Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt Urteil, 08. Dez. 2015 - 6 Sa 269/15

ECLI:ECLI:DE:LAGST:2015:1208.6SA269.15.0A
bei uns veröffentlicht am08.12.2015

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 23.02.2012 – 9 Ca 256/10 – soweit darin die Klage hinsichtlich einer Sondergratifikation für das Jahr 2010 in Höhe von 12.500,- EUR nebst Zinsen abgewiesen worden ist und hinsichtlich der Kostenentscheidung teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger als Sondergratifikation für das Jahr 2010 9.392,48 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die auf Zahlung der Sondergratifikation 2010 gerichtete Klage abgewiesen.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Kläger 90%, die Beklagte trägt 10%.

Der Kläger trägt weiter 85% der im Berufungsverfahren angefallenen Kosten. Die Beklagte trägt hiervon 15%.

Die Kosten des Revisionsverfahrens 10 AZR 266/14 werden dem Kläger zu 25% und der Beklagten zu 75% auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch – nach vorangegangenem Revisionsverfahren bei dem Bundesarbeitsgericht (10 AZR 266/14) – über Ansprüche des Klägers auf Zahlung einer Sondergratifikation.

2

Der Kläger war seit 01.05.1992 bei der Beklagten in deren Niederlassung S als Bauleiter – so der Kläger – bzw. – so die Beklagte – als Betriebsleiter tätig. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund außerordentlicher Kündigung der Beklagten vom 19.11.2010 an jenem Tag. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existierte zwischen den Parteien nicht.

3

Die Beklagte gewährte dem Kläger beginnend im Jahr 2002 neben einer "festen" monatlichen Vergütung jährliche "Sonderzahlungen", die sich wie folgt darstellten:

4

Jahr   

        

Sonderzahlung

        

monatliches Bruttoentgelt

                                            

2002   

        

 8.045,56 EUR

        

4.015,00 EUR

2003   

        

10.000,00 EUR

        

4.400,00 EUR

2004   

        

10.000,00 EUR

        

4.500,00 EUR

2005   

        

10.000,00 EUR

        

4.700,00 EUR

2006   

        

10.000,00 EUR

        

4.700,00 EUR

2007   

        

10.000,00 EUR

        

4.800,00 EUR

2008   

        

12.500,00 EUR

        

5.200,00 EUR

2009   

        

12.500,00 EUR

        

5.300,00 EUR.

5

In den Jahren 2002 – 2005 rechnete die Beklagte die Sonderzahlung mit der Monatsvergütung für November jeweils am 10. Dezember ab. Seit dem Jahr 2006 erfolgte die Zahlung der Sondergratifikation mit der Dezembervergütung, die – betriebsüblich – am 10. des Folgemonats zur Auszahlung gelangte.

6

Für das Jahr 2010 gewährte die Beklagte dem Kläger keine, auch keine anteilige Sonderzahlung.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe auch für das Jahr 2010 eine Sonderzahlung in Höhe von 12.500,00 EUR brutto zu. Dieser Anspruch beruhe auf einer zwischen den Parteien konkludent getroffenen Vergütungsabrede.

8

Der Kläger hat hierzu beantragt,

9

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine jährliche Sondergratifikation in Höhe von 12.500,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2011 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat insoweit beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Sonderzahlung für das Jahr 2010 zu. Diese sei, was dem Kläger bekannt gewesen sei, jeweils von einem positiven Betriebsergebnis in der Niederlassung S abhängig gewesen. Ein solches habe jedoch für das besagte Jahr nicht erzielt werden können. Im Übrigen habe es sich bei der Sonderzahlung auch um eine freiwillige, widerrufliche Leistung gehandelt.

13

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.02.2012 u.a. die auf Zahlung der Sondergratifikation für das Jahr 2010 gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dem Kläger stehe aufgrund der als erwiesen anzusehenden Gründe für die außerordentliche Kündigung vom 19.11.2010 – Einbehalt von mehr als 13.000,00 EUR Firmengelder – ein Anspruch auf die begehrte Sondergratifikation nicht zu, weil dieses Begehren mit den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht vereinbar sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des vorgenannten Urteils wird auf Bl. 506 – 524 d.A. verwiesen.

14

Das Landesarbeitsgericht hat in dem nachfolgenden Berufungsverfahren, in dem die Parteien ihren diesbezüglichen Sachvortrag und ihren jeweiligen Rechtsstandpunkt aufrecht erhalten haben, mit Urteil vom 15.10.2013 die Berufung des Klägers auch hinsichtlich der begehrten Sondergratifikation für das Jahr 2010 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, für den Kläger bestehe im Hinblick auf das unterjährige Ausscheiden kein Anspruch auf Sondergratifikation. Nach dem sich bietenden Vortrag der Parteien sei davon auszugehen, dass dieser Anspruch an den Bestand des Arbeitsverhältnisses zum 31.12. des jeweiligen Jahres geknüpft sei. Wegen der weiteren Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf Bl. 806 – 822 d.A. verwiesen.

15

In dem sich anschließenden Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.05.2015 (Bl. 851 – 856 d.A.) das Berufungsurteil, soweit es die von dem Kläger begehrte Zahlung einer Sondergratifikation betraf, aufgehoben und den Rechtsstreit insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, aufgrund des unterjährigen Ausscheidens des Klägers bestehe schon dem Grunde nach kein Anspruch auf die Sondergratifikation. Dem Kläger stehe vielmehr dem Grunde nach ein anteiliger Anspruch auf Zahlung der Sondergratifikation für das Jahr 2010 zu. Ein solcher Anspruch sei durch konkludentes Verhalten der Parteien in Form der in den Jahren 2007 – 2009 vorgenommenen vorbehaltlosen Zahlungen entstanden. Aus diesem Verhalten lasse sich jedoch kein vertraglicher Bindungswille der Beklagten dahin ableiten, es solle eine jährliche Sondergratifikation in Höhe von 12.500,00 EUR brutto gezahlt werden. Für die Bemessung des Umfangs der Sondergratifikation sei maßgebend, welche Kriterien die Parteien für diesen Entgeltbestandteil vereinbart haben. Sofern sich solche nicht ermitteln lassen, habe der Kläger Anspruch darauf, dass die Beklagte ihm eine billigem Ermessen entsprechende Sondergratifikation gewähre.

16

Im erneuten Berufungsverfahren hält der Kläger an seiner Auffassung, ihm stehe für das Jahr 2010 ein Anspruch auf Sondergratifikation in Höhe von 12.500,00 EUR brutto zu, fest. Er verweist hierzu auf die von ihm erstmals im zweiten Berufungsverfahren dezidiert vorgetragenen unbestrittenen Zahlungen der Beklagten in den Jahren 2002 – 2006. Eine Gesamtbetrachtung der in den Jahren 2002 – 2009 vorgenommenen Zahlungen ergebe, dass die Beklagte mit dem Kläger konkludent eine Vergütungsabrede dahin geschlossen habe, ihm jährlich eine Sonderzahlung, die das Zweifache der Bruttomonatsvergütung deutlich übersteige, zu gewähren. Ungeachtet der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 19.11.2010 stehe ihm dieser Anspruch nicht nur anteilig, sondern im vollen Umfang zu. Aufgrund der bis zum Jahr 2005 erfolgten Zahlung der Sondergratifikation jeweils mit der Novemberabrechnung sei als maßgeblicher Stichtag der 30.11. des jeweiligen Jahres in Ansatz zu bringen. Allenfalls komme eine Kürzung hinsichtlich des Zeitraumes 20. – 30.11.2010 in Betracht.

17

Der Kläger beantragt,

18

das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 23.02.2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine jährliche Sondergratifikation in Höhe von 12.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2010 zu zahlen.

19

Die Beklagte beantragt,

20

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

21

Die Beklagte behauptet, Zweck der Sonderzahlung sei es gewesen, den Kläger an den (positiven) Betriebsergebnissen der Niederlassung S zu beteiligen. Weiter sollte die Gratifikation als Belohnung für die von ihm erwartete besondere Loyalität dienen. Diese Zahlungsziele seien schon vor der ersten Zahlung so festgelegt worden. Bereits im Jahr 2009 habe die Niederlassung S jedoch kein positives Geschäftsergebnis mehr erwirtschaftet. Es sei vielmehr ein Fehlbetrag von mehr als 50.000,00 EUR aufgetreten, was der Beklagten bereits im Herbst 2009 bekannt geworden sei. Gleiches gelte für das Jahr 2010. Dabei sei nicht außer Acht zu lassen, dass dieses negative Betriebsergebnis maßgeblich auf das illoyale Verhalten des Klägers, das sich u.a. in der Veruntreuung von rund 14.600,00 EUR manifestiert habe, zurückzuführen sei. Dieser Umstand – der Kläger ist zwischenzeitlich rechtskräftig von dem Arbeitsgericht Dessau-Roßlau mit Urteil vom 12.02.2014 (Bl. 875 – 885 d.A.) zur Zahlung von Schadensersatz aufgrund vorsätzlich unerlaubter Handlung in vorgenannter Höhe verurteilt worden – sei jedenfalls bei der Bestimmung einer billigem Ermessen entsprechenden Höhe der Sondergratifikation zu berücksichtigen. Das Verhalten des Klägers rechtfertige es, die Zahlung für das Jahr 2010 auf "Null" zu reduzieren.

22

Der Kläger hat hierzu entgegnet, die von der Beklagten behauptete Zweckbestimmung für die Leistung der Sonderzahlung werde von ihm bestritten. Darüber hinaus seien derartige Vorgaben nie Gegenstand von vertraglichen Abreden der Parteien gewesen. Ebenso werden die von der Beklagten behaupteten negativen Betriebsergebnisse der Niederlassung S in den Jahren 2009 und 2010 bestritten. Die den Gegenstand des Schadensersatzprozesses bildenden Geldbeträge seien in Absprache mit dem Geschäftsführer der Beklagten in bar vereinbart worden, um nach dessen Vorgabe in eine "schwarze Kasse" eingezahlt zu werden, wie sich aus diversen Zeugenaussagen in dem gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahren ergebe.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

24

Die zulässige Berufung des Klägers ist bezogen auf die zwischen den Parteien noch streitige Gewährung einer Sonderzahlung für das Jahr 2010 teilweise, nämlich in Höhe von 9.392,48 EUR brutto zuzüglich Zinsen begründet.

25

Dem Kläger steht in diesem Umfang aus § 611 BGB i.V.m. einer zwischen den Parteien konkludent abgeschlossenen Vergütungsabrede für das Jahr 2010 ein Anspruch auf Sonderzahlung basierend auf der Höhe des zweifachen monatlichen Bruttoentgeltes (10.600,00 EUR) anteilig für den Zeitraum 01.01. – 19.11.2010 zu.

I.

26

Einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer jährlichen Sondergratifikation haben die Parteien aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen vorbehaltlosen Zahlung einer solchen jedenfalls in den Jahren 2007 – 2009 begründet. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in dem im vorangegangenen Revisionsverfahren 10 AZR 266/14 ergangenen Urteil vom 13.05.2015 (Rn. 16) für das Berufungsgericht bindend (§ 563 Abs. 2 ZPO) festgestellt.

II.

27

Entgegen der Auffassung des Klägers haben die Parteien jedoch keine Vereinbarung geschlossen, aus der ihm für das Jahr 2010 ein Anspruch in Höhe von (mindestens) 12.500,00 EUR brutto zusteht. Ein solcher Erklärungswert folgt aus den von der Beklagten in den Jahren 2007 – 2009 geleisteten Sonderzahlungen nicht (BAG aaO. Rn. 20). Er wird auch nicht durch die im zweiten Berufungsverfahren von dem Kläger dezidiert vorgetragenen Zahlungen der Beklagten in den Jahren 2002 – 2006 begründet. Hieraus ergibt sich in Verbindung mit der jeweils gezahlten monatlichen Vergütung gerade kein "fester Schlüssel", der für das Jahr 2010 zu einer Gratifikationshöhe von 12.500,00 EUR führt. Zuzugeben ist dem Kläger, dass sich die Höhe der Sondergratifikation an der von ihm jeweils zu beanspruchenden monatlichen Vergütung orientiert hat. Eine "exakte" Berechnungsformel lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten. So hat die Beklagte in den Jahren 2003 – 2007 dem Kläger eine jährliche Sonderzahlung in gleichbleibender Höhe (10.000,00 EUR) gewährt, obwohl seine laufende monatliche Vergütung sich in diesem Zeitraum von 4.400,00 auf 4.800,00 EUR brutto erhöht hat.

28

Die Kammer geht jedoch unter Berücksichtigung des ergänzenden – von der Beklagten nicht bestrittenen – Sachvortrages des Klägers zu den in den Jahren 2002 – 2006 geleisteten Sonderzahlungen davon aus, dass die Parteien durch konkludentes Verhalten einen Anspruch des Klägers in Höhe von jedenfalls zwei Bruttomonatsgehältern begründet haben. Die Beklagte hat im vorgenannten Zeitraum kontinuierlich an den Kläger einen Betrag geleistet, der – wenn auch im Jahr 2002 nur "knapp" – das Zweifache seines Bruttomonatsgehaltes überstiegen hat.

III.

29

Dieser Anspruch ist nach dem sich zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bietenden Sachverhalt nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft. Die insoweit darlegungspflichtige Beklagte hat auch nach Auflage durch das Berufungsgericht nicht substantiiert darlegen können, dass die Parteien für die Bestimmung der Höhe der Sonderzahlung weitere Parameter vereinbart haben. Aus ihrem Sachvortrag, bereits vor der ersten Zahlung sei festgelegt worden, diese solle von dem Betriebsergebnis und der Erfüllung von Loyalitätspflichten seitens des Klägers abhängen, ergibt sich nicht hinreichend konkret, ob überhaupt und wenn ja, welche Kriterien genau zum Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung gemacht worden sein sollen. So erscheint es wenig plausibel, wenn die Beklagte, obwohl die Sonderzahlung nur bei positivem Betriebsergebnis der Niederlassung S zur Auszahlung gelangen soll, dem Kläger im Januar 2010 eine Gratifikation in Höhe von 12.500,00 EUR für das Jahr 2009 zukommen lässt, obwohl sie bereits seit Herbst 2009 Kenntnis von einem negativen Betriebsergebnis der Niederlassung in Höhe von mehr als 50.000,00 EUR hatte.

IV.

30

Ein über zwei Bruttomonatsgehälter hinaus gehender Anspruch auf Sonderzahlung für das Jahr 2010 ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Grundsätze des billigen Ermessens.

31

Nach den die Kammer bindenden Vorgaben des Bundesarbeitsgerichts und unter Berücksichtigung des ergänzenden Vortrages des Klägers geht die Berufungskammer für die Entscheidungsfindung davon aus, dass dem Kläger ein Anspruch auf Sonderzahlung in Höhe von zwei Bruttomonatsgehältern "fest" zusteht und er darüber hinaus die Zahlung einer diesen Betrag übersteigenden Sondergratifikation beanspruchen kann, deren Höhe von der Beklagten nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.

32

Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind. Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 20.03.2013 – 10 AZR 8/12 – Rn. 33, 34).

33

Bei Anwendung dieser Rechtssätze entspricht es nach Auffassung der Berufungskammer billigem Ermessen, die dem Kläger für das gesamte Jahr 2010 zustehende Sondergratifikation auf zwei Bruttomonatsgehälter zu begrenzen, mithin den im Ermessen der Beklagten stehenden Teil der Gratifikation auf "Null" festzusetzen. Maßgeblich hierfür ist der Umstand, dass der Kläger nach dem sich insgesamt bietenden Sachverhalt im vorliegenden Rechtsstreit Werklohn aus dem Bauvorhaben "H" in Höhe von mehr als 13.000,00 EUR vereinnahmt und nicht an die Beklagte abgeführt hat, wovon diese erst im Jahr 2010 Kenntnis erlangt hat. Die Kammer hält an ihren diesbezüglichen Ausführungen in dem insoweit rechtskräftigen Urteil vom 15.10.2013 fest und schließt sich weiterhin den Ausführungen des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau in dem ebenfalls rechtskräftigen Urteil vom 12.02.2014 (11 Ca 109/12) an. Das Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 22.10.2015 auf den Seiten 5 und 6 rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Allein aus dem Verweis auf Zeugenaussagen in dem gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahren ergibt sich kein substantiierter Sachvortrag, der die Feststellungen der erkennenden Kammer im Urteil vom 15.10.2013 in Zweifel ziehen könnte. Welchen konkreten Inhalt die Zeugenaussagen haben, trägt der Kläger nicht vor.

34

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der jährlichen Sonderzahlung Vergütungscharakter zukommt, sie also die Gegenleistung für im laufenden Jahr bereits erbrachte Arbeitsleistung bildet (BAG aaO. Rn. 25). Andererseits folgt aus der Bezeichnung "Sonderleistung", dass dieser Vergütungsbestandteil nicht auch dann zur Auszahlung gelangen soll, wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich das Vermögen seines Arbeitgebers in erheblichem Umfang schädigt. Auch wenn die Parteien die Zahlung der Gratifikation – soweit sie im billigen Ermessen der Beklagten stand – nicht an einen besonderen Einsatz des Klägers für das Unternehmen geknüpft haben, so ergibt sich doch aus dem Entgeltcharakter, dass diese die von dem Kläger geschuldete "Normalleistung" zusätzlich vergüten soll. An einer solchen fehlt es jedoch, wenn der Arbeitnehmer bei Ausübung seiner Tätigkeit, die im Synallagma zur Vergütungspflicht des Arbeitgebers steht, vorsätzlich dessen Vermögen schädigt. Der Pflichtverletzung kommt im Unterschied zu kündigungsrelevanten Nebenpflichtverletzungen (z.B. massive Störung des Betriebsfriedens) damit unmittelbar ein Vergütungsbezug zu.

V.

35

Die danach – bezogen auf ein Jahr – mit zwei Bruttomonatsvergütungen zu bemessende Sonderzahlung ist im Hinblick auf das Ausscheiden des Klägers zum 19.11.2010 anteilig zu kürzen. Bemessungsgrundlage für die Sonderzahlung ist der Zeitraum 01.01. – 19.11.2010 (10,633 Monate). Entgegen der Auffassung des Klägers lässt sich aus der bis 2005 erfolgten Abrechnung der Sonderzahlung bereits mit der Novembervergütung am 10. des Folgemonats nicht ableiten, die Parteien haben – auch für das Jahr 2010 noch bindend – den Bezugszeitraum der Sonderzahlung nicht auf das Kalenderjahr, sondern auf den Zeitraum Dezember des Vorjahres bis November des Folgejahres bestimmt. Dabei kann insoweit dahinstehen, welche Abrede die Parteien zur Fälligkeit der Jahresgratifikation konkludent getroffen haben. Allein aus der bis zum Jahr 2005 vorgenommenen Auszahlung der Sondergratifikation bereits zum 10. Dezember ergibt sich kein Erklärungswert dahin, die Beklagte habe jeweils die Leistung des Klägers im Vorjahr zu 1/12 und die im laufenden Jahr zu 11/12 zusätzlich vergüten wollen. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist vielmehr von der typischen Verfahrensweise bei einer jährlichen Sonderzahlung auszugehen, wonach diese, wenn ihre Auszahlung kurz vor oder nach dem Jahresende erfolgt, die im Kalenderjahr geleistete Tätigkeit zusätzlich vergüten soll.

VI.

36

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 1, 614 BGB. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Sondergratifikation seit dem Jahr 2006 jeweils zum 10. Januar des Folgejahres mit der Dezembervergütung zur Auszahlung gelangt ist. Ob im Hinblick auf die Abrechnungspraxis der Beklagten in den Jahren 2002 – 2005 eine Fälligkeit der Vergütung bereits zum 10.12.2010 eingetreten ist, kann dahinstehen, weil der Kläger nach seinen schriftsätzlich angekündigten und bisher auch gestellten Anträgen Zinsen erst seit 11.01.2011 begehrt hat. Zwar ist in dem von dem Kläger im Termin am 08.12.2015 zu Protokoll erklärten Antrag als Zinsbeginn der 11.01.2010 aufgenommen worden. Ergänzende Ausführungen des Klägers zur Begründung eines Zinsanspruchs bereits zu dem vorgenannten Zeitpunkt sind aber nicht erfolgt. Die Kammer geht daher davon aus, dass der Kläger seinem bisherigen Klagebegehren entsprechend weiterhin Zinsen seit 11.01.2011 begehrt.

B.

37

Die Kostenentscheidung, die aufgrund der sehr unterschiedlichen Streitwerte in den einzelnen Instanzen und der sich aus § 12a Abs. 1 ArbGG ergebenden besonderen Kostenregelung für das Arbeitsgerichtsverfahren nach Instanzen getrennt vorzunehmen war (vgl. BAG 04.05.2010 – 9 AZR 183/09), beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und entspricht dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien in den einzelnen Instanzen.

C.

38

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab, sondern wendet insbesondere die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.05.2015 im vorangegangenen Revisionsverfahren der Parteien 10 AZR 266/14 an.

39

Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72a Nichtzulassungsbeschwerde


(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. (2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständ

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 12a Kostentragungspflicht


(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbaru

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Mai 2015 - 10 AZR 266/14

bei uns veröffentlicht am 13.05.2015

Tenor 1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Oktober 2013 - 6 Sa 134/12 - aufgehoben, soweit es die Klage in Bezug auf die jährlich

Bundesarbeitsgericht Urteil, 20. März 2013 - 10 AZR 8/12

bei uns veröffentlicht am 20.03.2013

Tenor 1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 30. November 2011 - 11 Sa 668/11 - wird zurückgewiesen.

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Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Oktober 2013 - 6 Sa 134/12 - aufgehoben, soweit es die Klage in Bezug auf die jährliche Sonderzahlung in Höhe von 12.500,00 Euro abgewiesen hat.

2. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über eine Sonderzahlung.

2

Der Kläger war vom 1. Mai 1992 bis zum 19. November 2010 bei der Beklagten als Bauleiter gegen eine monatliche Vergütung von zuletzt 5.300,00 Euro brutto beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde nicht schriftlich niedergelegt. Der Kläger bekam jährlich zusammen mit der Novembervergütung ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts, das in den Jahren 2007 4.800,00 Euro brutto, 2008 5.200,00 Euro brutto und 2009 5.300,00 Euro brutto betrug. Außerdem erhielt der Kläger mit der am 10. Januar des Folgejahres ausgezahlten Vergütung für Dezember einen in den jeweiligen Abrechnungen als „Sonderzahlung“ ausgewiesenen Betrag, der sich im Jahr 2007 auf 10.000,00 Euro brutto und in den Jahren 2008 und 2009 auf jeweils 12.500,00 Euro brutto belief.

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe auch für das Jahr 2010 eine Sonderzahlung in Höhe von 12.500,00 Euro brutto zu. Durch die vorbehaltlose Leistung einer Sonderzahlung in drei aufeinanderfolgenden Jahren habe die Beklagte ihm gegenüber konkludent eine entsprechende Zahlungsverpflichtung begründet. Die geringere Höhe der Sonderzahlung im Jahr 2007 stehe dem für das Jahr 2010 geltend gemachten Anspruch ebenso wenig entgegen wie die unterjährige Beendigung seines Arbeitsverhältnisses.

4

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.500,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Januar 2011 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

6

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat auf den Streitgegenstand Sonderzahlung beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).

8

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, aus dem Sachvortrag des Klägers lasse sich allenfalls ableiten, dass er infolge der mehrmaligen Gewährung einer Sonderzahlung jeweils nach Ablauf des Kalenderjahres konkludent einen Rechtsanspruch gegen die Beklagte auf eine solche Leistung für den Fall erworben habe, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien am Jahresende (Stichtag) noch bestanden habe. Da der Kläger unterjährig ausgeschieden sei, scheide auch eine anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2010 aus.

9

II. Dem folgt der Senat nicht. Dabei kann dahinstehen, ob der Senat den Erklärungswert des vom Kläger vorgetragenen Verhaltens der Beklagten in vollem Umfang oder - etwa wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen - nur eingeschränkt daraufhin überprüfen kann, ob das Landesarbeitsgericht bei seiner Auslegung die dafür geltenden gesetzlichen Regeln (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (vgl. BAG 17. April 2013 - 10 AZR 251/12 - Rn. 15). Die Beurteilung des Parteivortrags durch das Landesarbeitsgericht hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist von unzutreffenden rechtlichen Annahmen ausgegangen und hat nicht alle für die Auslegung wesentlichen Umstände berücksichtigt.

10

1. Für die rechtliche Einordnung des Verhaltens der Beklagten sind nach der Senatsrechtsprechung folgende Grundsätze maßgeblich:

11

a) Gewährt der Arbeitgeber zusätzlich zu dem vereinbarten monatlichen Gehalt eine einmalige Sonderzahlung, ist zunächst durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB)zu ermitteln, ob er sich nur zu der konkreten Leistung oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 11, BAGE 139, 156). Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit einem Erklärungswert, wie einer betrieblichen Übung, ergeben. Auch wenn keine betriebliche Übung besteht, weil der Arbeitgeber eine Zahlung nur an einen Arbeitnehmer vorgenommen hat und damit das kollektive Element fehlt, kann für diesen durch die Leistungsgewährung ein Anspruch entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen konnte, das er gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 12 f. mwN, aaO).

12

b) Die vom Arbeitgeber mit einer Sonderzahlung verfolgten Zwecke sind durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen zu ermitteln.

13

aa) Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist. Macht die Zahlung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers aus, handelt es sich gleichfalls regelmäßig um Arbeitsentgelt, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 15, BAGE 140, 239). Wird die Zahlung erbracht, ohne dass weitere Anspruchsvoraussetzungen vereinbart sind, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldet wird (vgl. BAG 3. September 2014 - 5 AZR 1020/12 - Rn. 30). Gleiches gilt, wenn die Höhe der Leistung nach der vom Arbeitgeber getroffenen Zweckbestimmung vom Betriebsergebnis abhängt. Auch in diesem Fall handelt es sich grundsätzlich um eine Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers, da die synallagmatische Verknüpfung dieser Leistungen nicht durch die Abhängigkeit des gezahlten Entgelts von einem Unternehmensergebnis im maßgeblichen Bezugszeitraum in Frage gestellt wird (vgl. BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, BAGE 137, 300; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 10, aaO).

14

bb) Will der Arbeitgeber andere Zwecke als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben. So können Sonderzahlungen als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren; der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen. Ist die Honorierung künftiger Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Sonderzuwendung nur bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren Bindungszeitraums gezahlt wird oder der Arbeitnehmer diese zurückzuzahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen endet. Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Ein weiteres Merkmal derartiger Zahlungen ist, dass sie nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängen (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239).

15

c) Gewährt der Arbeitgeber auf einseitig vorgegebener vertraglicher Grundlage eine Sonderzahlung, die auch Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung ist, kann die Sonderzahlung nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine solche Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 31, BAGE 146, 284). Dies gilt gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch bei sog. „Einmal-Bedingungen“, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Vorformulierung oder einseitigen Vorgabe durch den Arbeitgeber auf deren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.

16

2. Nach diesen Grundsätzen erweist sich die klageabweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in Bezug auf die vom Kläger verlangte Sonderzahlung als unzutreffend. Die gebotene Auslegung des Vortrags beider Parteien ergibt vielmehr, dass der Kläger aufgrund einer konkludent geschlossenen arbeitsvertraglichen Abrede mit der Beklagten einen Anspruch auf eine anteilige Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2010 gegen die Beklagte erworben hat, der mit der Dezembervergütung fällig geworden ist und dessen Höhe die Beklagte nach billigem Ermessen zu bestimmen hatte. Der Senat kann diese Auslegung selbst vornehmen, da der insoweit maßgebliche Sachverhalt feststeht und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13 - Rn. 55 mwN).

17

a) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, den Zahlungen in den Jahren 2007 bis 2009 sei zu entnehmen, dass die Beklagte allenfalls einen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung für den Fall des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses am Jahresende begründen wollte, berücksichtigt den Vortrag der Parteien nicht genügend und verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die Beklagte hatte im zweiten Rechtszug behauptet, die Höhe der Zahlung sei vom Betriebsergebnis abhängig gewesen. Weitere Anspruchsvoraussetzungen hat sie nicht näher dargelegt. Nachdem auch der Kläger vorgetragen hat, die Zahlung sei mit keinen weiteren Anforderungen verbunden worden, liegt es fern, allein aus der Auszahlung der Sonderzuwendung mit dem Dezembergehalt den Schluss zu ziehen, weitere Anspruchsvoraussetzung hierfür sei das Bestehen des Arbeitsverhältnisses am Jahresende gewesen. Dies verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze, denn es ist viel nahe liegender, diesen Auszahlungszeitpunkt als bloßen Fälligkeitstermin zu verstehen, wenn ansonsten hierzu jeglicher Vortrag fehlt.

18

b) Für die gebotene Auslegung der Handlungen der Beklagten ist in tatsächlicher Hinsicht zugrunde zu legen, dass der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in den Jahren 2007 bis 2009 zusätzlich zum Dezembergehalt einen als „Sonderzahlung“ ausgewiesenen Betrag erhalten hat, der sich im Jahr 2007 auf 10.000,00 Euro brutto und in den Jahren 2008 und 2009 gleichbleibend auf 12.500,00 Euro brutto belief. Die Steigerung erfolgte nicht proportional zur Entwicklung der Monatsvergütung des Klägers. Aus der Bezeichnung der Leistung als „Sonderzahlung“ in den jeweiligen Abrechnungen, ihrer dreimaligen vorbehaltlosen Auszahlung jeweils zum Jahresende und ihrer unterschiedlichen Höhe konnte der Kläger verständiger Weise auf ein verbindliches Angebot der Beklagten iSv. § 145 BGB des Inhalts schließen, in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung zu leisten.

19

Umstände, die dafür sprechen, dass die Beklagte nur in dem jeweiligen Auszahlungsjahr eine Sonderzahlung leisten und keine weitere Bindung eingehen wollte, sind nicht ersichtlich. Einen entsprechenden Vorbehalt hat die Beklagte auch nicht konkludent erklärt. Aus der nicht gleichförmigen Höhe der Sonderzahlung in den Jahren 2007 bis 2009 musste der Kläger nicht den Schluss ziehen, die Beklagte habe sich nicht dem Grunde nach auf Dauer binden wollen. Es ist gerade typisch für eine vom Betriebsergebnis abhängige Sonderzahlung, dass deren Höhe schwanken kann (BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 17). Dass die Beklagte dieses Verständnis teilt, belegt nicht zuletzt ihr Vortrag, es sei jährlich neu über die Höhe der Sonderzahlung entschieden worden. Demzufolge ging auch die Beklagte davon aus, die Sonderzahlung werde grundsätzlich geschuldet und lediglich die Festsetzung ihrer Höhe bedürfe einer jährlich neu zu treffenden Entscheidung. Soweit der Senat - allerdings im Zusammenhang mit einer betrieblichen Übung - im Urteil vom 28. Februar 1996 (- 10 AZR 516/95 -) vertreten hat, bei der Leistung einer Zuwendung in jährlich individuell unterschiedlicher Höhe fehle es bereits an einer regelmäßigen gleichförmigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen und es komme darin lediglich der Wille des Arbeitgebers zum Ausdruck, in jedem Jahr neu „nach Gutdünken“ über die Zuwendung zu entscheiden, hält er daran nicht fest.

20

c) Entgegen der Auffassung der Revision konnte der Kläger aus dem Verhalten der Beklagten jedoch nicht den Schluss ziehen, die Sonderzahlung betrage 12.500,00 Euro brutto. Dagegen spricht bereits, dass die Sonderzahlung nur in zwei der insgesamt drei aufeinanderfolgenden Jahren gleichbleibend 12.500,00 Euro brutto betragen hat und im Jahr 2009 nicht nochmals angestiegen ist, obwohl das Monatsgehalt des Klägers in jedem der drei Jahre erhöht worden war. Der Kläger musste deshalb das Verhalten der Beklagten so verstehen, dass diese Jahr für Jahr über die Höhe der Sonderzahlung neu entscheidet.

21

d) Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich, dass er das Angebot der Beklagten auf Leistung einer von ihr einseitig festzusetzenden jährlichen Sonderzahlung durch Entgegennahme der drei aufeinanderfolgenden Zahlungen in den Jahren 2007, 2008 und 2009 und damit durch schlüssiges Verhalten (§ 151 BGB) angenommen hat.

22

e) Der Einwand der Beklagten, bei der Sonderzahlung habe es sich um eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung gehandelt, steht dieser rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Der Begriff „freiwillig“ bringt regelmäßig lediglich zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber nicht bereits durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zur Zahlung verpflichtet ist. Er genügt für sich genommen nicht, um einen Rechtsanspruch auf die Leistung auszuschließen (BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Die Beklagte kann sich ebenfalls nicht mit Erfolg darauf berufen, die Sonderzahlung sei jederzeit widerruflich gewesen. Abgesehen davon, dass sie nicht vorgetragen hat, wann und auf welche Weise sie mit dem Kläger einen wirksamen Widerrufsvorbehalt vereinbart habe, hat sie nicht dargelegt, dass sie die vereinbarte Leistung für das Jahr 2010 widerrufen hat. Das bloße Unterlassen einer Zahlung ist für sich betrachtet kein Widerruf. Hinzu kommt, dass eine Leistung nicht - wie von der Beklagten behauptet - zugleich freiwillig und widerruflich sein kann (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 21 f., BAGE 139, 156).

23

3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, einem Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2010 stehe entgegen, dass ein solcher Anspruch nach dem Vortrag des Klägers vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des laufenden Jahres abhängig sei, das Arbeitsverhältnis jedoch bereits am 19. November 2010 geendet habe. Damit hat das Landesarbeitsgericht außer Acht gelassen, dass die Beklagte die Sonderzahlung als zusätzliche Vergütung für die vom Kläger im Kalenderjahr geleistete Arbeit erbracht hat. Dies ergibt sich sowohl aus den Darlegungen des Klägers als auch der Beklagten.

24

a) Nach dem Vortrag des Klägers hat die Beklagte die Zahlung vorbehaltlos und ohne weitere Leistungszweckbestimmungen vorgenommen. Nach dem Vorbringen der Beklagten war die Höhe der Sonderzahlung an das Betriebsergebnis gekoppelt. Die synallagmatische Verbindung zwischen Arbeitsleistung und Sonderzahlung wird jedoch durch deren Anknüpfung an das Betriebsergebnis nicht in Frage gestellt.

25

b) Allein dem Umstand, dass die Sonderzahlung jeweils zum Ende des Kalenderjahres ausgezahlt wurde, lässt sich nicht entnehmen, dass mit ihr ausschließlich die Betriebstreue honoriert werden sollte. Will der Arbeitgeber andere Ziele als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, muss dies vielmehr deutlich aus der zugrunde liegenden, ggf. konkludent getroffenen arbeitsvertraglichen Abrede hervorgehen (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 15, BAGE 140, 239). Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Gegen ein solches Verständnis spricht im vorliegenden Fall, dass die Sonderzahlung mit rund 15 % einen nicht unwesentlichen Teil der Gesamtvergütung ausgemacht hat und zusätzlich zu einem Weihnachtsgeld entrichtet wurde. Da die Sonderzahlung somit Gegenleistung für die im laufenden Jahr erbrachte Arbeitsleistung des Klägers war, konnte sie nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden.

26

III. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um abschließend über die Höhe der dem Kläger anteilig für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 19. November 2010 zustehenden Sonderzahlung befinden zu können.

27

Die Beklagte hatte nach dem bisherigen Prozessverlauf keinen hinreichenden Anlass, nähere Einzelheiten dazu vorzutragen, ob und ggf. welche konkreten Vereinbarungen sie mit dem Kläger über die Bemessung der Sonderzahlung getroffen hat. Sie hat in den Vorinstanzen lediglich pauschal behauptet, die Zahlung sei vom Betriebsergebnis abhängig gewesen. Was sie hierunter konkret versteht, hat sie nicht erläutert. Da der Kläger im Rahmen der insoweit geltenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast bereits alle Umstände zur Begründung eines Anspruchs auf die anteilige Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2010 schlüssig dargelegt hat, deren Höhe die Beklagte nach billigem Ermessen iSd. § 315 BGB zu bestimmen hat, wird das Landesarbeitsgericht der Beklagten Gelegenheit zu geben haben, darzulegen, ob und ggf. welche konkreten Kriterien sie mit dem Kläger vereinbart hat und in welcher (anteiligen) Höhe sich bei Anwendung dieser Kriterien ein Anspruch des Klägers für die Zeit vom 1. Januar bis zum 19. November 2010 ergibt.

28

Sollte die Beklagte eine Vereinbarung mit dem Kläger über die Bemessung der Höhe der Sonderzahlung nicht darlegen können oder insoweit beweisfällig bleiben, wird das Landesarbeitsgericht der Beklagten Gelegenheit zu geben haben, ergänzend vorzutragen, dass die für das Kalenderjahr 2010 vorgenommene Leistungsbestimmung „auf Null“ billigem Ermessen entsprach (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Beklagte als diejenige, der das Leistungsbestimmungsrecht zustand, ist dafür darlegungs- und beweispflichtig (BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 33). Entspricht die Leistungsbestimmung nicht billigem Ermessen, wird sie das Landesarbeitsgericht gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB selbst vorzunehmen haben.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

        

        

    W. Guthier    

        

    D. Schumann    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 15. Oktober 2013 - 6 Sa 134/12 - aufgehoben, soweit es die Klage in Bezug auf die jährliche Sonderzahlung in Höhe von 12.500,00 Euro abgewiesen hat.

2. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über eine Sonderzahlung.

2

Der Kläger war vom 1. Mai 1992 bis zum 19. November 2010 bei der Beklagten als Bauleiter gegen eine monatliche Vergütung von zuletzt 5.300,00 Euro brutto beschäftigt. Der Arbeitsvertrag wurde nicht schriftlich niedergelegt. Der Kläger bekam jährlich zusammen mit der Novembervergütung ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehalts, das in den Jahren 2007 4.800,00 Euro brutto, 2008 5.200,00 Euro brutto und 2009 5.300,00 Euro brutto betrug. Außerdem erhielt der Kläger mit der am 10. Januar des Folgejahres ausgezahlten Vergütung für Dezember einen in den jeweiligen Abrechnungen als „Sonderzahlung“ ausgewiesenen Betrag, der sich im Jahr 2007 auf 10.000,00 Euro brutto und in den Jahren 2008 und 2009 auf jeweils 12.500,00 Euro brutto belief.

3

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe auch für das Jahr 2010 eine Sonderzahlung in Höhe von 12.500,00 Euro brutto zu. Durch die vorbehaltlose Leistung einer Sonderzahlung in drei aufeinanderfolgenden Jahren habe die Beklagte ihm gegenüber konkludent eine entsprechende Zahlungsverpflichtung begründet. Die geringere Höhe der Sonderzahlung im Jahr 2007 stehe dem für das Jahr 2010 geltend gemachten Anspruch ebenso wenig entgegen wie die unterjährige Beendigung seines Arbeitsverhältnisses.

4

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.500,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Januar 2011 zu zahlen.

5

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

6

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Senat auf den Streitgegenstand Sonderzahlung beschränkt zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).

8

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, aus dem Sachvortrag des Klägers lasse sich allenfalls ableiten, dass er infolge der mehrmaligen Gewährung einer Sonderzahlung jeweils nach Ablauf des Kalenderjahres konkludent einen Rechtsanspruch gegen die Beklagte auf eine solche Leistung für den Fall erworben habe, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien am Jahresende (Stichtag) noch bestanden habe. Da der Kläger unterjährig ausgeschieden sei, scheide auch eine anteilige Sonderzahlung für das Jahr 2010 aus.

9

II. Dem folgt der Senat nicht. Dabei kann dahinstehen, ob der Senat den Erklärungswert des vom Kläger vorgetragenen Verhaltens der Beklagten in vollem Umfang oder - etwa wegen des Einzelfallcharakters der Zahlungen - nur eingeschränkt daraufhin überprüfen kann, ob das Landesarbeitsgericht bei seiner Auslegung die dafür geltenden gesetzlichen Regeln (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt, allgemeine Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt oder für die Auslegung wesentliche Umstände außer Acht gelassen hat (vgl. BAG 17. April 2013 - 10 AZR 251/12 - Rn. 15). Die Beurteilung des Parteivortrags durch das Landesarbeitsgericht hält bereits einer eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist von unzutreffenden rechtlichen Annahmen ausgegangen und hat nicht alle für die Auslegung wesentlichen Umstände berücksichtigt.

10

1. Für die rechtliche Einordnung des Verhaltens der Beklagten sind nach der Senatsrechtsprechung folgende Grundsätze maßgeblich:

11

a) Gewährt der Arbeitgeber zusätzlich zu dem vereinbarten monatlichen Gehalt eine einmalige Sonderzahlung, ist zunächst durch Auslegung (§§ 133, 157 BGB)zu ermitteln, ob er sich nur zu der konkreten Leistung oder darüber hinaus auch für die Zukunft verpflichtet hat (vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 11, BAGE 139, 156). Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich insbesondere aus einem Verhalten mit einem Erklärungswert, wie einer betrieblichen Übung, ergeben. Auch wenn keine betriebliche Übung besteht, weil der Arbeitgeber eine Zahlung nur an einen Arbeitnehmer vorgenommen hat und damit das kollektive Element fehlt, kann für diesen durch die Leistungsgewährung ein Anspruch entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen konnte, das er gemäß § 151 BGB durch schlüssiges Verhalten angenommen hat(vgl. BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 12 f. mwN, aaO).

12

b) Die vom Arbeitgeber mit einer Sonderzahlung verfolgten Zwecke sind durch Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen zu ermitteln.

13

aa) Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft ist. Macht die Zahlung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des Arbeitnehmers aus, handelt es sich gleichfalls regelmäßig um Arbeitsentgelt, das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 15, BAGE 140, 239). Wird die Zahlung erbracht, ohne dass weitere Anspruchsvoraussetzungen vereinbart sind, spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die Arbeitsleistung geschuldet wird (vgl. BAG 3. September 2014 - 5 AZR 1020/12 - Rn. 30). Gleiches gilt, wenn die Höhe der Leistung nach der vom Arbeitgeber getroffenen Zweckbestimmung vom Betriebsergebnis abhängt. Auch in diesem Fall handelt es sich grundsätzlich um eine Gegenleistung des Arbeitgebers für erbrachte Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers, da die synallagmatische Verknüpfung dieser Leistungen nicht durch die Abhängigkeit des gezahlten Entgelts von einem Unternehmensergebnis im maßgeblichen Bezugszeitraum in Frage gestellt wird (vgl. BAG 12. April 2011 - 1 AZR 412/09 - Rn. 25, BAGE 137, 300; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 10, aaO).

14

bb) Will der Arbeitgeber andere Zwecke als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden Vereinbarung ergeben. So können Sonderzahlungen als Treueprämie erwiesene oder als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren; der Arbeitgeber kann aber auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen. Ist die Honorierung künftiger Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Sonderzuwendung nur bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren Bindungszeitraums gezahlt wird oder der Arbeitnehmer diese zurückzuzahlen hat, wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen endet. Ist die Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten) Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Ein weiteres Merkmal derartiger Zahlungen ist, dass sie nicht von einer bestimmten Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängen (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239).

15

c) Gewährt der Arbeitgeber auf einseitig vorgegebener vertraglicher Grundlage eine Sonderzahlung, die auch Gegenleistung für die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung ist, kann die Sonderzahlung nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine solche Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert (vgl. BAG 13. November 2013 - 10 AZR 848/12 - Rn. 31, BAGE 146, 284). Dies gilt gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch bei sog. „Einmal-Bedingungen“, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Vorformulierung oder einseitigen Vorgabe durch den Arbeitgeber auf deren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.

16

2. Nach diesen Grundsätzen erweist sich die klageabweisende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in Bezug auf die vom Kläger verlangte Sonderzahlung als unzutreffend. Die gebotene Auslegung des Vortrags beider Parteien ergibt vielmehr, dass der Kläger aufgrund einer konkludent geschlossenen arbeitsvertraglichen Abrede mit der Beklagten einen Anspruch auf eine anteilige Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2010 gegen die Beklagte erworben hat, der mit der Dezembervergütung fällig geworden ist und dessen Höhe die Beklagte nach billigem Ermessen zu bestimmen hatte. Der Senat kann diese Auslegung selbst vornehmen, da der insoweit maßgebliche Sachverhalt feststeht und weiterer Sachvortrag nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13 - Rn. 55 mwN).

17

a) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, den Zahlungen in den Jahren 2007 bis 2009 sei zu entnehmen, dass die Beklagte allenfalls einen Rechtsanspruch auf die Sonderzahlung für den Fall des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses am Jahresende begründen wollte, berücksichtigt den Vortrag der Parteien nicht genügend und verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die Beklagte hatte im zweiten Rechtszug behauptet, die Höhe der Zahlung sei vom Betriebsergebnis abhängig gewesen. Weitere Anspruchsvoraussetzungen hat sie nicht näher dargelegt. Nachdem auch der Kläger vorgetragen hat, die Zahlung sei mit keinen weiteren Anforderungen verbunden worden, liegt es fern, allein aus der Auszahlung der Sonderzuwendung mit dem Dezembergehalt den Schluss zu ziehen, weitere Anspruchsvoraussetzung hierfür sei das Bestehen des Arbeitsverhältnisses am Jahresende gewesen. Dies verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze, denn es ist viel nahe liegender, diesen Auszahlungszeitpunkt als bloßen Fälligkeitstermin zu verstehen, wenn ansonsten hierzu jeglicher Vortrag fehlt.

18

b) Für die gebotene Auslegung der Handlungen der Beklagten ist in tatsächlicher Hinsicht zugrunde zu legen, dass der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in den Jahren 2007 bis 2009 zusätzlich zum Dezembergehalt einen als „Sonderzahlung“ ausgewiesenen Betrag erhalten hat, der sich im Jahr 2007 auf 10.000,00 Euro brutto und in den Jahren 2008 und 2009 gleichbleibend auf 12.500,00 Euro brutto belief. Die Steigerung erfolgte nicht proportional zur Entwicklung der Monatsvergütung des Klägers. Aus der Bezeichnung der Leistung als „Sonderzahlung“ in den jeweiligen Abrechnungen, ihrer dreimaligen vorbehaltlosen Auszahlung jeweils zum Jahresende und ihrer unterschiedlichen Höhe konnte der Kläger verständiger Weise auf ein verbindliches Angebot der Beklagten iSv. § 145 BGB des Inhalts schließen, in jedem Kalenderjahr eine Sonderzahlung zu leisten.

19

Umstände, die dafür sprechen, dass die Beklagte nur in dem jeweiligen Auszahlungsjahr eine Sonderzahlung leisten und keine weitere Bindung eingehen wollte, sind nicht ersichtlich. Einen entsprechenden Vorbehalt hat die Beklagte auch nicht konkludent erklärt. Aus der nicht gleichförmigen Höhe der Sonderzahlung in den Jahren 2007 bis 2009 musste der Kläger nicht den Schluss ziehen, die Beklagte habe sich nicht dem Grunde nach auf Dauer binden wollen. Es ist gerade typisch für eine vom Betriebsergebnis abhängige Sonderzahlung, dass deren Höhe schwanken kann (BAG 21. April 2010 - 10 AZR 163/09 - Rn. 17). Dass die Beklagte dieses Verständnis teilt, belegt nicht zuletzt ihr Vortrag, es sei jährlich neu über die Höhe der Sonderzahlung entschieden worden. Demzufolge ging auch die Beklagte davon aus, die Sonderzahlung werde grundsätzlich geschuldet und lediglich die Festsetzung ihrer Höhe bedürfe einer jährlich neu zu treffenden Entscheidung. Soweit der Senat - allerdings im Zusammenhang mit einer betrieblichen Übung - im Urteil vom 28. Februar 1996 (- 10 AZR 516/95 -) vertreten hat, bei der Leistung einer Zuwendung in jährlich individuell unterschiedlicher Höhe fehle es bereits an einer regelmäßigen gleichförmigen Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen und es komme darin lediglich der Wille des Arbeitgebers zum Ausdruck, in jedem Jahr neu „nach Gutdünken“ über die Zuwendung zu entscheiden, hält er daran nicht fest.

20

c) Entgegen der Auffassung der Revision konnte der Kläger aus dem Verhalten der Beklagten jedoch nicht den Schluss ziehen, die Sonderzahlung betrage 12.500,00 Euro brutto. Dagegen spricht bereits, dass die Sonderzahlung nur in zwei der insgesamt drei aufeinanderfolgenden Jahren gleichbleibend 12.500,00 Euro brutto betragen hat und im Jahr 2009 nicht nochmals angestiegen ist, obwohl das Monatsgehalt des Klägers in jedem der drei Jahre erhöht worden war. Der Kläger musste deshalb das Verhalten der Beklagten so verstehen, dass diese Jahr für Jahr über die Höhe der Sonderzahlung neu entscheidet.

21

d) Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich, dass er das Angebot der Beklagten auf Leistung einer von ihr einseitig festzusetzenden jährlichen Sonderzahlung durch Entgegennahme der drei aufeinanderfolgenden Zahlungen in den Jahren 2007, 2008 und 2009 und damit durch schlüssiges Verhalten (§ 151 BGB) angenommen hat.

22

e) Der Einwand der Beklagten, bei der Sonderzahlung habe es sich um eine freiwillige, jederzeit widerrufliche Leistung gehandelt, steht dieser rechtlichen Bewertung nicht entgegen. Der Begriff „freiwillig“ bringt regelmäßig lediglich zum Ausdruck, dass der Arbeitgeber nicht bereits durch Gesetz, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung zur Zahlung verpflichtet ist. Er genügt für sich genommen nicht, um einen Rechtsanspruch auf die Leistung auszuschließen (BAG 20. Februar 2013 - 10 AZR 177/12 - Rn. 17). Die Beklagte kann sich ebenfalls nicht mit Erfolg darauf berufen, die Sonderzahlung sei jederzeit widerruflich gewesen. Abgesehen davon, dass sie nicht vorgetragen hat, wann und auf welche Weise sie mit dem Kläger einen wirksamen Widerrufsvorbehalt vereinbart habe, hat sie nicht dargelegt, dass sie die vereinbarte Leistung für das Jahr 2010 widerrufen hat. Das bloße Unterlassen einer Zahlung ist für sich betrachtet kein Widerruf. Hinzu kommt, dass eine Leistung nicht - wie von der Beklagten behauptet - zugleich freiwillig und widerruflich sein kann (BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 21 f., BAGE 139, 156).

23

3. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht angenommen, einem Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung für das Jahr 2010 stehe entgegen, dass ein solcher Anspruch nach dem Vortrag des Klägers vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des laufenden Jahres abhängig sei, das Arbeitsverhältnis jedoch bereits am 19. November 2010 geendet habe. Damit hat das Landesarbeitsgericht außer Acht gelassen, dass die Beklagte die Sonderzahlung als zusätzliche Vergütung für die vom Kläger im Kalenderjahr geleistete Arbeit erbracht hat. Dies ergibt sich sowohl aus den Darlegungen des Klägers als auch der Beklagten.

24

a) Nach dem Vortrag des Klägers hat die Beklagte die Zahlung vorbehaltlos und ohne weitere Leistungszweckbestimmungen vorgenommen. Nach dem Vorbringen der Beklagten war die Höhe der Sonderzahlung an das Betriebsergebnis gekoppelt. Die synallagmatische Verbindung zwischen Arbeitsleistung und Sonderzahlung wird jedoch durch deren Anknüpfung an das Betriebsergebnis nicht in Frage gestellt.

25

b) Allein dem Umstand, dass die Sonderzahlung jeweils zum Ende des Kalenderjahres ausgezahlt wurde, lässt sich nicht entnehmen, dass mit ihr ausschließlich die Betriebstreue honoriert werden sollte. Will der Arbeitgeber andere Ziele als die Vergütung der Arbeitsleistung verfolgen, muss dies vielmehr deutlich aus der zugrunde liegenden, ggf. konkludent getroffenen arbeitsvertraglichen Abrede hervorgehen (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 15, BAGE 140, 239). Hierfür fehlen jegliche Anhaltspunkte. Gegen ein solches Verständnis spricht im vorliegenden Fall, dass die Sonderzahlung mit rund 15 % einen nicht unwesentlichen Teil der Gesamtvergütung ausgemacht hat und zusätzlich zu einem Weihnachtsgeld entrichtet wurde. Da die Sonderzahlung somit Gegenleistung für die im laufenden Jahr erbrachte Arbeitsleistung des Klägers war, konnte sie nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht werden.

26

III. Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen reichen nicht aus, um abschließend über die Höhe der dem Kläger anteilig für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 19. November 2010 zustehenden Sonderzahlung befinden zu können.

27

Die Beklagte hatte nach dem bisherigen Prozessverlauf keinen hinreichenden Anlass, nähere Einzelheiten dazu vorzutragen, ob und ggf. welche konkreten Vereinbarungen sie mit dem Kläger über die Bemessung der Sonderzahlung getroffen hat. Sie hat in den Vorinstanzen lediglich pauschal behauptet, die Zahlung sei vom Betriebsergebnis abhängig gewesen. Was sie hierunter konkret versteht, hat sie nicht erläutert. Da der Kläger im Rahmen der insoweit geltenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast bereits alle Umstände zur Begründung eines Anspruchs auf die anteilige Sonderzahlung für das Kalenderjahr 2010 schlüssig dargelegt hat, deren Höhe die Beklagte nach billigem Ermessen iSd. § 315 BGB zu bestimmen hat, wird das Landesarbeitsgericht der Beklagten Gelegenheit zu geben haben, darzulegen, ob und ggf. welche konkreten Kriterien sie mit dem Kläger vereinbart hat und in welcher (anteiligen) Höhe sich bei Anwendung dieser Kriterien ein Anspruch des Klägers für die Zeit vom 1. Januar bis zum 19. November 2010 ergibt.

28

Sollte die Beklagte eine Vereinbarung mit dem Kläger über die Bemessung der Höhe der Sonderzahlung nicht darlegen können oder insoweit beweisfällig bleiben, wird das Landesarbeitsgericht der Beklagten Gelegenheit zu geben haben, ergänzend vorzutragen, dass die für das Kalenderjahr 2010 vorgenommene Leistungsbestimmung „auf Null“ billigem Ermessen entsprach (§ 315 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Beklagte als diejenige, der das Leistungsbestimmungsrecht zustand, ist dafür darlegungs- und beweispflichtig (BAG 20. März 2013 - 10 AZR 8/12 - Rn. 33). Entspricht die Leistungsbestimmung nicht billigem Ermessen, wird sie das Landesarbeitsgericht gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB selbst vorzunehmen haben.

        

    Linck    

        

    W. Reinfelder    

        

    Brune    

        

        

        

    W. Guthier    

        

    D. Schumann    

                 

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Tenor

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 30. November 2011 - 11 Sa 668/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung eines Leistungsbonus für das Jahr 2008.

2

Die Beklagte entstand Mitte 2009 aus dem Zusammenschluss der H Bank AG und der D AG. Sie gehört zur H-Group (H-Gruppe). Diese besteht aus der H Holding AG, der Beklagten, der DE BANK plc, Dublin (Irland) sowie deren Tochtergesellschaften. Der Kläger war für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin H Bank AG als „Property Analyst“ auf der Grundlage des Dienstvertrags vom 5. August 2003 tätig. Der Dienstvertrag enthält auszugsweise nachstehende Regelungen:

        

        

„II.   

        

1. Vergütung

        

Der Mitarbeiter erhält ein jährliches Gesamtgehalt, das sich aus Grundgehalt, Leistungsbonus und Sonderzahlung zusammensetzt. Die genaue Höhe des Grundgehalts ergibt sich aus dem Begleitschreiben zu diesem Vertrag.

        

…       

        

2. Leistungsbonus

        

Darüber hinaus erhält der Mitarbeiter einen Leistungsbonus. Dieser richtet sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank. Er wird jedes Jahr für das abgelaufene Jahr festgesetzt. Der Leistungsbonus wird jeweils mit dem Maigehalt eines Jahres für das zurückliegende Kalenderjahr gezahlt.

        

Etwaige Ansprüche auf Zulagen oder Mehrarbeitsvergütung sind mit dem Gehalt abgegolten.

        

…       

        

IV.     

        

…       

        
        

6. Betriebsvereinbarungen

        

Für das Dienstverhältnis gelten die Arbeitsordnung und die gültigen Betriebsvereinbarungen der H Bank AG in den jeweils gültigen Fassungen.“

3

Das in II 1 des Dienstvertrags in Bezug genommene Begleitschreiben hat auszugsweise nachstehenden Inhalt:

        

„Ab diesem Zeitpunkt setzt sich Ihr Gehalt aus verschiedenen Bestandteilen zusammen:

        

Grundgehalt

        

Ihr jährliches Grundgehalt beträgt EUR 73.200,00 brutto. Es wird in 12 monatlichen Teilbeträgen von EUR 6.100,00 brutto ausgezahlt.

        

Sonderzahlung

        

Zusätzlich mit dem Dezembergehalt erhalten Sie eine Sonderzahlung in Höhe von einem Monatsgehalt.

        

Leistungsbonus

        

Durch Ihre Leistung beeinflussen Sie auch die Höhe Ihres Gehalts.

        

Ihr Leistungsbonus kann zwischen 0 - 200 % Ihres Basiswertes betragen, der zur Zeit bei EUR 16.600,00 brutto liegt.

        

…       

        

Gesamtgehalt

        

Je nach Höhe Ihres Leistungsbonus wird Ihr Gesamtgehalt deshalb zwischen EUR 79.300,00 brutto und EUR 112.500,00 brutto liegen.“

4

Bei Vertragsschluss bestand eine Betriebsvereinbarung „Flexibles Vergütungssystem“ vom 5. September 2001 zwischen der H Bank AG und deren Gesamtbetriebsrat (nachfolgend: BV 2001), die sich über den Leistungsbonus wie folgt verhält:

        

„…    

        
        

III.   

Der Leistungsbonus

                 

Die Leistung des Mitarbeiters wird auch über den Leistungsbonus honoriert. Sie wird auf der Basis der individuellen Leistung und des Teamverhaltens bewertet. Dabei spiegelt sich die Leistung maßgeblich in der Zielerreichung wider. Einflussfaktoren wie Marktsituation, Organisation, Team, Führungskraft und persönliche Voraussetzungen sind darüber hinaus zu berücksichtigen.

                 

…       

                 

Für die Höhe des Leistungsbonus ist neben der Leistung und dem Teamverhalten auch der Erfolg des Unternehmens in dem jeweiligen Geschäftsjahr maßgeblich. Seitens der Bank wird angestrebt, das für das jeweilige Geschäftsjahr zur Verfügung stehende Leistungsbonusbudget rechtzeitig vor Beginn der Mitarbeitergespräche bekannt zu geben. Der Leistungsbonus bemisst sich jeweils aus einem fixierten Basiswert. Sofern die Ziele nicht erreicht wurden, beträgt er zwischen 0 und unter 75 % des Basiswertes. Sofern die Ziele erreicht wurden, hat der Mitarbeiter Anspruch auf einen Bonus in Höhe von mindestens 75 % des Basiswertes (Regelbandbreite 75 % bis unter 150 %). Sofern die Ziele deutlich übertroffen wurden, hat er einen Anspruch auf mindestens 150 % des Basiswertes (Regelbandbreite 150 % bis 200 %).

                 

Die Festlegung der Bonushöhe innerhalb der dargestellten Bandbreiten liegt in der Verantwortung der unmittelbaren Führungskraft.

                 

…       

                 

Der Leistungsbonus wird jeweils für die Leistung des vorangegangenen Kalenderjahres neu festgelegt und im ersten halben Jahr des laufenden Jahres ausgezahlt.

        

…“    

5

Die BV 2001 wurde durch die „Betriebsvereinbarung zur flexiblen Vergütung und zum Mitarbeitergespräch“ vom 13. Oktober 2005 ersetzt (nachfolgend: BV 2005). Diese regelt ua. Folgendes:

        

B.    

Flexible Vergütung

        

I.    

Die zwei Vergütungskomponenten

        

Die Mitarbeiter erhalten ein Festgehalt und einen (Leistungs-)Bonus (im Folgenden Bonus genannt).

        

II.     

Die Vergütung der einzelnen Mitarbeitergruppen

        

…       

        

2.    

Außertariflich vergütete Mitarbeiter

        

Das Festgehalt außertariflich vergüteter Mitarbeiter besteht ebenfalls aus 12 Monatsgehältern und einer Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts. Die Sonderzahlung wird jeweils zusammen mit dem Dezembergehalt ausgezahlt.

        

Der Basiswert des Bonus wird dem Mitarbeiter jeweils einzelvertraglich zugesagt. Der Anteil am Gesamtjahresgehalt richtet sich insbesondere nach der Funktion und dem Verantwortungsbereich des Mitarbeiters.

        

Bei unterjährigem Eintreten oder Ausscheiden werden Sonderzahlung und Bonus zeitanteilig vergütet. …

        

C.    

Mitarbeitergespräch

        

…       

        
        

II.     

Führen des Mitarbeitergesprächs

        

Das Mitarbeitergespräch wird grundsätzlich von der unmittelbar zuständigen Führungskraft mit allen Mitarbeitern mindestens einmal pro Jahr geführt. Das Führen des Mitarbeitergesprächs ist Voraussetzung für die Auszahlung des Bonus. …

        

IV.     

Zielerreichung/Gesamtbewertung

        

Hier wird die Leistung des Mitarbeiters insgesamt beurteilt. Hierbei sind alle Ergebnisse, nicht nur die individuellen fachlichen Arbeitsziele (Punkt 1), sondern auch die Ziele zu persönlichen Kompetenzen (Punkt 2) und sonstige Ergebnisse zu berücksichtigen.

        

Kriterien hierbei sind die Güte der geleisteten Arbeit insgesamt (Arbeitsqualität) sowie der Umfang, bezogen auf den jeweils definierten Zeitraum (Arbeitsquantität). ...

        

Die Stufen der Gesamtbewertung sind:

        

Stufe 

Ziele 

Bewertung (Besprechung mit dem Mitarbeiter)

        

1       

nicht/nur bedingt erfüllt

Ziele sind nicht bzw. größtenteils nicht erreicht

        

2       

zufrieden stellend erfüllt

Ziele sind weitestgehend erreicht

        

3       

voll erfüllt/leicht übertroffen

Ziele sind erreicht bzw. leicht übertroffen

        

4       

weit übertroffen

Ziele sind in hohem Ausmaß übertroffen

                          
        

V.    

Festlegung der individuellen Höhe des Bonus

        

Die Höhe des individuellen Bonus hängt zum einen von der Höhe des jährlichen Bonustopfes ab. Dieser wird wiederum grundsätzlich vom Gesamtbankerfolg bestimmt.

        

Darüber hinaus honoriert der Bonus auch die Zielerreichung des Mitarbeiters. Die konkrete Höhe des individuellen Bonus ist damit - neben der Abhängigkeit vom Erfolg der Bank - auch abhängig von der durch die Führungskraft im Mitarbeitergespräch durchgeführten Gesamtbewertung.

        

Die Festlegung der genauen Höhe des Bonus erfolgt in einem separaten Prozess. Die jeweilige Höhe des Bonus ist gekoppelt an die Gesamtbewertung der Leistung. Daher gilt, dass Mitarbeiter, deren Leistung z. B. mit ‚weit übertroffen’ bewertet wurde, grundsätzlich einen prozentual höheren Bonus (bezogen auf den individuellen Basiswert) bekommen müssen als Mitarbeiter mit der Bewertung ‚voll erfüllt/leicht übertroffen’ usw. (sog. relative Kopplung). Innerhalb derselben Bewertungsstufe kann die Bonushöhe differieren.

        

Die unmittelbar zuständige Führungskraft ist verantwortlich für die Vergabe des Bonus. HHR stellt die Einhaltung der relativen Kopplung sicher. Dazu werden den Führungskräften rechtzeitig die jeweilige Höhe des jährlichen Bonustopfes sowie die entsprechenden Umsetzungsrichtlinien mitgeteilt. Aus Gründen der Transparenz werden wichtige Bestandteile dieser Umsetzungsrichtlinien mit dem Gesamtbetriebsrat vorab besprochen. Die relative Kopplung beinhaltet die jährlich entsprechend der Höhe des Bonustopfs sich ergebenden Bandbreiten (bezogen auf die Gesamtbank). Dabei ist zu beachten, dass sich obere und untere Grenze der (auf die Gesamtbank bezogenen) Bandbreiten aus bereichsspezifischen Gründen überlappen können. Mit der relativen Kopplung geht einher, dass der Bonus erst bestimmt und ausgezahlt werden kann, nachdem das Mitarbeitergespräch geführt worden ist.“

6

Der Kläger erhielt für das nach Abschluss des Dienstvertrags vom 5. August 2003 verbleibende Restgeschäftsjahr 2003 einen Bonus iHv. 13.280,00 Euro brutto und für die nachfolgenden Geschäftsjahre 2004 bis 2007 Boni von 23.000,00 Euro brutto bis 60.000,00 Euro brutto. Die Leistungen des Klägers in den Geschäftsjahren 2006 und 2007 wurden mit „more than meets expectations“ beurteilt. Für das Geschäftsjahr 2008 wurde mit dem Kläger kein Mitarbeitergespräch zur Leistungsbeurteilung geführt.

7

Die H Bank AG geriet im Zusammenhang mit der weltweiten Bankenkrise in eine finanzielle Schieflage. Sie wies im Geschäftsjahr 2008 einen Jahresfehlbetrag iHv. 2,824 Mrd. Euro und die H-Gruppe insgesamt einen Fehlbetrag iHv. 5,461 Mrd. Euro aus. Eine Insolvenz wurde nur durch staatliche Unterstützungszahlungen und Garantien in Milliardenhöhe abgewendet. Die H-Gruppe erhielt in den Jahren 2008 und 2009 kurz- und mittelfristige Liquiditätshilfen iHv. insgesamt 102 Mrd. Euro, davon 87 Mrd. Euro durch Garantien der Bundesrepublik Deutschland. Zum 31. Dezember 2008 betrug das Volumen der von der H Bank AG selbst in Anspruch genommenen Liquiditätshilfen 6,37 Mrd. Euro.

8

Die H Bank AG zahlte bis September 2008 ausscheidenden Mitarbeitern anteilige Boni. Mit E-Mail vom 29. September 2008 wies die Leiterin der Personalabteilung an, bei Eigenkündigungen ab sofort keine Bonuszahlungen mehr zuzusagen. Am 12. März 2009 teilte der Vorstand der Bank in einem Mitarbeiterbrief mit, für das Geschäftsjahr 2008 werde keine diskretionäre variable Vergütung gezahlt.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Geschäftsjahr 2008 ein Leistungsbonus zu. Nach Dienstvertrag und BV 2005 seien individuelle Leistung und Bankerfolg gleichwertige Bemessungskriterien; die völlige Nichtberücksichtigung der persönlichen Leistung des Klägers sei vertragswidrig und widerspreche billigem Ermessen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei verletzt, weil ausgeschiedene Mitarbeiter zunächst noch einen Bonus erhalten hätten. Schließlich sei die Beklagte schadensersatzpflichtig wegen der für das Geschäftsjahr 2008 unterbliebenen Zielvereinbarung.

10

Der Kläger hat zuletzt die Zahlung eines Bonus in Höhe des im Begleitschreiben zum Dienstvertrag vom 5. August 2003 mitgeteilten Basiswerts begehrt und beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 16.600,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2009 zu zahlen.

11

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Wegen der Milliardenverluste habe sie ermessensfehlerfrei für das Jahr 2008 keinen Bonustopf zur Verfügung gestellt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht aus keinem Rechtsgrund ein Leistungsbonus für das Jahr 2008 zu.

14

I. Der Kläger hat keinen Anspruch aus II 2 des Dienstvertrags vom 5. August 2003 iVm. § 315 Abs. 1 BGB.

15

1. Nach II 2 des Dienstvertrags erhält der Kläger einen Leistungsbonus, der sich nach der individuellen Zielerreichung, dem Teamverhalten sowie dem Erfolg der Bank richtet und der jährlich für das abgelaufene Jahr festgesetzt wird.

16

2. Dieser Anspruch ist auf Bestimmung der Leistung nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 BGB gerichtet. Dies beinhaltet die Möglichkeit, nicht nur bei kumulativer Nichterreichung aller Ziele, sondern - im Ausnahmefall - auch bei Nichterreichung eines Teils der Ziele keinen Leistungsbonus zu zahlen.

17

a) Der Dienstvertrag vom 5. August 2003 enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 ff. BGB. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

18

b) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19).

19

c) Nach II 2 des Dienstvertrags „erhält“ der Mitarbeiter einen Leistungsbonus. Grundsätzlich besteht damit ein Anspruch, dieser ist der Höhe nach aber nicht bestimmt. Vereinbart sind die Kriterien für die Bemessung des Bonus, diese sind inhaltlich aber weder konkretisiert, noch ist ihr Verhältnis zueinander festgelegt. Dies verdeutlicht das im Dienstvertrag in Bezug genommene Begleitschreiben; danach kann der Leistungsbonus zwischen 0 % und 200 % des Basiswerts betragen. Ein (Mindest-)Bonus bei Teilerreichung von Zielen ist vertraglich nicht festgelegt. Für einen verständigen Vertragspartner folgt daraus, dass der Verwender sich ein Leistungsbestimmungsrecht sowohl in Bezug auf die Höhe des Anspruchs als auch in Bezug auf die Gewichtung der Kriterien vorbehalten und die Festlegung des jeweiligen Bonus nach billigem Ermessen zu erfolgen hat.

20

d) Die Ausübung des billigen Ermessens ist durch vertraglich festgelegte Vorgaben bestimmt. Nach II 2 des Dienstvertrags hat sich der Leistungsbonus nach den Bemessungskriterien „zu richten“, nach dem Begleitschreiben soll der Kläger durch seine Leistung die Höhe seines Gehalts „beeinflussen“ können. An diese Vorgaben ist die Beklagte gebunden; sind Voraussetzungen für eine zusätzliche Vergütung vertraglich festgelegt, kann sich der Arbeitgeber davon nicht mehr einseitig durch anderweitige Leistungsbestimmung befreien (vgl. zu einer konkreten Zielvereinbarung: BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 22). Nach dem Dienstvertrag entspricht die Leistungsbestimmung regelmäßig nur dann billigem Ermessen, wenn vereinbarte und erreichte persönliche Ziele ihren angemessenen Ausdruck in dem festgelegten Leistungsbonus finden. Eine Leistungsbestimmung auf „Null“ kann nur dann billigem Ermessen entsprechen, wenn für eine vom Regelfall abweichende Gewichtung vereinbarter Kriterien besonders wichtige Gründe sprechen.

21

3. Mit diesem Inhalt hält II 2 des Dienstvertrags einer Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand.

22

a) Die Regelung verstößt nicht gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).

23

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BAG 1. September 2010 - 5 AZR 517/09 - Rn. 14, BAGE 135, 250). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(st. Rspr., zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 206/10 - Rn. 29, BAGE 138, 80).

24

bb) Diese Gefahr besteht nicht. Der Dienstvertrag bestimmt eindeutig, dass nach billigem Ermessen über den Leistungsbonus zu entscheiden ist und welche Faktoren in seine Bemessung einfließen. Dass sich die Beklagte bzw. ihre Rechtsvorgängerin die Bestimmung der Leistung vorbehalten hat, macht die Vereinbarung nicht unklar. Der Kläger hat einen Anspruch auf Ausübung des billigen Ermessens, den er gerichtlich durchsetzen kann (§ 315 Abs. 3 BGB).

25

b) II 2 des Dienstvertrags enthält keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSv. § 308 Nr. 4 BGB.

26

aa) Gemäß § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte nach § 315 ff. BGB fallen aber nicht unter § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie darauf beschränkt sind, dem Verwender die erstmalige Festlegung seiner Leistung zu ermöglichen(BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 32; BGH 17. Februar 2004 - XI ZR 140/03 - zu II 2 b aa der Gründe, BGHZ 158, 149).

27

bb) So ist es hier. Der Anspruch ist auf Festlegung des Leistungsbonus nach billigem Ermessen unter Beachtung vertraglich vereinbarter Vorgaben gerichtet. Ein Recht zur Änderung bereits zugesagter Leistungen ist nicht vereinbart.

28

c) II 2 des Dienstvertrags enthält keine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.

29

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine formularmäßige Vertragsbestimmung ist unangemessen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Bei diesem Vorgang sind grundrechtlich geschützte Rechtspositionen zu beachten. Zur Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen. Im Rahmen der Inhaltskontrolle sind dabei Art und Gegenstand, besonderer Zweck und besondere Eigenart des jeweiligen Geschäfts zu berücksichtigen. Zu prüfen ist, ob der Klauselinhalt bei der in Rede stehenden Art des Rechtsgeschäfts generell unter Berücksichtigung der typischen Interessen der beteiligten Verkehrskreise eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners ergibt. Die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten sind gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen(BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 33; 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 39 f.; 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 33 f., BAGE 118, 22). Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist.

30

bb) Die Beklagte hat sich zur Zahlung eines Leistungsbonus nach billigem Ermessen verpflichtet und nicht das Recht vorbehalten, Vergütungschancen zu entziehen. Es ist zwar möglich, dass sich das Verhältnis zwischen festen und variablen Bezügen zugunsten der Festbezüge verschiebt, wenn der variable Teil aufgrund schlechter individueller Leistung und/oder schlechter wirtschaftlicher Situation niedrig festgesetzt wird. Auch in diesem Fall ist die Beklagte aber verpflichtet, den Leistungsbonus nach billigem Ermessen festzusetzen, und unterliegt die Leistungsbestimmung der vollen gerichtlichen Kontrolle (st. Rspr., zB BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 46).

31

cc) Die vertragliche Regelung weicht nicht vom Gesetz ab, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Das Gesetz sieht die vertragliche Einräumung einseitiger Leistungsbestimmungsrechte vor (§ 315 BGB). Es geht davon aus, dass dies einem rechtlichen Bedürfnis des Wirtschaftslebens entsprechen kann und deshalb nicht von vornherein unangemessen ist. § 315 BGB ordnet ausdrücklich an, dass die Bestimmung mangels abweichender Vereinbarung nach billigem Ermessen zu geschehen hat, dass der Gläubiger die Entscheidung des Schuldners gerichtlich überprüfen und sie gegebenenfalls durch Urteil ersetzen lassen kann. Damit sind gegenüber einer Gefährdung des Gläubigers Vorkehrungen getroffen (BAG 17. Oktober 2012 - 10 AZR 620/11 - Rn. 43). Hinzu kommt, dass das einseitige Leistungsbestimmungsrecht nur einen Teil der vereinbarten Vergütung betrifft. Das in monatlichen Teilbeträgen auszukehrende Grundgehalt und eine weitere Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts sind im Dienstvertrag fest vereinbart. Der Kernbereich des Austauschverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung wird damit durch die Leistungsbestimmung nach § 315 BGB nicht berührt.

32

4. Der Anspruch des Klägers auf Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen ist erloschen (§ 362 BGB). Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat den Leistungsbonus für das Jahr 2008 ermessensfehlerfrei auf „Null“ festgesetzt und damit den Anspruch des Klägers erfüllt. Die getroffene Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen (§ 315 Abs. 1 und Abs. 3 BGB).

33

a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG 12. Oktober 2011 - 10 AZR 746/10 - Rn. 26; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 31, BAGE 135, 239; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 23. September 2004 - 6 AZR 567/03 - zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80). Maßgeblich ist der Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B II 3 b aa der Gründe). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Leistungsbestimmung der Billigkeit entspricht, hat der Bestimmungsberechtigte zu tragen (vgl. BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 90; BGH 5. Juli 2005 - X ZR 60/04 - zu II 2 c aa der Gründe mwN, BGHZ 163, 321). Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

34

b) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB(vgl. BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 624/06 - Rn. 29). Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten (BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - zu B IV 1 der Gründe; zur Kontroverse über den Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfung: GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 10).

35

c) Diesen Maßgaben wird die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vorgenommene Leistungsbestimmung für den Leistungsbonus für das Jahr 2008 gerecht.

36

aa) Die Leistungsbestimmung war über die Vorgaben des Dienstvertrags hinaus an die Regelungen der BV 2005 gebunden. Vorgaben für die Ausübung des billigen Ermessens iSv. § 315 BGB können sich aus vertraglichen(vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 21) oder aus kollektivrechtlichen Vereinbarungen ergeben, vorliegend aus der BV 2005. Die vorher geltende BV 2001 ist durch die BV 2005 abgelöst worden und hat im Streitzeitraum keine Rechtswirkungen mehr entfaltet (sog. Ablösungsprinzip; st. Rspr., vgl. BAG 18. September 2012 - 3 AZR 431/10 - Rn. 34; 29. Oktober 2002 - 1 AZR 573/01 - zu I 2 a der Gründe mwN, BAGE 103, 187). Die BV 2005 begründet keinen Anspruch auf Zahlung eines bestimmten Leistungsbonus, sie bestimmt aber das Verfahren zur Festlegung der individuellen Höhe eines Leistungsbonus auf der Grundlage eines im Arbeitsvertrag zugesagten Basiswerts. Nach C V Abs. 1 der BV 2005 hängt die Höhe des individuellen Bonus von der Höhe des jährlichen Bonustopfs ab, der vom Gesamtbankerfolg bestimmt wird. Auch nach der BV 2005 können deshalb die Kriterien zur Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen gewichtet werden und besteht kein unbedingter Anspruch bei Teilerreichung von Zielen.

37

bb) Die Leistungsbestimmung der Rechtsvorgängerin der Beklagten entspricht den vertraglichen Vorgaben des Dienstvertrags und den kollektivrechtlichen Vorgaben der BV 2005, selbst wenn trotz Nichtvereinbarung von Zielen für das Jahr 2008 zugunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass er wie in den Vorjahren Leistungen mit einer Bewertung „more than meets expectations“ erbracht hat. Die Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ trotz Erreichung vereinbarter persönlicher Ziele könnte bei einem negativen Ergebnis der Bank im Rahmen „normaler“ Schwankungsbreiten zwar billigem Ermessen iSv. § 315 Abs. 1 BGB widersprechen; für das Geschäftsjahr 2008 haben aber besonders gewichtige, außergewöhnliche Umstände vorgelegen, die ausnahmsweise die Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ gerechtfertigt haben. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hat im Geschäftsjahr 2008 einen Jahresfehlbetrag iHv. 2,824 Mrd. Euro, die H-Gruppe sogar einen solchen iHv. 5,461 Mrd. Euro ausgewiesen. Die H-Gruppe ist nur durch Liquiditätshilfen in den Jahren 2008 bis 2009 iHv. 102 Mrd. Euro gerettet worden; allein das Volumen der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst in Anspruch genommenen Liquiditätshilfen betrug zum 31. Dezember 2008 6,37 Mrd. Euro. Dies zeigt, dass sich im Geschäftsjahr 2008 nicht die im Dienstvertrag vorausgesetzten und vom Arbeitgeber gegebenenfalls selbst zu tragenden Risiken einer „normalen“ negativen Geschäftsentwicklung verwirklicht haben. Ohne staatliche Liquiditätshilfen wäre über das Vermögen der Rechtsvorgängerin der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet worden und hätten Vergütungsansprüche nur im Rahmen der Insolvenzordnung realisiert werden können. Die Rettung von Banken diente zudem nicht der Sicherung von Vergütungsansprüchen ihrer Arbeitnehmer, sondern ausschließlich dem öffentlichen Interesse an der Abwehr schwerer Gefahren für die Volkswirtschaft (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 385/11 - Rn. 50). Es bestand deshalb eine Ausnahmesituation, die es auch unter Berücksichtigung unterstellter guter Leistungen des Klägers nicht unangemessen erscheinen lässt, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Leistungsbonus auf „Null“ festgesetzt hat.

38

II. Der Kläger hat keinen Anspruch wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, obwohl an Mitarbeiter, die im Geschäftsjahr 2008 ausgeschieden sind, bis Anfang September anteilige Boni ausgekehrt wurden.

39

1. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung. Trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit ist der Gleichbehandlungsgrundsatz auch bei der Zahlung der Arbeitsvergütung anwendbar, wenn diese durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben wird oder der Arbeitgeber die Leistung nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem er Voraussetzungen oder Zwecke festlegt(st. Rspr., vgl. BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 12, BAGE 137, 339; 17. März 2010 - 5 AZR 168/09 - Rn. 14). Die Begünstigung einzelner Arbeitnehmer erlaubt aber noch nicht den Schluss, diese bildeten eine Gruppe. Eine Gruppenbildung liegt erst dann vor, wenn die Besserstellung nach bestimmten Kriterien vorgenommen wird, die bei allen Begünstigten vorliegen (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 242/11 - Rn. 79).

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2. Die Voraussetzungen eines Anspruchs wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sind nicht dargelegt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind Zahlungen an ausscheidende Mitarbeiter, die nach B II 2 Abs. 3 der BV 2005 dem Grunde nach auch vorgesehen sind, durch Anweisung der Personalleiterin mit E-Mail vom 29. September 2008 zu dem Zeitpunkt eingestellt worden, in dem die Krise erkennbar wurde. Bei der Entscheidung über einen Anspruch des Klägers und der anderen nicht ausgeschiedenen Mitarbeiter stellte sich die wirtschaftliche Situation grundlegend anders dar; die Besserstellung der ausscheidenden Mitarbeiter beruhte ausschließlich auf der zum Zeitpunkt des Ausscheidens fehlenden Absehbarkeit der späteren desaströsen Lage und damit auf einer anderen Tatsachengrundlage. Eine sachfremde Gruppenbildung liegt danach nicht vor.

41

3. Unerheblich ist, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten bei der Entscheidung über einen Bonus aufgrund der Staatshilfen wieder zahlungsfähig war. An der maßgeblichen wirtschaftlichen Lage der H-Gruppe hat sich dadurch nichts geändert.

42

III. Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, Abs. 3, §§ 283, 252 BGB iVm. II 2 des Dienstvertrags, obwohl mit ihm für das Jahr 2008 keine Ziele vereinbart worden sind. Zwar ist der Arbeitgeber bei nicht abgeschlossener Zielvereinbarung nach Ablauf der Zielperiode gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3 iVm. § 283 Satz 1, § 252 BGB grundsätzlich verpflichtet, dem Arbeitnehmer wegen der entgangenen Vergütung Schadensersatz zu leisten(BAG 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07 - BAGE 125, 147; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 889/07 -). Jedoch ist dem Kläger durch Nichtabschluss einer Zielvereinbarung kein Schaden entstanden, weil nach den vorstehenden Erwägungen auch bei unterstellter Zielvereinbarung und Erreichung aller festgelegten Ziele die Festsetzung des Leistungsbonus auf „Null“ billigem Ermessen entsprochen hat.

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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    Kiel    

                 

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbarung über die Vertretung ist auf den Ausschluß der Kostenerstattung nach Satz 1 hinzuweisen. Satz 1 gilt nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, daß der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat.

(2) Werden im Urteilsverfahren des zweiten und dritten Rechtszugs die Kosten nach § 92 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung verhältnismäßig geteilt und ist die eine Partei durch einen Rechtsanwalt, die andere Partei durch einen Verbandsvertreter nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 vertreten, so ist diese Partei hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten so zu stellen, als wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten worden wäre. Ansprüche auf Erstattung stehen ihr jedoch nur insoweit zu, als ihr Kosten im Einzelfall tatsächlich erwachsen sind.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.

(1) Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden.

(2) Die Beschwerde ist bei dem Bundesarbeitsgericht innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils schriftlich einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils beigefügt werden, gegen das die Revision eingelegt werden soll.

(3) Die Beschwerde ist innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung des in vollständiger Form abgefaßten Urteils zu begründen. Die Begründung muss enthalten:

1.
die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage und deren Entscheidungserheblichkeit,
2.
die Bezeichnung der Entscheidung, von der das Urteil des Landesarbeitsgerichts abweicht, oder
3.
die Darlegung eines absoluten Revisionsgrundes nach § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Entscheidungserheblichkeit der Verletzung.

(4) Die Einlegung der Beschwerde hat aufschiebende Wirkung. Die Vorschriften des § 719 Abs. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung sind entsprechend anzuwenden.

(5) Das Landesarbeitsgericht ist zu einer Änderung seiner Entscheidung nicht befugt. Das Bundesarbeitsgericht entscheidet unter Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluß, der ohne mündliche Verhandlung ergehen kann. Die ehrenamtlichen Richter wirken nicht mit, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen wird, weil sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Dem Beschluss soll eine kurze Begründung beigefügt werden. Von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist, oder wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundesarbeitsgericht wird das Urteil rechtskräftig.

(6) Wird der Beschwerde stattgegeben, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. In diesem Fall gilt die form- und fristgerechte Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als Einlegung der Revision. Mit der Zustellung der Entscheidung beginnt die Revisionsbegründungsfrist.

(7) Hat das Landesarbeitsgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, so kann das Bundesarbeitsgericht abweichend von Absatz 6 in dem der Beschwerde stattgebenden Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverweisen.