidiert. Andernfalls hätte kein Anlass für eine Täuschung bestanden. Der Beklagten als Automobilhersteller war bekannt, dass Fahrzeuge, die über keine EG-Typgenehmigung verfügen, ihre allgemeine Betriebserlaubnis verlieren und stillgelegt werden können. Der mögliche Schaden für die Fahrzeugeigentümer in der Form eines Wertverlustes bei Bekanntwerden der Manipulationssoftware ist so offensichtlich, dass sich daraus nur ein Inkaufnehmen seitens der handelnden Personen folgern lässt. Diesen war ohne vernünftigen Zweifel bekannt, dass bereits kleinste Fehler einen erheblichen Schaden, beispielsweise durch Rückrufaktionen, auslösen können. Umso mehr drängte sich ihnen auf, dass ein enormer Schaden entstehen würde, wenn sämtliche Fahrzeuge, in denen der Motor des Typs EA 189 verbaut war, ihre Zulassung verlieren würden.
62 
5. Der Kläger kann gemäß § 249 BGB Schadensersatz verlangen. Er hat einen Anspruch so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Aufgrund der Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die EG-Typgenehmigung von der Beklagte unter Einsatz einer Manipulationssoftware erschlichen wurde und daher die Stilllegung im Falle eines Widerrufs der Genehmigung drohte. Hierfür spricht die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand unnötig derartig erhebliche Risiken eingeht, wenn ihm auf dem Markt vergleichbare Produkte ohne entsprechende Risiken angeboten werden. Dabei ist unerheblich, dass das Kraftfahrt-Bundesamt sich später nicht zu einem Widerruf der Genehmigung, sondern zu dem nachträglichen Erlass einer Auflage entschlossen hat. Maßgeblich ist auf den Zeitpunkt abzustellen, bei dem aufgrund der Handlung der Beklagten bei dem Kläger der Schaden eingetreten ist. Das ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
63 
Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, zum Zwecke der Schadenminderung das Software-Update aufspielen zu lassen. Er kann die Rückgängigmachung des ihm entstandenen Schadens in der Form des Abschlusses eines unvorteilhaften Vertrages verlangen und muss sich nicht vom Schädiger das Festhalten an dem Vertrag aufdrängen lassen. Dies gilt umso mehr, als nicht feststeht, dass das Software-Update ohne nachteilige Folgen, die möglicherweise erst nach einem längeren Dauerbetrieb auftreten, aufgespielt werden kann. Dies ließe sich erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen, dessen kostspielige Einholung dem deliktisch geschädigten Kläger nicht zuzumuten ist. Aus dem gleichen Grund ist das nachträgliche - nach Klägervortrag heimliche - Aufspielen der Software entscheidungserheblich. Der Schaden ist bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstanden. Aus den ungeklärten Umständen des Aufspielens der Software lässt sich kein gemäß § 242 BGB missbräuchliches Schadensersatzverlangen des Klägers ableiten. Zu dem Schaden gehört auch ein etwaiger Schaden, der beim Kläger infolge des Aufspielens des Software-Updates entstehen kann, da das Aufspielen des Software-Updates selbst eine Folge der ursprünglichen Installation einer Motorsteuersoftware mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung darstellt.
64 
6. Der Kläger hat gemäß §§ 826, 249, 257 BGB einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR. Hierbei hat das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe des Kaufpreises von 18.200 EUR abzüglich eines Nutzungsvorteils in Höhe von 1.966,50 EUR und unter Abzug eines 20%-igen Abschlags für die Feststellungsklage angesetzt. Der Nutzungsvorteil wird auf der Grundlage der vom Kläger angegebenen Laufleistung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geschätzt. Bei einer angenommenen Gesamtlaufleistung von 300.000 km für einen Audi A4 Diesel und einer Restlaufleistung vom 275.300 km bei Vertragsschluss errechnet sich der Nutzungsvorteil auf 0,07 EUR/km und - ausgehend vom Kilometerstand von 24.700 km bei Vertragsschluss - eine durchschnittliche Fahrleistung von 28.092,8 km p.a.. Zum Zeitpunkt des Anwaltsschreibens des Klägervertreters hatte der Kläger das Fahrzeug ca. 1 Jahr. Eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer sind als erforderlich anzusetzen. Unter der Berücksichtigung, dass es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für mehrere Verfahren anfällt, erscheint ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr nicht gerechtfertigt.
65 
7. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 2 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 1, § 711 ZPO. Der Streitwert wurde in Höhe des Schadens, der im Wesentlichen dem Kaufpreis abzüglich des rechnerischen Nutzungsvorteils bei Klageeinreichung unter Abzug eines 20 %-Abschlags für die Feststellungsklage entspricht, festgesetzt.

Gründe

 
16 
Die Klage ist zulässig (I.) und überwiegend begründet (II.).
I.
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart folgt aus § 32 ZPO. Der Kläger macht einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend unter anderem mit der Behauptung, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, § 826 BGB. Zum zuständigkeitsbegründenden Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO gehört auch der Ort, wo der schädigende Erfolg eingetreten ist, wenn der Schaden zum Tatbestandsmerkmal gehört (MünchkommZPO/Patzina, 5. Aufl., § 32 Rn. 20; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 32 Rn. 19). Dies ist bei Schadensersatzansprüchen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Fall. Der Schaden ist am Wohnsitz des Klägers eingetreten, der im Gerichtsbezirk des Landgerichts liegt.
19 
2. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger hat das gemäß § 256 ZPO erforderliche Interesse an der Feststellung des Schadensersatzanspruchs. Insbesondere ist die Feststellungsklage im vorliegenden Fall nicht subsidiär gegenüber einer Leistungsklage. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Kläger einer Schadensersatzklage nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben, wenn er den Schaden noch nicht abschließend beziffern kann, weil dieser noch nicht abgeschlossen ist (vgl. nur: BGH, Urteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 53/07 -, Rn. 7, juris). War ein Schadensereignis zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen, vermag der Kläger jedoch im Laufe des Verfahrens den Schaden abschließend zu beziffern, ist er hierzu ebenfalls nicht verpflichtet, sondern kann weiterhin seinen Feststellungsantrag aufrechterhalten (BGH, Urteil vom 04. November 1998 - VIII ZR 248/97 -, Rn. 15, juris).
20 
So liegt der Fall hier. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war das Fahrzeug des Klägers noch nicht nachgerüstet. Es bestand daher die Gefahr, dass ihm im Falle der Verweigerung der Nachrüstung der Betrieb des Fahrzeugs durch die Zulassungsstelle gemäß § 5 FZV untersagt und das Fahrzeug stillgelegt wird. Der Zeitpunkt des damit verbundenen weiteren Schadens wegen des Nutzungsausfalls sowie etwaiger Rechtsverteidigungskosten gegen das Vorgehen der Zulassungsstelle etc. stand noch nicht fest. Der Schadenseintritt war jedoch ausreichend wahrscheinlich.
21 
Zwar wäre der Schaden abschließend bezifferbar gewesen, wenn die Beklagte sich sofort auf die auch von dem Kläger primär begehrte Rückabwicklung eingelassen hätte. Der Kläger musste jedoch - wie sich herausgestellt hat zu Recht - damit rechnen, dass er nicht sofort zu seinem Recht kommt und ihm daher im Laufe des Gerichtsverfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung ein weiterer Schaden entstehen kann. Die zwischenzeitliche Nachrüstung des Klägerfahrzeugs lässt zwar diese Gefahr entfallen. Dieser Umstand ist jedoch erst nach der Klageerhebung eingetreten. Im Übrigen ist durch die Nachrüstung nicht ausgeschlossen, dass nunmehr die von dem Kläger geltend gemachten Nachteile und Folgeschäden am Fahrzeug (erhöhter Kraftstoffverbrauch, häufigerer Austausch des Partikelfilters, Versottungsschäden etc.) entstehen.
22 
3. Der Klageantrag Ziff. 1 war dahingehend auszulegen, dass es dem Kläger um die Erstattung von Schäden geht, die im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware geht und nicht um irgendwelche anderen, unbenannten Manipulationen. Dies geht aus dem gesamten Vorbringen des Klägers hervor, der sich ausschließlich mit dieser Thematik befasst. Entsprechend war dies bei der Tenorierung klarzustellen.
II.
23 
Die Klage ist mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderung begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Er hat einen Schaden erlitten (1.). Dieser ist durch ein Verhalten der Beklagten entstanden (2.), welches als sittenwidrig zu qualifizieren ist (3.). Die Beklagte hat dabei vorsätzlich gehandelt (4.). Aufgrund dessen hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz (5.).
24 
1. Der Kläger hat durch den Erwerb des Audi A4 einen Schaden erlitten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist auch subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen umfasst sind, wie - bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit - die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch Eingehung eines nachteiligen Geschäfts (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 -, BGHZ 161, 361, Rn. 16; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 -, Rn. 18, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 41ff.). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 -, BGHZ 192, 90, Rn. 58).
25 
Einen solchen Schaden hat der Kläger erlitten. Er hat einen Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug abgeschlossen, das formal über eine erteilte EG-Typgenehmigung verfügte. Durch dieses Geschäft ist bei ihm eine konkrete Vermögensgefährdung eingetreten. Das Fahrzeug verfügte über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007, die einer Zulassung entgegenstand. Dadurch bestand die Gefahr, dass jederzeit die Zulassung widerrufen werden konnte, weil das Fahrzeug tatsächlich die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllte. In der Folge drohten Nutzungsbeschränkungen und ein Wertverlust.
26 
a. Gemäß Art. 10 Abs. 1 EG-VO 715/2007 erteilt die nationale Zulassungsbehörde die Typgenehmigung, wenn das betreffende Fahrzeug den Vorschriften der Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen entspricht. Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) darf eine EG-Typgenehmigung nur erteilt werden, wenn die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellenden Ergebnis durchgeführt wurden. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 hat der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemäß Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Nach Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 ist eine „Abschalteinrichtung“ ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
27 
b. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügte über eine derartige unzulässige Abschalteinrichtung, so dass das Prüfverfahren und somit die Voraussetzungen für die Erteilung einer EG-Typgenehmigung nicht vorlagen. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte eine unterschiedliche Emissionsbehandlung je nachdem, ob sich das Fahrzeug im NEFZ im Modus 1 befand oder im Modus 0 für den Normalbetrieb. Im Prüfbetrieb wurden Emissionen aus dem Verbrennungsprozess durch eine Abgasrückführung teilweise dem Verbrennungsprozess wieder zugeführt. Eine solche Steuerung ist Teil eines Emissionskontrollsystems im Sinne von Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007. Die Emissionen werden kontrolliert und gesteuert: Die Motorsteuerung, die anhand der Parameter den Prüfzyklus erkennt, schaltet im Normalbetrieb die Abgasrückführung, die der Kontrolle der Emissionen und der Reduzierung des Schadstoffausstoßes dient, ab.
28 
Die von der Beklagten gemachte Unterscheidung zwischen „so genannten innermotorischen Maßnahmen“ und denjenigen der „Abgasreinigung im Emissionskontrollsystem“ lässt sich der Verordnung nicht entnehmen und widerspricht offensichtlich deren Zweck. Die Emissionskontrolle im Sinne der Verordnung ist nicht auf die Abgasreinigung beschränkt. Durch die Rückführung eines Teils der Abgase (Emissionen) in den Verbrennungsprozess im Motor werden die Emissionen kontrolliert. Durch die Fahrzykluserkennung wird dieser Teil des Kontrollsystems abgeschaltet. Die Auslegung der Beklagten widerspricht auch offensichtlich dem Zweck der Verordnung, wonach das Testverfahren möglichst das Verhalten des Fahrzeugs unter normalen Betriebsbedingungen widerspiegeln soll. So schreibt Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 ausdrücklich vor, dass der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten hat, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Erwägungsgrund 15 der Verordnung weist auf das Ziel hin, dass die bei den Typgenehmigungsprüfungen gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen sollen. Die Motorsteuerung der Beklagten knüpft demgegenüber nicht an bestimmte Betriebszustände oder Umweltbedingungen an, sondern ausschließlich an die Feststellung des NEFZ, zielt also bewusst auf eine Steuerung der Emissionen für den Ausnahmefall der Genehmigungsprüfung.
29 
Nachdem die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung zur Überzeugung des Gerichts feststeht, kommt es auf die Frage der Bindungswirkung des Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamts nicht an.
30 
c. Die Installation der unzulässigen Abschalteinrichtung begründete die konkrete Gefahr des Widerrufs der Zulassung und somit der Stilllegung des Fahrzeugs sowie des massiven Wertverlustes. Zu dem Widerruf der Typgenehmigung wäre das Kraftfahrt-Bundesamt berechtigt gewesen, weil sie von der Beklagten über das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen getäuscht wurde. Unabhängig von der konkreten Vorgehensweise des Kraftfahrt-Bundesamts nach Bekanntwerden der Abschalteinrichtung bestand seit Inverkehrbringen der Fahrzeuge mit der zweifelhaften EG-Typgenehmigung die Gefahr des Bekanntwerdens der Manipulation und des sofortigen Widerrufs der Zulassung ohne Auflagen. Dies war nicht fernliegend, da Auflagen als Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten nicht erzwingbar sind und die Beklagte als Adressatin einer Auflage zur Durchführung einer Nachbesserung von in Verkehr gebrachten Fahrzeugen es nicht in der Hand hat, sämtliche Fahrzeughalter zu einer Nachrüstung zu zwingen. Auch ist zwischen der Pflicht zur Nachrüstung zum Zwecke des Erhalts der Betriebserlaubnis und dem Integritätsinteresse des Fahrzeugeigentümers zu unterscheiden. Ein Fahrzeugeigentümer kann eine Nachrüstung unter Umständen zu Recht ablehnen, weil er eine Verschlechterung seines Fahrzeugs erwartet, die er zum Erhalt der Zulassung nicht bereit ist in Kauf zu nehmen. Es ist unstreitig, dass die Zulassungsstellen den Betrieb von nicht nachgerüsteten Fahrzeugen gemäß § 5 FZV untersagen und Fahrzeuge stilllegen können. Soweit die Beklagte bestreitet, dass dieser Widerruf - entsprechend dem Klägervortrag - durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen kann, streitet sie nicht die generelle Möglichkeit der Betriebsuntersagung ab, wie sie es nach dem unstreitigen Klägervortrag selbst Kunden des VW Amarok in Schreiben mitgeteilt hat.
31 
Weiter war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht damit zu rechnen, dass die Beklagte in der Lage sein würde, innerhalb kurzer Frist ein Software-Update ausliefern zu können, das ohne nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Fahrzeuges die Abschalteinrichtung deaktiviert und gleichzeitig zu zulässigen Emissionswerten führt. Die Beklagte hat vorgetragen, dass das Software-Update die Erkenntnisse aus der Weiterentwicklung des Diesel-Brennverfahrens der letzten zehn Jahre aufgreife. Das Bekanntwerden der unzulässigen Abschalteinrichtung und der Gefährdung der EG-Typgenehmigung hätte angesichts der Ungewissheit über die Nachbesserungsfähigkeit durch die Beklagte sofort zu einem Wertverlust geführt. Dass nunmehr auf dem Gebrauchtwagenmarkt die mit einem Software-Update ausgestatteten Fahrzeuge ohne Preisabschlag gehandelt werden, wie die Beklagte es behauptet, ändert nichts daran, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages diese Kenntnisse noch nicht vorlagen und daher wegen der Unsicherheit des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Gefahr der Stilllegung mit erheblichen Preisabschlägen zu rechnen war.
32 
Weiter ist dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden, dass er es nicht mehr - ohne Software-Update - in der Schweiz zulassen kann. Dies ist unstreitig. Unerheblich ist, ob der Kläger bei Erwerb des Fahrzeuges vorgehabt hat, das Fahrzeug in der Schweiz zuzulassen oder es dorthin weiterzuverkaufen. Maßgeblich ist, dass die Einschränkung besteht. Eine Zulassung in der Schweiz oder eine Weiterveräußerung in diesen Raum auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung gehört zu den wertbildenden Eigenschaften, die jedem Fahrzeug anhaften, nicht jedoch dem streitgegenständlichen. Die Gefahr bestand bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn es ist anzunehmen, dass die Schweiz sich auch schon zu einem früheren Zeitpunkt in der Weise verhält, wie sie es nun getan hat.
33 
2. Der Kläger hat diesen Schaden aufgrund eines Verhaltens der Beklagten erlitten. Erforderlich ist insoweit ein adäquat kausaler Zusammenhang unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm (BGH, Urteil vom 03. März 2008 - II ZR 310/06 -, Rn. 15, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 45 ff.). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war.
34 
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat die Fahrzeuge, insbesondere die Motoren mit der unzulässigen Abschalteinrichtung, produziert und in Verkehr gebracht. Dabei hat sie durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt scheinbar zulässige Emissionswerte vorgespiegelt und sich die EG-Typgenehmigung erschlichen. Der Fortbestand der allgemeinen Betriebserlaubnis auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung hing wesentlich an den Eigenschaften des Motors und seiner Steuerung sowie der Rechtmäßigkeit des Zulassungsverfahrens. Bei einem Widerruf der Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und einer Untersagung des Betriebs drohte jedem Halter dieses Typs die Stilllegung seines Fahrzeugs. Ebenso war jedes Fahrzeug dieses Typs von einem massiven Wertverlust bei Bekanntwerden der Täuschungen bei der Typgenehmigungsprüfung bedroht.
35 
Die Fahrzeuge werden von der Beklagten als Herstellerin entweder selbst oder durch selbständige Verkäufer vertrieben. Häufig werden die Fahrzeuge vom Ersterwerber weiterveräußert an Zweit- und Folgeerwerber. Jeder Erwerber knüpft unabhängig von der Person des Verkäufers an das Fahrzeug die Erwartung, dass er dieses dauerhaft und ohne Gefahr des Widerrufs der Typgenehmigung und der Stilllegung nutzen kann. Diese selbstverständliche Erwartung prägt den Wert des Fahrzeugs und stellt ein wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich bis sicher, dass ein potenzieller Gebrauchtwagenkäufer, wie der Kläger, von dem Erwerb eines von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs mit diesem Motorentyp absieht, wenn er weiß, dass das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß betrieben wurde. Dann erkennt er die Gefahr der Stilllegung und des drohenden Wertverlusts und die Ungewissheit, ob es der Beklagten gelingen wird, ein Software-Update zu entwickeln, mit dem die Voraussetzungen des Zulassungsverfahrens erfüllt werden, ohne dass die Eigenschaften des Fahrzeugs nachteilig verändert werden. Das Inverkehrbringen eines derart mangelbehafteten Fahrzeugs, dessen Mangel nicht erkennbar ist, beeinträchtigt die Dispositionsfreiheit sämtlicher Erwerber, gleichgültig ob Erst- oder Folgeerwerber, und begründet somit einen Vermögensschaden durch den Abschluss eines ungünstigen Vertrages.
37 
Eine Zurechnung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm zu verneinen. Die EG-Typgenehmigung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Fahrzeugs. Das Prüfverfahren dient dem Nachweis, dass das Fahrzeug den allgemeinen Anforderungen insbesondere hinsichtlich der Emission- und Verbrauchswerte entspricht. Gleichzeitig hat es den Zweck, Verbrauchswerte (Kohlendioxidemissionen und Kraftstoffverbrauch) nach einem geregelten Verfahren zu ermitteln und dem Verbraucher und Anwender objektive und genaue Informationen zu geben (Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3, 4, Erwägungsgrund Nr. 17 EG-VO 715/2007). Derartige Informationen sind nicht nur bei der Erstanschaffung, sondern auch bei einem Folgeerwerb von Gebrauchtfahrzeugen von Bedeutung.
38 
3. Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler BGB [2014] § 826, Rn. 31).
39 
Die berechtigten Verkehrserwartungen gehen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt, und sich nicht durch falsche Angaben zu wichtigen zulassungsrelevanten Eigenschaften eine Typgenehmigung erschleicht. Dabei wird eine sehr hohe Sorgfalt erwartet, wenn das Handeln von einer großen Tragweite ist und Verstöße zu hohen Schäden führen können. Dies ist in der Automobilindustrie, die in zig-tausendfacher Stückzahl hochwertige Güter mit langer Lebensdauer herstellt, die für die Mobilität der Kunden von großer Bedeutung sind, der Fall. In der Automobilindustrie spielt zudem die Einhaltung von Umweltstandards eine große Rolle, da systematische Abweichungen bei in großer Stückzahl produzierten Fahrzeugen eine entsprechend hohe Auswirkung auf die Umweltbelastung haben. Den europäischen Normen entsprechend erwartet der Verbraucher objektive und genaue, und somit wahrheitsgemäße Informationen. Verbrauchs- und Emissionswerte haben allgemein eine hohe Bedeutung bei den Anschaffungsentscheidungen. Die allgemeine Verkehrserwartung geht auch dahin, dass sich ein Hersteller nicht durch falsche Angaben oder durch Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Werten Wettbewerbsvorteile verschafft. An die Redlichkeit werden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage ist.
40 
Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte in einem erheblichen Maße verstoßen. Die Installation einer Abschalteinrichtung widersprach offensichtlich den Vorgaben der EG-VO 715/2007. Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit - wie die Beklagte selbst vorträgt - keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift und erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen nicht. Unstreitig wurde die Beklagte durch den Hersteller der Software, die Firma B..., vor dem gesetzeswidrigen Einsatz der Software gewarnt. Das Handeln entgegen der Warnung verstärkt das Unwerturteil.
41 
Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns ist der hohe Schaden, den die Beklagte verursacht hat, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen, das die Beklagte in Kauf genommen hat. Der Beklagten war bewusst, dass sie die Anforderungen der Abgasnormen nicht ohne die unzulässige Abschalteinrichtung erfüllen konnte. Dies folgt bereits aus der Installation der Software, die speziell eine Motorsteuerung für den Prüfzyklus vorsah, und somit für die Prüfung nicht geeignete Emissionswerte erzeugte. Als Automobilhersteller war ihr weiter bekannt, dass sie keine rechtsbeständige EG-Typgenehmigung durch eine Täuschung im Prüfverfahren erhalten kann und somit die Gefahr des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden war angesichts der hohen Stückzahl der produzierten Motoren enorm. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthält ein hohes Maß an Skrupellosigkeit. Gleichzeitig hat sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der EG-VO 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.
42 
4. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten zurechnen lassen (a.). Deren Wissen ist unstreitig bzw. als zugestanden anzusehen und ihr Verhalten als vorsätzlich zu qualifizieren (b.).
43 
a. Die Beklagte muss sich das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten auch im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB zurechnen lassen.
44 
Grundsätzlich haftet eine juristische Person gemäß § 31 BGB für das Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich die Zurechnung im Rahmen des § 826 BGB nicht auf Organe im aktienrechtlichen Sinn. Dies ergibt sich nicht aus der von ihr zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris).
45 
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft eine juristische Person über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus eine Repräsentantenhaftung für solche Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (BGH, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11 -, BGHZ 196, 340, Rn. 12). Entgegen der weiteren Auffassung der Beklagten gilt die Repräsentantenhaftung nicht nur im vertraglichen Bereich, sondern auch bei der deliktischen Haftung. In der von der Beklagten zum Beleg des Gegenteils zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris) hat dieser im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB ausdrücklich auf die weite Auslegung des Begriffs des verfassungsmäßigen Vertreters hingewiesen und die hierzu ergangene Grundsatzentscheidung zitiert (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VII ZR 82/65 -, BGHZ 49, 19, Rn. 11).
46 
b. Die Repräsentanten der Beklagten haben die Schädigung des Klägers vorsätzlich veranlasst bzw. zugelassen. Dies gilt für ihren damaligen Entwicklungsvorstand Dr. H ..., für den Markenvorstand von VW N... sowie für die von der Beklagten nicht benannten weiteren Repräsentanten (aa.). Diese haben vorsätzlich gehandelt (bb).
47 
aa. Es ist unstreitig, dass die Zeugen Dr. H... und N..., die als Repräsentanten der Beklagten anzusehen sind, Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages hatten ([1]). Die Kenntnis weiterer Repräsentanten der Beklagten von der Verwendung der unzulässigen Software ist unter Berücksichtigung der sekundären Darlegungslast der Beklagten als zugestanden anzusehen ([2]).
48 
(1) Der Kläger hat behauptet, dass der Entwicklungsvorstand Dr. H... Kenntnis von der Manipulation gehabt habe und der Markenvorstand von VW und damalige Leiter der Aggregateentwicklung der Marke Volkswagen im Jahr 2011 vor illegalen Praktiken mit den Abgaswerten gewarnt worden sei. Dieser Vortrag ist zur Behauptung eines Vorsatzes bei Repräsentanten der Beklagten ausreichend. Die Beklagte als Weltkonzern hat auch unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Personen, die wesensmäßige Funktionen der Beklagten zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind. Sie selbst bezeichnet sie als Vorstände. Beispielsweise bestreitet sie nicht die von der Beklagten verwendete Bezeichnung des Dr. H... als „Entwicklungsvorstand“, sondern beschränkt sich auf die Klarstellung, dass dieser kein Vorstand im aktienrechtlichen Sinne sei. Auch der Zeuge N... führte unstreitig die Bezeichnung als Markenvorstand von VW. Beiden waren somit wesensmäßige Funktionen zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen, so dass sie als Repräsentant der Beklagten anzusehen sind.
49 
Die Beklagte hat die Kenntnis der beiden Repräsentanten nicht (wirksam) bestritten. Ihr Vortrag, dass nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erwiesen sei, dass Herr Dr. U... H... im relevanten Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses von der Programmierung oder von der Verwendung der streitgegenständlichen Software in Fahrzeugen Kenntnis hatte, stellt kein eindeutiges Bestreiten dar. Die Feststellung, ob eine Tatsache „erwiesen“ ist, ist Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Tatsachenfeststellung und stellt keine Tatsachenbehauptung der Beklagten, sondern allenfalls eine eigene Würdigung von nicht offen gelegten Indizien dar. Die Beklagte legt nicht dar, aus welchen Gründen sie nicht in der Lage sei, sich eindeutig zu der Tatsachenbehauptung des Klägers zu äußern und sah sich auf ausdrückliche Nachfrage nicht in der Lage, unter Beachtung ihrer prozessualen Wahrheitspflicht die Behauptung aktiv zu bestreiten. Bezüglich des Zeugen N... bestreitet die Beklagte nicht, dass dieser zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Jahr 2014 Kenntnis von der Abschalteinrichtung gehabt habe. Die Beklagte bestreitet insoweit nur die Kenntnis ihrer Vorstände im aktienrechtlichen Sinn, zu denen der Zeuge N... nicht zählt. Soweit die Beklagte lediglich vorträgt, der Zeuge N... wie „nach eigenen Angaben im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs EA 189 informiert“ gewesen, ist dieses Bestreiten daher unerheblich.
50 
(2) Ein konkreterer Vortrag bezüglich einzelner weiterer Personen, die als Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von der unzulässigen Verwendung der Abschalteinrichtung hatten und diese nicht verhindert haben, war zudem nicht erforderlich. Insofern greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast.
51 
Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14 -, Rn. 18, juris).
52 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
53 
(a) Der Kläger hat mit seiner Behauptung, die Unternehmensleitung habe Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware gehabt, den maßgeblichen Personenkreis der Repräsentanten der Beklagten auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne bezeichnet. Eine namentliche Benennung war nicht erforderlich, weil er hiervon keine Kenntnis hatte und er als Nichtkonzernangehöriger außerhalb des Geschehensablaufs steht. Insbesondere kann er nicht wissen, wie die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Volkswagenkonzerns und konkret der Motorenentwicklung zum Zeitpunkt der Entwicklung war. Dass ein Weltkonzern wie die Beklagte auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne Personen wesensmäßige Aufgaben wie die Entwicklung von Motoren, den Einkauf, die Entwicklung einer Marke, die Produktsicherheit, das Qualitätsmanagement etc. zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erledigung überträgt, ergibt sich aus der Notwendigkeit zur Organisation und Überwachung des enorm großen Geschäftsbetriebs, die nicht allein von wenigen Personen des Konzernvorstands geleistet werden können. Demgegenüber ist es der Beklagten ohne weiteres möglich und zumutbar, die in den Entwicklungsprozess des Motors EA 189 eingebundenen Verantwortlichen bis zu den Bereichsvorständen und den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn zu benennen. Weiter ist unstreitig, dass Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Abschalteinrichtung hatten. Sogar eine interne Warnung im Jahr 2011 ist unstreitig, ohne dass die Beklagte dazu vorträgt, dass diese die Verantwortlichen nicht erreicht hätte. Auch schweigt die Beklagte zu der Kenntnisnahme des Schreibens der Fa. B... GmbH im Jahr 2007, in dem diese die Beklagte vor der Verwendung der Software gewarnt hat. Es ist aber zu erwarten, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb derartig organisiert, dass die Verantwortlichen die für den Betrieb wesentlichen Informationen auch erhalten. Es ist naheliegend - und keinesfalls aus der Luft gegriffen und von dem Kläger ins Blaue hinein behauptet -, dass jedenfalls die aus Repräsentanten bestehende Unternehmensführung unterhalb der Ebene des Konzernvorstands Kenntnis von den Vorgängen gehabt hat.
54 
(b) Die Beklagte hat die Kenntnis ihrer Repräsentanten nicht ausreichend bestritten und zudem ihrer diesbezüglichen sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist.
55 
Die Beklagte differenziert zunächst selbst zwischen den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn und weiteren Vorständen. Bezüglich der Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware hält sie einen differenzierten Vortrag:
56 
Bezüglich der Kenntnis ihres Vorstandsvorsitzenden oder andere Mitglieder des Vorstands (ohne Differenzierung nach ihrer Organstellung) bestreitet sie lediglich die Kenntnis zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software. Dieses Bestreiten ist unerheblich, weil es maßgeblich auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs (hier Oktober 2014) ankommt, nicht auf einen früheren Entwicklungszeitpunkt.
57 
Weiter bestreitet sie, beschränkt auf die Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, dass diese Kenntnis von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Fahrzeugtyp zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses hatten. Damit bestreitet die Beklagte nicht, dass auf der Vorstandsebene unterhalb der Vorstände im aktienrechtlichen Sinn die Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Software hatten. Die Beklagte wäre im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen, substantiiert darzulegen, dass nach ihren Recherchen die in Betracht kommenden Repräsentanten keine Kenntnis von der Verwendung der Manipulationssoftware gehabt haben.
58 
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht deshalb von einer sekundären Darlegungslast befreit, weil es sich bei dem Bestreiten der Kenntnis um eine negative Tatsache handelt. Es ist nämlich unstreitig, dass das Wissen über die Verwendung der Manipulationssoftware bei der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne vorhanden war. Sie wurde von der Firma B... GmbH, wie ausgeführt, sogar auf die Rechtswidrigkeit der Verwendung hingewiesen. Die Beklagte hätte daher darlegen können, wie die interne Kommunikation verlaufen ist und dass die Information nicht die Repräsentanten der Beklagten erreicht hätte. Insofern war sie zu einem positiven Vortrag in der Lage. Dieser Vortrag war ihr auch zuzumuten, da angesichts der Bedeutung des Vorganges ein Exzess von nicht führenden Mitarbeitern der Beklagten als unwahrscheinlich erscheint. Es ist daher davon auszugehen, dass die namentlich nicht genannte Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, die für die Entwicklung des Motors EA 189 sowie die Zulassung und den Vertrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps zuständig waren, in den Vorgang involviert waren.
59 
bb. Der Entwicklungschef der Beklagten, Dr. H..., der frühere Markenvorstand von VW N... sowie die nicht genannten Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne haben vorsätzlich gehandelt. Ein vorsätzliches Handeln erfordert ein Wissens- und ein Wollenselement bezogen auf die maßgeblichen Umstände, hier die Schädigung des Klägers. Der Handelnde muss die Schädigung gekannt oder zumindest vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Beim bedingten Vorsatz muss er die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Da es sich beim Vorsatz um eine innere Tatsache handelt, lässt sich diese nur aus äußeren Umständen folgern. Hierbei kann beispielsweise die Leichtfertigkeit des Handelns oder die starke Gefährdung des betroffenen Rechtsguts die Schlussfolgerung im Einzelfall rechtfertigen. Allerdings ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadens kein alleiniges Kriterium für die Frage, ob der Handelnde mit dem schädigenden Erfolg einverstanden ist. Maßgeblich sind sämtliche Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10 -, Rn. 10f, juris; MünchKommBGB/Wagner, aaO, § 826 Rn. 33)
60 
Aus den geschilderten Umständen des Einzelfalls lässt sich ein Vorsatz der handelnden Personen feststellen. Unstreitig wurde die Beklagte durch die Entwicklerin der Software mit der Abschalteinrichtung vor deren Verwendung gewarnt. Die Entwicklung eines gesonderten Betriebsmodus für den NEFZ widerspricht offensichtlich der Vorgabe der EG-VO 715/2007. Diese hat zum Ziel, bestimmte umweltrelevante Emissions- und Verbrauchswerte in einem normierten Prüfverfahren festzustellen, die möglichst nahe an den Werten im normalen Fahrzeugbetrieb liegen sollen. Die Beklagte hat demgegenüber eine Steuerung eingesetzt, die nur für den Prüfzyklus zu reduzierten Emissionswerten führte und für den Normalbetrieb eine hiervon abweichende Behandlung der Abgase vorsah. Damit lassen die im Prüfzyklus festgestellten Werte keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Werte im praktischen Betrieb zu.
61 
Bei der Produktion eines derart hochwertigen und strengsten Qualitätsanforderungen unterliegenden Produkts ist es ausgeschlossen, dass die Bedeutung der eindeutigen Vorschriften missverstanden worden sein konnten. Auf die Rechtswidrigkeit wurde die Beklagte von extern und intern wiederholt hingewiesen. Aus der Verwendung einer solchen offensichtlich rechtswidrigen Manipulationssoftware lässt sich folgern, dass den handelnden Personen die Angreifbarkeit der so erschlichenen EG-Typgenehmigung bekannt war. Die Täuschungshandlung rechtfertigt auch den Schluss, dass die handelnden Personen den daraus für die Erwerber möglicherweise entstehenden Schaden billigend in Kauf genommen haben. Wer im Zulassungsverfahren täuscht, rechnet damit, dass bei Offenlegung der verheimlichten Tatsache die getäuschte Behörde eine andere Entscheidung getroffen hätte bzw. ihre ursprüngliche Entscheidung revidiert. Andernfalls hätte kein Anlass für eine Täuschung bestanden. Der Beklagten als Automobilhersteller war bekannt, dass Fahrzeuge, die über keine EG-Typgenehmigung verfügen, ihre allgemeine Betriebserlaubnis verlieren und stillgelegt werden können. Der mögliche Schaden für die Fahrzeugeigentümer in der Form eines Wertverlustes bei Bekanntwerden der Manipulationssoftware ist so offensichtlich, dass sich daraus nur ein Inkaufnehmen seitens der handelnden Personen folgern lässt. Diesen war ohne vernünftigen Zweifel bekannt, dass bereits kleinste Fehler einen erheblichen Schaden, beispielsweise durch Rückrufaktionen, auslösen können. Umso mehr drängte sich ihnen auf, dass ein enormer Schaden entstehen würde, wenn sämtliche Fahrzeuge, in denen der Motor des Typs EA 189 verbaut war, ihre Zulassung verlieren würden.
62 
5. Der Kläger kann gemäß § 249 BGB Schadensersatz verlangen. Er hat einen Anspruch so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Aufgrund der Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die EG-Typgenehmigung von der Beklagte unter Einsatz einer Manipulationssoftware erschlichen wurde und daher die Stilllegung im Falle eines Widerrufs der Genehmigung drohte. Hierfür spricht die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand unnötig derartig erhebliche Risiken eingeht, wenn ihm auf dem Markt vergleichbare Produkte ohne entsprechende Risiken angeboten werden. Dabei ist unerheblich, dass das Kraftfahrt-Bundesamt sich später nicht zu einem Widerruf der Genehmigung, sondern zu dem nachträglichen Erlass einer Auflage entschlossen hat. Maßgeblich ist auf den Zeitpunkt abzustellen, bei dem aufgrund der Handlung der Beklagten bei dem Kläger der Schaden eingetreten ist. Das ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
63 
Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, zum Zwecke der Schadenminderung das Software-Update aufspielen zu lassen. Er kann die Rückgängigmachung des ihm entstandenen Schadens in der Form des Abschlusses eines unvorteilhaften Vertrages verlangen und muss sich nicht vom Schädiger das Festhalten an dem Vertrag aufdrängen lassen. Dies gilt umso mehr, als nicht feststeht, dass das Software-Update ohne nachteilige Folgen, die möglicherweise erst nach einem längeren Dauerbetrieb auftreten, aufgespielt werden kann. Dies ließe sich erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen, dessen kostspielige Einholung dem deliktisch geschädigten Kläger nicht zuzumuten ist. Aus dem gleichen Grund ist das nachträgliche - nach Klägervortrag heimliche - Aufspielen der Software entscheidungserheblich. Der Schaden ist bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstanden. Aus den ungeklärten Umständen des Aufspielens der Software lässt sich kein gemäß § 242 BGB missbräuchliches Schadensersatzverlangen des Klägers ableiten. Zu dem Schaden gehört auch ein etwaiger Schaden, der beim Kläger infolge des Aufspielens des Software-Updates entstehen kann, da das Aufspielen des Software-Updates selbst eine Folge der ursprünglichen Installation einer Motorsteuersoftware mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung darstellt.
64 
6. Der Kläger hat gemäß §§ 826, 249, 257 BGB einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR. Hierbei hat das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe des Kaufpreises von 18.200 EUR abzüglich eines Nutzungsvorteils in Höhe von 1.966,50 EUR und unter Abzug eines 20%-igen Abschlags für die Feststellungsklage angesetzt. Der Nutzungsvorteil wird auf der Grundlage der vom Kläger angegebenen Laufleistung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geschätzt. Bei einer angenommenen Gesamtlaufleistung von 300.000 km für einen Audi A4 Diesel und einer Restlaufleistung vom 275.300 km bei Vertragsschluss errechnet sich der Nutzungsvorteil auf 0,07 EUR/km und - ausgehend vom Kilometerstand von 24.700 km bei Vertragsschluss - eine durchschnittliche Fahrleistung von 28.092,8 km p.a.. Zum Zeitpunkt des Anwaltsschreibens des Klägervertreters hatte der Kläger das Fahrzeug ca. 1 Jahr. Eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer sind als erforderlich anzusetzen. Unter der Berücksichtigung, dass es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für mehrere Verfahren anfällt, erscheint ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr nicht gerechtfertigt.
65 
7. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 2 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 1, § 711 ZPO. Der Streitwert wurde in Höhe des Schadens, der im Wesentlichen dem Kaufpreis abzüglich des rechnerischen Nutzungsvorteils bei Klageeinreichung unter Abzug eines 20 %-Abschlags für die Feststellungsklage entspricht, festgesetzt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 402/02 Verkündet am:
19. Juli 2004
Vondrasek
Justizangstellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (nur zu III., IV.)
BGHR: ja
BGB § 826 C, E, Gb
Zur persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nach
§ 826 BGB für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen.
BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02 - OLG München
LG Augsburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 12. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und
Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 30. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 1. Oktober 2002 aufgehoben.
II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Augsburg - 3. Zivilkammer - wird zurückgewiesen.
III. Die erstinstanzlichen Kosten werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten werden dem Kläger zu 1/3 und den Be - klagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern zu 2/3 auferlegt. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. Die Beklagten zu 2 und 3 tragen gesamtschuldnerisch 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens werden den Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern auf- erlegt. Der Streithelfer der Beklagten hat die Kosten der Nebenintervention zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, ein Rechtsanwalt, macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht mit der Begründung geltend, der Zedent sei durch unzutreffende Angaben in einer Ad-hoc-Mitteilung der I. AG (frühere Beklagte zu 1, im folgenden: I. AG) dazu veranlaßt worden, - mittlerweile wertlos gewordene - Aktien dieser Gesellschaft zu erwerben. Der Beklagte zu 2 war Vorstandsvorsitzender, der Beklagte zu 3 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der I. AG. Der Kläger hat die gegen die Gesellschaft gerichtete Klage nach Erlaß des Landgerichtsurteils zurückgenommen, nachdem am 1. Juli 2001 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden war.
Die Aktien der I. AG wurden im Juli 1998 zum geregelten Markt mit Handel im Neuen Markt bei einem Emissionskurs von 27,10 € zugelassen und erreichten nach starkem Kursanstieg bereits im Februar 1999 ihren Höchststand von 318,00 €. Nach zwischenzeitlicher Halbierung dieses Wertes und schwankendem Kurs erfolgte im August 1999 ein Aktiensplit im Verhältnis 1 : 5. Nach weiterhin uneinheitlichem Verlauf stieg der Kurs im Zusammenhang mit der Cebit im Februar 2000 nochmals kurzfristig bis auf 51,00 € an, um dann
nach und nach wieder abzufallen; derzeit bewegt er sich bei wenigen Cent pro Aktie.
Die I. AG veröffentlichte eine Vielzahl von Ad-hoc-Mitteilungen, u.a. am 20. Mai und am 13. September 1999. Am 20. Mai 1999 gab sie bekannt , der Mobilfunkanbieter M. habe bei ihr "per Rahmenabkommen Surfstations und die zugehörigen JNT-Lizenzen geordert"; das Auftragsvolumen betrage mindestens ca. 55 Mio. DM, wobei die Abwicklung in mehreren Chargen erfolge. Diese Ad-hoc-Mitteilung, die vom Beklagten zu 3 veranlaßt und vom Beklagten zu 2 gebilligt worden war, gab den mit der M. abgeschlossenen Vertrag nicht richtig wieder: Tatsächlich enthielt er nur eine verbindliche Bestellung über 14.000 Surfstationen mit einem Gesamtvolumen von ca. 9,8 Mio. DM; ergänzend war von M. lediglich für den Fall einer erfolgreichen Testphase die Erhöhung des Auftrags von 14.000 auf 100.000 Stationen in Aussicht gestellt worden. Erst mit dieser Folgebestellung - die allerdings nicht erfolgte - wäre das in der Ad-hoc-Meldung vom 20. Mai 1999 mitgeteilte Auftragsvolumen von 55 Mio. DM erreicht worden. Auf der Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 wurde der Inhalt der Meldung - freilich ohne Kenntnis des Klägers - auf entsprechende Nachfrage einer Aktionärin von den Beklagten zwar richtig gestellt, jedoch wurde die falsche Mitteilung vom 20. Mai 1999 später in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder bestätigt. Erst durch Ad-hoc-Mitteilung vom 22. August 2000 wurde die ursprüngliche Meldung - zum Teil - widerrufen.
In einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 gab die I. AG bekannt, daß die G. bei ihr per Rahmenabkommen JNT-Lizenzen und Surfstationen im Wert von rund 55 Mio. DM geordert habe. Auch diese Mitteilung war unzutreffend, da es sich insoweit nicht um einen
neuen Auftrag, sondern lediglich um eine gemeinsame Vertriebsvereinbarung handelte. Dies wurde von der I. AG erst mit Ad-hoc-Mitteilung vom 29. August 2000 berichtigt.
Der Kurs der Aktie stieg unmittelbar nach der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 um ca. 20 % auf 40,80 €. Nachdem sich der Kurs - nach weiteren uneinheitlichen Ausschlägen - wieder beruhigt hatte, erwarb der Zedent am 28. Juli 1999 - unter Inanspruchnahme von Kontokorrentkredit - 230 Stückaktien der I. AG zum Kurs von 40,00 € (Gesamtaufwand incl. Nebenkosten : 90.945,70 DM).
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Teilurteil der Klage auf Zahlung von 90.945,70 DM nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Abtretung von 1.150 Aktien der I. AG stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht (ZIP 2002, 1889) nach erneuter Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO n.F.).
Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht Schadensersatzansprüche des Klägers sowohl aus (allgemeiner) Prospekthaftung (dazu unter I.) als auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung eines Schutzgesetzes (dazu unter II.) verneint. Dennoch ist die Klage begründet, weil der Kläger - wie bereits das
Landgericht zutreffend erkannt hat - gegen die Beklagten einen Ersatzanspruch aus § 826 BGB hat (dazu unter III.).
I. Schadensersatz aus Prospekthaftung
Das Berufungsgericht hat Prospekthaftungsansprüche mit der Begründung verneint, die Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 seien nicht als "Prospekte" i.S. der allgemeinen Prospekthaftung anzusehen, weil sie keine vollständige Unternehmensdarstellung - wie ein Emissions- oder sonstiger (Wertpapier-)Verkaufsprospekt - enthielten. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
1. Allerdings ist schon im Ansatz zweifelhaft, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätze, die an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen (vgl. BGHZ 71, 284 u. st.Rspr.), hier überhaupt auf die Haftung der Beklagten für die von ihnen veranlaßten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen (§ 15 WpHG a.F.) der I. AG - eines Unternehmens des Neuen Marktes, der ein Segment des geregelten Marktes ist (vgl. dazu Potthoff/Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 3, S. 6 ff.) - Anwendung finden könnten. Der Senat hat bislang - anders als die Revision meint - lediglich entschieden (BGHZ 123, 106), daß die Prospekthaftungsgrundsätze auch für Prospekte gelten, mit denen für den Erwerb von Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte geworben wird (vgl. aber für den Bereich der nicht zum Handel an einer inländischen Börse zugelassenen Wertpapiererstemissionen nunmehr die spezialgesetzliche Haftungsregelung nach § 13 VerkaufsprospektG (v. 13. Dezember 1990, BGBl. I, 2749) i.V.m. §§ 45 bis 48 BörsG).

2. Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 jedenfalls nicht die an einen "Prospekt" im Sinne der Prospekthaftungsgrundsätze zu stellenden Anforderungen erfüllen.

a) Ein Prospekt stellt in der Regel die für den Anlageinteressenten wichtigste und häufigste Informationsquelle dar und bildet im allgemeinen die Grundlage seiner Anlageentscheidung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofes darf ein Anleger erwarten, daß er ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt erhält, d.h. daß der Prospekt ihn über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichtet (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, NJW 2000, 3346 - jew. m.w.N.).
Diese Anforderungen kann eine Ad-hoc-Mitteilung i.S. des § 15 Abs. 1 WpHG a.F. in der Regel nicht erfüllen. Sie ist anlaßbezogen auf neue, bislang nicht veröffentlichte gewichtige Einzeltatsachen, die lediglich die bereits bekannten Informationen für den Sekundärmarkt ergänzen. Dabei erhebt die Bekanntgabe einer solchen kapitalmarktbezogenen Einzelinformation - anders als die den Primärmarkt betreffende Publizität eines (Emissions-)Prospekts - erkennbar nicht den Anspruch, eine das Publikum des Sekundärmarktes umfassend informierende Beschreibung zu sein.

b) So lag es jedenfalls hier bezüglich der beiden Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999. Sie betrafen jeweils einzelne Geschäftsabschlüsse, die ein vollständiges Bild über sämtliche für den Aktienkauf wesentlichen Umstände der Gesellschaft und die etwa damit ver-
bundenen Risiken ersichtlich nicht vermittelten; ebensowenig ließen die vermittelten Einzeltatsachen verläßliche Rückschlüsse über die Entwicklung der Aktie zu.
II. Schadensersatz aus Verletzung von Schutzgesetzen
Zu Recht hat das Berufungsgericht Ansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verletzung etwaiger Schutzgesetze verneint.
1. Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 WpHG a.F. besteht nicht.
§ 15 WpHG a.F. ist kein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Normzweck des § 15 WpHG a.F. ist nach den Gesetzesmaterialien nicht der Schutz der Individualinteressen der Anleger, sondern ausschließlich die im öffentlichen Interesse liegende Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (vgl. insbesondere: BT-Drucks. 12/7918, S. 96, 102). Dementsprechend stellt § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. ausdrücklich klar, daß Verstöße gegen § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. keine Schadensersatzpflicht des Emittenten auslösen. Das schließt eine Schutzgesetzeigenschaft des § 15 WpHG a.F. aus (h.M., vgl. BVerfG, Urt. v. 24. September 2002 - 2 BvR 742/02, ZIP 2002, 1986, 1988; Kümpel in Assmann/Schneider, WpHG 2. Aufl. § 15 Rdn. 188; Rützel, AG 2003, 69, 72; Thümmel, BB 2001, 2331, 2332; Groß, WM 2002, 477, 482; Horn, Festschrift Ulmer 2003, S. 817, 819; zur Gegenansicht: Möllers/Rotter, Ad-hocPublizität 2003, § 16 Rdn. 55).
2. Auch § 88 BörsG a.F ist - entgegen der Ansicht der Revision - kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB.

Der Senat hat bislang die Frage, ob § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB ist, offengelassen (vgl. Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, NJW 1986, 837, 840). Er verneint sie nunmehr in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der herrschenden Meinung (vgl. BVerfG ZIP 2002, 1986, 1988 mit umfangreichen Nachw. z. Meinungsstand). Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 10/318, S.44) ist über § 88 BörsG a.F. ein Schutz des einzelnen Anlegers nicht gewollt.
Schutzgesetz ist eine Rechtsnorm nur dann, wenn sie - sei es auch neben dem Schutz der Allgemeinheit - gerade dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlaß des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder zumindest mitgewollt hat (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241, 242 m.w.N.). Der Tatbestand des § 88 BörsG a.F. erfordert ein Handeln in der Absicht, auf den Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren einzuwirken. Wie bereits in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 10/318, S. 45), steht bei § 88 BörsG a.F. allgemein die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und Märkten mit ihrer für das gesamte Wirtschaftsleben weitreichenden Bedeutung im Vordergrund. § 88 BörsG a.F. bezweckt deshalb nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie den Schutz der Allgemeinheit. Zwar wirkt sich der Schutz der Allgemeinheit mittelbar auch zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers aus (vgl. BT-Drucks. aaO S. 46). Damit erstrebt das Gesetz aber noch nicht einen be-
sonderen Schadensersatzanspruch zum Schutze (auch) der Individualinteressen des einzelnen (vgl. dazu: BGHZ 84, 312, 314; 125, 366, 374). Der dem einzelnen zustatten kommende mittelbare Schutz ist vielmehr nur eine Reflexwirkung des Gesetzes, die die zivilrechtliche Haftung nicht begründen kann (vgl. BGHZ 89, 383, 401). Die Funktion, den Anleger vor Täuschungen und Vermögensverlusten zu schützen, wurde von § 264 a StGB übernommen; diese Norm ist aufgrund ihres drittschützenden Charakters Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 aaO; vgl. dazu noch unten unter 5.).
3. Entgegen der Ansicht der Revision müssen weder § 15 WpHG a.F. noch § 88 BörsG a.F. aufgrund europarechtlicher Vorgaben in berichtigender Auslegung als Schutzgesetze ausgelegt werden. Der EG-Insider-Richtlinie 89/592/EWG vom 13. November 1989 (ABl Nr. L 334/30, Einleitung und Art. 13; sowie die in Art. 7 in Bezug genommene Richtlinie 79/279/EWG) oder der EGTransparenz -Richtlinie 88/627/EWG vom 12. Dezember 1988 (ABl Nr. L 348/62) läßt sich kein Gebot entnehmen, § 15 WpHG a.F. oder § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB auszugestalten (BVerfG ZIP 2002, 1986, 1989).
4. Einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG hat das Berufungsgericht zutreffend verneint, weil die unrichtigen Ad-hocMitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 nicht den Tatbestand des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfüllen.

a) Zwar ist die Strafvorschrift des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (einhellige Meinung: vgl. z.B. BGHZ 149, 10, 20; Otto in Großkomm./AktG, 4. Aufl. 1997, § 400 Rdn. 2 m.w.N.). § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG soll das Vertrauen potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre
der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse schützen.

b) Die Beklagten haben jedoch durch die beiden Ad-hoc-Mitteilungen nicht die Verhältnisse der Gesellschaft "in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) unrichtig wiedergegeben.
Unter "Übersichten über den Vermögensstand" sind alle Zusammenstellungen von Zahlenmaterialien, insbesondere alle Arten von Bilanzen zu verstehen , die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen (vgl. Otto aaO § 400 Rdn. 33). Darunter fallen ersichtlich nicht Ad-hoc-Mitteilungen, die - wie im vorliegenden Fall - nur jeweils einen einzelnen Geschäftsabschluß bekanntgeben.
Als "Darstellungen über den Vermögensstand" gelten nur solche Berichte , die den Vermögensstand des Unternehmens so umfassend wiedergeben, daß sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Aktiengesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken. Auch das ist bei den Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 offensichtlich nicht der Fall.
Soweit in der Literatur vereinzelt die Ansicht vertreten wird, daß sich die "Darstellungen" i.S. von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG nicht auf den Vermögensstand beziehen müßten (Baums, Bericht der Regierungskommission "Corporate Governance" vom 10. Juli 2001, BT-Drucks. 14/7515 Rdn. 184; Möllers, Ad-hoc-Publizität 2003, § 12 Rdn. 85 ff.), kann dem nicht gefolgt werden. Bereits aus dem eindeutigen, einer (derartigen) Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut der Vorschrift (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG; dazu: BVerfGE 47, 109,
120 f.,124; 64, 389, 393 f.) ergibt sich, daß Darstellungen - genau wie in § 264 a StGB - auch den Vermögensstand betreffen müssen und nicht isoliert betrachtet werden können.
5. Auch eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 a StGB hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
Zwar hat die Strafnorm drittschützenden Charakter (vgl. Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241 f.) und ist damit Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Um den Tatbestand des § 264 a StGB zu erfüllen, muß u.a. die fehlerhafte Information "in Prospekten" oder "in Darstellungen oder Übersichten" über den Vermögensstand erfolgen. Die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 bzw. 13. September 1999 sind jedoch - wie bereits an anderer Stelle ausgeführt - weder "Prospekte" (siehe oben I. 2.) noch "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (siehe oben II. 4.). Unabhängig davon fehlte es hier an dem außerdem in § 264 a Abs. 1 StGB vorausgesetzten Zusammenhang der Tathandlung mit dem "Vertrieb von Anteilen" (Nr. 1) oder mit einem Erhöhungsangebot (Nr. 2) (vgl. dazu: Lackner, StGB 24. Aufl. § 264 a Rdn. 6).
6. Ein Anspruch des Klägers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB scheidet nach den zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichts bereits deshalb aus, weil hier eine Absicht der Beklagten, sich oder einem Dritten "stoffgleich" zu Lasten des Vermögens des Zedenten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, nicht feststellbar ist. Gemäß § 263 StGB muß der Täter einen Vermögensvorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten in der Weise anstreben, daß dieser Vorteil "die Kehrseite des Schadens" ist (BGHSt 6,115,116; Tiedemann in Leipziger Komm., StGB 11. Aufl. 2000, § 263
Rdn. 256). Eine - lediglich mittelbare - Begünstigung der I. AG oder der Beklagten selbst durch einen infolge der falschen Ad-hoc-Mitteilung steigenden Aktienkurs reicht nicht aus (Möllers, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rdn. 104; Rützel, AG 2003, 69, 73; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2440). Hinsichtlich der an dem Aktienkauf des Zedenten beteiligten unbekannten Verkäufer liegt eine Bereicherungsabsicht der Beklagten fern.
III. Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB verneint.
1. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stünden zwar die Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999, die Kenntnis der Beklagten hiervon und der Kausalzusammenhang zwischen der unrichtigen Meldung vom 20. Mai 1999 und der Anlageentscheidung des Zedenten P. fest. Auch wenn dieser bei wahrheitsgemäßer Information die Aktien nicht gekauft hätte, könne er schon nicht im Wege des Schadensersatzes "Rückgängigmachung" des Erwerbs verlangen, weil er bewußt in ein hochspekulatives Marktsegment investiert habe. Jedenfalls hätten die Beklagten insoweit nicht vorsätzlich gehandelt, weil sie weder vorausgesehen noch billigend in Kauf genommen hätten, daß Anleger in I.-Aktien wegen des Vertrauens in die Richtigkeit der Darstellung der Ad-hoc-Mitteilungen einen Schaden, insbesondere in Form der Beeinträchtigung ihres wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts, erleiden könnten. Selbst wenn die von P. erworbenen Mitgliedschaftsrechte, was naheliege, wegen des fehlenden Auftrags
der M. AG einen geringeren Wert gehabt hätten, hätten die Beklagten nicht vorwerfbar in Verfolgung eigensüchtiger Interessen und in dem Bewußtsein einer möglichen Schädigung potentieller Anleger gehandelt. Denn sie hätten sich aufgrund des - wenn auch in erheblich geringerem Umfang - erteilten Auftrags der M. in euphorischer Stimmung bezüglich der weiteren Unternehmensentwicklung befunden und seien überzeugt gewesen, die Zielvorstellungen zu dem erwarteten umfangreichen Auftrag erfüllen zu können.
Diese Bewertung hält in wesentlichen Punkten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
2. Die Beweiswürdigung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 ZPO n.F. gebunden ist. Revisionsrechtlich ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob er sich mit dem Prozeßstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 11. Februar 1987 - IV b ZR 23/86, BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Revisionsrüge 1).
Danach liegt schon den - teilweise im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen stehenden - Ausführungen des Berufungsgerichts zum Schaden offenbar ein unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 826, 249 ff. BGB zugrunde; darüber hinaus beruht die Verneinung der subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB auf einer zum Teil widersprüchlichen und unvollständigen Bewertung der objektiven Tatumstände sowie auf einer Überspannung der Anforderungen an den Vorsatz (§ 286 ZPO).

a) Auf der Grundlage der Feststellungen zur Kausalität zwischen der falschen Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 und der Anlageentscheidung des Zedenten P. kann der Kläger nach § 826 BGB - bei Vorliegen auch der weiteren Voraussetzungen dieser Norm (vgl. dazu unten) - von den Beklagten nicht etwa nur, wie das Berufungsgericht offenbar meint, den Differenzschaden des Zedenten in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, sondern grundsätzlich Naturalrestitution (§ 249 BGB) in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien verlangen (vgl. zu dieser Unterscheidung im Rahmen von § 37 c WpHG n.F.: Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 f.).
§ 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (vgl. Wagner in Münch.Komm.z.BGB 4. Aufl. § 826 Rdn. 6 m.w.N.). Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist im vorliegenden Fall der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 enttäuschte Anleger P. im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Mitteilung nachgekommen wären. Da er in diesem Fall - wie festgestellt - die Aktien nicht erworben hätte, kann er nach § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die - an dem Erwerbsgeschäft nicht beteiligten - Schädiger verlangen.
Eine Einschränkung der Schadensersatzpflicht, wie sie das Oberlandesgericht wegen der Investition des Zedenten in ein Papier des "hochspekulativen" Neuen Marktes annimmt, ist nicht berechtigt; sie steht im Widerspruch zu der festgestellten Überzeugung des Gerichts, daß P. ohne die fehlerhaften Mitteilungen die Aktien der I. AG nicht erworben hätte.
Selbst unter dem Blickwinkel des Rechtswidrigkeitszusammenhangs/ Schutzzwecks der Haftungsnorm ist für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen, die auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S. des § 826 BGB erfüllen, eine Beschränkung der Rechtsfolgen zugunsten des Schädigers nicht veranlaßt. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. - wie bereits ausgeführt - eine besondere Schadensersatzhaftung für die Verletzung der Ad-hoc-Publizität i.S. von § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. ausdrücklich ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB sein soll. Gemäß § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. bleiben jedoch ausdrücklich - schon bezogen auf den Emittenten - Schadensersatzansprüche, die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Unter derartige allgemeine zivilrechtliche Haftungstatbestände fällt insbesondere die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nach § 826 BGB. Ein Haftungsausschluß in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter wäre - wie im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich klargestellt wurde (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 102) - mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar. Für die - ohnehin nicht ausgeschlossene - Haftung der die falschen Ad-hoc-Mitteilungen veranlassenden Vorstände als gesetzliche Vertreter des Emittenten gelten daher im Bereich des § 826 BGB ebenfalls keine generellen Beschränkungen hinsichtlich Art und Umfang des Schadensersatzes.

b) Ausgehend hiervon und auf der Grundlage der den Beklagten bekannten objektiven Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 ist die Verneinung der (weiteren) subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB durch das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerhaft.
Die Veröffentlichung der Mitteilung vom 20. Mai 1999 als Ad-hocMitteilung setzte bereits nach dem Gesetz (§ 15 Abs. 1 WpHG a.F.) voraus, daß die mitgeteilte neue Tatsache "geeignet ist, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere erheblich zu beeinflussen". Da dies ohne Kauf- und Verkaufsentscheidungen von individuellen Marktteilnehmern als zu erwartender Reaktion auf die Mitteilung der meldepflichtigen Tatsache nicht möglich ist, wissen die verantwortlichen Vorstände, daß es infolge der fehlerhaften Ad-hocInformation zu entsprechenden Anlageentscheidungen kommen wird (so zutreffend Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1067). Kennen sie die Unrichtigkeit der Adhoc -Mitteilung, so wissen sie auch, daß deshalb Wertpapierkäufe auf fehlerhafter Tatsachengrundlage getätigt werden. Da beide Beklagten die Bedeutung der konkreten Ad-hoc-Mitteilung und deren Unrichtigkeit kannten, ist - wie die Revision zutreffend geltend macht - schon nach der Lebenserfahrung davon auszugehen , daß die unrichtige Meldung keinen anderen Zweck hatte, als dem Börsenpublikum einen gestiegenen Unternehmenswert vorzuspiegeln und den Börsenpreis positiv zu beeinflussen. Von einer bloßen Leichtfertigkeit - wie das Oberlandesgericht meint - kann ersichtlich keine Rede sein. Dagegen sprechen weitere erhebliche Umstände, die das Berufungsgericht übersehen hat. Unstreitig mußte der Beklagte zu 2 in Anwesenheit des Beklagten zu 3 in der Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 auf entsprechende Frage einer Aktionärin klarstellen, daß die M. AG am 19. Mai 1999 lediglich 14.000 JNT-Surfstationen bestellt hatte; gleichwohl bestätigten die Beklagten - anstelle einer gebotenen sofortigen Richtigstellung durch Ad-hoc-Meldung -
bereits in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder die falsche Ursprungsmeldung vom 20. Mai 1999. Schließlich hat das Berufungsgericht auch die bedeutsame Indiztatsache außer Betracht gelassen, daß die Beklagten in der Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 sogar einen in vollem Umfang frei erfundenen "erneuten Mega-Deal" in Gestalt der angeblichen Order eines P.er Unternehmens über 55 Mio. DM veröffentlichten. Auch diese erneute Falschmeldung diente ersichtlich keinem anderen Zweck als der positiven Beeinflussung des Börsenkurses und der Irreführung des Börsenpublikums über den wirklichen Wert des Unternehmens.
Zudem hat das Berufungsgericht die Anforderungen an den Vorsatz überspannt.
Für den Vorsatz im Rahmen des § 826 BGB genügt ein "Eventualdolus". Dabei braucht der Täter nicht im einzelnen zu wissen, welche oder wieviele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden; vielmehr reicht aus, daß er die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat (st.Rspr., so schon RGZ 55, 60; BGH, Urt. v. 20. November 1990 - VI ZR 6/90, BGHR BGB § 826 Schädigungsvorsatz 2). Angesichts der Gesamtumstände besteht hier an einer vorsätzlichen Handlungsweise der Beklagten in bezug auf die Mitteilung vom 20. Mai 1999 kein Zweifel. Den Beklagten war bei einer Parallelwertung in der (juristischen) Laiensphäre positiv bewußt, daß durch die Falschmeldung u.a. die Erwerber von I.-Aktien ihre Kaufentscheidungen auf fehlerhafter Tatsachengrundlage trafen, die sie bei der gebotenen richtigen Information entweder überhaupt nicht oder aber nur zu anderen Konditionen getroffen hätten. Derartige Schäden als Folgen ihrer - direkt vorsätzlichen - Handlungs-
weise nahmen sie zumindest billigend in Kauf. Ein solcher Eventualvorsatz der Beklagten hinsichtlich der als Folge ihres Tuns erwarteten, mindestens aber für möglich gehaltenen Schäden bei den Investoren läßt sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht aufgrund einer lediglich euphorischen Stimmung der Beklagten in bloße Fahrlässigkeit "umqualifizieren". Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß den Beklagten als u.a. für die zentrale Aufgabe der Publizität verantwortlichen Organen des Unternehmens, die über die Auswirkungen ihrer unrichtigen Ad-hoc-Information auf den Aktienmarkt Bescheid wußten, nicht durch eine (momentane) Euphorie über vermeintliche Chancen und Zukunftsperspektiven der I. AG der Verstand "vernebelt" wurde. Mit Recht rügt die Revision insoweit, daß nicht einmal nachvollziehbar dargelegt ist, worauf bezüglich des Geschäfts mit M. über die insoweit nicht ausreichende bloße Hoffnung hinaus bereits eine gesicherte Erwartung hinsichtlich der Zielvorstellung weiterer Aufträge hätte gestützt werden können; denn ersichtlich war weder die hierfür erforderliche Software bis zur Serienreife gediehen noch die Lauffähigkeit der Hardware gesichert. Abgesehen davon beträfe die etwaige Hoffnung oder Erwartung der Beklagten, den falsch gemeldeten "Mega-Deal" zu einem späteren Zeitpunkt noch zustande bringen zu können, nur die Möglichkeit einer künftigen Minderung oder wirtschaftlichen Beseitigung eines beim Anleger mit dem Aktienkauf bereits eingetretenen Vermögensschadens; das gilt insbesondere für den - wie hier - bereits dadurch entstandenen Schaden, daß der Anleger infolge der Irreführung Aktien erworben hat, die er ohne die Falschmeldung nicht erworben hätte. Eine etwaige spätere Schadenskompensation ließe aber die schon eingetretene Vollendung der vorsätzlichen Schädigung unberührt.

c) Die vorsätzliche Veröffentlichung der bewußt unwahren Ad-hocMitteilung ist schließlich auch - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts -
als sittenwidrig i.S. des § 826 BGB, d.h. als "gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" verstoßend (st.Rspr. seit RGZ 48, 114, 124), anzusehen.
Freilich genügt dafür im allgemeinen die bloße Tatsache, daß der Täter gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen hat, ebensowenig wie der Umstand , daß sein Handeln bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muß sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben. Hier wird die Verwerflichkeit allerdings bereits durch das Verhalten der Beklagten indiziert: die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch eine grob unrichtige Adhoc -Mitteilung. Ein solches Handeln verstößt derart gegen die Mindestanforderungen im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt, daß ein Ausgleich der durch sie bei den einzelnen Marktteilnehmern verursachten Vermögensschäden geboten erscheint. Eine derartige Verhaltensweise ist nicht etwa deshalb in einem milderen Licht zu sehen, weil Ad-hoc-Mitteilungen wie die vorliegende gerade in der fraglichen "euphorischen Phase" des Neuen Marktes vielfach zu Werbezwecken veröffentlicht worden sind; denn darin lag - auch im vorliegenden Fall - selbst ein Mißbrauch des Rechtsinstituts der Ad-hoc-Publizität. Zudem setzten sich die Beklagten - was das Oberlandesgericht außer Betracht läßt - bedenkenlos über die Hinweise von Mitarbeitern hinsichtlich der Unrichtigkeit der Meldung ebenso hinweg wie später über den Umstand, daß sogar in der Bereichsöffentlichkeit der Hauptversammlung der Schwindel entdeckt worden war. Mit der Veröffentlichung der Mitteilung über einen angeblichen Großauftrag - wie auch durch die weitere Falschmeldung im September 1999 - haben die Beklagten gezeigt, daß ihnen offensichtlich jedes Mittel recht war, um in den potentiellen Anlegern des Marktes positive Vorstellungen über den Wert des Unterneh-
mens hervorzurufen und über die einsetzende Nachfrage den Kurs der I.-Aktie "zu pushen".
Die Beklagten verfolgten mit den falschen Ad-hoc-Mitteilungen auch in jedenfalls objektiv unlauterer Weise "eigene Zwecke". Sie waren nämlich - was das Oberlandesgericht übersehen hat - nicht etwa unbeteiligte "Nur-Vorstände", sondern besaßen als Gründungsgesellschafter Aktien der I. AG im Millionenumfang, so daß sie von dem mit den unrichtigen Meldungen bezweckten "Pushen" der Kurse zumindest mittelbar selbst profitierten. In diesem Zusammenhang weist die Revision zutreffend darauf hin, daß die Beklagten aus - wenn auch nicht mit den hier inkriminierten Meldungen unmittelbar zusammenhängenden - unstreitigen Verkäufen eigener Aktienpakete Anfang des Jahres 1999 jeweils knapp 29 Mio. DM und im Juli 2000 jeweils ca. 500.000,00 € erlösten. Bereits daraus läßt sich entnehmen, daß ihnen auch bewußt war, daß eine durch die unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen bewirkte Kurssteigerung zu einer Wertsteigerung der eigenen Beteiligung an der I. AG führen würde. Vorrangiges Ziel oder gar Endziel ihrer ungesetzlichen Handlungsweise mußten solche "eigenen Zwecke" im Rahmen des § 826 BGB nicht sein.
IV. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung. Da eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich und insbesondere weitergehender entscheidungsrelevanter Vortrag zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB nicht zu erwarten ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden.
1. Nach den vorstehenden Ausführungen haften die Beklagten dem Kläger - ohne daß dies noch weiterer Ausführungen bedürfte - für den dem Zedenten P. durch die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung entstandenen
Schaden gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz in Höhe des geltend gemachten Bruttoaufwands von 90.945,70 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung von 1.150 Stückaktien der I. AG, wie bereits das Landgericht zutreffend entschieden hatte.
2. Eine Kürzung des Ersatzanspruchs des Zedenten des Klägers gemäß § 254 BGB findet nicht statt. Es kann dahinstehen, ob gegenüber einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung der vorliegenden Art überhaupt unter dem Blickwinkel des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB dem geschädigten Anleger eine Kursbeobachtungs - und Verkaufspflicht bei sinkenden Kursen aufzuerlegen wäre (vgl. zur Mitverschuldensfrage im Rahmen von § 37 b, c WpHG n.F.: Fleischer/ Kalls, AG 2002, 329, 334 f.). Denn jedenfalls hätte der Anleger P. - unabhängig davon, wann er von den erst Ende August 2000 erfolgten Korrekturmeldungen der I. AG Kenntnis erlangte - einer wie auch immer gearteten Schadensminderungspflicht schon durch die rechtzeitige "Anmeldung" seines Ersatzanspruchs bei den Beklagten mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 7. November 2000 genügt.
Röhricht Goette Kurzwelly Münke Gehrlein

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 306/03 Verkündet am:
21. Dezember 2004
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 826 E, Gb; § 249 A
Werden zweckgebundene, öffentliche Mittel infolge falscher Angaben ausbezahlt,
obwohl der Empfänger nicht zu der begünstigten Bevölkerungsgruppe gehört, besteht
der Schaden schon in der Verringerung der zweckgebundenen Mittel, ohne daß
insoweit der erstrebte Zweck erreicht wird.
BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Dezember 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 1. Oktober 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht Düsseldorf zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Schadensersatz für Wohnungsbauförderungsdarlehen , die sie auf Grund falscher Angaben an die Bauherren S. und G. gewährt hat. Im September 1991 entschlossen sich die Ehepaare S. und G. gemeinsam ein Dreifamilienhaus zu errichten. Sie schlossen hierfür einen BauherrenBetreuer -Vertrag mit der Firma Baubüro T.-O. GmbH (künftig: GmbH) ab, deren alleiniger Geschäftsführer der Beklagte zu 1 und deren Prokurist der Beklagte
zu 2 war. Bei Bewilligung öffentlicher Fördermittel sah der Vertrag für die GmbH eine Provision in Höhe von 3.000 DM vor. Ende September stellten die Ehepaare G. und S. beim Kreis O. entsprechende Anträge auf Gewährung von Wohnungsbaumitteln. Der Beklagte zu 2 überarbeitete die von ihm ausgefüllten Antragsformulare und reichte sie am 24. Juni 1992 beim Kreis O. neu ein. Als Beruf der Ehefrauen gab er jeweils "Hausfrau" an, obwohl diese seit 1990 als Krankenschwestern beschäftigt waren. In den von den Antragstellern unterzeichneten , aber vom Beklagten zu 2 ebenfalls ausgefüllten Selbstauskünften waren für Frau G. keine Einkünfte und für Frau S. ein zu niedriges monatliches Einkommen von 480 DM eingetragen. Beiden Ehepaaren bewilligte der Kreis O. öffentliche Baufördermittel, obwohl die Voraussetzungen für eine Bauförderung wegen deren zu hohen Einkünften nicht erfüllt waren. In der Folgezeit schloß die Klägerin der Bewilligung entsprechende Verträge mit den Eheleuten G. über ein Baudarlehen über 49.000 DM und ein Aufwendungsdarlehen über insgesamt 28.800 DM. Mit den Eheleuten S. vereinbarte sie Baudarlehen in Höhe von insgesamt 85.000 DM, sowie ein Aufwendungsdarlehen über 29.800 DM. Die Aufwendungsdarlehen sollten jeweils über 15 Jahre in halbjährlichen Raten zur Auszahlung kommen. Sämtliche Darlehen wurden grundpfandrechtlich abgesichert. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten die von G. und S. jeweils blanko unterzeichneten Anträge nebst Selbstauskünften wider besseres Wissen mit falschen Einkommensangaben ausgefüllt, um den Antragstellern öffentliche Förderungsmittel zu verschaffen. Über die richtige Höhe der Einkünfte seien sie spätestens im Juni 1992 vor Überarbeitung der Anträge informiert gewesen. Inzwischen seien die Darlehen in voller Höhe an G. und S. ausgezahlt. Die zinslosen bzw. geringverzinsten Darlehen würden zu marktüblichen Zinsen refinanziert.
Die Klägerin macht im Fall der Eheleute S. 52.556,51 € für noch nicht getilgte Darlehensbeträge und 30.663,91 € für den entsprechenden Refinanzierungsaufwand geltend. Im Fall der Eheleute G. beziffert sie ihren Schaden für noch nicht getilgte Darlehensbeträge mit 35.197,33 € und für den Refinanzierungsaufwand mit 19.663,48 €. Sie begehrt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Zahlung Zug-um-Zug gegen Einräumung eines Anspruchs auf Auskehrung der zukünftig von ihr vereinnahmten Tilgungs- und Zinsleistungen der Darlehensnehmer S. und G., die Freistellung von den ratenweise ab Oktober 2002 zu zahlenden Beträge für die Aufwendungsdarlehen und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten für zukünftig entstehende Refinanzierungskosten. Hilfsweise begehrt die Klägerin die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige Schäden infolge fehlender oder unvollständiger Rückzahlung der Darlehen durch S. und G. Die Beklagten haben die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten nicht zu, da dem Vortrag der Klägerin nicht schlüssig zu entnehmen sei, daß ihr ein Vermögensschaden entstanden sei. Allerdings sei es ein die Haftung nach § 826 BGB auslösender Verstoß gegen die guten Sitten, wenn die Beklagten planmäßig entweder gemeinschaftlich
mit den antragstellenden Eheleuten oder abredewidrig ohne deren Wissen die maßgeblichen Einkommensverhältnisse gegenüber der Bewilligungsbehörde verfälscht hätten, um für die Antragsteller die Bewilligung öffentlicher Bauförderung zu erreichen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts spreche eine Reihe von Indizien dafür, daß die Beklagten beim Ausfüllen der Antragsformulare bewußt Einkommen und Beruf der Ehefrauen falsch angegeben bzw. sich der Erkenntnis, daß die Eintragungen falsch seien, bewußt verschlossen hätten. Denn spätestens bei der Überarbeitung der Anträge am 24. Juni 1992 hätten die Beklagten die richtige Höhe der Einkommensverhältnisse der Antragsteller gekannt. Eine Wiederholung der erstinstanzlichen Beweisaufnahme sei indessen nicht erforderlich, weil die Klägerin nicht schlüssig dargetan habe, daß ihr durch das Verhalten der Beklagten ein erstattungsfähiger Vermögensschaden entstanden sei. Bei dem nach der Differenzhypothese anzustellenden Vergleich zwischen der tatsächlichen Vermögenslage der Klägerin und deren hypothetischer Vermögenslage unter Außerachtlassung des haftungsbegründenden Ereignisses stehe der Vermögenseinbuße durch die Hingabe des Darlehensbetrages ein entsprechender, valider Rückzahlungsanspruch und ein Anspruch auf Zahlung der vereinbarten Zinsen nach Ablauf der Zinsfreiheit gegen die Darlehensnehmer gegenüber. Auch wenn ein gewisses Ausfallrisiko bestehe, weil der Rückzahlungsanspruch durch die gemäß § 42 Abs. 2 II. WoBauG nur zur "nachstelligen" Finanzierung bestellten Hypotheken nicht ausreichend gesichert sei, sei ein Ausfall der Forderungen in Anbetracht der bisherigen Erfüllung der Darlehensverpflichtungen durch S. und G. rein theoretischer Natur. Die Klägerin habe im Vergleich zu ihren sonstigen Darlehensnehmern leistungsfähigere Schuldner erhalten. Soweit der Rückzahlungsanspruch weniger werthaltig sei als ein solcher aus Bankdarlehen, liege ein Fall der bewussten Selbstschädigung vor, die einen Schadensersatzanspruch ausschließe. Der Klägerin komme es nämlich nicht darauf an, gewinnbringende Geschäfte durch die Gewährung
von Darlehen gegen Zinsen zu tätigen. Es sei vielmehr ihre Aufgabe, Bauwilligen unter den entsprechenden Voraussetzungen zinsvergünstigte Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaus zur Verfügung zu stellen, weshalb sie in jedem Fall die Gelder an förderungswürdige Antragsteller nicht zu banküblichen Konditionen verliehen hätte. Ein erstattungsfähiger Vermögensschaden sei auch nicht deshalb gegeben , weil G. und S. aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse nicht zu dem begünstigten Personenkreis gehörten. Ein solcher Schaden könne nach höchstrichterlicher Rechtsprechung bei einer objektiven Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung nur angenommen werden, wenn die Leistung für die Zwekke des getäuschten Vertragspartners nicht voll brauchbar sei. Dazu müsse der Vertragsschluß auch nach der Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der obwaltenden Umstände als unvernünftig, im Hinblick auf die konkreten Vermögensinteressen als nicht angemessen und damit als nachteilig anzusehen sein und nicht nur aus rein subjektiv willkürlicher Sicht als Schaden angesehen werden. Durch Abschluß der Darlehensverträge mit S. und G. sei die Klägerin aber weder in ihrer wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit noch in der Durchführung ihrer Aufgaben nachhaltig beeinträchtigt worden. Auch fehlten jegliche Anhaltspunkte dafür, daß andere förderungswürdige Antragsteller nicht mehr berücksichtigt werden konnten, weil infolge der Darlehensgewährungen an S. und G. keine ausreichenden Fördermittel mehr vorhanden gewesen wären. Ob nach den im Strafrecht zu § 263 StGB entwickelten Grundsätzen der Zweckverfehlung haushaltsrechtlich gebundener Mittel (vgl. BGHSt 31, 93, 95 = JR 1983, 211, 212) ein Vermögensschaden der Klägerin zu begründen sei, könne offenbleiben, da dies lediglich zur Folge hätte, daß die Klägerin das negative Interesse ersetzt verlangen könne. Dementsprechend käme nur eine Rückabwicklung der Darlehensverträge im Verhältnis zu den Darlehensneh-
mern in Betracht. Da die Darlehensverträge im Hinblick auf die erteilten Bewilligungsbescheide nicht rückabgewickelt werden könnten, scheide eine Rückerstattung der beiderseits erbrachten Leistungen aus, so daß die Klägerin auch im Verhältnis zu den Beklagten nicht so gestellt werden könne, als ob sie die Darlehen nicht gewährt hätte. Sie könne nur die Aufwendungen ersetzt verlangen , die sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens zuviel erbracht habe. Hierbei könne es sich allenfalls um die Refinanzierungskosten handeln. Diese seien aber trotz entsprechender richterlicher Hinweise nicht hinreichend substantiiert dargelegt worden. Die Klägerin könne auch nicht die abstrakte Berechnungsweise beanspruchen, nach der der Verzugsschaden der Banken bei Verzug des Darlehensnehmers mit der Rückerstattung des Darlehens abstrakt ohne nähere Darlegung im durchschnittlichen Bruttosollzinssatz liege. Im vorliegenden Fall handle es sich um den Ersatz aufgewendeter Kreditzinsen, die, wenn der Schuldner sie bestreite, konkret darzulegen seien. Nach §§ 16, 18 Wohnungsbauförderungsgesetz gehöre außerdem zum Vermögen der Klägerin neben einem Grundkapital das Landeswohnungsbauvermögen, das u.a. durch Darlehen im Auftrag oder für Rechnung des Landes bereitgestellt werde. Eine Zinszahlungsverpflichtung der Klägerin ergebe sich daraus nicht. Für die hilfsweise erhobenen Feststellungsanträge hinsichtlich eines Schadens durch den Ausfall der Rückzahlungsansprüche gegenüber G. und S. fehle es in Anbetracht des bisherigen Rückzahlungsverhaltens an einer gewissen Wahrscheinlichkeit für einen solchen Ausfall.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. 1. Zu Recht bewertet das Berufungsgericht allerdings nach dem für die Revision zu unterstellenden Sachvortrag der Klägerin das Verhalten der Beklagten als sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB. Haben die Beklagten wissentlich die Anträge der Bauherren S. und G. wahrheitswidrig mit zu niedrigen Einkommensangaben versehen oder zumindest diese in Kenntnis von deren Unrichtigkeit an die Klägerin weitergegeben, liegt darin eine bewußt arglistige Täuschung seitens der Beklagten. Diese stellt regelmäßig zugleich einen Verstoß gegen die guten Sitten dar (vgl. RGZ 59, 155, 156; BGH, Urteile vom 29. Oktober 1959 - VIII ZR 125/58 - NJW 1960, 237; vom 31. Januar 1962 - VIII ZR 120/60 - NJW 1962, 1196, 1198 und vom 22. Juni 1992 - II ZR 178/90 - NJW 1992, 3167, 3174; MünchKomm/Wagner, BGB, 4. Aufl., § 826 Rn. 43; RGRK/Steffen, BGB, 1989, § 826 Rn. 44). 2. Jedoch liegt den Überlegungen, mit denen das Berufungsgericht einen erstattungsfähigen Schaden der Klägerin verneint, ein unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffes im Falle einer durch arglistige Täuschung verübten sittenwidrigen Schädigung zugrunde.
a) Im Ansatz zutreffend sieht auch das Berufungsgericht eine Vermögenseinbuße der Klägerin in der Gewährung der Darlehen an G. und S.. Denn unzweifelhaft wären bei wahrheitsgemäßen Angaben die Förderungen nicht bewilligt worden und hätte die Klägerin keine Darlehensverträge mit S. und G. abgeschlossen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird diese Vermögenseinbuße jedoch nicht durch die Ansprüche auf Rückzahlung der Darlehen und Zahlung der vereinbarten Zinsen nach Ablauf des zinsfreien Zeit-
raums gegen G. und S. ausgeglichen. Dabei läßt das Berufungsgericht nämlich außer Betracht, daß der Schaden der Klägerin schon in den aufgrund der arglistigen Täuschung durch die Beklagten eingegangenen Verpflichtungen besteht, die sie bei richtiger Kenntnis der Umstände nicht eingegangen wäre.
b) Ein Schaden ist nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt (vgl. Senatsurteil vom 3. Juli 1984 - VI ZR 264/82 - VersR 1984, 943; BGHZ 99, 182, 196 f.; 86, 128, 130 f.; 75, 366, 372). Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist auch dann, wenn die Differenzhypothese vordergründig nicht zu einem rechnerischen Schaden führt, die Bejahung eines Vermögensschadens auf einer anderen Beurteilungsgrundlage nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Differenzhypothese muß nämlich stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt (GSZ, BGHZ 98, 212, 217). Dabei ist einerseits das konkrete haftungsbegründende Ereignis als Haftungsgrundlage zu berücksichtigen. Andererseits ist die darauf beruhende Vermögensminderung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände sowie der Verkehrsauffassung in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. GSZ, BGHZ 98, aaO, 223; BGHZ 99, aaO; 75, aaO; 74, 231, 234; 71, 234, 240). Da der Schadensersatz dazu dient, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen, ist der Schadensbegriff im Ansatz subjektbezogen (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 - VersR 1998, 905, 907; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., Vorb. § 249 Rn. 45; Lange, Schadensersatz, § 1 III 2). Deshalb kann jemand auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, daß er durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluß eines Vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht ge-
schlossen hätte, und die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96 - aaO).
c) Auch das Berufungsgericht hat grundsätzlich eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes für erforderlich gehalten, doch hat es für den Streitfall verkannt, daß im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten dient. Vielmehr muß sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer "ungewollten" Verpflichtung wieder befreien können. Schon eine solche stellt unter den dargelegten Voraussetzungen einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02 - NJW 2004, 2971, 2972 - z.V.b. in BGHZ; MünchKomm /Wagner aaO, Rn. 6; OLG Koblenz WM 1989, 622; MünchKomm /Mertens, BGB, 2. Aufl., § 826 Rn. 51; Soergel/Hönn/Dönneweg, BGB, 12. Aufl., § 826 Rn. 61; Staudinger/Schäfer, BGB, 12. Aufl., § 826 Rn. 81; Rietzler , Recht 1922, 166; ebenso RGRK/Steffen, aaO, Rn. 38; Palandt/Sprau, BGB, 63. Aufl., § 826 Rn. 14; Stephan Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S. 384). Insoweit bewirkt die Norm einen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit (vgl. Stephan Lorenz, aaO, 385).
d) Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß der der Klägerin entstandene Schaden gerade in der Eingehung der Darlehensverpflichtungen mit den nicht förderungswürdigen Bauherren S. und G. besteht. Wer die Voraussetzungen für die Leistung einer Subvention nicht erfüllt, hat auf sie keinen Anspruch. Unabhängig vom wirtschaftlichen Wert der von G. und S. erbrachten und zu erbringenden Leistungen wird die Klägerin durch die Verpflichtung zur
Auszahlung der Gelder trotz der fehlenden Voraussetzungen für die Förderung in der Erfüllung ihrer Aufgaben behindert, weil diese Mittel nicht mehr für andere förderungswürdige Antragsteller zur Verfügung stehen. Werden zweckgebundene Mittel, um die es sich bei der Wohnungsbauförderung handelt, ausbezahlt, ohne daß der Empfänger zu der begünstigten Bevölkerungsgruppe gehört, entsteht der entsprechenden öffentlichen Institution und damit im weiteren Sinne dem Staat und der Allgemeinheit Schaden, weil dadurch die Mittel verringert werden, ohne daß der erstrebte sozialpolitische Zweck erreicht wird (vgl. zum Subventionsbetrug BGHSt 31, 93, 95 f.; 19, 37, 44 f. m.w.N.). Hierfür kann es entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf ankommen, ob andere förderungswürdige Antragsteller im einzelnen benannt werden können, die infolge der unberechtigten Darlehensgewährungen nicht mehr berücksichtigt werden konnten, weil die vorhandenen Fördermittel nicht mehr ausreichten. Schon in der Verfehlung des Zweckes - im Streitfall, den Erwerb von Wohnungseigentum durch einkommensschwache Bürger zu fördern - liegt bei Darlehensgewährungen an Unberechtigte ein Vermögensschaden, da die zweckgebundenen Mittel verringert werden, ohne daß insoweit der erstrebte Zweck erreicht werden könnte. Eine auf den Ausgleich von Vermögensschäden ausgerichtete Differenzrechnung kann nämlich nicht außer Acht lassen, daß Wesen und Bedeutung des Vermögens sich nicht in dessen Bestand - dem »Haben« - erschöpfen, sondern daß sie auch die im Vermögen verkörperten Möglichkeiten für den Vermögensträger umfassen, es zur Verwirklichung seiner Lebensziele zu nutzen. Diese funktionale Zuweisung ist im vermögenswerten Recht mitgeschützt (BGHZ 98, aaO, 218 m.w.N.).
e) Danach kann im Streitfall der Klägerin - bei Erweislichkeit der vorsätzlichen arglistigen Täuschung durch die Beklagten - ein Schaden entstanden sein, der gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichen ist. Die Klägerin wäre in diesem Fall so zu stellen, als ob sie die Darlehen nicht ausgezahlt und sich zur
Zahlung weiterer Beträge nicht verpflichtet hätte. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann sie nicht nur Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen , die sie infolge des pflichtwidrigen Verhaltens der Beklagten zuviel erbracht hat, weil sie sich nach ihrem Vortrag von den Darlehensverträgen nicht lösen kann. aa) Zwar entspricht es der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGHZ 69, 53, 56 f; 111, 75, 82 f.; zuletzt BGH, Urteil vom 16. Januar 1991 - VIII ZR 14/90 - NJW-RR 1991, 599, 600), daß der im Vertrauen auf die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben seines Vertragspartners Enttäuschte entweder im Wege des Schadensersatzes Rückgängigmachung des Vertrages verlangen oder am Vertrag festhalten und lediglich zusätzlich Schadensersatz beanspruchen kann. Eine solche Beschränkung des Schadensersatzes ist jedoch grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen den jeweiligen Vertragsparteien gerechtfertigt. Darauf weist die Revision mit Recht hin. Hingegen wäre die Restitution für die Klägerin völlig unzureichend, würde sie ausschließlich auf die - nach ihrem Vortrag - rechtlich unmögliche Rückabwicklung der jeweils erbrachten Leistungen im Verhältnis zwischen ihr und S. und G. verwiesen. Nach den §§ 249 ff. BGB kann der Geschädigte zwar nicht die Herstellung des gleichen Zustandes verlangen, wie er vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses bestanden hat. Dies wäre in den meisten Fällen kaum zu erreichen. Es kommt vielmehr darauf an, den Geschädigten wirtschaftlich möglichst so zu stellen wie er ohne das schadensstiftende Ereignis stünde (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1991 - VIII ZR 14/90 - aaO). bb) Für die Klägerin ergibt sich wirtschaftlich ein gleichwertiger Zustand, wenn sie - entsprechend den von ihr gestellten Klageanträgen - die bereits an S. und G. gezahlten Beträge abzüglich der bereits erhaltenen Tilgungsleistungen von den Beklagten (zurück) erhält, die Beklagten die Klägerin von den zu-
künftigen Verpflichtungen aus den Darlehensverträgen freistellen und die Klägerin im Gegenzug die zukünftig vereinnahmten entsprechenden Tilgungs- und Zinsleistungen an die Beklagten auskehrt. Hierdurch wird für die Klägerin wirtschaftlich die Vermögenslage erreicht, die für sie ohne den Abschluß der Darlehensverträge bestünde. Daß die Klägerin als Zug-um-Zug Leistung den Beklagten nur einen Anspruch auf Auskehrung der zukünftig noch zu vereinnahmenden Tilgungs- und Zinsleistungen anbieten will, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Eine Übertragung der Rückzahlungsansprüche gegen die Begünstigten auf die Beklagten scheidet nach dem mangels tatsächlicher Feststellungen zu unterstellenden Vortrag der Klägerin aus, weil die Höhe der Zinsverpflichtungen und die Rückzahlungsmodalitäten landesgesetzlich geregelt seien und auch einer gesetzlichen Neuregelung unterliegen könnten. Die Beklagten stehen sich dadurch im Vergleich zu einer Abtretung der entsprechenden Ansprüche aus den Darlehensverträgen nicht schlechter, weil das Land Nordrhein-Westfalen nach § 19 Wohnungsbauförderungsgesetz (NRW) für die Verbindlichkeiten der Klägerin haftet und deshalb ein insolvenzbedingter Ausfall der Klägerin mit ihren Ansprüchen ernsthaft nicht in Betracht zu ziehen ist. 3. Für den Erfolg der Revision kommt es nicht mehr darauf an, daß das Berufungsgericht, obwohl auch nach seiner Auffassung die Klägerin Ersatz der Refinanzierungsaufwendungen verlangen könnte, diesen Anspruch unter Übergehung entscheidungserheblichen Vortrags der Klägerin verneint hat. Das rügt die Revision allerdings mit Recht unter Hinweis auf die unter Beweis gestellten Darlegungen der Klägerin in der Klageschrift und in der Berufungsbegründungsschrift. Soweit das Berufungsgericht den Nachweis einer konkret der Auszahlung der Darlehensbeträge an S. und G. entsprechenden Darlehensaufnahme verlangt, überspannt es die Darlegungslast der Klägerin. Eine so weitgehende Darlegung eines solchen Zinsschadens wie bei privaten Personen
(vgl. dazu BGH Urteil vom 27. Februar 1991 - XII ZR 39/90 - NJW-RR 1991, 1406 f.) ist von der Klägerin nicht zu verlangen (vgl. Baumgärtel/Strieder, 2. Aufl., § 288 BGB, Rn. 9). Vielmehr genügt es für die Klägerin als einer Anstalt des öffentlichen Rechts mit einem umfangreichen Aktiv- und Passivvermögen darzulegen, in welcher Höhe sie Kreditkosten schätzungsweise erspart hätte, wenn sie die an S. und G. abgeflossenen Darlehensbeträge zur Verfügung gehabt hätte. Insoweit stellt sich ihre betriebswirtschaftliche Situation nicht anders dar als bei Kaufleuten und anderen öffentlichen Kassen. Es ist von der Klägerin aufgrund der bankmäßigen Arbeitsweise nicht zu erwarten, daß sie eine Kreditaufnahme im konkreten Einzelfall nachweisen kann, wenn sie wie andere Unternehmen und öffentliche Kassen regelmäßig mit Fremdgeld arbeitet. Vielmehr ist davon auszugehen, daß sich ihr Kreditvolumen im ganzen entsprechend den abgeflossenen Darlehensbeträgen an G. und S. verringert hätte. Dann aber wäre eine sittenwidrige arglistige Täuschung durch die Beklagten auch für den erhöhten Zinsaufwand ursächlich geworden (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1965 - VI ZR 207/63 - VersR 1965, 479, 481, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 43, 337 ff.; BGH, Urteile vom 17. April 1978 - II ZR 77/77 - WM 1978, 616, 617 und vom 12. Dezember 1990 - VIII ZR 35/90 - NJW-RR 1991, 793; Staudinger/ Löwisch, BGB, Bearb. 2001, § 288, Rn. 41). 4. Ob die Einrede der Verjährung durch die Beklagten durchgreifen würde , kann der Senat mangels tatsächlicher Feststellungen nicht überprüfen.

III.

Nach alldem ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR15/14 Verkündet am:
28. Oktober 2014
Holmes
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Werden aus öffentlichen Mitteln Wohnbauförderungsdarlehen infolge falscher Angaben
einem Bauherrn gewährt, der die Voraussetzungen für die Leistung dieser Subvention
(hier: nach den Bestimmungen des Wohnbauförderungsgesetzes - WoFG)
nicht erfüllt, besteht der Schaden des Darlehensgebers schon in der Eingehung der
Darlehensverpflichtung mit dem nicht förderungswürdigen Bauherrn (Fortführung von
Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361).
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 - OLG Hamm
LG Arnsberg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Oktober 2014 durch den Vorsitzenden Richter Galke, die Richterin
Diederichsen, die Richter Pauge und Offenloch und die Richterin Dr. Oehler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 15. November 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen der Gewährung von Wohnungsbauförderungsdarlehen. Sie macht geltend, die zuständige Bewilligungsbehörde habe aufgrund falscher Angaben, an denen die Beklagten mitgewirkt hätten, bei mehreren Bauherren die tatsächlich bei ihnen nicht gegebenen Fördervoraussetzungen bejaht und eine Förderungszusage erteilt.
2
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der Wohnungsbauförderungsanstalt NRW. Ziel der Wohnungsbauförderung ist die Vergabe von zinsgünstigen bzw. zinslosen Darlehen an den nach den Bestimmungen des Wohnungsbauförderungsgesetzes (WoFG) berechtigten Personenkreis. In den Wohnraumförderungsbestimmungen (WFB), die per Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen erlassen wurden, werden u.a. das Förderziel, einzelne Förderungsvoraussetzungen und Fördergrundsätze durch die Verwaltung konkretisiert.
3
Das Verfahren der Wohnungsbauförderung ist zweistufig ausgestaltet. Auf der ersten Stufe entscheidet die zuständige Verwaltungsbehörde über einen Antrag auf Bewilligung von Wohnungsbaufördermitteln. Auf der zweiten Stufe erfolgt aufgrund der Förderbewilligung die Gewährung eines zinslosen bzw. zinsgünstigen Darlehens durch die Klägerin, vormals durch die Wohnungsbauförderungsanstalt NRW.
4
Die Beklagte zu 1 und der Beklagte zu 3 waren Geschäftsführer der zwischenzeitlich aufgelösten I. GmbH, die Beklagten zu 2 und 4 waren Mitarbeiter dieser Gesellschaft. Die I. GmbH handelte in den Förderverfahren als Bevollmächtigte der jeweiligen Förderinteressenten gegenüber der zuständigen Bewilligungsbehörde.
5
Mehrere Förderinteressenten erfüllten die Voraussetzungen der WFB nicht, da sie im Zeitpunkt der Antragstellung nicht über genügend finanzielle Eigenmittel verfügten. Um dennoch in formaler Hinsicht die Förderkriterien erfüllen zu können, lösten die Fördermittelempfänger bestehende Kreditverpflichtungen ab. Die I. GmbH erklärte gegenüber der Bewilligungsbehörde, dass die Ablösung jeweils durch Eigenkapital erfolgt sei. Tatsächlich wurden die zur Ablösung der Kleinkredite erforderlichen Geldmittel den Förderinteressenten von der I. GmbH und/oder deren Subunternehmerin vorübergehend darlehensweise zur Verfügung gestellt.
6
Die Klägerin begehrt von den Beklagten Rückzahlung der Darlehensvaluta abzüglich erhaltener Rückzahlungen und Ersatz der bereits entstandenen Refinanzierungskosten sowie Feststellung der Ersatzverpflichtung bezüglich des zukünftig noch entstehenden Refinanzierungsschadens, hilfsweise gegen Einräumung eines Anspruchs auf Auskehrung zukünftig vereinnahmter Tilgungsleistungen.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Klägerin eine Mitwirkung der Beklagten an einer Täuschung der zuständigen Bewilligungsbehörde und der Klägerin über das Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen hinreichend dargelegt habe. Zwar stelle die Eingehung von Darlehensverpflichtungen mit nicht förderungswürdigen Bauherren grundsätzlich einen ersatzfähigen Schaden dar. Dies gelte unabhängig vom Wert der von den Bauherren zu erbringenden Gegenleistung, da durch die Darlehensgewährung an nicht förderungswürdige Personen die zweckgebundenen Fördermittel verringert würden, ohne dass insoweit der angestrebte Zweck erreicht werde. In dieser Zweckverfehlung liege ein ersatzfähiger normativer Schaden.
9
Die Klägerin könne den ihr entstandenen Schaden jedoch nicht in der von ihr vorgetragenen Weise berechnen. Sie verlange nämlich, so gestellt zu werden, als habe sie die Darlehensverträge nicht geschlossen. Gegen ihre auf der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361) beruhende Schadensberechnung bestünden durchgreifende Bedenken. Die Klägerin könne nicht die ausgezahlten Beträge abzüglich der bereits erhaltenen Tilgungsleistungen zuzüglich ihres Refinanzierungsschadens geltend machen (gegebenenfalls gegen Auskehrung der zukünftig vereinnahmten Tilgungsleistungen an die Beklagten). Es erschließe sich nicht, weshalb bei deliktischer Haftung der Ersatzanspruch eines Geschädigten, der sich für ein Festhalten an einem täuschungsbedingt geschlossenen Vertrag entscheide, nicht entsprechend der zu vertraglichen Schadensersatzansprüchen ergangenen Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs auf den Ersatz derjenigen Aufwendungen beschränkt sei, die er infolge des pflichtwidrigen Verhaltens des anderen Teils zu viel erbracht habe. Der Geschädigte könne in diesem Fall nur verlangen, so gestellt zu werden, wie es der von ihm aufgrund der unterbliebenen Aufklärung angenommenen Situation entsprochen hätte.
10
Anders als in dem vom erkennenden Senat entschiedenen Fall habe vorliegend nach dem Vortrag der Klägerin auch die Möglichkeit einer Darlehenskündigung bestanden. Zudem überzeuge es wenig, dass die nach dem Klagevorbringen wegen Verschuldens bei Vertragsschluss auf Schadensersatz haftenden Darlehensnehmer, deren Haftung gegenüber der Klägerin entsprechend der Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats bei einem Festhalten an den Darlehensverträgen beschränkt sei, trotz bestehender Gesamtschuldnerschaft anders als die Beklagten hafteten.
11
Für eine Schadensberechnung, wie sie die Klägerin vornehme, fehle es auch am erforderlichen Zusammenhang zwischen haftungsbegründendem Tatbestand und geltend gemachtem Schaden. Das Risiko, dass Förderdarlehen notleidend werden, bestehe bei jeder Subventionierung aus sozialen Gesichtspunkten. Soweit der Klägerin das Risiko, in den streitgegenständlichen Fällen mit ihren Forderungen auszufallen, zu hoch erschienen sei, habe es ihr freigestanden , allein aufgrund dieser Erwägung die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung zu wählen und die Beklagten entsprechend in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus stünde die Klägerin bei einem Zusprechen des begehrten Schadensersatzes, also der ausstehenden Darlehensvaluta und der gesamten Refinanzierungsaufwendungen, vermögensmäßig besser, als sie ohne das schädigende Verhalten gestanden hätte. Denn es wäre ihr dann möglich, die von ihr zu erbringende Wohnbauförderung - auf Kosten der Beklagten - ohne Verringerung der streng zweckgebundenen Mittel weitgehend kosten- und risikolos zu erbringen.
12
Ferner spreche gegen eine Bemessung des ersatzfähigen Schadens nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des erkennenden Senats, dass die aufgrund des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots gebotene Abtretung der darlehensvertraglichen Ansprüche nebst Sicherheiten nach Darstellung der Klägerin gemäß § 399 BGB rechtlich nicht möglich sei und diese die Darlehensverträge weiterführe, obwohl ihr Engagement infolge der Schadensersatzleistung der Beklagten eigentlich beendet sei.

II.

13
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
14
1. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Beklagten an einer Täuschung der zuständigen Bewilligungsbehörde und der Klägerin über das Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen mitgewirkt haben und somit ein Schadensersatzanspruch der Klägerin nach § 826 BGB dem Grunde nach in Betracht kommt (vgl. zur Sittenwidrigkeit einer bewusst arglistigen Täuschung Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO, 366 mwN). Dies ist deshalb im Revisionsverfahren zu Gunsten der Klägerin zu unterstellen.
15
Das gilt auch im Hinblick auf die Haftung des Beklagten zu 4 im Fall A. Zwar hat das Berufungsgericht an zwei Stellen seiner Entscheidung insoweit ausgeführt, die Klägerin habe schon nicht hinreichend dargelegt, dass der Beklagte zu 4 an einer Täuschung mitgewirkt habe. An anderen Stellen hat das Berufungsgericht die Frage einer hinreichenden Darlegung der jeweiligen Mitwirkungsbeiträge - und zwar auch für den Fall A. - jedoch ausdrücklich offengelassen. Angesichts dieses von Amts wegen zu berücksichtigenden Widerspruchs ist die erstgenannte Feststellung des Berufungsgerichts für den Senat nicht bindend (vgl. zu widersprüchlichen Feststellungen Senatsurteil vom 21. Juni 2005 - VI ZR 238/03, VersR 2005, 1297, 1299; BGH, Urteile vom 15. April 1997 - XI ZR 105/96, NJW 1997, 1917, insoweit in BGHZ 135, 202 nicht abgedruckt, und vom 17. Mai 2000 - VIII ZR 216/99, NJW 2000, 3007; jeweils mwN). Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Frage, ob die Beklagten an einer bewusst arglistigen Täuschung der Klägerin mitgewirkt haben, in dem angefochtenen Urteil insgesamt nicht entschieden worden ist.
16
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass bereits die Eingehung der Darlehensverpflichtung mit den nicht förderungswürdigen Bauherren bei der Klägerin zu einem Schaden geführt hat, selbst wenn den gewährten Darlehen gleichwertige Rückzahlungsforderungen der Klägerin gegenüber stehen sollten.
17
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmendem Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Vielmehr ist auch dann, wenn die Differenzhypothese vordergründig nicht zu einem rechnerischen Schaden führt, die Bejahung eines Vermögensschadens auf einer anderen Beurteilungsgrundlage nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Differenzhypothese muss stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Dabei ist einerseits das konkrete haftungsbegründende Ereignis als Haftungsgrundlage zu berücksichtigen. Andererseits ist die darauf beruhende Vermögensminderung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände sowie der Verkehrsauffassung in die Betrachtung einzubeziehen. Erforderlich ist also eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes (vgl. nur BGH, Beschluss vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86, BGHZ 98, 212, 217 f., 223 f. mwN; Senatsurteile vom 10. Juli 2007 - VI ZR 192/06, BGHZ 173, 169 Rn. 21 und vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO, 366 f., mwN).
18
Da der Schadensersatz dazu dient, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen, ist der Schadensbegriff im Ansatz subjektbezogen. Deshalb kann jemand auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung dadurch einen Vermögensschaden erleiden, dass er durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte, und dass die Leistung für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO, 367; BGH, Urteil vom 26. September 1997 - V ZR 29/96, VersR 1998, 905, 907; jeweils mwN).
19
b) Im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer "ungewollten" Verpflichtung wieder befreien können. Schon eine solche stellt unter den dargelegten Voraussetzungen einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar (vgl. Senatsurteile vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO, 367 f. mwN und vom 19. November 2013 - VI ZR 336/12, VersR 2014, 210 Rn. 28; BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 153 mwN, und - II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2669 mwN; Staudinger/Oechsler, BGB, Neubearb. 2014, § 826 Rn. 118, 149; Soergel/Hönn, BGB, 13. Aufl., § 826 Rn. 58; Füller, JR 2006, 201, 202; Oetker, LMK 2005, 87; Hönn, WuB IV A. § 826 BGB 3.05).
20
c) Vorliegend besteht der der Klägerin entstandene Schaden in der Eingehung der Darlehensverpflichtungen mit den nicht förderungswürdigen Bauherren. Wer die Voraussetzungen für die Leistung einer Subvention nicht erfüllt, hat auf sie keinen Anspruch. Unabhängig vom wirtschaftlichen Wert der von den Bauherren erbrachten und zu erbringenden Leistungen wird die Klägerin durch die Verpflichtung zur Auszahlung der Gelder trotz der fehlenden Voraussetzungen für die Förderung in der Erfüllung ihrer Aufgaben behindert, weil diese Mittel nicht mehr für andere förderungswürdige Antragsteller zur Verfügung stehen. Werden zweckgebundene Mittel, um die es sich bei der Wohnungsbauförderung handelt, ausgezahlt, ohne dass der Empfänger zu der begünstigten Bevölkerungsgruppe gehört, entsteht der entsprechenden öffentlichen Institution und damit im weiteren Sinne dem Staat und der Allgemeinheit ein Schaden , weil dadurch die Mittel verringert werden, ohne dass der erstrebte sozialpolitische Zweck erreicht wird (vgl. Senatsurteile vom 13. Dezember 1988 - VI ZR 235/87, BGHZ 106, 204, 209; vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO, 368 f. und vom 16. Juli 2013 - VI ZR 442/12, BGHZ 198, 50 Rn. 21; jeweils mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 18. Juli 1963 - 1 StR 130/63, BGHSt 19, 37, 44 f.; Urteile vom 30. Juni 1982 - 1 StR 757/81, BGHSt 31, 93, 95 und vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05, NStZ 2006, 624 Rn. 2).
21
aa) Dem hält die Revisionserwiderung ohne Erfolg entgegen, die Bauherren hätten im vorliegenden Fall sämtlich zur Zielgruppe der Wohnungsbauförderung gehört, da sie einkommensschwach gewesen seien. Zwar ist es zutreffend , dass die Förderung der Bildung selbstgenutzten Wohneigentums solchen Personen dient, die unter Berücksichtigung ihres Einkommens und der Eigenheimzulage die Belastungen des Baus oder Erwerbs von Wohnraum ohne soziale Wohnraumförderung nicht tragen können (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 WoFG). Daher liegt ein Vermögensschaden im Sinne einer Zweckverfehlung jedenfalls dann vor, wenn Fördermittel an Personen gewährt werden, die überhaupt nicht einkommensschwach sind (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO).
22
bb) Daraus folgt jedoch nicht im Umkehrschluss, dass eine Zweckverfehlung bei einer Leistung an einkommensschwache Personen ausgeschlossen ist. Denn die Wohnungsbauförderung bezweckt, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, nicht unterschiedslos die Förderung sämtlicher einkommensschwacher Personen. Vielmehr zeigen bereits die Grundsätze des § 8 Nr. 2 Satz 1 WoFG, dass eine angemessene und damit auch tragbare Belastung des Bauherren bezweckt wird (vgl. Schubart/Kohlenbach/Bohndick, Wohn- und Mietrecht, § 8 WoFG Anm. 4, § 11 WoFG Anm. 4 [Stand: Juni 2004]; von Wehrs in Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, Wohnungsbaurecht, § 8 WoFG Anm. 4 [Stand: November 2003]). § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 bis 5 WoFG stellt darüber hinaus für den konkreten Förderfall (vgl. von Wehrs in FischerDieskau /Pergande/Schwender, aaO, § 11 WoFG Anm. 5.4 [Stand: November 2003]) verschiedene Voraussetzungen für eine Förderungsgewährung auf und verlangt u.a., dass der Bauherr die erforderliche Leistungsfähigkeit besitzt, seine Belastung bei selbst genutztem Wohneigentum auf Dauer tragbar erscheint und er eine angemessene Eigenleistung erbringt. Mit diesen Voraussetzungen soll insbesondere erreicht werden, dass der Bauherr nach seinen Einkommensund Vermögensverhältnissen das Bauherrenwagnis und dauerhaft die laufenden Aufwendungen für die Eigentumsmaßnahme tragen kann (vgl. BT-Drucks. 14/5538, S. 49; von Wehrs in Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender, aaO, § 11 WoFG Anm. 5.3 und 5.4 [Stand: November 2003]). Dies zeigt, dass die Wohnungsbauförderung , gerade auch bei selbst genutztem Wohneigentum, auf eine dauerhaft tragbare und wirtschaftliche Finanzierung abzielt und aus diesem Grund gerade nicht alle einkommensschwachen Personen ohne weitere Voraussetzungen gefördert werden sollen. Vielmehr bezweckt die Wohnraumförderung nur die Unterstützung solcher Personen, die die Fördervoraussetzungen und die hierzu erlassenen landesrechtlichen Bestimmungen (vgl. § 5 Abs. 2 WoFG) erfüllen. Sofern Bauherren, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, eine Förderung zuteil wird, liegt ein Vermögensschaden vor, da der Förderzweck nicht erreicht wird (vgl. von Wehrs in Fischer-Dieskau/Pergande/- Schwender, aaO, § 11 WoFG Anm. 5.3 [Stand: November 2003]).
23
cc) Selbst wenn man den Förderzweck weniger eng fassen wollte und eine Zweckverfehlung verneinte, schlösse dies einen Schadenseintritt bei der Klägerin nicht aus. Denn eine Schadenszufügung kann selbst dann vorliegen, wenn Empfänger von staatlicherseits ausgeworfenen Geldern diese zwar in einer zweckentsprechenden Weise verwenden, sie jedoch über Sachverhalte, die als Voraussetzung der staatlichen Leistung ausdrücklich genannt sind, getäuscht haben. Wer eine staatliche Stelle unter Täuschung über ausdrücklich geregelte materielle Voraussetzungen veranlasst, einen in Wahrheit nicht bestehenden Anspruch zu erfüllen, schädigt den Staat in Höhe der unberechtigten Leistung. Nur bei lediglich formellen Voraussetzungen, die etwa der bloßen Erleichterung der Verwaltungstätigkeit oder der Beweissicherung dienen, kann dies anders sein (vgl. BGH, Urteile vom 30. Juni 1982 - 1 StR 757/81, aaO, 95 f. und vom 8. April 2003 - 5 StR 448/02, NJW 2003, 2179, 2180; jeweils mwN; vgl. auch bereits BGH, Urteil vom 24. April 1952 - 4 StR 854/51, BGHSt 2, 325, 327). Bei den durch die WFB konkretisierten Fördervoraussetzungen des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 bis 5 WoFG handelt es sich um materielle Voraussetzungen im vorstehend genannten Sinn, da sie eine dauerhaft tragbare und wirtschaftliche Förderung der Bauherren bezwecken.
24
3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin mit dem Argument verneint, diese könne ihren Schaden nicht in der Weise berechnen, dass sie so gestellt werde, als ob sie die Darlehen nicht gewährt habe, ohne diese zugleich zu kündigen.
25
a) Nach § 249 Abs. 1 BGB hat der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Damit kann der Geschädigte zwar nicht die Herstellung des gleichen Zustandes verlangen, wie er vor dem Eintritt des schädigenden Ereignisses bestanden hat; dies wäre in den meisten Fällen auch kaum zu erreichen. Es kommt vielmehr darauf an, den Geschädigten wirtschaftlich möglichst so zu stellen, wie er ohne das schadensstiftende Ereignis stünde (Senatsurteile vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO, 369 f. mwN und vom 20. Januar 2004 - VI ZR 46/03, VersR 2004, 482;Staudinger/ Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 249 Rn. 182). Danach ist die Klägerin - bei Unterstellung eines Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagten dem Grunde nach - möglichst so zu stellen, als ob sie die Darlehen nicht ausbezahlt hätte (Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO, 369). Ein Zustand , der dieser hypothetischen Situation wirtschaftlich gleichwertig ist, wird dadurch erreicht, dass die Klägerin die an die Bauherren gezahlten Beträge abzüglich der bereits erhaltenen Tilgungsleistungen von den Beklagten erhält und die Klägerin im Gegenzug ihre weiter gegen die Bauherren bestehenden Rechtspositionen, insbesondere ihre Ansprüche auf zukünftige Tilgungs- und Zinsleistungen, Zug um Zug auf die Beklagten überträgt (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO, 370; Oetker, LMK 2005, 87; ebenso bei fehlerhaften Ad-Hoc-Mitteilungen BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, aaO, und - II ZR 217/03, aaO, sowie vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, NJW 2005, 2450, 2451). Für den Fall, dass eine Übertragung der Rückzahlungsansprüche unmöglich ist, genügt auch die Einräumung eines Anspruchs auf Auskehrung der zukünftig noch zu vereinnahmenden Tilgungs- und Zinsleistungen (Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO; vgl. hierzu Füller, JR 2006, 201, 202). Zudem hat die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz ihrer Refinanzierungsaufwendungen (Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO).
26
Die Klägerin kann also - anders als im Zwei-Personen-Verhältnis der im Vertrauen auf die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben seines Vertragspartners Enttäuschte (vgl. etwa BGH, Urteile vom 25. Mai 1977 - VIII ZR 186/75, BGHZ 69, 53, 56 ff. und vom 28. März 1990 - VIII ZR 169/89, BGHZ 111, 75, 82; jeweils mwN) - nicht nur entweder im Wege des Schadensersatzes Rückgängigmachung des Vertrages verlangen oder aber am Vertrag festhalten und lediglich zusätzlich Schadensersatz beanspruchen. Denn eine solche Beschränkung des Schadensersatzes ist grundsätzlich nur im Verhältnis zwischen den jeweiligen Vertragsparteien gerechtfertigt (Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, aaO, 369).
27
b) Die vom Berufungsgericht und der Revisionserwiderung vorgebrachten Argumente geben keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.
28
aa) Der Senatsrechtsprechung steht insbesondere nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteile vom 16. Januar 1991 - VIII ZR 14/90, NJW-RR 1991, 599, 600; vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, NJW 2004, 1868, 1870 und vom 15. Januar 2009 - III ZR 28/08, NJW-RR 2009, 603 Rn. 10 ff. mwN) bei einer Haftung wegen Verletzung (vor-) vertraglicher Pflichten auch in Drei-Personen-Verhältnissen ein Wahlrecht desjenigen besteht, der im Vertrauen auf die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Angaben eines mit ihm vertraglich verbundenen Schädigers enttäuscht wurde und in diesem Zusammenhang eine vertragliche Bindung mit einem Dritten eingegangen ist. Danach kann der Anspruchsinhaber einerseits wählen, im Wege des Schadensersatzes vom Schädiger "Rückgängigmachung" der Folgen des mit Dritten geschlossenen Vertrags zu verlangen, hierzu das Erlangte dem Schädiger zur Verfügung zu stellen und seine Aufwendungen ersetzt zu bekommen. Andererseits kann er auch an dem Vertrag mit dem Dritten insgesamt festhalten und vom Schädiger lediglich Entschädigung seines enttäuschten Vertrauens fordern; er kann also verlangen, so gestellt zu werden, wie es der von ihm aufgrund des pflichtwidrigen Verhaltens des Schädigers angenommenen Situation entsprochen hätte.
29
Der Anspruchsinhaber ist danach gerade nicht darauf beschränkt, den zweiten Weg zu wählen, sondern kann sich für eine (möglichst) umfassende Naturalrestitution entscheiden (vgl. BGH, Urteile vom 13. Januar 2004 - XI ZR 355/02, aaO mwN und vom 15. Januar 2009 - III ZR 28/08, NJW-RR 2009, 603 Rn. 13 f.). Das entspricht dem Begehren der Klägerin, die so gestellt werden will, als hätte sie die streitgegenständlichen Darlehen nicht gewährt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung weicht die Rechtsprechung des erkennenden Senats nicht von der vorstehend aufgezeigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab, zumal sich die genannten Entscheidungen anderer Zivilsenate nicht mit der Frage befassen, wie die Natu- ralrestitution, insbesondere die Herausgabe des vom Dritten Erlangten und zukünftig noch zu Erlangenden, im Fall eines Dauerschuldverhältnisses im Einzelnen zu erfolgen hat.
30
bb) Es trifft entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung im Ergebnis auch nicht zu, dass die Klägerin an den Vertragsverhältnissen mit den Bauherren insgesamt festhalten will. Vielmehr verlangt sie von den Beklagten eine möglichst umfassende Naturalrestitution. Unerheblich ist dabei grundsätzlich, ob sie auch auf anderem Wege versuchen könnte, eine solche Wiederherstellung zu erreichen. Es ist ein allgemeiner - schon aus § 255 BGB folgender - schadensrechtlicher Grundsatz, dass ein Schädiger den Geschädigten nicht auf einen der Beseitigung des Vermögensverlustes dienenden Anspruch gegen einen anderen am Schadensereignis Mitverantwortlichen verweisen kann (Senatsurteil vom 31. Mai 1994 - VI ZR 12/94, VersR 1994, 1077, 1079 f.; BGH, Urteile vom 20. November 1992 - V ZR 279/91, BGHZ 120, 261, 268; vom 24. Januar 1997 - V ZR 294/95, NJW-RR 1997, 654, 655; vom 26. Juni 1997 - IX ZR 233/96, NJW 1997, 2946, 2948; vom 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, NJW 2001, 3190, 3192 und vom 1. Dezember 2005 - IX ZR 115/01, NJW-RR 2006, 694 Rn. 15; jeweils mwN). Daher ist die Klägerin - selbst wenn ihr dies möglich sein sollte - im Rahmen der schadensrechtlichen Abwicklung nicht gehalten, die mit den Bauherren geschlossenen Darlehensverträge zu kündigen.
31
cc) Ebenfalls nicht tragfähig ist die Argumentation des Berufungsgerichts, die Senatsrechtsprechung führe zu einer unterschiedlichen Haftung des Vertragspartners und seines Vertreters trotz bestehender Gesamtschuldnerschaft.
32
Die Revision weist zunächst zutreffend darauf hin, dass ein rechtlicher Grundsatz, dem zufolge vertragliche und gesetzliche Haftung stets den gleichen Inhalt haben müssten, nicht existiert. Jeder Anspruch ist nach seinen Voraussetzungen , seinem Inhalt und seiner Durchsetzung selbstständig zu beurteilen und folgt seinen eigenen Regeln (vgl. BGH, Urteile vom 24. Mai 1976 - VIII ZR 10/74, BGHZ 66, 315, 319; vom 16. September 1987 - VIII ZR 334/86, BGHZ 101, 337, 343 f.; vom 12. Dezember 1991 - I ZR 212/89, BGHZ 116, 297, 300 und vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, BGHZ 172, 315 Rn. 18; jeweils mwN). Abweichungen von diesem Grundsatz kommen nur ganz ausnahmsweise in Betracht und beschränken sich typischerweise auf Fallgestaltungen, in denen die deliktischen Ansprüche den Zweck einer für den vertraglichen Anspruch geltenden Vorschrift vereiteln und die gesetzliche Regelung im Ergebnis aushöhlen würden (vgl. BGH, Urteile vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06, aaO; vom 19. Oktober 2004 - X ZR 142/03, NJW-RR 2005, 172 mwN). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Hinzu kommt, dass sich die Ansprüche vorliegend gegen verschiedene Haftungssubjekte richten.
33
Unabhängig hiervon kann jedoch im vorliegenden Fall, auch wenn man eine Haftung der Bauherren aus Verschulden bei Vertragsschluss unterstellt, überhaupt nicht von einer - auf die Entschädigung enttäuschten Vertrauens - begrenzten Haftung der Bauherren gegenüber der Klägerin ausgegangen werden. Denn diese hat sich gerade nicht für ein Festhalten an den Darlehensverträgen entschieden. Vielmehr begehrt sie von den Beklagten eine möglichst umfassende Naturalrestitution (s.o., Doppelbuchst. bb), während sie gegenüber den Bauherren von rechtlichen Schritten abgesehen hat.
34
Selbst wenn eine unterschiedliche Haftung mehrerer Schuldner vorläge, stünde dies der Annahme einer Gesamtschuldnerschaft im Übrigen nicht notwendigerweise im Wege. So ist es in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit Langem anerkannt, dass eine Gesamtschuldnerschaft nicht vom Vorliegen einer Identität des Leistungsinhalts und -umfangs abhängt (BGH, Beschluss vom 1. Februar 1965 - GSZ 1/64, BGHZ 43, 227, 232 ff.; Urteil vom 29. Juni 1972 - VII ZR 190/71, BGHZ 59, 97, 99 ff.; jeweils mwN; vgl. auch zur teilweisen Gesamtschuld BGH, Urteil vom 27. März 1969 - VII ZR 165/66, BGHZ 52, 39, 45 mwN).
35
dd) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es schließlich bei Zugrundelegung der Senatsrechtsprechung nicht deshalb an dem erforderlichen Zusammenhang zwischen haftungsbegründendem Tatbestand und dem geltend gemachten Schaden, weil ein Ausfallrisiko bei jeder Subventionierung aus sozialen Gesichtspunkten besteht. Ebenfalls wird die Klägerin nicht dadurch bessergestellt, dass sie einerseits ihr finanzielles Engagement von den Beklagten ersetzt bekommt, andererseits aber der erstrebte Zweck der Unterstützung des Erwerbs von Wohnungseigentum erreicht wird. Insoweit lässt das Berufungsgericht außer Acht, dass es - auch nach seiner eigenen Rechtsauffassung - gerade nicht Zweck der sozialen Wohnraumförderung ist, unterschiedslos Personen mit geringem Einkommen und Vermögen zu fördern, sondern dass eine Förderung lediglich dann bezweckt ist, wenn weitere Voraussetzungen vorliegen, die ein dauerhaftes Gelingen versprechen und eine angemessene Beteiligung der Geförderten sichern (vgl. oben, Ziff. II.2.c bb). Dieser Zweck wurde vorliegend aber nicht erreicht. Vielmehr wurden der Klägerin ungewollte vertragliche Bindungen aufgedrängt, vor denen § 826 BGB sie gerade schützen will. Von einem fehlenden Zurechnungszusammenhang oder einer Besserstellung der Klägerin bei einem Fortbestehen vertraglicher Bindungen kann daher keine Rede sein.
36
Die Klägerin wird auch nicht dadurch bessergestellt, dass sie die Darlehensverträge weiterführt und hieraus erwachsene Rechte behält. Dies käme nur dann in Betracht, wenn ihr eine Abtretung dieser Rechte nicht möglich sein sollte , was das Berufungsgericht bislang nicht geprüft hat. Wäre eine Abtretung nicht möglich, hätte die Klägerin etwaige ihr erwachsene Vorteile nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats an die Schädiger auszukehren. Damit würde sie zumindest weitestgehend so gestellt, als hätte sie die Darlehen nie gewährt. Sofern es um die Geltendmachung von Rechten oder die Ausübung von Gestaltungsrechten geht, trifft die Klägerin überdies die Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der mit ihr durch das gesetzliche (Abwicklungs-)Schuldverhältnis verbundenen Beklagten (vgl. § 241 Abs. 2 BGB).
37
c) Auch das Vorbringen der Revision zur Herausgabe der erlangten Vorteile an die Schädiger fordert keine Abkehr von den in der Senatsentscheidung vom 21. Dezember 2004 (VI ZR 306/03, aaO, 370) aufgestellten Grundsätzen. Die Revision ist der Auffassung, die Verpflichtung zur Auskehrung der zukünftigen Zins- und Tilgungsleistungen sei für die Geschädigte unzumutbar, weil sie damit für die Schädiger die Zins- und Tilgungsleistungen einziehen müsse. Außerdem bekämen diese eine sachlich nicht gerechtfertigte Verzinsung ihrer Schadensersatzleistung.
38
aa) Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich die Frage der Auskehrung zukünftiger Zins- und Tilgungsleistungen nur dann stellt, wenn der Klägerin eine Abtretung dieser Ansprüche an die Beklagten nicht möglich ist.
39
bb) Die Verpflichtung der Klägerin, in diesem Fall den Beklagten die zukünftigen Zins- und Tilgungsleistungen der Bauherren auszukehren, beruht auf dem allgemeinen schadensrechtlichen Prinzip der Vorteilsausgleichung, das bewirkt, dass die Schadensersatzpflicht der Beklagten nur gegen Herausgabe der Vorteile erfüllt zu werden braucht, die mit dem schädigenden Ereignis in adäquatem Zusammenhang stehen. Der Anspruch der Klägerin ist daher von vornherein nur mit der Einschränkung begründet, dass gleichzeitig die Vorteile, die ihr aus den aufgrund des Verhaltens der Beklagten geschlossenen Darlehensverträgen erwachsen sind, diesen herausgegeben werden (vgl. BGH, Urteile vom 15. Januar 2009 - III ZR 28/08, aaO Rn. 14 und vom 21. Oktober 2004 - III ZR 323/03, MDR 2005, 322; jeweils mwN).
40
cc) Zutreffend weist die Revision allerdings darauf hin, dass eine Vorteilsausgleichung nur dann in Betracht kommt, wenn sie den Geschädigten nicht unzumutbar belastet und den Schädiger nicht unbillig begünstigt (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschluss vom 1. Juni 2010 - VI ZR 346/08, VersR 2010, 1324 Rn. 17 und Senatsurteil vom 24. März 1959 - VI ZR 90/58, BGHZ 30, 29, 33; jeweils mwN). Die Einziehung und Auskehrung der Zins- und Tilgungsleistungen ist der Klägerin jedoch grundsätzlich nicht unzumutbar. Es handelt sich um einfache banktypische, für die Klägerin alltägliche Vorgänge.
41
Ebenso wenig wird der Schädiger durch die Auskehrung der Zins- und Tilgungsleistungen unbillig begünstigt. Durch die Auskehrung zukünftiger Tilgungsleistungen erhält er lediglich dasjenige zurück, was er zuvor im Wege der Naturalrestitution an den Geschädigten hingeben musste. Insoweit kann bereits von einer Begünstigung keine Rede sein. Auch die Auskehrung der Zinsleistungen an den Schädiger ist nicht unbillig, da dieser die noch offene Darlehenssumme , für die er von dem Geschädigten Zinsen erhält, im Wege der Naturalrestitution zu ersetzen hat und gegebenenfalls finanzieren muss. Soweit letzteres nicht notwendig ist, weil er über ausreichend eigenes Vermögen verfügt, muss er gegebenenfalls darauf verzichten, dieses gewinnbringend anzulegen. Dies rechtfertigt es, dem Schädiger die zukünftigen Zinsleistungen der Darlehensnehmer zukommen zu lassen.
42
4. Die Schadensberechnung der Klägerin entspricht im Grundsatz den Anforderungen der Rechtsprechung des erkennenden Senats, denn die Kläge- rin begehrt Ersatz der an die Bauherren ausbezahlten Darlehensvaluta abzüglich der bereits erhaltenen Tilgungsleistungen und zuzüglich ihrer Refinanzierungsaufwendungen (nebst der Feststellung der Ersatzverpflichtung hinsichtlich des zukünftig noch entstehenden Refinanzierungsschadens). Dass sie lediglich als Hilfsantrag Zug um Zug eine Auskehrung zukünftig zu vereinnahmender Tilgungsleistungen anbietet, kann gegebenenfalls - auch bei Bestehen einer Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach - eine (teilweise) Abweisung der Klage, auch bezüglich des Hilfsantrags, nach sich ziehen. Das Berufungsgericht hat sich bislang allerdings weder damit befasst, ob der Klägerin eine Abtretung ihrer Ansprüche gegen die Bauherren unmöglich ist, noch ob ihr wegen besonderer Umstände des Einzelfalles ein Vorteilsausgleich unzumutbar sein könnte. Jedenfalls ist eine Abtretung seitens der Klägerin nicht schon deshalb nach § 399 BGB ausgeschlossen, weil wegen der Zweckbindung der Wohnungsbauförderungsdarlehen eine solche Abtretung nicht ohne Veränderung des Leistungsinhalts möglich wäre. Denn die zu einer vergleichbaren Fallgestaltung ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 29. Oktober 1969 - I ZR 72/67, WM 1970, 253, 254 mwN - Flutschadenbeihilfe) schließt lediglich eine Abtretung auf Seiten des Geförderten aus, nicht jedoch eine Abtretung von Ansprüchen des Förderers, im Fall einer Darlehensgewährung also des Darlehensgebers. Bei einer Abtretung seitens des Darlehensgebers kann eine Inhaltsänderung jedenfalls nicht ohne Weiteres angenommen werden.

III.

43
Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies gibt dem Berufungsgericht insbesondere auch Gelegenheit, die erforderlichen Feststellungen zur bislang offengelassenen Frage einer kausalen Mitwirkung der Beklagten an einer Täuschung der zuständigen Bewilligungsbehörde und der Klägerin über das Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen zu treffen. Galke Diederichsen Pauge Offenloch Oehler
Vorinstanzen:
LG Arnsberg, Entscheidung vom 10.11.2011 - I-1 O 526/10 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 15.11.2013 - I-9 U 2/12 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 51/10 Verkündet am:
13. Dezember 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
WpHG § 13 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 20a Abs. 1 Nr. 1,
§ 37b Abs. 1 Nr. 1, § 37c Abs. 1

a) § 20a WpHG, durch den Marktmanipulationen verboten werden, bezweckt in erster Linie, die Funktionsfähigkeit
der Wertpapiermärkte zu gewährleisten, und ist daher kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

b) Die Höhe des Subprime-Anteils der unmittelbar eigenen Investments einer Bank sowie derjenigen der mit der
Bank verbundenen Zweckgesellschaften ist eine konkrete, zur Kursbeeinflussung geeignete Information im
Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG. Auch die Höhe des Subprime-Anteils der von den Zweckgesellschaften
getätigten Investments ist eine Information, die die Bank unmittelbar im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 und 3
WpHG betrifft und die daher in einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht werden muss.

c) Nach § 37b Abs. 1 WpHG kann ein Anleger wegen unterlassener Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung
den Erwerbsschaden ersetzt verlangen, also Rückzahlung des Erwerbsentgelts Zug um Zug gegen Hingabe
der erworbenen Finanzinstrumente. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Finanzinstrumente wegen
einer unterlassenen Ad-hoc-Mitteilung erworben wurden, trägt der Anspruchsteller.

d) Der Anleger kann als Mindestschaden auch den Kursdifferenzschaden ersetzt verlangen. Hierfür muss der
Anleger lediglich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass, wäre die Ad-hoc-Mitteilung rechtzeitig erfolgt,
der Kurs zum Zeitpunkt seines Kaufs niedriger gewesen wäre als er tatsächlich war.
BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. November 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, den Richter
Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger und
Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 27. Januar 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht des Zeugen M. (Zedent) Schadensersatz wegen des Erwerbs von Aktien der Beklagten im Zusammenhang mit einer irreführenden Presseerklärung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten.
2
Die Beklagte ist ein in der Rechtsform der Aktiengesellschaft geführtes Kreditinstitut, das vor allem mittelständische Unternehmen finanziert. Seit 2001 engagierte sie sich zudem auf dem Kapitalmarkt für strukturierte Forderungsportfolien , deren Gegenstand auch solche Finanzprodukte waren, die sich auf Forderungen aus dem US-Hypothekenmarkt, darunter sog. Subprimes (großzügig vergebene Hypothekenkredite zweitklassiger Qualität), bezogen. Ihr unmittelbares Investment hatte Mitte 2007 ein Volumen von 6,8 Mrd. €. Darüber hinaus engagierte sich die Beklagte mittelbar über die Gewährung von Liquiditätslinien und die Erbringung von Beratungsleistungen gegenüber Zweckgesellschaften , die ihrerseits wiederum unmittelbar in diese Finanzprodukte investierten. Eine solche mittelbare Beteiligung bestand an dem "Rhineland Funding Capital Corporation Conduit" (nachfolgend: RFCCC), der aus verschiedenen Ankaufsgesellschaften und der "Rhineland Funding Capital Corporation" (nachfolgend : RFCC) mit Sitz in Delaware/USA als Refinanzierungsgesellschaft bestand. Der RFCCC erwirtschaftete über 90% seiner Erträge durch Investments in besagte verbriefte internationale Forderungsportfolien, wobei die Ankaufsgesellschaften sog. CDOs (Collateralized Debt Obligations) erwarben und diese durch die Ausgabe sog. CPFNs (Commercial Paper Funding Notes) refinanzierten. Diese CPFNs wiederum wurden von der Refinanzierungsgesellschaft angekauft und über von ihr ausgegebene sog. ABCPs (Asset-backed Commercial Papers) am Kapitalmarkt refinanziert. Die Handelbarkeit und damit das Rating der mit relativ kurzer Laufzeit versehenen ABCPs wurde durch von Kreditinstituten wie der Beklagten abgesicherte Liquiditätslinien verbessert.
3
Die Beklagte erbrachte gegenüber dem RFCCC Beratungsleistungen (seit 2006 über die I. GmbH) und stellte - über den Interbankenmarkt refinanzierte - Liquiditätslinien zur Verfügung, die sich Ende Juli 2007 auf 8,1 Mrd. € beliefen. Die hierfür gezahlte Vergütung und die hierbei erzielten Renditen verbesserten das Ergebnis der Beklagten.
4
Seit Frühjahr 2007 häuften sich auf dem US-Hypothekenmarkt wegen stark gestiegener Zinsen, des allgemeinen Preisverfalls von Immobilien und sehr niedriger Kreditvergabestandards die Ausfälle der ebenfalls in Form von strukturierten Wertpapieren gehandelten Immobilienkredite. Bei der Beklagten kam es wie bei anderen betroffenen Banken zu Anfragen der Deutschen Bundesbank und von Rating-Agenturen. Mitte Juli 2007 stuften Rating-Agenturen erstmals die sog. Subprimes wegen der erhöhten Ausfallrisiken herab. Zum gleichen Zeitpunkt sanken die Preise für durch die Beklagte emittierte Anleihen und es gab Gerüchte, die Beklagte treffe mit Blick auf den US-Subprime-Markt ein substantielles Risiko. Da auch der Markt von einem höheren Ausfallrisiko ausging, weiteten sich die Aufschläge auf die variable Grundverzinsung der Beklagten , die sog. Bond Spreads. Der Preis für sog. CDS (Credit Default Swaps) auf die Beklagte stieg ebenfalls; am 20. Juli 2007 wurde erstmals bei dem Wirtschaftsinformationsdienst Bloomberg eine Preisstellung auf CDS auf die Beklagte veröffentlicht. Zeitgleich fiel der Kurs der Aktie der Beklagten.
5
Um die aufgekommenen Gerüchte auszuräumen und die nervöse Marktsituation zu beruhigen, gab der damalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten - in Kenntnis der oben genannten Umstände - am Freitag, den 20. Juli 2007 eine Pressemitteilung heraus, die auszugsweise folgenden Inhalt hatte: "… Die Entwicklung im europäischen Bankensektor - insbesondere in den Aktien- und Kreditmärkten - ist in den letzten Wochen von einer hohen Volatilität geprägt gewesen. Anlass hierfür waren insbesondere Unsicherheiten im US-Hypothekenmarkt. Die jüngste sehr umfassende Moody’s-Analyse für dieses Marktsegment hat im Hinblick auf I. -Engagements in internationale Portfolioinvestments und auf die Beratungsmandate der I. GmbH praktisch keine Auswirkung. Von den in diesem Zusammenhang von Moody’s auf die Watchlist gesetzten Tranchen ist die I. lediglich mit einem einstelligen Millionen- Betrag betroffen. Von der jüngsten Analyse, die Standard & Poors für den CDO-Markt erstellt hat, ist die I. in keinerlei Hinsicht betroffen. Schwerpunkt unserer Engagements bilden Investments in Portfolien von Unternehmenskrediten. …"
6
Wegen der Herausgabe dieser Presseerklärung ist der Vorstandsvorsitzende der Beklagten wegen vorsätzlicher Marktmanipulation gemäß § 20a Abs. 1 Nr. 1, § 38 Abs. 2, § 39 Abs. 2 Nr. 11 WpHG rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 - 3 StR 506/10, NZG 2011, 1075). Am 26. Juli 2007 erwarb der Zedent 1.000 Aktien der Beklagten zu einem Kurs von 23,77 € (Gesamtpreis 23.916,04 €), die er am 10. September 2007 auf die Klägerin übertrug. Am 27. Juli 2007 schloss die Bank gegenüber der Beklagten die Handelslinien im Interbankenverkehr ; dem schlossen sich andere Kreditinstitute an. Am Wochenende des 28./29. Juli 2007 kam es zu einem Krisentreffen unter Beteiligung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als dem größten Aktionär der Beklagten, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), der Deutschen Bundesbank und des Bundesfinanzministeriums, an dessen Ende die Einrichtung eines sog. Rettungsschirmes zugunsten der Beklagten stand. Am Montag, den 30. Juli 2007 veröffentlichte die Beklagte eine diesbezügliche Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG. Daraufhin brach der Aktienkurs der Beklagten ein.
7
Die Klägerin verlangt im Wege des Schadensersatzes Zahlung von 23.916,04 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung der Aktien. Ihre Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom erkennenden Senat zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

8
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

9
Das Berufungsgericht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27. Januar 2010 - I-15 U 230/09, juris), hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
10
Die Klägerin könne unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von der Beklagten Schadensersatz fordern. Ein Schadensersatzanspruch aus § 37c WpHG scheide schon deshalb aus, weil es sich bei der Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 nicht um eine Ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG handele. Auch eine analoge Anwendung des § 37c WpHG komme mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. Der Gesetzgeber habe bewusst davon abgesehen , eine Anspruchsgrundlage für Schäden aufgrund jeglicher Form der Fehlinformation des Kapitalmarktes zu schaffen, sondern gezielt nur an Ad-hocMitteilungen angeknüpft.
11
Die Beklagte hafte auch nicht aus § 37b WpHG. Es könne insofern dahinstehen , ob der Umfang des eigenen und über Zweckgesellschaften bewirkten Engagements der Beklagten in Subprime-Anleihen eine publikationspflichtige Insiderinformation darstelle, zu deren Veröffentlichung die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, da sich jedenfalls nicht feststellen lasse, dass die Beklagte zum damals maßgeblichen Zeitpunkt deren Kursrelevanz habe erkennen müssen. Insoweit sei entscheidend, ob sie die tatsächlich eingetretene weitere Entwicklung, d.h. die nur durch Kombination zweier so noch nie da gewesener und nicht vorhersehbarer Ereignisse - Sperrung der Kreditlinie durch die Bank und Zusammenbruch des ABCP-Marktes - bewirkte existenzgefährdende Zuspitzung der Lage erkannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt und dennoch von der Veröffentlichung abgesehen habe. Allein der sich aus Ex-post-Sicht ergebende - berechtigte - Vorwurf einer Fehleinschätzung trage diese Annahme nicht.
12
Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 20a WpHG scheitere schon daran, dass § 20a WpHG kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB sei. Das Verbot der Kurs- und Marktmanipulation diene ausweislich der Gesetzesbegründung der Wahrung der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und organisierten Märkten. Der lediglich mittelbar bewirkte Anlegerschutz reiche - wie Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichthofes zur Vorgängernorm des § 88 BörsG aF zeigten - vor dem Hintergrund des Normzwecks für die Qualifikation von § 20a WpHG als Schutzgesetz nicht aus. Zudem stünden dem Anleger mit §§ 37b, 37c WpHG Anspruchsgrundlagen zur Liquidation eines etwaigen Schadens zur Verfügung.
13
Hinsichtlich eines Anspruchs aus § 826 BGB habe die Beklagte jedenfalls dessen subjektiven Tatbestand nicht verwirklicht. Die dafür nötige besondere Verwerflichkeit des Verhaltens könne nicht bejaht werden. Motiv der Beklagten für die Herausgabe der Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 sei gewesen , am Markt aufgekommene und aus ihrer damaligen Sicht in der Sache unberechtigte Gerüchte über ihre Betroffenheit von der US-Hypothekenkrise zu entkräften und so zu einer Beruhigung der nervösen Situation beizutragen.
14
Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG scheiterten daran, dass die Verhältnisse der Beklagten nicht in "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" unrichtig wiedergegeben worden seien.

II.

15
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hätte mit der von ihm gegebenen Begründung einen Anspruch der Klägerin aus § 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG auf Ersatz des Vertragsabschlussschadens nicht abschließend verneinen dürfen.
16
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings einen Anspruch wegen Veröffentlichung unwahrer Insiderinformationen aus § 37c Abs. 1 Nr. 1 WpHG verneint (ebenso OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. September 2009 - I-6 U 14/09, juris Rn. 59). Bei der Mitteilung vom 20. Juli 2007 handelt es sich schon der äußeren Form nach nicht um eine Ad-hoc Mitteilung nach § 15 WpHG. Sie war nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) der Verordnung zur Konkretisierung von Anzeige-, Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten sowie der Pflicht zur Führung von Insiderverzeichnissen nach dem Wertpapierhandelsgesetz (nachfolgend: WpAIV) ausdrücklich als Ad-hoc-Meldung nach § 15 WpHG, sondern als "Pressemitteilung" bezeichnet. Überdies wurde sie auch nicht gemäß §§ 3a, 5 WpAIV in den Organen der Ad-hoc-Publizität veröffentlicht (vgl. dazu Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 15 Rn. 246, 277 ff.).
17
2. Ebenfalls zu Recht hat das Berufungsgericht mangels planwidriger Regelungslücke eine analoge Anwendung von § 37c Abs. 1 Nr. 1 WpHG abgelehnt (so auch Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 30 mwN; Möllers/Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 71 mwN; Fenchel, DStR 2002, 1355, 1360; Longino, DStR 2008, 2068, 2071). Der Gesetzgeber hat mit den §§ 37b, 37c WpHG bewusst und in Kenntnis (vgl. BT-Drucks. 14/8017 S. 62) des im Bericht der Regierungskommission "Corporate Governance - Unternehmensführung - Unternehmenskontrolle - Modernisierung des Aktienrechts" aus dem Jahr 2001 (Rn. 182, 186) enthaltenen Vorschlags einer allgemeinen zivilrechtlichen Haftung bei fehlerhafter Information des Kapitalmarkts - z.B. auch durch Äußerungen bei Präsentationen, Analystenbesprechungen oder in der Hauptversammlung - im Rahmen des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes (Gesetz vom 21. Juni 2002, BGBl. I S. 2010 ff., nachfolgend : 4. FFG) allein die Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen geregelt. Vor dem Hintergrund der ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8017 S. 62) zu vermeidenden Überregulierung des Anlegerschutzes verbietet sich damit eine analoge Anwendung der Vorschrift, zumal auch ein weitergehender Gesetzentwurf aus dem Jahr 2004 (Kapitalmarktinformationshaftungsgesetz - KapInHaG, dort S. 2 f., 15, abgedruckt in NZG 2004, 1042 ff., siehe dazu Veil, BKR 2005, 91 ff.) zurückgezogen wurde.
18
3. Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG verneint hat. Zwar ist § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG als Schutzgesetz zu qualifizieren (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1723, insoweit nicht in BGHZ 160, 149 abgedruckt). Jedoch waren die am 20. Juli 2007 veröffentlichten Informationen nicht in "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" i.S.v. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG enthalten. Unter Ersteren versteht man alle Berichte, die den Vermögensstand des Unternehmens so umfassend wiedergeben, dass sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Aktiengesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken; Letztere sind Zusammenstellungen von Zahlenmaterialien, insbesondere alle Arten von Bilanzen, die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, WM 2004, 1721, 1723; vgl. auch MünchKommAktG/Kropff, 2. Aufl., § 400 Rn. 19 ff.; Oetker in Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 400 Rn. 7; Park, Kapitalmarktstrafrecht, 2. Aufl., § 400 Rn. 15 f.). Beides hat das Berufungsgericht in rechtsfehlerfreier tatrichterlicher Würdigung wegen der ersichtlich überschlägigen, isolierten und unvollständigen Angaben, die noch keine genauere und umfassende Überprüfung erlauben, sowie wegen des Verweises auf den erst am 14. August 2007 erscheinenden vollständigen Quartalsbericht verneint. Auch die Revision erhebt dagegen keine Einwendungen.
19
4. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG mit der Begründung abgelehnt hat, § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG sei kein Schutzgesetz.
20
a) Ob § 20a Abs. 1 Nr. 1 WpHG als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB zu qualifizieren ist, ist umstritten. Teilweise wird der Schutzgesetzcharakter der Vorschrift unter Hinweis auf den in der Gesetzesbegründung des 4. FFG und des Anlegerschutzverbesserungsgesetzes (Gesetz vom 28. Oktober 2004, BGBl. I S. 2630 ff.; im Folgenden: AnSVG) angesprochenen Gedanken des Anlegerschutzes bejaht (Mock/Stoll/Eufinger in KK-WpHG, § 20a Rn. 427 ff.; Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. § 20a WpHG Rn. VI 156; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1066; Altenhain, BB 2002, 1874, 1875; Ziouvas, ZGR 2003, 113, 142; Ekkenga, ZIP 2004, 781, 792; wohl auch Leisch, ZIP 2004, 1573, 1578). Die herrschende Gegenansicht (Vogel in Assmann /Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 20a Rn. 27 ff.; Möllers in Derleder/Knops/ Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht, 2. Aufl., § 69 Rn. 37; Fuchs/Fleischer, WpHG, § 20a Rn. 154; Maier-Reimer/Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 160; Schönhöft, Die Strafbarkeit der Marktmanipuation gemäß § 20a WpHG, 2006, S. 11 ff.; Eichelberger, Das Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG), 2006, S. 363 ff.; Jungmichel, Haftung und Schadenskompensation bei Verstößen gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 196 ff.; Schwark in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 20a WpHG Rn. 7; Barnert, WM 2002, 1473, 1481; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1864; Rützel, AG 2003, 69, 79; Holzborn/Foelsch, NJW 2003, 932, 938; Spindler, WM 2004, 2089, 2091; Edelmann, BB 2004, 2031, 2032) verneint die Schutzgesetzeigenschaft hauptsächlich deshalb, weil die Norm lediglich öffentlichen Interessen diene. Die letztgenannte Ansicht ist zutreffend.
21
b) Eine Norm ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dann Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (vgl. BGH, Urteile vom 18. November 2003 - VI ZR 385/02, NJW 2004, 356, 357 und vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 26, jeweils mwN). Zudem muss die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen, wobei in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs , in den die Norm gestellt ist, geprüft werden muss, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Verletzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 26, 29 zu § 34a Abs. 1 Satz 1 WpHG und Senatsurteil vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 18 mwN zu § 32 Abs. 2 Nr. 1 WpHG).
22
c) Misst man § 20a Abs. 1 WpHG an diesen Maßstäben, so hat das Berufungsgericht zu Recht angenommen, dass § 20a Abs. 1 WpHG kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB ist.
23
aa) Dem Wortlaut der Bestimmungen des Wertpapierhandelsgesetzes lässt sich nicht allgemein entnehmen, ob und welchen Vorschriften Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB zukommt. Es bedarf daher einer konkreten Einzelnormbetrachtung (BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 27). Aus dem Wortlaut des § 20a WpHG lassen sich indes - neben der für sich allein genommen wenig aussagekräftigen Abwesenheit einer § 15 Abs. 6 WpHG entsprechenden Ausschlussklausel - keine Rückschlüsse auf die Reichweite des vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutzes ziehen.
24
bb) Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 4. FFG findet sich zwar im allgemeinen Teil der Passus, Ziel des Entwurfs sei (auch) die Stärkung des Anlegerschutzes (BT-Drucks. 14/8017 S. 1, 62; vgl. insoweit auch BT-Drucks. 15/3174 S. 1, 26 zum AnSVG); jedoch wird im gleichen Atemzug betont, eine Überregulierung des Anlegerschutzes sei zur Verhinderung der Einschränkung der Wettbewerbsfähigkeit zu vermeiden (BT-Drucks. 14/8017 S. 62). Zudem wird bei der Begründung der konkreten Norm selbst entweder nur auf die aufsichtsrechtliche Komponente der Änderung hingewiesen (BT-Drucks. 14/8017 S. 64) oder allein die durch § 20a WpHG bezweckte Funktionsfähigkeit der Wertpapiermärkte betont (BT-Drucks. 14/8017 S. 89, 99). Da des Weiteren der sachliche Schutzbereich der Vorschrift mit der Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Märkten und Börsen umschrieben wird (BT-Drucks. 14/8017 S. 89, 98), sprechen die Materialien eher gegen einen intendierten Individualschutz. Dies korrespondiert mit der durch das AnSVG umgesetzten (BT-Drucks. 15/3174 S. 1, 37) Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch; ABl. 2003 EG Nr. L 96/03 S. 16), in deren Erwägungsgründen ebenfalls hauptsächlich auf den Schutz der Marktintegrität abgestellt wird (vgl. Gründe (2), (11), (12), (15), (24), (34), (37) und (43)).
25
cc) Die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt dieses Ergebnis. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollte § 20a WpHG nämlich die bisherige Regelung des § 88 BörsG aF ablösen (BT-Drucks. 14/8017 S. 64, 89). Jener kam indes nach übereinstimmender Ansicht des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 742/02, WM 2002, 2207, 2209) und des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 139 f.) keine Schutzgesetzeigenschaft zu. Begründet wurde dies u.a. mit dem - auch auf § 20a WpHG übertragbaren - Gedanken der sonst drohenden Aushöhlung des § 15 Abs. 6 WpHG aF. Dieser würde umgangen, käme man über die Einstufung des § 20a WpHG als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB dennoch zu einer Haftung, die vom Gesetzgeber gerade nicht beabsichtigt war. Vor diesem Hintergrund ist die Tatsache, dass der Gesetzgeber anders als bei § 15 WpHG (BT-Drucks. 14/8017 S. 87) für § 20a WpHG dessen fehlenden Schutzgesetzcharakter in der Gesetzesbegründung nicht klargestellt hat, als Versehen (Fleischer, NJW 2002, 2977, 2979: "Unterlassungssünde") einzustufen.
26
dd) Der Gesetzgeber hat sich in systematischer Hinsicht gegen eine allgemeine deliktische Haftung für Vermögensschäden und für eine Anknüpfung an die Verletzung besonders aufgeführter Rechtsgüter entschieden. Die im deliktischen Haftungssystem auf § 826 BGB beschränkte Gewährleistung eines Vermögensschutzes darf daher nicht durch eine ausufernde Anerkennung von Schutzgesetzen unterlaufen werden (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 20). Nach der Senatsrechtsprechung kommt den in erster Linie aufsichtsrechtlichen Regeln des WpHG folglich keine eigenständige schadensersatzrechtliche Bedeutung zu (Senatsurteile vom 19. Dezember 2006 - XI ZR 56/05, BGHZ 170, 226 Rn. 18 und vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 16). Berücksichtigt man ferner, dass seit Einführung der §§ 37b, 37c WpHG autonome Anspruchsgrundlagen in Fällen der Verletzung von Veröffentlichungspflichten existieren, die gezielt nur für den Bereich der Ad-hoc-Mitteilungen geschaffen wurden, kann auch nicht mehr argumentiert werden, der gesetzgeberisch mitbeabsichtigte Anlegerschutz lasse sich effektiv nur durch eine (weitere) deliktische Haftung verwirklichen (zu diesem Kriterium als Voraussetzung für die Anerkennung einer Norm als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB: BGH, Urteil vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, BGHZ 186, 58 Rn. 29).
27
5. Rechtlich nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das Berufungsgericht eine Informationsdeliktshaftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat.
28
Wie das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157 f. und II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1730) zutreffend ausgeführt hat, genügt für die Annahme der Sittenwidrigkeit weder der Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift noch die Tatsache eines eingetretenen Vermögensschadens ; vielmehr muss sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben. Zwar kann diese Verwerflichkeit bei einer direkt vorsätzlichen unlauteren Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch eine grob unrichtige Ad-hoc-Mitteilung - an der es vorliegend fehlt - indiziert sein (vgl. BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 157 f. und II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1730), jedoch bedarf es immer einer Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände.
29
Diese hat das Berufungsgericht gewürdigt. Dabei hat es in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Sittenwidrigkeit verneint. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters und nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen die Denk- und Erfahrungsgesetze verstößt (vgl. Senatsurteil vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 38; BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729 und vom 30. Oktober 2007 - VI ZR 132/06, NJW 2008, 571, Rn. 8 mwN). Derartige Rechtsfehler weist das - insoweit von der Revision auch nicht angegriffene - Urteil nicht auf.
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6. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht dagegen einen Anspruch der Klägerin aus § 37b Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 1 WpHG auf Ersatz des für die Aktien gezahlten Kaufpreises verneint.
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Nach § 37b Abs. 1 Nr. 1 WpHG hat ein börsennotiertes Unternehmen einem Anleger den Schaden zu ersetzen, der diesem dadurch entstanden ist, dass er Finanzinstrumente zu einem Zeitpunkt erworben hat, in dem das Unternehmen Insiderinformationen hätte veröffentlichen müssen, dies jedoch schuldhaft unterlassen hat. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 WpHG muss ein Inlandsemittent von Finanzinstrumenten Insiderinformationen, die ihn unmittelbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen. Eine Insiderinformation ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen Emittenten von Insiderpapieren beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen.
32
a) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin nach diesen Vorschriften mit der Begründung verneint, es könne dahingestellt bleiben, ob die Beklagte vor dem 27. Juli 2007 zu einer Ad-hoc-Mitteilung über die Höhe ihres unmittelbaren und mittelbaren Engagements in USSubprimes verpflichtet gewesen sei, da sich jedenfalls nicht feststellen lasse, dass die Beklagte die Kursrelevanz habe erkennen müssen, weil die nachfolgende Entwicklung nicht vorhersehbar gewesen sei.
33
b) Da das Berufungsgericht die - maßgeblich nach einer tatrichterlichen Würdigung der Umstände zu beurteilende - Verpflichtung der Beklagten zur Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung trotz gewisser Zweifel letztlich ausdrücklich offen gelassen hat, ist ihr Bestehen hier zugunsten der Klägerin zu unterstellen. Stellt sich aber die Höhe des Subprime-Anteils der jeweiligen Investments der Beklagten als eine gemäß § 15 WpHG veröffentlichungspflichtige Insiderinformation dar, erweist sich das Abstellen des Berufungsgerichts auf die Vorhersehbarkeit einer "existentiellen Bedrohung" der Beklagten bzw. des "Szenario[s] vom 27.07.2007", also der Kreditliniensperrung durch die Bank und des zeitgleichen Zusammenbruchs des ABCP-Marktes als rechtsfehlerhaft. Denn für einen Schadensersatzanspruch aus § 37b Abs. 1 WpHG kommt es allein darauf an, ob die Beklagte dessen objektive Voraussetzungen, insbesondere das Kursbeeinflussungspotential der Information "Höhe des Subprime -Anteils" kannte oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Hierfür statuiert § 37b Abs. 2 WpHG - was das Berufungsgericht außer Acht lässt - zu- gunsten des geschädigten Anlegers eine gesetzliche Vermutung, die die Beklagte zu widerlegen hatte. Dazu fehlt es zum einen an Feststellungen. Zum anderen folgt aus der Veröffentlichung der Presseerklärung vom 20. Juli 2007, dass die Verantwortlichen der Beklagten die Kursrelevanz des SubprimeEngagements zu diesem Zeitpunkt kannten. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang , ob - was das Berufungsgericht verneint und worauf auch die Revisionserwiderung abstellt - die Klägerin ausreichend dargelegt hat, die Beklagte habe die sich aus den unmittelbaren und mittelbaren Investments ergebenden Risiken nicht aus eigener Kraft auffangen oder sich im Umfang einer Inanspruchnahme am Interbankenmarkt nicht refinanzieren können. Die Tatsache der Veröffentlichung der Pressemitteilung zum Thema Auswirkungen der USHypothekenkrise am 20. Juli 2007 belegt im Gegenteil, dass der Beklagten spätestens zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung der Höhe ihres SubprimeEngagements für das bereits sensibilisierte Marktpublikum sehr wohl bewusst war. Nicht ohne Grund hat sie dort hervorgehoben, den Investitionsschwerpunkt in anderen Portfolien gesetzt zu haben.

III.

34
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
35
1. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung handelt es sich bei der Höhe des Subprime-Engagements der Beklagten um eine Insidertatsache, die die Beklagte in einer Ad-hoc-Mitteilung zeitlich vor dem Erwerbsgeschäft der Klägerin hätte veröffentlichen müssen.
36
a) Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass es sich bei der Höhe des Subprime-Anteils der unmittelbar eigenen Investments der Beklagten sowie derjenigen der mit der Beklagten verbundenen Zweckgesellschaften um konkrete Informationen i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG handelt (vgl. dazu auch Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 7 f., 11; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 12, 23). Denn sie beziehen sich auf Tatsachen, die jedenfalls präzise genug sind, um den Schluss auf die mögliche Auswirkung dieser Umstände auf die Kurse von Finanzinstrumenten zuzulassen (BT-Drucks. 15/3174 S. 34).
37
aa) Hinsichtlich beider Investments ist der in § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG weiter geforderte Selbstbezug gegeben, da dieser sowohl ein direkter wie auch ein indirekter sein kann, sodass auch eine bloß mittelbare Betroffenheit - wie durch das über Liquiditätslinien und Beratungsmandate bewirkte Engagement der Beklagten in die Zweckgesellschaften - ausreicht (vgl. BT-Drucks. 15/3174 S. 33; Emittentenleitfaden der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Stand 15. Juli 2005, S. 21; dazu Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 43; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 39 f.).
38
bb) Diese Informationen betreffen entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung auch nicht öffentlich bekannte Umstände im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG. Denn nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich zwar die (direkte und indirekte) Tätigkeit der Beklagten auf dem verbrieften internationalen Kreditportfoliomarkt aus den Geschäftsberichten der Jahre 2002 bis 2007 ersehen, die genaue Zusammensetzung dieser Engagements und insbesondere der entscheidende, darin jeweils enthaltene Subprime-Anteil geht daraus jedoch nicht hervor. Dieser ergibt sich erst aus dem nach der Krise im Februar 2008 veröffentlichten "Geänderten Geschäftsbericht". Soweit die Revisionserwiderung ferner auf die vom Berufungsgericht erörterte, nach damaligen Standards ordnungsgemäße Bilanzierungspraxis der Beklagten und die Ausweisung der aus den Beratungsmandaten und dem Stellen der Liquiditätslinien erwachsenen Verbindlichkeiten in der Bilanz abhebt, geht auch daraus der jeweils konkrete Subprime-Anteil nicht hervor.
39
cc) Bei der Höhe des Subprime-Anteils der von den Zweckgesellschaften getätigten Investments handelt es sich - anders als die Revisionserwiderung meint - auch um eine die Beklagte unmittelbar betreffende Information (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Eine Insiderinformation betrifft den Emittenten insbesondere dann unmittelbar, wenn sie sich auf Umstände bezieht, die in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind (§ 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG). Das nach den Feststellungen des Berufungsgerichts den angesprochenen Verkehrskreisen bekannte Engagement über Beratungsmandate und die Gewährung von Liquiditätslinien in den RFCCC, der seinerseits wiederum nahezu ausschließlich in verbriefte internationale Forderungsportfolien investierte, geht auf eine Unternehmensentscheidung der Beklagten zurück und hat bei Ziehen der gestellten Liquiditätslinien direkte Auswirkung auf das Ergebnis der Beklagten. Damit bezieht sich der Ausfall der Subprimes auf Umstände aus dem Tätigkeitsbereich des Emittenten i.S.v. § 15 Abs. 1 Satz 3 WpHG. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es für den Anleger nicht entscheidend darauf an, ob sich die existentielle Krise der Beklagten aus eigenen Investments oder denen des vertraglich mit ihr verbundenen RFCCC ergibt.
40
b) Die Information über die Höhe des Subprime-Anteils der Investments der Beklagten war auch geeignet, bei ihrem Bekanntwerden den Kurs der Aktie der Beklagten erheblich zu beeinflussen i.S.v. § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG.
41
aa) Das Kursbeeinflussungspotential einer Information ist in objektivnachträglicher , auf den Zeitpunkt des Insiderhandelns abstellender Ex-antePrognose zu ermitteln (so auch die herrschende Meinung, vgl. Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 54 f.; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 42 f. jeweils mwN). Maßgeblich ist danach weder, ob der Handelnde die Information für kurserheblich hielt oder nicht, noch, ob der Kurs des betroffenen Papiers nach Bekanntwerden der Information tatsächlich eine Veränderung erfährt. Zwar kann der faktische Kursverlauf des Insiderpapiers nach Veröffentlichung dann Indizwirkung haben, wenn andere Umstände als das öffentliche Bekanntwerden der Insiderinformation für die erhebliche Kursänderung praktisch ausgeschlossen werden können (Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 55; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 42). Der Revisionserwiderung ist aber zuzugeben, dass es daran hier schon deshalb fehlt, weil mit der zwischenzeitlich erfolgten Sperrung der Kreditlinie durch die Bank und dem Zusammenbruch des ABCP-Marktes weitere Ursachen für den tatsächlichen Wertverlust der Aktie der Beklagten nach Veröffentlichung der Information durch die Ad-hoc-Mitteilung vom 30. Juli 2007 vorhanden sind. Ausschlaggebend ist nach § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG vielmehr, ob ein verständiger - also mit den Marktgegebenheiten vertrauter, börsenkundiger (Assmann in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 13 Rn. 58; Pawlik in KK-WpHG, § 13 Rn. 87) - Anleger die Information über den Subprime-Anteil der Investments der Beklagten bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigt hätte.
42
bb) Anders als das Berufungsgericht meint, gehörte zu den in diese Anlageentscheidung einzustellenden Marktverhältnissen schon vor dem 26. Juli 2007 die - unstreitige - Existenz einer substantiellen Krise auf dem SubprimeMarkt sowie die gerade deswegen schon erfolgten und der Beklagten bekannten objektiven Marktreaktionen.
43
Nach den unangegriffenen und rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts wurden nämlich seit Mitte Juli 2007 Subprimes von den RatingAgenturen herabgestuft. Es kamen Gerüchte auf, denen zufolge die Beklagte gerade wegen ihres Engagements auf dem US-Subprime-Markt ein substantielles Risiko treffe. Zugleich fiel der Aktienkurs der Beklagten, während die Aufschläge auf die variable Grundverzinsung der Beklagten (die sog. BondSpreads ) wegen eines vermuteten erhöhten Ausfallrisikos stiegen. Die Preise für von der Beklagten emittierte Anleihen sanken hingegen. Vor diesem Hintergrund kann die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, dass das eigene Engagement der Beklagten "nach damals gängigen Kriterien nicht sehr riskant" und "der Anteil an Subprimes in den Portfolien nach damals gängiger Auffassung und Einschätzung für das in dem konkreten Investment liegende Risiko nicht von besonderer Aussagekraft" gewesen sei, weil man sich an der Einschätzung von Rating-Agenturen orientiert habe, jedenfalls nicht mehr für den Zeitpunkt der Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 gelten, weil sie insoweit überholt ist.
44
Danach erhielt die Höhe des Subprime-Engagements ihre Kursrelevanz und damit auch ihren Charakter als veröffentlichungspflichtige Insiderinformation im Sinne von § 13 WpHG nicht - wie die Revisionserwiderung mit ihrem Hinweis auf die ungefährdete Bonität der Beklagten wohl geltend machen will - erst durch die konkrete Wahrscheinlichkeit eines bevorstehenden Marktzusammenbruchs und einer der Beklagten daraus drohenden Existenzkrise, sondern vielmehr aus den schon Mitte Juli 2007 erfolgten allseits negativen Marktreaktionen hinsichtlich der Subprimes. Ein verständiger Anleger - der auch irrationale Reaktionen anderer Marktteilnehmer zu berücksichtigen hat (vgl. Fuchs/Mennicke/Jakovou, WpHG, § 13 Rn. 142, 149) - hätte daher bei einem derart hochsensiblen Markt bereits seit Mitte Juli 2007, spätestens jedoch am 20. Juli 2007 dem - vom Berufungsgericht festgestellten - Subprime-Anteil von 38,5% bei den eigenen Investments der Beklagten bzw. rund 90% bei denen der mit der Beklagten verbundenen Zweckgesellschaften ein erhebliches Kursbeeinflussungspotential zugeschrieben. Damit korrespondiert auch der - eine norminterpretierende Verwaltungsvorschrift darstellende (BGH, Urteil vom 25. Februar 2008 - II ZB 9/07, WM 2008, 641 Rn. 24) - Emittentenleitfaden der BaFin (Stand 15. Juli 2005, S. 43 f.), der zu den veröffentlichungspflichtigen Insiderinformationen u.a. den Ausfall wesentlicher Schuldner und erhebliche außerordentliche Aufwendungen zählt.
45
cc) Die jedem Emittenten im Rahmen des Tatbestandsmerkmals der Unverzüglichkeit (§ 15 Abs. 1 Satz 1 WpHG) zuzubilligende Prüffrist, ob tatsächlich eine Ad-hoc-Publizitätspflicht besteht (dazu Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 43a; Assmann, ebd., § 15 Rn. 249; Möllers/ Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 200; Zimmer/Grotheer in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 37c WpHG Rn. 66; Fuchs/Pfüller, WpHG, § 15 Rn. 261), war jedenfalls am 20. Juli 2007 abgelaufen. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, wurde an diesem Tag vom Vorstandsvorsitzenden der Beklagten die Pressemitteilung gerade wegen der Gerüchte um eine substantielle Betroffenheit der Beklagten von der US-Hypothekenkrise und zur Beruhigung der nervösen Situation veröffentlicht. Dennoch finden sich dort keinerlei Angaben zur genauen Höhe des SubprimeAnteils der von der Beklagten direkt oder indirekt getätigten Investments.
46
Zwar wird unter Hinweis auf eine Studie der Ratingagentur Moody’s ein- geräumt, von den "Unsicherheiten im US-Hypothekenmarkt" in einem einstelligen Millionenbereich betroffen zu sein, sodann aber eine weitere Studie von Standard & Poor’s angeführt, nach der die Beklagte"in keinerlei Hinsicht" Aus- wirkungen zu befürchten habe. Begründet wird dies im folgenden Satz damit, dass den Schwerpunkt der Engagements der Beklagten Investments in Portfo- lien von Unternehmenskrediten bildeten. Abgesehen davon, dass nach dem oben Ausgeführten gerade der genaue Anteil der hoch marktsensiblen Subprimes zu veröffentlichen gewesen wäre - der bei den unmittelbaren Engagements bei 38,5% lag - vermittelt dieser Nachsatz noch dazu den unzutreffenden Eindruck , auch bei den mittelbaren Engagements betrage der Subprime-Anteil weit weniger als der konservativer Investments, während er tatsächlich bei rund 90% lag.
47
2. Der Anspruch aus § 37b Abs. 1 WpHG umfasst entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung die von der Klägerin Zug um Zug begehrte Rückgängigmachung des Erwerbsgeschäfts.
48
a) Die Frage nach dem Umfang des von §§ 37b, 37c WpHG gewährten Schadensersatzes ist - soweit ersichtlich - in der Rechtsprechung bisher lediglich vom Landgericht Hamburg (Urteil vom 10. Juni 2009 - 329 O 377/08, juris Rn. 36) behandelt worden und in der Literatur umstritten.
49
Eine Meinung billigt dem geschädigten Anleger im Rahmen der §§ 37b, 37c WpHG lediglich einen Anspruch auf Ersatz der Kursdifferenz - im vorliegenden Fall also zwischen dem tatsächlichen Kaufpreis und dem Preis, der bestanden hätte, hätte die Beklagte die Insiderinformation rechtzeitig veröffentlicht - zu (Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 70 ff. mwN; Fuchs, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 34 f.; Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht , 3. Aufl., § 37c WpHG Rn. 7; Zimmer/Grotheer in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 37c WpHG Rn. 86 ff.; Maier-Reimer/ Paschos in Habersack/Mülbert/Schlitt, Handbuch der Kapitalmarktinformation, § 29 Rn. 129 ff.; Grundmann in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl. § 37c WpHG Rn. VI 376; Engelhardt, BKR 2006, 443, 447; Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1068 f.; Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 ff.; ders., DB 2004, 2031, 2035; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 654 f.; Hopt/Voigt, WM 2004, 1801, 1804; Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1860 f.; Rützel, AG 2003, 69, 79; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1635 ff.; Longino, DStR 2008, 2068, 2071; Reichert/Weller, ZRP 2002, 49, 55; Jungmichel, Haftung und Schadenskompensation bei Verstößen gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten, 2007, S. 155 ff.).
50
Die Gegenansicht sieht auch die Rückgängigmachung des Wertpapiergeschäfts als von den §§ 37b, 37c WpHG umfasst an (Möllers/Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c, Rn. 240 ff. mwN; Oulds in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., Rn. 14.267; Büche, Die Pflicht zur Ad-hoc-Publizität als Baustein eines integeren Finanzmarkts, 2005, S. 146; Dogan, Ad-hocPublizitätshaftung , 2005, S. 101 ff.; Dühn, Schadensersatzhaftung börsennotierter Aktiengesellschaften für fehlerhafte Kapitalmarkinformation, 2003, S. 179 f.; Kissner, Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit für Ad-hoc-Mitteilungen, 2002, S. 159; Hennrichs in Festschrift Kollhosser, 2004, Band II, S. 201, 206 f.; Rössner/Bolkart, ZIP 2002, 1471, 1475; Leisch, ZIP 2004, 1573, 1575; EscherWeingart /Lägeler/Eppinger, WM 2004, 1845, 1848 ff.). Die letztgenannte Auffassung trifft zu.
51
b) Ausgangspunkt der Betrachtung muss § 249 BGB als Basisnorm des gesamten Schadensrechts sein, die den Grundsatz der Totalreparation statuiert. Zwar ergibt sich daraus für den von § 37b WpHG geregelten Fall der unterbliebenen Ad-hoc-Mitteilung nicht, welcher hypothetische Zustand bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten - mithin die Beklagte ihrer Publizitätspflicht aus § 15 WpHG rechtzeitig nachgekommen - wäre; unter Hinweis auf die nach diesem Prinzip ohne Abstriche zu leistende Kompensation gelangt die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei Informationspflichtverletzungen jedoch im Regelfall zu einer schadensrechtlichen Rückabwicklung (vgl. zur Prospekthaftung im engeren Sinn: BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89, BGHZ 115, 213, 220 mwN; zu vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzungen: Senatsurteile vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239 f. und vom 29. Juni 2010 - XI ZR 104/08, BGHZ 186, 96 Rn. 46 mwN; zu Informationsdefiziten im Rahmen von Beratungsverträgen: Senatsurteil vom 22. März 2011 - XI ZR 33/10, WM 2011, 682 Rn. 40; zur Haftung für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen im Rahmen von § 826 BGB: BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 153 f. und II ZR 217/03, WM 2004, 1726, 1729 bzw. zu § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG: BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359; in diesem Sinne ausdrücklich auch §§ 44 Abs. 1 Satz 1 BörsG, 13 Abs. 1, 13a Abs. 1 Satz 1 VerkProspG, 127 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 InvG).
52
Allerdings führt der Verstoß gegen eine Rechtspflicht nur zum Ersatz desjenigen Schadens, dessen Eintritt die Einhaltung der Pflicht verhindern soll (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1990 - XI ZR 63/89, NJW 1990, 2057, 2058, vom 3. Dezember 1991 - XI ZR 300/90, BGHZ 116, 209, 212 und vom 20. März 2007 - XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rn. 21 f., 28, 42). Daher kommt im vorliegenden Fall eine Einschränkung des Anspruchsumfangs dann in Betracht, wenn die verletzte Publizitätspflicht aus § 15 WpHG dies gebietet. Dafür bieten indes weder Wortlaut und Entstehungsgeschichte noch Systematik oder Sinn und Zweck der §§ 37b, 37c WpHG hinreichende Anhaltspunkte.
53
aa) Auch wenn der Wortlaut der §§ 37b, 37c WpHG die in § 13 WpHG legaldefinierte Insiderinformation in Bezug nimmt, lässt sich daraus keine Beschränkung auf die Ersatzfähigkeit lediglich des Kursdifferenzschadens herleiten. Denn der in § 13 Abs. 1 Satz 2 WpHG enthaltene Hinweis auf die Anlageentscheidung eines verständigen Anlegers - und damit die ihr zeitlich vorangehende Willensbildung - ist nur für die Eignung der Information zur erheblichen Kursbeeinflussung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 WpHG bedeutend. Eine Aussage über die Rechtsfolge ist damit nicht verbunden. Gleiches gilt für die Formulierung in § 37b Abs. 1 WpHG, nach der der Emittent "zum Ersatz des durch die Unterlassung entstandenen Schadens verpflichtet" ist. Denn dazu, welchen Umfang dieser Anspruch hat, verhält sich die Norm nicht. Ganz im Gegenteil findet sich in § 37c Abs. 1 WpHG der auf das negative Interesse hindeutende Passus, der Emittent sei "zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dadurch entsteht, dass der Dritte auf die Richtigkeit der Insiderinformation vertraut". Die damit vorausgesetzte Kausalität von Ad-hoc-Mitteilung und Anlageentschluss wäre überflüssig, führte die Norm lediglich zum Ersatz der Kursdifferenz. Die Formulierung daher als gesetzgeberisches Redaktionsversehen abzutun (so Maier-Reimer/Webering, WM 2002, 1857, 1861), überzeugt schon deshalb nicht, weil einerseits in der Gesetzesbegründung des 4. FFG (BT-Drucks. 14/8017 S. 93 f.) der Wunsch nach einem Gleichlauf der Haftung im Rahmen der nahezu identisch formulierten §§ 37b, 37c WpHG zum Ausdruck kommt, und andererseits eine "Korrektur" durch das nachfolgende AnSVG unterblieben ist.
54
bb) Der systematische Zusammenhang, in den die §§ 37b, 37c WpHG eingebettet sind, spricht ebenfalls nicht für eine Beschränkung des Schutzumfangs. Anknüpfungspunkt der dort normierten Haftung ist die Zuwiderhandlung gegen die in § 15 WpHG geregelte Publizitätspflicht. Während derartige Verstöße vor Geltung des 4. FFG wegen § 15 Abs. 6 WpHG aF nur dann Ansprüche nach sich zogen, wenn sie sich aus Vorschriften außerhalb des WpHG ergaben (BT-Drucks. 12/7918 S. 102: § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB), stellt das WpHG seit Geltung der §§ 37b, 37c WpHG nunmehr eigene Anspruchsgrundlagen zur Verfügung, weshalb § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG entsprechend angepasst wurde. Über deren Reichweite ist damit noch keine Aussage getroffen.
55
cc) Die zur Auslegung der Normen heranzuziehenden Gesetzesmaterialien sind in Bezug auf den Umfang des ersatzfähigen Schadens bestenfalls ambivalent. Im allgemeinen Teil der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8017) finden sich sowohl - für eine Beschränkung auf die Kursdifferenz sprechende - Bezugnahmen auf die "Integrität und Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes" (S. 62) sowie die "Herstellung von Transparenz an den Kapitalmärkten" (S. 63) als auch die offen artikulierte Absicht der Stärkung des als unzureichend bemängelten Anlegerschutzes (S. 62, 64, 93). Bei der Behandlung der konkreten Normen spricht die Begründung schließlich einerseits davon, der Anleger habe die Wertpapiere infolge der Verletzung der Veröffentlichungspflicht "zu teuer" oder "zu billig" erworben und "dadurch [sei] ein Schaden entstanden" (S. 93, 94); andererseits wird auf die Kenntnis des Anlegers von der negativen Tatsache abgestellt (S. 93), auf die es bei Beschränkung auf die bloße Kursdifferenz indes - wie oben unter aa) ausgeführt - nicht ankommt. Darüber hinaus wird stets und in Anlehnung an § 249 Abs. 1 BGB ohne Einschränkung betont, der Anleger sei so zu stellen, "als ob der Emittent seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt hätte" (S. 93, 94).
56
dd) Berücksichtigt man ferner, dass es bei § 15 WpHG als Kardinalnorm der Ad-hoc-Publizitätspflicht jetzt heißt, diese solle "dazu beitragen, dass Marktteilnehmer frühzeitig über marktrelevante Informationen verfügen, damit sie sachgerechte Anlageentscheidungen treffen können" (BT-Drucks. 14/8017, S. 87; vgl. auch die Wiederholung im Regierungsentwurf zum AnSVG in BT-Drucks. 15/3174, S. 34), wird der gegenüber dem Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz (nachfolgend: 2. FFG) geänderte Schutzzweck der Veröffentlichungspflicht erkennbar. Während § 15 WpHG dort noch ausschließlich der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes diente (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BT-Drucks. 12/7918 S. 102), bezweckt er nunmehr auch den Schutz des individuellen Anlegers vor auf unzutreffenden Marktinformationen beruhenden Anlageentscheidungen. Dann ist es nur folgerichtig , die Rechtsgeschäfte, die infolge von Verstößen gegen die Publizitätspflicht zustande kommen, rückgängig machen zu können.
57
ee) Dem kann nicht entgegengehalten werden, § 15 WpHG sei kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (so aber wohl Assmann in Assmann /Schneider, WpHG, 5. Aufl., § 15 Rn. 27 f., unter Bezugnahme auf das zu § 15 WpHG aF ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02, BGHZ 160, 149, 154). Der Umstand, dass §§ 37b, 37c WpHG in Abkehr zur früheren Rechtslage ausdrücklich einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch gewähren, belegt den nunmehr durch § 15 WpHG nF (auch) intendierten unbeschränkten Individualschutz.
58
ff) Dem Ersatz des Vertragsabschlussschadens steht auch nicht die Überlegung entgegen, dem Emittenten werde damit das allgemeine Marktrisiko aufgebürdet (so vor allem Fleischer, BB 2002, 1869, 1871; ders. DB 2004, 2031, 2035; Hutter/Leppert, NZG 2002, 649, 655; Zimmer/Grotheer in Schwark/ Zimmer, Kapitalmarktrechtskommentar, 4. Aufl., § 37c WpHG Rn. 89; Fuchs/ Dühn, BKR 2002, 1063, 1069; Mülbert/Steup, WM 2005, 1633, 1637: "drohende Übermaßhaftung"). Denn schon die dieser Argumentation unausgesprochen zugrunde liegende Annahme, der Emittent habe nur das Risiko der Irreführung zu tragen, während die aufgrund allgemeiner (ungünstiger) Marktentwicklung eingetretenen Schäden grundsätzlich beim Kunden zu verbleiben hätten, erweist sich als unzutreffend. Wie schon der - auch im Schadensersatzrecht in Bezug genommene (vgl. §§ 281 Abs. 5, 283 Satz 2 BGB) - § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB zeigt, verbleibt die Gefahr der zufälligen Verschlechterung der zurück zu gewährenden Sache generell beim Schädiger. Dementsprechend kommt die Rechtsprechung nicht nur bei vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzungen im Regelfall zu einem auf dem Grundsatz der Totalreparation (§ 249 Abs. 1 BGB) fußenden uneingeschränkten Schadensersatzanspruch (vgl. nur Senatsurteile vom 9. Juni 1998 - XI ZR 220/97, ZIP 1998, 1306, 1308 und vom 19. Dezember 2000 - XI ZR 349/99, BGHZ 146, 235, 239 f. jeweils mwN), sondern auch bei einer Verletzung der aktienrechtlichen Publizitätspflicht des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG (BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1359). Das muss mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ebenso im Rahmen der wertpapierhandelsrechtlichen Veröffentlichungspflicht der §§ 37b, 37c WpHG gelten, denn die infolge allgemeiner Marktrisiken eingetretene Vermögensminderung ist trotzdem (auch) Folge der durch die unrichtige bzw. unterbliebene Ad-hoc-Mitteilung bedingten Investitionsentscheidung des Anlegers.
59
3. Aufgrund des gegenwärtigen Sach- und Streitstandes ist offen, ob das pflichtwidrige Unterlassen der Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung auch ursächlich für die Anlageentscheidung der Klägerin war, sodass über den Schadensersatzanspruch der Klägerin nicht abschließend entschieden werden kann.
60
a) Die Kausalität kann nicht verneint werden, weil das Berufungsgericht im unstreitigen Teil des Tatbestandes des Berufungsurteils (S. 5) festgestellt hat, am 25. Juli 2007 sei der Kurs der Aktie der Beklagten regelrecht eingebrochen. Zwar hätte sich ein Käufer, der nur einen Tag nach einem massiven Kursverlust Aktien erwirbt, nach der Lebenserfahrung auch durch eine diesem Kursverfall vorangehende - ebenfalls negative - Ad-hoc-Meldung kaum von seinem Kaufentschluss abbringen lassen. Die genannten Feststellungen des Berufungsgerichts stehen jedoch in Widerspruch zu dem Kursverlauf, wie er aus der auf Seite 4 des Berufungsurteils insoweit ausdrücklich in Bezug genommenen Anlage B ersichtlich ist. Damit ist der Tatbestand des Berufungsurteils - was der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen hatte (vgl. BGH, Urteil vom 17. März 2011 - I ZR 170/08, juris Rn. 11 mwN) - in Bezug auf den angeblichen Kurseinbruch vom 25. Juli 2007 widersprüchlich und nicht bindend (vgl. schon Senatsurteil vom 15. April 1997 - XI ZR 105/96, NJW 1997, 1917, insoweit nicht in BGHZ 135, 202 abgedruckt; BGH, Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 381/03, NJW-RR 2005, 962, 963). Der festgestellte Kurs, zu dem der Zedent am 26. Juli 2007 kaufte, lag bei 23,77 € und damit 0,03 € bzw. 0,18 € unter den aus der Anlage B ersichtlichen Kursen vom 25. Juli 2007 (23,80 €) und 24. Juli 2007 (23,95 €). Von einem regelrechten Kurseinbruch der Aktie der Beklagten vom 24. auf den 25. Juli 2007 kann daher bei einem Verlust von lediglich 0,62% bezogen auf die jeweiligen Schlusskurse keine Rede sein. Vielmehr brach der Kurs erst nach Veröffentlichung der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. Juli 2007 ein.
61
b) Die Kausalität kann mangels Feststellungen des Berufungsgerichts aber auch nicht bejaht werden. Auch kommen dem Anleger im Rahmen des von ihm zu erbringenden Kausalitätsnachweises bei §§ 37b, 37c WpHG grundsätzlich keine Beweiserleichterungen zugute.
62
aa) Die Anwendung der vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätze zur "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" bei der Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher Aufklärungspflichten oder der zivilrechtlichen Prospekthaftung im engeren Sinne (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 5. Juli 1973 - VII ZR 12/73, BGHZ 61, 118, 120 ff.; Senatsurteil vom 16. November 1993 - XI ZR 214/92, BGHZ 124, 151, 159 f.; BGH, Urteil vom 22. März 2010 - II ZR 203/08, juris Rn. 22 f., jeweils mwN) kommt nicht in Betracht. Diese Vermutung sichert das Recht des Anlegers, der konkret in eine Anlage investieren will, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden, ob er in ein bestimmtes Projekt investiert oder nicht (vgl. BGH aaO). Diese Konkretisierung auf eine bestimmte Anlageentscheidung fehlt der Ad-hoc-Mitteilung, auch wenn durch sie der Kurs eines Finanzinstruments beeinflusst werden kann und dadurch auch Reaktionen der Anleger ausgelöst werden können.
63
bb) Eine analoge Anwendung der in § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG für die Börsenprospekthaftung in Bezug auf die haftungsbegründende Kausalität statuierten Beweislastumkehr scheidet mangels planwidriger Regelungslücke aus. Obwohl dem Gesetzgeber bekannt war (vgl. BT-Drucks. 13/8933 S. 76, 80), dass der dem Anleger obliegende Beweis der Ursächlichkeit unrichtiger Publizität für die von ihm getroffene Anlageentscheidung nahezu unmöglich ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 144), hat er keine der mannigfaltigen Änderungen des WpHG zum Anlass genommen, die §§ 37b, 37c WpHG insofern an § 45 Abs. 2 Nr. 1 BörsG anzugleichen.
64
cc) Die von der Rechtsprechung zur Prospekthaftung nach dem Börsengesetz alter Fassung entwickelten Grundsätze des Anscheinsbeweises bei Vorliegen einer "Anlagestimmung" sind auf den vorliegenden Fall einer Haftung aus § 37b WpHG nicht zu übertragen (vgl. zu § 826 BGB schon BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 144 ff.). Da es hier um einen Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Ad-hoc-Mitteilung geht, fehlt es schon an positiven Signalen, die ggfs. von einer (falschen) Ad-hoc-Mitteilung ausgehen, und damit an einem Anknüpfungspunkt für eine einzelfallbezogene konkrete Anlagestimmung (dazu BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 146 f.; Beschluss vom 28. November 2005 - II ZR 80/04, WM 2007, 683 Rn. 9 f.).

IV.

65
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
66
1. Das Berufungsgericht wird - nachdem es den Parteien die Möglichkeit zu ergänzendem Vortrag gegeben hat - vor allem Feststellungen zur Kausalität der unterbliebenen Ad-hoc-Mitteilung über die Höhe des Subprime-Engagements der Beklagten und der Kaufentscheidung des Zedenten vom 26. Juli 2007 zu treffen haben. Dabei wird das Berufungsgericht die zeitliche Nähe der Kaufentscheidung des Zedenten zur Veröffentlichung der die Lage der Beklagten beschönigenden Pressemitteilung vom 20. Juli 2007 zu berücksichtigen haben (zu diesem Kriterium bereits BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03, BGHZ 160, 134, 146 und vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358,

1361).

67
2. Für den Fall, dass der Klägerin der Kausalitätsnachweis zwischen unterbliebener Ad-hoc-Mitteilung und Kaufentschluss des Zedenten nach den oben genannten Maßstäben nicht gelingen sollte, weist der Senat darauf hin, dass dann jedenfalls der Kursdifferenzschaden ersatzfähig ist. Hierfür kommt es im Rahmen von § 37b WpHG nicht darauf an, ob der Zedent bei rechtzeitiger Veröffentlichung der Insiderinformation vom Kauf der Aktien Abstand genommen hätte; er muss lediglich darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass - wäre die Ad-hoc-Mitteilung rechtzeitig erfolgt - der Kurs zum Zeitpunkt seines Kaufs niedriger gewesen wäre (Möllers/Leisch in KK-WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 356 f. und Sethe in Assmann/Schneider, WpHG, 5. Aufl., §§ 37b, 37c Rn. 83, jeweils mwN).
68
Sollte das Berufungsgericht die Entstehung eines derartigen Kursdifferenzschadens als erwiesen ansehen, wird es auch Feststellungen zu dessen Höhe (zur grundsätzlichen Ermittelbarkeit bereits BGH, Urteil vom 9. Mai 2005 - II ZR 287/02, WM 2005, 1358, 1361) bzw. den für eine Schätzung nach § 287 ZPO nötigen Schätzgrundlagen zu treffen haben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteile vom 16. Dezember 1963 - III ZR 47/63, juris Rn. 17 ff.; vom 22. Mai 1984 - III ZR 18/83, BGHZ 91, 243, 256 f.; vom 17. Juni 1992 - I ZR 107/90, BGHZ 119, 20, 30 f.; vom 12. Oktober 1993 - X ZR 65/92, NJW 1994, 663, 664 f.; vom 1. Februar 2000 - X ZR 222/98, NJW-RR 2000, 1340, 1341; vom 14. Juli 2010 - VIII ZR 45/09, NJW 2010, 3434 Rn. 19, 22) kann und muss es von einer Schätzung nur dann absehen, wenn diese mangels greifbarer Anhaltspunkte völlig in der Luft hinge und daher willkürlich wäre. Steht jedoch fest, dass ein Schaden in einem der Höhe nach nicht bestimmbaren, aber jedenfalls erheblichen Ausmaß entstanden ist, wird sich in der Regel aus den Umständen, die die Annahme eines erheblichen Schadens begründen, eine ausreichende Grundlage für die Ermittlung eines gewissen (Mindest-)Schadens gewinnen lassen (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1963 - III ZR 47/63, juris Rn. 19).
Wiechers Joeres Mayen Ellenberger Matthias Vorinstanzen:
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 30.06.2009 - 1 O 310/08 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 27.01.2010 - I-15 U 230/09 -

(1) Für das Antragsverfahren gelten die Artikel 6 und 7 der Richtlinie 2007/46/EG. Der Antragsteller hat der Genehmigungsbehörde zu erklären, dass für denselben Typ in einem anderen Mitgliedstaat eine EG-Typgenehmigung nicht beantragt worden ist.

(2) Die Vorlage der EG-Typgenehmigungsbögen für Systeme, selbstständige technische Einheiten und Bauteile entfällt, soweit die betreffenden EG-Typgenehmigungen bereits vom Kraftfahrt-Bundesamt erteilt wurden.

(3) Mit dem Antrag kann ein Prüfbericht eines benannten Technischen Dienstes vorgelegt werden, der Angaben über die Erfüllung der Bedingungen zur Erteilung der Typgenehmigung enthält. Das Kraftfahrt-Bundesamt kann anordnen, dass für den Fahrzeugtyp, für den eine EG-Typgenehmigung beantragt wird, ein entsprechendes Fahrzeug bei ihm oder beim Hersteller vorzuführen ist.

(4) Die EG-Typgenehmigung darf nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen für den zu genehmigenden Fahrzeugtyp oder die zu genehmigenden Systeme, Bauteile oder selbstständigen technischen Einheiten nach Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 2007/46/EG vorliegen und nach Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie2007/46/EGdie Erfüllung der spezifischen Bestimmungen der Artikel 9 und 10 sichergestellt ist und die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellendem Ergebnis durchgeführt wurden und der Antragsteller nachweist, dass er nach Anhang X der Richtlinie 2007/46/EG über ein wirksames System zur Überwachung der Übereinstimmung der Produktion verfügt, um zu gewährleisten, dass die herzustellenden Fahrzeuge, Systeme, Bauteile und selbstständigen technischen Einheiten jeweils mit dem genehmigten Typ übereinstimmen.

(5) Die EG-Typgenehmigung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten für Schäden, die ihm aus der bei Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware bezüglich des Fahrzeugs Audi A4, FIN: ..., durch die Beklagte resultieren.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 958,19 freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis 13.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger erwarb am 26.10.2014 einen gebrauchten Audi A4 mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189, der vom so genannten Abgasskandal betroffen ist, und verlangt von der Beklagten, der Herstellerin des Fahrzeugs, Schadensersatz. Er erwarb das Fahrzeug mit einer Laufleistung von 24.700 km zum Preis von 18.200 EUR von einem privaten Autoverkäufer, der nicht am Verfahren beteiligt ist. Das Fahrzeug verfügte zum Zeitpunkt des Erwerbs über eine EG-Typgenehmigung. Die Motorsteuergerätesoftware verfügte über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn das Fahrzeug den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt. Die Software kennt zwei unterschiedliche Betriebsmodi. Im NEFZ schaltet es in den Modus 1, indem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate und zu einem verminderten Ausstoß von Stickoxiden (NOx) kommt. Außerhalb des NEFZ wird das Fahrzeug im Modus 0 betrieben.
Die Entscheidung für den Einsatz der Software erfolgte im Jahr 2005/2006. Die Firma B... war an der Entwicklung der Software beteiligt und warnte im Jahr 2007 die Beklagte vor dem gesetzwidrigen Einsatz der Abgastechnik. Auf ein entsprechendes Schreiben stieß die interne Revision der Beklagten. Ein Mitarbeiter der Beklagten wies intern bereits im Jahr 2011 auf den Rechtsverstoß hin.
Mit Bescheid vom 15.10.2015 erließ das Kraftfahrt-Bundesamt bezüglich der EG-Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug nachträglich eine Nebenbestimmung mit der Aufforderung zur Entfernung der Abschalteinrichtung.
Die Parteien streiten darüber, ob eine unzulässige Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (im Folgenden: EG-VO 715/2007), vorliegt und ob der Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts für die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren bindende Feststellungen enthält. Von der Verwendung der Abschalteinrichtungen hatten Mitarbeiter der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Kenntnis. Streitig ist dies nur bezüglich des damaligen Entwicklungsvorstands Dr. H... . Der damalige Leiter der Aggregate-Entwicklung und Markenvorstand der Marke VW, H... N..., wusste ebenfalls von der Verwendung der Abschalteinrichtung; ob er bereits im Jahr 2011 diesbezüglich gewarnt wurde, ist streitig.
In der Schweiz ist die Zulassung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ohne entsprechende Nachrüstung nicht möglich.
Der Kläger trägt vor:
Sein Fahrzeug habe von Anfang an nicht die Voraussetzungen für die Typgenehmigung erfüllt und die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten. Daher bestehe das Risiko, dass das Fahrzeug mangels Genehmigung stillgelegt werde, jedenfalls wenn kein Update installiert werde. Der Marktwert des Fahrzeuges sei um mindestens 10 % gesunken. Das Update verändere wichtige Eigenschaften des Fahrzeuges. So drohten im Langzeitbetrieb Versottungsschäden am Abgasrückführungsventil und an Leitungen, wovor auch die EU-Kommission gewarnt habe, es entstehe ein höherer Kraftstoffverbrauch als vorher und wegen der verzögerten Verbrennung lasse das Ansprechverhalten des Motors zu wünschen übrig.
Die Beklagte, namentlich auch der Vorstand im aktienrechtlichen Sinne, hätten Kenntnis von dem Einsatz der unzulässigen Software gehabt. Die komplexe Beschaffungslogistik unter Beteiligung der Firma B... schließe es aus, dass eine Implementierung ohne das Wissen des Vorstands der Beklagten erfolgt sei. Der Entwicklungsvorstand Dr. U... H... habe die Anweisung zum Einbau erteilt. Nach Klageerhebung sei die - unstreitige - Nachrüstung seines Fahrzeugs heimlich und gegen seine Anweisung erfolgt.
Der Kläger beantragt:
10 
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs Audi A4, FIN: ... durch die Beklagtenpartei resultieren.
11 
2. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.680,28 freizustellen.
12 
Die Beklagte beantragt:
13 
Die Klage wird abgewiesen.
14 
Sie trägt vor:
15 
Nach dem derzeitigen Stand ihrer Ermittlungen lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. Daher bestreite sie, dass ihr damaliger Vorstandsvorsitzender und andere Mitglieder des Vorstands im Zeitpunkt der Entwicklung der Software von dieser wussten. Ebenso bestreite sie, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten und andere Vorstände im aktienrechtlichen Sinne im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Typ Kenntnis gehabt hätten. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei auch nicht erwiesen, dass Dr. U... H... oder ein anderes Vorstandsmitglied der Beklagten die Software des Dieselmotors EA 189 EU5 oder EU4 in Auftrag gegeben hätten. Die diesbezügliche Behauptung des Klägers würde bestritten. Bei den Ausführungen des Klägers zu der Kenntnis des Vorstands aufgrund von Aussagen von Mitarbeitern handele es sich lediglich um Spekulationen. Nach den eigenen Angaben des Zeugen N... sei dieser im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs Ea189 informiert gewesen. Mit dem Vortrag der Beklagten, „nach derzeitigem Ermittlungsstand wurde die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen", habe die Beklagte in keiner Form eingestanden, dass ein (oder mehrere) konkreter Verrichtungsgehilfe die Motorsteuersoftware eingebaut habe.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Klage ist zulässig (I.) und überwiegend begründet (II.).
I.
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart folgt aus § 32 ZPO. Der Kläger macht einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend unter anderem mit der Behauptung, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, § 826 BGB. Zum zuständigkeitsbegründenden Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO gehört auch der Ort, wo der schädigende Erfolg eingetreten ist, wenn der Schaden zum Tatbestandsmerkmal gehört (MünchkommZPO/Patzina, 5. Aufl., § 32 Rn. 20; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 32 Rn. 19). Dies ist bei Schadensersatzansprüchen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Fall. Der Schaden ist am Wohnsitz des Klägers eingetreten, der im Gerichtsbezirk des Landgerichts liegt.
19 
2. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger hat das gemäß § 256 ZPO erforderliche Interesse an der Feststellung des Schadensersatzanspruchs. Insbesondere ist die Feststellungsklage im vorliegenden Fall nicht subsidiär gegenüber einer Leistungsklage. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Kläger einer Schadensersatzklage nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben, wenn er den Schaden noch nicht abschließend beziffern kann, weil dieser noch nicht abgeschlossen ist (vgl. nur: BGH, Urteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 53/07 -, Rn. 7, juris). War ein Schadensereignis zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen, vermag der Kläger jedoch im Laufe des Verfahrens den Schaden abschließend zu beziffern, ist er hierzu ebenfalls nicht verpflichtet, sondern kann weiterhin seinen Feststellungsantrag aufrechterhalten (BGH, Urteil vom 04. November 1998 - VIII ZR 248/97 -, Rn. 15, juris).
20 
So liegt der Fall hier. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war das Fahrzeug des Klägers noch nicht nachgerüstet. Es bestand daher die Gefahr, dass ihm im Falle der Verweigerung der Nachrüstung der Betrieb des Fahrzeugs durch die Zulassungsstelle gemäß § 5 FZV untersagt und das Fahrzeug stillgelegt wird. Der Zeitpunkt des damit verbundenen weiteren Schadens wegen des Nutzungsausfalls sowie etwaiger Rechtsverteidigungskosten gegen das Vorgehen der Zulassungsstelle etc. stand noch nicht fest. Der Schadenseintritt war jedoch ausreichend wahrscheinlich.
21 
Zwar wäre der Schaden abschließend bezifferbar gewesen, wenn die Beklagte sich sofort auf die auch von dem Kläger primär begehrte Rückabwicklung eingelassen hätte. Der Kläger musste jedoch - wie sich herausgestellt hat zu Recht - damit rechnen, dass er nicht sofort zu seinem Recht kommt und ihm daher im Laufe des Gerichtsverfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung ein weiterer Schaden entstehen kann. Die zwischenzeitliche Nachrüstung des Klägerfahrzeugs lässt zwar diese Gefahr entfallen. Dieser Umstand ist jedoch erst nach der Klageerhebung eingetreten. Im Übrigen ist durch die Nachrüstung nicht ausgeschlossen, dass nunmehr die von dem Kläger geltend gemachten Nachteile und Folgeschäden am Fahrzeug (erhöhter Kraftstoffverbrauch, häufigerer Austausch des Partikelfilters, Versottungsschäden etc.) entstehen.
22 
3. Der Klageantrag Ziff. 1 war dahingehend auszulegen, dass es dem Kläger um die Erstattung von Schäden geht, die im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware geht und nicht um irgendwelche anderen, unbenannten Manipulationen. Dies geht aus dem gesamten Vorbringen des Klägers hervor, der sich ausschließlich mit dieser Thematik befasst. Entsprechend war dies bei der Tenorierung klarzustellen.
II.
23 
Die Klage ist mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderung begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Er hat einen Schaden erlitten (1.). Dieser ist durch ein Verhalten der Beklagten entstanden (2.), welches als sittenwidrig zu qualifizieren ist (3.). Die Beklagte hat dabei vorsätzlich gehandelt (4.). Aufgrund dessen hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz (5.).
24 
1. Der Kläger hat durch den Erwerb des Audi A4 einen Schaden erlitten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist auch subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen umfasst sind, wie - bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit - die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch Eingehung eines nachteiligen Geschäfts (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 -, BGHZ 161, 361, Rn. 16; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 -, Rn. 18, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 41ff.). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 -, BGHZ 192, 90, Rn. 58).
25 
Einen solchen Schaden hat der Kläger erlitten. Er hat einen Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug abgeschlossen, das formal über eine erteilte EG-Typgenehmigung verfügte. Durch dieses Geschäft ist bei ihm eine konkrete Vermögensgefährdung eingetreten. Das Fahrzeug verfügte über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007, die einer Zulassung entgegenstand. Dadurch bestand die Gefahr, dass jederzeit die Zulassung widerrufen werden konnte, weil das Fahrzeug tatsächlich die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllte. In der Folge drohten Nutzungsbeschränkungen und ein Wertverlust.
26 
a. Gemäß Art. 10 Abs. 1 EG-VO 715/2007 erteilt die nationale Zulassungsbehörde die Typgenehmigung, wenn das betreffende Fahrzeug den Vorschriften der Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen entspricht. Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) darf eine EG-Typgenehmigung nur erteilt werden, wenn die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellenden Ergebnis durchgeführt wurden. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 hat der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemäß Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Nach Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 ist eine „Abschalteinrichtung“ ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
27 
b. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügte über eine derartige unzulässige Abschalteinrichtung, so dass das Prüfverfahren und somit die Voraussetzungen für die Erteilung einer EG-Typgenehmigung nicht vorlagen. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte eine unterschiedliche Emissionsbehandlung je nachdem, ob sich das Fahrzeug im NEFZ im Modus 1 befand oder im Modus 0 für den Normalbetrieb. Im Prüfbetrieb wurden Emissionen aus dem Verbrennungsprozess durch eine Abgasrückführung teilweise dem Verbrennungsprozess wieder zugeführt. Eine solche Steuerung ist Teil eines Emissionskontrollsystems im Sinne von Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007. Die Emissionen werden kontrolliert und gesteuert: Die Motorsteuerung, die anhand der Parameter den Prüfzyklus erkennt, schaltet im Normalbetrieb die Abgasrückführung, die der Kontrolle der Emissionen und der Reduzierung des Schadstoffausstoßes dient, ab.
28 
Die von der Beklagten gemachte Unterscheidung zwischen „so genannten innermotorischen Maßnahmen“ und denjenigen der „Abgasreinigung im Emissionskontrollsystem“ lässt sich der Verordnung nicht entnehmen und widerspricht offensichtlich deren Zweck. Die Emissionskontrolle im Sinne der Verordnung ist nicht auf die Abgasreinigung beschränkt. Durch die Rückführung eines Teils der Abgase (Emissionen) in den Verbrennungsprozess im Motor werden die Emissionen kontrolliert. Durch die Fahrzykluserkennung wird dieser Teil des Kontrollsystems abgeschaltet. Die Auslegung der Beklagten widerspricht auch offensichtlich dem Zweck der Verordnung, wonach das Testverfahren möglichst das Verhalten des Fahrzeugs unter normalen Betriebsbedingungen widerspiegeln soll. So schreibt Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 ausdrücklich vor, dass der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten hat, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Erwägungsgrund 15 der Verordnung weist auf das Ziel hin, dass die bei den Typgenehmigungsprüfungen gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen sollen. Die Motorsteuerung der Beklagten knüpft demgegenüber nicht an bestimmte Betriebszustände oder Umweltbedingungen an, sondern ausschließlich an die Feststellung des NEFZ, zielt also bewusst auf eine Steuerung der Emissionen für den Ausnahmefall der Genehmigungsprüfung.
29 
Nachdem die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung zur Überzeugung des Gerichts feststeht, kommt es auf die Frage der Bindungswirkung des Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamts nicht an.
30 
c. Die Installation der unzulässigen Abschalteinrichtung begründete die konkrete Gefahr des Widerrufs der Zulassung und somit der Stilllegung des Fahrzeugs sowie des massiven Wertverlustes. Zu dem Widerruf der Typgenehmigung wäre das Kraftfahrt-Bundesamt berechtigt gewesen, weil sie von der Beklagten über das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen getäuscht wurde. Unabhängig von der konkreten Vorgehensweise des Kraftfahrt-Bundesamts nach Bekanntwerden der Abschalteinrichtung bestand seit Inverkehrbringen der Fahrzeuge mit der zweifelhaften EG-Typgenehmigung die Gefahr des Bekanntwerdens der Manipulation und des sofortigen Widerrufs der Zulassung ohne Auflagen. Dies war nicht fernliegend, da Auflagen als Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten nicht erzwingbar sind und die Beklagte als Adressatin einer Auflage zur Durchführung einer Nachbesserung von in Verkehr gebrachten Fahrzeugen es nicht in der Hand hat, sämtliche Fahrzeughalter zu einer Nachrüstung zu zwingen. Auch ist zwischen der Pflicht zur Nachrüstung zum Zwecke des Erhalts der Betriebserlaubnis und dem Integritätsinteresse des Fahrzeugeigentümers zu unterscheiden. Ein Fahrzeugeigentümer kann eine Nachrüstung unter Umständen zu Recht ablehnen, weil er eine Verschlechterung seines Fahrzeugs erwartet, die er zum Erhalt der Zulassung nicht bereit ist in Kauf zu nehmen. Es ist unstreitig, dass die Zulassungsstellen den Betrieb von nicht nachgerüsteten Fahrzeugen gemäß § 5 FZV untersagen und Fahrzeuge stilllegen können. Soweit die Beklagte bestreitet, dass dieser Widerruf - entsprechend dem Klägervortrag - durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen kann, streitet sie nicht die generelle Möglichkeit der Betriebsuntersagung ab, wie sie es nach dem unstreitigen Klägervortrag selbst Kunden des VW Amarok in Schreiben mitgeteilt hat.
31 
Weiter war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht damit zu rechnen, dass die Beklagte in der Lage sein würde, innerhalb kurzer Frist ein Software-Update ausliefern zu können, das ohne nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Fahrzeuges die Abschalteinrichtung deaktiviert und gleichzeitig zu zulässigen Emissionswerten führt. Die Beklagte hat vorgetragen, dass das Software-Update die Erkenntnisse aus der Weiterentwicklung des Diesel-Brennverfahrens der letzten zehn Jahre aufgreife. Das Bekanntwerden der unzulässigen Abschalteinrichtung und der Gefährdung der EG-Typgenehmigung hätte angesichts der Ungewissheit über die Nachbesserungsfähigkeit durch die Beklagte sofort zu einem Wertverlust geführt. Dass nunmehr auf dem Gebrauchtwagenmarkt die mit einem Software-Update ausgestatteten Fahrzeuge ohne Preisabschlag gehandelt werden, wie die Beklagte es behauptet, ändert nichts daran, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages diese Kenntnisse noch nicht vorlagen und daher wegen der Unsicherheit des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Gefahr der Stilllegung mit erheblichen Preisabschlägen zu rechnen war.
32 
Weiter ist dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden, dass er es nicht mehr - ohne Software-Update - in der Schweiz zulassen kann. Dies ist unstreitig. Unerheblich ist, ob der Kläger bei Erwerb des Fahrzeuges vorgehabt hat, das Fahrzeug in der Schweiz zuzulassen oder es dorthin weiterzuverkaufen. Maßgeblich ist, dass die Einschränkung besteht. Eine Zulassung in der Schweiz oder eine Weiterveräußerung in diesen Raum auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung gehört zu den wertbildenden Eigenschaften, die jedem Fahrzeug anhaften, nicht jedoch dem streitgegenständlichen. Die Gefahr bestand bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn es ist anzunehmen, dass die Schweiz sich auch schon zu einem früheren Zeitpunkt in der Weise verhält, wie sie es nun getan hat.
33 
2. Der Kläger hat diesen Schaden aufgrund eines Verhaltens der Beklagten erlitten. Erforderlich ist insoweit ein adäquat kausaler Zusammenhang unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm (BGH, Urteil vom 03. März 2008 - II ZR 310/06 -, Rn. 15, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 45 ff.). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war.
34 
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat die Fahrzeuge, insbesondere die Motoren mit der unzulässigen Abschalteinrichtung, produziert und in Verkehr gebracht. Dabei hat sie durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt scheinbar zulässige Emissionswerte vorgespiegelt und sich die EG-Typgenehmigung erschlichen. Der Fortbestand der allgemeinen Betriebserlaubnis auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung hing wesentlich an den Eigenschaften des Motors und seiner Steuerung sowie der Rechtmäßigkeit des Zulassungsverfahrens. Bei einem Widerruf der Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und einer Untersagung des Betriebs drohte jedem Halter dieses Typs die Stilllegung seines Fahrzeugs. Ebenso war jedes Fahrzeug dieses Typs von einem massiven Wertverlust bei Bekanntwerden der Täuschungen bei der Typgenehmigungsprüfung bedroht.
35 
Die Fahrzeuge werden von der Beklagten als Herstellerin entweder selbst oder durch selbständige Verkäufer vertrieben. Häufig werden die Fahrzeuge vom Ersterwerber weiterveräußert an Zweit- und Folgeerwerber. Jeder Erwerber knüpft unabhängig von der Person des Verkäufers an das Fahrzeug die Erwartung, dass er dieses dauerhaft und ohne Gefahr des Widerrufs der Typgenehmigung und der Stilllegung nutzen kann. Diese selbstverständliche Erwartung prägt den Wert des Fahrzeugs und stellt ein wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich bis sicher, dass ein potenzieller Gebrauchtwagenkäufer, wie der Kläger, von dem Erwerb eines von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs mit diesem Motorentyp absieht, wenn er weiß, dass das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß betrieben wurde. Dann erkennt er die Gefahr der Stilllegung und des drohenden Wertverlusts und die Ungewissheit, ob es der Beklagten gelingen wird, ein Software-Update zu entwickeln, mit dem die Voraussetzungen des Zulassungsverfahrens erfüllt werden, ohne dass die Eigenschaften des Fahrzeugs nachteilig verändert werden. Das Inverkehrbringen eines derart mangelbehafteten Fahrzeugs, dessen Mangel nicht erkennbar ist, beeinträchtigt die Dispositionsfreiheit sämtlicher Erwerber, gleichgültig ob Erst- oder Folgeerwerber, und begründet somit einen Vermögensschaden durch den Abschluss eines ungünstigen Vertrages.
37 
Eine Zurechnung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm zu verneinen. Die EG-Typgenehmigung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Fahrzeugs. Das Prüfverfahren dient dem Nachweis, dass das Fahrzeug den allgemeinen Anforderungen insbesondere hinsichtlich der Emission- und Verbrauchswerte entspricht. Gleichzeitig hat es den Zweck, Verbrauchswerte (Kohlendioxidemissionen und Kraftstoffverbrauch) nach einem geregelten Verfahren zu ermitteln und dem Verbraucher und Anwender objektive und genaue Informationen zu geben (Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3, 4, Erwägungsgrund Nr. 17 EG-VO 715/2007). Derartige Informationen sind nicht nur bei der Erstanschaffung, sondern auch bei einem Folgeerwerb von Gebrauchtfahrzeugen von Bedeutung.
38 
3. Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler BGB [2014] § 826, Rn. 31).
39 
Die berechtigten Verkehrserwartungen gehen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt, und sich nicht durch falsche Angaben zu wichtigen zulassungsrelevanten Eigenschaften eine Typgenehmigung erschleicht. Dabei wird eine sehr hohe Sorgfalt erwartet, wenn das Handeln von einer großen Tragweite ist und Verstöße zu hohen Schäden führen können. Dies ist in der Automobilindustrie, die in zig-tausendfacher Stückzahl hochwertige Güter mit langer Lebensdauer herstellt, die für die Mobilität der Kunden von großer Bedeutung sind, der Fall. In der Automobilindustrie spielt zudem die Einhaltung von Umweltstandards eine große Rolle, da systematische Abweichungen bei in großer Stückzahl produzierten Fahrzeugen eine entsprechend hohe Auswirkung auf die Umweltbelastung haben. Den europäischen Normen entsprechend erwartet der Verbraucher objektive und genaue, und somit wahrheitsgemäße Informationen. Verbrauchs- und Emissionswerte haben allgemein eine hohe Bedeutung bei den Anschaffungsentscheidungen. Die allgemeine Verkehrserwartung geht auch dahin, dass sich ein Hersteller nicht durch falsche Angaben oder durch Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Werten Wettbewerbsvorteile verschafft. An die Redlichkeit werden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage ist.
40 
Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte in einem erheblichen Maße verstoßen. Die Installation einer Abschalteinrichtung widersprach offensichtlich den Vorgaben der EG-VO 715/2007. Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit - wie die Beklagte selbst vorträgt - keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift und erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen nicht. Unstreitig wurde die Beklagte durch den Hersteller der Software, die Firma B..., vor dem gesetzeswidrigen Einsatz der Software gewarnt. Das Handeln entgegen der Warnung verstärkt das Unwerturteil.
41 
Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns ist der hohe Schaden, den die Beklagte verursacht hat, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen, das die Beklagte in Kauf genommen hat. Der Beklagten war bewusst, dass sie die Anforderungen der Abgasnormen nicht ohne die unzulässige Abschalteinrichtung erfüllen konnte. Dies folgt bereits aus der Installation der Software, die speziell eine Motorsteuerung für den Prüfzyklus vorsah, und somit für die Prüfung nicht geeignete Emissionswerte erzeugte. Als Automobilhersteller war ihr weiter bekannt, dass sie keine rechtsbeständige EG-Typgenehmigung durch eine Täuschung im Prüfverfahren erhalten kann und somit die Gefahr des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden war angesichts der hohen Stückzahl der produzierten Motoren enorm. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthält ein hohes Maß an Skrupellosigkeit. Gleichzeitig hat sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der EG-VO 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.
42 
4. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten zurechnen lassen (a.). Deren Wissen ist unstreitig bzw. als zugestanden anzusehen und ihr Verhalten als vorsätzlich zu qualifizieren (b.).
43 
a. Die Beklagte muss sich das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten auch im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB zurechnen lassen.
44 
Grundsätzlich haftet eine juristische Person gemäß § 31 BGB für das Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich die Zurechnung im Rahmen des § 826 BGB nicht auf Organe im aktienrechtlichen Sinn. Dies ergibt sich nicht aus der von ihr zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris).
45 
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft eine juristische Person über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus eine Repräsentantenhaftung für solche Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (BGH, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11 -, BGHZ 196, 340, Rn. 12). Entgegen der weiteren Auffassung der Beklagten gilt die Repräsentantenhaftung nicht nur im vertraglichen Bereich, sondern auch bei der deliktischen Haftung. In der von der Beklagten zum Beleg des Gegenteils zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris) hat dieser im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB ausdrücklich auf die weite Auslegung des Begriffs des verfassungsmäßigen Vertreters hingewiesen und die hierzu ergangene Grundsatzentscheidung zitiert (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VII ZR 82/65 -, BGHZ 49, 19, Rn. 11).
46 
b. Die Repräsentanten der Beklagten haben die Schädigung des Klägers vorsätzlich veranlasst bzw. zugelassen. Dies gilt für ihren damaligen Entwicklungsvorstand Dr. H ..., für den Markenvorstand von VW N... sowie für die von der Beklagten nicht benannten weiteren Repräsentanten (aa.). Diese haben vorsätzlich gehandelt (bb).
47 
aa. Es ist unstreitig, dass die Zeugen Dr. H... und N..., die als Repräsentanten der Beklagten anzusehen sind, Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages hatten ([1]). Die Kenntnis weiterer Repräsentanten der Beklagten von der Verwendung der unzulässigen Software ist unter Berücksichtigung der sekundären Darlegungslast der Beklagten als zugestanden anzusehen ([2]).
48 
(1) Der Kläger hat behauptet, dass der Entwicklungsvorstand Dr. H... Kenntnis von der Manipulation gehabt habe und der Markenvorstand von VW und damalige Leiter der Aggregateentwicklung der Marke Volkswagen im Jahr 2011 vor illegalen Praktiken mit den Abgaswerten gewarnt worden sei. Dieser Vortrag ist zur Behauptung eines Vorsatzes bei Repräsentanten der Beklagten ausreichend. Die Beklagte als Weltkonzern hat auch unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Personen, die wesensmäßige Funktionen der Beklagten zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind. Sie selbst bezeichnet sie als Vorstände. Beispielsweise bestreitet sie nicht die von der Beklagten verwendete Bezeichnung des Dr. H... als „Entwicklungsvorstand“, sondern beschränkt sich auf die Klarstellung, dass dieser kein Vorstand im aktienrechtlichen Sinne sei. Auch der Zeuge N... führte unstreitig die Bezeichnung als Markenvorstand von VW. Beiden waren somit wesensmäßige Funktionen zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen, so dass sie als Repräsentant der Beklagten anzusehen sind.
49 
Die Beklagte hat die Kenntnis der beiden Repräsentanten nicht (wirksam) bestritten. Ihr Vortrag, dass nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erwiesen sei, dass Herr Dr. U... H... im relevanten Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses von der Programmierung oder von der Verwendung der streitgegenständlichen Software in Fahrzeugen Kenntnis hatte, stellt kein eindeutiges Bestreiten dar. Die Feststellung, ob eine Tatsache „erwiesen“ ist, ist Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Tatsachenfeststellung und stellt keine Tatsachenbehauptung der Beklagten, sondern allenfalls eine eigene Würdigung von nicht offen gelegten Indizien dar. Die Beklagte legt nicht dar, aus welchen Gründen sie nicht in der Lage sei, sich eindeutig zu der Tatsachenbehauptung des Klägers zu äußern und sah sich auf ausdrückliche Nachfrage nicht in der Lage, unter Beachtung ihrer prozessualen Wahrheitspflicht die Behauptung aktiv zu bestreiten. Bezüglich des Zeugen N... bestreitet die Beklagte nicht, dass dieser zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Jahr 2014 Kenntnis von der Abschalteinrichtung gehabt habe. Die Beklagte bestreitet insoweit nur die Kenntnis ihrer Vorstände im aktienrechtlichen Sinn, zu denen der Zeuge N... nicht zählt. Soweit die Beklagte lediglich vorträgt, der Zeuge N... wie „nach eigenen Angaben im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs EA 189 informiert“ gewesen, ist dieses Bestreiten daher unerheblich.
50 
(2) Ein konkreterer Vortrag bezüglich einzelner weiterer Personen, die als Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von der unzulässigen Verwendung der Abschalteinrichtung hatten und diese nicht verhindert haben, war zudem nicht erforderlich. Insofern greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast.
51 
Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14 -, Rn. 18, juris).
52 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
53 
(a) Der Kläger hat mit seiner Behauptung, die Unternehmensleitung habe Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware gehabt, den maßgeblichen Personenkreis der Repräsentanten der Beklagten auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne bezeichnet. Eine namentliche Benennung war nicht erforderlich, weil er hiervon keine Kenntnis hatte und er als Nichtkonzernangehöriger außerhalb des Geschehensablaufs steht. Insbesondere kann er nicht wissen, wie die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Volkswagenkonzerns und konkret der Motorenentwicklung zum Zeitpunkt der Entwicklung war. Dass ein Weltkonzern wie die Beklagte auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne Personen wesensmäßige Aufgaben wie die Entwicklung von Motoren, den Einkauf, die Entwicklung einer Marke, die Produktsicherheit, das Qualitätsmanagement etc. zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erledigung überträgt, ergibt sich aus der Notwendigkeit zur Organisation und Überwachung des enorm großen Geschäftsbetriebs, die nicht allein von wenigen Personen des Konzernvorstands geleistet werden können. Demgegenüber ist es der Beklagten ohne weiteres möglich und zumutbar, die in den Entwicklungsprozess des Motors EA 189 eingebundenen Verantwortlichen bis zu den Bereichsvorständen und den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn zu benennen. Weiter ist unstreitig, dass Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Abschalteinrichtung hatten. Sogar eine interne Warnung im Jahr 2011 ist unstreitig, ohne dass die Beklagte dazu vorträgt, dass diese die Verantwortlichen nicht erreicht hätte. Auch schweigt die Beklagte zu der Kenntnisnahme des Schreibens der Fa. B... GmbH im Jahr 2007, in dem diese die Beklagte vor der Verwendung der Software gewarnt hat. Es ist aber zu erwarten, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb derartig organisiert, dass die Verantwortlichen die für den Betrieb wesentlichen Informationen auch erhalten. Es ist naheliegend - und keinesfalls aus der Luft gegriffen und von dem Kläger ins Blaue hinein behauptet -, dass jedenfalls die aus Repräsentanten bestehende Unternehmensführung unterhalb der Ebene des Konzernvorstands Kenntnis von den Vorgängen gehabt hat.
54 
(b) Die Beklagte hat die Kenntnis ihrer Repräsentanten nicht ausreichend bestritten und zudem ihrer diesbezüglichen sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist.
55 
Die Beklagte differenziert zunächst selbst zwischen den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn und weiteren Vorständen. Bezüglich der Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware hält sie einen differenzierten Vortrag:
56 
Bezüglich der Kenntnis ihres Vorstandsvorsitzenden oder andere Mitglieder des Vorstands (ohne Differenzierung nach ihrer Organstellung) bestreitet sie lediglich die Kenntnis zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software. Dieses Bestreiten ist unerheblich, weil es maßgeblich auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs (hier Oktober 2014) ankommt, nicht auf einen früheren Entwicklungszeitpunkt.
57 
Weiter bestreitet sie, beschränkt auf die Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, dass diese Kenntnis von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Fahrzeugtyp zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses hatten. Damit bestreitet die Beklagte nicht, dass auf der Vorstandsebene unterhalb der Vorstände im aktienrechtlichen Sinn die Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Software hatten. Die Beklagte wäre im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen, substantiiert darzulegen, dass nach ihren Recherchen die in Betracht kommenden Repräsentanten keine Kenntnis von der Verwendung der Manipulationssoftware gehabt haben.
58 
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht deshalb von einer sekundären Darlegungslast befreit, weil es sich bei dem Bestreiten der Kenntnis um eine negative Tatsache handelt. Es ist nämlich unstreitig, dass das Wissen über die Verwendung der Manipulationssoftware bei der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne vorhanden war. Sie wurde von der Firma B... GmbH, wie ausgeführt, sogar auf die Rechtswidrigkeit der Verwendung hingewiesen. Die Beklagte hätte daher darlegen können, wie die interne Kommunikation verlaufen ist und dass die Information nicht die Repräsentanten der Beklagten erreicht hätte. Insofern war sie zu einem positiven Vortrag in der Lage. Dieser Vortrag war ihr auch zuzumuten, da angesichts der Bedeutung des Vorganges ein Exzess von nicht führenden Mitarbeitern der Beklagten als unwahrscheinlich erscheint. Es ist daher davon auszugehen, dass die namentlich nicht genannte Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, die für die Entwicklung des Motors EA 189 sowie die Zulassung und den Vertrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps zuständig waren, in den Vorgang involviert waren.
59 
bb. Der Entwicklungschef der Beklagten, Dr. H..., der frühere Markenvorstand von VW N... sowie die nicht genannten Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne haben vorsätzlich gehandelt. Ein vorsätzliches Handeln erfordert ein Wissens- und ein Wollenselement bezogen auf die maßgeblichen Umstände, hier die Schädigung des Klägers. Der Handelnde muss die Schädigung gekannt oder zumindest vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Beim bedingten Vorsatz muss er die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Da es sich beim Vorsatz um eine innere Tatsache handelt, lässt sich diese nur aus äußeren Umständen folgern. Hierbei kann beispielsweise die Leichtfertigkeit des Handelns oder die starke Gefährdung des betroffenen Rechtsguts die Schlussfolgerung im Einzelfall rechtfertigen. Allerdings ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadens kein alleiniges Kriterium für die Frage, ob der Handelnde mit dem schädigenden Erfolg einverstanden ist. Maßgeblich sind sämtliche Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10 -, Rn. 10f, juris; MünchKommBGB/Wagner, aaO, § 826 Rn. 33)
60 
Aus den geschilderten Umständen des Einzelfalls lässt sich ein Vorsatz der handelnden Personen feststellen. Unstreitig wurde die Beklagte durch die Entwicklerin der Software mit der Abschalteinrichtung vor deren Verwendung gewarnt. Die Entwicklung eines gesonderten Betriebsmodus für den NEFZ widerspricht offensichtlich der Vorgabe der EG-VO 715/2007. Diese hat zum Ziel, bestimmte umweltrelevante Emissions- und Verbrauchswerte in einem normierten Prüfverfahren festzustellen, die möglichst nahe an den Werten im normalen Fahrzeugbetrieb liegen sollen. Die Beklagte hat demgegenüber eine Steuerung eingesetzt, die nur für den Prüfzyklus zu reduzierten Emissionswerten führte und für den Normalbetrieb eine hiervon abweichende Behandlung der Abgase vorsah. Damit lassen die im Prüfzyklus festgestellten Werte keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Werte im praktischen Betrieb zu.
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Bei der Produktion eines derart hochwertigen und strengsten Qualitätsanforderungen unterliegenden Produkts ist es ausgeschlossen, dass die Bedeutung der eindeutigen Vorschriften missverstanden worden sein konnten. Auf die Rechtswidrigkeit wurde die Beklagte von extern und intern wiederholt hingewiesen. Aus der Verwendung einer solchen offensichtlich rechtswidrigen Manipulationssoftware lässt sich folgern, dass den handelnden Personen die Angreifbarkeit der so erschlichenen EG-Typgenehmigung bekannt war. Die Täuschungshandlung rechtfertigt auch den Schluss, dass die handelnden Personen den daraus für die Erwerber möglicherweise entstehenden Schaden billigend in Kauf genommen haben. Wer im Zulassungsverfahren täuscht, rechnet damit, dass bei Offenlegung der verheimlichten Tatsache die getäuschte Behörde eine andere Entscheidung getroffen hätte bzw. ihre ursprüngliche Entscheidung revidiert. Andernfalls hätte kein Anlass für eine Täuschung bestanden. Der Beklagten als Automobilhersteller war bekannt, dass Fahrzeuge, die über keine EG-Typgenehmigung verfügen, ihre allgemeine Betriebserlaubnis verlieren und stillgelegt werden können. Der mögliche Schaden für die Fahrzeugeigentümer in der Form eines Wertverlustes bei Bekanntwerden der Manipulationssoftware ist so offensichtlich, dass sich daraus nur ein Inkaufnehmen seitens der handelnden Personen folgern lässt. Diesen war ohne vernünftigen Zweifel bekannt, dass bereits kleinste Fehler einen erheblichen Schaden, beispielsweise durch Rückrufaktionen, auslösen können. Umso mehr drängte sich ihnen auf, dass ein enormer Schaden entstehen würde, wenn sämtliche Fahrzeuge, in denen der Motor des Typs EA 189 verbaut war, ihre Zulassung verlieren würden.
62 
5. Der Kläger kann gemäß § 249 BGB Schadensersatz verlangen. Er hat einen Anspruch so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Aufgrund der Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die EG-Typgenehmigung von der Beklagte unter Einsatz einer Manipulationssoftware erschlichen wurde und daher die Stilllegung im Falle eines Widerrufs der Genehmigung drohte. Hierfür spricht die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand unnötig derartig erhebliche Risiken eingeht, wenn ihm auf dem Markt vergleichbare Produkte ohne entsprechende Risiken angeboten werden. Dabei ist unerheblich, dass das Kraftfahrt-Bundesamt sich später nicht zu einem Widerruf der Genehmigung, sondern zu dem nachträglichen Erlass einer Auflage entschlossen hat. Maßgeblich ist auf den Zeitpunkt abzustellen, bei dem aufgrund der Handlung der Beklagten bei dem Kläger der Schaden eingetreten ist. Das ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
63 
Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, zum Zwecke der Schadenminderung das Software-Update aufspielen zu lassen. Er kann die Rückgängigmachung des ihm entstandenen Schadens in der Form des Abschlusses eines unvorteilhaften Vertrages verlangen und muss sich nicht vom Schädiger das Festhalten an dem Vertrag aufdrängen lassen. Dies gilt umso mehr, als nicht feststeht, dass das Software-Update ohne nachteilige Folgen, die möglicherweise erst nach einem längeren Dauerbetrieb auftreten, aufgespielt werden kann. Dies ließe sich erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen, dessen kostspielige Einholung dem deliktisch geschädigten Kläger nicht zuzumuten ist. Aus dem gleichen Grund ist das nachträgliche - nach Klägervortrag heimliche - Aufspielen der Software entscheidungserheblich. Der Schaden ist bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstanden. Aus den ungeklärten Umständen des Aufspielens der Software lässt sich kein gemäß § 242 BGB missbräuchliches Schadensersatzverlangen des Klägers ableiten. Zu dem Schaden gehört auch ein etwaiger Schaden, der beim Kläger infolge des Aufspielens des Software-Updates entstehen kann, da das Aufspielen des Software-Updates selbst eine Folge der ursprünglichen Installation einer Motorsteuersoftware mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung darstellt.
64 
6. Der Kläger hat gemäß §§ 826, 249, 257 BGB einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR. Hierbei hat das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe des Kaufpreises von 18.200 EUR abzüglich eines Nutzungsvorteils in Höhe von 1.966,50 EUR und unter Abzug eines 20%-igen Abschlags für die Feststellungsklage angesetzt. Der Nutzungsvorteil wird auf der Grundlage der vom Kläger angegebenen Laufleistung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geschätzt. Bei einer angenommenen Gesamtlaufleistung von 300.000 km für einen Audi A4 Diesel und einer Restlaufleistung vom 275.300 km bei Vertragsschluss errechnet sich der Nutzungsvorteil auf 0,07 EUR/km und - ausgehend vom Kilometerstand von 24.700 km bei Vertragsschluss - eine durchschnittliche Fahrleistung von 28.092,8 km p.a.. Zum Zeitpunkt des Anwaltsschreibens des Klägervertreters hatte der Kläger das Fahrzeug ca. 1 Jahr. Eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer sind als erforderlich anzusetzen. Unter der Berücksichtigung, dass es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für mehrere Verfahren anfällt, erscheint ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr nicht gerechtfertigt.
65 
7. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 2 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 1, § 711 ZPO. Der Streitwert wurde in Höhe des Schadens, der im Wesentlichen dem Kaufpreis abzüglich des rechnerischen Nutzungsvorteils bei Klageeinreichung unter Abzug eines 20 %-Abschlags für die Feststellungsklage entspricht, festgesetzt.

Gründe

 
16 
Die Klage ist zulässig (I.) und überwiegend begründet (II.).
I.
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart folgt aus § 32 ZPO. Der Kläger macht einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend unter anderem mit der Behauptung, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, § 826 BGB. Zum zuständigkeitsbegründenden Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO gehört auch der Ort, wo der schädigende Erfolg eingetreten ist, wenn der Schaden zum Tatbestandsmerkmal gehört (MünchkommZPO/Patzina, 5. Aufl., § 32 Rn. 20; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 32 Rn. 19). Dies ist bei Schadensersatzansprüchen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Fall. Der Schaden ist am Wohnsitz des Klägers eingetreten, der im Gerichtsbezirk des Landgerichts liegt.
19 
2. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger hat das gemäß § 256 ZPO erforderliche Interesse an der Feststellung des Schadensersatzanspruchs. Insbesondere ist die Feststellungsklage im vorliegenden Fall nicht subsidiär gegenüber einer Leistungsklage. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Kläger einer Schadensersatzklage nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben, wenn er den Schaden noch nicht abschließend beziffern kann, weil dieser noch nicht abgeschlossen ist (vgl. nur: BGH, Urteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 53/07 -, Rn. 7, juris). War ein Schadensereignis zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen, vermag der Kläger jedoch im Laufe des Verfahrens den Schaden abschließend zu beziffern, ist er hierzu ebenfalls nicht verpflichtet, sondern kann weiterhin seinen Feststellungsantrag aufrechterhalten (BGH, Urteil vom 04. November 1998 - VIII ZR 248/97 -, Rn. 15, juris).
20 
So liegt der Fall hier. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war das Fahrzeug des Klägers noch nicht nachgerüstet. Es bestand daher die Gefahr, dass ihm im Falle der Verweigerung der Nachrüstung der Betrieb des Fahrzeugs durch die Zulassungsstelle gemäß § 5 FZV untersagt und das Fahrzeug stillgelegt wird. Der Zeitpunkt des damit verbundenen weiteren Schadens wegen des Nutzungsausfalls sowie etwaiger Rechtsverteidigungskosten gegen das Vorgehen der Zulassungsstelle etc. stand noch nicht fest. Der Schadenseintritt war jedoch ausreichend wahrscheinlich.
21 
Zwar wäre der Schaden abschließend bezifferbar gewesen, wenn die Beklagte sich sofort auf die auch von dem Kläger primär begehrte Rückabwicklung eingelassen hätte. Der Kläger musste jedoch - wie sich herausgestellt hat zu Recht - damit rechnen, dass er nicht sofort zu seinem Recht kommt und ihm daher im Laufe des Gerichtsverfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung ein weiterer Schaden entstehen kann. Die zwischenzeitliche Nachrüstung des Klägerfahrzeugs lässt zwar diese Gefahr entfallen. Dieser Umstand ist jedoch erst nach der Klageerhebung eingetreten. Im Übrigen ist durch die Nachrüstung nicht ausgeschlossen, dass nunmehr die von dem Kläger geltend gemachten Nachteile und Folgeschäden am Fahrzeug (erhöhter Kraftstoffverbrauch, häufigerer Austausch des Partikelfilters, Versottungsschäden etc.) entstehen.
22 
3. Der Klageantrag Ziff. 1 war dahingehend auszulegen, dass es dem Kläger um die Erstattung von Schäden geht, die im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware geht und nicht um irgendwelche anderen, unbenannten Manipulationen. Dies geht aus dem gesamten Vorbringen des Klägers hervor, der sich ausschließlich mit dieser Thematik befasst. Entsprechend war dies bei der Tenorierung klarzustellen.
II.
23 
Die Klage ist mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderung begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Er hat einen Schaden erlitten (1.). Dieser ist durch ein Verhalten der Beklagten entstanden (2.), welches als sittenwidrig zu qualifizieren ist (3.). Die Beklagte hat dabei vorsätzlich gehandelt (4.). Aufgrund dessen hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz (5.).
24 
1. Der Kläger hat durch den Erwerb des Audi A4 einen Schaden erlitten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist auch subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen umfasst sind, wie - bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit - die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch Eingehung eines nachteiligen Geschäfts (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 -, BGHZ 161, 361, Rn. 16; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 -, Rn. 18, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 41ff.). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 -, BGHZ 192, 90, Rn. 58).
25 
Einen solchen Schaden hat der Kläger erlitten. Er hat einen Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug abgeschlossen, das formal über eine erteilte EG-Typgenehmigung verfügte. Durch dieses Geschäft ist bei ihm eine konkrete Vermögensgefährdung eingetreten. Das Fahrzeug verfügte über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007, die einer Zulassung entgegenstand. Dadurch bestand die Gefahr, dass jederzeit die Zulassung widerrufen werden konnte, weil das Fahrzeug tatsächlich die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllte. In der Folge drohten Nutzungsbeschränkungen und ein Wertverlust.
26 
a. Gemäß Art. 10 Abs. 1 EG-VO 715/2007 erteilt die nationale Zulassungsbehörde die Typgenehmigung, wenn das betreffende Fahrzeug den Vorschriften der Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen entspricht. Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) darf eine EG-Typgenehmigung nur erteilt werden, wenn die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellenden Ergebnis durchgeführt wurden. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 hat der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemäß Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Nach Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 ist eine „Abschalteinrichtung“ ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
27 
b. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügte über eine derartige unzulässige Abschalteinrichtung, so dass das Prüfverfahren und somit die Voraussetzungen für die Erteilung einer EG-Typgenehmigung nicht vorlagen. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte eine unterschiedliche Emissionsbehandlung je nachdem, ob sich das Fahrzeug im NEFZ im Modus 1 befand oder im Modus 0 für den Normalbetrieb. Im Prüfbetrieb wurden Emissionen aus dem Verbrennungsprozess durch eine Abgasrückführung teilweise dem Verbrennungsprozess wieder zugeführt. Eine solche Steuerung ist Teil eines Emissionskontrollsystems im Sinne von Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007. Die Emissionen werden kontrolliert und gesteuert: Die Motorsteuerung, die anhand der Parameter den Prüfzyklus erkennt, schaltet im Normalbetrieb die Abgasrückführung, die der Kontrolle der Emissionen und der Reduzierung des Schadstoffausstoßes dient, ab.
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Die von der Beklagten gemachte Unterscheidung zwischen „so genannten innermotorischen Maßnahmen“ und denjenigen der „Abgasreinigung im Emissionskontrollsystem“ lässt sich der Verordnung nicht entnehmen und widerspricht offensichtlich deren Zweck. Die Emissionskontrolle im Sinne der Verordnung ist nicht auf die Abgasreinigung beschränkt. Durch die Rückführung eines Teils der Abgase (Emissionen) in den Verbrennungsprozess im Motor werden die Emissionen kontrolliert. Durch die Fahrzykluserkennung wird dieser Teil des Kontrollsystems abgeschaltet. Die Auslegung der Beklagten widerspricht auch offensichtlich dem Zweck der Verordnung, wonach das Testverfahren möglichst das Verhalten des Fahrzeugs unter normalen Betriebsbedingungen widerspiegeln soll. So schreibt Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 ausdrücklich vor, dass der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten hat, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Erwägungsgrund 15 der Verordnung weist auf das Ziel hin, dass die bei den Typgenehmigungsprüfungen gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen sollen. Die Motorsteuerung der Beklagten knüpft demgegenüber nicht an bestimmte Betriebszustände oder Umweltbedingungen an, sondern ausschließlich an die Feststellung des NEFZ, zielt also bewusst auf eine Steuerung der Emissionen für den Ausnahmefall der Genehmigungsprüfung.
29 
Nachdem die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung zur Überzeugung des Gerichts feststeht, kommt es auf die Frage der Bindungswirkung des Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamts nicht an.
30 
c. Die Installation der unzulässigen Abschalteinrichtung begründete die konkrete Gefahr des Widerrufs der Zulassung und somit der Stilllegung des Fahrzeugs sowie des massiven Wertverlustes. Zu dem Widerruf der Typgenehmigung wäre das Kraftfahrt-Bundesamt berechtigt gewesen, weil sie von der Beklagten über das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen getäuscht wurde. Unabhängig von der konkreten Vorgehensweise des Kraftfahrt-Bundesamts nach Bekanntwerden der Abschalteinrichtung bestand seit Inverkehrbringen der Fahrzeuge mit der zweifelhaften EG-Typgenehmigung die Gefahr des Bekanntwerdens der Manipulation und des sofortigen Widerrufs der Zulassung ohne Auflagen. Dies war nicht fernliegend, da Auflagen als Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten nicht erzwingbar sind und die Beklagte als Adressatin einer Auflage zur Durchführung einer Nachbesserung von in Verkehr gebrachten Fahrzeugen es nicht in der Hand hat, sämtliche Fahrzeughalter zu einer Nachrüstung zu zwingen. Auch ist zwischen der Pflicht zur Nachrüstung zum Zwecke des Erhalts der Betriebserlaubnis und dem Integritätsinteresse des Fahrzeugeigentümers zu unterscheiden. Ein Fahrzeugeigentümer kann eine Nachrüstung unter Umständen zu Recht ablehnen, weil er eine Verschlechterung seines Fahrzeugs erwartet, die er zum Erhalt der Zulassung nicht bereit ist in Kauf zu nehmen. Es ist unstreitig, dass die Zulassungsstellen den Betrieb von nicht nachgerüsteten Fahrzeugen gemäß § 5 FZV untersagen und Fahrzeuge stilllegen können. Soweit die Beklagte bestreitet, dass dieser Widerruf - entsprechend dem Klägervortrag - durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen kann, streitet sie nicht die generelle Möglichkeit der Betriebsuntersagung ab, wie sie es nach dem unstreitigen Klägervortrag selbst Kunden des VW Amarok in Schreiben mitgeteilt hat.
31 
Weiter war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht damit zu rechnen, dass die Beklagte in der Lage sein würde, innerhalb kurzer Frist ein Software-Update ausliefern zu können, das ohne nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Fahrzeuges die Abschalteinrichtung deaktiviert und gleichzeitig zu zulässigen Emissionswerten führt. Die Beklagte hat vorgetragen, dass das Software-Update die Erkenntnisse aus der Weiterentwicklung des Diesel-Brennverfahrens der letzten zehn Jahre aufgreife. Das Bekanntwerden der unzulässigen Abschalteinrichtung und der Gefährdung der EG-Typgenehmigung hätte angesichts der Ungewissheit über die Nachbesserungsfähigkeit durch die Beklagte sofort zu einem Wertverlust geführt. Dass nunmehr auf dem Gebrauchtwagenmarkt die mit einem Software-Update ausgestatteten Fahrzeuge ohne Preisabschlag gehandelt werden, wie die Beklagte es behauptet, ändert nichts daran, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages diese Kenntnisse noch nicht vorlagen und daher wegen der Unsicherheit des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Gefahr der Stilllegung mit erheblichen Preisabschlägen zu rechnen war.
32 
Weiter ist dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden, dass er es nicht mehr - ohne Software-Update - in der Schweiz zulassen kann. Dies ist unstreitig. Unerheblich ist, ob der Kläger bei Erwerb des Fahrzeuges vorgehabt hat, das Fahrzeug in der Schweiz zuzulassen oder es dorthin weiterzuverkaufen. Maßgeblich ist, dass die Einschränkung besteht. Eine Zulassung in der Schweiz oder eine Weiterveräußerung in diesen Raum auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung gehört zu den wertbildenden Eigenschaften, die jedem Fahrzeug anhaften, nicht jedoch dem streitgegenständlichen. Die Gefahr bestand bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn es ist anzunehmen, dass die Schweiz sich auch schon zu einem früheren Zeitpunkt in der Weise verhält, wie sie es nun getan hat.
33 
2. Der Kläger hat diesen Schaden aufgrund eines Verhaltens der Beklagten erlitten. Erforderlich ist insoweit ein adäquat kausaler Zusammenhang unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm (BGH, Urteil vom 03. März 2008 - II ZR 310/06 -, Rn. 15, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 45 ff.). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war.
34 
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat die Fahrzeuge, insbesondere die Motoren mit der unzulässigen Abschalteinrichtung, produziert und in Verkehr gebracht. Dabei hat sie durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt scheinbar zulässige Emissionswerte vorgespiegelt und sich die EG-Typgenehmigung erschlichen. Der Fortbestand der allgemeinen Betriebserlaubnis auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung hing wesentlich an den Eigenschaften des Motors und seiner Steuerung sowie der Rechtmäßigkeit des Zulassungsverfahrens. Bei einem Widerruf der Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und einer Untersagung des Betriebs drohte jedem Halter dieses Typs die Stilllegung seines Fahrzeugs. Ebenso war jedes Fahrzeug dieses Typs von einem massiven Wertverlust bei Bekanntwerden der Täuschungen bei der Typgenehmigungsprüfung bedroht.
35 
Die Fahrzeuge werden von der Beklagten als Herstellerin entweder selbst oder durch selbständige Verkäufer vertrieben. Häufig werden die Fahrzeuge vom Ersterwerber weiterveräußert an Zweit- und Folgeerwerber. Jeder Erwerber knüpft unabhängig von der Person des Verkäufers an das Fahrzeug die Erwartung, dass er dieses dauerhaft und ohne Gefahr des Widerrufs der Typgenehmigung und der Stilllegung nutzen kann. Diese selbstverständliche Erwartung prägt den Wert des Fahrzeugs und stellt ein wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar.
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Vor diesem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich bis sicher, dass ein potenzieller Gebrauchtwagenkäufer, wie der Kläger, von dem Erwerb eines von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs mit diesem Motorentyp absieht, wenn er weiß, dass das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß betrieben wurde. Dann erkennt er die Gefahr der Stilllegung und des drohenden Wertverlusts und die Ungewissheit, ob es der Beklagten gelingen wird, ein Software-Update zu entwickeln, mit dem die Voraussetzungen des Zulassungsverfahrens erfüllt werden, ohne dass die Eigenschaften des Fahrzeugs nachteilig verändert werden. Das Inverkehrbringen eines derart mangelbehafteten Fahrzeugs, dessen Mangel nicht erkennbar ist, beeinträchtigt die Dispositionsfreiheit sämtlicher Erwerber, gleichgültig ob Erst- oder Folgeerwerber, und begründet somit einen Vermögensschaden durch den Abschluss eines ungünstigen Vertrages.
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Eine Zurechnung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm zu verneinen. Die EG-Typgenehmigung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Fahrzeugs. Das Prüfverfahren dient dem Nachweis, dass das Fahrzeug den allgemeinen Anforderungen insbesondere hinsichtlich der Emission- und Verbrauchswerte entspricht. Gleichzeitig hat es den Zweck, Verbrauchswerte (Kohlendioxidemissionen und Kraftstoffverbrauch) nach einem geregelten Verfahren zu ermitteln und dem Verbraucher und Anwender objektive und genaue Informationen zu geben (Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3, 4, Erwägungsgrund Nr. 17 EG-VO 715/2007). Derartige Informationen sind nicht nur bei der Erstanschaffung, sondern auch bei einem Folgeerwerb von Gebrauchtfahrzeugen von Bedeutung.
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3. Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler BGB [2014] § 826, Rn. 31).
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Die berechtigten Verkehrserwartungen gehen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt, und sich nicht durch falsche Angaben zu wichtigen zulassungsrelevanten Eigenschaften eine Typgenehmigung erschleicht. Dabei wird eine sehr hohe Sorgfalt erwartet, wenn das Handeln von einer großen Tragweite ist und Verstöße zu hohen Schäden führen können. Dies ist in der Automobilindustrie, die in zig-tausendfacher Stückzahl hochwertige Güter mit langer Lebensdauer herstellt, die für die Mobilität der Kunden von großer Bedeutung sind, der Fall. In der Automobilindustrie spielt zudem die Einhaltung von Umweltstandards eine große Rolle, da systematische Abweichungen bei in großer Stückzahl produzierten Fahrzeugen eine entsprechend hohe Auswirkung auf die Umweltbelastung haben. Den europäischen Normen entsprechend erwartet der Verbraucher objektive und genaue, und somit wahrheitsgemäße Informationen. Verbrauchs- und Emissionswerte haben allgemein eine hohe Bedeutung bei den Anschaffungsentscheidungen. Die allgemeine Verkehrserwartung geht auch dahin, dass sich ein Hersteller nicht durch falsche Angaben oder durch Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Werten Wettbewerbsvorteile verschafft. An die Redlichkeit werden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage ist.
40 
Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte in einem erheblichen Maße verstoßen. Die Installation einer Abschalteinrichtung widersprach offensichtlich den Vorgaben der EG-VO 715/2007. Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit - wie die Beklagte selbst vorträgt - keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift und erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen nicht. Unstreitig wurde die Beklagte durch den Hersteller der Software, die Firma B..., vor dem gesetzeswidrigen Einsatz der Software gewarnt. Das Handeln entgegen der Warnung verstärkt das Unwerturteil.
41 
Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns ist der hohe Schaden, den die Beklagte verursacht hat, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen, das die Beklagte in Kauf genommen hat. Der Beklagten war bewusst, dass sie die Anforderungen der Abgasnormen nicht ohne die unzulässige Abschalteinrichtung erfüllen konnte. Dies folgt bereits aus der Installation der Software, die speziell eine Motorsteuerung für den Prüfzyklus vorsah, und somit für die Prüfung nicht geeignete Emissionswerte erzeugte. Als Automobilhersteller war ihr weiter bekannt, dass sie keine rechtsbeständige EG-Typgenehmigung durch eine Täuschung im Prüfverfahren erhalten kann und somit die Gefahr des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden war angesichts der hohen Stückzahl der produzierten Motoren enorm. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthält ein hohes Maß an Skrupellosigkeit. Gleichzeitig hat sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der EG-VO 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.
42 
4. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten zurechnen lassen (a.). Deren Wissen ist unstreitig bzw. als zugestanden anzusehen und ihr Verhalten als vorsätzlich zu qualifizieren (b.).
43 
a. Die Beklagte muss sich das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten auch im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB zurechnen lassen.
44 
Grundsätzlich haftet eine juristische Person gemäß § 31 BGB für das Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich die Zurechnung im Rahmen des § 826 BGB nicht auf Organe im aktienrechtlichen Sinn. Dies ergibt sich nicht aus der von ihr zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris).
45 
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft eine juristische Person über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus eine Repräsentantenhaftung für solche Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (BGH, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11 -, BGHZ 196, 340, Rn. 12). Entgegen der weiteren Auffassung der Beklagten gilt die Repräsentantenhaftung nicht nur im vertraglichen Bereich, sondern auch bei der deliktischen Haftung. In der von der Beklagten zum Beleg des Gegenteils zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris) hat dieser im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB ausdrücklich auf die weite Auslegung des Begriffs des verfassungsmäßigen Vertreters hingewiesen und die hierzu ergangene Grundsatzentscheidung zitiert (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VII ZR 82/65 -, BGHZ 49, 19, Rn. 11).
46 
b. Die Repräsentanten der Beklagten haben die Schädigung des Klägers vorsätzlich veranlasst bzw. zugelassen. Dies gilt für ihren damaligen Entwicklungsvorstand Dr. H ..., für den Markenvorstand von VW N... sowie für die von der Beklagten nicht benannten weiteren Repräsentanten (aa.). Diese haben vorsätzlich gehandelt (bb).
47 
aa. Es ist unstreitig, dass die Zeugen Dr. H... und N..., die als Repräsentanten der Beklagten anzusehen sind, Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages hatten ([1]). Die Kenntnis weiterer Repräsentanten der Beklagten von der Verwendung der unzulässigen Software ist unter Berücksichtigung der sekundären Darlegungslast der Beklagten als zugestanden anzusehen ([2]).
48 
(1) Der Kläger hat behauptet, dass der Entwicklungsvorstand Dr. H... Kenntnis von der Manipulation gehabt habe und der Markenvorstand von VW und damalige Leiter der Aggregateentwicklung der Marke Volkswagen im Jahr 2011 vor illegalen Praktiken mit den Abgaswerten gewarnt worden sei. Dieser Vortrag ist zur Behauptung eines Vorsatzes bei Repräsentanten der Beklagten ausreichend. Die Beklagte als Weltkonzern hat auch unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Personen, die wesensmäßige Funktionen der Beklagten zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind. Sie selbst bezeichnet sie als Vorstände. Beispielsweise bestreitet sie nicht die von der Beklagten verwendete Bezeichnung des Dr. H... als „Entwicklungsvorstand“, sondern beschränkt sich auf die Klarstellung, dass dieser kein Vorstand im aktienrechtlichen Sinne sei. Auch der Zeuge N... führte unstreitig die Bezeichnung als Markenvorstand von VW. Beiden waren somit wesensmäßige Funktionen zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen, so dass sie als Repräsentant der Beklagten anzusehen sind.
49 
Die Beklagte hat die Kenntnis der beiden Repräsentanten nicht (wirksam) bestritten. Ihr Vortrag, dass nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erwiesen sei, dass Herr Dr. U... H... im relevanten Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses von der Programmierung oder von der Verwendung der streitgegenständlichen Software in Fahrzeugen Kenntnis hatte, stellt kein eindeutiges Bestreiten dar. Die Feststellung, ob eine Tatsache „erwiesen“ ist, ist Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Tatsachenfeststellung und stellt keine Tatsachenbehauptung der Beklagten, sondern allenfalls eine eigene Würdigung von nicht offen gelegten Indizien dar. Die Beklagte legt nicht dar, aus welchen Gründen sie nicht in der Lage sei, sich eindeutig zu der Tatsachenbehauptung des Klägers zu äußern und sah sich auf ausdrückliche Nachfrage nicht in der Lage, unter Beachtung ihrer prozessualen Wahrheitspflicht die Behauptung aktiv zu bestreiten. Bezüglich des Zeugen N... bestreitet die Beklagte nicht, dass dieser zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Jahr 2014 Kenntnis von der Abschalteinrichtung gehabt habe. Die Beklagte bestreitet insoweit nur die Kenntnis ihrer Vorstände im aktienrechtlichen Sinn, zu denen der Zeuge N... nicht zählt. Soweit die Beklagte lediglich vorträgt, der Zeuge N... wie „nach eigenen Angaben im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs EA 189 informiert“ gewesen, ist dieses Bestreiten daher unerheblich.
50 
(2) Ein konkreterer Vortrag bezüglich einzelner weiterer Personen, die als Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von der unzulässigen Verwendung der Abschalteinrichtung hatten und diese nicht verhindert haben, war zudem nicht erforderlich. Insofern greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast.
51 
Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14 -, Rn. 18, juris).
52 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
53 
(a) Der Kläger hat mit seiner Behauptung, die Unternehmensleitung habe Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware gehabt, den maßgeblichen Personenkreis der Repräsentanten der Beklagten auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne bezeichnet. Eine namentliche Benennung war nicht erforderlich, weil er hiervon keine Kenntnis hatte und er als Nichtkonzernangehöriger außerhalb des Geschehensablaufs steht. Insbesondere kann er nicht wissen, wie die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Volkswagenkonzerns und konkret der Motorenentwicklung zum Zeitpunkt der Entwicklung war. Dass ein Weltkonzern wie die Beklagte auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne Personen wesensmäßige Aufgaben wie die Entwicklung von Motoren, den Einkauf, die Entwicklung einer Marke, die Produktsicherheit, das Qualitätsmanagement etc. zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erledigung überträgt, ergibt sich aus der Notwendigkeit zur Organisation und Überwachung des enorm großen Geschäftsbetriebs, die nicht allein von wenigen Personen des Konzernvorstands geleistet werden können. Demgegenüber ist es der Beklagten ohne weiteres möglich und zumutbar, die in den Entwicklungsprozess des Motors EA 189 eingebundenen Verantwortlichen bis zu den Bereichsvorständen und den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn zu benennen. Weiter ist unstreitig, dass Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Abschalteinrichtung hatten. Sogar eine interne Warnung im Jahr 2011 ist unstreitig, ohne dass die Beklagte dazu vorträgt, dass diese die Verantwortlichen nicht erreicht hätte. Auch schweigt die Beklagte zu der Kenntnisnahme des Schreibens der Fa. B... GmbH im Jahr 2007, in dem diese die Beklagte vor der Verwendung der Software gewarnt hat. Es ist aber zu erwarten, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb derartig organisiert, dass die Verantwortlichen die für den Betrieb wesentlichen Informationen auch erhalten. Es ist naheliegend - und keinesfalls aus der Luft gegriffen und von dem Kläger ins Blaue hinein behauptet -, dass jedenfalls die aus Repräsentanten bestehende Unternehmensführung unterhalb der Ebene des Konzernvorstands Kenntnis von den Vorgängen gehabt hat.
54 
(b) Die Beklagte hat die Kenntnis ihrer Repräsentanten nicht ausreichend bestritten und zudem ihrer diesbezüglichen sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist.
55 
Die Beklagte differenziert zunächst selbst zwischen den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn und weiteren Vorständen. Bezüglich der Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware hält sie einen differenzierten Vortrag:
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Bezüglich der Kenntnis ihres Vorstandsvorsitzenden oder andere Mitglieder des Vorstands (ohne Differenzierung nach ihrer Organstellung) bestreitet sie lediglich die Kenntnis zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software. Dieses Bestreiten ist unerheblich, weil es maßgeblich auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs (hier Oktober 2014) ankommt, nicht auf einen früheren Entwicklungszeitpunkt.
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Weiter bestreitet sie, beschränkt auf die Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, dass diese Kenntnis von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Fahrzeugtyp zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses hatten. Damit bestreitet die Beklagte nicht, dass auf der Vorstandsebene unterhalb der Vorstände im aktienrechtlichen Sinn die Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Software hatten. Die Beklagte wäre im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen, substantiiert darzulegen, dass nach ihren Recherchen die in Betracht kommenden Repräsentanten keine Kenntnis von der Verwendung der Manipulationssoftware gehabt haben.
58 
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht deshalb von einer sekundären Darlegungslast befreit, weil es sich bei dem Bestreiten der Kenntnis um eine negative Tatsache handelt. Es ist nämlich unstreitig, dass das Wissen über die Verwendung der Manipulationssoftware bei der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne vorhanden war. Sie wurde von der Firma B... GmbH, wie ausgeführt, sogar auf die Rechtswidrigkeit der Verwendung hingewiesen. Die Beklagte hätte daher darlegen können, wie die interne Kommunikation verlaufen ist und dass die Information nicht die Repräsentanten der Beklagten erreicht hätte. Insofern war sie zu einem positiven Vortrag in der Lage. Dieser Vortrag war ihr auch zuzumuten, da angesichts der Bedeutung des Vorganges ein Exzess von nicht führenden Mitarbeitern der Beklagten als unwahrscheinlich erscheint. Es ist daher davon auszugehen, dass die namentlich nicht genannte Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, die für die Entwicklung des Motors EA 189 sowie die Zulassung und den Vertrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps zuständig waren, in den Vorgang involviert waren.
59 
bb. Der Entwicklungschef der Beklagten, Dr. H..., der frühere Markenvorstand von VW N... sowie die nicht genannten Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne haben vorsätzlich gehandelt. Ein vorsätzliches Handeln erfordert ein Wissens- und ein Wollenselement bezogen auf die maßgeblichen Umstände, hier die Schädigung des Klägers. Der Handelnde muss die Schädigung gekannt oder zumindest vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Beim bedingten Vorsatz muss er die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Da es sich beim Vorsatz um eine innere Tatsache handelt, lässt sich diese nur aus äußeren Umständen folgern. Hierbei kann beispielsweise die Leichtfertigkeit des Handelns oder die starke Gefährdung des betroffenen Rechtsguts die Schlussfolgerung im Einzelfall rechtfertigen. Allerdings ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadens kein alleiniges Kriterium für die Frage, ob der Handelnde mit dem schädigenden Erfolg einverstanden ist. Maßgeblich sind sämtliche Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10 -, Rn. 10f, juris; MünchKommBGB/Wagner, aaO, § 826 Rn. 33)
60 
Aus den geschilderten Umständen des Einzelfalls lässt sich ein Vorsatz der handelnden Personen feststellen. Unstreitig wurde die Beklagte durch die Entwicklerin der Software mit der Abschalteinrichtung vor deren Verwendung gewarnt. Die Entwicklung eines gesonderten Betriebsmodus für den NEFZ widerspricht offensichtlich der Vorgabe der EG-VO 715/2007. Diese hat zum Ziel, bestimmte umweltrelevante Emissions- und Verbrauchswerte in einem normierten Prüfverfahren festzustellen, die möglichst nahe an den Werten im normalen Fahrzeugbetrieb liegen sollen. Die Beklagte hat demgegenüber eine Steuerung eingesetzt, die nur für den Prüfzyklus zu reduzierten Emissionswerten führte und für den Normalbetrieb eine hiervon abweichende Behandlung der Abgase vorsah. Damit lassen die im Prüfzyklus festgestellten Werte keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Werte im praktischen Betrieb zu.
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Bei der Produktion eines derart hochwertigen und strengsten Qualitätsanforderungen unterliegenden Produkts ist es ausgeschlossen, dass die Bedeutung der eindeutigen Vorschriften missverstanden worden sein konnten. Auf die Rechtswidrigkeit wurde die Beklagte von extern und intern wiederholt hingewiesen. Aus der Verwendung einer solchen offensichtlich rechtswidrigen Manipulationssoftware lässt sich folgern, dass den handelnden Personen die Angreifbarkeit der so erschlichenen EG-Typgenehmigung bekannt war. Die Täuschungshandlung rechtfertigt auch den Schluss, dass die handelnden Personen den daraus für die Erwerber möglicherweise entstehenden Schaden billigend in Kauf genommen haben. Wer im Zulassungsverfahren täuscht, rechnet damit, dass bei Offenlegung der verheimlichten Tatsache die getäuschte Behörde eine andere Entscheidung getroffen hätte bzw. ihre ursprüngliche Entscheidung revidiert. Andernfalls hätte kein Anlass für eine Täuschung bestanden. Der Beklagten als Automobilhersteller war bekannt, dass Fahrzeuge, die über keine EG-Typgenehmigung verfügen, ihre allgemeine Betriebserlaubnis verlieren und stillgelegt werden können. Der mögliche Schaden für die Fahrzeugeigentümer in der Form eines Wertverlustes bei Bekanntwerden der Manipulationssoftware ist so offensichtlich, dass sich daraus nur ein Inkaufnehmen seitens der handelnden Personen folgern lässt. Diesen war ohne vernünftigen Zweifel bekannt, dass bereits kleinste Fehler einen erheblichen Schaden, beispielsweise durch Rückrufaktionen, auslösen können. Umso mehr drängte sich ihnen auf, dass ein enormer Schaden entstehen würde, wenn sämtliche Fahrzeuge, in denen der Motor des Typs EA 189 verbaut war, ihre Zulassung verlieren würden.
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5. Der Kläger kann gemäß § 249 BGB Schadensersatz verlangen. Er hat einen Anspruch so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Aufgrund der Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die EG-Typgenehmigung von der Beklagte unter Einsatz einer Manipulationssoftware erschlichen wurde und daher die Stilllegung im Falle eines Widerrufs der Genehmigung drohte. Hierfür spricht die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand unnötig derartig erhebliche Risiken eingeht, wenn ihm auf dem Markt vergleichbare Produkte ohne entsprechende Risiken angeboten werden. Dabei ist unerheblich, dass das Kraftfahrt-Bundesamt sich später nicht zu einem Widerruf der Genehmigung, sondern zu dem nachträglichen Erlass einer Auflage entschlossen hat. Maßgeblich ist auf den Zeitpunkt abzustellen, bei dem aufgrund der Handlung der Beklagten bei dem Kläger der Schaden eingetreten ist. Das ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
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Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, zum Zwecke der Schadenminderung das Software-Update aufspielen zu lassen. Er kann die Rückgängigmachung des ihm entstandenen Schadens in der Form des Abschlusses eines unvorteilhaften Vertrages verlangen und muss sich nicht vom Schädiger das Festhalten an dem Vertrag aufdrängen lassen. Dies gilt umso mehr, als nicht feststeht, dass das Software-Update ohne nachteilige Folgen, die möglicherweise erst nach einem längeren Dauerbetrieb auftreten, aufgespielt werden kann. Dies ließe sich erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen, dessen kostspielige Einholung dem deliktisch geschädigten Kläger nicht zuzumuten ist. Aus dem gleichen Grund ist das nachträgliche - nach Klägervortrag heimliche - Aufspielen der Software entscheidungserheblich. Der Schaden ist bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstanden. Aus den ungeklärten Umständen des Aufspielens der Software lässt sich kein gemäß § 242 BGB missbräuchliches Schadensersatzverlangen des Klägers ableiten. Zu dem Schaden gehört auch ein etwaiger Schaden, der beim Kläger infolge des Aufspielens des Software-Updates entstehen kann, da das Aufspielen des Software-Updates selbst eine Folge der ursprünglichen Installation einer Motorsteuersoftware mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung darstellt.
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6. Der Kläger hat gemäß §§ 826, 249, 257 BGB einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR. Hierbei hat das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe des Kaufpreises von 18.200 EUR abzüglich eines Nutzungsvorteils in Höhe von 1.966,50 EUR und unter Abzug eines 20%-igen Abschlags für die Feststellungsklage angesetzt. Der Nutzungsvorteil wird auf der Grundlage der vom Kläger angegebenen Laufleistung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geschätzt. Bei einer angenommenen Gesamtlaufleistung von 300.000 km für einen Audi A4 Diesel und einer Restlaufleistung vom 275.300 km bei Vertragsschluss errechnet sich der Nutzungsvorteil auf 0,07 EUR/km und - ausgehend vom Kilometerstand von 24.700 km bei Vertragsschluss - eine durchschnittliche Fahrleistung von 28.092,8 km p.a.. Zum Zeitpunkt des Anwaltsschreibens des Klägervertreters hatte der Kläger das Fahrzeug ca. 1 Jahr. Eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer sind als erforderlich anzusetzen. Unter der Berücksichtigung, dass es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für mehrere Verfahren anfällt, erscheint ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr nicht gerechtfertigt.
65 
7. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 2 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 1, § 711 ZPO. Der Streitwert wurde in Höhe des Schadens, der im Wesentlichen dem Kaufpreis abzüglich des rechnerischen Nutzungsvorteils bei Klageeinreichung unter Abzug eines 20 %-Abschlags für die Feststellungsklage entspricht, festgesetzt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten für Schäden, die ihm aus der bei Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware bezüglich des Fahrzeugs Audi A4, FIN: ..., durch die Beklagte resultieren.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 958,19 freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis 13.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger erwarb am 26.10.2014 einen gebrauchten Audi A4 mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189, der vom so genannten Abgasskandal betroffen ist, und verlangt von der Beklagten, der Herstellerin des Fahrzeugs, Schadensersatz. Er erwarb das Fahrzeug mit einer Laufleistung von 24.700 km zum Preis von 18.200 EUR von einem privaten Autoverkäufer, der nicht am Verfahren beteiligt ist. Das Fahrzeug verfügte zum Zeitpunkt des Erwerbs über eine EG-Typgenehmigung. Die Motorsteuergerätesoftware verfügte über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn das Fahrzeug den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt. Die Software kennt zwei unterschiedliche Betriebsmodi. Im NEFZ schaltet es in den Modus 1, indem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate und zu einem verminderten Ausstoß von Stickoxiden (NOx) kommt. Außerhalb des NEFZ wird das Fahrzeug im Modus 0 betrieben.
Die Entscheidung für den Einsatz der Software erfolgte im Jahr 2005/2006. Die Firma B... war an der Entwicklung der Software beteiligt und warnte im Jahr 2007 die Beklagte vor dem gesetzwidrigen Einsatz der Abgastechnik. Auf ein entsprechendes Schreiben stieß die interne Revision der Beklagten. Ein Mitarbeiter der Beklagten wies intern bereits im Jahr 2011 auf den Rechtsverstoß hin.
Mit Bescheid vom 15.10.2015 erließ das Kraftfahrt-Bundesamt bezüglich der EG-Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug nachträglich eine Nebenbestimmung mit der Aufforderung zur Entfernung der Abschalteinrichtung.
Die Parteien streiten darüber, ob eine unzulässige Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (im Folgenden: EG-VO 715/2007), vorliegt und ob der Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts für die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren bindende Feststellungen enthält. Von der Verwendung der Abschalteinrichtungen hatten Mitarbeiter der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Kenntnis. Streitig ist dies nur bezüglich des damaligen Entwicklungsvorstands Dr. H... . Der damalige Leiter der Aggregate-Entwicklung und Markenvorstand der Marke VW, H... N..., wusste ebenfalls von der Verwendung der Abschalteinrichtung; ob er bereits im Jahr 2011 diesbezüglich gewarnt wurde, ist streitig.
In der Schweiz ist die Zulassung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ohne entsprechende Nachrüstung nicht möglich.
Der Kläger trägt vor:
Sein Fahrzeug habe von Anfang an nicht die Voraussetzungen für die Typgenehmigung erfüllt und die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten. Daher bestehe das Risiko, dass das Fahrzeug mangels Genehmigung stillgelegt werde, jedenfalls wenn kein Update installiert werde. Der Marktwert des Fahrzeuges sei um mindestens 10 % gesunken. Das Update verändere wichtige Eigenschaften des Fahrzeuges. So drohten im Langzeitbetrieb Versottungsschäden am Abgasrückführungsventil und an Leitungen, wovor auch die EU-Kommission gewarnt habe, es entstehe ein höherer Kraftstoffverbrauch als vorher und wegen der verzögerten Verbrennung lasse das Ansprechverhalten des Motors zu wünschen übrig.
Die Beklagte, namentlich auch der Vorstand im aktienrechtlichen Sinne, hätten Kenntnis von dem Einsatz der unzulässigen Software gehabt. Die komplexe Beschaffungslogistik unter Beteiligung der Firma B... schließe es aus, dass eine Implementierung ohne das Wissen des Vorstands der Beklagten erfolgt sei. Der Entwicklungsvorstand Dr. U... H... habe die Anweisung zum Einbau erteilt. Nach Klageerhebung sei die - unstreitige - Nachrüstung seines Fahrzeugs heimlich und gegen seine Anweisung erfolgt.
Der Kläger beantragt:
10 
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs Audi A4, FIN: ... durch die Beklagtenpartei resultieren.
11 
2. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.680,28 freizustellen.
12 
Die Beklagte beantragt:
13 
Die Klage wird abgewiesen.
14 
Sie trägt vor:
15 
Nach dem derzeitigen Stand ihrer Ermittlungen lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. Daher bestreite sie, dass ihr damaliger Vorstandsvorsitzender und andere Mitglieder des Vorstands im Zeitpunkt der Entwicklung der Software von dieser wussten. Ebenso bestreite sie, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten und andere Vorstände im aktienrechtlichen Sinne im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Typ Kenntnis gehabt hätten. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei auch nicht erwiesen, dass Dr. U... H... oder ein anderes Vorstandsmitglied der Beklagten die Software des Dieselmotors EA 189 EU5 oder EU4 in Auftrag gegeben hätten. Die diesbezügliche Behauptung des Klägers würde bestritten. Bei den Ausführungen des Klägers zu der Kenntnis des Vorstands aufgrund von Aussagen von Mitarbeitern handele es sich lediglich um Spekulationen. Nach den eigenen Angaben des Zeugen N... sei dieser im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs Ea189 informiert gewesen. Mit dem Vortrag der Beklagten, „nach derzeitigem Ermittlungsstand wurde die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen", habe die Beklagte in keiner Form eingestanden, dass ein (oder mehrere) konkreter Verrichtungsgehilfe die Motorsteuersoftware eingebaut habe.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Klage ist zulässig (I.) und überwiegend begründet (II.).
I.
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart folgt aus § 32 ZPO. Der Kläger macht einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend unter anderem mit der Behauptung, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, § 826 BGB. Zum zuständigkeitsbegründenden Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO gehört auch der Ort, wo der schädigende Erfolg eingetreten ist, wenn der Schaden zum Tatbestandsmerkmal gehört (MünchkommZPO/Patzina, 5. Aufl., § 32 Rn. 20; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 32 Rn. 19). Dies ist bei Schadensersatzansprüchen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Fall. Der Schaden ist am Wohnsitz des Klägers eingetreten, der im Gerichtsbezirk des Landgerichts liegt.
19 
2. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger hat das gemäß § 256 ZPO erforderliche Interesse an der Feststellung des Schadensersatzanspruchs. Insbesondere ist die Feststellungsklage im vorliegenden Fall nicht subsidiär gegenüber einer Leistungsklage. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Kläger einer Schadensersatzklage nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben, wenn er den Schaden noch nicht abschließend beziffern kann, weil dieser noch nicht abgeschlossen ist (vgl. nur: BGH, Urteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 53/07 -, Rn. 7, juris). War ein Schadensereignis zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen, vermag der Kläger jedoch im Laufe des Verfahrens den Schaden abschließend zu beziffern, ist er hierzu ebenfalls nicht verpflichtet, sondern kann weiterhin seinen Feststellungsantrag aufrechterhalten (BGH, Urteil vom 04. November 1998 - VIII ZR 248/97 -, Rn. 15, juris).
20 
So liegt der Fall hier. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war das Fahrzeug des Klägers noch nicht nachgerüstet. Es bestand daher die Gefahr, dass ihm im Falle der Verweigerung der Nachrüstung der Betrieb des Fahrzeugs durch die Zulassungsstelle gemäß § 5 FZV untersagt und das Fahrzeug stillgelegt wird. Der Zeitpunkt des damit verbundenen weiteren Schadens wegen des Nutzungsausfalls sowie etwaiger Rechtsverteidigungskosten gegen das Vorgehen der Zulassungsstelle etc. stand noch nicht fest. Der Schadenseintritt war jedoch ausreichend wahrscheinlich.
21 
Zwar wäre der Schaden abschließend bezifferbar gewesen, wenn die Beklagte sich sofort auf die auch von dem Kläger primär begehrte Rückabwicklung eingelassen hätte. Der Kläger musste jedoch - wie sich herausgestellt hat zu Recht - damit rechnen, dass er nicht sofort zu seinem Recht kommt und ihm daher im Laufe des Gerichtsverfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung ein weiterer Schaden entstehen kann. Die zwischenzeitliche Nachrüstung des Klägerfahrzeugs lässt zwar diese Gefahr entfallen. Dieser Umstand ist jedoch erst nach der Klageerhebung eingetreten. Im Übrigen ist durch die Nachrüstung nicht ausgeschlossen, dass nunmehr die von dem Kläger geltend gemachten Nachteile und Folgeschäden am Fahrzeug (erhöhter Kraftstoffverbrauch, häufigerer Austausch des Partikelfilters, Versottungsschäden etc.) entstehen.
22 
3. Der Klageantrag Ziff. 1 war dahingehend auszulegen, dass es dem Kläger um die Erstattung von Schäden geht, die im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware geht und nicht um irgendwelche anderen, unbenannten Manipulationen. Dies geht aus dem gesamten Vorbringen des Klägers hervor, der sich ausschließlich mit dieser Thematik befasst. Entsprechend war dies bei der Tenorierung klarzustellen.
II.
23 
Die Klage ist mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderung begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Er hat einen Schaden erlitten (1.). Dieser ist durch ein Verhalten der Beklagten entstanden (2.), welches als sittenwidrig zu qualifizieren ist (3.). Die Beklagte hat dabei vorsätzlich gehandelt (4.). Aufgrund dessen hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz (5.).
24 
1. Der Kläger hat durch den Erwerb des Audi A4 einen Schaden erlitten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist auch subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen umfasst sind, wie - bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit - die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch Eingehung eines nachteiligen Geschäfts (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 -, BGHZ 161, 361, Rn. 16; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 -, Rn. 18, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 41ff.). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 -, BGHZ 192, 90, Rn. 58).
25 
Einen solchen Schaden hat der Kläger erlitten. Er hat einen Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug abgeschlossen, das formal über eine erteilte EG-Typgenehmigung verfügte. Durch dieses Geschäft ist bei ihm eine konkrete Vermögensgefährdung eingetreten. Das Fahrzeug verfügte über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007, die einer Zulassung entgegenstand. Dadurch bestand die Gefahr, dass jederzeit die Zulassung widerrufen werden konnte, weil das Fahrzeug tatsächlich die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllte. In der Folge drohten Nutzungsbeschränkungen und ein Wertverlust.
26 
a. Gemäß Art. 10 Abs. 1 EG-VO 715/2007 erteilt die nationale Zulassungsbehörde die Typgenehmigung, wenn das betreffende Fahrzeug den Vorschriften der Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen entspricht. Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) darf eine EG-Typgenehmigung nur erteilt werden, wenn die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellenden Ergebnis durchgeführt wurden. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 hat der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemäß Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Nach Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 ist eine „Abschalteinrichtung“ ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
27 
b. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügte über eine derartige unzulässige Abschalteinrichtung, so dass das Prüfverfahren und somit die Voraussetzungen für die Erteilung einer EG-Typgenehmigung nicht vorlagen. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte eine unterschiedliche Emissionsbehandlung je nachdem, ob sich das Fahrzeug im NEFZ im Modus 1 befand oder im Modus 0 für den Normalbetrieb. Im Prüfbetrieb wurden Emissionen aus dem Verbrennungsprozess durch eine Abgasrückführung teilweise dem Verbrennungsprozess wieder zugeführt. Eine solche Steuerung ist Teil eines Emissionskontrollsystems im Sinne von Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007. Die Emissionen werden kontrolliert und gesteuert: Die Motorsteuerung, die anhand der Parameter den Prüfzyklus erkennt, schaltet im Normalbetrieb die Abgasrückführung, die der Kontrolle der Emissionen und der Reduzierung des Schadstoffausstoßes dient, ab.
28 
Die von der Beklagten gemachte Unterscheidung zwischen „so genannten innermotorischen Maßnahmen“ und denjenigen der „Abgasreinigung im Emissionskontrollsystem“ lässt sich der Verordnung nicht entnehmen und widerspricht offensichtlich deren Zweck. Die Emissionskontrolle im Sinne der Verordnung ist nicht auf die Abgasreinigung beschränkt. Durch die Rückführung eines Teils der Abgase (Emissionen) in den Verbrennungsprozess im Motor werden die Emissionen kontrolliert. Durch die Fahrzykluserkennung wird dieser Teil des Kontrollsystems abgeschaltet. Die Auslegung der Beklagten widerspricht auch offensichtlich dem Zweck der Verordnung, wonach das Testverfahren möglichst das Verhalten des Fahrzeugs unter normalen Betriebsbedingungen widerspiegeln soll. So schreibt Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 ausdrücklich vor, dass der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten hat, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Erwägungsgrund 15 der Verordnung weist auf das Ziel hin, dass die bei den Typgenehmigungsprüfungen gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen sollen. Die Motorsteuerung der Beklagten knüpft demgegenüber nicht an bestimmte Betriebszustände oder Umweltbedingungen an, sondern ausschließlich an die Feststellung des NEFZ, zielt also bewusst auf eine Steuerung der Emissionen für den Ausnahmefall der Genehmigungsprüfung.
29 
Nachdem die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung zur Überzeugung des Gerichts feststeht, kommt es auf die Frage der Bindungswirkung des Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamts nicht an.
30 
c. Die Installation der unzulässigen Abschalteinrichtung begründete die konkrete Gefahr des Widerrufs der Zulassung und somit der Stilllegung des Fahrzeugs sowie des massiven Wertverlustes. Zu dem Widerruf der Typgenehmigung wäre das Kraftfahrt-Bundesamt berechtigt gewesen, weil sie von der Beklagten über das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen getäuscht wurde. Unabhängig von der konkreten Vorgehensweise des Kraftfahrt-Bundesamts nach Bekanntwerden der Abschalteinrichtung bestand seit Inverkehrbringen der Fahrzeuge mit der zweifelhaften EG-Typgenehmigung die Gefahr des Bekanntwerdens der Manipulation und des sofortigen Widerrufs der Zulassung ohne Auflagen. Dies war nicht fernliegend, da Auflagen als Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten nicht erzwingbar sind und die Beklagte als Adressatin einer Auflage zur Durchführung einer Nachbesserung von in Verkehr gebrachten Fahrzeugen es nicht in der Hand hat, sämtliche Fahrzeughalter zu einer Nachrüstung zu zwingen. Auch ist zwischen der Pflicht zur Nachrüstung zum Zwecke des Erhalts der Betriebserlaubnis und dem Integritätsinteresse des Fahrzeugeigentümers zu unterscheiden. Ein Fahrzeugeigentümer kann eine Nachrüstung unter Umständen zu Recht ablehnen, weil er eine Verschlechterung seines Fahrzeugs erwartet, die er zum Erhalt der Zulassung nicht bereit ist in Kauf zu nehmen. Es ist unstreitig, dass die Zulassungsstellen den Betrieb von nicht nachgerüsteten Fahrzeugen gemäß § 5 FZV untersagen und Fahrzeuge stilllegen können. Soweit die Beklagte bestreitet, dass dieser Widerruf - entsprechend dem Klägervortrag - durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen kann, streitet sie nicht die generelle Möglichkeit der Betriebsuntersagung ab, wie sie es nach dem unstreitigen Klägervortrag selbst Kunden des VW Amarok in Schreiben mitgeteilt hat.
31 
Weiter war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht damit zu rechnen, dass die Beklagte in der Lage sein würde, innerhalb kurzer Frist ein Software-Update ausliefern zu können, das ohne nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Fahrzeuges die Abschalteinrichtung deaktiviert und gleichzeitig zu zulässigen Emissionswerten führt. Die Beklagte hat vorgetragen, dass das Software-Update die Erkenntnisse aus der Weiterentwicklung des Diesel-Brennverfahrens der letzten zehn Jahre aufgreife. Das Bekanntwerden der unzulässigen Abschalteinrichtung und der Gefährdung der EG-Typgenehmigung hätte angesichts der Ungewissheit über die Nachbesserungsfähigkeit durch die Beklagte sofort zu einem Wertverlust geführt. Dass nunmehr auf dem Gebrauchtwagenmarkt die mit einem Software-Update ausgestatteten Fahrzeuge ohne Preisabschlag gehandelt werden, wie die Beklagte es behauptet, ändert nichts daran, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages diese Kenntnisse noch nicht vorlagen und daher wegen der Unsicherheit des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Gefahr der Stilllegung mit erheblichen Preisabschlägen zu rechnen war.
32 
Weiter ist dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden, dass er es nicht mehr - ohne Software-Update - in der Schweiz zulassen kann. Dies ist unstreitig. Unerheblich ist, ob der Kläger bei Erwerb des Fahrzeuges vorgehabt hat, das Fahrzeug in der Schweiz zuzulassen oder es dorthin weiterzuverkaufen. Maßgeblich ist, dass die Einschränkung besteht. Eine Zulassung in der Schweiz oder eine Weiterveräußerung in diesen Raum auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung gehört zu den wertbildenden Eigenschaften, die jedem Fahrzeug anhaften, nicht jedoch dem streitgegenständlichen. Die Gefahr bestand bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn es ist anzunehmen, dass die Schweiz sich auch schon zu einem früheren Zeitpunkt in der Weise verhält, wie sie es nun getan hat.
33 
2. Der Kläger hat diesen Schaden aufgrund eines Verhaltens der Beklagten erlitten. Erforderlich ist insoweit ein adäquat kausaler Zusammenhang unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm (BGH, Urteil vom 03. März 2008 - II ZR 310/06 -, Rn. 15, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 45 ff.). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war.
34 
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat die Fahrzeuge, insbesondere die Motoren mit der unzulässigen Abschalteinrichtung, produziert und in Verkehr gebracht. Dabei hat sie durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt scheinbar zulässige Emissionswerte vorgespiegelt und sich die EG-Typgenehmigung erschlichen. Der Fortbestand der allgemeinen Betriebserlaubnis auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung hing wesentlich an den Eigenschaften des Motors und seiner Steuerung sowie der Rechtmäßigkeit des Zulassungsverfahrens. Bei einem Widerruf der Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und einer Untersagung des Betriebs drohte jedem Halter dieses Typs die Stilllegung seines Fahrzeugs. Ebenso war jedes Fahrzeug dieses Typs von einem massiven Wertverlust bei Bekanntwerden der Täuschungen bei der Typgenehmigungsprüfung bedroht.
35 
Die Fahrzeuge werden von der Beklagten als Herstellerin entweder selbst oder durch selbständige Verkäufer vertrieben. Häufig werden die Fahrzeuge vom Ersterwerber weiterveräußert an Zweit- und Folgeerwerber. Jeder Erwerber knüpft unabhängig von der Person des Verkäufers an das Fahrzeug die Erwartung, dass er dieses dauerhaft und ohne Gefahr des Widerrufs der Typgenehmigung und der Stilllegung nutzen kann. Diese selbstverständliche Erwartung prägt den Wert des Fahrzeugs und stellt ein wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich bis sicher, dass ein potenzieller Gebrauchtwagenkäufer, wie der Kläger, von dem Erwerb eines von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs mit diesem Motorentyp absieht, wenn er weiß, dass das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß betrieben wurde. Dann erkennt er die Gefahr der Stilllegung und des drohenden Wertverlusts und die Ungewissheit, ob es der Beklagten gelingen wird, ein Software-Update zu entwickeln, mit dem die Voraussetzungen des Zulassungsverfahrens erfüllt werden, ohne dass die Eigenschaften des Fahrzeugs nachteilig verändert werden. Das Inverkehrbringen eines derart mangelbehafteten Fahrzeugs, dessen Mangel nicht erkennbar ist, beeinträchtigt die Dispositionsfreiheit sämtlicher Erwerber, gleichgültig ob Erst- oder Folgeerwerber, und begründet somit einen Vermögensschaden durch den Abschluss eines ungünstigen Vertrages.
37 
Eine Zurechnung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm zu verneinen. Die EG-Typgenehmigung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Fahrzeugs. Das Prüfverfahren dient dem Nachweis, dass das Fahrzeug den allgemeinen Anforderungen insbesondere hinsichtlich der Emission- und Verbrauchswerte entspricht. Gleichzeitig hat es den Zweck, Verbrauchswerte (Kohlendioxidemissionen und Kraftstoffverbrauch) nach einem geregelten Verfahren zu ermitteln und dem Verbraucher und Anwender objektive und genaue Informationen zu geben (Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3, 4, Erwägungsgrund Nr. 17 EG-VO 715/2007). Derartige Informationen sind nicht nur bei der Erstanschaffung, sondern auch bei einem Folgeerwerb von Gebrauchtfahrzeugen von Bedeutung.
38 
3. Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler BGB [2014] § 826, Rn. 31).
39 
Die berechtigten Verkehrserwartungen gehen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt, und sich nicht durch falsche Angaben zu wichtigen zulassungsrelevanten Eigenschaften eine Typgenehmigung erschleicht. Dabei wird eine sehr hohe Sorgfalt erwartet, wenn das Handeln von einer großen Tragweite ist und Verstöße zu hohen Schäden führen können. Dies ist in der Automobilindustrie, die in zig-tausendfacher Stückzahl hochwertige Güter mit langer Lebensdauer herstellt, die für die Mobilität der Kunden von großer Bedeutung sind, der Fall. In der Automobilindustrie spielt zudem die Einhaltung von Umweltstandards eine große Rolle, da systematische Abweichungen bei in großer Stückzahl produzierten Fahrzeugen eine entsprechend hohe Auswirkung auf die Umweltbelastung haben. Den europäischen Normen entsprechend erwartet der Verbraucher objektive und genaue, und somit wahrheitsgemäße Informationen. Verbrauchs- und Emissionswerte haben allgemein eine hohe Bedeutung bei den Anschaffungsentscheidungen. Die allgemeine Verkehrserwartung geht auch dahin, dass sich ein Hersteller nicht durch falsche Angaben oder durch Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Werten Wettbewerbsvorteile verschafft. An die Redlichkeit werden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage ist.
40 
Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte in einem erheblichen Maße verstoßen. Die Installation einer Abschalteinrichtung widersprach offensichtlich den Vorgaben der EG-VO 715/2007. Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit - wie die Beklagte selbst vorträgt - keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift und erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen nicht. Unstreitig wurde die Beklagte durch den Hersteller der Software, die Firma B..., vor dem gesetzeswidrigen Einsatz der Software gewarnt. Das Handeln entgegen der Warnung verstärkt das Unwerturteil.
41 
Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns ist der hohe Schaden, den die Beklagte verursacht hat, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen, das die Beklagte in Kauf genommen hat. Der Beklagten war bewusst, dass sie die Anforderungen der Abgasnormen nicht ohne die unzulässige Abschalteinrichtung erfüllen konnte. Dies folgt bereits aus der Installation der Software, die speziell eine Motorsteuerung für den Prüfzyklus vorsah, und somit für die Prüfung nicht geeignete Emissionswerte erzeugte. Als Automobilhersteller war ihr weiter bekannt, dass sie keine rechtsbeständige EG-Typgenehmigung durch eine Täuschung im Prüfverfahren erhalten kann und somit die Gefahr des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden war angesichts der hohen Stückzahl der produzierten Motoren enorm. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthält ein hohes Maß an Skrupellosigkeit. Gleichzeitig hat sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der EG-VO 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.
42 
4. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten zurechnen lassen (a.). Deren Wissen ist unstreitig bzw. als zugestanden anzusehen und ihr Verhalten als vorsätzlich zu qualifizieren (b.).
43 
a. Die Beklagte muss sich das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten auch im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB zurechnen lassen.
44 
Grundsätzlich haftet eine juristische Person gemäß § 31 BGB für das Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich die Zurechnung im Rahmen des § 826 BGB nicht auf Organe im aktienrechtlichen Sinn. Dies ergibt sich nicht aus der von ihr zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris).
45 
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft eine juristische Person über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus eine Repräsentantenhaftung für solche Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (BGH, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11 -, BGHZ 196, 340, Rn. 12). Entgegen der weiteren Auffassung der Beklagten gilt die Repräsentantenhaftung nicht nur im vertraglichen Bereich, sondern auch bei der deliktischen Haftung. In der von der Beklagten zum Beleg des Gegenteils zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris) hat dieser im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB ausdrücklich auf die weite Auslegung des Begriffs des verfassungsmäßigen Vertreters hingewiesen und die hierzu ergangene Grundsatzentscheidung zitiert (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VII ZR 82/65 -, BGHZ 49, 19, Rn. 11).
46 
b. Die Repräsentanten der Beklagten haben die Schädigung des Klägers vorsätzlich veranlasst bzw. zugelassen. Dies gilt für ihren damaligen Entwicklungsvorstand Dr. H ..., für den Markenvorstand von VW N... sowie für die von der Beklagten nicht benannten weiteren Repräsentanten (aa.). Diese haben vorsätzlich gehandelt (bb).
47 
aa. Es ist unstreitig, dass die Zeugen Dr. H... und N..., die als Repräsentanten der Beklagten anzusehen sind, Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages hatten ([1]). Die Kenntnis weiterer Repräsentanten der Beklagten von der Verwendung der unzulässigen Software ist unter Berücksichtigung der sekundären Darlegungslast der Beklagten als zugestanden anzusehen ([2]).
48 
(1) Der Kläger hat behauptet, dass der Entwicklungsvorstand Dr. H... Kenntnis von der Manipulation gehabt habe und der Markenvorstand von VW und damalige Leiter der Aggregateentwicklung der Marke Volkswagen im Jahr 2011 vor illegalen Praktiken mit den Abgaswerten gewarnt worden sei. Dieser Vortrag ist zur Behauptung eines Vorsatzes bei Repräsentanten der Beklagten ausreichend. Die Beklagte als Weltkonzern hat auch unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Personen, die wesensmäßige Funktionen der Beklagten zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind. Sie selbst bezeichnet sie als Vorstände. Beispielsweise bestreitet sie nicht die von der Beklagten verwendete Bezeichnung des Dr. H... als „Entwicklungsvorstand“, sondern beschränkt sich auf die Klarstellung, dass dieser kein Vorstand im aktienrechtlichen Sinne sei. Auch der Zeuge N... führte unstreitig die Bezeichnung als Markenvorstand von VW. Beiden waren somit wesensmäßige Funktionen zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen, so dass sie als Repräsentant der Beklagten anzusehen sind.
49 
Die Beklagte hat die Kenntnis der beiden Repräsentanten nicht (wirksam) bestritten. Ihr Vortrag, dass nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erwiesen sei, dass Herr Dr. U... H... im relevanten Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses von der Programmierung oder von der Verwendung der streitgegenständlichen Software in Fahrzeugen Kenntnis hatte, stellt kein eindeutiges Bestreiten dar. Die Feststellung, ob eine Tatsache „erwiesen“ ist, ist Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Tatsachenfeststellung und stellt keine Tatsachenbehauptung der Beklagten, sondern allenfalls eine eigene Würdigung von nicht offen gelegten Indizien dar. Die Beklagte legt nicht dar, aus welchen Gründen sie nicht in der Lage sei, sich eindeutig zu der Tatsachenbehauptung des Klägers zu äußern und sah sich auf ausdrückliche Nachfrage nicht in der Lage, unter Beachtung ihrer prozessualen Wahrheitspflicht die Behauptung aktiv zu bestreiten. Bezüglich des Zeugen N... bestreitet die Beklagte nicht, dass dieser zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Jahr 2014 Kenntnis von der Abschalteinrichtung gehabt habe. Die Beklagte bestreitet insoweit nur die Kenntnis ihrer Vorstände im aktienrechtlichen Sinn, zu denen der Zeuge N... nicht zählt. Soweit die Beklagte lediglich vorträgt, der Zeuge N... wie „nach eigenen Angaben im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs EA 189 informiert“ gewesen, ist dieses Bestreiten daher unerheblich.
50 
(2) Ein konkreterer Vortrag bezüglich einzelner weiterer Personen, die als Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von der unzulässigen Verwendung der Abschalteinrichtung hatten und diese nicht verhindert haben, war zudem nicht erforderlich. Insofern greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast.
51 
Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14 -, Rn. 18, juris).
52 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
53 
(a) Der Kläger hat mit seiner Behauptung, die Unternehmensleitung habe Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware gehabt, den maßgeblichen Personenkreis der Repräsentanten der Beklagten auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne bezeichnet. Eine namentliche Benennung war nicht erforderlich, weil er hiervon keine Kenntnis hatte und er als Nichtkonzernangehöriger außerhalb des Geschehensablaufs steht. Insbesondere kann er nicht wissen, wie die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Volkswagenkonzerns und konkret der Motorenentwicklung zum Zeitpunkt der Entwicklung war. Dass ein Weltkonzern wie die Beklagte auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne Personen wesensmäßige Aufgaben wie die Entwicklung von Motoren, den Einkauf, die Entwicklung einer Marke, die Produktsicherheit, das Qualitätsmanagement etc. zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erledigung überträgt, ergibt sich aus der Notwendigkeit zur Organisation und Überwachung des enorm großen Geschäftsbetriebs, die nicht allein von wenigen Personen des Konzernvorstands geleistet werden können. Demgegenüber ist es der Beklagten ohne weiteres möglich und zumutbar, die in den Entwicklungsprozess des Motors EA 189 eingebundenen Verantwortlichen bis zu den Bereichsvorständen und den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn zu benennen. Weiter ist unstreitig, dass Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Abschalteinrichtung hatten. Sogar eine interne Warnung im Jahr 2011 ist unstreitig, ohne dass die Beklagte dazu vorträgt, dass diese die Verantwortlichen nicht erreicht hätte. Auch schweigt die Beklagte zu der Kenntnisnahme des Schreibens der Fa. B... GmbH im Jahr 2007, in dem diese die Beklagte vor der Verwendung der Software gewarnt hat. Es ist aber zu erwarten, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb derartig organisiert, dass die Verantwortlichen die für den Betrieb wesentlichen Informationen auch erhalten. Es ist naheliegend - und keinesfalls aus der Luft gegriffen und von dem Kläger ins Blaue hinein behauptet -, dass jedenfalls die aus Repräsentanten bestehende Unternehmensführung unterhalb der Ebene des Konzernvorstands Kenntnis von den Vorgängen gehabt hat.
54 
(b) Die Beklagte hat die Kenntnis ihrer Repräsentanten nicht ausreichend bestritten und zudem ihrer diesbezüglichen sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist.
55 
Die Beklagte differenziert zunächst selbst zwischen den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn und weiteren Vorständen. Bezüglich der Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware hält sie einen differenzierten Vortrag:
56 
Bezüglich der Kenntnis ihres Vorstandsvorsitzenden oder andere Mitglieder des Vorstands (ohne Differenzierung nach ihrer Organstellung) bestreitet sie lediglich die Kenntnis zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software. Dieses Bestreiten ist unerheblich, weil es maßgeblich auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs (hier Oktober 2014) ankommt, nicht auf einen früheren Entwicklungszeitpunkt.
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Weiter bestreitet sie, beschränkt auf die Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, dass diese Kenntnis von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Fahrzeugtyp zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses hatten. Damit bestreitet die Beklagte nicht, dass auf der Vorstandsebene unterhalb der Vorstände im aktienrechtlichen Sinn die Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Software hatten. Die Beklagte wäre im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen, substantiiert darzulegen, dass nach ihren Recherchen die in Betracht kommenden Repräsentanten keine Kenntnis von der Verwendung der Manipulationssoftware gehabt haben.
58 
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht deshalb von einer sekundären Darlegungslast befreit, weil es sich bei dem Bestreiten der Kenntnis um eine negative Tatsache handelt. Es ist nämlich unstreitig, dass das Wissen über die Verwendung der Manipulationssoftware bei der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne vorhanden war. Sie wurde von der Firma B... GmbH, wie ausgeführt, sogar auf die Rechtswidrigkeit der Verwendung hingewiesen. Die Beklagte hätte daher darlegen können, wie die interne Kommunikation verlaufen ist und dass die Information nicht die Repräsentanten der Beklagten erreicht hätte. Insofern war sie zu einem positiven Vortrag in der Lage. Dieser Vortrag war ihr auch zuzumuten, da angesichts der Bedeutung des Vorganges ein Exzess von nicht führenden Mitarbeitern der Beklagten als unwahrscheinlich erscheint. Es ist daher davon auszugehen, dass die namentlich nicht genannte Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, die für die Entwicklung des Motors EA 189 sowie die Zulassung und den Vertrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps zuständig waren, in den Vorgang involviert waren.
59 
bb. Der Entwicklungschef der Beklagten, Dr. H..., der frühere Markenvorstand von VW N... sowie die nicht genannten Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne haben vorsätzlich gehandelt. Ein vorsätzliches Handeln erfordert ein Wissens- und ein Wollenselement bezogen auf die maßgeblichen Umstände, hier die Schädigung des Klägers. Der Handelnde muss die Schädigung gekannt oder zumindest vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Beim bedingten Vorsatz muss er die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Da es sich beim Vorsatz um eine innere Tatsache handelt, lässt sich diese nur aus äußeren Umständen folgern. Hierbei kann beispielsweise die Leichtfertigkeit des Handelns oder die starke Gefährdung des betroffenen Rechtsguts die Schlussfolgerung im Einzelfall rechtfertigen. Allerdings ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadens kein alleiniges Kriterium für die Frage, ob der Handelnde mit dem schädigenden Erfolg einverstanden ist. Maßgeblich sind sämtliche Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10 -, Rn. 10f, juris; MünchKommBGB/Wagner, aaO, § 826 Rn. 33)
60 
Aus den geschilderten Umständen des Einzelfalls lässt sich ein Vorsatz der handelnden Personen feststellen. Unstreitig wurde die Beklagte durch die Entwicklerin der Software mit der Abschalteinrichtung vor deren Verwendung gewarnt. Die Entwicklung eines gesonderten Betriebsmodus für den NEFZ widerspricht offensichtlich der Vorgabe der EG-VO 715/2007. Diese hat zum Ziel, bestimmte umweltrelevante Emissions- und Verbrauchswerte in einem normierten Prüfverfahren festzustellen, die möglichst nahe an den Werten im normalen Fahrzeugbetrieb liegen sollen. Die Beklagte hat demgegenüber eine Steuerung eingesetzt, die nur für den Prüfzyklus zu reduzierten Emissionswerten führte und für den Normalbetrieb eine hiervon abweichende Behandlung der Abgase vorsah. Damit lassen die im Prüfzyklus festgestellten Werte keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Werte im praktischen Betrieb zu.
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Bei der Produktion eines derart hochwertigen und strengsten Qualitätsanforderungen unterliegenden Produkts ist es ausgeschlossen, dass die Bedeutung der eindeutigen Vorschriften missverstanden worden sein konnten. Auf die Rechtswidrigkeit wurde die Beklagte von extern und intern wiederholt hingewiesen. Aus der Verwendung einer solchen offensichtlich rechtswidrigen Manipulationssoftware lässt sich folgern, dass den handelnden Personen die Angreifbarkeit der so erschlichenen EG-Typgenehmigung bekannt war. Die Täuschungshandlung rechtfertigt auch den Schluss, dass die handelnden Personen den daraus für die Erwerber möglicherweise entstehenden Schaden billigend in Kauf genommen haben. Wer im Zulassungsverfahren täuscht, rechnet damit, dass bei Offenlegung der verheimlichten Tatsache die getäuschte Behörde eine andere Entscheidung getroffen hätte bzw. ihre ursprüngliche Entscheidung revidiert. Andernfalls hätte kein Anlass für eine Täuschung bestanden. Der Beklagten als Automobilhersteller war bekannt, dass Fahrzeuge, die über keine EG-Typgenehmigung verfügen, ihre allgemeine Betriebserlaubnis verlieren und stillgelegt werden können. Der mögliche Schaden für die Fahrzeugeigentümer in der Form eines Wertverlustes bei Bekanntwerden der Manipulationssoftware ist so offensichtlich, dass sich daraus nur ein Inkaufnehmen seitens der handelnden Personen folgern lässt. Diesen war ohne vernünftigen Zweifel bekannt, dass bereits kleinste Fehler einen erheblichen Schaden, beispielsweise durch Rückrufaktionen, auslösen können. Umso mehr drängte sich ihnen auf, dass ein enormer Schaden entstehen würde, wenn sämtliche Fahrzeuge, in denen der Motor des Typs EA 189 verbaut war, ihre Zulassung verlieren würden.
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5. Der Kläger kann gemäß § 249 BGB Schadensersatz verlangen. Er hat einen Anspruch so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Aufgrund der Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die EG-Typgenehmigung von der Beklagte unter Einsatz einer Manipulationssoftware erschlichen wurde und daher die Stilllegung im Falle eines Widerrufs der Genehmigung drohte. Hierfür spricht die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand unnötig derartig erhebliche Risiken eingeht, wenn ihm auf dem Markt vergleichbare Produkte ohne entsprechende Risiken angeboten werden. Dabei ist unerheblich, dass das Kraftfahrt-Bundesamt sich später nicht zu einem Widerruf der Genehmigung, sondern zu dem nachträglichen Erlass einer Auflage entschlossen hat. Maßgeblich ist auf den Zeitpunkt abzustellen, bei dem aufgrund der Handlung der Beklagten bei dem Kläger der Schaden eingetreten ist. Das ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
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Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, zum Zwecke der Schadenminderung das Software-Update aufspielen zu lassen. Er kann die Rückgängigmachung des ihm entstandenen Schadens in der Form des Abschlusses eines unvorteilhaften Vertrages verlangen und muss sich nicht vom Schädiger das Festhalten an dem Vertrag aufdrängen lassen. Dies gilt umso mehr, als nicht feststeht, dass das Software-Update ohne nachteilige Folgen, die möglicherweise erst nach einem längeren Dauerbetrieb auftreten, aufgespielt werden kann. Dies ließe sich erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen, dessen kostspielige Einholung dem deliktisch geschädigten Kläger nicht zuzumuten ist. Aus dem gleichen Grund ist das nachträgliche - nach Klägervortrag heimliche - Aufspielen der Software entscheidungserheblich. Der Schaden ist bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstanden. Aus den ungeklärten Umständen des Aufspielens der Software lässt sich kein gemäß § 242 BGB missbräuchliches Schadensersatzverlangen des Klägers ableiten. Zu dem Schaden gehört auch ein etwaiger Schaden, der beim Kläger infolge des Aufspielens des Software-Updates entstehen kann, da das Aufspielen des Software-Updates selbst eine Folge der ursprünglichen Installation einer Motorsteuersoftware mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung darstellt.
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6. Der Kläger hat gemäß §§ 826, 249, 257 BGB einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR. Hierbei hat das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe des Kaufpreises von 18.200 EUR abzüglich eines Nutzungsvorteils in Höhe von 1.966,50 EUR und unter Abzug eines 20%-igen Abschlags für die Feststellungsklage angesetzt. Der Nutzungsvorteil wird auf der Grundlage der vom Kläger angegebenen Laufleistung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geschätzt. Bei einer angenommenen Gesamtlaufleistung von 300.000 km für einen Audi A4 Diesel und einer Restlaufleistung vom 275.300 km bei Vertragsschluss errechnet sich der Nutzungsvorteil auf 0,07 EUR/km und - ausgehend vom Kilometerstand von 24.700 km bei Vertragsschluss - eine durchschnittliche Fahrleistung von 28.092,8 km p.a.. Zum Zeitpunkt des Anwaltsschreibens des Klägervertreters hatte der Kläger das Fahrzeug ca. 1 Jahr. Eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer sind als erforderlich anzusetzen. Unter der Berücksichtigung, dass es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für mehrere Verfahren anfällt, erscheint ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr nicht gerechtfertigt.
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7. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 2 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 1, § 711 ZPO. Der Streitwert wurde in Höhe des Schadens, der im Wesentlichen dem Kaufpreis abzüglich des rechnerischen Nutzungsvorteils bei Klageeinreichung unter Abzug eines 20 %-Abschlags für die Feststellungsklage entspricht, festgesetzt.

Gründe

 
16 
Die Klage ist zulässig (I.) und überwiegend begründet (II.).
I.
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart folgt aus § 32 ZPO. Der Kläger macht einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend unter anderem mit der Behauptung, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, § 826 BGB. Zum zuständigkeitsbegründenden Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO gehört auch der Ort, wo der schädigende Erfolg eingetreten ist, wenn der Schaden zum Tatbestandsmerkmal gehört (MünchkommZPO/Patzina, 5. Aufl., § 32 Rn. 20; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 32 Rn. 19). Dies ist bei Schadensersatzansprüchen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Fall. Der Schaden ist am Wohnsitz des Klägers eingetreten, der im Gerichtsbezirk des Landgerichts liegt.
19 
2. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger hat das gemäß § 256 ZPO erforderliche Interesse an der Feststellung des Schadensersatzanspruchs. Insbesondere ist die Feststellungsklage im vorliegenden Fall nicht subsidiär gegenüber einer Leistungsklage. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Kläger einer Schadensersatzklage nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben, wenn er den Schaden noch nicht abschließend beziffern kann, weil dieser noch nicht abgeschlossen ist (vgl. nur: BGH, Urteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 53/07 -, Rn. 7, juris). War ein Schadensereignis zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen, vermag der Kläger jedoch im Laufe des Verfahrens den Schaden abschließend zu beziffern, ist er hierzu ebenfalls nicht verpflichtet, sondern kann weiterhin seinen Feststellungsantrag aufrechterhalten (BGH, Urteil vom 04. November 1998 - VIII ZR 248/97 -, Rn. 15, juris).
20 
So liegt der Fall hier. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war das Fahrzeug des Klägers noch nicht nachgerüstet. Es bestand daher die Gefahr, dass ihm im Falle der Verweigerung der Nachrüstung der Betrieb des Fahrzeugs durch die Zulassungsstelle gemäß § 5 FZV untersagt und das Fahrzeug stillgelegt wird. Der Zeitpunkt des damit verbundenen weiteren Schadens wegen des Nutzungsausfalls sowie etwaiger Rechtsverteidigungskosten gegen das Vorgehen der Zulassungsstelle etc. stand noch nicht fest. Der Schadenseintritt war jedoch ausreichend wahrscheinlich.
21 
Zwar wäre der Schaden abschließend bezifferbar gewesen, wenn die Beklagte sich sofort auf die auch von dem Kläger primär begehrte Rückabwicklung eingelassen hätte. Der Kläger musste jedoch - wie sich herausgestellt hat zu Recht - damit rechnen, dass er nicht sofort zu seinem Recht kommt und ihm daher im Laufe des Gerichtsverfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung ein weiterer Schaden entstehen kann. Die zwischenzeitliche Nachrüstung des Klägerfahrzeugs lässt zwar diese Gefahr entfallen. Dieser Umstand ist jedoch erst nach der Klageerhebung eingetreten. Im Übrigen ist durch die Nachrüstung nicht ausgeschlossen, dass nunmehr die von dem Kläger geltend gemachten Nachteile und Folgeschäden am Fahrzeug (erhöhter Kraftstoffverbrauch, häufigerer Austausch des Partikelfilters, Versottungsschäden etc.) entstehen.
22 
3. Der Klageantrag Ziff. 1 war dahingehend auszulegen, dass es dem Kläger um die Erstattung von Schäden geht, die im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware geht und nicht um irgendwelche anderen, unbenannten Manipulationen. Dies geht aus dem gesamten Vorbringen des Klägers hervor, der sich ausschließlich mit dieser Thematik befasst. Entsprechend war dies bei der Tenorierung klarzustellen.
II.
23 
Die Klage ist mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderung begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Er hat einen Schaden erlitten (1.). Dieser ist durch ein Verhalten der Beklagten entstanden (2.), welches als sittenwidrig zu qualifizieren ist (3.). Die Beklagte hat dabei vorsätzlich gehandelt (4.). Aufgrund dessen hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz (5.).
24 
1. Der Kläger hat durch den Erwerb des Audi A4 einen Schaden erlitten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist auch subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen umfasst sind, wie - bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit - die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch Eingehung eines nachteiligen Geschäfts (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 -, BGHZ 161, 361, Rn. 16; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 -, Rn. 18, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 41ff.). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 -, BGHZ 192, 90, Rn. 58).
25 
Einen solchen Schaden hat der Kläger erlitten. Er hat einen Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug abgeschlossen, das formal über eine erteilte EG-Typgenehmigung verfügte. Durch dieses Geschäft ist bei ihm eine konkrete Vermögensgefährdung eingetreten. Das Fahrzeug verfügte über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007, die einer Zulassung entgegenstand. Dadurch bestand die Gefahr, dass jederzeit die Zulassung widerrufen werden konnte, weil das Fahrzeug tatsächlich die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllte. In der Folge drohten Nutzungsbeschränkungen und ein Wertverlust.
26 
a. Gemäß Art. 10 Abs. 1 EG-VO 715/2007 erteilt die nationale Zulassungsbehörde die Typgenehmigung, wenn das betreffende Fahrzeug den Vorschriften der Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen entspricht. Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) darf eine EG-Typgenehmigung nur erteilt werden, wenn die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellenden Ergebnis durchgeführt wurden. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 hat der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemäß Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Nach Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 ist eine „Abschalteinrichtung“ ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
27 
b. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügte über eine derartige unzulässige Abschalteinrichtung, so dass das Prüfverfahren und somit die Voraussetzungen für die Erteilung einer EG-Typgenehmigung nicht vorlagen. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte eine unterschiedliche Emissionsbehandlung je nachdem, ob sich das Fahrzeug im NEFZ im Modus 1 befand oder im Modus 0 für den Normalbetrieb. Im Prüfbetrieb wurden Emissionen aus dem Verbrennungsprozess durch eine Abgasrückführung teilweise dem Verbrennungsprozess wieder zugeführt. Eine solche Steuerung ist Teil eines Emissionskontrollsystems im Sinne von Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007. Die Emissionen werden kontrolliert und gesteuert: Die Motorsteuerung, die anhand der Parameter den Prüfzyklus erkennt, schaltet im Normalbetrieb die Abgasrückführung, die der Kontrolle der Emissionen und der Reduzierung des Schadstoffausstoßes dient, ab.
28 
Die von der Beklagten gemachte Unterscheidung zwischen „so genannten innermotorischen Maßnahmen“ und denjenigen der „Abgasreinigung im Emissionskontrollsystem“ lässt sich der Verordnung nicht entnehmen und widerspricht offensichtlich deren Zweck. Die Emissionskontrolle im Sinne der Verordnung ist nicht auf die Abgasreinigung beschränkt. Durch die Rückführung eines Teils der Abgase (Emissionen) in den Verbrennungsprozess im Motor werden die Emissionen kontrolliert. Durch die Fahrzykluserkennung wird dieser Teil des Kontrollsystems abgeschaltet. Die Auslegung der Beklagten widerspricht auch offensichtlich dem Zweck der Verordnung, wonach das Testverfahren möglichst das Verhalten des Fahrzeugs unter normalen Betriebsbedingungen widerspiegeln soll. So schreibt Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 ausdrücklich vor, dass der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten hat, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Erwägungsgrund 15 der Verordnung weist auf das Ziel hin, dass die bei den Typgenehmigungsprüfungen gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen sollen. Die Motorsteuerung der Beklagten knüpft demgegenüber nicht an bestimmte Betriebszustände oder Umweltbedingungen an, sondern ausschließlich an die Feststellung des NEFZ, zielt also bewusst auf eine Steuerung der Emissionen für den Ausnahmefall der Genehmigungsprüfung.
29 
Nachdem die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung zur Überzeugung des Gerichts feststeht, kommt es auf die Frage der Bindungswirkung des Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamts nicht an.
30 
c. Die Installation der unzulässigen Abschalteinrichtung begründete die konkrete Gefahr des Widerrufs der Zulassung und somit der Stilllegung des Fahrzeugs sowie des massiven Wertverlustes. Zu dem Widerruf der Typgenehmigung wäre das Kraftfahrt-Bundesamt berechtigt gewesen, weil sie von der Beklagten über das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen getäuscht wurde. Unabhängig von der konkreten Vorgehensweise des Kraftfahrt-Bundesamts nach Bekanntwerden der Abschalteinrichtung bestand seit Inverkehrbringen der Fahrzeuge mit der zweifelhaften EG-Typgenehmigung die Gefahr des Bekanntwerdens der Manipulation und des sofortigen Widerrufs der Zulassung ohne Auflagen. Dies war nicht fernliegend, da Auflagen als Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten nicht erzwingbar sind und die Beklagte als Adressatin einer Auflage zur Durchführung einer Nachbesserung von in Verkehr gebrachten Fahrzeugen es nicht in der Hand hat, sämtliche Fahrzeughalter zu einer Nachrüstung zu zwingen. Auch ist zwischen der Pflicht zur Nachrüstung zum Zwecke des Erhalts der Betriebserlaubnis und dem Integritätsinteresse des Fahrzeugeigentümers zu unterscheiden. Ein Fahrzeugeigentümer kann eine Nachrüstung unter Umständen zu Recht ablehnen, weil er eine Verschlechterung seines Fahrzeugs erwartet, die er zum Erhalt der Zulassung nicht bereit ist in Kauf zu nehmen. Es ist unstreitig, dass die Zulassungsstellen den Betrieb von nicht nachgerüsteten Fahrzeugen gemäß § 5 FZV untersagen und Fahrzeuge stilllegen können. Soweit die Beklagte bestreitet, dass dieser Widerruf - entsprechend dem Klägervortrag - durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen kann, streitet sie nicht die generelle Möglichkeit der Betriebsuntersagung ab, wie sie es nach dem unstreitigen Klägervortrag selbst Kunden des VW Amarok in Schreiben mitgeteilt hat.
31 
Weiter war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht damit zu rechnen, dass die Beklagte in der Lage sein würde, innerhalb kurzer Frist ein Software-Update ausliefern zu können, das ohne nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Fahrzeuges die Abschalteinrichtung deaktiviert und gleichzeitig zu zulässigen Emissionswerten führt. Die Beklagte hat vorgetragen, dass das Software-Update die Erkenntnisse aus der Weiterentwicklung des Diesel-Brennverfahrens der letzten zehn Jahre aufgreife. Das Bekanntwerden der unzulässigen Abschalteinrichtung und der Gefährdung der EG-Typgenehmigung hätte angesichts der Ungewissheit über die Nachbesserungsfähigkeit durch die Beklagte sofort zu einem Wertverlust geführt. Dass nunmehr auf dem Gebrauchtwagenmarkt die mit einem Software-Update ausgestatteten Fahrzeuge ohne Preisabschlag gehandelt werden, wie die Beklagte es behauptet, ändert nichts daran, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages diese Kenntnisse noch nicht vorlagen und daher wegen der Unsicherheit des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Gefahr der Stilllegung mit erheblichen Preisabschlägen zu rechnen war.
32 
Weiter ist dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden, dass er es nicht mehr - ohne Software-Update - in der Schweiz zulassen kann. Dies ist unstreitig. Unerheblich ist, ob der Kläger bei Erwerb des Fahrzeuges vorgehabt hat, das Fahrzeug in der Schweiz zuzulassen oder es dorthin weiterzuverkaufen. Maßgeblich ist, dass die Einschränkung besteht. Eine Zulassung in der Schweiz oder eine Weiterveräußerung in diesen Raum auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung gehört zu den wertbildenden Eigenschaften, die jedem Fahrzeug anhaften, nicht jedoch dem streitgegenständlichen. Die Gefahr bestand bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn es ist anzunehmen, dass die Schweiz sich auch schon zu einem früheren Zeitpunkt in der Weise verhält, wie sie es nun getan hat.
33 
2. Der Kläger hat diesen Schaden aufgrund eines Verhaltens der Beklagten erlitten. Erforderlich ist insoweit ein adäquat kausaler Zusammenhang unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm (BGH, Urteil vom 03. März 2008 - II ZR 310/06 -, Rn. 15, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 45 ff.). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war.
34 
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat die Fahrzeuge, insbesondere die Motoren mit der unzulässigen Abschalteinrichtung, produziert und in Verkehr gebracht. Dabei hat sie durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt scheinbar zulässige Emissionswerte vorgespiegelt und sich die EG-Typgenehmigung erschlichen. Der Fortbestand der allgemeinen Betriebserlaubnis auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung hing wesentlich an den Eigenschaften des Motors und seiner Steuerung sowie der Rechtmäßigkeit des Zulassungsverfahrens. Bei einem Widerruf der Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und einer Untersagung des Betriebs drohte jedem Halter dieses Typs die Stilllegung seines Fahrzeugs. Ebenso war jedes Fahrzeug dieses Typs von einem massiven Wertverlust bei Bekanntwerden der Täuschungen bei der Typgenehmigungsprüfung bedroht.
35 
Die Fahrzeuge werden von der Beklagten als Herstellerin entweder selbst oder durch selbständige Verkäufer vertrieben. Häufig werden die Fahrzeuge vom Ersterwerber weiterveräußert an Zweit- und Folgeerwerber. Jeder Erwerber knüpft unabhängig von der Person des Verkäufers an das Fahrzeug die Erwartung, dass er dieses dauerhaft und ohne Gefahr des Widerrufs der Typgenehmigung und der Stilllegung nutzen kann. Diese selbstverständliche Erwartung prägt den Wert des Fahrzeugs und stellt ein wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar.
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Vor diesem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich bis sicher, dass ein potenzieller Gebrauchtwagenkäufer, wie der Kläger, von dem Erwerb eines von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs mit diesem Motorentyp absieht, wenn er weiß, dass das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß betrieben wurde. Dann erkennt er die Gefahr der Stilllegung und des drohenden Wertverlusts und die Ungewissheit, ob es der Beklagten gelingen wird, ein Software-Update zu entwickeln, mit dem die Voraussetzungen des Zulassungsverfahrens erfüllt werden, ohne dass die Eigenschaften des Fahrzeugs nachteilig verändert werden. Das Inverkehrbringen eines derart mangelbehafteten Fahrzeugs, dessen Mangel nicht erkennbar ist, beeinträchtigt die Dispositionsfreiheit sämtlicher Erwerber, gleichgültig ob Erst- oder Folgeerwerber, und begründet somit einen Vermögensschaden durch den Abschluss eines ungünstigen Vertrages.
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Eine Zurechnung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm zu verneinen. Die EG-Typgenehmigung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Fahrzeugs. Das Prüfverfahren dient dem Nachweis, dass das Fahrzeug den allgemeinen Anforderungen insbesondere hinsichtlich der Emission- und Verbrauchswerte entspricht. Gleichzeitig hat es den Zweck, Verbrauchswerte (Kohlendioxidemissionen und Kraftstoffverbrauch) nach einem geregelten Verfahren zu ermitteln und dem Verbraucher und Anwender objektive und genaue Informationen zu geben (Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3, 4, Erwägungsgrund Nr. 17 EG-VO 715/2007). Derartige Informationen sind nicht nur bei der Erstanschaffung, sondern auch bei einem Folgeerwerb von Gebrauchtfahrzeugen von Bedeutung.
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3. Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler BGB [2014] § 826, Rn. 31).
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Die berechtigten Verkehrserwartungen gehen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt, und sich nicht durch falsche Angaben zu wichtigen zulassungsrelevanten Eigenschaften eine Typgenehmigung erschleicht. Dabei wird eine sehr hohe Sorgfalt erwartet, wenn das Handeln von einer großen Tragweite ist und Verstöße zu hohen Schäden führen können. Dies ist in der Automobilindustrie, die in zig-tausendfacher Stückzahl hochwertige Güter mit langer Lebensdauer herstellt, die für die Mobilität der Kunden von großer Bedeutung sind, der Fall. In der Automobilindustrie spielt zudem die Einhaltung von Umweltstandards eine große Rolle, da systematische Abweichungen bei in großer Stückzahl produzierten Fahrzeugen eine entsprechend hohe Auswirkung auf die Umweltbelastung haben. Den europäischen Normen entsprechend erwartet der Verbraucher objektive und genaue, und somit wahrheitsgemäße Informationen. Verbrauchs- und Emissionswerte haben allgemein eine hohe Bedeutung bei den Anschaffungsentscheidungen. Die allgemeine Verkehrserwartung geht auch dahin, dass sich ein Hersteller nicht durch falsche Angaben oder durch Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Werten Wettbewerbsvorteile verschafft. An die Redlichkeit werden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage ist.
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Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte in einem erheblichen Maße verstoßen. Die Installation einer Abschalteinrichtung widersprach offensichtlich den Vorgaben der EG-VO 715/2007. Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit - wie die Beklagte selbst vorträgt - keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift und erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen nicht. Unstreitig wurde die Beklagte durch den Hersteller der Software, die Firma B..., vor dem gesetzeswidrigen Einsatz der Software gewarnt. Das Handeln entgegen der Warnung verstärkt das Unwerturteil.
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Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns ist der hohe Schaden, den die Beklagte verursacht hat, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen, das die Beklagte in Kauf genommen hat. Der Beklagten war bewusst, dass sie die Anforderungen der Abgasnormen nicht ohne die unzulässige Abschalteinrichtung erfüllen konnte. Dies folgt bereits aus der Installation der Software, die speziell eine Motorsteuerung für den Prüfzyklus vorsah, und somit für die Prüfung nicht geeignete Emissionswerte erzeugte. Als Automobilhersteller war ihr weiter bekannt, dass sie keine rechtsbeständige EG-Typgenehmigung durch eine Täuschung im Prüfverfahren erhalten kann und somit die Gefahr des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden war angesichts der hohen Stückzahl der produzierten Motoren enorm. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthält ein hohes Maß an Skrupellosigkeit. Gleichzeitig hat sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der EG-VO 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.
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4. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten zurechnen lassen (a.). Deren Wissen ist unstreitig bzw. als zugestanden anzusehen und ihr Verhalten als vorsätzlich zu qualifizieren (b.).
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a. Die Beklagte muss sich das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten auch im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB zurechnen lassen.
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Grundsätzlich haftet eine juristische Person gemäß § 31 BGB für das Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich die Zurechnung im Rahmen des § 826 BGB nicht auf Organe im aktienrechtlichen Sinn. Dies ergibt sich nicht aus der von ihr zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris).
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Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft eine juristische Person über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus eine Repräsentantenhaftung für solche Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (BGH, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11 -, BGHZ 196, 340, Rn. 12). Entgegen der weiteren Auffassung der Beklagten gilt die Repräsentantenhaftung nicht nur im vertraglichen Bereich, sondern auch bei der deliktischen Haftung. In der von der Beklagten zum Beleg des Gegenteils zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris) hat dieser im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB ausdrücklich auf die weite Auslegung des Begriffs des verfassungsmäßigen Vertreters hingewiesen und die hierzu ergangene Grundsatzentscheidung zitiert (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VII ZR 82/65 -, BGHZ 49, 19, Rn. 11).
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b. Die Repräsentanten der Beklagten haben die Schädigung des Klägers vorsätzlich veranlasst bzw. zugelassen. Dies gilt für ihren damaligen Entwicklungsvorstand Dr. H ..., für den Markenvorstand von VW N... sowie für die von der Beklagten nicht benannten weiteren Repräsentanten (aa.). Diese haben vorsätzlich gehandelt (bb).
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aa. Es ist unstreitig, dass die Zeugen Dr. H... und N..., die als Repräsentanten der Beklagten anzusehen sind, Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages hatten ([1]). Die Kenntnis weiterer Repräsentanten der Beklagten von der Verwendung der unzulässigen Software ist unter Berücksichtigung der sekundären Darlegungslast der Beklagten als zugestanden anzusehen ([2]).
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(1) Der Kläger hat behauptet, dass der Entwicklungsvorstand Dr. H... Kenntnis von der Manipulation gehabt habe und der Markenvorstand von VW und damalige Leiter der Aggregateentwicklung der Marke Volkswagen im Jahr 2011 vor illegalen Praktiken mit den Abgaswerten gewarnt worden sei. Dieser Vortrag ist zur Behauptung eines Vorsatzes bei Repräsentanten der Beklagten ausreichend. Die Beklagte als Weltkonzern hat auch unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Personen, die wesensmäßige Funktionen der Beklagten zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind. Sie selbst bezeichnet sie als Vorstände. Beispielsweise bestreitet sie nicht die von der Beklagten verwendete Bezeichnung des Dr. H... als „Entwicklungsvorstand“, sondern beschränkt sich auf die Klarstellung, dass dieser kein Vorstand im aktienrechtlichen Sinne sei. Auch der Zeuge N... führte unstreitig die Bezeichnung als Markenvorstand von VW. Beiden waren somit wesensmäßige Funktionen zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen, so dass sie als Repräsentant der Beklagten anzusehen sind.
49 
Die Beklagte hat die Kenntnis der beiden Repräsentanten nicht (wirksam) bestritten. Ihr Vortrag, dass nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erwiesen sei, dass Herr Dr. U... H... im relevanten Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses von der Programmierung oder von der Verwendung der streitgegenständlichen Software in Fahrzeugen Kenntnis hatte, stellt kein eindeutiges Bestreiten dar. Die Feststellung, ob eine Tatsache „erwiesen“ ist, ist Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Tatsachenfeststellung und stellt keine Tatsachenbehauptung der Beklagten, sondern allenfalls eine eigene Würdigung von nicht offen gelegten Indizien dar. Die Beklagte legt nicht dar, aus welchen Gründen sie nicht in der Lage sei, sich eindeutig zu der Tatsachenbehauptung des Klägers zu äußern und sah sich auf ausdrückliche Nachfrage nicht in der Lage, unter Beachtung ihrer prozessualen Wahrheitspflicht die Behauptung aktiv zu bestreiten. Bezüglich des Zeugen N... bestreitet die Beklagte nicht, dass dieser zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Jahr 2014 Kenntnis von der Abschalteinrichtung gehabt habe. Die Beklagte bestreitet insoweit nur die Kenntnis ihrer Vorstände im aktienrechtlichen Sinn, zu denen der Zeuge N... nicht zählt. Soweit die Beklagte lediglich vorträgt, der Zeuge N... wie „nach eigenen Angaben im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs EA 189 informiert“ gewesen, ist dieses Bestreiten daher unerheblich.
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(2) Ein konkreterer Vortrag bezüglich einzelner weiterer Personen, die als Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von der unzulässigen Verwendung der Abschalteinrichtung hatten und diese nicht verhindert haben, war zudem nicht erforderlich. Insofern greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast.
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Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14 -, Rn. 18, juris).
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Diese Voraussetzungen liegen vor.
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(a) Der Kläger hat mit seiner Behauptung, die Unternehmensleitung habe Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware gehabt, den maßgeblichen Personenkreis der Repräsentanten der Beklagten auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne bezeichnet. Eine namentliche Benennung war nicht erforderlich, weil er hiervon keine Kenntnis hatte und er als Nichtkonzernangehöriger außerhalb des Geschehensablaufs steht. Insbesondere kann er nicht wissen, wie die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Volkswagenkonzerns und konkret der Motorenentwicklung zum Zeitpunkt der Entwicklung war. Dass ein Weltkonzern wie die Beklagte auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne Personen wesensmäßige Aufgaben wie die Entwicklung von Motoren, den Einkauf, die Entwicklung einer Marke, die Produktsicherheit, das Qualitätsmanagement etc. zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erledigung überträgt, ergibt sich aus der Notwendigkeit zur Organisation und Überwachung des enorm großen Geschäftsbetriebs, die nicht allein von wenigen Personen des Konzernvorstands geleistet werden können. Demgegenüber ist es der Beklagten ohne weiteres möglich und zumutbar, die in den Entwicklungsprozess des Motors EA 189 eingebundenen Verantwortlichen bis zu den Bereichsvorständen und den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn zu benennen. Weiter ist unstreitig, dass Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Abschalteinrichtung hatten. Sogar eine interne Warnung im Jahr 2011 ist unstreitig, ohne dass die Beklagte dazu vorträgt, dass diese die Verantwortlichen nicht erreicht hätte. Auch schweigt die Beklagte zu der Kenntnisnahme des Schreibens der Fa. B... GmbH im Jahr 2007, in dem diese die Beklagte vor der Verwendung der Software gewarnt hat. Es ist aber zu erwarten, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb derartig organisiert, dass die Verantwortlichen die für den Betrieb wesentlichen Informationen auch erhalten. Es ist naheliegend - und keinesfalls aus der Luft gegriffen und von dem Kläger ins Blaue hinein behauptet -, dass jedenfalls die aus Repräsentanten bestehende Unternehmensführung unterhalb der Ebene des Konzernvorstands Kenntnis von den Vorgängen gehabt hat.
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(b) Die Beklagte hat die Kenntnis ihrer Repräsentanten nicht ausreichend bestritten und zudem ihrer diesbezüglichen sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist.
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Die Beklagte differenziert zunächst selbst zwischen den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn und weiteren Vorständen. Bezüglich der Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware hält sie einen differenzierten Vortrag:
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Bezüglich der Kenntnis ihres Vorstandsvorsitzenden oder andere Mitglieder des Vorstands (ohne Differenzierung nach ihrer Organstellung) bestreitet sie lediglich die Kenntnis zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software. Dieses Bestreiten ist unerheblich, weil es maßgeblich auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs (hier Oktober 2014) ankommt, nicht auf einen früheren Entwicklungszeitpunkt.
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Weiter bestreitet sie, beschränkt auf die Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, dass diese Kenntnis von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Fahrzeugtyp zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses hatten. Damit bestreitet die Beklagte nicht, dass auf der Vorstandsebene unterhalb der Vorstände im aktienrechtlichen Sinn die Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Software hatten. Die Beklagte wäre im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen, substantiiert darzulegen, dass nach ihren Recherchen die in Betracht kommenden Repräsentanten keine Kenntnis von der Verwendung der Manipulationssoftware gehabt haben.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht deshalb von einer sekundären Darlegungslast befreit, weil es sich bei dem Bestreiten der Kenntnis um eine negative Tatsache handelt. Es ist nämlich unstreitig, dass das Wissen über die Verwendung der Manipulationssoftware bei der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne vorhanden war. Sie wurde von der Firma B... GmbH, wie ausgeführt, sogar auf die Rechtswidrigkeit der Verwendung hingewiesen. Die Beklagte hätte daher darlegen können, wie die interne Kommunikation verlaufen ist und dass die Information nicht die Repräsentanten der Beklagten erreicht hätte. Insofern war sie zu einem positiven Vortrag in der Lage. Dieser Vortrag war ihr auch zuzumuten, da angesichts der Bedeutung des Vorganges ein Exzess von nicht führenden Mitarbeitern der Beklagten als unwahrscheinlich erscheint. Es ist daher davon auszugehen, dass die namentlich nicht genannte Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, die für die Entwicklung des Motors EA 189 sowie die Zulassung und den Vertrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps zuständig waren, in den Vorgang involviert waren.
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bb. Der Entwicklungschef der Beklagten, Dr. H..., der frühere Markenvorstand von VW N... sowie die nicht genannten Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne haben vorsätzlich gehandelt. Ein vorsätzliches Handeln erfordert ein Wissens- und ein Wollenselement bezogen auf die maßgeblichen Umstände, hier die Schädigung des Klägers. Der Handelnde muss die Schädigung gekannt oder zumindest vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Beim bedingten Vorsatz muss er die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Da es sich beim Vorsatz um eine innere Tatsache handelt, lässt sich diese nur aus äußeren Umständen folgern. Hierbei kann beispielsweise die Leichtfertigkeit des Handelns oder die starke Gefährdung des betroffenen Rechtsguts die Schlussfolgerung im Einzelfall rechtfertigen. Allerdings ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadens kein alleiniges Kriterium für die Frage, ob der Handelnde mit dem schädigenden Erfolg einverstanden ist. Maßgeblich sind sämtliche Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10 -, Rn. 10f, juris; MünchKommBGB/Wagner, aaO, § 826 Rn. 33)
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Aus den geschilderten Umständen des Einzelfalls lässt sich ein Vorsatz der handelnden Personen feststellen. Unstreitig wurde die Beklagte durch die Entwicklerin der Software mit der Abschalteinrichtung vor deren Verwendung gewarnt. Die Entwicklung eines gesonderten Betriebsmodus für den NEFZ widerspricht offensichtlich der Vorgabe der EG-VO 715/2007. Diese hat zum Ziel, bestimmte umweltrelevante Emissions- und Verbrauchswerte in einem normierten Prüfverfahren festzustellen, die möglichst nahe an den Werten im normalen Fahrzeugbetrieb liegen sollen. Die Beklagte hat demgegenüber eine Steuerung eingesetzt, die nur für den Prüfzyklus zu reduzierten Emissionswerten führte und für den Normalbetrieb eine hiervon abweichende Behandlung der Abgase vorsah. Damit lassen die im Prüfzyklus festgestellten Werte keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Werte im praktischen Betrieb zu.
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Bei der Produktion eines derart hochwertigen und strengsten Qualitätsanforderungen unterliegenden Produkts ist es ausgeschlossen, dass die Bedeutung der eindeutigen Vorschriften missverstanden worden sein konnten. Auf die Rechtswidrigkeit wurde die Beklagte von extern und intern wiederholt hingewiesen. Aus der Verwendung einer solchen offensichtlich rechtswidrigen Manipulationssoftware lässt sich folgern, dass den handelnden Personen die Angreifbarkeit der so erschlichenen EG-Typgenehmigung bekannt war. Die Täuschungshandlung rechtfertigt auch den Schluss, dass die handelnden Personen den daraus für die Erwerber möglicherweise entstehenden Schaden billigend in Kauf genommen haben. Wer im Zulassungsverfahren täuscht, rechnet damit, dass bei Offenlegung der verheimlichten Tatsache die getäuschte Behörde eine andere Entscheidung getroffen hätte bzw. ihre ursprüngliche Entscheidung revidiert. Andernfalls hätte kein Anlass für eine Täuschung bestanden. Der Beklagten als Automobilhersteller war bekannt, dass Fahrzeuge, die über keine EG-Typgenehmigung verfügen, ihre allgemeine Betriebserlaubnis verlieren und stillgelegt werden können. Der mögliche Schaden für die Fahrzeugeigentümer in der Form eines Wertverlustes bei Bekanntwerden der Manipulationssoftware ist so offensichtlich, dass sich daraus nur ein Inkaufnehmen seitens der handelnden Personen folgern lässt. Diesen war ohne vernünftigen Zweifel bekannt, dass bereits kleinste Fehler einen erheblichen Schaden, beispielsweise durch Rückrufaktionen, auslösen können. Umso mehr drängte sich ihnen auf, dass ein enormer Schaden entstehen würde, wenn sämtliche Fahrzeuge, in denen der Motor des Typs EA 189 verbaut war, ihre Zulassung verlieren würden.
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5. Der Kläger kann gemäß § 249 BGB Schadensersatz verlangen. Er hat einen Anspruch so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Aufgrund der Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die EG-Typgenehmigung von der Beklagte unter Einsatz einer Manipulationssoftware erschlichen wurde und daher die Stilllegung im Falle eines Widerrufs der Genehmigung drohte. Hierfür spricht die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand unnötig derartig erhebliche Risiken eingeht, wenn ihm auf dem Markt vergleichbare Produkte ohne entsprechende Risiken angeboten werden. Dabei ist unerheblich, dass das Kraftfahrt-Bundesamt sich später nicht zu einem Widerruf der Genehmigung, sondern zu dem nachträglichen Erlass einer Auflage entschlossen hat. Maßgeblich ist auf den Zeitpunkt abzustellen, bei dem aufgrund der Handlung der Beklagten bei dem Kläger der Schaden eingetreten ist. Das ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
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Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, zum Zwecke der Schadenminderung das Software-Update aufspielen zu lassen. Er kann die Rückgängigmachung des ihm entstandenen Schadens in der Form des Abschlusses eines unvorteilhaften Vertrages verlangen und muss sich nicht vom Schädiger das Festhalten an dem Vertrag aufdrängen lassen. Dies gilt umso mehr, als nicht feststeht, dass das Software-Update ohne nachteilige Folgen, die möglicherweise erst nach einem längeren Dauerbetrieb auftreten, aufgespielt werden kann. Dies ließe sich erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen, dessen kostspielige Einholung dem deliktisch geschädigten Kläger nicht zuzumuten ist. Aus dem gleichen Grund ist das nachträgliche - nach Klägervortrag heimliche - Aufspielen der Software entscheidungserheblich. Der Schaden ist bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstanden. Aus den ungeklärten Umständen des Aufspielens der Software lässt sich kein gemäß § 242 BGB missbräuchliches Schadensersatzverlangen des Klägers ableiten. Zu dem Schaden gehört auch ein etwaiger Schaden, der beim Kläger infolge des Aufspielens des Software-Updates entstehen kann, da das Aufspielen des Software-Updates selbst eine Folge der ursprünglichen Installation einer Motorsteuersoftware mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung darstellt.
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6. Der Kläger hat gemäß §§ 826, 249, 257 BGB einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR. Hierbei hat das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe des Kaufpreises von 18.200 EUR abzüglich eines Nutzungsvorteils in Höhe von 1.966,50 EUR und unter Abzug eines 20%-igen Abschlags für die Feststellungsklage angesetzt. Der Nutzungsvorteil wird auf der Grundlage der vom Kläger angegebenen Laufleistung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geschätzt. Bei einer angenommenen Gesamtlaufleistung von 300.000 km für einen Audi A4 Diesel und einer Restlaufleistung vom 275.300 km bei Vertragsschluss errechnet sich der Nutzungsvorteil auf 0,07 EUR/km und - ausgehend vom Kilometerstand von 24.700 km bei Vertragsschluss - eine durchschnittliche Fahrleistung von 28.092,8 km p.a.. Zum Zeitpunkt des Anwaltsschreibens des Klägervertreters hatte der Kläger das Fahrzeug ca. 1 Jahr. Eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer sind als erforderlich anzusetzen. Unter der Berücksichtigung, dass es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für mehrere Verfahren anfällt, erscheint ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr nicht gerechtfertigt.
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7. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 2 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 1, § 711 ZPO. Der Streitwert wurde in Höhe des Schadens, der im Wesentlichen dem Kaufpreis abzüglich des rechnerischen Nutzungsvorteils bei Klageeinreichung unter Abzug eines 20 %-Abschlags für die Feststellungsklage entspricht, festgesetzt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 402/02 Verkündet am:
19. Juli 2004
Vondrasek
Justizangstellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja (nur zu III., IV.)
BGHR: ja
BGB § 826 C, E, Gb
Zur persönlichen Haftung der Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft nach
§ 826 BGB für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen.
BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 402/02 - OLG München
LG Augsburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 12. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und
Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 30. Zivilsenats - zugleich Familiensenat - des Oberlandesgerichts München, Zivilsenate in Augsburg, vom 1. Oktober 2002 aufgehoben.
II. Die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil des Landgerichts Augsburg - 3. Zivilkammer - wird zurückgewiesen.
III. Die erstinstanzlichen Kosten werden wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten werden dem Kläger zu 1/3 und den Be - klagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern zu 2/3 auferlegt. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. Die Beklagten zu 2 und 3 tragen gesamtschuldnerisch 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.
IV. Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens werden den Beklagten zu 2 und 3 als Gesamtschuldnern auf- erlegt. Der Streithelfer der Beklagten hat die Kosten der Nebenintervention zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger, ein Rechtsanwalt, macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht mit der Begründung geltend, der Zedent sei durch unzutreffende Angaben in einer Ad-hoc-Mitteilung der I. AG (frühere Beklagte zu 1, im folgenden: I. AG) dazu veranlaßt worden, - mittlerweile wertlos gewordene - Aktien dieser Gesellschaft zu erwerben. Der Beklagte zu 2 war Vorstandsvorsitzender, der Beklagte zu 3 stellvertretender Vorstandsvorsitzender der I. AG. Der Kläger hat die gegen die Gesellschaft gerichtete Klage nach Erlaß des Landgerichtsurteils zurückgenommen, nachdem am 1. Juli 2001 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet worden war.
Die Aktien der I. AG wurden im Juli 1998 zum geregelten Markt mit Handel im Neuen Markt bei einem Emissionskurs von 27,10 € zugelassen und erreichten nach starkem Kursanstieg bereits im Februar 1999 ihren Höchststand von 318,00 €. Nach zwischenzeitlicher Halbierung dieses Wertes und schwankendem Kurs erfolgte im August 1999 ein Aktiensplit im Verhältnis 1 : 5. Nach weiterhin uneinheitlichem Verlauf stieg der Kurs im Zusammenhang mit der Cebit im Februar 2000 nochmals kurzfristig bis auf 51,00 € an, um dann
nach und nach wieder abzufallen; derzeit bewegt er sich bei wenigen Cent pro Aktie.
Die I. AG veröffentlichte eine Vielzahl von Ad-hoc-Mitteilungen, u.a. am 20. Mai und am 13. September 1999. Am 20. Mai 1999 gab sie bekannt , der Mobilfunkanbieter M. habe bei ihr "per Rahmenabkommen Surfstations und die zugehörigen JNT-Lizenzen geordert"; das Auftragsvolumen betrage mindestens ca. 55 Mio. DM, wobei die Abwicklung in mehreren Chargen erfolge. Diese Ad-hoc-Mitteilung, die vom Beklagten zu 3 veranlaßt und vom Beklagten zu 2 gebilligt worden war, gab den mit der M. abgeschlossenen Vertrag nicht richtig wieder: Tatsächlich enthielt er nur eine verbindliche Bestellung über 14.000 Surfstationen mit einem Gesamtvolumen von ca. 9,8 Mio. DM; ergänzend war von M. lediglich für den Fall einer erfolgreichen Testphase die Erhöhung des Auftrags von 14.000 auf 100.000 Stationen in Aussicht gestellt worden. Erst mit dieser Folgebestellung - die allerdings nicht erfolgte - wäre das in der Ad-hoc-Meldung vom 20. Mai 1999 mitgeteilte Auftragsvolumen von 55 Mio. DM erreicht worden. Auf der Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 wurde der Inhalt der Meldung - freilich ohne Kenntnis des Klägers - auf entsprechende Nachfrage einer Aktionärin von den Beklagten zwar richtig gestellt, jedoch wurde die falsche Mitteilung vom 20. Mai 1999 später in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder bestätigt. Erst durch Ad-hoc-Mitteilung vom 22. August 2000 wurde die ursprüngliche Meldung - zum Teil - widerrufen.
In einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 gab die I. AG bekannt, daß die G. bei ihr per Rahmenabkommen JNT-Lizenzen und Surfstationen im Wert von rund 55 Mio. DM geordert habe. Auch diese Mitteilung war unzutreffend, da es sich insoweit nicht um einen
neuen Auftrag, sondern lediglich um eine gemeinsame Vertriebsvereinbarung handelte. Dies wurde von der I. AG erst mit Ad-hoc-Mitteilung vom 29. August 2000 berichtigt.
Der Kurs der Aktie stieg unmittelbar nach der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 um ca. 20 % auf 40,80 €. Nachdem sich der Kurs - nach weiteren uneinheitlichen Ausschlägen - wieder beruhigt hatte, erwarb der Zedent am 28. Juli 1999 - unter Inanspruchnahme von Kontokorrentkredit - 230 Stückaktien der I. AG zum Kurs von 40,00 € (Gesamtaufwand incl. Nebenkosten : 90.945,70 DM).
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Teilurteil der Klage auf Zahlung von 90.945,70 DM nebst Zinsen Zug-um-Zug gegen Abtretung von 1.150 Aktien der I. AG stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht (ZIP 2002, 1889) nach erneuter Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Klägers ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung (§§ 562, 563 Abs. 3 ZPO n.F.).
Das Berufungsgericht hat zwar zu Recht Schadensersatzansprüche des Klägers sowohl aus (allgemeiner) Prospekthaftung (dazu unter I.) als auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der Verletzung eines Schutzgesetzes (dazu unter II.) verneint. Dennoch ist die Klage begründet, weil der Kläger - wie bereits das
Landgericht zutreffend erkannt hat - gegen die Beklagten einen Ersatzanspruch aus § 826 BGB hat (dazu unter III.).
I. Schadensersatz aus Prospekthaftung
Das Berufungsgericht hat Prospekthaftungsansprüche mit der Begründung verneint, die Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 seien nicht als "Prospekte" i.S. der allgemeinen Prospekthaftung anzusehen, weil sie keine vollständige Unternehmensdarstellung - wie ein Emissions- oder sonstiger (Wertpapier-)Verkaufsprospekt - enthielten. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
1. Allerdings ist schon im Ansatz zweifelhaft, ob die von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrundsätze, die an ein typisiertes Vertrauen des Anlegers auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der von den Prospektverantwortlichen gemachten Angaben anknüpfen (vgl. BGHZ 71, 284 u. st.Rspr.), hier überhaupt auf die Haftung der Beklagten für die von ihnen veranlaßten fehlerhaften Ad-hoc-Mitteilungen (§ 15 WpHG a.F.) der I. AG - eines Unternehmens des Neuen Marktes, der ein Segment des geregelten Marktes ist (vgl. dazu Potthoff/Stuhlfauth, WM 1997, Sonderbeilage Nr. 3, S. 6 ff.) - Anwendung finden könnten. Der Senat hat bislang - anders als die Revision meint - lediglich entschieden (BGHZ 123, 106), daß die Prospekthaftungsgrundsätze auch für Prospekte gelten, mit denen für den Erwerb von Aktien außerhalb der geregelten Aktienmärkte geworben wird (vgl. aber für den Bereich der nicht zum Handel an einer inländischen Börse zugelassenen Wertpapiererstemissionen nunmehr die spezialgesetzliche Haftungsregelung nach § 13 VerkaufsprospektG (v. 13. Dezember 1990, BGBl. I, 2749) i.V.m. §§ 45 bis 48 BörsG).

2. Letztlich kann dies aber offen bleiben, weil die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und vom 13. September 1999 jedenfalls nicht die an einen "Prospekt" im Sinne der Prospekthaftungsgrundsätze zu stellenden Anforderungen erfüllen.

a) Ein Prospekt stellt in der Regel die für den Anlageinteressenten wichtigste und häufigste Informationsquelle dar und bildet im allgemeinen die Grundlage seiner Anlageentscheidung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofes darf ein Anleger erwarten, daß er ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt erhält, d.h. daß der Prospekt ihn über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichtet (vgl. BGHZ 123, 106, 109 f.; Sen.Urt. v. 29. Mai 2000 - II ZR 280/98, NJW 2000, 3346 - jew. m.w.N.).
Diese Anforderungen kann eine Ad-hoc-Mitteilung i.S. des § 15 Abs. 1 WpHG a.F. in der Regel nicht erfüllen. Sie ist anlaßbezogen auf neue, bislang nicht veröffentlichte gewichtige Einzeltatsachen, die lediglich die bereits bekannten Informationen für den Sekundärmarkt ergänzen. Dabei erhebt die Bekanntgabe einer solchen kapitalmarktbezogenen Einzelinformation - anders als die den Primärmarkt betreffende Publizität eines (Emissions-)Prospekts - erkennbar nicht den Anspruch, eine das Publikum des Sekundärmarktes umfassend informierende Beschreibung zu sein.

b) So lag es jedenfalls hier bezüglich der beiden Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999. Sie betrafen jeweils einzelne Geschäftsabschlüsse, die ein vollständiges Bild über sämtliche für den Aktienkauf wesentlichen Umstände der Gesellschaft und die etwa damit ver-
bundenen Risiken ersichtlich nicht vermittelten; ebensowenig ließen die vermittelten Einzeltatsachen verläßliche Rückschlüsse über die Entwicklung der Aktie zu.
II. Schadensersatz aus Verletzung von Schutzgesetzen
Zu Recht hat das Berufungsgericht Ansprüche des Klägers aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verletzung etwaiger Schutzgesetze verneint.
1. Ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15 WpHG a.F. besteht nicht.
§ 15 WpHG a.F. ist kein Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Normzweck des § 15 WpHG a.F. ist nach den Gesetzesmaterialien nicht der Schutz der Individualinteressen der Anleger, sondern ausschließlich die im öffentlichen Interesse liegende Sicherung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes (vgl. insbesondere: BT-Drucks. 12/7918, S. 96, 102). Dementsprechend stellt § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. ausdrücklich klar, daß Verstöße gegen § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. keine Schadensersatzpflicht des Emittenten auslösen. Das schließt eine Schutzgesetzeigenschaft des § 15 WpHG a.F. aus (h.M., vgl. BVerfG, Urt. v. 24. September 2002 - 2 BvR 742/02, ZIP 2002, 1986, 1988; Kümpel in Assmann/Schneider, WpHG 2. Aufl. § 15 Rdn. 188; Rützel, AG 2003, 69, 72; Thümmel, BB 2001, 2331, 2332; Groß, WM 2002, 477, 482; Horn, Festschrift Ulmer 2003, S. 817, 819; zur Gegenansicht: Möllers/Rotter, Ad-hocPublizität 2003, § 16 Rdn. 55).
2. Auch § 88 BörsG a.F ist - entgegen der Ansicht der Revision - kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB.

Der Senat hat bislang die Frage, ob § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB ist, offengelassen (vgl. Urt. v. 11. November 1985 - II ZR 109/84, NJW 1986, 837, 840). Er verneint sie nunmehr in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der herrschenden Meinung (vgl. BVerfG ZIP 2002, 1986, 1988 mit umfangreichen Nachw. z. Meinungsstand). Nach den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 10/318, S.44) ist über § 88 BörsG a.F. ein Schutz des einzelnen Anlegers nicht gewollt.
Schutzgesetz ist eine Rechtsnorm nur dann, wenn sie - sei es auch neben dem Schutz der Allgemeinheit - gerade dazu dienen soll, den einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlaß des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder zumindest mitgewollt hat (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241, 242 m.w.N.). Der Tatbestand des § 88 BörsG a.F. erfordert ein Handeln in der Absicht, auf den Börsen- oder Marktpreis von Wertpapieren einzuwirken. Wie bereits in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommt (BT-Drucks. 10/318, S. 45), steht bei § 88 BörsG a.F. allgemein die Zuverlässigkeit und Wahrheit der Preisbildung an Börsen und Märkten mit ihrer für das gesamte Wirtschaftsleben weitreichenden Bedeutung im Vordergrund. § 88 BörsG a.F. bezweckt deshalb nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie den Schutz der Allgemeinheit. Zwar wirkt sich der Schutz der Allgemeinheit mittelbar auch zugunsten des einzelnen Kapitalanlegers aus (vgl. BT-Drucks. aaO S. 46). Damit erstrebt das Gesetz aber noch nicht einen be-
sonderen Schadensersatzanspruch zum Schutze (auch) der Individualinteressen des einzelnen (vgl. dazu: BGHZ 84, 312, 314; 125, 366, 374). Der dem einzelnen zustatten kommende mittelbare Schutz ist vielmehr nur eine Reflexwirkung des Gesetzes, die die zivilrechtliche Haftung nicht begründen kann (vgl. BGHZ 89, 383, 401). Die Funktion, den Anleger vor Täuschungen und Vermögensverlusten zu schützen, wurde von § 264 a StGB übernommen; diese Norm ist aufgrund ihres drittschützenden Charakters Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 aaO; vgl. dazu noch unten unter 5.).
3. Entgegen der Ansicht der Revision müssen weder § 15 WpHG a.F. noch § 88 BörsG a.F. aufgrund europarechtlicher Vorgaben in berichtigender Auslegung als Schutzgesetze ausgelegt werden. Der EG-Insider-Richtlinie 89/592/EWG vom 13. November 1989 (ABl Nr. L 334/30, Einleitung und Art. 13; sowie die in Art. 7 in Bezug genommene Richtlinie 79/279/EWG) oder der EGTransparenz -Richtlinie 88/627/EWG vom 12. Dezember 1988 (ABl Nr. L 348/62) läßt sich kein Gebot entnehmen, § 15 WpHG a.F. oder § 88 Abs. 1 Nr. 1 BörsG a.F. als Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB auszugestalten (BVerfG ZIP 2002, 1986, 1989).
4. Einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG hat das Berufungsgericht zutreffend verneint, weil die unrichtigen Ad-hocMitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 nicht den Tatbestand des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG erfüllen.

a) Zwar ist die Strafvorschrift des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB (einhellige Meinung: vgl. z.B. BGHZ 149, 10, 20; Otto in Großkomm./AktG, 4. Aufl. 1997, § 400 Rdn. 2 m.w.N.). § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG soll das Vertrauen potentieller Anleger und gegenwärtiger Aktionäre
der Gesellschaft in die Richtigkeit und Vollständigkeit bestimmter Angaben über die Geschäftsverhältnisse schützen.

b) Die Beklagten haben jedoch durch die beiden Ad-hoc-Mitteilungen nicht die Verhältnisse der Gesellschaft "in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (§ 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG) unrichtig wiedergegeben.
Unter "Übersichten über den Vermögensstand" sind alle Zusammenstellungen von Zahlenmaterialien, insbesondere alle Arten von Bilanzen zu verstehen , die einen Gesamtüberblick über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens ermöglichen (vgl. Otto aaO § 400 Rdn. 33). Darunter fallen ersichtlich nicht Ad-hoc-Mitteilungen, die - wie im vorliegenden Fall - nur jeweils einen einzelnen Geschäftsabschluß bekanntgeben.
Als "Darstellungen über den Vermögensstand" gelten nur solche Berichte , die den Vermögensstand des Unternehmens so umfassend wiedergeben, daß sie ein Gesamtbild über die wirtschaftliche Lage der Aktiengesellschaft ermöglichen und den Eindruck der Vollständigkeit erwecken. Auch das ist bei den Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999 offensichtlich nicht der Fall.
Soweit in der Literatur vereinzelt die Ansicht vertreten wird, daß sich die "Darstellungen" i.S. von § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG nicht auf den Vermögensstand beziehen müßten (Baums, Bericht der Regierungskommission "Corporate Governance" vom 10. Juli 2001, BT-Drucks. 14/7515 Rdn. 184; Möllers, Ad-hoc-Publizität 2003, § 12 Rdn. 85 ff.), kann dem nicht gefolgt werden. Bereits aus dem eindeutigen, einer (derartigen) Auslegung nicht zugänglichen Wortlaut der Vorschrift (vgl. Art. 103 Abs. 2 GG; dazu: BVerfGE 47, 109,
120 f.,124; 64, 389, 393 f.) ergibt sich, daß Darstellungen - genau wie in § 264 a StGB - auch den Vermögensstand betreffen müssen und nicht isoliert betrachtet werden können.
5. Auch eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 264 a StGB hat das Berufungsgericht zu Recht verneint.
Zwar hat die Strafnorm drittschützenden Charakter (vgl. Sen.Urt. v. 21. Oktober 1991 - II ZR 204/90, NJW 1992, 241 f.) und ist damit Schutzgesetz i.S. von § 823 Abs. 2 BGB. Um den Tatbestand des § 264 a StGB zu erfüllen, muß u.a. die fehlerhafte Information "in Prospekten" oder "in Darstellungen oder Übersichten" über den Vermögensstand erfolgen. Die Ad-hoc-Mitteilungen der I. AG vom 20. Mai 1999 bzw. 13. September 1999 sind jedoch - wie bereits an anderer Stelle ausgeführt - weder "Prospekte" (siehe oben I. 2.) noch "Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensstand" (siehe oben II. 4.). Unabhängig davon fehlte es hier an dem außerdem in § 264 a Abs. 1 StGB vorausgesetzten Zusammenhang der Tathandlung mit dem "Vertrieb von Anteilen" (Nr. 1) oder mit einem Erhöhungsangebot (Nr. 2) (vgl. dazu: Lackner, StGB 24. Aufl. § 264 a Rdn. 6).
6. Ein Anspruch des Klägers gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB scheidet nach den zutreffenden Erwägungen des Berufungsgerichts bereits deshalb aus, weil hier eine Absicht der Beklagten, sich oder einem Dritten "stoffgleich" zu Lasten des Vermögens des Zedenten einen Vermögensvorteil zu verschaffen, nicht feststellbar ist. Gemäß § 263 StGB muß der Täter einen Vermögensvorteil unmittelbar aus dem Vermögen des Geschädigten in der Weise anstreben, daß dieser Vorteil "die Kehrseite des Schadens" ist (BGHSt 6,115,116; Tiedemann in Leipziger Komm., StGB 11. Aufl. 2000, § 263
Rdn. 256). Eine - lediglich mittelbare - Begünstigung der I. AG oder der Beklagten selbst durch einen infolge der falschen Ad-hoc-Mitteilung steigenden Aktienkurs reicht nicht aus (Möllers, Ad-hoc-Publizität, § 12 Rdn. 104; Rützel, AG 2003, 69, 73; Rodewald/Siems, BB 2001, 2437, 2440). Hinsichtlich der an dem Aktienkauf des Zedenten beteiligten unbekannten Verkäufer liegt eine Bereicherungsabsicht der Beklagten fern.
III. Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht allerdings einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus § 826 BGB verneint.
1. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stünden zwar die Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilungen vom 20. Mai 1999 und 13. September 1999, die Kenntnis der Beklagten hiervon und der Kausalzusammenhang zwischen der unrichtigen Meldung vom 20. Mai 1999 und der Anlageentscheidung des Zedenten P. fest. Auch wenn dieser bei wahrheitsgemäßer Information die Aktien nicht gekauft hätte, könne er schon nicht im Wege des Schadensersatzes "Rückgängigmachung" des Erwerbs verlangen, weil er bewußt in ein hochspekulatives Marktsegment investiert habe. Jedenfalls hätten die Beklagten insoweit nicht vorsätzlich gehandelt, weil sie weder vorausgesehen noch billigend in Kauf genommen hätten, daß Anleger in I.-Aktien wegen des Vertrauens in die Richtigkeit der Darstellung der Ad-hoc-Mitteilungen einen Schaden, insbesondere in Form der Beeinträchtigung ihres wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts, erleiden könnten. Selbst wenn die von P. erworbenen Mitgliedschaftsrechte, was naheliege, wegen des fehlenden Auftrags
der M. AG einen geringeren Wert gehabt hätten, hätten die Beklagten nicht vorwerfbar in Verfolgung eigensüchtiger Interessen und in dem Bewußtsein einer möglichen Schädigung potentieller Anleger gehandelt. Denn sie hätten sich aufgrund des - wenn auch in erheblich geringerem Umfang - erteilten Auftrags der M. in euphorischer Stimmung bezüglich der weiteren Unternehmensentwicklung befunden und seien überzeugt gewesen, die Zielvorstellungen zu dem erwarteten umfangreichen Auftrag erfüllen zu können.
Diese Bewertung hält in wesentlichen Punkten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
2. Die Beweiswürdigung ist zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 ZPO n.F. gebunden ist. Revisionsrechtlich ist seine Würdigung jedoch darauf zu überprüfen, ob er sich mit dem Prozeßstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (st.Rspr., vgl. z.B. BGH, Urt. v. 11. Februar 1987 - IV b ZR 23/86, BGHR ZPO § 286 Abs. 1 Revisionsrüge 1).
Danach liegt schon den - teilweise im Widerspruch zu den getroffenen Feststellungen stehenden - Ausführungen des Berufungsgerichts zum Schaden offenbar ein unzutreffendes Verständnis des Schadensbegriffs i.S. der §§ 826, 249 ff. BGB zugrunde; darüber hinaus beruht die Verneinung der subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB auf einer zum Teil widersprüchlichen und unvollständigen Bewertung der objektiven Tatumstände sowie auf einer Überspannung der Anforderungen an den Vorsatz (§ 286 ZPO).

a) Auf der Grundlage der Feststellungen zur Kausalität zwischen der falschen Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 und der Anlageentscheidung des Zedenten P. kann der Kläger nach § 826 BGB - bei Vorliegen auch der weiteren Voraussetzungen dieser Norm (vgl. dazu unten) - von den Beklagten nicht etwa nur, wie das Berufungsgericht offenbar meint, den Differenzschaden des Zedenten in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem tatsächlichen Transaktionspreis und dem Preis, der sich bei pflichtgemäßem Publizitätsverhalten gebildet hätte, sondern grundsätzlich Naturalrestitution (§ 249 BGB) in Form der Erstattung des gezahlten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Aktien verlangen (vgl. zu dieser Unterscheidung im Rahmen von § 37 c WpHG n.F.: Fleischer, BB 2002, 1869, 1870 f.).
§ 826 BGB stellt hinsichtlich des Schadens begrifflich nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter ab: Schaden ist danach nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (vgl. Wagner in Münch.Komm.z.BGB 4. Aufl. § 826 Rdn. 6 m.w.N.). Der Inhalt der Pflicht zum Ersatz eines solchen Schadens bestimmt sich nach den §§ 249 ff. BGB. Danach ist im vorliegenden Fall der in seinem Vertrauen in die Richtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 enttäuschte Anleger P. im Wege der Naturalrestitution so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die für die Veröffentlichung Verantwortlichen ihrer Pflicht zur wahrheitsgemäßen Mitteilung nachgekommen wären. Da er in diesem Fall - wie festgestellt - die Aktien nicht erworben hätte, kann er nach § 249 Abs. 1 BGB Geldersatz in Höhe des für den Aktienerwerb aufgewendeten Kaufpreises gegen Übertragung der erworbenen Rechtspositionen auf die - an dem Erwerbsgeschäft nicht beteiligten - Schädiger verlangen.
Eine Einschränkung der Schadensersatzpflicht, wie sie das Oberlandesgericht wegen der Investition des Zedenten in ein Papier des "hochspekulativen" Neuen Marktes annimmt, ist nicht berechtigt; sie steht im Widerspruch zu der festgestellten Überzeugung des Gerichts, daß P. ohne die fehlerhaften Mitteilungen die Aktien der I. AG nicht erworben hätte.
Selbst unter dem Blickwinkel des Rechtswidrigkeitszusammenhangs/ Schutzzwecks der Haftungsnorm ist für fehlerhafte Ad-hoc-Mitteilungen, die auch die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung i.S. des § 826 BGB erfüllen, eine Beschränkung der Rechtsfolgen zugunsten des Schädigers nicht veranlaßt. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 6 Satz 1 WpHG a.F. - wie bereits ausgeführt - eine besondere Schadensersatzhaftung für die Verletzung der Ad-hoc-Publizität i.S. von § 15 Abs. 1 bis 3 WpHG a.F. ausdrücklich ausgeschlossen und damit zugleich klargestellt, daß jene Norm kein Schutzgesetz i.S. des § 823 Abs. 2 BGB sein soll. Gemäß § 15 Abs. 6 Satz 2 WpHG a.F. bleiben jedoch ausdrücklich - schon bezogen auf den Emittenten - Schadensersatzansprüche, die auf anderen Rechtsgrundlagen beruhen, unberührt. Unter derartige allgemeine zivilrechtliche Haftungstatbestände fällt insbesondere die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung nach § 826 BGB. Ein Haftungsausschluß in Fällen betrügerischer oder sittenwidriger Schädigung Dritter wäre - wie im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich klargestellt wurde (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, BT-Drucks. 12/7918, S. 102) - mit den Grundsätzen der Rechtsordnung nicht vereinbar. Für die - ohnehin nicht ausgeschlossene - Haftung der die falschen Ad-hoc-Mitteilungen veranlassenden Vorstände als gesetzliche Vertreter des Emittenten gelten daher im Bereich des § 826 BGB ebenfalls keine generellen Beschränkungen hinsichtlich Art und Umfang des Schadensersatzes.

b) Ausgehend hiervon und auf der Grundlage der den Beklagten bekannten objektiven Unrichtigkeit der Ad-hoc-Mitteilung vom 20. Mai 1999 ist die Verneinung der (weiteren) subjektiven Voraussetzungen des § 826 BGB durch das Berufungsgericht ebenfalls rechtsfehlerhaft.
Die Veröffentlichung der Mitteilung vom 20. Mai 1999 als Ad-hocMitteilung setzte bereits nach dem Gesetz (§ 15 Abs. 1 WpHG a.F.) voraus, daß die mitgeteilte neue Tatsache "geeignet ist, den Börsenpreis der zugelassenen Wertpapiere erheblich zu beeinflussen". Da dies ohne Kauf- und Verkaufsentscheidungen von individuellen Marktteilnehmern als zu erwartender Reaktion auf die Mitteilung der meldepflichtigen Tatsache nicht möglich ist, wissen die verantwortlichen Vorstände, daß es infolge der fehlerhaften Ad-hocInformation zu entsprechenden Anlageentscheidungen kommen wird (so zutreffend Fuchs/Dühn, BKR 2002, 1063, 1067). Kennen sie die Unrichtigkeit der Adhoc -Mitteilung, so wissen sie auch, daß deshalb Wertpapierkäufe auf fehlerhafter Tatsachengrundlage getätigt werden. Da beide Beklagten die Bedeutung der konkreten Ad-hoc-Mitteilung und deren Unrichtigkeit kannten, ist - wie die Revision zutreffend geltend macht - schon nach der Lebenserfahrung davon auszugehen , daß die unrichtige Meldung keinen anderen Zweck hatte, als dem Börsenpublikum einen gestiegenen Unternehmenswert vorzuspiegeln und den Börsenpreis positiv zu beeinflussen. Von einer bloßen Leichtfertigkeit - wie das Oberlandesgericht meint - kann ersichtlich keine Rede sein. Dagegen sprechen weitere erhebliche Umstände, die das Berufungsgericht übersehen hat. Unstreitig mußte der Beklagte zu 2 in Anwesenheit des Beklagten zu 3 in der Hauptversammlung der I. AG vom 24. Juni 1999 auf entsprechende Frage einer Aktionärin klarstellen, daß die M. AG am 19. Mai 1999 lediglich 14.000 JNT-Surfstationen bestellt hatte; gleichwohl bestätigten die Beklagten - anstelle einer gebotenen sofortigen Richtigstellung durch Ad-hoc-Meldung -
bereits in der Ad-hoc-Mitteilung vom 30. August 1999 wieder die falsche Ursprungsmeldung vom 20. Mai 1999. Schließlich hat das Berufungsgericht auch die bedeutsame Indiztatsache außer Betracht gelassen, daß die Beklagten in der Ad-hoc-Mitteilung vom 13. September 1999 sogar einen in vollem Umfang frei erfundenen "erneuten Mega-Deal" in Gestalt der angeblichen Order eines P.er Unternehmens über 55 Mio. DM veröffentlichten. Auch diese erneute Falschmeldung diente ersichtlich keinem anderen Zweck als der positiven Beeinflussung des Börsenkurses und der Irreführung des Börsenpublikums über den wirklichen Wert des Unternehmens.
Zudem hat das Berufungsgericht die Anforderungen an den Vorsatz überspannt.
Für den Vorsatz im Rahmen des § 826 BGB genügt ein "Eventualdolus". Dabei braucht der Täter nicht im einzelnen zu wissen, welche oder wieviele Personen durch sein Verhalten geschädigt werden; vielmehr reicht aus, daß er die Richtung, in der sich sein Verhalten zum Schaden irgendwelcher anderer auswirken könnte, und die Art des möglicherweise eintretenden Schadens vorausgesehen und mindestens billigend in Kauf genommen hat (st.Rspr., so schon RGZ 55, 60; BGH, Urt. v. 20. November 1990 - VI ZR 6/90, BGHR BGB § 826 Schädigungsvorsatz 2). Angesichts der Gesamtumstände besteht hier an einer vorsätzlichen Handlungsweise der Beklagten in bezug auf die Mitteilung vom 20. Mai 1999 kein Zweifel. Den Beklagten war bei einer Parallelwertung in der (juristischen) Laiensphäre positiv bewußt, daß durch die Falschmeldung u.a. die Erwerber von I.-Aktien ihre Kaufentscheidungen auf fehlerhafter Tatsachengrundlage trafen, die sie bei der gebotenen richtigen Information entweder überhaupt nicht oder aber nur zu anderen Konditionen getroffen hätten. Derartige Schäden als Folgen ihrer - direkt vorsätzlichen - Handlungs-
weise nahmen sie zumindest billigend in Kauf. Ein solcher Eventualvorsatz der Beklagten hinsichtlich der als Folge ihres Tuns erwarteten, mindestens aber für möglich gehaltenen Schäden bei den Investoren läßt sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht aufgrund einer lediglich euphorischen Stimmung der Beklagten in bloße Fahrlässigkeit "umqualifizieren". Nach der Lebenserfahrung ist davon auszugehen, daß den Beklagten als u.a. für die zentrale Aufgabe der Publizität verantwortlichen Organen des Unternehmens, die über die Auswirkungen ihrer unrichtigen Ad-hoc-Information auf den Aktienmarkt Bescheid wußten, nicht durch eine (momentane) Euphorie über vermeintliche Chancen und Zukunftsperspektiven der I. AG der Verstand "vernebelt" wurde. Mit Recht rügt die Revision insoweit, daß nicht einmal nachvollziehbar dargelegt ist, worauf bezüglich des Geschäfts mit M. über die insoweit nicht ausreichende bloße Hoffnung hinaus bereits eine gesicherte Erwartung hinsichtlich der Zielvorstellung weiterer Aufträge hätte gestützt werden können; denn ersichtlich war weder die hierfür erforderliche Software bis zur Serienreife gediehen noch die Lauffähigkeit der Hardware gesichert. Abgesehen davon beträfe die etwaige Hoffnung oder Erwartung der Beklagten, den falsch gemeldeten "Mega-Deal" zu einem späteren Zeitpunkt noch zustande bringen zu können, nur die Möglichkeit einer künftigen Minderung oder wirtschaftlichen Beseitigung eines beim Anleger mit dem Aktienkauf bereits eingetretenen Vermögensschadens; das gilt insbesondere für den - wie hier - bereits dadurch entstandenen Schaden, daß der Anleger infolge der Irreführung Aktien erworben hat, die er ohne die Falschmeldung nicht erworben hätte. Eine etwaige spätere Schadenskompensation ließe aber die schon eingetretene Vollendung der vorsätzlichen Schädigung unberührt.

c) Die vorsätzliche Veröffentlichung der bewußt unwahren Ad-hocMitteilung ist schließlich auch - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts -
als sittenwidrig i.S. des § 826 BGB, d.h. als "gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden" verstoßend (st.Rspr. seit RGZ 48, 114, 124), anzusehen.
Freilich genügt dafür im allgemeinen die bloße Tatsache, daß der Täter gegen eine gesetzliche Vorschrift verstoßen hat, ebensowenig wie der Umstand , daß sein Handeln bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muß sich die besondere Verwerflichkeit des Verhaltens aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben. Hier wird die Verwerflichkeit allerdings bereits durch das Verhalten der Beklagten indiziert: die direkt vorsätzliche unlautere Beeinflussung des Sekundärmarktpublikums durch eine grob unrichtige Adhoc -Mitteilung. Ein solches Handeln verstößt derart gegen die Mindestanforderungen im Rechtsverkehr auf dem Kapitalmarkt, daß ein Ausgleich der durch sie bei den einzelnen Marktteilnehmern verursachten Vermögensschäden geboten erscheint. Eine derartige Verhaltensweise ist nicht etwa deshalb in einem milderen Licht zu sehen, weil Ad-hoc-Mitteilungen wie die vorliegende gerade in der fraglichen "euphorischen Phase" des Neuen Marktes vielfach zu Werbezwecken veröffentlicht worden sind; denn darin lag - auch im vorliegenden Fall - selbst ein Mißbrauch des Rechtsinstituts der Ad-hoc-Publizität. Zudem setzten sich die Beklagten - was das Oberlandesgericht außer Betracht läßt - bedenkenlos über die Hinweise von Mitarbeitern hinsichtlich der Unrichtigkeit der Meldung ebenso hinweg wie später über den Umstand, daß sogar in der Bereichsöffentlichkeit der Hauptversammlung der Schwindel entdeckt worden war. Mit der Veröffentlichung der Mitteilung über einen angeblichen Großauftrag - wie auch durch die weitere Falschmeldung im September 1999 - haben die Beklagten gezeigt, daß ihnen offensichtlich jedes Mittel recht war, um in den potentiellen Anlegern des Marktes positive Vorstellungen über den Wert des Unterneh-
mens hervorzurufen und über die einsetzende Nachfrage den Kurs der I.-Aktie "zu pushen".
Die Beklagten verfolgten mit den falschen Ad-hoc-Mitteilungen auch in jedenfalls objektiv unlauterer Weise "eigene Zwecke". Sie waren nämlich - was das Oberlandesgericht übersehen hat - nicht etwa unbeteiligte "Nur-Vorstände", sondern besaßen als Gründungsgesellschafter Aktien der I. AG im Millionenumfang, so daß sie von dem mit den unrichtigen Meldungen bezweckten "Pushen" der Kurse zumindest mittelbar selbst profitierten. In diesem Zusammenhang weist die Revision zutreffend darauf hin, daß die Beklagten aus - wenn auch nicht mit den hier inkriminierten Meldungen unmittelbar zusammenhängenden - unstreitigen Verkäufen eigener Aktienpakete Anfang des Jahres 1999 jeweils knapp 29 Mio. DM und im Juli 2000 jeweils ca. 500.000,00 € erlösten. Bereits daraus läßt sich entnehmen, daß ihnen auch bewußt war, daß eine durch die unrichtigen Ad-hoc-Mitteilungen bewirkte Kurssteigerung zu einer Wertsteigerung der eigenen Beteiligung an der I. AG führen würde. Vorrangiges Ziel oder gar Endziel ihrer ungesetzlichen Handlungsweise mußten solche "eigenen Zwecke" im Rahmen des § 826 BGB nicht sein.
IV. Aufgrund der aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung. Da eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht erforderlich und insbesondere weitergehender entscheidungsrelevanter Vortrag zu den Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB nicht zu erwarten ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden.
1. Nach den vorstehenden Ausführungen haften die Beklagten dem Kläger - ohne daß dies noch weiterer Ausführungen bedürfte - für den dem Zedenten P. durch die sittenwidrige vorsätzliche Schädigung entstandenen
Schaden gemäß § 826 BGB auf Schadensersatz in Höhe des geltend gemachten Bruttoaufwands von 90.945,70 DM nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übertragung von 1.150 Stückaktien der I. AG, wie bereits das Landgericht zutreffend entschieden hatte.
2. Eine Kürzung des Ersatzanspruchs des Zedenten des Klägers gemäß § 254 BGB findet nicht statt. Es kann dahinstehen, ob gegenüber einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung der vorliegenden Art überhaupt unter dem Blickwinkel des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB dem geschädigten Anleger eine Kursbeobachtungs - und Verkaufspflicht bei sinkenden Kursen aufzuerlegen wäre (vgl. zur Mitverschuldensfrage im Rahmen von § 37 b, c WpHG n.F.: Fleischer/ Kalls, AG 2002, 329, 334 f.). Denn jedenfalls hätte der Anleger P. - unabhängig davon, wann er von den erst Ende August 2000 erfolgten Korrekturmeldungen der I. AG Kenntnis erlangte - einer wie auch immer gearteten Schadensminderungspflicht schon durch die rechtzeitige "Anmeldung" seines Ersatzanspruchs bei den Beklagten mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 7. November 2000 genügt.
Röhricht Goette Kurzwelly Münke Gehrlein
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(1) Die Qualifizierung eines Verhaltens als sittenwidrig ist eine Rechtsfrage , die der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (BGH, Urteil vom 25. März 2003 - VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269, 274 f. und vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, WM 2013, 1310 Rn. 14, jeweils mwN). Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (st. Rspr. seit RGZ 48, 114, 124). In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGH, Urteile vom 20. November 2012 - VI ZR 268/11, WM 2012, 2377 Rn. 25 und vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, WM 2013, 1310 Rn. 14, jeweils mwN). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (BGH, Urteile vom 20. November 2012 - VI ZR 268/11, aaO und vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, aaO, jeweils mwN).
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b) Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (vgl. Senatsurteile vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, VersR 2013, 1144 Rn. 14; vom 20. November 2012 - VI ZR 268/11, VersR 2013, 200 Rn. 25; BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670; Katzenmeier in DaunerLieb /Langen, BGB, 2. Aufl., § 826 Rn. 2 f.; Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 826 Rn. 4, jeweils mwN). Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage tretenden Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (vgl. BGH, Urteile vom 19. Juli 2004 - II ZR 217/03, NJW 2004, 2668, 2670; vom 19. Oktober 1987 - II ZR 9/87, BGHZ 102, 6, 77 f.; Palandt /Sprau, aaO, jeweils mwN). So begründet die Mitwirkung eines Dritten an dem Vertragsbruch einer Partei für sich genommen nicht den objektiven Tatbestand der Sittenwidrigkeit; es müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten , die sein Verhalten als sittenwidrige Schädigung erscheinen lassen. In dem Eindringen des Dritten in die Vertragsbeziehungen muss ein besonderes Maß an Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Geschädigten hervortreten. Dies ist etwa der Fall, wenn der Dritte eine Vertragspartei zum Vertragsbruch verleitet, kollusiv mit ihr zusammenwirkt oder die Verletzung vertraglicher - beispielsweise gesellschaftsrechtlicher - Treuepflichten bewusst unterstützt (vgl. BGH, Urteile vom 24. Februar 1954 - II ZR 3/53, BGHZ 12, 308, 317 ff.; vom 19. Februar 1979 - II ZR 186/77, NJW 1979, 1704, 1705; vom 9. Juli 1992 - XII ZR 156/90, NJW-RR 1993, 367, 368; vom 19. Oktober 1993 - XI ZR 184/92, VersR 1994, 187, 188; MünchKomm-BGB/Wagner, 6. Aufl., § 826 Rn. 59 f.). Erforderlich ist die positive Kenntnis des Dritten von der Existenz der vertraglichen Bindung; die unbewusste Beteiligung an einem Vertragsbruch rechtfertigt das Urteil der Sittenwidrigkeit nicht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Oktober 1993 - XI ZR 184/92, VersR 1994, 187, 188 f.; MünchKomm-BGB/Wagner, 6. Aufl., § 826 Rn. 60). Dementsprechend kann die Begründung eines Pfandrechts an treuhänderisch gebundenen Kontoguthaben durch die Bank ein sittenwidriges Verhalten im Sinne des § 826 BGB darstellen, wenn die Bank Kenntnis von der Treuhandbindung hatte und diese missachtet, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1990 - XI ZR 94/89, NJW 1991, 101, 102; MünchKomm-BGB/Wagner, aaO, Rn. 125; Staudinger/Oechsler, BGB, Bearb. 2009, § 826 Rn. 242).
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a) Die Qualifizierung eines Verhaltens als sittenwidrig ist eine Rechtsfrage , die der uneingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteile vom 25. März 2003 - VI ZR 175/02, BGHZ 154, 269, 274 f.; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 124/09, VersR 2010, 1659 Rn. 12, jeweils mwN). Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (vgl. Senatsurteile vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 124/09, aaO und - VI ZR 2VI ZR 248/08, juris Rn. 13; BGH, Urteil vom 6. Mai 1999 - VII ZR 132/97, BGHZ 141, 357, 361, jeweils mwN). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (Senatsurteile vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 124/09, aaO und - VI ZR 248/08, aaO, jeweils mwN).
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Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann (Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, aaO Rn. 8 mwN). Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht oder einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Auch hier müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (Senatsurteile vom 4. Juni 2013 - VI ZR 288/12, aaO Rn. 14; vom 19. Oktober 2010 - VI ZR 124/09, aaO Rn. 12; vom 10. Juli 2001 - VI ZR 160/00, VersR 2001, 1431, 1432). Schon zur Feststellung der Sittenwidrigkeit kann es daher auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 2013 - VI ZR 124/12, NJW 2014, 1380 Rn. 8 für die Verleitung zum Vertragsbruch; BGH, Urteil vom 22. Juni 1992 - II ZR 178/90, NJW 1992, 3167, 3174 für die Erteilung einer bewusst unrichtigen Auskunft aus eigennützigen Interessen). Die Verwerflichkeit kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (vgl. Senatsurteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, BGHZ 161, 361, 366 für das Erschleichen eines Wohnungsbauförderungsdarlehens durch Falschangaben; BGH, Urteile vom 3. Dezember 2013 - XI ZR 295/12, aaO Rn. 24; vom 28. Februar 2005 - II ZR 13/03, aaO).

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Der Verein ist für den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstands oder ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung einem Dritten zufügt.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu leisten für Schäden, die ihm aus der bei Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware bezüglich des Fahrzeugs Audi A4, FIN: ..., durch die Beklagte resultieren.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten des Klägers entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 958,19 freizustellen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, es sei denn, der Kläger leistet Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis 13.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Der Kläger erwarb am 26.10.2014 einen gebrauchten Audi A4 mit einem Dieselmotor vom Typ EA 189, der vom so genannten Abgasskandal betroffen ist, und verlangt von der Beklagten, der Herstellerin des Fahrzeugs, Schadensersatz. Er erwarb das Fahrzeug mit einer Laufleistung von 24.700 km zum Preis von 18.200 EUR von einem privaten Autoverkäufer, der nicht am Verfahren beteiligt ist. Das Fahrzeug verfügte zum Zeitpunkt des Erwerbs über eine EG-Typgenehmigung. Die Motorsteuergerätesoftware verfügte über eine Fahrzykluserkennung, die erkennt, wenn das Fahrzeug den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt. Die Software kennt zwei unterschiedliche Betriebsmodi. Im NEFZ schaltet es in den Modus 1, indem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate und zu einem verminderten Ausstoß von Stickoxiden (NOx) kommt. Außerhalb des NEFZ wird das Fahrzeug im Modus 0 betrieben.
Die Entscheidung für den Einsatz der Software erfolgte im Jahr 2005/2006. Die Firma B... war an der Entwicklung der Software beteiligt und warnte im Jahr 2007 die Beklagte vor dem gesetzwidrigen Einsatz der Abgastechnik. Auf ein entsprechendes Schreiben stieß die interne Revision der Beklagten. Ein Mitarbeiter der Beklagten wies intern bereits im Jahr 2011 auf den Rechtsverstoß hin.
Mit Bescheid vom 15.10.2015 erließ das Kraftfahrt-Bundesamt bezüglich der EG-Typgenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug nachträglich eine Nebenbestimmung mit der Aufforderung zur Entfernung der Abschalteinrichtung.
Die Parteien streiten darüber, ob eine unzulässige Abschalteinrichtung gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (im Folgenden: EG-VO 715/2007), vorliegt und ob der Bescheid des Kraftfahrt-Bundesamts für die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren bindende Feststellungen enthält. Von der Verwendung der Abschalteinrichtungen hatten Mitarbeiter der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Kenntnis. Streitig ist dies nur bezüglich des damaligen Entwicklungsvorstands Dr. H... . Der damalige Leiter der Aggregate-Entwicklung und Markenvorstand der Marke VW, H... N..., wusste ebenfalls von der Verwendung der Abschalteinrichtung; ob er bereits im Jahr 2011 diesbezüglich gewarnt wurde, ist streitig.
In der Schweiz ist die Zulassung des streitgegenständlichen Fahrzeugs ohne entsprechende Nachrüstung nicht möglich.
Der Kläger trägt vor:
Sein Fahrzeug habe von Anfang an nicht die Voraussetzungen für die Typgenehmigung erfüllt und die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten. Daher bestehe das Risiko, dass das Fahrzeug mangels Genehmigung stillgelegt werde, jedenfalls wenn kein Update installiert werde. Der Marktwert des Fahrzeuges sei um mindestens 10 % gesunken. Das Update verändere wichtige Eigenschaften des Fahrzeuges. So drohten im Langzeitbetrieb Versottungsschäden am Abgasrückführungsventil und an Leitungen, wovor auch die EU-Kommission gewarnt habe, es entstehe ein höherer Kraftstoffverbrauch als vorher und wegen der verzögerten Verbrennung lasse das Ansprechverhalten des Motors zu wünschen übrig.
Die Beklagte, namentlich auch der Vorstand im aktienrechtlichen Sinne, hätten Kenntnis von dem Einsatz der unzulässigen Software gehabt. Die komplexe Beschaffungslogistik unter Beteiligung der Firma B... schließe es aus, dass eine Implementierung ohne das Wissen des Vorstands der Beklagten erfolgt sei. Der Entwicklungsvorstand Dr. U... H... habe die Anweisung zum Einbau erteilt. Nach Klageerhebung sei die - unstreitige - Nachrüstung seines Fahrzeugs heimlich und gegen seine Anweisung erfolgt.
Der Kläger beantragt:
10 
1. Es wird festgestellt, dass die Beklagtenpartei verpflichtet ist, der Klägerpartei Schadensersatz zu leisten für Schäden, die aus der Manipulation des Fahrzeugs Audi A4, FIN: ... durch die Beklagtenpartei resultieren.
11 
2. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klagepartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klagepartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.680,28 freizustellen.
12 
Die Beklagte beantragt:
13 
Die Klage wird abgewiesen.
14 
Sie trägt vor:
15 
Nach dem derzeitigen Stand ihrer Ermittlungen lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. Daher bestreite sie, dass ihr damaliger Vorstandsvorsitzender und andere Mitglieder des Vorstands im Zeitpunkt der Entwicklung der Software von dieser wussten. Ebenso bestreite sie, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten und andere Vorstände im aktienrechtlichen Sinne im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Typ Kenntnis gehabt hätten. Nach derzeitigem Kenntnisstand sei auch nicht erwiesen, dass Dr. U... H... oder ein anderes Vorstandsmitglied der Beklagten die Software des Dieselmotors EA 189 EU5 oder EU4 in Auftrag gegeben hätten. Die diesbezügliche Behauptung des Klägers würde bestritten. Bei den Ausführungen des Klägers zu der Kenntnis des Vorstands aufgrund von Aussagen von Mitarbeitern handele es sich lediglich um Spekulationen. Nach den eigenen Angaben des Zeugen N... sei dieser im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs Ea189 informiert gewesen. Mit dem Vortrag der Beklagten, „nach derzeitigem Ermittlungsstand wurde die Entscheidung, die Motorsteuerungssoftware zu verändern, von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen", habe die Beklagte in keiner Form eingestanden, dass ein (oder mehrere) konkreter Verrichtungsgehilfe die Motorsteuersoftware eingebaut habe.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Klage ist zulässig (I.) und überwiegend begründet (II.).
I.
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart folgt aus § 32 ZPO. Der Kläger macht einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend unter anderem mit der Behauptung, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, § 826 BGB. Zum zuständigkeitsbegründenden Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO gehört auch der Ort, wo der schädigende Erfolg eingetreten ist, wenn der Schaden zum Tatbestandsmerkmal gehört (MünchkommZPO/Patzina, 5. Aufl., § 32 Rn. 20; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 32 Rn. 19). Dies ist bei Schadensersatzansprüchen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Fall. Der Schaden ist am Wohnsitz des Klägers eingetreten, der im Gerichtsbezirk des Landgerichts liegt.
19 
2. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger hat das gemäß § 256 ZPO erforderliche Interesse an der Feststellung des Schadensersatzanspruchs. Insbesondere ist die Feststellungsklage im vorliegenden Fall nicht subsidiär gegenüber einer Leistungsklage. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Kläger einer Schadensersatzklage nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben, wenn er den Schaden noch nicht abschließend beziffern kann, weil dieser noch nicht abgeschlossen ist (vgl. nur: BGH, Urteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 53/07 -, Rn. 7, juris). War ein Schadensereignis zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen, vermag der Kläger jedoch im Laufe des Verfahrens den Schaden abschließend zu beziffern, ist er hierzu ebenfalls nicht verpflichtet, sondern kann weiterhin seinen Feststellungsantrag aufrechterhalten (BGH, Urteil vom 04. November 1998 - VIII ZR 248/97 -, Rn. 15, juris).
20 
So liegt der Fall hier. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war das Fahrzeug des Klägers noch nicht nachgerüstet. Es bestand daher die Gefahr, dass ihm im Falle der Verweigerung der Nachrüstung der Betrieb des Fahrzeugs durch die Zulassungsstelle gemäß § 5 FZV untersagt und das Fahrzeug stillgelegt wird. Der Zeitpunkt des damit verbundenen weiteren Schadens wegen des Nutzungsausfalls sowie etwaiger Rechtsverteidigungskosten gegen das Vorgehen der Zulassungsstelle etc. stand noch nicht fest. Der Schadenseintritt war jedoch ausreichend wahrscheinlich.
21 
Zwar wäre der Schaden abschließend bezifferbar gewesen, wenn die Beklagte sich sofort auf die auch von dem Kläger primär begehrte Rückabwicklung eingelassen hätte. Der Kläger musste jedoch - wie sich herausgestellt hat zu Recht - damit rechnen, dass er nicht sofort zu seinem Recht kommt und ihm daher im Laufe des Gerichtsverfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung ein weiterer Schaden entstehen kann. Die zwischenzeitliche Nachrüstung des Klägerfahrzeugs lässt zwar diese Gefahr entfallen. Dieser Umstand ist jedoch erst nach der Klageerhebung eingetreten. Im Übrigen ist durch die Nachrüstung nicht ausgeschlossen, dass nunmehr die von dem Kläger geltend gemachten Nachteile und Folgeschäden am Fahrzeug (erhöhter Kraftstoffverbrauch, häufigerer Austausch des Partikelfilters, Versottungsschäden etc.) entstehen.
22 
3. Der Klageantrag Ziff. 1 war dahingehend auszulegen, dass es dem Kläger um die Erstattung von Schäden geht, die im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware geht und nicht um irgendwelche anderen, unbenannten Manipulationen. Dies geht aus dem gesamten Vorbringen des Klägers hervor, der sich ausschließlich mit dieser Thematik befasst. Entsprechend war dies bei der Tenorierung klarzustellen.
II.
23 
Die Klage ist mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderung begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Er hat einen Schaden erlitten (1.). Dieser ist durch ein Verhalten der Beklagten entstanden (2.), welches als sittenwidrig zu qualifizieren ist (3.). Die Beklagte hat dabei vorsätzlich gehandelt (4.). Aufgrund dessen hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz (5.).
24 
1. Der Kläger hat durch den Erwerb des Audi A4 einen Schaden erlitten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist auch subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen umfasst sind, wie - bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit - die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch Eingehung eines nachteiligen Geschäfts (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 -, BGHZ 161, 361, Rn. 16; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 -, Rn. 18, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 41ff.). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 -, BGHZ 192, 90, Rn. 58).
25 
Einen solchen Schaden hat der Kläger erlitten. Er hat einen Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug abgeschlossen, das formal über eine erteilte EG-Typgenehmigung verfügte. Durch dieses Geschäft ist bei ihm eine konkrete Vermögensgefährdung eingetreten. Das Fahrzeug verfügte über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007, die einer Zulassung entgegenstand. Dadurch bestand die Gefahr, dass jederzeit die Zulassung widerrufen werden konnte, weil das Fahrzeug tatsächlich die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllte. In der Folge drohten Nutzungsbeschränkungen und ein Wertverlust.
26 
a. Gemäß Art. 10 Abs. 1 EG-VO 715/2007 erteilt die nationale Zulassungsbehörde die Typgenehmigung, wenn das betreffende Fahrzeug den Vorschriften der Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen entspricht. Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) darf eine EG-Typgenehmigung nur erteilt werden, wenn die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellenden Ergebnis durchgeführt wurden. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 hat der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemäß Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Nach Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 ist eine „Abschalteinrichtung“ ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
27 
b. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügte über eine derartige unzulässige Abschalteinrichtung, so dass das Prüfverfahren und somit die Voraussetzungen für die Erteilung einer EG-Typgenehmigung nicht vorlagen. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte eine unterschiedliche Emissionsbehandlung je nachdem, ob sich das Fahrzeug im NEFZ im Modus 1 befand oder im Modus 0 für den Normalbetrieb. Im Prüfbetrieb wurden Emissionen aus dem Verbrennungsprozess durch eine Abgasrückführung teilweise dem Verbrennungsprozess wieder zugeführt. Eine solche Steuerung ist Teil eines Emissionskontrollsystems im Sinne von Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007. Die Emissionen werden kontrolliert und gesteuert: Die Motorsteuerung, die anhand der Parameter den Prüfzyklus erkennt, schaltet im Normalbetrieb die Abgasrückführung, die der Kontrolle der Emissionen und der Reduzierung des Schadstoffausstoßes dient, ab.
28 
Die von der Beklagten gemachte Unterscheidung zwischen „so genannten innermotorischen Maßnahmen“ und denjenigen der „Abgasreinigung im Emissionskontrollsystem“ lässt sich der Verordnung nicht entnehmen und widerspricht offensichtlich deren Zweck. Die Emissionskontrolle im Sinne der Verordnung ist nicht auf die Abgasreinigung beschränkt. Durch die Rückführung eines Teils der Abgase (Emissionen) in den Verbrennungsprozess im Motor werden die Emissionen kontrolliert. Durch die Fahrzykluserkennung wird dieser Teil des Kontrollsystems abgeschaltet. Die Auslegung der Beklagten widerspricht auch offensichtlich dem Zweck der Verordnung, wonach das Testverfahren möglichst das Verhalten des Fahrzeugs unter normalen Betriebsbedingungen widerspiegeln soll. So schreibt Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 ausdrücklich vor, dass der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten hat, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Erwägungsgrund 15 der Verordnung weist auf das Ziel hin, dass die bei den Typgenehmigungsprüfungen gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen sollen. Die Motorsteuerung der Beklagten knüpft demgegenüber nicht an bestimmte Betriebszustände oder Umweltbedingungen an, sondern ausschließlich an die Feststellung des NEFZ, zielt also bewusst auf eine Steuerung der Emissionen für den Ausnahmefall der Genehmigungsprüfung.
29 
Nachdem die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung zur Überzeugung des Gerichts feststeht, kommt es auf die Frage der Bindungswirkung des Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamts nicht an.
30 
c. Die Installation der unzulässigen Abschalteinrichtung begründete die konkrete Gefahr des Widerrufs der Zulassung und somit der Stilllegung des Fahrzeugs sowie des massiven Wertverlustes. Zu dem Widerruf der Typgenehmigung wäre das Kraftfahrt-Bundesamt berechtigt gewesen, weil sie von der Beklagten über das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen getäuscht wurde. Unabhängig von der konkreten Vorgehensweise des Kraftfahrt-Bundesamts nach Bekanntwerden der Abschalteinrichtung bestand seit Inverkehrbringen der Fahrzeuge mit der zweifelhaften EG-Typgenehmigung die Gefahr des Bekanntwerdens der Manipulation und des sofortigen Widerrufs der Zulassung ohne Auflagen. Dies war nicht fernliegend, da Auflagen als Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten nicht erzwingbar sind und die Beklagte als Adressatin einer Auflage zur Durchführung einer Nachbesserung von in Verkehr gebrachten Fahrzeugen es nicht in der Hand hat, sämtliche Fahrzeughalter zu einer Nachrüstung zu zwingen. Auch ist zwischen der Pflicht zur Nachrüstung zum Zwecke des Erhalts der Betriebserlaubnis und dem Integritätsinteresse des Fahrzeugeigentümers zu unterscheiden. Ein Fahrzeugeigentümer kann eine Nachrüstung unter Umständen zu Recht ablehnen, weil er eine Verschlechterung seines Fahrzeugs erwartet, die er zum Erhalt der Zulassung nicht bereit ist in Kauf zu nehmen. Es ist unstreitig, dass die Zulassungsstellen den Betrieb von nicht nachgerüsteten Fahrzeugen gemäß § 5 FZV untersagen und Fahrzeuge stilllegen können. Soweit die Beklagte bestreitet, dass dieser Widerruf - entsprechend dem Klägervortrag - durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen kann, streitet sie nicht die generelle Möglichkeit der Betriebsuntersagung ab, wie sie es nach dem unstreitigen Klägervortrag selbst Kunden des VW Amarok in Schreiben mitgeteilt hat.
31 
Weiter war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht damit zu rechnen, dass die Beklagte in der Lage sein würde, innerhalb kurzer Frist ein Software-Update ausliefern zu können, das ohne nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Fahrzeuges die Abschalteinrichtung deaktiviert und gleichzeitig zu zulässigen Emissionswerten führt. Die Beklagte hat vorgetragen, dass das Software-Update die Erkenntnisse aus der Weiterentwicklung des Diesel-Brennverfahrens der letzten zehn Jahre aufgreife. Das Bekanntwerden der unzulässigen Abschalteinrichtung und der Gefährdung der EG-Typgenehmigung hätte angesichts der Ungewissheit über die Nachbesserungsfähigkeit durch die Beklagte sofort zu einem Wertverlust geführt. Dass nunmehr auf dem Gebrauchtwagenmarkt die mit einem Software-Update ausgestatteten Fahrzeuge ohne Preisabschlag gehandelt werden, wie die Beklagte es behauptet, ändert nichts daran, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages diese Kenntnisse noch nicht vorlagen und daher wegen der Unsicherheit des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Gefahr der Stilllegung mit erheblichen Preisabschlägen zu rechnen war.
32 
Weiter ist dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden, dass er es nicht mehr - ohne Software-Update - in der Schweiz zulassen kann. Dies ist unstreitig. Unerheblich ist, ob der Kläger bei Erwerb des Fahrzeuges vorgehabt hat, das Fahrzeug in der Schweiz zuzulassen oder es dorthin weiterzuverkaufen. Maßgeblich ist, dass die Einschränkung besteht. Eine Zulassung in der Schweiz oder eine Weiterveräußerung in diesen Raum auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung gehört zu den wertbildenden Eigenschaften, die jedem Fahrzeug anhaften, nicht jedoch dem streitgegenständlichen. Die Gefahr bestand bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn es ist anzunehmen, dass die Schweiz sich auch schon zu einem früheren Zeitpunkt in der Weise verhält, wie sie es nun getan hat.
33 
2. Der Kläger hat diesen Schaden aufgrund eines Verhaltens der Beklagten erlitten. Erforderlich ist insoweit ein adäquat kausaler Zusammenhang unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm (BGH, Urteil vom 03. März 2008 - II ZR 310/06 -, Rn. 15, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 45 ff.). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war.
34 
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat die Fahrzeuge, insbesondere die Motoren mit der unzulässigen Abschalteinrichtung, produziert und in Verkehr gebracht. Dabei hat sie durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt scheinbar zulässige Emissionswerte vorgespiegelt und sich die EG-Typgenehmigung erschlichen. Der Fortbestand der allgemeinen Betriebserlaubnis auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung hing wesentlich an den Eigenschaften des Motors und seiner Steuerung sowie der Rechtmäßigkeit des Zulassungsverfahrens. Bei einem Widerruf der Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und einer Untersagung des Betriebs drohte jedem Halter dieses Typs die Stilllegung seines Fahrzeugs. Ebenso war jedes Fahrzeug dieses Typs von einem massiven Wertverlust bei Bekanntwerden der Täuschungen bei der Typgenehmigungsprüfung bedroht.
35 
Die Fahrzeuge werden von der Beklagten als Herstellerin entweder selbst oder durch selbständige Verkäufer vertrieben. Häufig werden die Fahrzeuge vom Ersterwerber weiterveräußert an Zweit- und Folgeerwerber. Jeder Erwerber knüpft unabhängig von der Person des Verkäufers an das Fahrzeug die Erwartung, dass er dieses dauerhaft und ohne Gefahr des Widerrufs der Typgenehmigung und der Stilllegung nutzen kann. Diese selbstverständliche Erwartung prägt den Wert des Fahrzeugs und stellt ein wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar.
36 
Vor diesem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich bis sicher, dass ein potenzieller Gebrauchtwagenkäufer, wie der Kläger, von dem Erwerb eines von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs mit diesem Motorentyp absieht, wenn er weiß, dass das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß betrieben wurde. Dann erkennt er die Gefahr der Stilllegung und des drohenden Wertverlusts und die Ungewissheit, ob es der Beklagten gelingen wird, ein Software-Update zu entwickeln, mit dem die Voraussetzungen des Zulassungsverfahrens erfüllt werden, ohne dass die Eigenschaften des Fahrzeugs nachteilig verändert werden. Das Inverkehrbringen eines derart mangelbehafteten Fahrzeugs, dessen Mangel nicht erkennbar ist, beeinträchtigt die Dispositionsfreiheit sämtlicher Erwerber, gleichgültig ob Erst- oder Folgeerwerber, und begründet somit einen Vermögensschaden durch den Abschluss eines ungünstigen Vertrages.
37 
Eine Zurechnung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm zu verneinen. Die EG-Typgenehmigung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Fahrzeugs. Das Prüfverfahren dient dem Nachweis, dass das Fahrzeug den allgemeinen Anforderungen insbesondere hinsichtlich der Emission- und Verbrauchswerte entspricht. Gleichzeitig hat es den Zweck, Verbrauchswerte (Kohlendioxidemissionen und Kraftstoffverbrauch) nach einem geregelten Verfahren zu ermitteln und dem Verbraucher und Anwender objektive und genaue Informationen zu geben (Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3, 4, Erwägungsgrund Nr. 17 EG-VO 715/2007). Derartige Informationen sind nicht nur bei der Erstanschaffung, sondern auch bei einem Folgeerwerb von Gebrauchtfahrzeugen von Bedeutung.
38 
3. Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler BGB [2014] § 826, Rn. 31).
39 
Die berechtigten Verkehrserwartungen gehen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt, und sich nicht durch falsche Angaben zu wichtigen zulassungsrelevanten Eigenschaften eine Typgenehmigung erschleicht. Dabei wird eine sehr hohe Sorgfalt erwartet, wenn das Handeln von einer großen Tragweite ist und Verstöße zu hohen Schäden führen können. Dies ist in der Automobilindustrie, die in zig-tausendfacher Stückzahl hochwertige Güter mit langer Lebensdauer herstellt, die für die Mobilität der Kunden von großer Bedeutung sind, der Fall. In der Automobilindustrie spielt zudem die Einhaltung von Umweltstandards eine große Rolle, da systematische Abweichungen bei in großer Stückzahl produzierten Fahrzeugen eine entsprechend hohe Auswirkung auf die Umweltbelastung haben. Den europäischen Normen entsprechend erwartet der Verbraucher objektive und genaue, und somit wahrheitsgemäße Informationen. Verbrauchs- und Emissionswerte haben allgemein eine hohe Bedeutung bei den Anschaffungsentscheidungen. Die allgemeine Verkehrserwartung geht auch dahin, dass sich ein Hersteller nicht durch falsche Angaben oder durch Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Werten Wettbewerbsvorteile verschafft. An die Redlichkeit werden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage ist.
40 
Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte in einem erheblichen Maße verstoßen. Die Installation einer Abschalteinrichtung widersprach offensichtlich den Vorgaben der EG-VO 715/2007. Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit - wie die Beklagte selbst vorträgt - keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift und erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen nicht. Unstreitig wurde die Beklagte durch den Hersteller der Software, die Firma B..., vor dem gesetzeswidrigen Einsatz der Software gewarnt. Das Handeln entgegen der Warnung verstärkt das Unwerturteil.
41 
Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns ist der hohe Schaden, den die Beklagte verursacht hat, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen, das die Beklagte in Kauf genommen hat. Der Beklagten war bewusst, dass sie die Anforderungen der Abgasnormen nicht ohne die unzulässige Abschalteinrichtung erfüllen konnte. Dies folgt bereits aus der Installation der Software, die speziell eine Motorsteuerung für den Prüfzyklus vorsah, und somit für die Prüfung nicht geeignete Emissionswerte erzeugte. Als Automobilhersteller war ihr weiter bekannt, dass sie keine rechtsbeständige EG-Typgenehmigung durch eine Täuschung im Prüfverfahren erhalten kann und somit die Gefahr des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden war angesichts der hohen Stückzahl der produzierten Motoren enorm. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthält ein hohes Maß an Skrupellosigkeit. Gleichzeitig hat sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der EG-VO 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.
42 
4. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten zurechnen lassen (a.). Deren Wissen ist unstreitig bzw. als zugestanden anzusehen und ihr Verhalten als vorsätzlich zu qualifizieren (b.).
43 
a. Die Beklagte muss sich das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten auch im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB zurechnen lassen.
44 
Grundsätzlich haftet eine juristische Person gemäß § 31 BGB für das Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich die Zurechnung im Rahmen des § 826 BGB nicht auf Organe im aktienrechtlichen Sinn. Dies ergibt sich nicht aus der von ihr zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris).
45 
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft eine juristische Person über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus eine Repräsentantenhaftung für solche Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (BGH, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11 -, BGHZ 196, 340, Rn. 12). Entgegen der weiteren Auffassung der Beklagten gilt die Repräsentantenhaftung nicht nur im vertraglichen Bereich, sondern auch bei der deliktischen Haftung. In der von der Beklagten zum Beleg des Gegenteils zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris) hat dieser im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB ausdrücklich auf die weite Auslegung des Begriffs des verfassungsmäßigen Vertreters hingewiesen und die hierzu ergangene Grundsatzentscheidung zitiert (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VII ZR 82/65 -, BGHZ 49, 19, Rn. 11).
46 
b. Die Repräsentanten der Beklagten haben die Schädigung des Klägers vorsätzlich veranlasst bzw. zugelassen. Dies gilt für ihren damaligen Entwicklungsvorstand Dr. H ..., für den Markenvorstand von VW N... sowie für die von der Beklagten nicht benannten weiteren Repräsentanten (aa.). Diese haben vorsätzlich gehandelt (bb).
47 
aa. Es ist unstreitig, dass die Zeugen Dr. H... und N..., die als Repräsentanten der Beklagten anzusehen sind, Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages hatten ([1]). Die Kenntnis weiterer Repräsentanten der Beklagten von der Verwendung der unzulässigen Software ist unter Berücksichtigung der sekundären Darlegungslast der Beklagten als zugestanden anzusehen ([2]).
48 
(1) Der Kläger hat behauptet, dass der Entwicklungsvorstand Dr. H... Kenntnis von der Manipulation gehabt habe und der Markenvorstand von VW und damalige Leiter der Aggregateentwicklung der Marke Volkswagen im Jahr 2011 vor illegalen Praktiken mit den Abgaswerten gewarnt worden sei. Dieser Vortrag ist zur Behauptung eines Vorsatzes bei Repräsentanten der Beklagten ausreichend. Die Beklagte als Weltkonzern hat auch unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Personen, die wesensmäßige Funktionen der Beklagten zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind. Sie selbst bezeichnet sie als Vorstände. Beispielsweise bestreitet sie nicht die von der Beklagten verwendete Bezeichnung des Dr. H... als „Entwicklungsvorstand“, sondern beschränkt sich auf die Klarstellung, dass dieser kein Vorstand im aktienrechtlichen Sinne sei. Auch der Zeuge N... führte unstreitig die Bezeichnung als Markenvorstand von VW. Beiden waren somit wesensmäßige Funktionen zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen, so dass sie als Repräsentant der Beklagten anzusehen sind.
49 
Die Beklagte hat die Kenntnis der beiden Repräsentanten nicht (wirksam) bestritten. Ihr Vortrag, dass nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erwiesen sei, dass Herr Dr. U... H... im relevanten Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses von der Programmierung oder von der Verwendung der streitgegenständlichen Software in Fahrzeugen Kenntnis hatte, stellt kein eindeutiges Bestreiten dar. Die Feststellung, ob eine Tatsache „erwiesen“ ist, ist Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Tatsachenfeststellung und stellt keine Tatsachenbehauptung der Beklagten, sondern allenfalls eine eigene Würdigung von nicht offen gelegten Indizien dar. Die Beklagte legt nicht dar, aus welchen Gründen sie nicht in der Lage sei, sich eindeutig zu der Tatsachenbehauptung des Klägers zu äußern und sah sich auf ausdrückliche Nachfrage nicht in der Lage, unter Beachtung ihrer prozessualen Wahrheitspflicht die Behauptung aktiv zu bestreiten. Bezüglich des Zeugen N... bestreitet die Beklagte nicht, dass dieser zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Jahr 2014 Kenntnis von der Abschalteinrichtung gehabt habe. Die Beklagte bestreitet insoweit nur die Kenntnis ihrer Vorstände im aktienrechtlichen Sinn, zu denen der Zeuge N... nicht zählt. Soweit die Beklagte lediglich vorträgt, der Zeuge N... wie „nach eigenen Angaben im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs EA 189 informiert“ gewesen, ist dieses Bestreiten daher unerheblich.
50 
(2) Ein konkreterer Vortrag bezüglich einzelner weiterer Personen, die als Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von der unzulässigen Verwendung der Abschalteinrichtung hatten und diese nicht verhindert haben, war zudem nicht erforderlich. Insofern greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast.
51 
Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14 -, Rn. 18, juris).
52 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
53 
(a) Der Kläger hat mit seiner Behauptung, die Unternehmensleitung habe Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware gehabt, den maßgeblichen Personenkreis der Repräsentanten der Beklagten auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne bezeichnet. Eine namentliche Benennung war nicht erforderlich, weil er hiervon keine Kenntnis hatte und er als Nichtkonzernangehöriger außerhalb des Geschehensablaufs steht. Insbesondere kann er nicht wissen, wie die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Volkswagenkonzerns und konkret der Motorenentwicklung zum Zeitpunkt der Entwicklung war. Dass ein Weltkonzern wie die Beklagte auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne Personen wesensmäßige Aufgaben wie die Entwicklung von Motoren, den Einkauf, die Entwicklung einer Marke, die Produktsicherheit, das Qualitätsmanagement etc. zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erledigung überträgt, ergibt sich aus der Notwendigkeit zur Organisation und Überwachung des enorm großen Geschäftsbetriebs, die nicht allein von wenigen Personen des Konzernvorstands geleistet werden können. Demgegenüber ist es der Beklagten ohne weiteres möglich und zumutbar, die in den Entwicklungsprozess des Motors EA 189 eingebundenen Verantwortlichen bis zu den Bereichsvorständen und den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn zu benennen. Weiter ist unstreitig, dass Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Abschalteinrichtung hatten. Sogar eine interne Warnung im Jahr 2011 ist unstreitig, ohne dass die Beklagte dazu vorträgt, dass diese die Verantwortlichen nicht erreicht hätte. Auch schweigt die Beklagte zu der Kenntnisnahme des Schreibens der Fa. B... GmbH im Jahr 2007, in dem diese die Beklagte vor der Verwendung der Software gewarnt hat. Es ist aber zu erwarten, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb derartig organisiert, dass die Verantwortlichen die für den Betrieb wesentlichen Informationen auch erhalten. Es ist naheliegend - und keinesfalls aus der Luft gegriffen und von dem Kläger ins Blaue hinein behauptet -, dass jedenfalls die aus Repräsentanten bestehende Unternehmensführung unterhalb der Ebene des Konzernvorstands Kenntnis von den Vorgängen gehabt hat.
54 
(b) Die Beklagte hat die Kenntnis ihrer Repräsentanten nicht ausreichend bestritten und zudem ihrer diesbezüglichen sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist.
55 
Die Beklagte differenziert zunächst selbst zwischen den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn und weiteren Vorständen. Bezüglich der Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware hält sie einen differenzierten Vortrag:
56 
Bezüglich der Kenntnis ihres Vorstandsvorsitzenden oder andere Mitglieder des Vorstands (ohne Differenzierung nach ihrer Organstellung) bestreitet sie lediglich die Kenntnis zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software. Dieses Bestreiten ist unerheblich, weil es maßgeblich auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs (hier Oktober 2014) ankommt, nicht auf einen früheren Entwicklungszeitpunkt.
57 
Weiter bestreitet sie, beschränkt auf die Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, dass diese Kenntnis von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Fahrzeugtyp zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses hatten. Damit bestreitet die Beklagte nicht, dass auf der Vorstandsebene unterhalb der Vorstände im aktienrechtlichen Sinn die Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Software hatten. Die Beklagte wäre im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen, substantiiert darzulegen, dass nach ihren Recherchen die in Betracht kommenden Repräsentanten keine Kenntnis von der Verwendung der Manipulationssoftware gehabt haben.
58 
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht deshalb von einer sekundären Darlegungslast befreit, weil es sich bei dem Bestreiten der Kenntnis um eine negative Tatsache handelt. Es ist nämlich unstreitig, dass das Wissen über die Verwendung der Manipulationssoftware bei der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne vorhanden war. Sie wurde von der Firma B... GmbH, wie ausgeführt, sogar auf die Rechtswidrigkeit der Verwendung hingewiesen. Die Beklagte hätte daher darlegen können, wie die interne Kommunikation verlaufen ist und dass die Information nicht die Repräsentanten der Beklagten erreicht hätte. Insofern war sie zu einem positiven Vortrag in der Lage. Dieser Vortrag war ihr auch zuzumuten, da angesichts der Bedeutung des Vorganges ein Exzess von nicht führenden Mitarbeitern der Beklagten als unwahrscheinlich erscheint. Es ist daher davon auszugehen, dass die namentlich nicht genannte Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, die für die Entwicklung des Motors EA 189 sowie die Zulassung und den Vertrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps zuständig waren, in den Vorgang involviert waren.
59 
bb. Der Entwicklungschef der Beklagten, Dr. H..., der frühere Markenvorstand von VW N... sowie die nicht genannten Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne haben vorsätzlich gehandelt. Ein vorsätzliches Handeln erfordert ein Wissens- und ein Wollenselement bezogen auf die maßgeblichen Umstände, hier die Schädigung des Klägers. Der Handelnde muss die Schädigung gekannt oder zumindest vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Beim bedingten Vorsatz muss er die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Da es sich beim Vorsatz um eine innere Tatsache handelt, lässt sich diese nur aus äußeren Umständen folgern. Hierbei kann beispielsweise die Leichtfertigkeit des Handelns oder die starke Gefährdung des betroffenen Rechtsguts die Schlussfolgerung im Einzelfall rechtfertigen. Allerdings ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadens kein alleiniges Kriterium für die Frage, ob der Handelnde mit dem schädigenden Erfolg einverstanden ist. Maßgeblich sind sämtliche Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10 -, Rn. 10f, juris; MünchKommBGB/Wagner, aaO, § 826 Rn. 33)
60 
Aus den geschilderten Umständen des Einzelfalls lässt sich ein Vorsatz der handelnden Personen feststellen. Unstreitig wurde die Beklagte durch die Entwicklerin der Software mit der Abschalteinrichtung vor deren Verwendung gewarnt. Die Entwicklung eines gesonderten Betriebsmodus für den NEFZ widerspricht offensichtlich der Vorgabe der EG-VO 715/2007. Diese hat zum Ziel, bestimmte umweltrelevante Emissions- und Verbrauchswerte in einem normierten Prüfverfahren festzustellen, die möglichst nahe an den Werten im normalen Fahrzeugbetrieb liegen sollen. Die Beklagte hat demgegenüber eine Steuerung eingesetzt, die nur für den Prüfzyklus zu reduzierten Emissionswerten führte und für den Normalbetrieb eine hiervon abweichende Behandlung der Abgase vorsah. Damit lassen die im Prüfzyklus festgestellten Werte keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Werte im praktischen Betrieb zu.
61 
Bei der Produktion eines derart hochwertigen und strengsten Qualitätsanforderungen unterliegenden Produkts ist es ausgeschlossen, dass die Bedeutung der eindeutigen Vorschriften missverstanden worden sein konnten. Auf die Rechtswidrigkeit wurde die Beklagte von extern und intern wiederholt hingewiesen. Aus der Verwendung einer solchen offensichtlich rechtswidrigen Manipulationssoftware lässt sich folgern, dass den handelnden Personen die Angreifbarkeit der so erschlichenen EG-Typgenehmigung bekannt war. Die Täuschungshandlung rechtfertigt auch den Schluss, dass die handelnden Personen den daraus für die Erwerber möglicherweise entstehenden Schaden billigend in Kauf genommen haben. Wer im Zulassungsverfahren täuscht, rechnet damit, dass bei Offenlegung der verheimlichten Tatsache die getäuschte Behörde eine andere Entscheidung getroffen hätte bzw. ihre ursprüngliche Entscheidung revidiert. Andernfalls hätte kein Anlass für eine Täuschung bestanden. Der Beklagten als Automobilhersteller war bekannt, dass Fahrzeuge, die über keine EG-Typgenehmigung verfügen, ihre allgemeine Betriebserlaubnis verlieren und stillgelegt werden können. Der mögliche Schaden für die Fahrzeugeigentümer in der Form eines Wertverlustes bei Bekanntwerden der Manipulationssoftware ist so offensichtlich, dass sich daraus nur ein Inkaufnehmen seitens der handelnden Personen folgern lässt. Diesen war ohne vernünftigen Zweifel bekannt, dass bereits kleinste Fehler einen erheblichen Schaden, beispielsweise durch Rückrufaktionen, auslösen können. Umso mehr drängte sich ihnen auf, dass ein enormer Schaden entstehen würde, wenn sämtliche Fahrzeuge, in denen der Motor des Typs EA 189 verbaut war, ihre Zulassung verlieren würden.
62 
5. Der Kläger kann gemäß § 249 BGB Schadensersatz verlangen. Er hat einen Anspruch so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Aufgrund der Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die EG-Typgenehmigung von der Beklagte unter Einsatz einer Manipulationssoftware erschlichen wurde und daher die Stilllegung im Falle eines Widerrufs der Genehmigung drohte. Hierfür spricht die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand unnötig derartig erhebliche Risiken eingeht, wenn ihm auf dem Markt vergleichbare Produkte ohne entsprechende Risiken angeboten werden. Dabei ist unerheblich, dass das Kraftfahrt-Bundesamt sich später nicht zu einem Widerruf der Genehmigung, sondern zu dem nachträglichen Erlass einer Auflage entschlossen hat. Maßgeblich ist auf den Zeitpunkt abzustellen, bei dem aufgrund der Handlung der Beklagten bei dem Kläger der Schaden eingetreten ist. Das ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
63 
Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, zum Zwecke der Schadenminderung das Software-Update aufspielen zu lassen. Er kann die Rückgängigmachung des ihm entstandenen Schadens in der Form des Abschlusses eines unvorteilhaften Vertrages verlangen und muss sich nicht vom Schädiger das Festhalten an dem Vertrag aufdrängen lassen. Dies gilt umso mehr, als nicht feststeht, dass das Software-Update ohne nachteilige Folgen, die möglicherweise erst nach einem längeren Dauerbetrieb auftreten, aufgespielt werden kann. Dies ließe sich erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen, dessen kostspielige Einholung dem deliktisch geschädigten Kläger nicht zuzumuten ist. Aus dem gleichen Grund ist das nachträgliche - nach Klägervortrag heimliche - Aufspielen der Software entscheidungserheblich. Der Schaden ist bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstanden. Aus den ungeklärten Umständen des Aufspielens der Software lässt sich kein gemäß § 242 BGB missbräuchliches Schadensersatzverlangen des Klägers ableiten. Zu dem Schaden gehört auch ein etwaiger Schaden, der beim Kläger infolge des Aufspielens des Software-Updates entstehen kann, da das Aufspielen des Software-Updates selbst eine Folge der ursprünglichen Installation einer Motorsteuersoftware mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung darstellt.
64 
6. Der Kläger hat gemäß §§ 826, 249, 257 BGB einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR. Hierbei hat das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe des Kaufpreises von 18.200 EUR abzüglich eines Nutzungsvorteils in Höhe von 1.966,50 EUR und unter Abzug eines 20%-igen Abschlags für die Feststellungsklage angesetzt. Der Nutzungsvorteil wird auf der Grundlage der vom Kläger angegebenen Laufleistung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geschätzt. Bei einer angenommenen Gesamtlaufleistung von 300.000 km für einen Audi A4 Diesel und einer Restlaufleistung vom 275.300 km bei Vertragsschluss errechnet sich der Nutzungsvorteil auf 0,07 EUR/km und - ausgehend vom Kilometerstand von 24.700 km bei Vertragsschluss - eine durchschnittliche Fahrleistung von 28.092,8 km p.a.. Zum Zeitpunkt des Anwaltsschreibens des Klägervertreters hatte der Kläger das Fahrzeug ca. 1 Jahr. Eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer sind als erforderlich anzusetzen. Unter der Berücksichtigung, dass es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für mehrere Verfahren anfällt, erscheint ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr nicht gerechtfertigt.
65 
7. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 2 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 1, § 711 ZPO. Der Streitwert wurde in Höhe des Schadens, der im Wesentlichen dem Kaufpreis abzüglich des rechnerischen Nutzungsvorteils bei Klageeinreichung unter Abzug eines 20 %-Abschlags für die Feststellungsklage entspricht, festgesetzt.

Gründe

 
16 
Die Klage ist zulässig (I.) und überwiegend begründet (II.).
I.
17 
Die Klage ist zulässig.
18 
1. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Stuttgart folgt aus § 32 ZPO. Der Kläger macht einen deliktischen Schadensersatzanspruch geltend unter anderem mit der Behauptung, die Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig geschädigt, § 826 BGB. Zum zuständigkeitsbegründenden Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO gehört auch der Ort, wo der schädigende Erfolg eingetreten ist, wenn der Schaden zum Tatbestandsmerkmal gehört (MünchkommZPO/Patzina, 5. Aufl., § 32 Rn. 20; Zöller/Schultzky, ZPO, 32. Aufl., § 32 Rn. 19). Dies ist bei Schadensersatzansprüchen wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung der Fall. Der Schaden ist am Wohnsitz des Klägers eingetreten, der im Gerichtsbezirk des Landgerichts liegt.
19 
2. Der Feststellungsantrag ist zulässig. Der Kläger hat das gemäß § 256 ZPO erforderliche Interesse an der Feststellung des Schadensersatzanspruchs. Insbesondere ist die Feststellungsklage im vorliegenden Fall nicht subsidiär gegenüber einer Leistungsklage. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Kläger einer Schadensersatzklage nicht gehalten, eine Leistungsklage zu erheben, wenn er den Schaden noch nicht abschließend beziffern kann, weil dieser noch nicht abgeschlossen ist (vgl. nur: BGH, Urteil vom 15. Januar 2008 - VI ZR 53/07 -, Rn. 7, juris). War ein Schadensereignis zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgeschlossen, vermag der Kläger jedoch im Laufe des Verfahrens den Schaden abschließend zu beziffern, ist er hierzu ebenfalls nicht verpflichtet, sondern kann weiterhin seinen Feststellungsantrag aufrechterhalten (BGH, Urteil vom 04. November 1998 - VIII ZR 248/97 -, Rn. 15, juris).
20 
So liegt der Fall hier. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung war das Fahrzeug des Klägers noch nicht nachgerüstet. Es bestand daher die Gefahr, dass ihm im Falle der Verweigerung der Nachrüstung der Betrieb des Fahrzeugs durch die Zulassungsstelle gemäß § 5 FZV untersagt und das Fahrzeug stillgelegt wird. Der Zeitpunkt des damit verbundenen weiteren Schadens wegen des Nutzungsausfalls sowie etwaiger Rechtsverteidigungskosten gegen das Vorgehen der Zulassungsstelle etc. stand noch nicht fest. Der Schadenseintritt war jedoch ausreichend wahrscheinlich.
21 
Zwar wäre der Schaden abschließend bezifferbar gewesen, wenn die Beklagte sich sofort auf die auch von dem Kläger primär begehrte Rückabwicklung eingelassen hätte. Der Kläger musste jedoch - wie sich herausgestellt hat zu Recht - damit rechnen, dass er nicht sofort zu seinem Recht kommt und ihm daher im Laufe des Gerichtsverfahrens bis zum Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung ein weiterer Schaden entstehen kann. Die zwischenzeitliche Nachrüstung des Klägerfahrzeugs lässt zwar diese Gefahr entfallen. Dieser Umstand ist jedoch erst nach der Klageerhebung eingetreten. Im Übrigen ist durch die Nachrüstung nicht ausgeschlossen, dass nunmehr die von dem Kläger geltend gemachten Nachteile und Folgeschäden am Fahrzeug (erhöhter Kraftstoffverbrauch, häufigerer Austausch des Partikelfilters, Versottungsschäden etc.) entstehen.
22 
3. Der Klageantrag Ziff. 1 war dahingehend auszulegen, dass es dem Kläger um die Erstattung von Schäden geht, die im Zusammenhang mit der Manipulation der Abgasbehandlung durch die Motorsteuerungssoftware geht und nicht um irgendwelche anderen, unbenannten Manipulationen. Dies geht aus dem gesamten Vorbringen des Klägers hervor, der sich ausschließlich mit dieser Thematik befasst. Entsprechend war dies bei der Tenorierung klarzustellen.
II.
23 
Die Klage ist mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderung begründet. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB. Er hat einen Schaden erlitten (1.). Dieser ist durch ein Verhalten der Beklagten entstanden (2.), welches als sittenwidrig zu qualifizieren ist (3.). Die Beklagte hat dabei vorsätzlich gehandelt (4.). Aufgrund dessen hat der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz (5.).
24 
1. Der Kläger hat durch den Erwerb des Audi A4 einen Schaden erlitten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Der Schadensbegriff des § 826 BGB ist auch subjektbezogen, so dass bei wertender Betrachtung Vermögensminderungen umfasst sind, wie - bei Eingriff in die Dispositionsfreiheit - die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung oder die Vermögensgefährdung durch Eingehung eines nachteiligen Geschäfts (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03 -, BGHZ 161, 361, Rn. 16; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 -, Rn. 18, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 41ff.). Dabei ist bei dem Abschluss von Verträgen unter Eingriff in die Dispositionsfreiheit maßgeblich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen, nicht auf die tatsächliche Realisierung eines Schadens zu einem späteren Zeitpunkt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 -, BGHZ 192, 90, Rn. 58).
25 
Einen solchen Schaden hat der Kläger erlitten. Er hat einen Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug abgeschlossen, das formal über eine erteilte EG-Typgenehmigung verfügte. Durch dieses Geschäft ist bei ihm eine konkrete Vermögensgefährdung eingetreten. Das Fahrzeug verfügte über eine unzulässige Abschalteinrichtung i.S.v. Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007, die einer Zulassung entgegenstand. Dadurch bestand die Gefahr, dass jederzeit die Zulassung widerrufen werden konnte, weil das Fahrzeug tatsächlich die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllte. In der Folge drohten Nutzungsbeschränkungen und ein Wertverlust.
26 
a. Gemäß Art. 10 Abs. 1 EG-VO 715/2007 erteilt die nationale Zulassungsbehörde die Typgenehmigung, wenn das betreffende Fahrzeug den Vorschriften der Verordnung und ihrer Durchführungsbestimmungen entspricht. Gemäß § 4 Abs. 4 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-FGV) darf eine EG-Typgenehmigung nur erteilt werden, wenn die erforderlichen Prüfverfahren ordnungsgemäß und mit zufriedenstellenden Ergebnis durchgeführt wurden. Nach Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 hat der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Gemäß Art. 5 Abs. 2 EG-VO 715/2007 ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Nach Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007 ist eine „Abschalteinrichtung“ ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motordrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.
27 
b. Das streitgegenständliche Fahrzeug verfügte über eine derartige unzulässige Abschalteinrichtung, so dass das Prüfverfahren und somit die Voraussetzungen für die Erteilung einer EG-Typgenehmigung nicht vorlagen. Nach dem Vortrag der Beklagten erfolgte eine unterschiedliche Emissionsbehandlung je nachdem, ob sich das Fahrzeug im NEFZ im Modus 1 befand oder im Modus 0 für den Normalbetrieb. Im Prüfbetrieb wurden Emissionen aus dem Verbrennungsprozess durch eine Abgasrückführung teilweise dem Verbrennungsprozess wieder zugeführt. Eine solche Steuerung ist Teil eines Emissionskontrollsystems im Sinne von Art. 3 Nr. 10 EG-VO 715/2007. Die Emissionen werden kontrolliert und gesteuert: Die Motorsteuerung, die anhand der Parameter den Prüfzyklus erkennt, schaltet im Normalbetrieb die Abgasrückführung, die der Kontrolle der Emissionen und der Reduzierung des Schadstoffausstoßes dient, ab.
28 
Die von der Beklagten gemachte Unterscheidung zwischen „so genannten innermotorischen Maßnahmen“ und denjenigen der „Abgasreinigung im Emissionskontrollsystem“ lässt sich der Verordnung nicht entnehmen und widerspricht offensichtlich deren Zweck. Die Emissionskontrolle im Sinne der Verordnung ist nicht auf die Abgasreinigung beschränkt. Durch die Rückführung eines Teils der Abgase (Emissionen) in den Verbrennungsprozess im Motor werden die Emissionen kontrolliert. Durch die Fahrzykluserkennung wird dieser Teil des Kontrollsystems abgeschaltet. Die Auslegung der Beklagten widerspricht auch offensichtlich dem Zweck der Verordnung, wonach das Testverfahren möglichst das Verhalten des Fahrzeugs unter normalen Betriebsbedingungen widerspiegeln soll. So schreibt Art. 5 Abs. 1 EG-VO 715/2007 ausdrücklich vor, dass der Hersteller das Fahrzeug so auszurüsten hat, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Erwägungsgrund 15 der Verordnung weist auf das Ziel hin, dass die bei den Typgenehmigungsprüfungen gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen sollen. Die Motorsteuerung der Beklagten knüpft demgegenüber nicht an bestimmte Betriebszustände oder Umweltbedingungen an, sondern ausschließlich an die Feststellung des NEFZ, zielt also bewusst auf eine Steuerung der Emissionen für den Ausnahmefall der Genehmigungsprüfung.
29 
Nachdem die Unzulässigkeit der Abschalteinrichtung zur Überzeugung des Gerichts feststeht, kommt es auf die Frage der Bindungswirkung des Bescheids des Kraftfahrt-Bundesamts nicht an.
30 
c. Die Installation der unzulässigen Abschalteinrichtung begründete die konkrete Gefahr des Widerrufs der Zulassung und somit der Stilllegung des Fahrzeugs sowie des massiven Wertverlustes. Zu dem Widerruf der Typgenehmigung wäre das Kraftfahrt-Bundesamt berechtigt gewesen, weil sie von der Beklagten über das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen getäuscht wurde. Unabhängig von der konkreten Vorgehensweise des Kraftfahrt-Bundesamts nach Bekanntwerden der Abschalteinrichtung bestand seit Inverkehrbringen der Fahrzeuge mit der zweifelhaften EG-Typgenehmigung die Gefahr des Bekanntwerdens der Manipulation und des sofortigen Widerrufs der Zulassung ohne Auflagen. Dies war nicht fernliegend, da Auflagen als Nebenbestimmungen zu Verwaltungsakten nicht erzwingbar sind und die Beklagte als Adressatin einer Auflage zur Durchführung einer Nachbesserung von in Verkehr gebrachten Fahrzeugen es nicht in der Hand hat, sämtliche Fahrzeughalter zu einer Nachrüstung zu zwingen. Auch ist zwischen der Pflicht zur Nachrüstung zum Zwecke des Erhalts der Betriebserlaubnis und dem Integritätsinteresse des Fahrzeugeigentümers zu unterscheiden. Ein Fahrzeugeigentümer kann eine Nachrüstung unter Umständen zu Recht ablehnen, weil er eine Verschlechterung seines Fahrzeugs erwartet, die er zum Erhalt der Zulassung nicht bereit ist in Kauf zu nehmen. Es ist unstreitig, dass die Zulassungsstellen den Betrieb von nicht nachgerüsteten Fahrzeugen gemäß § 5 FZV untersagen und Fahrzeuge stilllegen können. Soweit die Beklagte bestreitet, dass dieser Widerruf - entsprechend dem Klägervortrag - durch das Kraftfahrt-Bundesamt erfolgen kann, streitet sie nicht die generelle Möglichkeit der Betriebsuntersagung ab, wie sie es nach dem unstreitigen Klägervortrag selbst Kunden des VW Amarok in Schreiben mitgeteilt hat.
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Weiter war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht damit zu rechnen, dass die Beklagte in der Lage sein würde, innerhalb kurzer Frist ein Software-Update ausliefern zu können, das ohne nachteilige Veränderung der Eigenschaften des Fahrzeuges die Abschalteinrichtung deaktiviert und gleichzeitig zu zulässigen Emissionswerten führt. Die Beklagte hat vorgetragen, dass das Software-Update die Erkenntnisse aus der Weiterentwicklung des Diesel-Brennverfahrens der letzten zehn Jahre aufgreife. Das Bekanntwerden der unzulässigen Abschalteinrichtung und der Gefährdung der EG-Typgenehmigung hätte angesichts der Ungewissheit über die Nachbesserungsfähigkeit durch die Beklagte sofort zu einem Wertverlust geführt. Dass nunmehr auf dem Gebrauchtwagenmarkt die mit einem Software-Update ausgestatteten Fahrzeuge ohne Preisabschlag gehandelt werden, wie die Beklagte es behauptet, ändert nichts daran, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages diese Kenntnisse noch nicht vorlagen und daher wegen der Unsicherheit des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Gefahr der Stilllegung mit erheblichen Preisabschlägen zu rechnen war.
32 
Weiter ist dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden, dass er es nicht mehr - ohne Software-Update - in der Schweiz zulassen kann. Dies ist unstreitig. Unerheblich ist, ob der Kläger bei Erwerb des Fahrzeuges vorgehabt hat, das Fahrzeug in der Schweiz zuzulassen oder es dorthin weiterzuverkaufen. Maßgeblich ist, dass die Einschränkung besteht. Eine Zulassung in der Schweiz oder eine Weiterveräußerung in diesen Raum auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung gehört zu den wertbildenden Eigenschaften, die jedem Fahrzeug anhaften, nicht jedoch dem streitgegenständlichen. Die Gefahr bestand bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, denn es ist anzunehmen, dass die Schweiz sich auch schon zu einem früheren Zeitpunkt in der Weise verhält, wie sie es nun getan hat.
33 
2. Der Kläger hat diesen Schaden aufgrund eines Verhaltens der Beklagten erlitten. Erforderlich ist insoweit ein adäquat kausaler Zusammenhang unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm (BGH, Urteil vom 03. März 2008 - II ZR 310/06 -, Rn. 15, juris; MünchKommBGB/Wagner, 7. Aufl., § 826 Rn. 45 ff.). Ein adäquater Zusammenhang besteht, wenn eine Tatsache im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, ganz unwahrscheinlichen und nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen zur Herbeiführung eines Erfolges geeignet war.
34 
So liegt der Fall hier. Die Beklagte hat die Fahrzeuge, insbesondere die Motoren mit der unzulässigen Abschalteinrichtung, produziert und in Verkehr gebracht. Dabei hat sie durch Verschweigen der unzulässigen Abschalteinrichtung gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt scheinbar zulässige Emissionswerte vorgespiegelt und sich die EG-Typgenehmigung erschlichen. Der Fortbestand der allgemeinen Betriebserlaubnis auf der Grundlage der EG-Typgenehmigung hing wesentlich an den Eigenschaften des Motors und seiner Steuerung sowie der Rechtmäßigkeit des Zulassungsverfahrens. Bei einem Widerruf der Typgenehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt und einer Untersagung des Betriebs drohte jedem Halter dieses Typs die Stilllegung seines Fahrzeugs. Ebenso war jedes Fahrzeug dieses Typs von einem massiven Wertverlust bei Bekanntwerden der Täuschungen bei der Typgenehmigungsprüfung bedroht.
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Die Fahrzeuge werden von der Beklagten als Herstellerin entweder selbst oder durch selbständige Verkäufer vertrieben. Häufig werden die Fahrzeuge vom Ersterwerber weiterveräußert an Zweit- und Folgeerwerber. Jeder Erwerber knüpft unabhängig von der Person des Verkäufers an das Fahrzeug die Erwartung, dass er dieses dauerhaft und ohne Gefahr des Widerrufs der Typgenehmigung und der Stilllegung nutzen kann. Diese selbstverständliche Erwartung prägt den Wert des Fahrzeugs und stellt ein wesentliches Kriterium für die Anschaffungsentscheidung dar.
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Vor diesem Hintergrund ist es sehr wahrscheinlich bis sicher, dass ein potenzieller Gebrauchtwagenkäufer, wie der Kläger, von dem Erwerb eines von der Beklagten hergestellten Fahrzeugs mit diesem Motorentyp absieht, wenn er weiß, dass das Zulassungsverfahren nicht ordnungsgemäß betrieben wurde. Dann erkennt er die Gefahr der Stilllegung und des drohenden Wertverlusts und die Ungewissheit, ob es der Beklagten gelingen wird, ein Software-Update zu entwickeln, mit dem die Voraussetzungen des Zulassungsverfahrens erfüllt werden, ohne dass die Eigenschaften des Fahrzeugs nachteilig verändert werden. Das Inverkehrbringen eines derart mangelbehafteten Fahrzeugs, dessen Mangel nicht erkennbar ist, beeinträchtigt die Dispositionsfreiheit sämtlicher Erwerber, gleichgültig ob Erst- oder Folgeerwerber, und begründet somit einen Vermögensschaden durch den Abschluss eines ungünstigen Vertrages.
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Eine Zurechnung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm zu verneinen. Die EG-Typgenehmigung ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzbarkeit eines Fahrzeugs. Das Prüfverfahren dient dem Nachweis, dass das Fahrzeug den allgemeinen Anforderungen insbesondere hinsichtlich der Emission- und Verbrauchswerte entspricht. Gleichzeitig hat es den Zweck, Verbrauchswerte (Kohlendioxidemissionen und Kraftstoffverbrauch) nach einem geregelten Verfahren zu ermitteln und dem Verbraucher und Anwender objektive und genaue Informationen zu geben (Art. 1 Abs. 2, Art. 4 Abs. 3, 4, Erwägungsgrund Nr. 17 EG-VO 715/2007). Derartige Informationen sind nicht nur bei der Erstanschaffung, sondern auch bei einem Folgeerwerb von Gebrauchtfahrzeugen von Bedeutung.
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3. Das Verhalten der Beklagten war sittenwidrig. Sittenwidrig ist ein Verhalten, das nach seinem Gesamtcharakter, der durch umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Dafür genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde eine Pflicht verletzt und einen Vermögensschaden hervorruft. Vielmehr muss eine besondere Verwerflichkeit seines Verhaltens hinzutreten, die sich aus dem verfolgten Ziel, den eingesetzten Mitteln, der zutage getretenen Gesinnung oder den eingetretenen Folgen ergeben kann. Dabei kann es auf Kenntnisse, Absichten und Beweggründe des Handelnden ankommen, die die Bewertung seines Verhaltens als verwerflich rechtfertigen. Sie kann sich auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). Bezüglich des Anstandsgefühls aller billig und gerecht Denkenden kommt es wesentlich auf die berechtigten Verhaltenserwartungen im Verkehr an (Staudinger/Oechsler BGB [2014] § 826, Rn. 31).
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Die berechtigten Verkehrserwartungen gehen dahin, dass ein Autohersteller sich gewissenhaft an die Regeln hält, denen er im Rahmen des Zulassungsverfahrens unterliegt, und sich nicht durch falsche Angaben zu wichtigen zulassungsrelevanten Eigenschaften eine Typgenehmigung erschleicht. Dabei wird eine sehr hohe Sorgfalt erwartet, wenn das Handeln von einer großen Tragweite ist und Verstöße zu hohen Schäden führen können. Dies ist in der Automobilindustrie, die in zig-tausendfacher Stückzahl hochwertige Güter mit langer Lebensdauer herstellt, die für die Mobilität der Kunden von großer Bedeutung sind, der Fall. In der Automobilindustrie spielt zudem die Einhaltung von Umweltstandards eine große Rolle, da systematische Abweichungen bei in großer Stückzahl produzierten Fahrzeugen eine entsprechend hohe Auswirkung auf die Umweltbelastung haben. Den europäischen Normen entsprechend erwartet der Verbraucher objektive und genaue, und somit wahrheitsgemäße Informationen. Verbrauchs- und Emissionswerte haben allgemein eine hohe Bedeutung bei den Anschaffungsentscheidungen. Die allgemeine Verkehrserwartung geht auch dahin, dass sich ein Hersteller nicht durch falsche Angaben oder durch Manipulationen im Rahmen des Prüfverfahrens mit nicht vergleichbaren Werten Wettbewerbsvorteile verschafft. An die Redlichkeit werden besonders hohe Erwartungen gestellt, da der Verbraucher auf die Richtigkeit der Angaben durch den Hersteller angewiesen ist, weil er zu einer eigenen Überprüfung nicht in der Lage ist.
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Gegen diese berechtigte Verkehrserwartung hat die Beklagte in einem erheblichen Maße verstoßen. Die Installation einer Abschalteinrichtung widersprach offensichtlich den Vorgaben der EG-VO 715/2007. Ein Fahr- und Emissionsverhalten, das durch eine spezielle Steuerungssoftware allein auf das Prüfverfahren abgestimmt war und somit - wie die Beklagte selbst vorträgt - keine Rückschlüsse auf die tatsächlichen Eigenschaften im Normalbetrieb erlaubt, widersprach dem erkennbaren Zweck der Vorschrift und erfüllte die Zulassungsvoraussetzungen nicht. Unstreitig wurde die Beklagte durch den Hersteller der Software, die Firma B..., vor dem gesetzeswidrigen Einsatz der Software gewarnt. Das Handeln entgegen der Warnung verstärkt das Unwerturteil.
41 
Bei der Beurteilung der Verwerflichkeit des Handelns ist der hohe Schaden, den die Beklagte verursacht hat, sowie das hohe Risiko für die zahlreichen Fahrzeugkäufer zu berücksichtigen, das die Beklagte in Kauf genommen hat. Der Beklagten war bewusst, dass sie die Anforderungen der Abgasnormen nicht ohne die unzulässige Abschalteinrichtung erfüllen konnte. Dies folgt bereits aus der Installation der Software, die speziell eine Motorsteuerung für den Prüfzyklus vorsah, und somit für die Prüfung nicht geeignete Emissionswerte erzeugte. Als Automobilhersteller war ihr weiter bekannt, dass sie keine rechtsbeständige EG-Typgenehmigung durch eine Täuschung im Prüfverfahren erhalten kann und somit die Gefahr des Widerrufs der EG-Typgenehmigung und der Allgemeinen Betriebserlaubnis für die Fahrzeuge bestand. Der dadurch drohende Schaden war angesichts der hohen Stückzahl der produzierten Motoren enorm. Die Inkaufnahme eines derartigen Schadens zum Zwecke des Gewinnstrebens enthält ein hohes Maß an Skrupellosigkeit. Gleichzeitig hat sich die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern, die auf ordnungsgemäße Weise die Einhaltung der Anforderungen der EG-VO 715/2007 nachgewiesen haben, einen unerlaubten Wettbewerbsvorteil verschafft. Sie hat sich die Kosten der Entwicklung einer Technik gespart, die den Anforderungen der Vorschriften gerecht geworden wäre.
42 
4. Die Beklagte hat den Kläger vorsätzlich geschädigt. Sie muss sich das Verhalten ihrer Repräsentanten zurechnen lassen (a.). Deren Wissen ist unstreitig bzw. als zugestanden anzusehen und ihr Verhalten als vorsätzlich zu qualifizieren (b.).
43 
a. Die Beklagte muss sich das Wissen und Verhalten ihrer Repräsentanten auch im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB zurechnen lassen.
44 
Grundsätzlich haftet eine juristische Person gemäß § 31 BGB für das Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Vertreter. Entgegen der Auffassung der Beklagten beschränkt sich die Zurechnung im Rahmen des § 826 BGB nicht auf Organe im aktienrechtlichen Sinn. Dies ergibt sich nicht aus der von ihr zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris).
45 
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft eine juristische Person über den Wortlaut der §§ 30, 31 BGB hinaus eine Repräsentantenhaftung für solche Personen, denen durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktionen der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind, so dass sie die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentieren. Da es der juristischen Person nicht freisteht, selbst darüber zu entscheiden, für wen sie ohne Entlastungsmöglichkeit haften will, kommt es nicht entscheidend auf die Frage an, ob die Stellung des „Vertreters“ in der Satzung der Körperschaft vorgesehen ist oder ob er über eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht verfügt (BGH, Urteil vom 14. März 2013 - III ZR 296/11 -, BGHZ 196, 340, Rn. 12). Entgegen der weiteren Auffassung der Beklagten gilt die Repräsentantenhaftung nicht nur im vertraglichen Bereich, sondern auch bei der deliktischen Haftung. In der von der Beklagten zum Beleg des Gegenteils zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 13, juris) hat dieser im Zusammenhang mit der Haftung nach § 826 BGB ausdrücklich auf die weite Auslegung des Begriffs des verfassungsmäßigen Vertreters hingewiesen und die hierzu ergangene Grundsatzentscheidung zitiert (BGH, Urteil vom 30. Oktober 1967 - VII ZR 82/65 -, BGHZ 49, 19, Rn. 11).
46 
b. Die Repräsentanten der Beklagten haben die Schädigung des Klägers vorsätzlich veranlasst bzw. zugelassen. Dies gilt für ihren damaligen Entwicklungsvorstand Dr. H ..., für den Markenvorstand von VW N... sowie für die von der Beklagten nicht benannten weiteren Repräsentanten (aa.). Diese haben vorsätzlich gehandelt (bb).
47 
aa. Es ist unstreitig, dass die Zeugen Dr. H... und N..., die als Repräsentanten der Beklagten anzusehen sind, Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages hatten ([1]). Die Kenntnis weiterer Repräsentanten der Beklagten von der Verwendung der unzulässigen Software ist unter Berücksichtigung der sekundären Darlegungslast der Beklagten als zugestanden anzusehen ([2]).
48 
(1) Der Kläger hat behauptet, dass der Entwicklungsvorstand Dr. H... Kenntnis von der Manipulation gehabt habe und der Markenvorstand von VW und damalige Leiter der Aggregateentwicklung der Marke Volkswagen im Jahr 2011 vor illegalen Praktiken mit den Abgaswerten gewarnt worden sei. Dieser Vortrag ist zur Behauptung eines Vorsatzes bei Repräsentanten der Beklagten ausreichend. Die Beklagte als Weltkonzern hat auch unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne Personen, die wesensmäßige Funktionen der Beklagten zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen sind. Sie selbst bezeichnet sie als Vorstände. Beispielsweise bestreitet sie nicht die von der Beklagten verwendete Bezeichnung des Dr. H... als „Entwicklungsvorstand“, sondern beschränkt sich auf die Klarstellung, dass dieser kein Vorstand im aktienrechtlichen Sinne sei. Auch der Zeuge N... führte unstreitig die Bezeichnung als Markenvorstand von VW. Beiden waren somit wesensmäßige Funktionen zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen, so dass sie als Repräsentant der Beklagten anzusehen sind.
49 
Die Beklagte hat die Kenntnis der beiden Repräsentanten nicht (wirksam) bestritten. Ihr Vortrag, dass nach derzeitigem Kenntnisstand nicht erwiesen sei, dass Herr Dr. U... H... im relevanten Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses von der Programmierung oder von der Verwendung der streitgegenständlichen Software in Fahrzeugen Kenntnis hatte, stellt kein eindeutiges Bestreiten dar. Die Feststellung, ob eine Tatsache „erwiesen“ ist, ist Aufgabe des Gerichts im Rahmen der Tatsachenfeststellung und stellt keine Tatsachenbehauptung der Beklagten, sondern allenfalls eine eigene Würdigung von nicht offen gelegten Indizien dar. Die Beklagte legt nicht dar, aus welchen Gründen sie nicht in der Lage sei, sich eindeutig zu der Tatsachenbehauptung des Klägers zu äußern und sah sich auf ausdrückliche Nachfrage nicht in der Lage, unter Beachtung ihrer prozessualen Wahrheitspflicht die Behauptung aktiv zu bestreiten. Bezüglich des Zeugen N... bestreitet die Beklagte nicht, dass dieser zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Jahr 2014 Kenntnis von der Abschalteinrichtung gehabt habe. Die Beklagte bestreitet insoweit nur die Kenntnis ihrer Vorstände im aktienrechtlichen Sinn, zu denen der Zeuge N... nicht zählt. Soweit die Beklagte lediglich vorträgt, der Zeuge N... wie „nach eigenen Angaben im Jahr 2011 nicht über die Verwendung der Umschaltlogik in den Fahrzeugen des Typs EA 189 informiert“ gewesen, ist dieses Bestreiten daher unerheblich.
50 
(2) Ein konkreterer Vortrag bezüglich einzelner weiterer Personen, die als Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von der unzulässigen Verwendung der Abschalteinrichtung hatten und diese nicht verhindert haben, war zudem nicht erforderlich. Insofern greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast.
51 
Grundsätzlich muss zwar der Anspruchsteller alle Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich sein Anspruch herleitet. Dieser Grundsatz bedarf aber einer Einschränkung, wenn die primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Prozessgegner die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Dabei obliegt es dem Bestreitenden im Rahmen der sekundären Darlegungslast auch, zumutbare Nachforschungen zu unternehmen (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 559/14 -, Rn. 18, juris).
52 
Diese Voraussetzungen liegen vor.
53 
(a) Der Kläger hat mit seiner Behauptung, die Unternehmensleitung habe Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware gehabt, den maßgeblichen Personenkreis der Repräsentanten der Beklagten auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne bezeichnet. Eine namentliche Benennung war nicht erforderlich, weil er hiervon keine Kenntnis hatte und er als Nichtkonzernangehöriger außerhalb des Geschehensablaufs steht. Insbesondere kann er nicht wissen, wie die interne Zuständigkeitsverteilung innerhalb des Volkswagenkonzerns und konkret der Motorenentwicklung zum Zeitpunkt der Entwicklung war. Dass ein Weltkonzern wie die Beklagte auch unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne Personen wesensmäßige Aufgaben wie die Entwicklung von Motoren, den Einkauf, die Entwicklung einer Marke, die Produktsicherheit, das Qualitätsmanagement etc. zur selbständigen und eigenverantwortlichen Erledigung überträgt, ergibt sich aus der Notwendigkeit zur Organisation und Überwachung des enorm großen Geschäftsbetriebs, die nicht allein von wenigen Personen des Konzernvorstands geleistet werden können. Demgegenüber ist es der Beklagten ohne weiteres möglich und zumutbar, die in den Entwicklungsprozess des Motors EA 189 eingebundenen Verantwortlichen bis zu den Bereichsvorständen und den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn zu benennen. Weiter ist unstreitig, dass Mitarbeiter der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Abschalteinrichtung hatten. Sogar eine interne Warnung im Jahr 2011 ist unstreitig, ohne dass die Beklagte dazu vorträgt, dass diese die Verantwortlichen nicht erreicht hätte. Auch schweigt die Beklagte zu der Kenntnisnahme des Schreibens der Fa. B... GmbH im Jahr 2007, in dem diese die Beklagte vor der Verwendung der Software gewarnt hat. Es ist aber zu erwarten, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb derartig organisiert, dass die Verantwortlichen die für den Betrieb wesentlichen Informationen auch erhalten. Es ist naheliegend - und keinesfalls aus der Luft gegriffen und von dem Kläger ins Blaue hinein behauptet -, dass jedenfalls die aus Repräsentanten bestehende Unternehmensführung unterhalb der Ebene des Konzernvorstands Kenntnis von den Vorgängen gehabt hat.
54 
(b) Die Beklagte hat die Kenntnis ihrer Repräsentanten nicht ausreichend bestritten und zudem ihrer diesbezüglichen sekundären Darlegungslast nicht genügt, so dass der Vortrag des Klägers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig zu behandeln ist.
55 
Die Beklagte differenziert zunächst selbst zwischen den Vorständen im aktienrechtlichen Sinn und weiteren Vorständen. Bezüglich der Kenntnis von dem Einsatz der Manipulationssoftware hält sie einen differenzierten Vortrag:
56 
Bezüglich der Kenntnis ihres Vorstandsvorsitzenden oder andere Mitglieder des Vorstands (ohne Differenzierung nach ihrer Organstellung) bestreitet sie lediglich die Kenntnis zum Zeitpunkt der Entwicklung der Software. Dieses Bestreiten ist unerheblich, weil es maßgeblich auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Fahrzeugs (hier Oktober 2014) ankommt, nicht auf einen früheren Entwicklungszeitpunkt.
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Weiter bestreitet sie, beschränkt auf die Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, dass diese Kenntnis von der Verwendung der Software im streitgegenständlichen Fahrzeugtyp zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses hatten. Damit bestreitet die Beklagte nicht, dass auf der Vorstandsebene unterhalb der Vorstände im aktienrechtlichen Sinn die Repräsentanten der Beklagten Kenntnis von dem Einsatz der Software hatten. Die Beklagte wäre im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast verpflichtet gewesen, substantiiert darzulegen, dass nach ihren Recherchen die in Betracht kommenden Repräsentanten keine Kenntnis von der Verwendung der Manipulationssoftware gehabt haben.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht deshalb von einer sekundären Darlegungslast befreit, weil es sich bei dem Bestreiten der Kenntnis um eine negative Tatsache handelt. Es ist nämlich unstreitig, dass das Wissen über die Verwendung der Manipulationssoftware bei der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne vorhanden war. Sie wurde von der Firma B... GmbH, wie ausgeführt, sogar auf die Rechtswidrigkeit der Verwendung hingewiesen. Die Beklagte hätte daher darlegen können, wie die interne Kommunikation verlaufen ist und dass die Information nicht die Repräsentanten der Beklagten erreicht hätte. Insofern war sie zu einem positiven Vortrag in der Lage. Dieser Vortrag war ihr auch zuzumuten, da angesichts der Bedeutung des Vorganges ein Exzess von nicht führenden Mitarbeitern der Beklagten als unwahrscheinlich erscheint. Es ist daher davon auszugehen, dass die namentlich nicht genannte Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene der Vorstände im aktienrechtlichen Sinne, die für die Entwicklung des Motors EA 189 sowie die Zulassung und den Vertrieb des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps zuständig waren, in den Vorgang involviert waren.
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bb. Der Entwicklungschef der Beklagten, Dr. H..., der frühere Markenvorstand von VW N... sowie die nicht genannten Repräsentanten der Beklagten unterhalb der Ebene des Vorstands im aktienrechtlichen Sinne haben vorsätzlich gehandelt. Ein vorsätzliches Handeln erfordert ein Wissens- und ein Wollenselement bezogen auf die maßgeblichen Umstände, hier die Schädigung des Klägers. Der Handelnde muss die Schädigung gekannt oder zumindest vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen haben. Beim bedingten Vorsatz muss er die relevanten Umstände jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Da es sich beim Vorsatz um eine innere Tatsache handelt, lässt sich diese nur aus äußeren Umständen folgern. Hierbei kann beispielsweise die Leichtfertigkeit des Handelns oder die starke Gefährdung des betroffenen Rechtsguts die Schlussfolgerung im Einzelfall rechtfertigen. Allerdings ist der Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadens kein alleiniges Kriterium für die Frage, ob der Handelnde mit dem schädigenden Erfolg einverstanden ist. Maßgeblich sind sämtliche Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2011 - VI ZR 309/10 -, Rn. 10f, juris; MünchKommBGB/Wagner, aaO, § 826 Rn. 33)
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Aus den geschilderten Umständen des Einzelfalls lässt sich ein Vorsatz der handelnden Personen feststellen. Unstreitig wurde die Beklagte durch die Entwicklerin der Software mit der Abschalteinrichtung vor deren Verwendung gewarnt. Die Entwicklung eines gesonderten Betriebsmodus für den NEFZ widerspricht offensichtlich der Vorgabe der EG-VO 715/2007. Diese hat zum Ziel, bestimmte umweltrelevante Emissions- und Verbrauchswerte in einem normierten Prüfverfahren festzustellen, die möglichst nahe an den Werten im normalen Fahrzeugbetrieb liegen sollen. Die Beklagte hat demgegenüber eine Steuerung eingesetzt, die nur für den Prüfzyklus zu reduzierten Emissionswerten führte und für den Normalbetrieb eine hiervon abweichende Behandlung der Abgase vorsah. Damit lassen die im Prüfzyklus festgestellten Werte keinen Rückschluss auf die tatsächlichen Werte im praktischen Betrieb zu.
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Bei der Produktion eines derart hochwertigen und strengsten Qualitätsanforderungen unterliegenden Produkts ist es ausgeschlossen, dass die Bedeutung der eindeutigen Vorschriften missverstanden worden sein konnten. Auf die Rechtswidrigkeit wurde die Beklagte von extern und intern wiederholt hingewiesen. Aus der Verwendung einer solchen offensichtlich rechtswidrigen Manipulationssoftware lässt sich folgern, dass den handelnden Personen die Angreifbarkeit der so erschlichenen EG-Typgenehmigung bekannt war. Die Täuschungshandlung rechtfertigt auch den Schluss, dass die handelnden Personen den daraus für die Erwerber möglicherweise entstehenden Schaden billigend in Kauf genommen haben. Wer im Zulassungsverfahren täuscht, rechnet damit, dass bei Offenlegung der verheimlichten Tatsache die getäuschte Behörde eine andere Entscheidung getroffen hätte bzw. ihre ursprüngliche Entscheidung revidiert. Andernfalls hätte kein Anlass für eine Täuschung bestanden. Der Beklagten als Automobilhersteller war bekannt, dass Fahrzeuge, die über keine EG-Typgenehmigung verfügen, ihre allgemeine Betriebserlaubnis verlieren und stillgelegt werden können. Der mögliche Schaden für die Fahrzeugeigentümer in der Form eines Wertverlustes bei Bekanntwerden der Manipulationssoftware ist so offensichtlich, dass sich daraus nur ein Inkaufnehmen seitens der handelnden Personen folgern lässt. Diesen war ohne vernünftigen Zweifel bekannt, dass bereits kleinste Fehler einen erheblichen Schaden, beispielsweise durch Rückrufaktionen, auslösen können. Umso mehr drängte sich ihnen auf, dass ein enormer Schaden entstehen würde, wenn sämtliche Fahrzeuge, in denen der Motor des Typs EA 189 verbaut war, ihre Zulassung verlieren würden.
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5. Der Kläger kann gemäß § 249 BGB Schadensersatz verlangen. Er hat einen Anspruch so gestellt zu werden, als ob das schädigende Ereignis nicht eingetreten wäre. Aufgrund der Umstände steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger das Fahrzeug nicht erworben hätte, wenn ihm bekannt gewesen wäre, dass die EG-Typgenehmigung von der Beklagte unter Einsatz einer Manipulationssoftware erschlichen wurde und daher die Stilllegung im Falle eines Widerrufs der Genehmigung drohte. Hierfür spricht die allgemeine Lebenserfahrung, dass niemand unnötig derartig erhebliche Risiken eingeht, wenn ihm auf dem Markt vergleichbare Produkte ohne entsprechende Risiken angeboten werden. Dabei ist unerheblich, dass das Kraftfahrt-Bundesamt sich später nicht zu einem Widerruf der Genehmigung, sondern zu dem nachträglichen Erlass einer Auflage entschlossen hat. Maßgeblich ist auf den Zeitpunkt abzustellen, bei dem aufgrund der Handlung der Beklagten bei dem Kläger der Schaden eingetreten ist. Das ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.
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Der Kläger ist auch nicht verpflichtet, zum Zwecke der Schadenminderung das Software-Update aufspielen zu lassen. Er kann die Rückgängigmachung des ihm entstandenen Schadens in der Form des Abschlusses eines unvorteilhaften Vertrages verlangen und muss sich nicht vom Schädiger das Festhalten an dem Vertrag aufdrängen lassen. Dies gilt umso mehr, als nicht feststeht, dass das Software-Update ohne nachteilige Folgen, die möglicherweise erst nach einem längeren Dauerbetrieb auftreten, aufgespielt werden kann. Dies ließe sich erst nach Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen, dessen kostspielige Einholung dem deliktisch geschädigten Kläger nicht zuzumuten ist. Aus dem gleichen Grund ist das nachträgliche - nach Klägervortrag heimliche - Aufspielen der Software entscheidungserheblich. Der Schaden ist bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entstanden. Aus den ungeklärten Umständen des Aufspielens der Software lässt sich kein gemäß § 242 BGB missbräuchliches Schadensersatzverlangen des Klägers ableiten. Zu dem Schaden gehört auch ein etwaiger Schaden, der beim Kläger infolge des Aufspielens des Software-Updates entstehen kann, da das Aufspielen des Software-Updates selbst eine Folge der ursprünglichen Installation einer Motorsteuersoftware mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung darstellt.
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6. Der Kläger hat gemäß §§ 826, 249, 257 BGB einen Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 EUR. Hierbei hat das Gericht einen Gegenstandswert in Höhe des Kaufpreises von 18.200 EUR abzüglich eines Nutzungsvorteils in Höhe von 1.966,50 EUR und unter Abzug eines 20%-igen Abschlags für die Feststellungsklage angesetzt. Der Nutzungsvorteil wird auf der Grundlage der vom Kläger angegebenen Laufleistung im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung geschätzt. Bei einer angenommenen Gesamtlaufleistung von 300.000 km für einen Audi A4 Diesel und einer Restlaufleistung vom 275.300 km bei Vertragsschluss errechnet sich der Nutzungsvorteil auf 0,07 EUR/km und - ausgehend vom Kilometerstand von 24.700 km bei Vertragsschluss - eine durchschnittliche Fahrleistung von 28.092,8 km p.a.. Zum Zeitpunkt des Anwaltsschreibens des Klägervertreters hatte der Kläger das Fahrzeug ca. 1 Jahr. Eine 1,3-fache Geschäftsgebühr, die Auslagenpauschale und die Umsatzsteuer sind als erforderlich anzusetzen. Unter der Berücksichtigung, dass es sich vorliegend um ein Massenverfahren handelt, bei dem der wesentliche Aufwand beim Klägervertreter gleichzeitig für mehrere Verfahren anfällt, erscheint ein höherer Ansatz als der Mittelsatz von 1,3 für die Geschäftsgebühr nicht gerechtfertigt.
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7. Die Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 92 Abs. 2 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 1, § 711 ZPO. Der Streitwert wurde in Höhe des Schadens, der im Wesentlichen dem Kaufpreis abzüglich des rechnerischen Nutzungsvorteils bei Klageeinreichung unter Abzug eines 20 %-Abschlags für die Feststellungsklage entspricht, festgesetzt.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

Tenor

1. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger 9.872,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.10.2016 zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe und Übereignung des Pkw VW Touran mit der Fahrzeugidentifikationsnummer …,

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Rücknahme des in Antrag zu 1) genannten Pkws in Verzug befindet,

3. Es wird festgestellt, dass die Ansprüche der Beklagten zu 2) aus dem Darlehensvertrag mit der Vertragsnummer ... gegenüber dem Kläger nicht durchsetzbar sind,

4. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.307,51 € freizustellen.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

6. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte zu tragen.

7. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Gewährleistung aus dem Kauf eines Pkw. Die Beklagte zu 1) ist Vertragshändlerin für Fahrzeuge der Marke Volkswagen. Die Beklagte zu 2) finanziert Fahrzeugkäufe.

2

Der Kläger schloss im Frühjahr 2013 mit der Beklagten einen Vertrag über einen neuen Pkw VW Touran, der mit einem 2.0 Liter Turbo-Dieselmotor ausgerüstet ist. Der Motor gehört zur Baureihe EA 189, dessen Schadstoffausstoß die Euro 5 -Norm einhalten soll. Die damit ausgerüsteten Fahrzeuge sind Gegenstand einer Rückrufaktion des VW-Konzerns.

3

Das Fahrzeug wurde am 13.05.2013 an den Kläger ausgeliefert. Die Beklagte zu 2) gewährte dem Kläger mit Vertrag vom 19.04.2013 ein Darlehen über 20.539,25 €, wobei dort ein Kaufpreis von 28.068,00 € sowie ein Betrag von 989,25 € für eine Restschuldversicherung (“Kreditschutzbrief - KSB“) ausgewiesen wird. Darauf und auf Zinsen in Höhe von insgesamt 1.291,15 € sollte der Kläger vom 15.09.2013 bis zum 15.07.2017 monatliche Raten in Höhe von 173,55 € zahlen. Die am 15.08.2017 fällige Schlussrate beträgt 13.500,00 €.

4

Für die Einhaltung der Bestimmungen der Euro 5-Norm ist maßgeblich, welcher Schadstoffausstoß unter den Bedingungen des so genannten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) auf einem Prüfstand gemessen wird. Die Motoren der Baureihe EA 189 sind mit einer Software ausgerüstet, die erkennt, ob das Fahrzeug unter den speziellen Bedingungen des NEFZ betrieben wird. Ist das der Fall, schaltet es das Abgasrückführungssystem in einem besonderen Modus („1“), der dafür sorgt, dass die ausgestoßenen Schadstoffe, insbesondere Stickoxyde (NOx) verringert werden. Bei einem Betrieb unter anderen Bedingungen und damit auch im öffentlichen Straßenverkehr schaltet das Abgasrückführungssystem dagegen in einen Modus „0“.

5

Das Kraftfahrtbundesamt wertet diese Steuerung als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Es erließ am mit Bescheid vom 14.10.2015 Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung auf der Grundlage von § 25 Abs. 2 der EG-FahrzeuggenehmigungsV, um die Vorschriftsmäßigkeit der bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeuge zu gewährleisten. In der Folge davon ruft VW die Fahrzeuge mit Motoren der Baureihe EA 189 in die Werkstätten zurück, um sie technisch zu überarbeiten. Dabei soll u. a. die Steuerungssoftware so abgeändert werden, dass die Fahrzeuge nur noch in dem Modus „1“ betrieben werden.

6

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 27.06.2016 forderte der Kläger die Beklagte zu 1) zur Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs gleichen Typs und gleicher Ausstattung auf und setzte dazu eine Frist bis zum 27.07.2016. Er begründete im Anschluss, warum eine Nachbesserung der Kaufsache aus tatsächlichen wie rechtlichen Gründen für ihn ausscheide. Sie stelle keine taugliche Nacherfüllung dar. Gleichwohl forderte er die Beklagte zu 1) zur Nachbesserung in gleicher Frist auf.

7

Mit Schreiben vom 28.06.2016 stellte die Beklagte zu 1) die vorgesehenen Maßnahmen zur Nachbesserung allgemein dar, verwies jedoch wegen des Zeitplans und der konkret für das Fahrzeug des Klägers vorgesehenen Maßnahmen auf einen unbestimmten späteren Zeitpunkt. Einen Austausch des Fahrzeugs lehnte sie ab.

8

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 21.09.2016 erklärte der Kläger den Rücktritt von dem Kaufvertrag. Mit Schriftsatz vom 24.03.2017 wiederholt er den Rücktritt.

9

Der Kläger trägt vor, der von der Beklagten zu 1) gekaufte Pkw sei mangelhaft, weil sein Schadstoffausstoß die Vorgaben der Euro 5-Norm um ein Vielfaches überschreite. Der Mangel sei auch im Rechtssinne erheblich, u. a. auch deshalb, weil die sehr hohen Entwicklungskosten einer Nachbesserung in die Kalkulation einbezogen werden müssten und ohnehin die weitere Zulassung des Kfz zum Straßenverkehr gefährdet sei.

10

Er stützt seine Klage auf den von ihm erklärten Rücktritt von dem Kaufvertrag. Dazu behauptet er, der Mangel sei durch die von der Beklagten zu 1) in Aussicht gestellten Maßnahmen nicht behebbar. Der Schadstoffausstoß könne nicht auf ein rechtskonformes Maß reduziert werden. Zudem sei die Nachrüstung mit einer neuen Steuerungssoftware mit Nachteilen wie erhöhtem Kraftstoffverbrauch, erhöhtem Verschleiß, verringerter Lebensdauer des Motors verbunden. In jedem Fall erziele das Fahrzeug bei einem Verkauf auf dem Gebrauchtwagenmarkt geringere Preise, weil potenzielle Käufer sich von der öffentlichen Diskussion über die Fehlerhaftigkeit der Motoren abschrecken ließen.

11

Es sei ihm auch nicht zuzumuten, eine Mangelbeseitigung durch die Beklagte zu 1) in Anspruch zu nehmen, die eine solche nur in enger Zusammenarbeit und nach den Vorgaben der Herstellerin durchführen könne. Bei der Volkswagen AG handele es sich aber gerade um das Unternehmen, das ihn durch den Einbau der streitgegenständlichen Steuerungssoftware getäuscht, geschädigt und betrogen habe. Zudem habe zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch gar nicht festgestanden, wann die Beklagte zu 1) den Mangel an dem gekauften Pkw beseitigen werde. Es sei ihm nicht zumutbar gewesen, eine unbestimmte Zeit zuzuwarten.

12

Jedenfalls sei die von ihm erfolglos gesetzte bzw. die bis zu seiner Rücktrittserklärung verstrichene Frist ausreichend lang gewesen.

13

Der Kläger verlangt von der Beklagten zu 1) die Rückzahlung einer geleisteten Anzahlung in Höhe von 8.536,00 € sowie der Raten, die er auf das zur Finanzierung aufgenommene Darlehen geleistet hat. Er will sich eine Nutzungsentschädigung von maximal 5.400,00 € für 67.304 gefahrene Kilometer anrechnen lassen.

14

Der Kläger stützt seine Klage auch auf einen Schadensersatz statt der Leistung in Form des so genannten „großen Schadensersatzes“. Er hält darüber hinaus einen Schadensersatzanspruch aus einer vorvertraglichen Pflichtverletzung unter den Gesichtspunkten der Prospekthaftung für begründet.

15

Gegen die Beklagte zu 2) begründet der Kläger seinen Antrag damit, dass es sich bei Kauf und Darlehen um ein einheitliches Geschäft handele und er deshalb infolge des Rücktritts von seiner Pflicht zur Zahlung weiterer Raten befreit sei.

16

Der Kläger beantragt,

17

1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn 16.172,20 € zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.10.2016 zu zahlen, abzüglich eines Nutzungswertersatzes, jedoch nicht mehr als 5.400,00 €, Zug um Zug gegen Herausgabe des VW Touran mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ...,

18

2. festzustellen, dass sich die Beklagte zu 1) mit der Rücknahme des in Antrag zu 1) genannten Pkws in Verzug befindet,

19

3. festzustellen, dass die Ansprüche der Beklagten zu 2) aus dem Darlehensvertrag mit der Vertragsnummer ... gegenüber dem Kläger nicht durchsetzbar sind,

20

4. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, ihn von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.307,51 € freizustellen.

21

Die Beklagten beantragen,

22

die Klage abzuweisen.

23

Die Beklagte zu 1) trägt vor, das gekaufte Fahrzeug sei nicht mangelhaft. Es sei uneingeschränkt gebrauchstauglich, erfülle alle Voraussetzungen der Euro 5-Norm und sei und bleibe für den öffentlichen Straßenverkehr zugelassen. Insbesondere sei die von dem Kläger beanstandete Steuerung keine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Gesetzes.

24

Jedenfalls sei es möglich und dem Kläger zumutbar, die von der Herstellerin entwickelte technische Überarbeitung durch ein Software-Update in Anspruch zu nehmen. Für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp sei die Freigabe durch das Kraftfahrtbundesamt am 20.06.2016 erklärt worden womit auch zum Ausdruck komme, dass damit den in Betracht kommenden Vorschriften entsprochen werde. Die Kosten betrügen für jedes Fahrzeug weniger als 100 Euro. Es entstünden keine negativen Auswirkungen auf den Betrieb oder die Haltbarkeit des Fahrzeugs. Auch ein merkantiler Minderwert bestehe nicht.

25

Hilfsweise bringen sie vor, der Kläger habe nicht vom Vertrag zurücktreten dürfen. Auch stehe ihm kein Schadensersatzanspruch statt der Leistung zu. Die von ihm gesetzte Frist sei zu kurz bemessen gewesen, da die von der Herstellerin entwickelte technische Überarbeitung für jeden einzelnen Fahrzeugtyp von dem Kraftfahrtbundesamt habe freigegeben werden müssen. Das sei mit einem entsprechenden Zeitaufwand verbunden gewesen.

26

Eine etwa doch der Beklagten zuzurechnende Pflichtverletzung sei unerheblich gewesen, sodass auch aus diesem Grund ein Rücktritt ausscheide.

27

Die Beklagte zu 2) hält die gegen sie gerichtete Klage für unzulässig. Es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, weil sie eine rechtskräftige Entscheidung zu Lasten der Beklagten zu 1) akzeptieren würde, auch was deren Folgen für sie betreffe. Sie bezieht sich auf eine von ihr abgegebene Ankündigung, wonach der Rateneinzug vorerst gestoppt werden sollte.

28

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Die Klage ist zulässig.

30

Gegen die Beklagte zu 1) hat der Kläger zunächst eine unbestimmte Leistungsklage erhoben. Sie entspricht den Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. In der mündlichen Verhandlung hat er die Klage auf Zahlung eines festen Betrags umgestellt. Da die Bemessung der Nutzungsentschädigung von einer Schätzung bzw. Wertung des Gerichts abhängt, darf er insoweit einen unbestimmten Antrag stellen.

31

Auch gegen die Beklage zu 2) ist die Klage zulässig. Der Kläger hat im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse an der Feststellung, zumal die Beklagte zu 2) sich nicht an ihre Ankündigung gehalten hat, den Rateneinzug vorläufig auszusetzen.

32

Die Klage ist auch begründet.

I.

33

Die gegen die Beklagte zu 1) gestellten Anträge sind zum weitaus größten Teil begründet.

34

Der Kläger ist von dem mit der Beklagten zu 1) geschlossenen Kaufvertrag wirksam zurückgetreten.

1.

35

Der von der Beklagten zu 1) an den Kläger verkaufte Pkw weist einen Sachmangel auf. Gegenstimmen in der bisher bekannten Rechtsprechung der Landgerichte zu Fahrzeugen mit EA 189-Dieselmotoren sind vereinzelt geblieben. Die Kammer schließt sich der weitaus überwiegenden Mehrheit der Rechtsprechung (statt vieler: OLG München, Beschluss vom 23.03.2017 - 3 U 4316/16 -, juris) an.

a.

36

Zu den Eigenschaften, die der Pkw aufweisen muss, gehört gem. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr.2, S. 3 BGB die Einhaltung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 - FahrzeugemissionenVO - und der dazu erlassenen Durchführungsbestimmungen. Auf deren Grundlage ist die Typgenehmigung erteilt worden; sie gehören damit gem. § 19 Abs. 7 StVZO zu den Voraussetzungen der Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr. Der streitgegenständliche Pkw erfüllt die Voraussetzungen dieser Verordnung nicht.

37

Die Beklagten zu 1) bezieht sich in ihrer rechtlichen Argumentation auf die Legaldefinition der Abschalteinrichtung gem. Art. 3 Abs. 10 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007.

38

Sie behauptet unter Beweisantritt, dass die von der Herstellerin eingebaute Umschaltlogik nicht Bestandteil des Emissionskontrollsystems sei, weil sie nicht darauf, sondern auf das Abgasrückführungssystem einwirke. Die Abgasrückführung - eben nicht Ableitung der Abgase in die Umwelt sondern deren Zurückleitung in den Motor - kontrolliere keine vorhandenen Emissionen, sondern verhindere sie auf einer technisch vorgelagerten Stufe.

39

Es bestehe auch keine Einwirkung im normalen Fahrzeugbetrieb, sondern im Gegenteil werde der Abgasrückführungsmodus nur aktiv, wenn das Fahrzeug das Verfahren zur Ermittlung der Fahrzeugemissionen am Rollenprüfstand nach dem NEFZ durchlaufe.

40

Dieser Argumentation kann die Kammer nicht folgen. Deshalb bedarf es der Aufklärung der unter Beweis gestellten Tatsachen nicht. Die Beklagte zu 1) legt die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu eng aus. Kapitel II dieser Verordnung normiert Pflichten des Herstellers für die Typgenehmigung. Dazu gehören gem. Art. 5:

41

„(1) Der Hersteller rüstet das Fahrzeug so aus, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, so konstruiert, gefertigt und montiert sind, dass das Fahrzeug unter normalen Betriebsbedingungen dieser Verordnung und ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht.

42

(2) Die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, ist unzulässig.

43

Dies ist nicht der Fall, wenn: (...)“

44

Der Begriff der „normalen Betriebsbedingungen“ ist auslegungsbedürftig.

45

Unter den „normalen Betriebsbedingungen“ im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 sind nicht die Bedingungen zu verstehen, unter denen die Prüfung der Abgasemissionen im NEFZ auf dem Rollenprüfstand nach den näheren Bestimmungen der Durchführungsverordnung Verordnung (EG) Nr. 692/2008 vorgenommen wird. Denn dass die Fahrzeuge die vorgeschriebenen Grenzwerte im NEFZ einhalten müssen, ergibt sich bereits aus anderen Vorschriften.

46

Dabei kann es aber nicht bleiben. Dem Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vor schädlichen Fahrzeugemissionen wäre in keiner Weise gedient, wenn die aufwändigen technischen Maßnahmen zu deren Reduzierung nur unter Laborbedingungen wirken würden.

47

Sinn und Zweck des Art. 5 Abs. 1 ist es, dass die Schadstoffreduzierung auch und gerade dort wirkt, wo die Fahrzeuge bestimmungsgemäß eingesetzt werden, d. h. im öffentlichen Straßenverkehr in den Staaten der Europäischen Union.

48

Andererseits lässt Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 keine Rückschlüsse auf konkrete Werte zu, die bei dem Ausstoß der unterschiedlichen Schadstoffe im realen Betrieb der Kraftfahrzeuge im europäischen Straßennetz nicht überschritten werden dürfen. Die in diesem Sinne in Betracht kommenden „normalen Betriebsbedingungen“ sind so unterschiedlich, dass der Verordnungsgeber davon abgesehen hat, derartige Grenzwerte festzulegen. Es ist offenkundig, dass Kraftfahrzeuge bei dem bestimmungsgemäßen Gebrauch auf öffentlichen Straßen anderen Bedingungen ausgesetzt sind als auf dem Prüfstand, und zwar im Einzelfall sehr unterschiedlichen und häufig wechselnden.

49

Als bindende Verpflichtung des Herstellers gem. Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 kann demgegenüber festgestellt werden, dass die Bauteile, die das Emissionsverhalten voraussichtlich beeinflussen, im realen Betrieb auf den Straßen ebenso schadstoffreduzierend zu wirken haben wie auf dem Prüfstand.

50

Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, wonach die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig ist, konkretisiert die im vorausgehenden Absatz getroffenen Anforderungen und ist in ihrem Sinne auszulegen.

51

Abschalteinrichtung ist nach der Definition in § 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 ein Konstruktionsteil, das (...) Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems (...) zu verändern (,..), wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird.

52

Auch diese Definition ist entsprechend dem Sinn und Zweck der Verordnung im Allgemeinen und speziell des Art. 5 Abs. 1 auszulegen. Die Begriffe „normaler Fahrzeugbetrieb“ und „normale Betriebsbedingungen“ entsprechen sich und meinen dasselbe. Eine Bewertung des Konstruktionsteils als Abschalteinrichtung hängt nicht davon ab, in welcher Weise es auf das Emissionskontrollsystem einwirkt, sondern dass es das überhaupt tut.

53

Um ein Konstruktionsteil als Abschalteinrichtung anzusehen, ist es nicht erforderlich, ein bestimmtes Teil des Emissionskontrollsystems zu ermitteln, dessen Funktion verändert wird. Der Begriff des „beliebigen Teils“ erfasst auch das Emissionskontrollsystem insgesamt. Wie sich aus dem Wort „beliebig“ ergibt, will der Verordnungsgeber jegliche Veränderung der Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems erfassen, egal wie sie technisch umgesetzt wird.

54

Es genügt, dass eine solche Einwirkung in irgendeiner Art und Weise geschieht, dass mithin ein Zusammenhang zwischen der Funktion dieses Konstruktionsteils und der Höhe der Schadstoffemissionen vorgesehen ist und auch tatsächlich besteht. Das ist hier der Fall.

55

Auch wenn die Einwirkung auf einer technisch vorgelagerten Stufe geschieht, indem dem Emissionskontrollsystem im normalen Fahrbetrieb schadstoffreichere Abgase zugeführt werden als unter den Bedingungen des NEFZ, handelt es sich deshalb um eine Abschalteinrichtung. Denn auch damit wird die Funktion des Emissionskontrollsystems verändert, was dazu führt, dass dessen Wirksamkeit verringert wird. Die erhöhten Schadstoffemissionen werden von den Beklagten zu 1) nicht bestritten und sind in dem Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“ (Broschüre des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, April 2016) eingehend dokumentiert.

b.

56

Das streitgegenständliche Kraftfahrzeug ist aber auch deshalb mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB, weil seinem Halter nachteilige Maßnahmen der Verwaltungsbehörden drohen, wenn die von der VW AG entwickelte und von dem Kraftfahrtbundesamt genehmigte technische Nachrüstung (Software-Update) nicht vorgenommen wird.

57

Das Kraftfahrtbundesamt hat mit Bescheid vom 14.10.2015 einen Bescheid auf Grundlage von § 25 Abs. 2 der EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung erlassen, worauf basierend auch für bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge nachträgliche Nebenbestimmungen zur Typgenehmigung angeordnet werden können, um deren Vorschriftsmäßigkeit zu gewährleisten (Bericht der „Untersuchungskommission Volkswagen“ a.a.O. S. 12). Dieser Bescheid ist jedenfalls nach Lesart des Kraftfahrtbundesamts und des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur Anlass und Grundlage der von VW durchgeführten Rückrufaktion, in deren Zug die unzulässige Abschalteinrichtung entfernt und die Vorschriftsmäßigkeit der Kraftfahrzeuge hergestellt werden soll.

58

Das bedeutet im Umkehrschluss zwingend, dass die Behörden den gegenwärtigen Zustand der mit einem EA 189-Motor ausgerüsteten Kraftfahrzeuge nicht für konform mit der EG-Typgenehmigung halten. Die Kammer schließt sich dieser Wertung aus den oben ausgeführten Gründen an.

59

Folgerichtig verweigern die Zulassungsstellen auf Anweisung des BMVI Neufahrzeugen die Zulassung, die an diesem Tag nicht bereits erstmals zugelassen waren. Solche Fahrzeuge können nur dann zugelassen werden, wenn im Rahmen der Rückrufaktion von VW die unzulässige Abschalteinrichtung entfernt worden ist (Bericht der „Untersuchungskommission Volkswagen“ a.a.O. S. 13).

60

Die Volkswagen AG ist gegen den Bescheid vom 14.10.2015 nicht vorgegangen, weshalb er bestandskräftig geworden ist und damit sie als Inhaberin der EG-Typgenehmigung und auch die Verwaltungsbehörden bindet.

61

Das Kraftfahrtbundesamt lässt sich die erfolgten Maßnahmen für jedes Fahrzeug zurückmelden und beabsichtigt, ausstehende Fahrzeuge behördlich nachverfolgen zu lassen (Bericht der „Untersuchungskommission Volkswagen“ a.a.O. S. 13). Hier steht die Entziehung der Betriebserlaubnis im Raum (OLG München, Beschluss vom 23.03.2017 - 3 U 4316/16 -, juris).

62

Ein Kraftfahrzeug, das entsprechend dieser Ankündigung Gegenstand einer „behördlichen Nachverfolgung“ zu werden droht, weist eine Beschaffenheit auf, die bei Sachen der gleichen Art keineswegs üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache auch nicht zu erwarten braucht (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

2.

63

Der Kläger war auch zum Rücktritt berechtigt. a.

64

Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung bedurfte es nicht, weil die Beklagte zu 1) die Nachlieferung eines mangelfreien Pkw abgelehnt hatte und die Beseitigung des Mangels zum Zeitpunkt der Erklärung des Rücktritts im Sinne des § 440 S. 1 BGB unzumutbar war.

65

Unzumutbar ist die Nacherfüllung, wenn sich der Verkäufer aus Sicht des Käufers als unzuverlässig erwiesen hat und das Vertrauensverhältnis nachhaltig gestört ist (BGH NJW 2015, 1669). Das ist hier der Fall.

66

Das Schreiben der Beklagten zu 1) vom 28.06.2016 (Anlage K11, Bl. 46 Anlagenheft) dokumentiert, dass sie nicht in der Lage war, den Mangel zu beseitigen. Zunächst werden in diesem Schreiben vordergründig „technische Maßnahmen“ zur Behebung von „Unregelmäßigkeiten“ angekündigt. Die Beklagte zu 1) hat es dabei sorgfältig vermieden, diese Maßnahmen als Beseitigung eines Mangels zu bezeichnen. Sie hat darüber hinaus nur sehr allgemein zu den von Volkswagen entwickelten technischen Lösungen ausgeführt. Auf den streitgegenständlichen Kaufvertrag bezogen hat sie aber weder die Art der vorgesehenen Maßnahmen, noch einen Zeitplan für deren Umsetzung genannt. Der Kläger befand sich deshalb nach Erhalt dieses Schreibens weiterhin vollständig im Unklaren darüber, ob, wann und wie die Beklagte zu 1) eine Nacherfüllung vornehmen würde. Dem Kläger ist die Behebung des Mangels bis zu dem von ihm erklärten Rücktritt nicht konkret angeboten worden.

67

Nachdem die Beklagte zu 1) die Mangelbeseitigung vollständig in die Hände der Volkswagen AG als Herstellerin gelegt hat, muss sie alle Umstände gegen sich gelten lassen, die es aus Sicht des Klägers als unzumutbar erscheinen lassen, sich darauf einzulassen. Auf die rechtliche Beurteilung, ob die Volkswagen AG im Sinne des § 278 BGB Erfüllungsgehilfin der Beklagten zu 1) bei der Nacherfüllung ist, kommt es nicht an.

68

Zur fehlenden Zumutbarkeit der Mangelbeseitigung kann dahingestellt bleiben, ob das Vertrauen des Klägers in eine ordnungsgemäße Nacherfüllung nicht bereits dadurch nachhaltig gestört ist, dass die Beklagte zu 1) dafür auf die Zusammenarbeit mit der Volkswagen AG als Herstellerin angewiesen ist und diese wiederum eine Abgas-Manipulationssoftware eingebaut und dadurch die Öffentlichkeit und die Käufer systematisch über die Abgaswerte der von ihm hergestellten Fahrzeuge getäuscht hatte. Nach einem Teil der Rechtsprechung kann es dem Käufer schon deshalb nicht zugemutet werden, das betreffende Fahrzeug zu behalten und sich auf eine - wenn auch vom Verkäufer durchgeführte, so doch vom Hersteller gesteuerte - Nachbesserung einzulassen (LG Krefeld Urt. vom 14.09.2016, 2 O 72/16 und 2 O 83/16 - MDR 2016, 1201).

69

Hinzu treten nämlich weitere Umstände, die jedenfalls die Unzumutbarkeit der Mangelbeseitigung begründen. Maßgeblich für die Zumutbarkeit ist auch das Verhalten des Verkäufers im Umgang mit den Gewährleistungsrechten des Käufers, nachdem ein Mangel gerügt wurde. Das Verhalten speziell der Volkswagen AG bei dem Management des so genannten Abgasskandals hat ein etwa noch verbliebenes Vertrauen des Klägers in die Redlichkeit des Fahrzeugherstellers zerstört.

70

Die Volkswagen AG verhält sich im Verhältnis zu den Endkäufern ihrer mit Motoren der Baureiche EA 189 ausgerüsteten Produkte widersprüchlich und unredlich.

71

Sie hatte unmittelbar nach dem öffentlichen Bekanntwerden der gegen sie erhobenen Vorwürfe in einer Pressemitteilung am 22.09.2015 (Anlage K1 zur Klageschrift) angekündigt, von ihr so genannte „Unregelmäßigkeiten“ einer verwendeten Software bei Dieselmotoren aufzuklären. Es gebe auffällige Abweichungen zwischen den Prüfstandswerten und dem realen Fahrbetrieb. Volkswagen dulde keine Gesetzesverstöße. Oberstes Ziel des Vorstands bleibe es, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen und Schaden von ihren Kunden abzuwenden. Der Konzern werde die Öffentlichkeit über den weiteren Fortgang der Ermittlungen fortlaufend und transparent informieren.

72

Der Umgang mit dem Kläger wird dieser Ankündigung nicht einmal im Ansatz gerecht.

73

Den Verwaltungsbehörden wie etwa dem Kraftfahrtbundesamt gegenüber hat Volkswagen die Wertung der so genannten Umschaltlogik als Verstoß gegen die europäischen Normen zur Verringerungen von Abgasemissionen zumindest hingenommen und sich bei der Entwicklung der technischen Maßnahmen zur Beseitigung der unzulässigen Abschalteinrichtungen als kooperativ gezeigt. Der bestandskräftige Bescheid des Kraftfahrtbundesamts gem. § 25 Abs. 2 der EG-FahrzeuggenehmigungsVO bezieht sich folgerichtig auf die Beseitigung von Mängeln der bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeuge. Wegen dieser Mängel werden Fahrzeuge mit nicht nachgerüsteten EA 189-Motoren seither nicht mehr zugelassen, ohne dass sich ein Unternehmen des VW-Konzerns dagegen gewehrt hätte.

74

Es gehört dagegen zur Verteidigungsstrategie des VW-Konzerns, dass er die mit ihm durch Verträge verbundenen Kraftfahrzeughändler dazu anhält, sich im Umgang mit den Käufern um das Eingeständnis eines Sachmangels herumzuwinden. Kommt es dann zum Streit, wird das Vorhandensein eines Mangels explizit bestritten. Das geschieht nicht nur in diesem Rechtsstreit, sondern spätestens seit Mitte 2016 in allen Rechtsstreitigkeiten, die Gewährleistungsansprüche gegen Vertragshändler der zu dem VW-Konzern gehörenden Marken zum Gegenstand haben. Das ist jedenfalls in den bei dem Landgericht Trier anhängigen Verfahren der Fall und in allen veröffentlichten Entscheidungen anderer Gerichte, die die Kammer ausgewertet hat.

75

Es ist aber schlechthin unmöglich, dass der streitgegenständliche Dieselmotor einerseits nicht im Einklang mit der erteilten EG-Typgenehmigung steht (was Volkswagen im Verwaltungsverfahren akzeptiert hat), deshalb eine „technische Überarbeitung“ zur Optimierung des Emissionsverhaltens erforderlich sein soll, er aber andererseits im kaufrechtlichen Sinn keinen Sachmangel aufweisen soll (was Volkswagen seinen Vertragshändlern als Verteidigungsstrategie diktiert).

76

Das Oberlandesgericht München hat zu dieser merkwürdigen Verteidigungsstrategie angemerkt:

77

Um Abhilfe ist, auch dies ist allgemein bekannt und zwischen den Parteien unstreitig, VW ersichtlich bemüht und hat deshalb auch angekündigt, kostenlos die entsprechenden Maßnahmen an den mit der „Schummelsoftware“ ausgestatteten Fahrzeugen vorzunehmen. Die Darstellung der Beklagten, VW betreibe diesen mit beträchtlichen Kosten verbundenen Aufwand nur aus „Kulanz“, ist als perplexer Parteivortrag insoweit unbeachtlich, da dies, träfe es denn zu, den Vorwurf der Untreue im Sinne von § 266 StGB gegen das Management des VW-Konzerns begründen würde. (OLG München, Beschluss vom 23. März 2017 - 3 U 4316/16 -, Rn. 13, juris)

78

Ein Fahrzeugkäufer wie der Kläger steht diesen den Gesetzen der Logik widersprechenden Äußerungen aus dem Volkswagen-Konzern rat- und hilflos gegenüber.

79

Er sieht sich damit in seiner Erwartung getäuscht, die Volkswagen AG stehe zu ihren Fehlern und Versäumnissen und bemühe sich nach Kräften, mehr als nur den Imageschaden für das eigene Unternehmen wieder gut zu machen.

80

Für den Kläger muss sich der Eindruck aufdrängen, dass die Volkswagen AG ihn nicht ernst nimmt, über Wesentliches falsch, unvollständig oder gar nicht informiert, und überhaupt bei der Bewältigung der Folgen des so genannten Abgas-Skandals rücksichtslos darauf bedacht ist, den Schaden für die eigene Unternehmensgruppe möglichst gering zu halten. Transparenz und Offenheit gegenüber den Interessen geschädigter Kunden wurden in aufwändigen Inseraten angekündigt. Fordert ein Fahrzeugkäufer das aber ein, geht Volkswagen in der Sache in keinem substantiellen Punkt darauf ein.

81

Spätestens damit braucht sich der Kläger auf eine „technische Überarbeitung“ seines Pkw nicht mehr einzulassen, die nur auf den Planungen und Vorgaben der Volkswagen AG beruht und auf die die Beklagte zu 1) ersichtlich so gut wie keinen Einfluss ausübt, weil sie nicht über das Wissen und die technischen Möglichkeiten verfügt, um den Mangel selbst zu beheben.

b.

82

Dem Rücktritt steht § 323 Abs. 5 S. 2 BGB nicht entgegen. Die Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) ist nicht im Sinne dieser Vorschrift unerheblich.

83

Es geht in dieser Vorschrift nicht um die Erheblichkeit des Mangels an sich, sondern um die der Pflichtverletzung. Deshalb ist der Aufwand in Geld zur Behebung des Mangels nur ein Kriterium bei der Anwendung dieser Vorschrift. In der Rechtsprechung als erheblich anerkannt ist die Erheblichkeit von Pflichtverletzungen bei Kaufverträgen insbesondere auch dann, wenn Mängel arglistig verschwiegen worden sind (BGH NJW 2006, 1960) oder wenn gegen eine Beschaffenheitsvereinbarung verstoßen wurde (BGH NJW 2013, 1365).

84

Die Pflichtverletzung der Beklagten zu 1) als Verkäuferin ist allein deshalb erheblich, weil das streitgegenständliche Kraftfahrzeug nicht der erteilten EG-Typgenehmigung entspricht, sondern der ordnungsgemäße Zustand erst durch die von dem Kraftfahrtbundesamt nunmehr freigegebene technische Überarbeitung - Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung - hergestellt werden muss. Auf die vorstehenden Ausführungen (oben zu I.) wird Bezug genommen.

85

Die Pflichtverletzung ist aber auch deshalb erheblich, weil sich die Beklagte zu 1) länger als drei Jahre nach Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger und länger als ein Jahr nach dem allgemeinen Bekanntwerden des Mangels nicht in der Lage gesehen hat, diesen zu beseitigen.

3.

86

Als Folge des Rücktritts sind gem. § 346 Abs. 1 BGB die empfangenen Leistungen zurückzugewähren. Die Leistungen des Klägers bestehen in den Raten, die er an die Beklagte zu 2) geleistet hat. Die Beklagte zu 2) hatte wiederum den Darlehensbetrag an die Beklagte zu 1) ausgezahlt.

87

Der Kläger muss seinerseits den Pkw an die Beklagte zu 1) zurückgeben. Darüber hinaus hat er den Wert der von ihm gezogenen Nutzungen zu ersetzen, § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

88

Der Wertersatz beträgt 9,36 Eurocent für jeden Kilometer Laufleistung bei Rückgabe des Fahrzeugs. Die Kammer setzt den Kaufpreis von 28.086,00 € in Bezug auf eine gem. § 287 Abs. 1 ZPO geschätzte Lebensdauer des Fahrzeugs von 300.000 km. Bei einer Laufleistung von 67.304 gefahrenen Kilometern ergibt sich daraus ein Nutzungswert von 6.300,00 €.

4.

89

Die Beklagte zu 1) hat den sich daraus ergebenden Betrag gem. §§ 286, 288 BGB zu verzinsen. Die Pflicht zur Verzinsung der nach dem 07.10.2016 von der Beklagten zu 2) eingezogenen Darlehensraten würde zwar erst zu den Zeitpunkten eintreten, an denen sie eingezogen wurden. Der nach Abzug des Nutzungswertersatzes verbleibende Betrag liegt jedoch niedriger als die Raten, die der Kläger am 07.10.2016 schon gezahlt hatte.

5.

90

Die Beklagte zu 1) befindet sich mit der Rücknahme des Pkw in Annahmeverzug, da sie sich ausdrücklich geweigert hat, ihn entgegenzunehmen.

6.

91

Die Beklagte zu 1) hat dem Kläger auch den zu der Verfolgung seiner Rechte erforderlichen Aufwand zu ersetzen, ihn also von den Vergütungsansprüchen für die außergerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten freizustellen. Das folgt aus §§ 440, 280 Abs. 1 BGB. Die 2,0 - Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG ist in Anbetracht von Umfang und Bedeutung des Sache angemessen. Einen Anteil von 0,75 lassen sich die Prozessbevollmächtigten des Klägers gem. Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG auf die in diesem Rechtsstreit entstandene Verfahrensgebühr (Nr. 3100) anrechnen.

II.

92

Die Klage ist auch gegen die Beklagte zu 2) begründet. Das folgt nach dem von ihm erklärten Rücktritt aus §§ 359 Abs. 1 S. 1, 320 BGB. Es handelt sich bei den Verträgen um ein verbundenes Geschäft.

III.

93

Die Kostenentscheidung ergeht nach §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 ZPO. Die Aufteilung der Kosten auf die Beklagten beruht darauf, dass der Kläger von der Beklagten zu 1) die Rückzahlung der bereits gezahlten Beträge verlangen kann, von der Beklagten zu 2) dagegen die Feststellung der Befreiung von den künftigen Raten. Das sind etwas mehr als 14.000 €, wobei insbesondere die für den 15.08.2017 vorgesehene Schlussrate von 13.500,00 € ins Gewicht fällt.

94

Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

 

95

Beschluss

96

Der Streitwert wird auf 28.086,00 € festgesetzt.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 27.993,95 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2017 abzüglich weiterer Nutzungsentschädigung in Höhe von € 0,1331 pro ab dem Kilometerstand von 39.755 km durch den Kläger gefahrener Kilometer, Zug um Zug gegen Rückübereignung und Übergabe des Fahrzeugs Audi Q3 2.0 TDI quattro mit der Fahrgestellnummer... .

2. Die Beklagte befindet sich im Annahmeverzug mit dem in Ziff. 1 benannten Fahrzeug.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 1.474,89 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. August 2017 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf bis € 35.000,- festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger, dessen Fahrzeug vom sog. VW-Abgasskandal betroffen ist, nimmt die Beklagte als Herstellerin des Motors des Fahrzeugs auf Rückgabe des Fahrzeugs in Anspruch.

2

Der Kläger erwarb am 25. Oktober 2013 einen neuen Audi Q3 2.0 TDI von der Audi H. GmbH. Der Kaufpreis betrug € 33.287,30. Der Wagen ist von einem Tochterunternehmen der Beklagten hergestellt worden. Der Motor ist von der Beklagten geliefert und konstruiert worden. In der Werbung und in Angaben in Verkaufsdokumenten und auf Aufstellern im Verkaufsraum des Händlers stand, dass beim Fahrzeug die Voraussetzungen der Euro 5-Norm erfüllt sind. Das Fahrzeug ist vom sog. VW-Abgasskandal betroffen. Es verfügt über eine Software, die erkennt, dass sich der Wagen auf dem Teststand befindet, um sodann die Motorleistung zu drosseln mit der Folge entsprechend niedriger Abgaswerte, welche die Vorgaben der VO (EU) Nr. 715/2007 einhalten; nur so werden die zulässigen Grenzwerte erreicht (im folgenden Software). Im Betrieb auf der Straße kommt die Software nicht zur Anwendung und andere Emissionswerte werden erreicht.

3

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 19. Juli 2017 ließ der Kläger die Beklagte auffordern bis zum 2. August 2017 den Kaufpreis des Fahrzeugs abzüglich der gezogenen Nutzungen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs zu erstatten sowie Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Außerdem wurde die Beklagte aufgefordert, bis dahin das Fahrzeug beim Kläger abzuholen (Anlage K4). Am 15. September 2017 hat der Kläger Klage erhoben. Am 13. April 2018 hatte das Fahrzeug eine Laufleistung von 39.755 km. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers reicht die vorliegend eingereichte Klageschrift formularmäßig in Dutzenden Verfahren ohne jede Änderung oder Individualisierung ein.

4

Der Kläger behauptet, die Software sei auf Anweisung des damaligen Entwicklungsvorstandes U. H. eingebaut worden. Die Organe der Beklagten hätten von der Software Kenntnis gehabt. Für ihn sei die Werbung der Beklagten und ihrer Tochterunternehmen mit der besonderen Umweltfreudigkeit des Fahrzeugtyps ein besonders schlagendes Kaufargument gewesen. Sein Fahrzeug habe durch die Software einen erheblichen Wertverlust erlitten. Die zu erwartende Laufleistung seines Fahrzeugs betrage 300.000 km. Er habe Ansprüche aus § 826 BGB, § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB bzw. § 27 EG-FGV und § 831 BGB. Die Beklagte habe getäuscht im Sinne des § 263 StGB, da sie darüber hätte aufklären müssen, dass die Stickoxidwerke mithilfe einer Abschaltvorrichtung erzielt worden seien. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung.

5

Der Kläger beantragt,

6

1. die Beklagte zu verurteilen, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi Q3 2.0 TDI quattro mit der Fahrgestellnummer... im Wege des Schadensersatzes an ihn € 33.287,- unter Anrechnung einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

7

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 3. August 2017 im Annahmeverzug befindet;

8

3. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 1.698,13 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. August 2017 zu zahlen.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie macht geltend, der Kläger hätte das Fahrzeug auch erworben, wenn er im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von der Software und deren Funktionsweise Kenntnis gehabt hätte. Die zu erwartende Laufleistung des Fahrzeugs betrage 200.000 km. Sie treffe keine sekundäre Darlegungslast.

12

Die Beklagte erklärt sich mit Nichtwissen dazu, dass für den Kläger ihre Werbung und die ihrer Tochterunternehmen mit der besonderen Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugtyps ein besonders schlagendes Kaufargument gewesen sei.

13

Das Gericht hat den Kläger persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 13. April 2018 Bezug genommen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, deren Inhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, sowie auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet.

I.

15

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Betrages, den er als Kaufpreis an den Verkäufer geleistet hat, aus § 826 BGB (dazu 1.), abzüglich einer Nutzungsentschädigung (dazu 2.), Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

16

1. Nach § 826 BGB ist, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Durch das Inverkehrbringen der mit der oben beschriebenen Software ausgestatteten Dieselmotoren hat sich die Beklagte einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung ihrer Kunden und damit auch des Klägers schuldig gemacht. Sie hat dem Kläger daher Schadensersatz zu leisten.

17

a) Das Versehen der Dieselmotoren mit der Software und das Inverkehrbringen der Motoren unter Täuschung der zuständigen Zulassungs- und Prüfungsbehörden ist eine sittenwidrige Handlung. Objektiv sittenwidrig ist eine Handlung, die nach Inhalt oder Gesamtcharakter, der durch zusammenfassende Würdigung von Inhalt, Beweggründen und Zweck zu ermitteln ist, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d. h. mit den grundlegenden Wertungen der Rechts- und Sittenordnung nicht vereinbar ist (Palandt/Sprau, 76. Auflage 2017, § 826 Rn. 4). Nach diesen Maßstäben ist die Software objektiv sittenwidrig. Wie ausgeführt hat die Beklagte bei den betroffenen Dieselmotoren die Motorsteuerungssoftware so programmiert, dass sie den Betrieb des Fahrzeugs auf einem Prüfstand im Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) erkannte und die Abgasbehandlung in den sogenannten Modus 1 versetzte. Im realen Fahrbetrieb auf der Straße lief das Fahrzeug hingegen im Modus 0 mit der Folge eines erheblich höheren Stickoxidausstoßes. Nur durch diese für das Kraftfahrtbundesamt und andere Prüfbehörden nicht erkennbare und nicht offenbarte Programmierung erlangte die Beklagte die EU-Typengenehmigung. Dieses manipulative Verhalten verstößt gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Denn es hat gravierende Auswirkungen. Millionen betroffener Dieselfahrzeuge produzieren weit überhöhte Schadstoffemissionen und beeinträchtigen damit insbesondere die Luftqualität in den Innenstädten mit der Folge von Gesundheitsgefährdungen für die Bevölkerung. All dies war in Kauf genommene Folge der Manipulationen.

18

b) Durch die Handlung der Beklagten hat der Kläger einen Vermögensschaden erlitten. Dieser besteht darin, dass er in Unkenntnis der nicht gesetzeskonformen Motorsteuerungssoftware den streitgegenständlichen PKW erworben und damit einen ihm wirtschaftlich nachteiligen Vertrag abgeschlossen hat. Denn er hat ein Fahrzeug erworben, welches zwar formell die Voraussetzung der EURO 5-Norm erfüllte, tatsächlich aber fehlten die verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen zur Erfüllung dieser Norm. Der Kläger hat also ein Fahrzeug erworben, bei dem stets die Gefahr der behördlichen Entziehung der Zulassung bestand. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger den Wagen nicht erworben hätte, wenn er von der streitgegenständlichen Software gewusst hatte. Denn der Kläger hat persönlich angehört glaubhaft und nachvollziehbar dargelegt, dass die EURO 5-Norm für ihn kaufentscheidend gewesen sei, da er mit dem Auto seine in K. wohnenden Kinder besuche. Bei Nichteinhaltung der EURO 5-Norm bestehe die Gefahr, dass er das Fahrzeug am Stadtstrand abstellen müsse, weil er nicht in die Stadt hinein fahren dürfe. Daraus schließt das Gericht, dass es für den Kläger wesentlich war, dass das Fahrzeug nicht nur formell die EURO 5-Norm einhält, sondern zusätzlich auch nicht die Gefahr bestehen darf, dass die Voraussetzung für die Erteilung der EURO 5-Norm wegfallen.

19

Dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt bei Aufspielen des vorbezeichneten Software-Updates das Fahrzeug nunmehr auch materiell-verwaltungsrechtlich die Voraussetzungen der Euro 5-Norm erfüllt, mithin heutzutage ein Entzug der Zulassung leicht abgewendet werden kann, führt nicht dazu, dass dem Kläger bei Kauf des Fahrzeuges kein Schaden entstanden ist. Denn damals stand mangels Aufdeckung des sog. VW-Abgasskandals das Software-Update noch gar nicht im Raum. Wie die Zulassungsbehörden mit der streitgegenständlichen Software umgehen würden, war damals nicht absehbar.

20

c) Die beschriebenen Handlungen erfolgten vorsätzlich und sind der Beklagten nach § 31 BGB zuzurechnen. Den verantwortlich handelnden Personen im Konzern der Beklagten waren die Sittenwidrigkeit und Rechtswidrigkeit ihrer Handlungen bewusst. Hiervon ist jedenfalls prozessual auszugehen. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers erfolgt nicht ins Blaue hinein. Die Entwicklung bzw. Beauftragung und flächendeckende Verwendung einer solchen Manipulationssoftware, von der viele Millionen Fahrzeuge betroffen sind und die zu einer gezielten Täuschung der Prüfungsbehörden in verschiedenen Ländern der Welt führten, kann nicht ohne das Wissen und die Billigung der Konzernführung erfolgt sein. Die nachteiligen Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit müssen ebenso wie die mit einer Aufdeckung verbundenen Unannehmlichkeiten der Käufer und deren wirtschaftliche Schädigung mindestens billigend in Kauf genommen worden sein. Es kann damit dahinstehen, welche Person im Vorstand der Beklagten wann Kenntnis von den Handlungen hatte. Nach der Lebenserfahrung erscheint es ausgeschlossen, dass eine Manipulation von diesem Ausmaß ohne Kenntnis der verantwortlichen „verfassungsmäßig berufenen Vertreter“ der Beklagten erfolgt ist. Da es sich dabei um Umstände handelt, die die interne Organisation der Beklagten betreffen, konnte die Beklagte den Vortrag des Klägers nicht wirksam einfach bestreiten. Es oblag ihr vielmehr, substantiiert darzulegen, wie es zu einem Einbau der Software ohne Kenntnis des Vorstands gekommen ist. Dies ergibt sich aus der sie treffenden sekundären Darlegungslast (so auch Landgericht Hamburg, Urteil vom 27. Oktober 2017 - 308 O 356/16). Eine solche Darlegung ist der Beklagten auch zuzumuten, denn sie kann hierzu darlegen, wer die Software eigenmächtig ohne Inkenntnissetzung des Vorstandes entwickelt und anschließend in die Steuerung der Dieselmotoren eingespielt hat. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nicht nachgekommen.

21

Auf den Gesichtspunkt der sekundären Darlegungslast hat die Kammer mit Hinweisbeschluss vom 9. Februar 2018 aufmerksam gemacht. Zum Beschluss existiert ein sog. „Ab-Vermerk“ (Bl. 228 d. A.). Daraufhin hat die Beklagte im Schriftsatz vom 5. April 2018 umfangreiche Ausführungen zur sekundären Darlegungslast gemacht. Wenn nun der Unterbevollmächtigte der Beklagten im Termin vom 13. April 2018 geltend gemacht hat, der Beklagten liege der Hinweisbeschluss nicht vor, so war das Gericht nicht veranlasst, der Beklagten eine Schriftsatzfrist von Amts wegen - beantragt wurde eine solche auch nach Kenntnisnahme vom Inhalt des Beschlusses im Termin nicht - einzuräumen, unabhängig davon ob der Hinweisbeschluss der Beklagten zugegangen ist oder nicht. Denn die Beklagte hat den Gesichtspunkt, ob sie eine sekundäre Darlegungslast trifft, gesehen, wie ihr Schriftsatz vom 5. April 2018 zeigt.

22

2. Der Kläger kann den Kaufpreis jedoch nur abzüglich der erlangten Gebrauchsvorteile für die Nutzung des Fahrzeugs erlangen. Dies folgt aus dem schadensrechtlichen Grundsatz des Vorteilsausgleichs. Rechtsfolge des Schadensersatzanspruches ist, dass der Kläger so zu stellen ist, wie er ohne die Täuschung über die nicht gesetzeskonforme Motorsteuerungssoftware gestanden hätte, vgl. § 249 Abs. 1 BGB. Die Beklagte muss danach die wirtschaftlichen Folgen des Kaufs dadurch ungeschehen machen, dass sie den Kaufpreis Zug um Zug gegen Herausgabe des PKW erstattet. Auf den zurückzuerstattenden Kaufpreis in Höhe von € 33.287,30 hat sich der Kläger jedoch eine Nutzungsentschädigung anrechnen zu lassen. Das Fahrzeug wies zum Schluss der mündlichen Verhandlung am 13. April 2018 eine Laufleistung von 39.755 km auf. Die Gesamtlaufleistung schätzt das Gericht auf 250.000 km (ebenso LG Düsseldorf, Urteil vom 9. Februar 2018 - 7 O 212/16). Für den Gebrauchsvorteil (Bruttokaufpreis x gefahrene km / Gesamtlaufleistung) muss er daher einen Nutzungsersatz von € 5.293,35 leisten.

23

Dem kann der Kläger nicht erfolgreich entgegenhalten, dass sein Fahrzeug während seiner Besitzzeit mangelhaft war. Denn mit der Software ging keine Beeinträchtigung der Nutzung einher (so auch LG Kleve VuR 2017, 232, 235). Konkrete Einschränkungen der Nutzbarkeit des eigenen Fahrzeugs hat der Kläger zumindest nicht vorgetragen. Dass die streitgegenständliche Software die Nutzbarkeit der Fahrzeuge, in die sie eingebaut war, nicht beeinträchtigte, zeigt sich auch schon daran, dass sie lange Zeit unentdeckt bliebt.

II.

24

Der Annahmeverzugs der Beklagten bezüglich des streitgegenständlichen PKWs war festzustellen. Der Kläger ließ mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 19. Juli 2017 die Beklagte auffordern, das Fahrzeug bei ihm abzuholen. Dieses wörtliche Angebot genügte gem. § 295 S. 1 Alt. 2, S. 2 ZPO. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, das Fahrzeug abzuholen. Denn Erfüllungsort deliktischer Schadensersatzansprüche ist dort, wo der Wiederherstellungspflicht genügt werden kann, z. B. wo sich die beschädigte Sache befindet (Krüger, in: Münchener Kommentar zum BGB, 7. Auflage 2016, § 269, Rn. 43). Dies war hier der Wohnort des Klägers.

III.

25

Die geltend gemachten Rechtsanwaltskosten sind Teil des nach § 826 BGB ersatzfähigen Schadens, jedoch nur in Höhe einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr, d. h. € 1.474,89. Eine eventuelle Komplexität der Angelegenheit kann durch Synergieeffekte aus der Bearbeitung zahlreicher gleich gelagerter Verfahren ausgeglichen werden (BGH, Urteil vom 28. Mai 2013 - XI ZR 421/10, juris-Tz. 50). Dem Beklagtenvortrag, dass die Klageschrift formularmäßig in Dutzenden Verfahren ohne wesentliche Änderungen eingereicht wird, ist der Kläger nicht entgegengetreten. Die Verzinsungspflicht folgt aus § 288 Abs. 1 BGB.

IV.

26

Auch die zurückzuzahlende Kaufpreissumme war nach § 291 BGB zu verzinsen. Dem steht weder der Anspruch der Beklagten auf Nutzungsentschädigung entgegen noch, dass der Anspruch nur Zug-um-Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs zu erfüllen ist. Aus Vorteilsausgleichung folgende Nutzungsentschädigungsansprüche schließen einen Zinsanspruch nach § 291 BGB nie aus (BGH NJW-RR 2013, 825, 826). Bei § 286 BGB ist anerkannt, dass Schuldnerverzug trotz Bestehen einer Einrede eintritt, wenn der Gläubiger mit der Mahnung die ihm obliegende Gegenleistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise anbietet (Palandt/Grüneberg, 76. Aufl. 2017, § 286, Rn. 14). Nichts anderes kann für § 291 BGB gelten. Vorliegend befand sich die Beklagte im Gläubigerverzug.

V.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, 2 ZPO.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei 18.412,37 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 1.100,51 € seit dem 12.01.2018 und auf weitere 17.311,86 € seit dem 20.01.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs […] mit der Fahrgestellnummer […].

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 60% der Beklagten, zu 40% der klagenden Partei auferlegt.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 28.486,76 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagende Partei erwarb 2010 einen neuen […] 1,6l TDI (Fahrgestellnummer […]) gegen Zahlung von 28.486,76 € brutto, darunter 715 € Überführungskosten, von der […] in Flensburg, einem Vertragshändler der Beklagten. Das Fahrzeug sollte mit der „BlueMotion“-Technologie ausgestattet sein. Das am 20.12.2010 übergebene, von der Beklagten hergestellte Fahrzeug war mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet. In dem Fahrzeug war eine Motorensteuerungsgerätesoftware installiert, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, und dann einen besonderen Modus aktiviert (sog. Umschaltlogik). In diesem Modus wird die Rückführung von Abgasen im Vergleich zu dem normalen Betriebsmodus verändert, wodurch der nach der Euro-5-Norm vorgegebene NOx-Grenzwert während des Durchfahrens des NEFZ eingehalten wird. Im normalen Fahrbetrieb - auch unter vergleichbaren Bedingungen wie im NEFZ - wird dieser Modus deaktiviert, wodurch es zu einem höheren Schadstoffausstoß kommt. Durch Verwendung der Motorensteuerungsgerätesoftware erlangte die Beklagte die EG-Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug.

2

Dieser Dieselmotor wurde serienmäßig in diversen Fahrzeugmodellen der Beklagten sowie derer Konzernunternehmen verbaut. Die Entscheidung zum Einsatz der „Umschaltlogik“, die ab 2008 serienmäßig verwendet wurde, trafen Entwicklungsingenieure der Beklagten. Bei Tests in den Jahren 2005 und 2006, deren Übertragbarkeit auf den letztlich in Serie produzierten Motor streitig ist, hatte der Rollenprüfstandmodus im Dauerbetrieb schon ab 50.000 km Laufleistung zu Schäden an Partikelfiltern und Motoren geführt.

3

Das Kraftfahrt-Bundesamt verpflichtete die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.2015, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 die aus Sicht des Bundesamtes unzulässige Abschaltvorrichtung zu entfernen und nachzuweisen, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Die Beklagte entwickelte ein Update für die Motorensteuerungsgerätesoftware, nach dessen Einspielen das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus verfügt. Das Kraftfahrt-Bundesamt sieht das Aufspielen des Updates als verpflichtend an. Wer davon absieht, muss damit rechnen, dass der Zustand des Fahrzeugs von den Prüforganisationen im Rahmen der Hauptuntersuchung als erheblicher Mangel eingestuft wird. Unter Umständen ist auch mit einem Entzug der Zulassung zu rechnen. Auch nach Einspielen des Updates verbleibt eine weitere Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters, welches die Beklagte mit dem Schutz von Bauteilen begründet.

4

Der Kläger und dessen Ehefrau nutzten das Fahrzeug nach dem Kauf. Zulassungsnehmerin und als Halterin eingetragen ist die Ehefrau des Klägers, die im öffentlichen Dienst tätig ist und deshalb einen günstigeren Versicherungstarif in Anspruch nehmen kann. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung betrug der Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs 98.071 km. Die erteilte EG-Typengenehmigung für das Fahrzeug wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt bisher nicht widerrufen.

5

Die klagende Partei forderte die Beklagte über ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich mit Schreiben vom 06.09.2017 unter Fristsetzung bis zum 25.09.2017 auf, an sie 28.486,76 € Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs sowie Anwaltskosten von 2.077,74 € zu zahlen. Auf die Anlage K 4 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

6

Die klagende Partei behauptet:

7

Die Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs sei für sie auch ein Kaufargument gewesen. Das von der Beklagten angebotene Softwareupdate führe zu verschiedenen technischen Nachteilen, darunter über üblichen Verschleiß hinaus gehende Versottungsschäden, Partikelfilterschäden und Motorschäden.

8

Die Beklagte habe sie vorsätzlich und in sittenwidriger Art und Weise geschädigt. Der Einbau der Software sei mit Wissen und Wollen des Vorstandes der Beklagten erfolgt, außerdem auf Anweisung des Entwicklungsleiters […]. Dies ergebe sich aus den öffentlich zugänglichen Äußerungen der Organe und Mitarbeiter der Beklagten in Presse, Funk und Fernsehen sowie der Organisationsstruktur der Beklagten und dem Verhalten der Beklagten in den Verfahren in den USA. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vortrag der Klagepartei in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 02.01.2018 verwiesen. Im Übrigen ist die klagende Partei der Auffassung, dass die Beklagte hinsichtlich der internen Entscheidungsvorgänge eine sekundäre Darlegungslast treffe, da die Klagepartei selbst insoweit keinen Einblick habe.

9

Sie habe einen Schaden erlitten, weil sie bei Kenntnis vom Einsatz der Software den Kaufvertrag nicht geschlossen hätte. Das Fahrzeug habe hierdurch einen erheblichen Wertverlust erlitten.

10

Zudem hafte die Beklagte auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und i.V.m. § 27 EG-FGV. Die Organe der Beklagten hätten den Tatbestand des Betruges der Klagepartei gegenüber jedenfalls in mittelbarer Täterschaft verwirklicht, weil sie die klagende Partei über die Gesetzeskonformität des Fahrzeugs getäuscht hätten. Schon das Inverkehrbringen des Fahrzeugs ohne Hinweis auf den Umstand, dass die Stickoxidwerte, die Grundlage der allgemeinen Betriebserlaubnis gewesen seien, mithilfe einer Abschaltvorrichtung erzielt worden seien, habe vorgespiegelt, dass der Pkw in einem gesetzeskonformen Zustand die Betriebserlaubnis erhalten habe. Die Täuschung sei zudem durch die Angabe der Schadstoffwerte in der Prospektwerbung erfolgt.

11

Die klagende Partei ist weiter der Auffassung, dass es sich bei § 27 Abs. 1 EG-FGV um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handele. Danach dürfen neue Fahrzeuge, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang 9 der Richtlinie 2007/46/EG vorgeschrieben ist, zur Verwendung im Straßenverkehr nur angeboten werden, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen seien. Diese Regelung solle auch den einzelnen Verbraucher dahingehend schützen, dass nur technisch einwandfreie und mit den gesetzlichen Bestimmungen in Übereinstimmung zu bringende Fahrzeuge an den Käufer ausgeliefert werden.

12

Die klagende Partei behauptet, die vorgerichtlichen Anwaltskosten gezahlt zu haben.

13

Die Klägerpartei hat mit ihrer Klage in der Hauptsache zunächst Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung gefordert, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs an die Beklagte.

14

Die klagende Partei beantragt zuletzt,

15

1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs […] mit der Fahrgestellnummer […] im Wege des Schadenersatzes an die Klagepartei 28.486,76 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2017 zu zahlen,

16

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 26.09.2017 im Annahmeverzug befindet,

17

3. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtlich Anwaltskosten in Höhe von 2.077,74 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2017 zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers im Hinblick auf die Rolle dessen Ehefrau und behauptet, der Kläger habe das Software-Update am 19.01.2017 bereits einspielen lassen.

21

Die Beklagte ist der Ansicht, das klägerische Fahrzeug sei nicht mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung versehen worden, da die streitgegenständliche Software nicht auf das Emissionskontrollsystem einwirke, sondern nur dazu führe, dass Abgase beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus in den Motor zurückgeführt würden, bevor sie überhaupt das Emissionskontrollsystem erreichen, ohne im realen Fahrbetrieb auf das Emissionskontrollsystem einzuwirken. Entscheidend sei, dass das Fahrzeug technisch sicher, in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt und die für das Fahrzeug erteilte EG-Typengenehmigung nicht aufgehoben worden sei.

22

Die Beklagte ist der Auffassung, durch die Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes für das Software-Update stehe fest, dass es nach Durchführung der Software-Updates zu keinerlei negativen Auswirkungen auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Emissionswerte, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschemissionen komme.

23

Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe nicht sittenwidrig gehandelt.

24

Zudem habe die darlegungs- und beweisbelastete Klagepartei nicht substantiiert vorgetragen, wer zu welchem Zeitpunkt von dem Einbau der Software überhaupt Kenntnis gehabt habe, dass Personen, deren Kenntnisse der Beklagten zuzurechnen wären, mit Vorsatz hinsichtlich eines angeblichen Schadens der klagenden Partei gehandelt hätten. Die Behauptungen der klagenden Partei erfolgten ins Blaue hinein. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. Die Entscheidung hinsichtlich der streitgegenständlichen Software sei von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Die Beklagte treffe auch keine sekundäre Darlegungslast.

25

Der klagenden Partei sei durch den Vertragsschluss über das streitgegenständliche Fahrzeug auch kein Schaden entstanden. Dieser ergebe sich weder aus Nutzungsnachteilen noch aus einer Verringerung des Marktwertes.

26

Die klagende Partei könne aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 EG-FGV keinen Anspruch herleiten, da es sich schon nicht um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handele.

27

Die Klageschrift ist der Beklagten am 08.11.2017 zugestellt worden, die Klageerwiderung ist am 09.01.2018 zwecks Übersendung an die Klägerpartei zur Post gegeben worden. Mit Schriftsatz vom 19.03.2018 bestreitet die Beklagte Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu sein.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist zulässig und größtenteils begründet.

29

I. Die klagende Partei hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 17.311,86 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des im Tenor bezeichneten Fahrzeugs aus § 826 BGB.

30

Gemäß § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenen Weise einem anderen vorsätzlich einen Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die klagende Partei ist im Sinne des § 826 BGB vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden, was der Beklagten zuzurechnen ist.

31

Soweit die Beklagte die Aktivlegitimation des Klägers bestreitet, weil dessen Ehefrau als Halterin des Fahrzeugs eingetragen und Zulassungsnehmerin ist, geht dies fehlt. An dem Eigentum des Klägers ändert nichts, dass seine Ehefrau aus Versicherungsgründen als Halterin eingetragen und das Fahrzeug auf diese zugelassen wurde. Dass der Kläger mit Abholung des Fahrzeugs Eigentümer geworden ist, ist unstreitig und ergibt sich im Übrigen daraus, dass die Verkäuferin das Fahrzeug entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 433 BGB an den Kläger als alleinigen Käufer übergeben und übereignen wollte. Dass der Kläger sein Eigentum später verloren habe, hat die Beklagte weder dargelegt noch nachgewiesen. Aus dem Umstand der gemeinsamen Benutzung in der Ehe ergibt sich keine Übereignung.

32

1. Die klagende Partei ist von Mitarbeitern der Beklagten geschädigt worden.

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a) Die schädigende Handlung liegt in dem arglistigen Inverkehrbringenlassen des mangelhaften Fahrzeugs unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Funktion zur Manipulation der Emissionswerte auf dem Prüfstand durch Mitarbeiter der Beklagten in der Entwicklungsabteilung. Diese haben bewusst und absichtsvoll die „Umschaltlogik“ im Rahmen der Serienproduktion einbauen lassen.

34

Soweit die Beklagte nach der mündlichen Verhandlung auf Seite 9 des Schriftsatzes vom 19.03.2018 überraschenderweise bestreitet, das streitgegenständliche Fahrzeug hergestellt zu haben, kann dahin stehen, ob es sich um einen offensichtlichen Irrtum durch Übernahme von Textbausteinen aus anderen Verfahren handelt. Das Bestreiten nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist schon prozessual nach § 296a ZPO unbeachtlich. Der Beklagten ist in der Verhandlung zwar nachgelassen worden, auf eventuelles neues Vorbringen der Klägerseite mit Schriftsatz vom 02.01.2018 sowie auf die richterlichen Hinweise im Termin bis zum 19.03.2018 Stellung zu nehmen. Dass die Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug hergestellt hat, war aber weder neues Vorbringen der Klägerseite mit Schriftsatz vom 02.01.2018 noch Gegenstand der richterlichen Hinweise.

35

Dass das streitgegenständliche Fahrzeug mangelhaft ist, ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte die EG-Typengenehmigung nach der Schadstoffklasse EU5 durch Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand erschlichen hat. Fahrzeugkäufern musste zwar bekannt sein, dass die Schadstoffgrenzwerte der Abgasnorm nur auf dem Prüfstand einzuhalten waren. Fahrzeugkäufer mussten aber nicht damit rechnen, dass der Schadstoffausstoß auf dem Prüfstand mithilfe einer Software gezielt manipuliert wird. Vielmehr kann ein Käufer erwarten, dass die Emissionswerte seines Fahrzeugs jedenfalls dann ähnlich hoch ausfallen wie im Prüfstand, wenn im realen Fahrbetrieb vergleichbare Bedingungen gegeben sind (§ 434 Abs. 1 BGB).

36

Der Mangel ergibt sich auch daraus, dass die zuständigen Behörden die Software als unzulässige Abschalteinrichtung einstufen und deren Beseitigung fordern. Ob diese Rechtsauffassung des Kraftfahrbundesamts tatsächlich zutrifft, ist unerheblich, weil Fahrzeugkäufer erwarten können, dass ihr Fahrzeug nach Einschätzung der zuständigen Behörde mit den einschlägigen Vorschriften in Einklang steht - zumal die Beklagte die Rechtsauffassung des Kraftfahrbundesamts und die darauf beruhenden Maßnahmen ohne Nutzung des Rechtswegs hingenommen hat.

37

Der Mangel ergibt sich schließlich daraus, dass der Zustand des Fahrzeugs der klagenden Partei, wie ausgeliefert, aufgrund der eingebauten Software von den Prüforganisationen im Rahmen der Hauptuntersuchung als erheblicher Mangel eingestuft werden kann und auch ein Entzug der Zulassung drohen kann. Damit war die Nutzbarkeit des Fahrzeugs in dem ausgelieferten Zustand nicht gewährleistet.

38

b) Die klagende Partei hat dadurch auch einen Schaden erlitten.

39

Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB ist nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (BGH, NJW 2004, 2971-2974 Rn. 41; BGH NJW-RR 2015, 275 Rn. 19). Der gemäß § 826 BGB ersatzfähige Schaden wird weit verstanden und beschränkt sich gerade nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter. Erfasst wird ganz allgemein jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage. Das Vermögen wird nicht nur als ökonomischer Wert geschützt, sondern zugleich auch die auf das Vermögen bezogene Dispositionsfreiheit des jeweiligen Rechtssubjektes (Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 42). Folglich stellt bereits die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar, ohne dass es darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt; denn im Fall der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung wieder befreien können (BGH NJW-RR 2015, 275).

40

Davon ausgehend liegt der Schaden der klagenden Partei in dem Abschluss eines ungewollten Kaufvertrags über ein mangelhaftes Fahrzeug. Das Inverkehrbringenlassen von mangelhaften Fahrzeugen dieser Bauart unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Funktion zur Manipulation der Emissionswerte auf dem Prüfstand durch die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten in der Entwicklungsabteilung war ursächlich für den Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die klagende Partei. Wären mangelhafte Fahrzeuge dieser Art nicht in Verkehr gebracht worden, hätte die klagende Partei ein solches Fahrzeug nicht erwerben können. Die Klagepartei hätte den Kaufvertrag in Kenntnis des Mangels auch nicht geschlossen. Davon ist das Gericht überzeugt. Dass die klagende Partei mit der Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand nicht einverstanden gewesen wäre, ist hier besonders glaubhaft, weil sie eigens ein Fahrzeug mit „BlueMotion-Technologie“, also mit geringerem Verbrauch und Schadstoffausstoß, ausgewählt hat. Hätte die Beklagte die Funktionsweise der Software bei Markteinführung des Motors EA 189 im Jahr 2008 offen gelegt, wäre ohnehin das von der klagenden Partei 2010 gekaufte Fahrzeug in dieser Form wegen zeitnahen Einschreitens der zuständigen Behörden nicht mehr verkauft worden, wie die Entwicklung nach dem tatsächlichen Bekanntwerden der Manipulation im Jahr 2015 zeigt. Jedenfalls wären der klagenden Partei die mit dem Erwerb eines betroffenen Fahrzeugs verbundenen Risiken für Hauptuntersuchung und Zulassung infolge öffentlicher Diskussion so deutlich vor Augen gestanden, dass sie von dem Kauf des mangelhaften Fahrzeugs abgesehen hätte. Kein vernünftiger Käufer würde sich auf die Unsicherheit des möglichen Widerrufs der Zulassung einlassen und ein solches Fahrzeug erwerben. Der Käufer eines Neuwagens will vernünftigerweise auch nicht die Unsicherheiten und Unannehmlichkeiten einer erforderlichen technischen Überarbeitung in Kauf nehmen, sondern erwartet ein im ausgelieferten Zustand dauerhaft nutzbares Fahrzeug.

41

Der Schaden der klagenden Partei in Form des ungewollten Vertrags ist entgegen der Auffassung der Beklagten unabhängig davon eingetreten, ob das streitgegenständliche Fahrzeug durch die verwendete Software einen Wertverlust erlitten hat oder ob das streitgegenständliche Fahrzeug, verglichen mit vergleichbaren Modellen anderer Hersteller, im realen Fahrbetrieb vergleichsweise emissionsarm und kraftstoffsparend ist.

42

An dem Schaden in Form des ungewollten Vertragsschlusses ändert es auch nichts, sollte die klagende Partei der Beklagten zwischenzeitlich die technische Überarbeitung (“Software-Update“) des Fahrzeugs gestattet haben, zumal der klagenden Partei wegen andernfalls drohender Nachteile insoweit keine Wahl bleibt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich der arglistig getäuschte Käufer einer mangelhaften Sache nicht auf eine Beseitigung des Mangels verweisen lassen muss. Gerade der Käufer eines Neuwagens will nach der Lebenserfahrung kein mangelhaftes Fahrzeug erwerben, auch wenn der Mangel noch beseitigt werden soll.

43

2. Die Schadenszufügung ist sittenwidrig erfolgt.

44

Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob die Handlung nach ihrem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGH, WM 2014, 71 Rn. 23 m.w.N.). Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft (BGH, NJW 2014,1380 Rn. 8 m.w.N.).

45

Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt sich das Verhalten der verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten als sittenwidrig dar:

46

Es gilt der Grundsatz, dass eine bewusste Täuschung zur Herbeiführung eines Vertragsschlusses - insbesondere unwahre Angaben über vertragswesentliche Umstände - regelmäßig die Sittenwidrigkeit begründet (Palandt, BGB, 77. Aufl., § 826 Rn. 20). Insbesondere hat die Rechtsprechung dies für das arglistige Verschweigen eines Mangels durch Verkäufer angenommen (BGH, Urteil vom 20. April 1988 - VIII ZR 35/87 -, Rn. 12; vgl. auch Staudinger/Oechsler (2018) BGB § 826, Rn. 184). Ebenso als sittenwidrig anerkannt ist die vorsätzliche Herbeiführung eines (Sach-)Mangels (Staudinger/Oechsler (2018) BGB § 826, Rn. 184 m.w.N.). Dass Mitarbeiter der Beklagten vorsätzlich mangelhafte Fahrzeuge unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Funktion zur Manipulation der Emissionswerte auf dem Prüfstand in Verkehr bringen lassen haben, stellt sich danach als sittenwidrig dar. Der Wertung des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB widerspricht dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, weil der oben im Einzelnen aufgezeigte Mangel erheblich ist (näher dazu OLG Köln, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - 18 U 112/17 -, Rn. 41 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 24. April 2018 - 6 U 409/17 -, Rn. 44 ff.; a.A. OLG München, Urteil vom 3. Juli 2017, - 21 U 4818/16 -, Rn. 28; OLG Koblenz, Beschluss vom 27. September 2017, - 2 U 4/17 -, Rn. 22).

47

Die Beklagte hat bei den von ihr hergestellten Motoren durch den Einbau einer Erkennungssoftware bewirkt, dass diese erkannte, wenn sich das Fahrzeug im Prüfstand befand, um dann ein speziell nur für den Prüfzyklus vorgesehenes Abgasrückführungsverfahren einzuleiten, bei dem die gesetzlichen Grenzwerte der EU-Verordnung 715/2007/EG über die Typengenehmigung von leichten Pkw und Nutzfahrzeugen für Abgase eingehalten werden, um die Zulassung des Fahrzeugs zu erreichen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die erteilte EG-Typengenehmigung wirksam erteilt wurde und dass allgemein bekannt sein mag, dass die unter Laborbedingungen ermittelten Herstellerangaben nicht den Emissionswerten im normalen Straßenverkehr entsprechen. Vielmehr ist für die Entscheidung, ob das Verhalten der Beklagten verwerflich ist, darauf abzustellen, dass die Beklagte für das Zulassungsverfahren einen Betriebsmodus entwickelt und eingebaut hat, dessen alleiniger Zweck in der Manipulation des Schadstoffausstoßes im Genehmigungsverfahren bestand. Wenn üblicherweise im Labor andere Messwerte erzielt werden als im realen Fahrbetrieb, so liegt dies daran, dass die äußeren Rahmenbedingungen eben nicht dem normalen Fahrbetrieb entsprechen, nicht jedoch an einer gezielten Manipulation, die dem Verbraucher bewusst verschwiegen wird.

48

Das schädigende Verhalten der Beklagten ist sowohl wegen seines Zwecks als auch wegen des angewandten Mittels als auch mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung als verwerflich anzusehen. Die Beklagte hat mit dem Einsatz der Manipulationssoftware massenhaft und mit erheblichem technischem Aufwand gesetzliche Vorschriften zum Umwelt- und Gesundheitsschutz ausgehebelt und zugleich Kunden getäuscht. Sie hat damit nicht einfach nur Abgasvorschriften außer Acht gelassen und erhebliche Umweltverschmutzung herbeigeführt, sondern zugleich eine planmäßige Verschleierung dieses Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden, den Verbrauchern und Mitwettbewerbern vorgenommen, um der Beklagten einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen oder sie wettbewerbsfähig zu halten, weil sie entweder nicht über eine Technik verfügte, um die gesetzlichen Abgasvorschriften einzuhalten, oder weil sie aus Gewinnstreben den Einbau der ansonsten notwendigen teureren Vorrichtungen unterließ. Die daraus zu entnehmende Gesinnung, aus Gewinnstreben massenhaft die Käufer der so produzierten Fahrzeuge bei ihrer Kaufentscheidung zu täuschen, die Wettbewerber zu benachteiligen und die Umwelt zu schädigen, lässt das Verhalten insgesamt als sittenwidrig erscheinen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Anschaffung eines Fahrzeugs für einen Verbraucher in der Regel um eine wirtschaftliche Entscheidung von erheblichem Gewicht handelt und ein Verbraucher als technischer Laie die Manipulation nicht erkennen kann. Die Beklagte hat die Ahnungslosigkeit des Verbrauchers bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt, was eine besonders verwerfliche Vorgehensweise darstellt.

49

Die Beklagte hat bewusst das ihr entgegengebrachte Vertrauen der Verbraucher ausgenutzt. Sie verfügt über ein über viele Jahre gewachsenes überdurchschnittliches Vertrauen, das auf einer in der Vergangenheit erfolgreichen Unternehmenspolitik sowie einem Qualitätsanspruch beruhte, von dem der Durchschnittsbürger annahm, dass die Beklagte ihm überwiegend gerecht wird. Dieses Vertrauen hat sie genutzt, als sie in der jüngeren Vergangenheit mit der besonderen Umweltverträglichkeit der von ihr entwickelten Dieselmotoren geworben hat. Verbraucher haben die dort angepriesenen technischen Merkmale und aufgezeigten Grenzwerte insbesondere auch deshalb nicht infrage gestellt, weil die Beklagte insofern als glaubwürdig galt. Tatsächlich erfüllten die beworbenen Motoren ohne die Software allerdings nicht einmal die gesetzlichen Anforderungen. Dieses Verhalten ist als verwerflich einzuordnen. Zwar ist es nicht schon verwerflich, wenn ein Unternehmen seinen eigenen Ansprüchen oder denjenigen der Verbraucher nicht genügt. Ein Unternehmen darf sich auch auf den Erfolgen der Vergangenheit ausruhen, wenn es dies will. Die unternehmerische Freiheit findet ihre Grenze jedoch dort, wo - wie hier - das besondere Vertrauen unter Inkaufnahme einer essenziellen Schädigung der potentiellen Kunden ausgenutzt wird, um aus Gewinnstreben sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

50

Die Beklagte ist ein bedeutender Fahrzeughersteller und -exporteur Deutschlands, so dass von ihr vorgenommene gezielte Manipulationen in Genehmigungsverfahren geeignet sind, das Vertrauen einer Vielzahl von Kunden in die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu untergraben. Aus der Konzerngröße der Beklagten können sich aus einer solchen gezielten Manipulation des Genehmigungsverfahrens Risiken in volkswirtschaftlich relevanter Dimension ergeben. Wenn die Beklagte behauptet, dass die Folgen des Einsatzes der Software für die klagende Partei (und andere Käufer betroffener Fahrzeuge) nicht spürbar seien, ändert dies nichts daran, dass die Beklagte ein solches Risiko negativer Entwicklungen mit volkswirtschaftlich messbaren Auswirkungen jedenfalls ihrem mit missbräuchlichen Mitteln verfolgten eigenen Gewinnstreben untergeordnet hat und damit verwerflich handelte.

51

3. Die sittenwidrige Schädigung erfolgte auch vorsätzlich.

52

§ 826 BGB setzt kein absichtliches oder arglistiges Verhalten in dem Sinne voraus, dass es dem Täter gerade auf die Schädigung des Dritten ankommen müsste. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Täter den Erfolgseintritt für sicher gehalten hat, sondern es reicht das Bewusstsein, dass die Schädigung im Bereich des Möglichen liegt sowie das billigend in Kauf nehmen des Schädigungsrisikos (Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 27).

53

Davon ausgehend lag vorsätzliches Handeln seitens der verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten vor. Die Abgassoftware wurde allein zu dem Zweck eingebaut, um die Abgaswerte der Dieselmotoren zu beschönigen und in der Folge dafür zu sorgen, dass die Dieselmotoren unabhängig von den vorgeschriebenen Grenzwerten die Euro 5-Zulassung erhielten und mit dieser vertrieben werden konnten. Es ist gerade Sinn dieser manipulierenden Software, den Rechtsverkehr, d.h. Zulassungsbehörden, Kunden und Wettbewerber zu täuschen. Wenn sich eine solche Einstellung - wie hier - bei den Motoren der Serie EA 189 ausnahmslos bei jedem Motor dieser Serie anfindet, lässt dies den Rückschluss zu, dass die Motoren mit dieser Einstellung planvoll und absichtlich produziert und in den Verkehr gebracht worden sind. Der Einsatz dieser Software setzt denknotwendig eine aktive, im Hinblick auf dieses Ergebnis gewollte präzise Programmierung voraus und schließt die Annahme einer fahrlässigen Herbeiführung dieses Zustands aus. Dabei nahmen die Verantwortlichen billigend in Kauf, dass der Einsatz der Software unredlich im Verhältnis zu den potentiellen Kunden und gesetzeswidrig sein konnte. Dass Endverbraucher wie die klagende Partei sittenwidrig geschädigt würden, haben die Verantwortlichen als mögliche Folge in Kauf genommen, auch wenn sich ihre unmittelbare Absicht auf die Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand bezog. Konkret nahmen sie in Kauf, Käufer wie die klagende Partei zum Erwerb eines Fahrzeugs zu veranlassen, von dem diese in Kenntnis der Sachlage abgesehen hätten. Wie oben aufgezeigt, kann ein Käufer erwarten, dass die Emissionswerte seines Fahrzeugs jedenfalls dann ähnlich hoch ausfallen wie im Prüfstand, wenn im realen Fahrbetrieb vergleichbare Bedingungen gegeben sind. Dass die in EA 189-Motoren eingebaute Software dies verhinderte und Fahrzeugkäufer keine Kenntnis davon haben konnten, war den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten bewusst. Die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten haben nach Überzeugung des Gerichts überdies zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Software zur Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand bei Bekanntwerden von den zuständigen Behörden als unzulässig eingestuft und deren Beseitigung gefordert werden würde, wofür schon die strikte Geheimhaltung dieser Funktion spricht. Dass die eingebaute Software in der Folge von den Prüforganisationen im Rahmen der Hauptuntersuchung als erheblicher Mangel eingestuft werden würde und deswegen auch ein Entzug der Zulassung drohen könnte, sind naheliegende Risiken, welche die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten nach Überzeugung des Gerichts ebenfalls billigend in Kauf genommen haben, als sie sich zur gezielten Manipulation des zulassungsrelevanten Schadstoffausstoßes im Prüfstand entschlossen, um die Schadstoffgrenzwerte zu erreichen.

54

4. Die unerlaubte Handlung der Mitarbeiter der Beklagten ist der Beklagten auch zuzurechnen.

55

a) Die Haftung der Beklagten ergibt sich aus § 831 BGB.

56

Bei den Mitarbeitern der Beklagten im Bereich der Motorenentwicklung, welche die klagende Partei vorsätzlich sittenwidrig geschädigt haben, handelt es sich um von der Beklagten bestellte Verrichtungsgehilfen.

57

Trotz eines richterlichen Hinweises auf § 831 BGB macht die Beklagte nicht geltend, dass sie die verantwortlichen Mitarbeiter sorgfältig ausgewählt und überwacht habe oder die Schädigung selbst in diesem Falle eingetreten wäre. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich eine Auseinandersetzung hiermit.

58

Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt § 831 BGB nicht voraus, dass die verantwortlichen Verrichtungsgehilfen namentlich bekannt sind. Wenn sich der Bundesgerichtshof gegen eine Wissenszusammenrechnung zur Begründung von Sittenwidrigkeit und Vorsatz im Sinne des § 826 BGB ausgesprochen hat (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -), so bedeutet dies lediglich, dass sämtliche Merkmale der unerlaubten Handlung in Person eines einzigen Verrichtungsgehilfen erfüllt sein müssen. Dass einzelne Verrichtungsgehilfen der Beklagten, nämlich die für den Einsatz der Software verantwortlichen Mitarbeiter im Bereich Motorenentwicklung, sämtliche Merkmale des § 826 BGB verwirklicht haben, ist oben dargestellt worden.

59

b) Die Beklagte haftet für das Verhalten der verantwortlichen Mitarbeiter auch wegen Organisationsverschuldens.

60

Der Anwendungsbereich des § 31 BGB wird bei Organisationsmängeln erweitert (Palandt, BGB, 77 der Auflage, § 31 Rn. 7). Juristische Personen sind verpflichtet, den Gesamtbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass für alle wichtigen Aufgabengebiete ein verfassungsmäßiger Vertreter zuständig ist, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft. Entspricht die Organisation diesen Anforderungen nicht, muss sich die juristische Person so behandeln lassen, als wäre der tatsächlich eingesetzte Verrichtungsgehilfe ein verfassungsmäßiger Vertreter (BGH, NJW 1980, 2810). Die Beauftragung eines wichtigen Aufgabenkreises an einen Funktionsträger oder Bediensteten begründet daher für die juristische Person eine Haftung ohne Entlastungsmöglichkeit. Hat sie dem Vertreter eine selbstständige Stellung mit eigener Entscheidungsbefugnis eingeräumt, ist er verfassungsmäßiger Vertreter; ist das nicht geschehen, ist § 31 BGB wegen eines Organisationsmangels anwendbar.

61

Der Einbau der in Rede stehenden Software in Millionen von Fahrzeugen nicht nur in Europa stellt, wie ausgeführt, eine wesentliche Entscheidung mit großer wirtschaftlicher Bedeutung für die Beklagte dar. Hat nicht der Vorstand und auch nicht der Leiter der Entwicklungsabteilung […] als Repräsentant gemäß § 31 BGB diese weitreichende Entscheidung getroffen, sondern - wie von der Beklagten vorgetragen - Mitarbeiter auf nachgeordneten Arbeitsebenen alleine, muss sich die Beklagte so behandeln lassen, als wären diese Mitarbeiter ihre verfassungsmäßigen Vertreter. Die Beklagte hat nämlich auch auf richterlichen Hinweis keinerlei Organisationsmaßnahmen ihrerseits dargetan, die hätten gewährleisten können, dass Entscheidungen von solcher Tragweite rechtlich geprüft und im Fall erheblicher Risiken dem Vorstand oder einem sonstigen verfassungsgemäß berufenen Vertreter vorgelegt werden. Wenn es der Vorstand der Beklagten zuließ, dass Mitarbeiter auf nachgeordneten Arbeitsebenen eine so schwerwiegende Entscheidung frei treffen konnten, ohne naheliegende organisatorische Vorkehrungen dagegen zu ergreifen, ist eine Zurechnung geboten.

62

Wenn die Beklagte einwendet, dass ein Organisationsverschulden Sittenwidrigkeit nicht zu begründen vermöge, verkennt sie, dass ihrem Vorstand kein eigenes sittenwidriges Handeln zur Last gelegt wird, sondern dass ihm die sittenwidrige Schädigung durch Unternehmensmitarbeiter zugerechnet wird.

63

5. Als Rechtsfolge kann die klagende Partei von der Beklagten Zahlung von 17.311,86 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs verlangen.

64

Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat die Beklagte den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Vorliegend bedeutet dies, dass die klagende Partei so zu stellen ist, wie wenn sie den Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug nicht geschlossen hätte. In diesem Fall hätte die klagende Partei die vereinbarten 28.486,76 € für das Fahrzeug nicht gezahlt.

65

Die klagende Partei hätte allerdings auch keine Vermögensvorteile in Form der während der Besitzzeit gezogenen Nutzungen erzielt. Diese sind auf den Ersatzbetrag anzurechnen, weil andernfalls eine vom Schadensrecht nicht gedeckte Überkompensation stattfinden würde. Der Vorteilsausgleich erfolgt von Amts wegen. Die Berechnung des Nutzungswerts erfolgt, indem der Bruttokaufpreis mit den gefahrenen Kilometern multipliziert und das Produkt durch die zu erwartende Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs dividiert wird.

66

Die voraussichtliche Gesamtlaufleistung schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 250.000 km (ebenso für einen VW Touran mit Dieselmotor LG Berlin, Urteil vom 05. Dezember 2017 - 4 O 150/16 -; LG Baden-Baden, Urteil vom 27. April 2017 - 3 O 163/16 -; LG Bielefeld, Urteil vom 30. Juni 2017 - 7 O 201/16 -;  LG Bochum, Urteil vom 17. August 2017 - 8 O 26/17 -;  LG Arnsberg, Urteil vom 08. September 2017 - 2 O 101/17 -; für 300.000 km dagegen LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17. Juli 2017 - 13 O 174/16 -; LG Krefeld, Urteil vom 12. Juli 2017 - 7 O 159/16 -; LG Trier, Urteil vom 07. Juni 2017 - 5 O 298/16 -). Es handelt sich um den Mittelwert der in der neueren Rechtsprechung zumeist angenommenen Gesamtlaufleistungen zwischen 200.000 und 300.000 km (Nachweise bei Staudinger/Dagmar Kaiser (2012) BGB § 346, Rn. 260). Die von der Beklagten ursprünglich erwartende Gesamtlaufleistung von nur 200.000 km erscheint zu gering, da streitgegenständlich ein Mittelklassefahrzeug mit Dieselmotor ist. Zuletzt geht auch die Beklagte von einer Gesamtlaufleistung zwischen 200.000 und 250.000 km aus. Von der Beauftragung eines Sachverständigen sieht das Gericht nach § 287 ZPO ab, weil auch ein Sachverständiger nur eine eigene, subjektive Schätzung der Gesamtlaufleistung vornehmen könnte. Empirische Studien über die durchschnittliche Laufleistung am Ende der Lebensdauer von Fahrzeugen der streitgegenständlichen Art werden mangels statistischer Erfassung der Fahrleistung zum Ende der Lebensdauer auch Sachverständigen nicht vorliegen.

67

Der Kaufpreis ist mit 28.486,76 € einschließlich der Überführungskosten anzusetzen, weil diese Überführungskosten Teil der Gegenleistung für Übergabe und Übereignung des Kaufgegenstands waren.

68

Es errechnen sich auszugleichende Vorteile wie folgt:

69

28.486,76 € x 98.071 km
250.000 km

= 11.174,90 €

70

II. Zu verzinsen ist die Forderung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung, § 291 BGB. In der mündlichen Verhandlung hat die klagende Partei die Laufleistung mitgeteilt, so dass die Beklagte den von ihr geschuldeten Schadenersatz ermitteln kann. Ob die klagende Partei der Beklagten das Fahrzeug in einer Annahmeverzug begründenden Weise angeboten hat, wenn sie im Gegenzug eine höhere Schadensersatzleistung fordert als ihr zusteht, ist unerheblich. Bei einem Schadensersatzanspruch, der Zug um Zug gegen Rückgewähr einer Leistung zu erfüllen ist, steht eine Zuvielforderung der Pflicht zur Zinszahlung nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 323/03 -, Rn. 7; anders für Fälle des § 348 BGB BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 275/04 -, BGHZ 163, 381-391, Rn. 30). Die Pflicht zur Zinszahlung kann der Beklagten billigerweise auferlegt werden, nachdem sie die Klageforderung schon dem Grunde nach bestreitet und nicht einmal zur Zahlung des tatsächlich geschuldeten Geldbetrags bereit ist.

71

Die klagende Partei hat dagegen keinen Anspruch auf Verzinsung der Geldschuld ab einem früheren Zeitpunkt aus den §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Verzug ist vorgerichtlich nicht eingetreten, denn die klagende Partei bot die Rückzahlung des Kaufpreises nur nach Abzug einer Nutzungsentschädigung, welche die Beklagte mangels Mitteilung der Laufleistung nicht ermitteln konnte, an. Eine Mahnung setzt die bestimmbare Bezeichnung der geforderten Leistung voraus.

72

Aus demselben Grund schuldet die Beklagte auch keine Prozesszinsen aus § 291 BGB ab Rechtshängigkeit. Die Vorschrift setzt bei unbezifferten Forderungen voraus, dass die Grundlagen für die Bemessung im Zeitpunkt der Klagerhebung mitgeteilt werden (vgl. Staudinger/Manfred Löwisch/Cornelia Feldmann (2014) BGB § 291, Rn. 8), was hier mangels Mitteilung der Laufleistung in der Klageschrift nicht der Fall gewesen ist.

73

III. Das mit dem Klageantrag zu Ziffer 2. verfolgte Feststellungsbegehren ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte ist nicht gemäß den §§ 293, 298, 295 BGB mit der Annahme des Fahrzeugs in Verzug.

74

Mit vorprozessualem anwaltlichem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der klagenden Partei vom 06.09.2017 bot die Klagepartei zwar die Bereitstellung des streitgegenständlichen Fahrzeuges zur Abholung an, Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung. Ein wörtliches Angebot der Leistung gemäß § 295 BGB war geeignet, Annahmeverzug zu begründen, da die Beklagte die Abholung des Fahrzeugs an dem Ort, an dem es sich vertragsgemäß befindet, schuldet. Annahmeverzug ist aber nicht eingetreten, weil die Beklagte mangels Bezifferung des Nutzungsausgleichs nicht erkennen konnte, von welcher Zahlung die klagende Partei die Herausgabe abhängig machte. Die Beklagte konnte mangels Mitteilung der Laufleistung auch nicht selbst Zahlung in der tatsächlich geschuldeten Höhe anbieten. Annahmeverzug hätte gemäß § 298 BGB voraus gesetzt, dass die klagende Partei von der Beklagten die geschuldete Zahlung verlangt, was eine der Höhe nach bestimmte oder jedenfalls bestimmbare Forderung voraus setzt.

75

In der mündlichen Verhandlung teilt die klagende Partei die Laufleistung zwar mit. Annahmeverzug scheitert nunmehr aber daran, dass die klagende Partei ohne Anrechnung eines Vorteilsausgleichs eine weitaus höhere Zahlung fordert als geschuldet. Eine solche Zuvielforderung hindert den Eintritt des Annahmeverzugs (BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 275/04 -, BGHZ 163, 381-391, Rn. 27 ff.; KG Berlin, Urteil vom 19. Oktober 2017 - 8 U 230/15 -, Rn. 111; OLG Frankfurt, Urteil vom 13.07.2016 - 17 U 144/15; OLG Koblenz, Urteil vom 19. Juni 2008 - 6 U 1424/07 -; OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.09.2007 - 7 U 169/06; MüKoBGB/Ernst BGB § 295 Rn. 4; a.A. Hager in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 298 BGB, Rn. 3; Niemeyer/König, NJW 2013, 3213). Die potenziell weit reichenden Folgen des Annahmeverzugs (§§ 300 ff. BGB) können dem Gläubiger billigerweise dann nicht aufgebürdet werden, wenn sich der Schuldner zur Herausgabe selbst gegen Erhalt der ihm seinerseits zustehenden Leistung nicht bereit erklärt. Wäre die klagende Partei entgegen ihres Klageantrags zur Herausgabe auch gegen Zahlung eines geringeren Betrags bereit, hätte sie der Beklagten ohne Schwierigkeiten ein entsprechendes wörtliches Angebot zukommen lassen können. Ohne ein solches Angebot kann eine solche Bereitschaft nicht unterstellt werden.

76

IV. Der klagenden Partei steht ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € aus den §§ 826, 249 Abs. 1 BGB zu. Selbst wenn sie die Anwaltskosten noch nicht gezahlt haben sollte, hätte sich ihr Freistellungsanspruch infolge des Antrags auf Klageabweisung und der Weigerung durch die Beklagte schon dem Grunde nach in einen Zahlungsanspruch gewandelt. Entsprechend § 281 Abs. 2 BGB ist die an sich nach § 250 BGB erforderliche Fristsetzung (MüKoBGB/Oetker BGB § 250 Rn. 13) entbehrlich, wenn der Schuldner durch sein Verhalten eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er eine Freistellung ablehnt (vgl. MüKoBGB/Oetker BGB § 250 Rn. 7 m.w.N.).

77

Die erforderlichen Anwaltskosten ergeben sich der Höhe nach aus einer 1,3 Geschäftsgebühr nach einem berechtigten Wert von 17.311,86 € in Höhe von 904,80 €, zuzüglich Auslagenpauschale von 20 € und 19% Mehrwertsteuer = 1.100,51 €. Eine über eine 1,3 Geschäftsgebühr hinausgehende Geschäftsgebühr zu zahlen darf die klagende Partei nicht für erforderlich halten. Es handelt sich vorliegend sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch hinsichtlich des rechtlichen Schwierigkeitsgrades nicht um einen überdurchschnittlichen Fall. Die diskutierten Rechtsfragen sind Gegenstand unzähliger Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsentscheidungen, die Beteiligten verwenden standardisierte Schreiben und Textbausteinsteine formularmäßig in einer Vielzahl von Fällen.

78

Die Beklagte schuldet den Ersatz auch dieses Schadens nur Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

79

V. Zu verzinsen ist der Anspruch ab Zugang der Klageerwiderung, § 291 BGB. Gemäß § 270 S. 2 ZPO ist vom Zugang am 11.01.2018 auszugehen.

80

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die klagende Partei hat zuletzt Rückzahlung des vollen Kaufpreises und damit weitaus mehr verlangt als ihr zusteht.

81

VII. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.


*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, dass er vorzuleisten verpflichtet ist. Hat die Leistung an mehrere zu erfolgen, so kann dem einzelnen der ihm gebührende Teil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(2) Ist von der einen Seite teilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die klagende Partei 18.412,37 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf 1.100,51 € seit dem 12.01.2018 und auf weitere 17.311,86 € seit dem 20.01.2018 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs […] mit der Fahrgestellnummer […].

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 60% der Beklagten, zu 40% der klagenden Partei auferlegt.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 28.486,76 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die klagende Partei erwarb 2010 einen neuen […] 1,6l TDI (Fahrgestellnummer […]) gegen Zahlung von 28.486,76 € brutto, darunter 715 € Überführungskosten, von der […] in Flensburg, einem Vertragshändler der Beklagten. Das Fahrzeug sollte mit der „BlueMotion“-Technologie ausgestattet sein. Das am 20.12.2010 übergebene, von der Beklagten hergestellte Fahrzeug war mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 ausgestattet. In dem Fahrzeug war eine Motorensteuerungsgerätesoftware installiert, die erkennt, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand den Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) durchfährt, und dann einen besonderen Modus aktiviert (sog. Umschaltlogik). In diesem Modus wird die Rückführung von Abgasen im Vergleich zu dem normalen Betriebsmodus verändert, wodurch der nach der Euro-5-Norm vorgegebene NOx-Grenzwert während des Durchfahrens des NEFZ eingehalten wird. Im normalen Fahrbetrieb - auch unter vergleichbaren Bedingungen wie im NEFZ - wird dieser Modus deaktiviert, wodurch es zu einem höheren Schadstoffausstoß kommt. Durch Verwendung der Motorensteuerungsgerätesoftware erlangte die Beklagte die EG-Typengenehmigung für das streitgegenständliche Fahrzeug.

2

Dieser Dieselmotor wurde serienmäßig in diversen Fahrzeugmodellen der Beklagten sowie derer Konzernunternehmen verbaut. Die Entscheidung zum Einsatz der „Umschaltlogik“, die ab 2008 serienmäßig verwendet wurde, trafen Entwicklungsingenieure der Beklagten. Bei Tests in den Jahren 2005 und 2006, deren Übertragbarkeit auf den letztlich in Serie produzierten Motor streitig ist, hatte der Rollenprüfstandmodus im Dauerbetrieb schon ab 50.000 km Laufleistung zu Schäden an Partikelfiltern und Motoren geführt.

3

Das Kraftfahrt-Bundesamt verpflichtete die Beklagte mit Bescheid vom 14.10.2015, bei allen betroffenen Fahrzeugen mit dem Motor EA 189 die aus Sicht des Bundesamtes unzulässige Abschaltvorrichtung zu entfernen und nachzuweisen, dass die gesetzlichen Anforderungen erfüllt werden. Die Beklagte entwickelte ein Update für die Motorensteuerungsgerätesoftware, nach dessen Einspielen das Fahrzeug nur noch über einen einheitlichen Betriebsmodus verfügt. Das Kraftfahrt-Bundesamt sieht das Aufspielen des Updates als verpflichtend an. Wer davon absieht, muss damit rechnen, dass der Zustand des Fahrzeugs von den Prüforganisationen im Rahmen der Hauptuntersuchung als erheblicher Mangel eingestuft wird. Unter Umständen ist auch mit einem Entzug der Zulassung zu rechnen. Auch nach Einspielen des Updates verbleibt eine weitere Abschalteinrichtung in Form eines Thermofensters, welches die Beklagte mit dem Schutz von Bauteilen begründet.

4

Der Kläger und dessen Ehefrau nutzten das Fahrzeug nach dem Kauf. Zulassungsnehmerin und als Halterin eingetragen ist die Ehefrau des Klägers, die im öffentlichen Dienst tätig ist und deshalb einen günstigeren Versicherungstarif in Anspruch nehmen kann. Im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung betrug der Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs 98.071 km. Die erteilte EG-Typengenehmigung für das Fahrzeug wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt bisher nicht widerrufen.

5

Die klagende Partei forderte die Beklagte über ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten vorgerichtlich mit Schreiben vom 06.09.2017 unter Fristsetzung bis zum 25.09.2017 auf, an sie 28.486,76 € Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs sowie Anwaltskosten von 2.077,74 € zu zahlen. Auf die Anlage K 4 wird wegen der Einzelheiten verwiesen.

6

Die klagende Partei behauptet:

7

Die Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs sei für sie auch ein Kaufargument gewesen. Das von der Beklagten angebotene Softwareupdate führe zu verschiedenen technischen Nachteilen, darunter über üblichen Verschleiß hinaus gehende Versottungsschäden, Partikelfilterschäden und Motorschäden.

8

Die Beklagte habe sie vorsätzlich und in sittenwidriger Art und Weise geschädigt. Der Einbau der Software sei mit Wissen und Wollen des Vorstandes der Beklagten erfolgt, außerdem auf Anweisung des Entwicklungsleiters […]. Dies ergebe sich aus den öffentlich zugänglichen Äußerungen der Organe und Mitarbeiter der Beklagten in Presse, Funk und Fernsehen sowie der Organisationsstruktur der Beklagten und dem Verhalten der Beklagten in den Verfahren in den USA. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vortrag der Klagepartei in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 02.01.2018 verwiesen. Im Übrigen ist die klagende Partei der Auffassung, dass die Beklagte hinsichtlich der internen Entscheidungsvorgänge eine sekundäre Darlegungslast treffe, da die Klagepartei selbst insoweit keinen Einblick habe.

9

Sie habe einen Schaden erlitten, weil sie bei Kenntnis vom Einsatz der Software den Kaufvertrag nicht geschlossen hätte. Das Fahrzeug habe hierdurch einen erheblichen Wertverlust erlitten.

10

Zudem hafte die Beklagte auch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB und i.V.m. § 27 EG-FGV. Die Organe der Beklagten hätten den Tatbestand des Betruges der Klagepartei gegenüber jedenfalls in mittelbarer Täterschaft verwirklicht, weil sie die klagende Partei über die Gesetzeskonformität des Fahrzeugs getäuscht hätten. Schon das Inverkehrbringen des Fahrzeugs ohne Hinweis auf den Umstand, dass die Stickoxidwerte, die Grundlage der allgemeinen Betriebserlaubnis gewesen seien, mithilfe einer Abschaltvorrichtung erzielt worden seien, habe vorgespiegelt, dass der Pkw in einem gesetzeskonformen Zustand die Betriebserlaubnis erhalten habe. Die Täuschung sei zudem durch die Angabe der Schadstoffwerte in der Prospektwerbung erfolgt.

11

Die klagende Partei ist weiter der Auffassung, dass es sich bei § 27 Abs. 1 EG-FGV um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handele. Danach dürfen neue Fahrzeuge, für die eine Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang 9 der Richtlinie 2007/46/EG vorgeschrieben ist, zur Verwendung im Straßenverkehr nur angeboten werden, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn sie mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen seien. Diese Regelung solle auch den einzelnen Verbraucher dahingehend schützen, dass nur technisch einwandfreie und mit den gesetzlichen Bestimmungen in Übereinstimmung zu bringende Fahrzeuge an den Käufer ausgeliefert werden.

12

Die klagende Partei behauptet, die vorgerichtlichen Anwaltskosten gezahlt zu haben.

13

Die Klägerpartei hat mit ihrer Klage in der Hauptsache zunächst Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer noch zu beziffernden Nutzungsentschädigung gefordert, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs an die Beklagte.

14

Die klagende Partei beantragt zuletzt,

15

1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs […] mit der Fahrgestellnummer […] im Wege des Schadenersatzes an die Klagepartei 28.486,76 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2017 zu zahlen,

16

2. festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 26.09.2017 im Annahmeverzug befindet,

17

3. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtlich Anwaltskosten in Höhe von 2.077,74 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.09.2017 zu zahlen.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers im Hinblick auf die Rolle dessen Ehefrau und behauptet, der Kläger habe das Software-Update am 19.01.2017 bereits einspielen lassen.

21

Die Beklagte ist der Ansicht, das klägerische Fahrzeug sei nicht mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung versehen worden, da die streitgegenständliche Software nicht auf das Emissionskontrollsystem einwirke, sondern nur dazu führe, dass Abgase beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus in den Motor zurückgeführt würden, bevor sie überhaupt das Emissionskontrollsystem erreichen, ohne im realen Fahrbetrieb auf das Emissionskontrollsystem einzuwirken. Entscheidend sei, dass das Fahrzeug technisch sicher, in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt und die für das Fahrzeug erteilte EG-Typengenehmigung nicht aufgehoben worden sei.

22

Die Beklagte ist der Auffassung, durch die Freigabebestätigung des Kraftfahrt-Bundesamtes für das Software-Update stehe fest, dass es nach Durchführung der Software-Updates zu keinerlei negativen Auswirkungen auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Emissionswerte, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschemissionen komme.

23

Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe nicht sittenwidrig gehandelt.

24

Zudem habe die darlegungs- und beweisbelastete Klagepartei nicht substantiiert vorgetragen, wer zu welchem Zeitpunkt von dem Einbau der Software überhaupt Kenntnis gehabt habe, dass Personen, deren Kenntnisse der Beklagten zuzurechnen wären, mit Vorsatz hinsichtlich eines angeblichen Schadens der klagenden Partei gehandelt hätten. Die Behauptungen der klagenden Partei erfolgten ins Blaue hinein. Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand lägen keine Erkenntnisse dafür vor, dass einzelne Vorstandsmitglieder an der Entwicklung der Software beteiligt gewesen seien. Die Entscheidung hinsichtlich der streitgegenständlichen Software sei von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene auf nachgeordneten Arbeitsebenen getroffen worden. Die Beklagte treffe auch keine sekundäre Darlegungslast.

25

Der klagenden Partei sei durch den Vertragsschluss über das streitgegenständliche Fahrzeug auch kein Schaden entstanden. Dieser ergebe sich weder aus Nutzungsnachteilen noch aus einer Verringerung des Marktwertes.

26

Die klagende Partei könne aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 EG-FGV keinen Anspruch herleiten, da es sich schon nicht um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handele.

27

Die Klageschrift ist der Beklagten am 08.11.2017 zugestellt worden, die Klageerwiderung ist am 09.01.2018 zwecks Übersendung an die Klägerpartei zur Post gegeben worden. Mit Schriftsatz vom 19.03.2018 bestreitet die Beklagte Herstellerin des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu sein.

Entscheidungsgründe

28

Die Klage ist zulässig und größtenteils begründet.

29

I. Die klagende Partei hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 17.311,86 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des im Tenor bezeichneten Fahrzeugs aus § 826 BGB.

30

Gemäß § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenen Weise einem anderen vorsätzlich einen Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die klagende Partei ist im Sinne des § 826 BGB vorsätzlich sittenwidrig geschädigt worden, was der Beklagten zuzurechnen ist.

31

Soweit die Beklagte die Aktivlegitimation des Klägers bestreitet, weil dessen Ehefrau als Halterin des Fahrzeugs eingetragen und Zulassungsnehmerin ist, geht dies fehlt. An dem Eigentum des Klägers ändert nichts, dass seine Ehefrau aus Versicherungsgründen als Halterin eingetragen und das Fahrzeug auf diese zugelassen wurde. Dass der Kläger mit Abholung des Fahrzeugs Eigentümer geworden ist, ist unstreitig und ergibt sich im Übrigen daraus, dass die Verkäuferin das Fahrzeug entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 433 BGB an den Kläger als alleinigen Käufer übergeben und übereignen wollte. Dass der Kläger sein Eigentum später verloren habe, hat die Beklagte weder dargelegt noch nachgewiesen. Aus dem Umstand der gemeinsamen Benutzung in der Ehe ergibt sich keine Übereignung.

32

1. Die klagende Partei ist von Mitarbeitern der Beklagten geschädigt worden.

33

a) Die schädigende Handlung liegt in dem arglistigen Inverkehrbringenlassen des mangelhaften Fahrzeugs unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Funktion zur Manipulation der Emissionswerte auf dem Prüfstand durch Mitarbeiter der Beklagten in der Entwicklungsabteilung. Diese haben bewusst und absichtsvoll die „Umschaltlogik“ im Rahmen der Serienproduktion einbauen lassen.

34

Soweit die Beklagte nach der mündlichen Verhandlung auf Seite 9 des Schriftsatzes vom 19.03.2018 überraschenderweise bestreitet, das streitgegenständliche Fahrzeug hergestellt zu haben, kann dahin stehen, ob es sich um einen offensichtlichen Irrtum durch Übernahme von Textbausteinen aus anderen Verfahren handelt. Das Bestreiten nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist schon prozessual nach § 296a ZPO unbeachtlich. Der Beklagten ist in der Verhandlung zwar nachgelassen worden, auf eventuelles neues Vorbringen der Klägerseite mit Schriftsatz vom 02.01.2018 sowie auf die richterlichen Hinweise im Termin bis zum 19.03.2018 Stellung zu nehmen. Dass die Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug hergestellt hat, war aber weder neues Vorbringen der Klägerseite mit Schriftsatz vom 02.01.2018 noch Gegenstand der richterlichen Hinweise.

35

Dass das streitgegenständliche Fahrzeug mangelhaft ist, ergibt sich schon daraus, dass die Beklagte die EG-Typengenehmigung nach der Schadstoffklasse EU5 durch Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand erschlichen hat. Fahrzeugkäufern musste zwar bekannt sein, dass die Schadstoffgrenzwerte der Abgasnorm nur auf dem Prüfstand einzuhalten waren. Fahrzeugkäufer mussten aber nicht damit rechnen, dass der Schadstoffausstoß auf dem Prüfstand mithilfe einer Software gezielt manipuliert wird. Vielmehr kann ein Käufer erwarten, dass die Emissionswerte seines Fahrzeugs jedenfalls dann ähnlich hoch ausfallen wie im Prüfstand, wenn im realen Fahrbetrieb vergleichbare Bedingungen gegeben sind (§ 434 Abs. 1 BGB).

36

Der Mangel ergibt sich auch daraus, dass die zuständigen Behörden die Software als unzulässige Abschalteinrichtung einstufen und deren Beseitigung fordern. Ob diese Rechtsauffassung des Kraftfahrbundesamts tatsächlich zutrifft, ist unerheblich, weil Fahrzeugkäufer erwarten können, dass ihr Fahrzeug nach Einschätzung der zuständigen Behörde mit den einschlägigen Vorschriften in Einklang steht - zumal die Beklagte die Rechtsauffassung des Kraftfahrbundesamts und die darauf beruhenden Maßnahmen ohne Nutzung des Rechtswegs hingenommen hat.

37

Der Mangel ergibt sich schließlich daraus, dass der Zustand des Fahrzeugs der klagenden Partei, wie ausgeliefert, aufgrund der eingebauten Software von den Prüforganisationen im Rahmen der Hauptuntersuchung als erheblicher Mangel eingestuft werden kann und auch ein Entzug der Zulassung drohen kann. Damit war die Nutzbarkeit des Fahrzeugs in dem ausgelieferten Zustand nicht gewährleistet.

38

b) Die klagende Partei hat dadurch auch einen Schaden erlitten.

39

Ein Schaden im Sinne des § 826 BGB ist nicht nur jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage, sondern darüber hinaus jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses und jede Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung (BGH, NJW 2004, 2971-2974 Rn. 41; BGH NJW-RR 2015, 275 Rn. 19). Der gemäß § 826 BGB ersatzfähige Schaden wird weit verstanden und beschränkt sich gerade nicht auf die Verletzung bestimmter Rechte oder Rechtsgüter. Erfasst wird ganz allgemein jede nachteilige Einwirkung auf die Vermögenslage. Das Vermögen wird nicht nur als ökonomischer Wert geschützt, sondern zugleich auch die auf das Vermögen bezogene Dispositionsfreiheit des jeweiligen Rechtssubjektes (Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 42). Folglich stellt bereits die Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar, ohne dass es darauf ankäme, ob die erhaltene Leistung wirtschaftlich betrachtet hinter der Gegenleistung zurückbleibt; denn im Fall der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer ungewollten Verpflichtung wieder befreien können (BGH NJW-RR 2015, 275).

40

Davon ausgehend liegt der Schaden der klagenden Partei in dem Abschluss eines ungewollten Kaufvertrags über ein mangelhaftes Fahrzeug. Das Inverkehrbringenlassen von mangelhaften Fahrzeugen dieser Bauart unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Funktion zur Manipulation der Emissionswerte auf dem Prüfstand durch die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten in der Entwicklungsabteilung war ursächlich für den Kauf des streitgegenständlichen Fahrzeugs durch die klagende Partei. Wären mangelhafte Fahrzeuge dieser Art nicht in Verkehr gebracht worden, hätte die klagende Partei ein solches Fahrzeug nicht erwerben können. Die Klagepartei hätte den Kaufvertrag in Kenntnis des Mangels auch nicht geschlossen. Davon ist das Gericht überzeugt. Dass die klagende Partei mit der Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand nicht einverstanden gewesen wäre, ist hier besonders glaubhaft, weil sie eigens ein Fahrzeug mit „BlueMotion-Technologie“, also mit geringerem Verbrauch und Schadstoffausstoß, ausgewählt hat. Hätte die Beklagte die Funktionsweise der Software bei Markteinführung des Motors EA 189 im Jahr 2008 offen gelegt, wäre ohnehin das von der klagenden Partei 2010 gekaufte Fahrzeug in dieser Form wegen zeitnahen Einschreitens der zuständigen Behörden nicht mehr verkauft worden, wie die Entwicklung nach dem tatsächlichen Bekanntwerden der Manipulation im Jahr 2015 zeigt. Jedenfalls wären der klagenden Partei die mit dem Erwerb eines betroffenen Fahrzeugs verbundenen Risiken für Hauptuntersuchung und Zulassung infolge öffentlicher Diskussion so deutlich vor Augen gestanden, dass sie von dem Kauf des mangelhaften Fahrzeugs abgesehen hätte. Kein vernünftiger Käufer würde sich auf die Unsicherheit des möglichen Widerrufs der Zulassung einlassen und ein solches Fahrzeug erwerben. Der Käufer eines Neuwagens will vernünftigerweise auch nicht die Unsicherheiten und Unannehmlichkeiten einer erforderlichen technischen Überarbeitung in Kauf nehmen, sondern erwartet ein im ausgelieferten Zustand dauerhaft nutzbares Fahrzeug.

41

Der Schaden der klagenden Partei in Form des ungewollten Vertrags ist entgegen der Auffassung der Beklagten unabhängig davon eingetreten, ob das streitgegenständliche Fahrzeug durch die verwendete Software einen Wertverlust erlitten hat oder ob das streitgegenständliche Fahrzeug, verglichen mit vergleichbaren Modellen anderer Hersteller, im realen Fahrbetrieb vergleichsweise emissionsarm und kraftstoffsparend ist.

42

An dem Schaden in Form des ungewollten Vertragsschlusses ändert es auch nichts, sollte die klagende Partei der Beklagten zwischenzeitlich die technische Überarbeitung (“Software-Update“) des Fahrzeugs gestattet haben, zumal der klagenden Partei wegen andernfalls drohender Nachteile insoweit keine Wahl bleibt. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich der arglistig getäuschte Käufer einer mangelhaften Sache nicht auf eine Beseitigung des Mangels verweisen lassen muss. Gerade der Käufer eines Neuwagens will nach der Lebenserfahrung kein mangelhaftes Fahrzeug erwerben, auch wenn der Mangel noch beseitigt werden soll.

43

2. Die Schadenszufügung ist sittenwidrig erfolgt.

44

Ein Verhalten ist sittenwidrig, wenn es gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. In diese rechtliche Beurteilung ist einzubeziehen, ob die Handlung nach ihrem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist (BGH, WM 2014, 71 Rn. 23 m.w.N.). Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit genügt es im Allgemeinen nicht, dass der Handelnde vertragliche Pflichten oder das Gesetz verletzt oder bei einem anderen einen Vermögensschaden hervorruft (BGH, NJW 2014,1380 Rn. 8 m.w.N.).

45

Von diesen Grundsätzen ausgehend stellt sich das Verhalten der verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten als sittenwidrig dar:

46

Es gilt der Grundsatz, dass eine bewusste Täuschung zur Herbeiführung eines Vertragsschlusses - insbesondere unwahre Angaben über vertragswesentliche Umstände - regelmäßig die Sittenwidrigkeit begründet (Palandt, BGB, 77. Aufl., § 826 Rn. 20). Insbesondere hat die Rechtsprechung dies für das arglistige Verschweigen eines Mangels durch Verkäufer angenommen (BGH, Urteil vom 20. April 1988 - VIII ZR 35/87 -, Rn. 12; vgl. auch Staudinger/Oechsler (2018) BGB § 826, Rn. 184). Ebenso als sittenwidrig anerkannt ist die vorsätzliche Herbeiführung eines (Sach-)Mangels (Staudinger/Oechsler (2018) BGB § 826, Rn. 184 m.w.N.). Dass Mitarbeiter der Beklagten vorsätzlich mangelhafte Fahrzeuge unter Geheimhaltung der bewusst eingebauten Funktion zur Manipulation der Emissionswerte auf dem Prüfstand in Verkehr bringen lassen haben, stellt sich danach als sittenwidrig dar. Der Wertung des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB widerspricht dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, weil der oben im Einzelnen aufgezeigte Mangel erheblich ist (näher dazu OLG Köln, Beschluss vom 20. Dezember 2017 - 18 U 112/17 -, Rn. 41 ff.; OLG Nürnberg, Urteil vom 24. April 2018 - 6 U 409/17 -, Rn. 44 ff.; a.A. OLG München, Urteil vom 3. Juli 2017, - 21 U 4818/16 -, Rn. 28; OLG Koblenz, Beschluss vom 27. September 2017, - 2 U 4/17 -, Rn. 22).

47

Die Beklagte hat bei den von ihr hergestellten Motoren durch den Einbau einer Erkennungssoftware bewirkt, dass diese erkannte, wenn sich das Fahrzeug im Prüfstand befand, um dann ein speziell nur für den Prüfzyklus vorgesehenes Abgasrückführungsverfahren einzuleiten, bei dem die gesetzlichen Grenzwerte der EU-Verordnung 715/2007/EG über die Typengenehmigung von leichten Pkw und Nutzfahrzeugen für Abgase eingehalten werden, um die Zulassung des Fahrzeugs zu erreichen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die erteilte EG-Typengenehmigung wirksam erteilt wurde und dass allgemein bekannt sein mag, dass die unter Laborbedingungen ermittelten Herstellerangaben nicht den Emissionswerten im normalen Straßenverkehr entsprechen. Vielmehr ist für die Entscheidung, ob das Verhalten der Beklagten verwerflich ist, darauf abzustellen, dass die Beklagte für das Zulassungsverfahren einen Betriebsmodus entwickelt und eingebaut hat, dessen alleiniger Zweck in der Manipulation des Schadstoffausstoßes im Genehmigungsverfahren bestand. Wenn üblicherweise im Labor andere Messwerte erzielt werden als im realen Fahrbetrieb, so liegt dies daran, dass die äußeren Rahmenbedingungen eben nicht dem normalen Fahrbetrieb entsprechen, nicht jedoch an einer gezielten Manipulation, die dem Verbraucher bewusst verschwiegen wird.

48

Das schädigende Verhalten der Beklagten ist sowohl wegen seines Zwecks als auch wegen des angewandten Mittels als auch mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung als verwerflich anzusehen. Die Beklagte hat mit dem Einsatz der Manipulationssoftware massenhaft und mit erheblichem technischem Aufwand gesetzliche Vorschriften zum Umwelt- und Gesundheitsschutz ausgehebelt und zugleich Kunden getäuscht. Sie hat damit nicht einfach nur Abgasvorschriften außer Acht gelassen und erhebliche Umweltverschmutzung herbeigeführt, sondern zugleich eine planmäßige Verschleierung dieses Vorgehens gegenüber den Aufsichtsbehörden, den Verbrauchern und Mitwettbewerbern vorgenommen, um der Beklagten einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen oder sie wettbewerbsfähig zu halten, weil sie entweder nicht über eine Technik verfügte, um die gesetzlichen Abgasvorschriften einzuhalten, oder weil sie aus Gewinnstreben den Einbau der ansonsten notwendigen teureren Vorrichtungen unterließ. Die daraus zu entnehmende Gesinnung, aus Gewinnstreben massenhaft die Käufer der so produzierten Fahrzeuge bei ihrer Kaufentscheidung zu täuschen, die Wettbewerber zu benachteiligen und die Umwelt zu schädigen, lässt das Verhalten insgesamt als sittenwidrig erscheinen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich bei der Anschaffung eines Fahrzeugs für einen Verbraucher in der Regel um eine wirtschaftliche Entscheidung von erheblichem Gewicht handelt und ein Verbraucher als technischer Laie die Manipulation nicht erkennen kann. Die Beklagte hat die Ahnungslosigkeit des Verbrauchers bewusst zu ihrem Vorteil ausgenutzt, was eine besonders verwerfliche Vorgehensweise darstellt.

49

Die Beklagte hat bewusst das ihr entgegengebrachte Vertrauen der Verbraucher ausgenutzt. Sie verfügt über ein über viele Jahre gewachsenes überdurchschnittliches Vertrauen, das auf einer in der Vergangenheit erfolgreichen Unternehmenspolitik sowie einem Qualitätsanspruch beruhte, von dem der Durchschnittsbürger annahm, dass die Beklagte ihm überwiegend gerecht wird. Dieses Vertrauen hat sie genutzt, als sie in der jüngeren Vergangenheit mit der besonderen Umweltverträglichkeit der von ihr entwickelten Dieselmotoren geworben hat. Verbraucher haben die dort angepriesenen technischen Merkmale und aufgezeigten Grenzwerte insbesondere auch deshalb nicht infrage gestellt, weil die Beklagte insofern als glaubwürdig galt. Tatsächlich erfüllten die beworbenen Motoren ohne die Software allerdings nicht einmal die gesetzlichen Anforderungen. Dieses Verhalten ist als verwerflich einzuordnen. Zwar ist es nicht schon verwerflich, wenn ein Unternehmen seinen eigenen Ansprüchen oder denjenigen der Verbraucher nicht genügt. Ein Unternehmen darf sich auch auf den Erfolgen der Vergangenheit ausruhen, wenn es dies will. Die unternehmerische Freiheit findet ihre Grenze jedoch dort, wo - wie hier - das besondere Vertrauen unter Inkaufnahme einer essenziellen Schädigung der potentiellen Kunden ausgenutzt wird, um aus Gewinnstreben sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

50

Die Beklagte ist ein bedeutender Fahrzeughersteller und -exporteur Deutschlands, so dass von ihr vorgenommene gezielte Manipulationen in Genehmigungsverfahren geeignet sind, das Vertrauen einer Vielzahl von Kunden in die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu untergraben. Aus der Konzerngröße der Beklagten können sich aus einer solchen gezielten Manipulation des Genehmigungsverfahrens Risiken in volkswirtschaftlich relevanter Dimension ergeben. Wenn die Beklagte behauptet, dass die Folgen des Einsatzes der Software für die klagende Partei (und andere Käufer betroffener Fahrzeuge) nicht spürbar seien, ändert dies nichts daran, dass die Beklagte ein solches Risiko negativer Entwicklungen mit volkswirtschaftlich messbaren Auswirkungen jedenfalls ihrem mit missbräuchlichen Mitteln verfolgten eigenen Gewinnstreben untergeordnet hat und damit verwerflich handelte.

51

3. Die sittenwidrige Schädigung erfolgte auch vorsätzlich.

52

§ 826 BGB setzt kein absichtliches oder arglistiges Verhalten in dem Sinne voraus, dass es dem Täter gerade auf die Schädigung des Dritten ankommen müsste. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Täter den Erfolgseintritt für sicher gehalten hat, sondern es reicht das Bewusstsein, dass die Schädigung im Bereich des Möglichen liegt sowie das billigend in Kauf nehmen des Schädigungsrisikos (Münchener Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2017, § 826 Rn. 27).

53

Davon ausgehend lag vorsätzliches Handeln seitens der verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten vor. Die Abgassoftware wurde allein zu dem Zweck eingebaut, um die Abgaswerte der Dieselmotoren zu beschönigen und in der Folge dafür zu sorgen, dass die Dieselmotoren unabhängig von den vorgeschriebenen Grenzwerten die Euro 5-Zulassung erhielten und mit dieser vertrieben werden konnten. Es ist gerade Sinn dieser manipulierenden Software, den Rechtsverkehr, d.h. Zulassungsbehörden, Kunden und Wettbewerber zu täuschen. Wenn sich eine solche Einstellung - wie hier - bei den Motoren der Serie EA 189 ausnahmslos bei jedem Motor dieser Serie anfindet, lässt dies den Rückschluss zu, dass die Motoren mit dieser Einstellung planvoll und absichtlich produziert und in den Verkehr gebracht worden sind. Der Einsatz dieser Software setzt denknotwendig eine aktive, im Hinblick auf dieses Ergebnis gewollte präzise Programmierung voraus und schließt die Annahme einer fahrlässigen Herbeiführung dieses Zustands aus. Dabei nahmen die Verantwortlichen billigend in Kauf, dass der Einsatz der Software unredlich im Verhältnis zu den potentiellen Kunden und gesetzeswidrig sein konnte. Dass Endverbraucher wie die klagende Partei sittenwidrig geschädigt würden, haben die Verantwortlichen als mögliche Folge in Kauf genommen, auch wenn sich ihre unmittelbare Absicht auf die Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand bezog. Konkret nahmen sie in Kauf, Käufer wie die klagende Partei zum Erwerb eines Fahrzeugs zu veranlassen, von dem diese in Kenntnis der Sachlage abgesehen hätten. Wie oben aufgezeigt, kann ein Käufer erwarten, dass die Emissionswerte seines Fahrzeugs jedenfalls dann ähnlich hoch ausfallen wie im Prüfstand, wenn im realen Fahrbetrieb vergleichbare Bedingungen gegeben sind. Dass die in EA 189-Motoren eingebaute Software dies verhinderte und Fahrzeugkäufer keine Kenntnis davon haben konnten, war den verantwortlichen Mitarbeitern der Beklagten bewusst. Die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten haben nach Überzeugung des Gerichts überdies zumindest billigend in Kauf genommen, dass die Software zur Manipulation des Schadstoffausstoßes im Prüfstand bei Bekanntwerden von den zuständigen Behörden als unzulässig eingestuft und deren Beseitigung gefordert werden würde, wofür schon die strikte Geheimhaltung dieser Funktion spricht. Dass die eingebaute Software in der Folge von den Prüforganisationen im Rahmen der Hauptuntersuchung als erheblicher Mangel eingestuft werden würde und deswegen auch ein Entzug der Zulassung drohen könnte, sind naheliegende Risiken, welche die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagten nach Überzeugung des Gerichts ebenfalls billigend in Kauf genommen haben, als sie sich zur gezielten Manipulation des zulassungsrelevanten Schadstoffausstoßes im Prüfstand entschlossen, um die Schadstoffgrenzwerte zu erreichen.

54

4. Die unerlaubte Handlung der Mitarbeiter der Beklagten ist der Beklagten auch zuzurechnen.

55

a) Die Haftung der Beklagten ergibt sich aus § 831 BGB.

56

Bei den Mitarbeitern der Beklagten im Bereich der Motorenentwicklung, welche die klagende Partei vorsätzlich sittenwidrig geschädigt haben, handelt es sich um von der Beklagten bestellte Verrichtungsgehilfen.

57

Trotz eines richterlichen Hinweises auf § 831 BGB macht die Beklagte nicht geltend, dass sie die verantwortlichen Mitarbeiter sorgfältig ausgewählt und überwacht habe oder die Schädigung selbst in diesem Falle eingetreten wäre. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich eine Auseinandersetzung hiermit.

58

Entgegen der Auffassung der Beklagten setzt § 831 BGB nicht voraus, dass die verantwortlichen Verrichtungsgehilfen namentlich bekannt sind. Wenn sich der Bundesgerichtshof gegen eine Wissenszusammenrechnung zur Begründung von Sittenwidrigkeit und Vorsatz im Sinne des § 826 BGB ausgesprochen hat (BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -), so bedeutet dies lediglich, dass sämtliche Merkmale der unerlaubten Handlung in Person eines einzigen Verrichtungsgehilfen erfüllt sein müssen. Dass einzelne Verrichtungsgehilfen der Beklagten, nämlich die für den Einsatz der Software verantwortlichen Mitarbeiter im Bereich Motorenentwicklung, sämtliche Merkmale des § 826 BGB verwirklicht haben, ist oben dargestellt worden.

59

b) Die Beklagte haftet für das Verhalten der verantwortlichen Mitarbeiter auch wegen Organisationsverschuldens.

60

Der Anwendungsbereich des § 31 BGB wird bei Organisationsmängeln erweitert (Palandt, BGB, 77 der Auflage, § 31 Rn. 7). Juristische Personen sind verpflichtet, den Gesamtbereich ihrer Tätigkeit so zu organisieren, dass für alle wichtigen Aufgabengebiete ein verfassungsmäßiger Vertreter zuständig ist, der die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft. Entspricht die Organisation diesen Anforderungen nicht, muss sich die juristische Person so behandeln lassen, als wäre der tatsächlich eingesetzte Verrichtungsgehilfe ein verfassungsmäßiger Vertreter (BGH, NJW 1980, 2810). Die Beauftragung eines wichtigen Aufgabenkreises an einen Funktionsträger oder Bediensteten begründet daher für die juristische Person eine Haftung ohne Entlastungsmöglichkeit. Hat sie dem Vertreter eine selbstständige Stellung mit eigener Entscheidungsbefugnis eingeräumt, ist er verfassungsmäßiger Vertreter; ist das nicht geschehen, ist § 31 BGB wegen eines Organisationsmangels anwendbar.

61

Der Einbau der in Rede stehenden Software in Millionen von Fahrzeugen nicht nur in Europa stellt, wie ausgeführt, eine wesentliche Entscheidung mit großer wirtschaftlicher Bedeutung für die Beklagte dar. Hat nicht der Vorstand und auch nicht der Leiter der Entwicklungsabteilung […] als Repräsentant gemäß § 31 BGB diese weitreichende Entscheidung getroffen, sondern - wie von der Beklagten vorgetragen - Mitarbeiter auf nachgeordneten Arbeitsebenen alleine, muss sich die Beklagte so behandeln lassen, als wären diese Mitarbeiter ihre verfassungsmäßigen Vertreter. Die Beklagte hat nämlich auch auf richterlichen Hinweis keinerlei Organisationsmaßnahmen ihrerseits dargetan, die hätten gewährleisten können, dass Entscheidungen von solcher Tragweite rechtlich geprüft und im Fall erheblicher Risiken dem Vorstand oder einem sonstigen verfassungsgemäß berufenen Vertreter vorgelegt werden. Wenn es der Vorstand der Beklagten zuließ, dass Mitarbeiter auf nachgeordneten Arbeitsebenen eine so schwerwiegende Entscheidung frei treffen konnten, ohne naheliegende organisatorische Vorkehrungen dagegen zu ergreifen, ist eine Zurechnung geboten.

62

Wenn die Beklagte einwendet, dass ein Organisationsverschulden Sittenwidrigkeit nicht zu begründen vermöge, verkennt sie, dass ihrem Vorstand kein eigenes sittenwidriges Handeln zur Last gelegt wird, sondern dass ihm die sittenwidrige Schädigung durch Unternehmensmitarbeiter zugerechnet wird.

63

5. Als Rechtsfolge kann die klagende Partei von der Beklagten Zahlung von 17.311,86 € Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs verlangen.

64

Gemäß § 249 Abs. 1 BGB hat die Beklagte den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Vorliegend bedeutet dies, dass die klagende Partei so zu stellen ist, wie wenn sie den Vertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug nicht geschlossen hätte. In diesem Fall hätte die klagende Partei die vereinbarten 28.486,76 € für das Fahrzeug nicht gezahlt.

65

Die klagende Partei hätte allerdings auch keine Vermögensvorteile in Form der während der Besitzzeit gezogenen Nutzungen erzielt. Diese sind auf den Ersatzbetrag anzurechnen, weil andernfalls eine vom Schadensrecht nicht gedeckte Überkompensation stattfinden würde. Der Vorteilsausgleich erfolgt von Amts wegen. Die Berechnung des Nutzungswerts erfolgt, indem der Bruttokaufpreis mit den gefahrenen Kilometern multipliziert und das Produkt durch die zu erwartende Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs dividiert wird.

66

Die voraussichtliche Gesamtlaufleistung schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf 250.000 km (ebenso für einen VW Touran mit Dieselmotor LG Berlin, Urteil vom 05. Dezember 2017 - 4 O 150/16 -; LG Baden-Baden, Urteil vom 27. April 2017 - 3 O 163/16 -; LG Bielefeld, Urteil vom 30. Juni 2017 - 7 O 201/16 -;  LG Bochum, Urteil vom 17. August 2017 - 8 O 26/17 -;  LG Arnsberg, Urteil vom 08. September 2017 - 2 O 101/17 -; für 300.000 km dagegen LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 17. Juli 2017 - 13 O 174/16 -; LG Krefeld, Urteil vom 12. Juli 2017 - 7 O 159/16 -; LG Trier, Urteil vom 07. Juni 2017 - 5 O 298/16 -). Es handelt sich um den Mittelwert der in der neueren Rechtsprechung zumeist angenommenen Gesamtlaufleistungen zwischen 200.000 und 300.000 km (Nachweise bei Staudinger/Dagmar Kaiser (2012) BGB § 346, Rn. 260). Die von der Beklagten ursprünglich erwartende Gesamtlaufleistung von nur 200.000 km erscheint zu gering, da streitgegenständlich ein Mittelklassefahrzeug mit Dieselmotor ist. Zuletzt geht auch die Beklagte von einer Gesamtlaufleistung zwischen 200.000 und 250.000 km aus. Von der Beauftragung eines Sachverständigen sieht das Gericht nach § 287 ZPO ab, weil auch ein Sachverständiger nur eine eigene, subjektive Schätzung der Gesamtlaufleistung vornehmen könnte. Empirische Studien über die durchschnittliche Laufleistung am Ende der Lebensdauer von Fahrzeugen der streitgegenständlichen Art werden mangels statistischer Erfassung der Fahrleistung zum Ende der Lebensdauer auch Sachverständigen nicht vorliegen.

67

Der Kaufpreis ist mit 28.486,76 € einschließlich der Überführungskosten anzusetzen, weil diese Überführungskosten Teil der Gegenleistung für Übergabe und Übereignung des Kaufgegenstands waren.

68

Es errechnen sich auszugleichende Vorteile wie folgt:

69

28.486,76 € x 98.071 km
250.000 km

= 11.174,90 €

70

II. Zu verzinsen ist die Forderung ab dem Tag der mündlichen Verhandlung, § 291 BGB. In der mündlichen Verhandlung hat die klagende Partei die Laufleistung mitgeteilt, so dass die Beklagte den von ihr geschuldeten Schadenersatz ermitteln kann. Ob die klagende Partei der Beklagten das Fahrzeug in einer Annahmeverzug begründenden Weise angeboten hat, wenn sie im Gegenzug eine höhere Schadensersatzleistung fordert als ihr zusteht, ist unerheblich. Bei einem Schadensersatzanspruch, der Zug um Zug gegen Rückgewähr einer Leistung zu erfüllen ist, steht eine Zuvielforderung der Pflicht zur Zinszahlung nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Oktober 2004 - III ZR 323/03 -, Rn. 7; anders für Fälle des § 348 BGB BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 275/04 -, BGHZ 163, 381-391, Rn. 30). Die Pflicht zur Zinszahlung kann der Beklagten billigerweise auferlegt werden, nachdem sie die Klageforderung schon dem Grunde nach bestreitet und nicht einmal zur Zahlung des tatsächlich geschuldeten Geldbetrags bereit ist.

71

Die klagende Partei hat dagegen keinen Anspruch auf Verzinsung der Geldschuld ab einem früheren Zeitpunkt aus den §§ 286 Abs. 1, 288 BGB. Verzug ist vorgerichtlich nicht eingetreten, denn die klagende Partei bot die Rückzahlung des Kaufpreises nur nach Abzug einer Nutzungsentschädigung, welche die Beklagte mangels Mitteilung der Laufleistung nicht ermitteln konnte, an. Eine Mahnung setzt die bestimmbare Bezeichnung der geforderten Leistung voraus.

72

Aus demselben Grund schuldet die Beklagte auch keine Prozesszinsen aus § 291 BGB ab Rechtshängigkeit. Die Vorschrift setzt bei unbezifferten Forderungen voraus, dass die Grundlagen für die Bemessung im Zeitpunkt der Klagerhebung mitgeteilt werden (vgl. Staudinger/Manfred Löwisch/Cornelia Feldmann (2014) BGB § 291, Rn. 8), was hier mangels Mitteilung der Laufleistung in der Klageschrift nicht der Fall gewesen ist.

73

III. Das mit dem Klageantrag zu Ziffer 2. verfolgte Feststellungsbegehren ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte ist nicht gemäß den §§ 293, 298, 295 BGB mit der Annahme des Fahrzeugs in Verzug.

74

Mit vorprozessualem anwaltlichem Schreiben der Prozessbevollmächtigten der klagenden Partei vom 06.09.2017 bot die Klagepartei zwar die Bereitstellung des streitgegenständlichen Fahrzeuges zur Abholung an, Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung. Ein wörtliches Angebot der Leistung gemäß § 295 BGB war geeignet, Annahmeverzug zu begründen, da die Beklagte die Abholung des Fahrzeugs an dem Ort, an dem es sich vertragsgemäß befindet, schuldet. Annahmeverzug ist aber nicht eingetreten, weil die Beklagte mangels Bezifferung des Nutzungsausgleichs nicht erkennen konnte, von welcher Zahlung die klagende Partei die Herausgabe abhängig machte. Die Beklagte konnte mangels Mitteilung der Laufleistung auch nicht selbst Zahlung in der tatsächlich geschuldeten Höhe anbieten. Annahmeverzug hätte gemäß § 298 BGB voraus gesetzt, dass die klagende Partei von der Beklagten die geschuldete Zahlung verlangt, was eine der Höhe nach bestimmte oder jedenfalls bestimmbare Forderung voraus setzt.

75

In der mündlichen Verhandlung teilt die klagende Partei die Laufleistung zwar mit. Annahmeverzug scheitert nunmehr aber daran, dass die klagende Partei ohne Anrechnung eines Vorteilsausgleichs eine weitaus höhere Zahlung fordert als geschuldet. Eine solche Zuvielforderung hindert den Eintritt des Annahmeverzugs (BGH, Urteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 275/04 -, BGHZ 163, 381-391, Rn. 27 ff.; KG Berlin, Urteil vom 19. Oktober 2017 - 8 U 230/15 -, Rn. 111; OLG Frankfurt, Urteil vom 13.07.2016 - 17 U 144/15; OLG Koblenz, Urteil vom 19. Juni 2008 - 6 U 1424/07 -; OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.09.2007 - 7 U 169/06; MüKoBGB/Ernst BGB § 295 Rn. 4; a.A. Hager in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 298 BGB, Rn. 3; Niemeyer/König, NJW 2013, 3213). Die potenziell weit reichenden Folgen des Annahmeverzugs (§§ 300 ff. BGB) können dem Gläubiger billigerweise dann nicht aufgebürdet werden, wenn sich der Schuldner zur Herausgabe selbst gegen Erhalt der ihm seinerseits zustehenden Leistung nicht bereit erklärt. Wäre die klagende Partei entgegen ihres Klageantrags zur Herausgabe auch gegen Zahlung eines geringeren Betrags bereit, hätte sie der Beklagten ohne Schwierigkeiten ein entsprechendes wörtliches Angebot zukommen lassen können. Ohne ein solches Angebot kann eine solche Bereitschaft nicht unterstellt werden.

76

IV. Der klagenden Partei steht ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € aus den §§ 826, 249 Abs. 1 BGB zu. Selbst wenn sie die Anwaltskosten noch nicht gezahlt haben sollte, hätte sich ihr Freistellungsanspruch infolge des Antrags auf Klageabweisung und der Weigerung durch die Beklagte schon dem Grunde nach in einen Zahlungsanspruch gewandelt. Entsprechend § 281 Abs. 2 BGB ist die an sich nach § 250 BGB erforderliche Fristsetzung (MüKoBGB/Oetker BGB § 250 Rn. 13) entbehrlich, wenn der Schuldner durch sein Verhalten eindeutig zu erkennen gegeben hat, dass er eine Freistellung ablehnt (vgl. MüKoBGB/Oetker BGB § 250 Rn. 7 m.w.N.).

77

Die erforderlichen Anwaltskosten ergeben sich der Höhe nach aus einer 1,3 Geschäftsgebühr nach einem berechtigten Wert von 17.311,86 € in Höhe von 904,80 €, zuzüglich Auslagenpauschale von 20 € und 19% Mehrwertsteuer = 1.100,51 €. Eine über eine 1,3 Geschäftsgebühr hinausgehende Geschäftsgebühr zu zahlen darf die klagende Partei nicht für erforderlich halten. Es handelt sich vorliegend sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch hinsichtlich des rechtlichen Schwierigkeitsgrades nicht um einen überdurchschnittlichen Fall. Die diskutierten Rechtsfragen sind Gegenstand unzähliger Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsentscheidungen, die Beteiligten verwenden standardisierte Schreiben und Textbausteinsteine formularmäßig in einer Vielzahl von Fällen.

78

Die Beklagte schuldet den Ersatz auch dieses Schadens nur Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs.

79

V. Zu verzinsen ist der Anspruch ab Zugang der Klageerwiderung, § 291 BGB. Gemäß § 270 S. 2 ZPO ist vom Zugang am 11.01.2018 auszugehen.

80

VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die klagende Partei hat zuletzt Rückzahlung des vollen Kaufpreises und damit weitaus mehr verlangt als ihr zusteht.

81

VII. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZR 109/17
vom
20. Juni 2017
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:200617BXIZR109.17.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Juni 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres, Maihold und Dr. Matthias sowie die Richterin Dr. Menges

beschlossen:
Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO) wird auf bis zu 19.000 € festgesetzt.

Gründe:

1
Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer beläuft sich auf bis zu 19.000 € und bleibt damit hinter der Wertgrenze des § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO zurück.
2
Im Falle eines wirksamen Widerrufs ist das Schuldverhältnis gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung nach den §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln, so dass für den Wert der Beschwer, wenn wie hier der Sache nach auf Feststellung geklagt wird, dass der Darlehensvertrag sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, die Leistungen maßgeblich sind, die der Darlehensnehmer gemäß §§ 346 ff. BGB beanspruchen zu können meint (Senatsbeschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 6 f.). Maßgeblich sind dabei die Zins- und Tilgungsleistungen bis zum Widerruf (Senatsbeschluss vom 10. Januar 2017 - XI ZB 17/16, juris). Das sind hier gemäß den Angaben der Klägerin 18.361,67 €.
3
Daneben hat die negative Feststellung, dass die Klägerin der Beklagten nicht mehr als den von ihr aufgrund des Rückgewährschuldverhältnisses errechneten Saldo schuldet, keinen eigenständigen, darüber hinausgehenden Wert (Senatsbeschlüsse vom 4. März 2016 - XI ZR 39/15, BKR 2016, 204 Rn. 3 und vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 6/16, WM 2016, 2299 Rn. 5).
4
Die Feststellung des Annahmeverzugs hat entgegen der Rechtsmeinung der Klägerin ebenfalls keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert (Senatsbeschlüsse vom 6. Juli 2010 - XI ZB 40/09, WM 2010, 1673 Rn. 16, vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 33/15, juris Rn. 3 und vom 19. Dezember 2016 - XI ZR 539/15, juris Rn. 4).
5
Dem Antrag festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin den Schaden in vollem Umfang zu ersetzen, der ihr nach dem 17. April 2015 "aus der zeitlich verzögerten Umfinanzierung der Restschuld aus dem Verbrau- cherdarlehensvertrag […] bei einem anderen Kreditinstitut entstehen" werde, hat die Klägerin in der Klageschrift selbst keinen besonderen Wert beigemessen. Auch die Beschwerdebegründung gibt für diesen Antrag keinen gesonderten Wert an. Der Antrag führt nicht zur Erhöhung der Beschwer über die Wertgrenze bis zu 19.000 € hinaus.
6
Die von der Klägerin beanspruchte Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten betrifft eine Nebenforderung und erhöht den Wert der Beschwer gemäß § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO ebenfalls nicht (Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2016 - XI ZR 539/15, juris Rn. 4).
7
In der Sache verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 27. September 2016 (XI ZR 309/15, WM 2016, 2215 f.), auf den sich richtigerweise auch das Berufungsgericht bezogen hat und der die von der Klägerin aufgeworfene Frage der Schädlichkeit einer Leerstelle hinter der Angabe "zwei Wochen" im Sinne des Berufungsgerichts beantwortet.
Ellenberger Joeres Maihold Matthias Menges

Vorinstanzen:
LG Verden, Entscheidung vom 24.06.2016 - 4 O 9/16 -
OLG Celle, Entscheidung vom 11.01.2017 - 3 U 241/16 -

(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.

(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.