Landgericht Aachen Beschluss, 14. Sept. 2016 - 6 T 81/16


Gericht
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 11.07.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 23.06.2016, 92 IK 184/16, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
1
Gründe
2I.
3Mit Schreiben vom 19.05.2016 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Als Anlage 2 legte die Schuldnerin eine Bescheinigung ihres Verfahrensbevollmächtigten über die erfolglose Durchführung des außergerichtlichen Einigungsversuchs vom 19.05.2016 vor. Hierin heißt es u.a.: „Ich bescheinige/Wir bescheinigen auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse, dass die Schuldnerin mit meiner/unserer Unterstützung erfolglos versucht hat, eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans zu erzielen“.
4Auf die entsprechende Aufforderung des Amtsgerichts teilte die Schuldnerin mit, dass die Schuldnerberatung am 06.04.2016 durch Frau T erfolgt sei.
5Mit Beschluss vom 23.06.2016 hat das Amtsgericht den Eröffnungsantrag der Schuldnerin als unzulässig abgewiesen. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die vorgelegte Bescheinigung nicht den Anforderungen des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO entspreche. Denn es sei nötig, dass die Bescheinigung von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse ausgestellt werde. Der Verfahrensbevollmächtigte der Schuldnerin sei als Rechtsanwalt zwar eine geeignete Person, die Beratung sei jedoch nicht von ihm persönlich durchgeführt worden. Dass es sich bei der Frau T um eine Mitarbeiterin des Verfahrensbevollmächtigten handele, reiche nicht aus.
6Gegen den vorgenannten Beschluss, hat die Schuldnerin mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 11.07.2016, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag, sofortige Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, dass die Beratung nicht höchstpersönlich durch die geeignete Person stattfinden müsse und es ausreiche, dass Frau T gegenüber der bescheinigenden Person weisungsgebunden und eine hinreichende organisatorische Eingebundenheit in den Betrieb der bescheinigenden Person gegeben sei. Frau T verfüge im Übrigen über einen Abschluss als Diplom-Sozialpädagogin und damit über einen Katalogberuf gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 AGInsO NRW. Schließlich sei die Beratung durch den Verfahrensbevollmächtigten zwischenzeitlich nachgeholt worden.
7Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 27.07.2016 nicht abgeholfen und die Sache der Kammer zur Entscheidung vorgelegt.
8Die Schuldnerin hat Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
9II.
10Die nach §§ 4, 36 Abs. 1 S. 2 u. Abs. 4 S. 1 InsO, 793, 567 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
11Denn das Amtsgericht hat den Eröffnungsantrag der Schuldnerin zu Recht mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dass die vorgelegte Bescheinigung über die erfolglose Durchführung des außergerichtlichen Einigungsversuchs nicht den Anforderungen des § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO entspreche.
12Voraussetzung eines zulässigen Eröffnungsantrages ist nach der vorgenannten Norm die Vorlage einer Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt ist und aus der sich ergibt, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist.
131.
14Vorliegend wird die vorgelegte Bescheinigung diesen Erfordernissen nicht gerecht, da sie nicht auf Grundlage einer persönlichen Beratung durch eine geeignete Person ausgestellt worden ist. Denn nach den eigenen Ausführungen der Schuldnerin hat eine persönliche Beratung und Prüfung durch den bescheinigenden Rechtsanwalt nicht stattgefunden. Vielmehr erfolgte die Beratung durch eine Mitarbeiterin des Verfahrensbevollmächtigten, die nicht Angehörige eines rechtsberatenden Berufes ist und unstreitig auch nicht über eine Anerkennung nach den Vorschriften des AGInsO NRW verfügt. Dass Frau T über eine Berufsausbildung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 4 AGInsO NRW verfügt, reicht für die Einordnung als geeignete Person mangels Anerkennung nicht aus, da nur Angehörige rechtsberatender Berufe und Steuerberater als sogenannte geborene geeignete Personen anzusehen sind (vgl. Sternal in: Uhlenbruck, InsO, 14. Aufl., § 305 Rn. 60).
15Soweit die Schuldnerin in diesem Zusammenhang einwendet, Frau T sei in die Organisation des bescheinigenden Rechtsanwalts eingebunden und diesem gegenüber weisungsgebunden, führt dies nicht dazu, dass die Beratung der Frau T als persönliche Beratung des bescheinigenden Rechtsanwalts zu bewerten ist.
16Die Möglichkeit der uneingeschränkten Delegation würde dazu führen, dass die bescheinigende, geeignete Person überprüfen und die Gewähr dafür übernehmen würde, dass die tatsächlich beratende Person oder Stelle den gesetzlichen Anforderungen der §§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO, 2 AGInsO NRW genügt. Dies zu überprüfen, steht aber nicht in ihrer Kompetenz, sondern gemäß § 3 AG InsO NRW in der ausschließlichen Zuständigkeit der Bezirksregierung Düsseldorf (vgl. AG Köln, Beschluss v. 20.08.2015, 73 IK 373/15, zitiert nach juris).
17Aber auch bei Bestehen einer Weisungsgebundenheit und Eingebundenheit der tatsächlich beratenden Person in den Betrieb des bescheinigenden Rechtsanwalts, kann von einer persönlichen Beratung des Rechtsanwalts als geeignete Person nicht ausgegangen werden. Entscheidend ist nämlich, dass ein Rechtsanwalt allein aufgrund seiner juristischen Befähigung und seinen berufsrechtlichen Vorgaben als sogenannte geborene geeignete Person anzusehen ist, ohne dass es einer besonderen staatlichen Anerkennung bedarf. Aus diesem Grund kann der Rechtsanwalt die von § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO geforderten Beratungsleistungen nur ineigener Person erbringen, denn nur in seiner Person sind diese Voraussetzungen der Geeignetheit erfüllt; für die übrigen Stellen, die etwa als juristische Personen oder Personenmehrheiten die Beratungsleistungen naturgemäß nicht in eigener (natürlicher) Person erbringen können, ist ein besonderes staatliches Anerkennungsverfahren vorgesehen (vgl. LG Köln, Beschluss v. 24.11.2015, 13 T 96/15; AG Hamburg, Beschluss v. 07.04.2016, 68c IK 110/16, jeweils zitiert nach juris; Schmerbach, NZI 2016, 171, 173).
182.
19Eine hinreichende Bescheinigung ergibt sich auch nicht daraus, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Schuldnerin ausgeführt hat, nunmehr persönlich ein Beratungsgespräch mit der Schuldnerin geführt zu haben. Denn hieraus lässt sich bereits nicht entnehmen, dass durch den Verfahrensbevollmächtigten eine eingehende Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Schuldnerin stattgefunden hat. Darüber hinaus ergibt sich aus den Ausführungen auch nicht, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist. Denn nach dem Sinn und Zweck der vorgenannten Vorschrift hat der Aussteller der Bescheinigung, der – wie vorliegend – selbst nicht an dem Einigungsversuch mitgewirkt hat, nachvollziehbar und nachprüfbar darzulegen, in welcher Weise er sich davon überzeugt hat, dass der Schuldner sich tatsächlich und ernsthaft um eine einvernehmliche außergerichtliche Vereinbarung zur Schuldenbereinigung bemüht hat (vgl. Ott/Vuia in: Münchener Kommentar zur InsO, 3. Aufl., § 305 Rn. 42;.). Der neuerlichen Bescheinigung lässt sich aber gerade nicht entnehmen, dass die bereits erfolgten Bemühungen der außergerichtlichen Einigung überprüft worden sind.
20Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 InsO, § 97 Abs. 1 ZPO.
21Die Rechtsbeschwerde ist nicht gemäß § 574 ZPO i.V.m. § 4 InsO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert.
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Annotations
(1) Mit dem schriftlich einzureichenden Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unverzüglich nach diesem Antrag hat der Schuldner vorzulegen:
- 1.
eine Bescheinigung, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt ist und aus der sich ergibt, daß eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist; der Plan ist beizufügen und die wesentlichen Gründe für sein Scheitern sind darzulegen; die Länder können bestimmen, welche Personen oder Stellen als geeignet anzusehen sind; - 2.
den Antrag auf Erteilung von Restschuldbefreiung (§ 287) oder die Erklärung, daß Restschuldbefreiung nicht beantragt werden soll; - 3.
ein Verzeichnis des vorhandenen Vermögens und des Einkommens (Vermögensverzeichnis), eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts dieses Verzeichnisses (Vermögensübersicht), ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis der gegen ihn gerichteten Forderungen; den Verzeichnissen und der Vermögensübersicht ist die Erklärung beizufügen, dass die enthaltenen Angaben richtig und vollständig sind; - 4.
einen Schuldenbereinigungsplan; dieser kann alle Regelungen enthalten, die unter Berücksichtigung der Gläubigerinteressen sowie der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse des Schuldners geeignet sind, zu einer angemessenen Schuldenbereinigung zu führen; in den Plan ist aufzunehmen, ob und inwieweit Bürgschaften, Pfandrechte und andere Sicherheiten der Gläubiger vom Plan berührt werden sollen.
(2) In dem Verzeichnis der Forderungen nach Absatz 1 Nr. 3 kann auch auf beigefügte Forderungsaufstellungen der Gläubiger Bezug genommen werden. Auf Aufforderung des Schuldners sind die Gläubiger verpflichtet, auf ihre Kosten dem Schuldner zur Vorbereitung des Forderungsverzeichnisses eine schriftliche Aufstellung ihrer gegen diesen gerichteten Forderungen zu erteilen; insbesondere haben sie ihm die Höhe ihrer Forderungen und deren Aufgliederung in Hauptforderung, Zinsen und Kosten anzugeben. Die Aufforderung des Schuldners muß einen Hinweis auf einen bereits bei Gericht eingereichten oder in naher Zukunft beabsichtigten Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens enthalten.
(3) Hat der Schuldner die amtlichen Formulare nach Absatz 5 nicht vollständig ausgefüllt abgegeben, fordert ihn das Insolvenzgericht auf, das Fehlende unverzüglich zu ergänzen. Kommt der Schuldner dieser Aufforderung nicht binnen eines Monats nach, so gilt sein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als zurückgenommen. Im Falle des § 306 Abs. 3 Satz 3 beträgt die Frist drei Monate.
(4) Der Schuldner kann sich vor dem Insolvenzgericht von einer geeigneten Person oder einem Angehörigen einer als geeignet anerkannten Stelle im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 vertreten lassen. Für die Vertretung des Gläubigers gilt § 174 Abs. 1 Satz 3 entsprechend.
(5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zur Vereinfachung des Verbraucherinsolvenzverfahrens für die Beteiligten Formulare für die nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4 vorzulegenden Bescheinigungen, Anträge und Verzeichnisse einzuführen. Soweit nach Satz 1 Formulare eingeführt sind, muß sich der Schuldner ihrer bedienen. Für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren maschinell bearbeiten, und für Verfahren bei Gerichten, die die Verfahren nicht maschinell bearbeiten, können unterschiedliche Formulare eingeführt werden.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.
Für das Insolvenzverfahren gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. § 128a der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass bei Gläubigerversammlungen sowie sonstigen Versammlungen und Terminen die Beteiligten in der Ladung auf die Verpflichtung hinzuweisen sind, wissentliche Ton- und Bildaufzeichnungen zu unterlassen und durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass Dritte die Ton- und Bildübertragung nicht wahrnehmen können.