Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 21. Apr. 2009 - 1 Sa 305/08

ECLI: ECLI:DE:LARBGSH:2009:0421.1SA305.08.0A
published on 21.04.2009 00:00
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Urteil, 21. Apr. 2009 - 1 Sa 305/08
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Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 05.08.2008, Az. 3 Ca 133/08, teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 17.01.2008 beendet worden ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Beklagte zu 3/4 und die Klägerin zu 1/4.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die am …1956 geborene Klägerin ist seit dem 01.09.1998 bei der Beklagten als Ausbilderin für den Ausbildungsbereich Hauswirtschaft zu einem Bruttomonatseinkommen von zuletzt EUR 3.300,00 tätig. In Ziff. 6 des Arbeitsvertrages vom 01./04.08.1999 (Bl. 32 f. d. A.) ist als regelmäßiger Beschäftigungsort H... vereinbart. In Ziff. 14 des Arbeitsvertrages haben die Parteien vereinbart, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit auch Unterricht im Hauswirtschaftsbereich erteilt und die sozialpädagogische Betreuung ihrer Teilnehmer/innen wahrnimmt. Die Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80. Sie ist stellvertretendes Mitglied des Betriebsrates und stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung.

3

Die Beklagte, deren satzungsmäßiger Zweck die Förderung von Bildung und Qualifizierung vornehmlich von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist, unterhält im gesamten Gebiet der alten Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland Geschäftsstellen. Die Beklagte und deren Tochtergesellschaft i...-A...- und B...Gesellschaft des b... mbH (im Folgenden: i...) bilden unstreitig einen einheitlichen Betrieb. Die Geschäftsstelle S...-H... N... der Beklagten führt in den Berufsbildungsstätten H..., F... und K... Berufsbildungsmaßnahmen durch. Sie wird getragen von der Beklagten und der i....

4

Nachdem die Beklagte zunächst den Entschluss gefasst hatte, die Geschäftsstelle H... wegen anhaltend negativer Ergebnisse zum 31.12.2007 zu schließen und deshalb am 15.03.2007 mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich abgeschlossen hatte, wurden der Beklagten wider Erwarten im Spätherbst 2007 für die Berufsbildungsstätte H... neue Maßnahmen für das Jahr 2008 übertragen, allerdings nicht im Bereich Hauswirtschaft. Bildungsmaßnahmen im Bereich Hauswirtschaft werden seit dem Jahr 2009 nicht mehr durchgeführt.

5

Mit Schreiben vom 13.09.2007 (Bl. 42-45 und 47-50 d. A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat und die Schwerbehindertenvertretung zu der von ihr beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Klägerin an. Der Betriebsrat widersprach mit Schreiben vom 20.09.2007 (Bl. 46 d. A.) der Kündigungsabsicht. Auf Antrag der Beklagten stimmte die Fürsorgestelle für Schwerbehinderte des Kreises N... mit Bescheid vom 18.12.2007 (Bl. 55-60 d. A.) der beabsichtigten ordentlichen betriebsbedingten Kündigung zu. Die Beklagte hörte daraufhin sowohl den Betriebsrat als auch die Schwerbehindertenvertretung nochmals zur beabsichtigten Kündigung an. Nunmehr stimmte der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung mit Schreiben vom 17.01.2008 (Bl. 69 d. A.) zu. Mit Schreiben vom 17.01.2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin sodann fristgerecht zum 30.06.2008 (Bl. 4 d. A.). Die Klägerin legte gegen den Bescheid des Kreises N... mit Anwaltsschreiben vom 18.01.2008 Widerspruch ein.

6

Die Beklagte hatte infolge des mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Interessenausgleichs den in der Bildungsstätte H... beschäftigten 38-jährigen Ausbilder B..., der seit dem 01.10.2006 bei der Beklagten beschäftigt war, im März 2008 auf die Stelle eines Bildungsbegleiters in der Bildungsstätte F... versetzt. Anfang Januar 2008, d. h. vor Zugang der streitgegenständlichen Kündigung, hatte der in der Bildungsstätte F... beschäftigte Bildungsbegleiter S... gekündigt. Auf dessen Stelle bewarb sich die Klägerin am 05.02.2008. Daraufhin stellte die Beklagte am 11.02.2008 beim Betriebsrat einen Antrag nach § 100 BetrVG auf vorläufige Einstellung der Klägerin als Bildungsbegleiterin (Bl. 88 f. d. A.). Der Betriebsrat widersprach der Einstellung der Klägerin, da diese das Anforderungsprofil eines Bildungsbegleiters zurzeit nicht erfülle. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 12.02.2008 mit, dass sie deren Bewerbung wegen des Widerspruchs des Betriebsrats nicht berücksichtigen könne, da ein Zustimmungsverfahren in der Kürze der Zeit nicht durchführbar sei (Bl. 91 d. A.).

7

Ausweislich der Verdingungsunterlagen der Agentur für Arbeit sind die Anforderungsprofile des Personals wie folgt festgelegt (Bl. 144 f. d. A.):

8

„Als Mindeststandard wird bei der Lehrkraft ein …

9

Als Mindeststandard wird beim Sozialpädagogen ein abgeschlossenes Studium der Sozialpädagogik/-arbeit erwartet. Alternativ kann auch der Abschluss als staatlich anerkannter Erzieher mit einschlägiger Zusatzqualifikation anerkannt werden, soweit er mindestens über eine dreijährige berufliche Erfahrung mit der Zielgruppe verfügt.

10

Als Mindeststandard wird beim Ausbilder ein Abschluss (Berufsausbildung oder Studium) erwartet. Die Ausbilder müssen über mindestens dreijährige Erfahrung in der Ausbildung in dem Berufsfeld, in dem er ausbilden soll verfügen.

11

Als Mindeststandard wird beim Bildungsbegleiter ein Abschluss (Berufsausbildung oder Studium) erwartet. Die Bildungsbegleiter müssen über eine mindestens dreijährige Berufserfahrung verfügen, davon mindestens eine zweijährige Erfahrung in der beruflichen sowie sozialen Eingliederung der Zielgruppe und eine einjährige betriebliche Erfahrung. Kenntnisse der Bildungslandschaft sowie der Anforderungen in den Berufen und am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt sind unabdingbar. Außerdem erfordern die Aufgaben des Bildungsbegleiters Kommunikationsfähigkeit, Sozialkompetenz, Organisationskompetenz sowie ein stark kundenorientiertes Verhalten. Unabhängig hiervon gelten die Voraussetzungen als erfüllt, wenn die Tätigkeit eines Bildungsbegleiters bereits in einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme nach neuem Fachkonzept für einen Zeitraum von mindestens 9 Monaten ausgeübt wurde.

12

Zeiten einer Berufsausbildung gelten nicht als Berufserfahrung.

13

Beim Bildungsbegleiter ist Personalunion mit anderen Funktionen innerhalb der Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme ausgeschlossen. …“

14

Die Klägerin hat am 30.01.2008 vor dem Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erhoben und zugleich einen Weiterbeschäftigungsantrag bezogen auf die Tätigkeit als Ausbilderin zu unveränderten Bedingungen gestellt.

15

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

16

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 05.08.2008 in vollem Umfang stattgegeben. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Es lägen keine dringenden betrieblichen Erfordernisse vor. Die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, die Klägerin auf dem Arbeitsplatz des ehemaligen Bildungsbegleiters S... in F... zu beschäftigen. Dieser Arbeitsplatz sei zum Zeitpunkt der Kündigung frei gewesen. Die Klägerin sei für die Stelle einer Bildungsbegleiterin auch geeignet. Dies habe die Beklagte ebenso gesehen, wie das von ihr eingeleitete Zustimmungsverfahren nach § 100 BetrVG zeige. Die Weiterbeschäftigung der Klägerin sei der Beklagten trotz des Widerspruchs des Betriebsrats auch zumutbar gewesen, zumal die Widerspruchsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG nicht tragfähig gewesen seien. Die Beklagte habe die Einstellung der Klägerin vorläufig vornehmen können. Auch der Klägerin sei die Beschäftigung als Bildungsbegleiterin trotz der geringeren Vergütung zuzumuten gewesen. Der Weiterbeschäftigungsantrag sei nach der Entscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 25.02.1985 (BAG-GS 1/84) begründet.

17

Gegen dieses ihr am 14.08.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.08.2008 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 14.11.2008 am 29.10.2008 begründet.

18

Die Beklagte trägt vor,

19

eine Sozialauswahl habe nicht stattfinden müssen, da sie keine mit der Klägerin vergleichbaren Mitarbeiter beschäftige. Eine Versetzung in eine andere Bildungsstätte sei ausgeschlossen, da mit der Klägerin als regelmäßiger Beschäftigungsort H... vereinbart worden sei. Mithin seien nur die Mitarbeiter der Ausbildungsstätte H... in die Sozialauswahl mit einzubeziehen. Im Übrigen sei der Arbeitsplatz der Klägerin auch nicht mit dem bei der i... vorhandenen Arbeitsplatz eines Bildungsbegleiters vergleichbar. Dieser sei nach dem dortigen Gehaltstarifvertrag mit ca. € 2.200,00 dotiert, während ein Ausbilder nach dem Gehaltstarifvertrag der Beklagten € 3.060,00 verdiene. Die Klägerin habe aber auch nicht im Wege einer Änderungskündigung auf dem Arbeitsplatz des ehemaligen Mitarbeiters S... weiterbeschäftigt werden können. Die Klägerin sei eingestellt als Ausbilderin im Bereich Hauswirtschaft. Über die von der Bundesagentur für Arbeit festgelegten Mindeststandards für die Bildungsbegleitung müssten zusätzliche Qualifikationen vorliegen (siehe Auflistung Seite 7 der Berufungsschrift, Bl. 139 d. A.). Diese ergäben sich auch aus den Stellenanzeigen (Bl. 146 d. A.). Gemeinsam mit dem Betriebsrat sei sie zu der Erkenntnis gelangt, dass die Klägerin dieses Anforderungsprofil nicht erfülle. Sie verfüge über keine EDV-Kenntnisse und keine Kenntnisse über die Verfahren von Eignungsanalysen und das Erstellen von Qualifizierungsplänen. Außerdem schien es dem Betriebsrat nicht zumutbar, dass die Klägerin ständig Ausbildungsbetriebe aussuchen sollte, da nicht bei allen Betrieben ein Barriere freier Zugang unterstellt werden könne. Angesichts dessen sei es ihr auch unbenommen gewesen, ihren Zustimmungsantrag nach § 99 Abs. 1 BetrVG zur Einstellung der Klägerin wieder zurückzuziehen. Es sei auch nicht zu beanstanden gewesen, dass ihr erst aufgrund der Erörterung mit dem Betriebsrat klar geworden sei, dass die Klägerin das Anforderungsprofil für eine Bildungsbegleiterin nicht erfülle.

20

Die Beklagte beantragt,

21

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 5. August 2008, Az.: 3 Ca 133/08, abzuändern und die Klage abzuweisen.

22

Die Klägerin beantragt,

23

die Berufung zurückzuweisen.

24

Die Klägerin verteidigt

25

das angefochtene Urteil. Die Beklagte sei selbst davon ausgegangen, dass sie, die Klägerin, die fachliche Qualifikation für die Stelle einer Bildungsbegleiterin habe. Sie habe in der Unterrichtung nach § 100 BetrVG selbst auf § 6 der KBV Stellenausschreibung und Auswahlrichtlinien (Bl. 212 ff. d. A.) hingewiesen. Danach finde eine Auswahl von Bewerbern nur bei gleichwertigen Qualifikationen statt. Im Übrigen bestreitet die Klägerin, dass überhaupt eine Erörterung zwischen Beklagter und Betriebsrat stattgefunden habe. Die Beklagte habe zudem das Anforderungsprofil eines Bildungsbegleiters in der Berufungsbegründung falsch wiedergegeben. Die von der Beklagten vorgelegte Stellenausschreibung betreffe ein völlig anderes Unternehmen und eine völlig andere Stelle. Die allgemeinen Voraussetzungen aus der Verdingungsordnung und auch die Voraussetzungen aus der von der Beklagten vorgenommenen Stellenausschreibung erfülle sie. Als Ausbilderin habe sie regelmäßig Kontakt zu Betrieben aufnehmen müssen, um für ihre Auszubildenden Praktikumsplätze zu finden. Etwaige Qualifikationsdefizite hätten innerhalb einer der Beklagten zumutbaren Nachschulung ausgeglichen werden können.

26

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 21.04.2009 verwiesen.

Entscheidungsgründe

27

Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

28

In der Sache selbst hat die Berufung indessen nur in Bezug auf den stattgebenden Weiterbeschäftigungsantrag Erfolg, im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

29

I. Das Arbeitsgericht hat dem Kündigungsschutzantrag sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht stattgegeben. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen kann und soll insoweit auf die sorgfältig begründeten Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden. Die hiergegen gerichteten Einwände der Beklagten rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Lediglich ergänzend und auf den Sach- und Rechtsvortrag der Parteien in der Berufungsinstanz eingehend wird noch auf Folgendes hingewiesen:

30

1. Der Arbeitsplatz der Klägerin als Ausbilderin im Bereich Hauswirtschaft in der Ausbildungsstätte H... ist unstreitig in Wegfall geraten. In die Sozialauswahl waren nur die Mitarbeiter, die in H... beschäftigt waren, mit einzubeziehen, da die Parteien als regelmäßigen Arbeitsort H... vereinbart hatten. Zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung, d. h. im Januar 2008, waren in H... auch keine mit der Klägerin vergleichbaren Mitarbeiter mehr tätig. Eine Sozialauswahl war mithin entbehrlich.

31

2. Indessen hat das Arbeitsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass die Kündigung deshalb sozial ungerechtfertigt ist, weil die Klägerin auf einem freien Arbeitsplatz eines Bildungsbegleiters im F... Betrieb der i..., mit der die Beklagte unstreitig einen Gemeinschaftsbetrieb unterhält, hätte weiterbeschäftigt werden können.

32

a) Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 b KSchG ist eine Kündigung ebenfalls sozialwidrig, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Die Weiterbeschäftigungspflicht besteht auch dann, wenn die Weiterbeschäftigung nur unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer zumutbar ist. Diese gesetzliche Bestimmung ist Ausfluss des das Kündigungsrecht beherrschenden ultima-ratio-Prinzips. Eine Beendigungskündigung ist unter Beachtung des in § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG zum Ausdruck kommenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht als ultima-ratio geboten und deshalb sozial ungerechtfertigt, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens auch zu veränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt werden kann. Die Prüfung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit erfolgt unternehmensbezogen. Sie bezieht sich nicht nur auf freie gleichwertige Arbeitsplätze, sondern auch auf Arbeitsplätze zu geänderten Arbeitsbedingungen. Sofern eine Versetzung auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz - wie vorliegend - nicht in Betracht kommt, hat der Arbeitgeber für den Fall, dass ein anderer, ggf. auch geringwertiger Arbeitsplatz im Unternehmen frei ist, vor Ausspruch einer Beendigungskündigung eine Änderungskündigung auszusprechen. Für eine Beendigungskündigung liegen dann keine dringenden betrieblichen Erfordernisse i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG vor. Das Merkmal der “Dringlichkeit” der betrieblichen Erfordernisse konkretisiert insoweit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (ultima-ratio Prinzip). Aus ihm ergibt sich, dass der Arbeitgeber vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus dem Arbeitnehmer grundsätzlich eine Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Arbeitsbedingungen anbieten muss (BAG Urt. v. 21.09.2006 - 2 AZR 607/05 -, AP Nr. 130 zu § 2 KSchG 1969 m. w. Rspr.-Nachw.).

33

b) Hieran gemessen war die Beklagte vor Ausspruch der Beendigungskündigung verpflichtet, der Klägerin im Wege einer Änderungskündigung die Weiterbeschäftigung als Bildungsbegleiterin bei der i... in F... anzubieten.

34

aa) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung vom 17.01.2008 absehbar war, dass die Stelle eines Bildungsbegleiters bei der i... in F... noch innerhalb der Kündigungsfrist frei werden würde. Der Bildungsbegleiter S... hatte unstreitig noch vor Ausspruch der Kündigung sein Arbeitsverhältnis gekündigt und die Beklagte beabsichtigte auch, dessen frei werdende Stelle unverzüglich nachzubesetzen.

35

bb) Die Beklagte kann auch nicht damit gehört werden, die Klägerin sei für die Tätigkeit als Bildungsbegleiterin ungeeignet. Die an eine Bildungsbegleiterin zu stellenden Anforderungen ergeben sich aus den von der Beklagten selbst eingereichten Verdingungsunterlagen der Agentur für Arbeit. Neben einer Berufsausbildung oder eines Studiums wird eine mindestens dreijährige Berufserfahrung, Kenntnisse der Bildungslandschaft sowie der Anforderungen in den Berufen und am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt vorausgesetzt. Daneben werden Kommunikationsfähigkeit, Sozial- und Organisationskompetenz und ein stark kundenorientiertes Verhalten erwartet. Die hierin aufgestellten Qualifikationen erfüllt die Klägerin unstreitig, zumindest kann sie sich die speziell geforderten Kenntnisse betreffend den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt innerhalb einer angemessenen Einarbeitungszeit aneignen. Die Beklagte muss sich an dieser Stelle auch vorhalten lassen, dass sie den vormals als Ausbilder beschäftigten Mitarbeiter B... auf die Stelle eines Bildungsbegleiters versetzt hat. Sie geht mithin selbst davon aus, dass ein Ausbilder grundsätzlich auch als Bildungsbegleiter eingesetzt werden kann. Warum das im Falle der Klägerin nicht möglich sein soll, hat sie nicht schlüssig dargelegt. Die Klägerin ist bei der Beklagten bereits seit September 1998 beschäftigt und genießt somit allein wegen der Dauer der Beschäftigung einen gestärkten Bestandsschutz, sodass ihr nach Auffassung der Kammer eine Einarbeitungszeit von einem halben Jahr zugestanden werden muss. Dies gilt umso mehr im Hinblick auf die Schwerbehinderung der Klägerin und den sich hieraus ergebenden Verpflichtungen der Beklagten aus § 81 Abs. 4 SGB IX. Dies hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung auch nicht mehr in Abrede gestellt.

36

cc) Die Beklagte beruft sich in der Berufungsbegründung unter Hinweis auf die eingereichte Stellenanzeige für die Besetzung einer Bildungsbegleiterin (Anlage B 2; Bl. 146 d. A.) auch zu Unrecht auf weitergehend geforderte Qualifikationen. Zu Recht weist die Klägerin darauf hin, dass die in Bezug genommene Stellenausschreibung nicht von der Beklagten selbst, sondern von einem Konkurrenzunternehmen stammt. Die Beklagte hat auch weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt, dass sie in der Stellenausschreibung betreffend die zu besetzende Stelle des Bildungsbegleiters S... die nunmehr behaupteten Anforderungen gestellt hat. Zwar legt allein der Arbeitgeber fest, welche Anforderungen ein Bewerber für eine ausgeschriebene Stelle erfüllen muss. Indessen ist der Arbeitgeber an das von ihm in der Stellenausschreibung festgelegte Anforderungsprofil gebunden. Grade im Hinblick auf zu beachtende Auswahlrichtlinien ist es dem Arbeitgeber verwehrt, im Nachhinein weitergehende Qualifikationen zu fordern, um einen etwaig vorrangig zu berücksichtigenden, internen Bewerber nicht einstellen zu müssen. Vorliegend ist die Beklagte auch selbst davon ausgegangen, dass die Klägerin das von ihr in der Stellenausschreibung gesetzte Anforderungsprofil an eine Bildungsbegleiterin erfüllt. Nicht anders ist zu erklären, dass die Beklagte auf die Bewerbung der Klägerin den Betriebsrat zur Zustimmung zur Einstellung der Klägerin ersucht und zugleich den Eilantrag nach § 100 BetrVG gestellt hat. Insbesondere kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass die Klägerin nicht über gute EDV-Kenntnisse inkl. Umgang mit dem Datenaustauschprogramm der Bundesagentur für Arbeit verfügt. Diese Anforderungen sind in der Verdingungsordnung der Agentur für Arbeit nicht enthalten. Des Weiteren lässt die Beklagte offen, welche konkreten EDV-Kenntnisse von Nöten sind, um als Bildungsbegleiterin arbeiten zu können. Die Klägerin konnte sich auf diesen Vorhalt auch gar nicht einlassen. Zudem kann diesseits nicht beurteilt werden, ob etwaig vorhandene Wissenslücken durch eine Unterweisung oder Schulung behoben werden können. Im Berufungstermin hat die Beklagte auch eingeräumt, dass etwaig nicht vorhandene EDV-Kenntnisse für sie nicht entscheidungserheblich gewesen seien. Vielmehr sind in der Berufungsverhandlung allseits offen die Bedenken der Beklagten im Hinblick auf die Behinderung der Klägerin und der mit der Tätigkeit der Bildungsbegleiterin einhergehenden Auswärtstermine (Aufsuchen von Betrieben und Behörden, die nicht einen behindertengerechten Zugang haben) angesprochen worden. Insoweit muss sich die Beklagte aber vorhalten lassen, dass es letztlich Sache der Klägerin ist, nach Rücksprache mit den sie behandelnden Ärzten darüber zu befinden, ob sie, die Klägerin, den körperlichen Belastungen trotz ihrer Beinamputation gewachsen ist oder nicht. Die Behinderung als solche spricht jedenfalls objektiv nicht gegen eine Beschäftigung als Bildungsbegleiterin.

37

dd) Der Beklagten war es trotz des Widerspruchs des Betriebsrats auch zumutbar, die Klägerin vorläufig nach § 100 BetrVG als Bildungsbegleiterin in F... einzusetzen und dort zu beschäftigen, und parallel dazu das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen. Insbesondere hat der Betriebsrat der vorläufigen Beschäftigung bzw. Einstellung der Klägerin nach § 100 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nicht deshalb widersprochen, weil die vorläufige Einstellung aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich gewesen sei. Der Betriebsrat hat mit seinem Widerspruch vom 11.02.2008 vielmehr der beabsichtigten Einstellung der Klägerin generell widersprochen und damit seine Rechte nach § 99 Abs. 2 BetrVG ausgeübt. Indessen lässt sich die Begründung des Betriebsrats ganz offensichtlich keinem der in § 99 Abs. 2 BetrVG enumerativ aufgelisteten Verweigerungsgründen zuordnen. Der Betriebsrat beruft sich allein darauf, dass die Klägerin das Qualifikationsprofil zurzeit nicht erfülle. Insbesondere behauptet der Betriebsrat weder, dass die Einstellung der Klägerin gegen ein Gesetz, eine Verordnung oder eine Tarifbestimmung verstoße (§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG) noch, dass die Besorgnis bestehe, dass aufgrund der Einstellung der Klägerin andere Mitarbeiter gekündigt würden oder sonstige Nachteile erlitten (§ 99 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG). Es ist grundsätzlich Sache des Arbeitgebers, die Qualifikationen des Bewerbers im Hinblick auf die ausgeschriebene Stelle zu beurteilen. Eine unzureichende Qualifikation des konkreten Bewerbers eröffnet dem Betriebsrat nur dann ein Widerspruchsrecht, wenn die konkrete Besorgnis bestünde, dass die übrigen Mitarbeiter hierdurch (welche???) Nachteile erlitten. Hierauf hat sich der Betriebsrat aber nicht berufen. Der Widerspruch des Betriebsrats ist offensichtlich unbegründet, sodass es der Beklagten auch ausnahmsweise zumutbar gewesen wäre, das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen.

38

ee) Der Umstand, dass sich die Klägerin auf die Stelle der Bildungsbegleiterin im Gemeinschaftsbetrieb der i... in Kenntnis der geringeren Vergütung beworben hat, belegt, dass der Klägerin die Weiterbeschäftigung als Bildungsbetreuerin im Betrieb der i... auch zumutbar ist. Gerade angesichts ihrer Behinderung und ihres Alters war die Klägerin bereit, auch zu schlechteren Bedingungen auf einem anderen Arbeitsplatz zu arbeiten.

39

Die streitgegenständliche Kündigung ist dementsprechend gemäß § 1 Abs. 2 KSchG nicht sozial gerechtfertigt und damit rechtsunwirksam. Nach dem ultima-ratio-Grundsatz hätte die Beklagte statt der Beendigungskündigung vorrangig eine Änderungskündigung mit dem Angebot der Einstellung als Bildungsbegleiterin im Betrieb der i... in F... aussprechen müssen.

40

II. Das erstinstanzliche Urteil war indessen im Hinblick auf den Tenor zu Ziff. 2 abzuändern und der Antrag auf Weiterbeschäftigung als Ausbilderin zu unveränderten Bedingungen abzuweisen. Unstreitig ist der Arbeitsplatz der Klägerin als Ausbilderin im Bereich Hauswirtschaft in H... weggefallen. Eine Beschäftigung als Ausbilderin im Bereich Hauswirtschaft konnte mithin auch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits in H... nicht mehr stattfinden. Dies hat die Klägerin letztlich auch in der Berufungsverhandlung eingesehen und deshalb ihre Vollstreckungsanträge zurückgenommen.

41

III. Nach alledem war die Berufung der Beklagten lediglich in geringem Umfang begründet und das angefochtene Urteil in dem erfolgten Umfang teilweise abzuändern.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

43

Gesetzlich begründbare Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.


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(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.

(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.

(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.

(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.

(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Der Arbeitgeber kann, wenn dies aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, die personelle Maßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 vorläufig durchführen, bevor der Betriebsrat sich geäußert oder wenn er die Zustimmung verweigert hat. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die Sach- und Rechtslage aufzuklären.

(2) Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat unverzüglich von der vorläufigen personellen Maßnahme zu unterrichten. Bestreitet der Betriebsrat, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist, so hat er dies dem Arbeitgeber unverzüglich mitzuteilen. In diesem Fall darf der Arbeitgeber die vorläufige personelle Maßnahme nur aufrechterhalten, wenn er innerhalb von drei Tagen beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats und die Feststellung beantragt, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

(3) Lehnt das Gericht durch rechtskräftige Entscheidung die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats ab oder stellt es rechtskräftig fest, dass offensichtlich die Maßnahme aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war, so endet die vorläufige personelle Maßnahme mit Ablauf von zwei Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung. Von diesem Zeitpunkt an darf die personelle Maßnahme nicht aufrechterhalten werden.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.